Drei Thesen zum Spiel: Hertha BSC gegen Bayern München

Drei Thesen zum Spiel: Hertha BSC gegen Bayern München

Die Euphorie nach dem ersten Heimsieg der Saison gegen Gelsenkirchen war groß. Dass dies gegen den mehr als angeschlagenen Tabellenletzten der Bundesliga gelang, war Nebensache, denn wir Fans mussten lang genug warten. Unsere Jungs konnten sich für die guten Leistungen in den Spielen zuvor endlich belohnen. Lang hielt die Freude nicht an, denn als wären die katastrophalen Umstände für uns Auswärtsfans nicht genug gewesen, verlor die Hertha durch einen späten Treffer von Füllkrug mit 0:1 im Weserstadion. Die Markenbotschafter Katars hingegen kommen formstark nach Berlin, nachdem man die Gruppenphase der Champions League ohne Punkteverlust abschließen konnte.

These 1: Choupos Lauf hat gegen Hertha ein Ende

Weinte man “Lewangoalski” Anfang der Saison noch hinterher, heißt Bayerns neuer Mann der Stunde, Eric Maxim Choupo-Moting. Wettbewerbsübergreifend erzielte der Kameruner bisher acht Treffer und legte drei weitere auf. Absurd, denn eigentlich sollte Stareinkauf Sadio Mané Bayerns ehemalige Nummer 9 vergessen machen. Doch ohne nominellen Stürmer taten sich die Münchener mit Qatar Airways auf dem Ärmel und im Herzen lange schwer. Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet Choupo einen großen Anteil am aktuellen Erfolg des FC Bayerns hat?

Choupo-Moting

(Photo by Christof Stache/AFP via Getty Images)

Doch damit ist jetzt Schluss! Gibt es dafür eine plausible Erklärung? Nein. Aber dafür ist dieses Format auch nicht da. Hier spricht das Bauchgefühl eines Herthaners, der in 19 Jahren Fan sein noch keinen Sieg im Stadion gegen München gesehen hat. Den letzten Hertha-Sieg gegen den Rekordmeister hat er verpasst. Doch dazu später mehr.

These 2: Bayern-Fans aus München? Fehlanzeige.

Heimspiele gegen die Bayern hatten, trotz durchschnittlicher Bilanz, schon immer ihren Charme. Volles Stadion, ausgelassene Herthaner:innen, die wenig Hoffnung auf einen Sieg hatten, und Bayern-Fans aus ganz Deutschland, die verzweifelt nach einem Familienmitglied aus München suchten. „Die Großcousine meines Schwagers ist Münchenerin und deswegen bin ich von klein auf Bayern-Fan“ – wer hat das noch nicht gehört? Dass nur wenige Fans den weiten Weg aus Süddeutschland angetreten sind, macht sich spätestens im Stadion bemerkbar, denn mehr als „Super Bayern Super Bayern Hey Hey“ kriegen die wenigsten hin. Besonders schade ist das für die wenigen richtigen Bayern-Fans, aber nicht jede:r kann die Alter Dame aus Berlin unterstützen.

Unsere Hertha ist das Gegenteil, denn Fußballdeutschland begeistern konnten wir bisher selten. Umso ehrlicher ist unsere Berliner Fangemeinde, die uns am Samstag zum Heimsieg schreien wird.

These 3: Hertha macht’s wie 2018!

Vor vier Jahren, im September 2018, spielte Hertha zuerst in Bremen und hieß anschließend die großen Bayern im Olympiastadion willkommen. Verlor man nach eher dürftiger Leistung gegen Werder, folgte ein spektakulärer Sieg in unserem Wohnzimmer gegen den Rekordmeister. Erkennen wir hier ein Muster? So richtig verlässlich sind unsere Quellen nicht, aber die schönsten Geschichten schreibt bekanntlich unsere Hertha und deswegen lassen wir diesen Moment der Glückseligkeit wiederholen. Damals trafen Vedad Ibišević durch einen Elfmeter und Ondrej Duda nach toller Vorarbeit von Valentino Lazaro. Das Herz schlägt schon bei bloßer Erinnerung an dieses Spiel wieder höher. Warum also nicht nochmal?

hertha

Das waren drei Thesen aus der Hertha-Seele – ohne Verstand, aber dafür mit viel Jefühl. Hertha gewinnt dieses Spiel und ganz Berlin liegt sich anschließend in den Armen. Dass Köpenick deshalb für mindestens zwei weitere Spiele von der Tabellenspitze grüßt, können wir am späten Samstagnachmittag dann auch verkraften.

