Players to Watch – Hertha BSC 2023/24

Players to Watch – Hertha BSC 2023/24

In wenigen Tagen startet die Zweitligasaison für Hertha BSC. Zehn Jahre nach dem letzten Besuch in Deutschlands zweithöchster Spielklasse ist der Verein nach vier zermürbenden Saisons hochverdient als Tabellenachtzehnter abgestiegen und wird sich nächstes Jahr mit Vereinen wie Elversberg und Wiesbaden, aber auch Kaiserslautern, dem HSV oder Düsseldorf messen. Der Kader befindet sich noch immer in einer Runderneuerung, auch wenn mittlerweile schon viel passiert ist. Wir wollen einen Blick auf fünf besonders interessante Spieler werfen.

Fabian Reese

Und dabei kommen wir um Neuzugang Fabian Reese nicht drum herum. Der Flügelstürmer wechselt ablösefrei vom Ligakonkurrenten Holstein Kiel an die Spree, bringt dabei die Erfahrung von 163 Zweitligaspielen mit. In der vergangenen Saison konnte Reese mit elf Toren und zehn Vorlagen seine persönlich bisher bestes Jahr aufweisen und kommt mit 25 Jahren langsam ins beste Fußballeralter. Gleichzeitig ist er noch jung genug für weitere Entwicklungsschritte.

Fabian Reese

Photo by Matthias Kern/Getty Images

Reese besticht durch viel Tempo, unermüdlichen Arbeitseifer und einem guten Auge für seine Mitspieler. Daneben bringt er eine gewisse Torgefahr mit. Auch abseits des Platzes hat sich der Linksaußen, der notfalls auch rechts oder im Sturmzentrum spielen kann, mit atemberaubender Geschwindigkeit in die Herzen der Fans gezaubert. In einer Medienrunde zeigt er sich äußerst bodenständig und reflektiert: „Ich habe eine etwas andere Frisur als der Prototyp Fußballer, trage Nagellack und stehe für meine Meinung sowie Wert ein, die ich vertreten möchte. So ich will ich die Vorbildchance, die mal als Fußballer hat, nutzen und jedem Menschen da draußen sagen: Traut euch einfach das, worauf ihr Lust habt, es ist völlig egal, was andere sagen“.

In den Testspielen hat Reese bereits angedeutet, was er der Mannschaft geben kann. Mit zwei Assists und einem wunderschönen Tor gegen RWD Molenbeek konnte er sich direkt an mehreren Treffern beteiligen. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass er in der kommenden Saison ein absoluter Dreh- und Angelpunkt in der Offensive von Hertha BSC wird und vielleicht sogar die Scorerwerte der vergangenen Saison überbietet.

Marten Winkler

Reeses Gegenstück auf der rechten Außenbahn dürfte aller Voraussicht nach Marten Winkler werden. Auch mit der Rückkehr von Palko Dardai hat Winkler nach der Vorbereitung die Nase wahrscheinlich zunächst vorne und könnte mit einem guten Saisonstart den Anspruch auf einen Stammplatz untermauern. Der gebürtiger Frankfurter (Oder) wechselte vor acht Jahren aus der Jugend von Union Berlin nach Berlin-Charlottenburg und durchlief von dort an alle Jugendmannschaften auf dem Olympiagelände. In der vergangenen Saison war Winkler an den Drittligisten Waldhof Mannheim ausgeliehen, wo er nach Startschwierigkeiten in 31 Spielen neun Tore und fünf Assists sammelte.

Marten Winkler

Photo by Matthias Kern/Getty Images

Der Flügelstürmer zeigte im Interview mit den vereinsinternen Medien vor ein paar Tagen, dass die Leihe ihn auch menschlich vorangebracht hat: „Ich bin viel reifer geworden. Natürlich steckt in mir weiterhin etwas Freches und Kindliches, das soll auch so sein. Dennoch weiß ich mittlerweile meine Grenzen besser einzuschätzen.“ Bei seinem Stammverein möchte Winkler nun in der zweiten Liga die nächsten Schritte machen und beweisen, dass er auch auf höherem Niveau als der dritten Liga sportlich mithalten kann.