(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Herthaner im Fokus: Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende

Herthaner im Fokus: Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende

Eine in allen Belangen negative und leider auch denkwürdige Woche der Hertha geht mit einer deutlichen 1:4-Niederlage gegen den FC Bayern München zu Ende. Nach dem Ausscheiden im Pokal gegen den Lokalrivalen aus Köpenick und einer lautstarken Aussprache mit Teilen der Fanszene stand das Spiel gegen den Rekordmeister im Zeichen des Engagements und der Schadensbegrenzung.

Gegen die Münchner wählte Trainer Tayfun Korkut eine deutlich defensivere Variante als zuletzt und stellte sein System auf ein 5-3-2 um. Aufgrund des Fehlens von Niklas Stark, der schon im Derby angeschlagen den Platz verlassen musste, rückte Marton Dardai in die Startelf. Es war der erste Auftritt, den das Hertha-Eigengewächs unter Tayfun Korkut bekam. Zusammen mit Kapitän Dedryck Boyata und dem Startelf-Debütanten Linus Gechter stellte er die Innenverteidigung. Peter Pekarik und Maximilian Mittelstädt kümmerten sich, wie zuletzt regelmäßig, um die Außenverteidigung. Vladimir Darida, Lucas Tousart und Suat Serdar sollten die Mitte dicht machen. Myziane Maolida und Ishak Belfodil waren die anzuspielenden Akteure im Sturm.

Wir schauen auf hoffnungsvolle Entwicklungen, ein Spiegelbild der Saison und das was der Hertha in der Offensive fehlt.

Maximilian Mittelstädt: Eine erkennbare Entwicklung

Maximilian Mittelstädt hatte zuletzt sämtliche Spiele über die volle Distanz bestreiten dürfen. So war es nach den zuletzt zu kräftezehrenden Wochen ihm zugestanden, dass er die letzte halbe Stunde des Spiels von der Bank aus betrachten durfte. Mit Frederik Andre Bjørkan ist seit neuestem nicht nur ein Konkurrent, sondern zunächst einmal eine sinnvolle Entlastung für den ehemaligen Juniorenspieler der Hertha, sowohl in der Defensive als auch in der Offensive vorhanden.

Mittelstädt machte da weiter, wo er gegen Union Berlin aufgehört hatte. Er beackerte seine linke Seite, hatte aber mit Serge Gnabry allerlei zu tun und seine Schwierigkeiten. Er gewann nur drei seiner zehn Zweikämpfe. Beim 0:1 konnten er und Marton Dardai Corentin Tolisso nicht entscheidend am Abschluss hindern. Auch wenn man hier ganz klar Peter Pekarik in die Kritik nehmen muss, der exemplarisch in dieser Situation seine Probleme mit Robert Lewandowski und dem flankenden Kingsley Coman hatte.

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(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Trotzdem konnte auch er seinen Stempel der Abwehr aufdrücken und machte es gerade Robert Lewandowski im Abwehrverbund nicht leicht. Drei Aktionen konnte er klären und im Verlaufe der Partie traute er sich zu drei Dribblings, von denen zwei gelingen sollten. In der 52. Minute hätte er seine durchaus engagierte Leistung mit einem Assist krönen können, doch Vladimir Darida konnte die Riesenchance zum Anschlusstreffer nach feiner Flanke von links nicht nutzen und setzte das Spielgerät aus kürzester Entfernung am Pfosten vorbei.

Maximilian Mittelstädt selbst, der mit 42 Ballaktionen wieder einen recht hohen Anteil am Spiel der Hertha hatte, hat in den letzten Wochen, so scheint es, eine Entwicklung durchgemacht. Der Welpenschutz ist vorbei und der Status als Eigengewächs der Hertha hilft nicht mehr viel. Auch wenn seine fußballerischen Qualitäten auf einem höheren Niveau limitiert sind, entwickelt er sich mehr und mehr zum Kämpfer des Teams und versteckt sich nicht mehr hinter anderen vermeintlichen Leitwölfen.

Linus Gechter: Solides Startelfdebüt

Der 17-jährige Linus Gechter hätte sich sicherlich angenehmere Gegner vorstellen können für seine ersten kompletten 90 Minuten Bundesliga-Fußball. Aber wie es jeder aus dem beruflichen Alltag kennt, ist ins kalte Wasser geworfen zu werfen, meist die beste Feuerprobe.