Die größte Stärke des Eigengewächses ist definitiv sein Tempo. Der 20-Jährige bringt darüber hinaus Zug zum Tor mit, bewies dies schon in mehreren den Testspielen. Winkler kann Dodi Lukebakio, der den Verein definitiv noch verlassen wird, natürlich nicht ersetzen. Er weist allerdings zumindest teilweise ähnliche Stärken auf. Verbesserungspotential dürfte definitiv in der körperlichen Robustheit und Technik am Ball bestehen. Es liegt nun an ihm, sich weiter zu entwickeln, damit Herthas Spiel nicht nur über Reese und die linke Außenbahn läuft.

Ibrahim Maza und Bence Dardai

Auch die beiden nächsten Spieler sind primär im letzten Drittel des Spielfeldes aktiv. Ursprünglich war hier nur Maza vorgesehen, doch mit seiner kürzlichen Meniskusverletzung und mehrmonatigen Ausfallzeit wollen wir auch den jüngsten Sohn von Trainer Pal Dardai kurz mit vorstellen. Beide spielen hauptsächlich auf der Zehn im offensiven Mittelfeld und bringen ähnliche Attribute mit. Als klassische Spielmacher können sie Chancen durch eine große Pass- und Dribbelstärke kreieren. Schon in jungen Jahren haben sie in der U17 bzw. U19 viel Flair und Übersicht beweisen, daneben sind sie ab und zu für einen eigenen Treffer gut.

Ibrahim Maza

Photo by Matthias Kern/Getty Images

Während der 17-jährige Maza im Alter von zwölf Jahren von den Reinickendorfer Füchsen zur Alten Dame kam, spielt Bence Dardai wenig überraschend bereits sein ganzes Leben im Trikot der Hertha. Obwohl beide Spieler nur exakt zwei Monate trennen, durfte Maza in der Endphase der vergangenen Saison bereits sein Debüt feiern. Mit seinem Premierentreffer am letzten Spieltag gegen den VfL Wolfsburg wurde er zudem Herthas jüngster Torschütze. Die Youngster werden sich in der kommenden Spielzeit aller Voraussicht nach um den Platz hinter Marco Richter duellieren. Eigentlich war davon auszugehen, dass Maza hierbei die Nase vorne hat, aufgrund der Verletzung könnte sich das Blatt allerdings wenden.

Bence Dardai

Photo by Boris Streubel/Getty Images for DFB

So hat Bence Dardai insbesondere im Test gegen die Young Boys aus Bern mit Fabian Lustenberger für Aufsehen gesorgt. Mehrere Steckpässe in die Spitze wurden von einem Schlenzer ins rechte obere Toreck aus etwas 20 Metern gekrönt. Es wird spannend zu sehen sein, wie sich die beiden trickreichen Mittelfeldspieler gegenseitig pushen und wer im Lauf der Saison mehr Spielzeit sammeln kann. Für Hertha eine Win-Win Situation. Daneben sind beide aber auch noch jung genug, um mehr als genügend Einsätze in der U19 oder U23 zu absolvieren. Auf dem Schirm kann und sollte man sie dennoch schon mal haben. Zu erwarten, dass sie dem Spiel des Hauptstadtklubs regelmäßig ihren Stempel aufdrücken, wäre höchstwahrscheinlich aber noch zu vermessen.

Pascal Klemens

Last but not least ist noch Pascal Klemens zu nennen.Genauso wie Bence Dardai hat auch Klemens (zumindest laut transfermarkt.de) noch für keinen Verein außer Hertha BSC gespielt. Der Innenverteidiger war letztes Jahr Kapitän der U19 und empfiehlt sich bereits in jungen Jahrens als Führungsfigur. In der wirklich empfehlenswerten Dokumentation “Herz” von HerthaTV ist er mehrfach in Interviews und auf dem Spielfeld zu sehen, macht dabei einen sehr reifen Eindruck.

Pascal Klemens

Photo by Matthias Kern/Getty Images

Die Mitnahme ins Trainingslager der Profis in diesem Sommer war daher der nächste logische Schritt. Mit den Abgängen von Tolga Cigerci, Jean-Paul Boetius, Lucas Tousart und voraussichtlich Suat Serdar klafft in Herthas zentralem, defensivem Mittelfeld derzeit eine große Lücke. Marton Dardai wurde aus der Innenverteidigung eine Position weiter nach vorne gezogen. Den Part daneben füllte in den letzten Wochen Pascal Klemens aus. Und obwohl der 18-Jährige bisher nahezu ausschließlich als Verteidiger unterwegs war, steigerte er sich spürbar von Testspiel zu Testspiel. Zu seinen Stärken gehört seine körperliche Robustheit, die für sein Alter sehr beachtlich ist. Unter anderem dadurch ist er bei seinem Debüt am letzten Spieltag der vergangenen Saison bereits positiv aufgefallen. Mangels Alternativen wird Klemens zumindest zum Saisonstart gegen Düsseldorf höchstwahrscheinlich sein zweites Profispiel bestreiten.

in Anbetracht der aktuellen Kadersituation ist zudem nicht ausgeschlossen, dass er auch im Laufe der Saison immer wieder auf der Sechs zum Einsatz kommt. Als Stammspieler dürfte er dennoch nicht eingeplant sein. Gerade was das Spiel mit Ball und die Ruhe am Spielgerät angeht, muss er sich noch steigern. Doch das ist etwas, was mit zunehmenden Einsätzen und Erfahrung nicht unrealistisch erscheint. Für den Moment kann man Klemens, ähnlich wie Bence Dardai und Maza, als interessanten Ergänzungsspieler im Kopf behalten, der zu eine der positiven Überraschungen in der kommenden Spielzeit bei Hertha BSC avancieren könnte.

[Titelbild: Photo by Matthias Kern/Getty Images]

Maximilian Mittelstädt – das uneingelöste Versprechen

Maximilian Mittelstädt – das uneingelöste Versprechen

„Der Berliner Junge bleibt: Maxi Mittelstädt verlängert!“. Diese Überschrift zierte den Text zur Verlängerung von Herthas Eigengewächs am 18. Januar 2023. Exakt 141 Tage später verlässt der Linksverteidiger seinen Jugendklub Hertha BSC, um für die kommende Saison beim Erstligisten VfB Stuttgart anzuheuern. Unser Text zum Abschied von Maximilian Mittelstädt.

Die ersten Schritte im Hertha-Trikot

Im Sommer 2012 wechselt der in Berlin geborene Mittelstädt als 15-jähriger von Hertha 03 Zehlendorf zur „großen“ Hertha in die Jugend. Zweieinhalb Jahre später ist er zum ersten im Profikader dabei, bleibt jedoch zunächst ohne Einsatz. Zu Beginn der Saison 2015/16 folgten weitere Berufungen, ehe er am 2. März 2016 gegen Eintracht Frankfurt in der 90. Minute für Salomon Kalou eingewechselt wird und sein Profidebüt feiern darf. Zum Ende der Saison folgen zwei weitere Einsätze, jeweils direkt über 90 Minuten. Einmal gegen den FC Bayern München und am vorletzten Spieltag gegen Darmstadt, wo der Linksverteidiger seine erste Vorlage beisteuert, die 1:2-Niederlage jedoch nicht verhindern kann.

(Photo by Jörg Schüler/Getty Images for DFB)

Bereits damals hieß der Konkurrent auf seiner Position Marvin Plattenhardt. Dieser war 2014 von Nürnberg zu Hertha gewechselt und mit 23 Jahren schon ein etablierter Bundesligaspieler. Zusammen mit dem 19-jährigen Mittelstädt war Hertha herausragend für die nächsten Jahre aufgestellt: zwei deutsche, junge Außenverteidiger, die noch viel Entwicklungspotential aufwiesen und sich gegenseitig hochpushen sollten. Unter Trainer Pal Dardai fand genau diese Entwicklung statt und gipfelte 2018 in der Berufung von Plattenhardt in den WM-Kader von Jogi Löw.