Im Dreiergespann mit Boyata und Dardai war ihm anzumerken, dass ihm der gemeinsame Auftritt in der Verteidigung Sicherheit verschaffte. Er konnte zwar bei keinem der Gegentore großartig eingreifen, vielleicht hätte er in der ein oder anderen Aktion Boyata unterstützen können. Er selbst war 47 Mal am Ball, was vor allem dem vorsichtigen Aufbauspiel der Hertha zuzuschreiben war. 64 Prozent seiner Pässe brachte er an den Mann, 15 Mal versuchte sich Gechter mit langen Bällen, nur vier kamen an. Diese Bälle waren meistens die letzte Möglichkeit, sich aus dem Pressing der Bayern zu befreien. Fünf Klärungsaktionen kamen hinzu.

(Photo by TOBIAS SCHWARZ/AFP via Getty Images)

Dabei war seine Rettungstat auf der Linie in der 77. Minute nach einem feinen Lupfer von Serge Gnabry die spektakulärste. Auch der Offensive konnte er nochmal helfen, auch wenn die Aktion schon geklärt zu sein schien. In der 80. Spielminute wollte er mit einem langen Ball Stevan Jovetic und Jurgen Ekkelenkamp in Szene setzen. Verteidiger Dayot Upamecano bekam zwar den Ball, ermöglichte durch seinen schwachen Rückpass auf Manuel Neuer aber den Ehrentreffer.

Kurzum, Gechter macht seine Arbeit grundsolide und durfte nach dem Spiel sogar zum Interview antreten.

Alexander Schwolow: Ein Spiegelbild

Torhüter Alexander Schwolow hat es nicht leicht in Berlin. Immer wieder steht er in der Kritik und das auch oft zurecht. Doch in den letzten Wochen schienen sich seine Leistungen gefestigt zu haben. Gegen den VfL Wolfsburg zeigte er eine hervorragende Leistung, blieb sogar ohne Gegentor, im Derby konnte er auch immerhin zwei bis drei Großchancen vereiteln und bei den Gegentoren herzlich wenig eingreifen.

Das Spiel gegen die Bayern war seine nächste Chance, sich auszuzeichnen. Und das gelang ihm auch zunächst. Der Keeper bekam auch einiges zu tun, er wurde zu 14 Paraden gezwungen. Weltklasse waren dabei seine Aktionen gegen Lewandowskis Hackenabschluss in der 20. Minute und in der 36. Minute nach dem der Pole freistehend flach abschloss. Auch bei Distanzschüssen konnte er sich auszeichnen, wie in der 10. Minute gegen Kingsley Coman und Leroy Sané in der 47. Minute.

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(Photo by TOBIAS SCHWARZ/AFP via Getty Images)

Natürlich hatte er bei mehreren Aktionen gegen Thomas Müller auch ein wenig Glück, dass diesem das nötige Zielwasser fehlte, doch es schien so, als würde Schwolow ein weiteres hervorragendes Spiel abliefern. Zusätzlich war er 64 Mal am Ball und oft gesuchte Anspielperson im Spielaufbau bzw. der Ballsicherung. Doch den positiven Eindruck machte er selbst zunichte. Seinen viel zu kurzen Pass auf Linus Gechter wusste der wache Leroy Sané eiskalt auszunutzen, um auf 0:3 zu erhöhen. Sehr bitter und bezeichnend für die Hertha in diesen Tagen.

Eine engagierte Leistung und am Ende doch wieder ein brachialer Patzer. Und mittlerweile geschieht dies fast wöchentlich. Im Endeffekt war Schwolow nur ein Spiegelbild der gesamten Mannschaft in den letzten Wochen.

Ishak Belfodil, Jurgen Ekkelenkamp und Stevan Jovetic: Fit und in Form offensive Waffen

Er hat es mal wieder getan. Das dritte Saisontor Jurgen Ekkelenkamps und damit das dritte Tor als Joker des jungen Niederländers. Wie schon bei seinen ersten beiden Toren in der Hinrunde gegen Fürth und Frankfurt brauchte er kaum Eingewöhnungszeit und erzielte mit seiner ersten Aktion einen Treffer.

Sobald die beiden Spieler auf dem Feld stehen und im Fall von Stevan Jovetic mit Ishak Belfodil, der ein weiteres Mal einer der gefährlichsten und spielstärksten Spieler der Mannschaft war, harmonieren, ist in Herthas Offensive ein erheblicher Qualitätsanstieg zu bemerken. Ishak Belfodil hatte in der 21. Minute die Möglichkeit per Kopf den Führungstreffer zu erzielen, leitete in der 52. Minute die Großchance Daridas ein und bewies immer wieder seine technischen Fähigkeiten.