Von Fortschritt zu Stillstand

In der Saison 2016/17 kam Plattenhardt auf 2.820 Minuten, Mittelstädt auf 1.028. Ein Jahr später waren es fast 3.500 Minuten für Plattenhardt und 1.153 Minuten für Mittelstädt. Zur Wahrheit gehört jedoch, dass jeweils etwa 450 Minuten von Mittelstädts Einsatzzeit in der Regionalliga erfolgten, für einen nicht mal 20-jährigen Herausforderer allerdings nicht ungewöhnlich. Ab der Folgesaison gleichen sich die beiden Kontrahenten allerdings zunehmend an. Gerade einmal gut 100 Minuten war der erfahrenere Plattenhardt vorm Berliner Eigengewächs. Mittelstädt stand dabei in 25 Bundesligapartien auf dem Platz, Plattenhardt „nur“ 22. In der letzten Saison von Pal Dardais erster und bisher längster Amtszeit schien es, als sollte sich der Youngster langsam durchsetzen.

Mit der Demission Dardais und dem Einstieg von Lars Windhorst folgten viele Jahre Chaos beim Klub aus dem Berliner Westend. Inklusive der Einstellung von Ante Covic bis zur zweiten Rückkehrs Dardai zum Ende der abgelaufenen Saison fanden sage und schreibe neun Trainerwechsel an der Seitenlinie statt – und das in vier Jahren. Dies spiegelte sich auch auf Herthas linker Abwehrseite wider: während Mittelstädt in den Saison 2019/20 und 2020/21 jeweils mehr Minuten als Plattenhardt sammelte, dreht sich das Blatt in den letzten beiden Jahren wieder in Richtung des WM-Fahrers von 2018. Spätestens durch die Beförderung Plattenhardts zum Kapitän im letzten Sommer verfestigte sich der Status endgültig: Während der Torschütze vom Relegationsrückspiel über 2.500 Minuten absolvieren durfte – so viele wie seit der Saison 2017/18 nicht mehr (!) – sammelte das Eigengewächs Mittelstädt lediglich 841 Minuten. Weniger hatte er zuletzt ebenfalls 2017/18, damals kamen jedoch besagte Regionalliga-Spiele noch dazu. Das Auf und Ab, sowohl in sportlicher Hinsicht als auch neben dem Platz bei Hertha BSC, hatte seinen Tribut gezollt. Aus den zwei verheißungsvollen jungen Linksverteidigern waren zwei Profis geworden, die sich gegenseitig klein hielten anstatt sich aufzubauen und die so beide in ihrer Entwicklung stagnierten.

(Photo by CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images)

Hertha ist plötzlich blank

Daneben hatte dieser Zweikampf, der durch keinen der sportlich Verantwortlichen in Form eines Verkaufs aufgelöst wurde, verheerende Folgen für die Zukunft. Im Sommer 2021 verabschiedete sich mit Luca Netz der zweifache Gewinner der Fritz-Walter-Medaille aufgrund fehlender Perspektive in Richtung Borussia Mönchengladbach. In diesem Jahr folgte mit Lukas Ullrich der nächste verheißungsvolle Linksverteidiger in die gleiche Richtung. Da der Vertrag von Plattenhardt zudem ausläuft, dürfte Hertha BSC fest mit Mittelstädt als Führungsspieler und Stütze für die Mission Wiederaufstieg geplant haben. Mit dem etwas überraschend kommenden Abgang steht Hertha auf einmal Stand jetzt ohne Linksverteidiger da, eine undankbare Aufgabe für Manager Benny Weber.

Möglich macht dies eine Ausstiegsklausel, die aufgrund des Abstiegs auf etwa 500.000 – 800.000 Euro kolportiert wird und somit über eine Million niedriger als der derzeitige Marktwert (laut Transfermakt.de) liegt. Verhandelt wurde dies Klausel im Rahmen der groß zelebrierten Verlängerung Mittelstädts zum Beginn dieses Jahres, die unter anderem in Form eines 15-minütigen Interviews auf den vereinseigenen Kanälen gewürdigt wurde. „Ich muss nicht betonen, welchen Stellenwert Hertha BSC in meinem Leben besitzt“, ließ der Berliner zu diesem Zeitpunkt noch verlauten. Gut vier Monate später scheint der Stellenwert gesunken zu sein.