(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Doch der besagte Qualitätsanstieg konnte im Endeffekt den Bayern nicht genug anhaben und war auch nur punktuell zu sehen. Zusätzlich fehlt der Mannschaft im Abschluss das nötige Glück. Im Abstiegskampf ist das zu wenig.

Fazit: Die Woche dringend abhaken und die Pause nutzen

Das Spiel gegen den FC Bayern München war ein Bonusspiel und offenbarte einen Klassenunterschied. Das 1:4 hätte durchaus noch höher ausfallen können, im Endeffekt kann man sich bei Torhüter Schwolow bedanken, dass nicht noch weitere Gegentore das sowieso schon sehr schwache Torverhältnis verschlechtern.

Die Mannschaft, das Trainerteam und die Vereinsführung müssen diese schwarze Woche dringend abhaken. Probleme mit den Fans, die Derby-Niederlage und die Situation in der Liga, nach zuletzt nur einem Punkt aus drei Spielen, stellen den Verein und das Team vor eine große Herausforderung. Man muss hoffen, dass der Schaden der letzten Tage nicht einen weiteren Tiefpunkt darstellt, sondern den endgültigen. Denn sollte es noch schlimmer um Hertha BSC werden, kann es zur unaufhaltsamen Abwärtsspirale führen.

Die Länderspielpause kann der Alten Dame guttun, um etwas zur Ruhe zu kommen und danach sich auf die wichtigen Spiele im Abstiegskampf vorzubereiten.

(Photo by TOBIAS SCHWARZ/AFP via Getty Images)

Drei Thesen zu: Hertha BSC gegen Bayern München

Drei Thesen zu: Hertha BSC gegen Bayern München

Die massive Enttäuschung der Pokal-Derbyniederlage im eigenen Stadion ist gerade mal vier Tage her und Hertha BSC muss gegen keinen Geringeren als Rekordmeister Bayern München antreten. Eine Mammutaufgabe, denn die formschwachen Berliner brauchen gegen die Bayern einen ausnahmslos perfekten Tag, um etwas Zählbares mitzunehmen. In Anbetracht der verlorenen Stadtmeisterschaft und der damit verbundenen Stimmung keine guten Voraussetzungen für das Spiel gegen den stärksten Gegner der Saison.

Doch Zweckoptimismus kann in den schwersten Situationen helfen. Auch wenn es nicht einfach war, Hoffnungsschimmer für die kommende Partie zu finden. Hier sind drei ansatzweise positive Thesen für das Spiel gegen Bayern München.  

These 1: Hertha geht gegen Bayern nicht baden

Eine steile These, die gleichzeitig nicht besonders viel Vorfreude auf das kommende Spiel macht. Aber gegen Bayern ist die Wahrscheinlichkeit immer hoch, eine richtige Packung zu kassieren. Das wird am Sonntag nicht passieren.

Anders als im Hinspiel sieht Hertha gegen den Tabellenführer und andere Topteams besser aus als erwartet. Nicht zuletzt gegen die Dortmunder ist es der Mannschaft gelungen, eine gute Leistung zu zeigen und die Punkte sogar in Berlin zu behalten. Die Mannschaft steht jetzt mit einem Punkt aus den ersten drei Pflichtspielen in der Rückrunde mit dem Rücken zur Wand und wird dieser Form trotzen.

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(Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)

Niemand rechnet mit einer Leistungsexplosion. Niemand rechnet mit einem Sieg. Ein passender Moment, denn unter unmittelbarem Druck zerbrach die Mannschaft in dieser Saison oft. Ohne hohe Erwartungen wird Hertha befreiter aufspielen.

These 2: Jovetic und Belfodil werden das Offensivspiel wiederbeleben

Wenn zwei Spieler in der Offensive diese Saison für Gefahr gesorgt haben, dann unser Dreamteam aus Stevan Jovetic und Ishak Belfodil. Doch der verletzungsanfällige Montenegriner fiel in den letzten vier Spielen aus und auch Belfodil musste Corona-bedingt aussetzen.

Dementsprechend wenig inspirierend und eher planlos sahen viele offensiven Bemühungen in den letzten Spielen aus. Jetzt sind beide wiedervereint und im Gegensatz zur wackeligen Defensive macht die personelle Situation vorne wieder mehr Hoffnung.

(Photo by Matthias Kern/Getty Images)

Gegen Upamecano, Süle und Neuer wird es besonders schwer, für Gefahr zu sorgen. Doch die Harmonie und Abstimmung zwischen den beiden Offensivakteuren könnte ein Lichtblick für die Blau-Weißen sein, um entscheidende Nadelstiche bei den Münchnern zu setzen.


Nach dem verlorenen Derby wartet mit dem FC Bayern eine Herkulesaufgabe auf Hertha BSC. Wir analyisieren, worauf es in der Partie ankommt.


These 3: Der falsche (richtige) Zeitpunkt

Die Hoffnung durch die beiden Rückkehrer ist aufgrund des Zeitpunkts des Spiels schnell verflogen. Möchte man meinen. Nach zahlreichen Corona-Fällen im Kader der Bayern stehen Sané, Upamecano, Kimmich und Neuer wieder voll zur Verfügung. Spieler wie Tolisso machen weitere Ausfälle vergessen. Nachdem die Bayern den halben Kader mit Jugendspieler auffüllen mussten, sind viele wichtige Säulen zurück – zum falschen Zeitpunkt, pünktlich gegen die Hertha.

(Photo by CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images)

Doch personell sind die Bayern immer noch nicht optimal aufgestellt und hier liegt Herthas Chance. Nagelsmann hat auf der PK angemerkt, dass sowohl Sané als auch Tolisso zwar wieder voll dabei können, dennoch nicht bei 100 Prozent sind. Hinzu kommt der verletzungsbedingte Ausfall von Goretzka und auch Davies steht aufgrund von Herzproblemen nach seiner Corona-Infektion nicht zur Verfügung. Die Einsatzfähigkeit des etatmäßigen Ersatz Hernandez ist auch unwahrscheinlich.

Zwar sollte ein Topteam solche Hürden kompensieren können, eine Chance bietet sich für die angeschlagenen Berliner hier trotzdem, die Bayern nicht in ihrer besten Form etwas zu ärgern.

[Titelbild: Matthias Hangst/Getty Images]

Hertha gegen Bayern: Drei Schlüsselduelle

Hertha gegen Bayern: Drei Schlüsselduelle

Die bittere Pokal-Niederlage gegen den Stadtrivalen Union Berlin sitzt noch tief. Ausgerechnet in dieser schwierigen Situation treffen die Berliner auch noch auf den Rekordmeister. Zählbares mitzunehmen, scheint für die Berliner unwahrscheinlich – doch zeigte der Sieg gegen Borussia Dortmund: Möglich ist alles. Auf welche Schlüsselduelle kommt es am Sonntag an?

Die Verteidigung muss endlich ihren Job machen

Im Spiel gegen Bayern wird es vor allem auf die Verteidigung ankommen, die in der bisherigen Saison schlichtweg grausam agiert. Insgesamt 38 Gegentore – der schlechteste Wert aller Bundesligisten – belegen das. Selbst in der zweiten Bundesliga haben mit jeweils 39 Gegentoren nur Sandhausen und Ingolstadt mehr Treffer ins eigene Tor kassiert.

Positiv ist, dass auch die Verteidigung unter Korkut vermehrt versucht, das Spiel aufzubauen. Gelungen ist das gegen Union ab der 30. Minute, als sich mit Darida oder Ascacibar jeweils ein Sechser zwischen die Innenverteidiger gestellt hat und im kollektiv versucht wurde, den Ball über schnelle und direkte Pässe ins vordere Drittel zu bugsieren.

Im eigenen Defensiverhalten wirkt die Berliner Verteidigung oft – leider muss man es so deutlich sagen – amateurhaft. So sagte Sportdirektor Arne Friedrich bezüglich der Abwehrleistung im Derby: “Wir verteidigen wie eine Schülermannschaft.” Im Spiel gegen Bayern werden vor allem die Außenverteidiger (vermutlich Pekarik und Mittelstädt) gefordert sein.

(Photo by Alex Grimm/Getty Images)

Bayerns eigene Außenverteidiger überlaufen die offensiven Kräfte oft und schaffen somit ein Überzahlspiel. Gleichsam verlagern sich die zentralen Spieler, etwa Musiala, Goretzka und Kimmich auf die linke oder rechte Seite – je nachdem wo von welcher Seite Bayern aufbaut – um zusätzliche Anspielmöglichkeiten zu schaffen und noch mehr Überzahl entstehen zu lassen.

Für Herthas Außenverteidiger bedeutet das Stress pur – und absolute Konzentration bezüglich der taktischen Ausrichtung. Sie werden zudem Unterstützung der Innenverteidiger und der Sechser brauchen, um gegen das Überzahlspiel der Bayern anzukommen. Ein starkes Kollektiv und das Ausstellen der so vielen individuellen Fehler wird von Nöten sein, um gegen die Münchener defensiv bestehen zu können.

Tiefe Pässe in die Spitze – der Sturm muss gefüttert werden

Gegen Union Berlin versuchte Hertha das offensive Spiel über Belfodil als „Sturmtank“ aufzubauen. Heißt, er wird angespielt und hält den Ball gegen ein, zwei attackierende Verteidiger, bis weitere Spieler nachrücken und er diese mit Pässen in die Tiefe anspielen konnte.

Ein gewohntes Bild im Hertha Spiel – hat man es zuvor genauso etwa mit Jhon Cordoba gemacht. Allerdings kann nur darauf kein offensives Spiel aufbauen. Auch das Mittelfeld muss endlich damit anfangen, die Stürmer mit tiefen Pässen zu füttern – ausgenommen Suat Serdar, der das bisher stark macht.

(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Zu wenig kommt aber bisher von Vladimir Darida, der zwar bemüht ist, dessen hohe Fehlpassquote und schwache Entscheidungsfindung in der gegnerischen Hälfte jedoch zahlreiche Angriffe zunichte machen. Auch Jurgen Ekkelenkamp, eigentlich exakt für das Herausspielen von Chancen verpflichtet, kann sein Potenzial noch nicht ausschöpfen. Im 4-2-2-2-System von Trainer Tayfun Korkut fühlt er sich als verkappter Außenspieler sichtlich nicht wohl, was in vielen Ballverlusten und wenigen guten Zuspielen mündet.

Da auch von Spielern wie Myziane Maolida zu wenig kommt, liegt die Hoffnung auf eine Rückkehr von Stevan Jovetic. Der Montenegriner fehlte aufgrund von Wadenproblemen in den letzten vier Spielen, bildete zuvor eine starke Doppelspitze mit Belfodil. Trainer Korkut nennt Jovetic einen “Verbindungsspieler” für Mittelfeld und Sturm. Womöglich kann der 32-Jährige diese Fähigkeit gegen den FC Bayern wieder in die Mannschaft bringen.

Stoppt Lewandowski – egal wie

Ganz ausschalten wird man den erst kürzlich zum Weltfußballer geführten Robert Lewandowski nicht können. Zentral wichtig ist es aber, dass er aus dem eigenen Strafraum rausgehalten wird. Bekommt er im Sechzehner den Ball, resultiert daraus nicht selten ein Tor. Ziel muss es sein, ihn per enger Manndeckung aus dem Sechzehner zu drängen und ihn zu zwingen, sich die Bälle hart zu erkämpfen.

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(Photo by CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images)

Rückt ein Innenverteidiger wegen der Manndeckung dann mit ihm raus, müssen etwa die Sechser schnell schalten und die offene Innenverteidiger-Position kurzfristig besetzten – so lange, bis die Situation geklärt ist. Gegen Borussia Dortmund hatte es Hertha hervorragend verstanden, so Erling Haaland aus dem Spiel zu nehmen – das macht ein wenig Hoffnung.

Wie dem auch sei: Für Hertha wird das Spiel ein Kraftakt werden. Bleibt zu hoffen, dass die Mannschaft trotz des Spiels unter der Woche noch genug Tank in Reserve hat. Kaum einer wird gegen Bayern einen Sieg erwarten – vor allem aber nach der Niederlage gegen Union erwarten die Fans, dass sich die Mannschaft bis aufs Letzte aufopfert. Durchaus darf das auch der Anspruch sein.

(Photo by CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images)

Hertha gegen Bayern: Fünf legendäre Duelle

Hertha gegen Bayern: Fünf legendäre Duelle

„München ist wie ein Zahnarztbesuch. Muss jeder mal hin. Kann ziemlich wehtun. Kann aber auch glimpflich ausgehen“, sagte der ehemalige Verteidiger Werder Bremens Sebastian Prödl 2015 und sicherte sich damit den Titel des „Fußballspruch des Jahres“. Den obligatorischen Zahnarztbesuch brachte Hertha schon am dritten Spieltag dieser Saison hinter sich. Mit 0:5 ging es nicht gerade glimpflich aus, glich eher einer Wurzelbehandlung – ohne Betäubung. Nun kommt es zum Wiedersehen.

Ob der Besuch eines Zahnarztes in den eigenen vier Wänden so viel angenehmer ist? Die derzeitige Form Herthas spricht nicht gerade dafür. Und auch die Bayern, derzeit auf dem besten Weg die zehnte Meisterschaft in Serie einzufahren, machen nicht den Eindruck, als würden sie mit freundlichen Absichten nach Berlin anreisen.

Mit Blick auf den kommenden Gegner Herthas gibt es sicher viel Erwähnenswertes. Ihren Stürmer Robert Lewandowski zum Beispiel, der einen Torrekord nach dem nächsten jagt. Oder Torhüter Manuel Neuer, der auch im Alter von 35 Jahren noch Woche für Woche Weltklasse-Leistungen abspult. All das soll an gebotener Stelle auch getan werden, doch es lohnt sich auch ein Blick auf vergangene Aufeinandertreffen zwischen dem Hauptstadtclub und dem Rekordmeister. Hier kommen fünf bemerkenswerte Duelle zwischen Hertha und Bayern.

01. Februar 1975: Hertha 4:1 Bayern

Nicht nur am kommenden Wochenende reist das Team von Trainer Julian Nagelsmann mit Weltstars an, bereits 1975 kommt der FC Bayern als amtierender Deutscher Meister mit den ganz großen Namen ins Olympiastadion. Maier, Beckenbauer, Müller Rummenigge – trainiert wird das Starensemble von Dettmar Cramer (1925-2015). Der heuerte zu Saisonbeginn als neuer Hertha-Trainer an, doch löste seinen Vertrag nach acht Tagen und nur einer einzigen Trainingseinheit aus „persönlichen Gründen“ wieder auf. Im Januar kehrte er in die Bundesliga zum FC Bayern zurück.

Doch eben jene Weltstars in seinen Reihen sind es, die vor 80.000 Zuschauern im dichten Nebel patzen. Ausgerechnet Franz Beckenbauer, Kapitän der Deutschen Nationalmannschaft, trifft nach neun Minuten ins eigene Tor zur Hertha-Führung. Zwar gleicht Karl-Heinz Rummenigge nur zwei Minuten später aus, doch weitere Fehler führen zum deutlichen Hertha-Sieg. Einen verunglückten Rückpass von Gerd Müller verwertet Erich Beer nach 47 Minuten zum 2:1. Aus einem Abspielfehler Beckenbauers resultiert 15 Minuten später das 3:1 durch Wolfgang Sidka.

Den Schlusspunkt setzt erneut Beer in der 85. Minute. Auch ein verschossener Elfmeter Uwe Kliemanns in der Schlussphase und damit die Chance auf einen noch höheren Erfolg trüben die Stimmung nicht. Denn mit dem Sieg ist Hertha nach 19 Spieltagen punktgleich mit Tabellenführer Gladbach.

19. Februar 1977: Hertha 4:2 n. V. Bayern

Nur zwei Punkte aus den letzten sieben Liga-Spielen. Und nun kommt der FC Bayern im Pokal. Hoffnung zieht Hertha unter der Führung des stark angezählten Trainers Georg Kessler lediglich daraus, dass der Gast mit Gerd Müller, Uli Hoeneß, Bernd Dürnberger und Georg Schwarzenbeck gleich vier Leistungsträger ersetzen muss.

Doch die Partie ist nur sechs Minuten alt, da gehen die Münchener durch Hans-Josef Kapellmann in Führung. Hertha ist in der Folge am Drücker, aber muss bis in die 51. Minute warten. Dann wird Gerhard Grau im Strafraum zu Fall gebracht, den fälligen Strafstoß verwandelt Karl-Heinz Granitza zum 1:1.

Es geht in die Verlängerung und wieder gehen die Bayern in Führung. Kapellmanns Vorarbeit veredelt Josef Weiß in der 95. Minute zum 1:2. Wieder steckt Hertha nicht auf, kommt nur fünf Minuten später zum Ausgleich. Erneut durch Granitza, dieses Mal per Kopf. Hertha will nun die Entscheidung und trifft in der 108. und 116. Minute jeweils nach einer Ecke. Die eingewechselten Lorenz Horr und Bernd Gersdorff sorgen für die entscheidenden Tore.

Kessler darf auch wegen dieses Spiels trotz der Liga-Misere weitermachen, führt Hertha in dieser Saison ins Pokalfinale, wo sich der 1. FC Köln erst im Rückspiel durchsetzt.

14. Februar 1998: Hertha 2:1 Bayern

Siege gegen die Bayern sind doch immer etwas Schönes – im Februar 1998 ist das der Hertha in der Liga allerdings seit 19 Jahren und elf Monaten nicht mehr gelungen. Als Tabellenzweiter und amtierender Meister reist das Team von Giovanni Trapattoni um Spieler wie Lothar Matthäus, Oliver Kahn, Mario Basler und Mehmet Scholl zum Aufsteiger Hertha BSC und wird Zeuge eines Doppelpacks der ganz besonderen Art.

Es ist die Heimmannschaft, die leidenschaftlich und beherzt auftritt. Keine nennenswerte Chance lässt die Abwehrkette um Dick van Burik, Steffen Karl und Eyjolfur Sverrisson im ersten Durchgang zu. Stattdessen trifft auf der Gegenseite Michael Preetz nach 18 Minuten durch die Beine Kahns. Im zweiten Durchgang legt Preetz dann mit einer Torvorlage nach. Seine Hereingabe von der linken Seite veredelt in der 70. Minute Ante Covic zum 2:0.

Ein weiteres Tor sollte Preetz auch noch gelingen – jedoch in das falsche Gehäuse. Per Kopf überwindet er in der 84. Minute nach einer Ecke den eigenen Keeper Gabor Kiraly. Für die Bayern nicht mehr als Ergebniskosmetik, es bleibt beim 2:1. „Der Sieg ist hochverdient“, lässt der zufriedene Hertha-Trainer Jürgen Röber hinterher verlauten.

12. Juni 1976: Bayern 7:4 Hertha

Hohe Niederlagen in München sind die meisten Bundesligisten seit Jahren gewohnt. Sieben Gegentore hat dabei auch der eine oder andere schon schlucken müssen. Wirklich bemerkenswert wird es allerdings, wenn der Gegner dem immerhin noch vier eigene Tore entgegenzusetzen hat. So wie Hertha im Sommer 1976.

Am letzten Spieltag der Saison 1975/75 geht es für Hertha um nichts mehr. Und so spielen sie auch. Hatte Trainer Georg Kessler vor dem Spiel noch gefordert „Wir wollen den Bayern ein offenes Spiel liefern“, ist davon im ersten Durchgang gar nichts zu sehen. Mit 0:6 aus Hertha-Sicht geht es in die Pause. Allein Gerd Müller trifft vier Mal. „Bei Halbzeit hatte ich Angst, wir würden zweistellig verlieren“, gesteht Kessler hinterher.

Hatte Bayern-Torhüter Sepp Maier im ersten Durchgang mehrfach gut gerettet, klappt in der zweiten Halbzeit auch bei den Herthanern mehr. Müller trifft zwar noch ein fünftes Mal, doch Hans Weiner und dreimal Detlev Szymanek betreiben Ergebniskosmetik und bieten einen mit elf Toren sehenswerten Saisonabschluss. „Ein Tor war schöner als das andere“, fand sogar Bayerns Trainer Dettmar Cramer, „auch die gegen uns“.

02. Dezember 2001: Hertha 2:1 Bayern

Mit Gabor Kiraly, Sebastian Deisler, Marko Rehmer, Stefan Beinlich und Alex Alves fehlen Jürgen Röber gleich fünf wichtige Spieler, als im Winter 2001 ausgerechnet der FC Bayern zu Gast ist. „Wir hatten zunächst zu viel Respekt und konnten uns nur langsam davon befreien“, so Röber später.

Und dann trifft auch noch ein gebürtiger Berliner für den FCB kurz nach der Pause zum 0:1. Nach einem Freistoß gelingt Bayerns Niko Kovac die zu diesem Zeitpunkt nicht unverdiente Führung. Zuvor hatte Kiraly-Vertreter Christian Fiedler Schlimmeres verhindert. „Die Elf fand aber über den Kampf wieder ins Spiel“, so Röber. Hertha wird stärker und kommt in der 71. Minute zum verdienten Ausgleich. Nach einem Freistoß setzt „Zecke“ Neuendorf entscheidend nach, sein Schuss aus der Drehung ist unhaltbar.

Nun will die „Alte Dame“ mehr und belohnt sich tatsächlich für eine starke zweite Hälfte. Pal Dardai ist es nach 84 Minuten, der auf Vorarbeit vom starken René Tretschok zum 2:1 trifft. Der erste Sieg gegen den Rekordmeister im neuen Jahrtausend.

(Photo credit should read ODD ANDERSEN/AFP via Getty Images)