Ein leeres Bekenntnis

Groß verübeln kann man ihm das aus sportlicher Sicht nicht. Er kommt mit mittlerweile 26 Jahren langsam ins „beste Fußballalter“ und sollte den Anspruch haben, als Stammspieler gesetzt zu sein. Zudem kann ein Tapetenwechsel durchaus helfen, noch einmal einen kleinen Entwicklungssprung zu machen. Darüber hinaus dürfte die Bundesliga deutlich spannender sein, als mit Hertha in Zukunft nach Wiesbaden und Fürth zu fahren.

Hertha

(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Auf der anderen Seite dürfte Mittelstädt nach dem Auslaufen des Vertrages von Plattenhardt in diesem Sommer als absolute Nummer eins auf seiner Position eingeplant gewesen sein. Es entbehrt daher nicht einer gewissen Ironie, dass er ausgerechnet in dem Moment, in dem sein ärgster Konkurrent den Verein verlassen soll, selbst geht. Für die meisten Fans nach dem Lippenbekenntnis im Winter sicher eine große Enttäuschung, die auch durchaus ihre Berechtigung hat. Die Fußballromantiker unter ihnen hatte möglicherweise auf eine „One-Club-Man“ Karriere bei Mittelstädt gehofft – etwas, das heutzutage im Fußball quasi nicht mehr existiert.

Neue Baustellen – auf und neben dem Platz

Wie sehr der Abgang sportlich wiegt, lässt sich nur schwer beantworten. Zum einen bringt Mittelstädt viele Qualitäten mit, die ein moderner Außenverteidiger heutzutage aufweisen muss: aktives Verteidigen, Dynamik, eine gewisse Dribbelstärke und Offensivgefahr. Daneben ist das Niveau in der zweiten Liga durchaus niedriger als in der Bundesliga, Mittelstädt wäre höchstwahrscheinlich ein überdurchschnittlicher Spieler in der nächsten Saison gewesen.

Auf der anderen Seite konnte er sich in den letzten Jahren nie gegen den stark abbauenden Plattenhardt durchsetzen, auch wenn es aufgrund der Kapitänsbinde hier sicher nicht nur sportliche Gründe dafür gab. Daneben hat Mittelstädt in 145 Bundesligaspielen zwei Tore und 15 Vorlagen beigesteuert – kein überragender Wert. Natürlich muss der sportliche Kontext Herthas mit betrachtet werden. Sportlich unersetzbar scheint der Neu-Stuttgarter allerdings auch nicht zu sein. Schwerer wiegen dürfte eher der Verlust eines Eigengewächses, das sicher auch als Ansprechpartner und Mentor aus der eigenen Akademie für die neue Generation Hertha-Spieler rund um Scherhant, Maza, Klemens und co. gedacht war. Diese Rolle werden nun die selbst noch nicht komplett im Profifußball angekommenen Jessic Ngankam und Marton Dardai übernehmen müssen. Ob ersterer bleibt, ist derzeit dabei ebenfalls noch nicht ganz sicher.

Hertha

(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Klar ist, Hertha verliert eine große Identifikationsfigur. Nach der langfristigen Verlängerung während der Winterpause ist das in dieser Hinsicht umso schmerzhafter. Die Enttäuschung, Wut oder Trauer vieler Fans ist daher gut nachvollziehbar. Zudem muss Hertha nun entweder ungeplant doch noch einmal mit dem eigentlich ausrangierten Plattenhardt verlängern oder eventuell sogar zwei neue Linksverteidiger finden, da U19-Spieler Eliyas Strasner wahrscheinlich noch nicht als Nummer zwei eingeplant werden kann. In Hinblick auf Herthas aktuelle Finanzlage keine dankbare Aufgabe. Gleichzeitig ist es eine Chance, nach Jahren des Stillstands sich auf der Position des Linksverteidigers endlich weiterzuentwickeln und so den Wiederaufstieg in den Angriff zu nehmen – womöglich ein Gleichnis für den Rest des Kaders und Teile des Vereins.

[Titelbild: Photo by Maja Hitij/Getty Images}

Lucky Number 7?

Lucky Number 7?

Neues Geld, alter Alptraum? Durch das 777-Partners Investment ist Herthas Zukunft gesichert. Aber zu welchem Preis? Beginnt jetzt der Ausverkauf der Bundesliga. Nein. Der ist nämlich schon längst abgeschlossen

New money, old problems

Es ist vollbracht. Die Ära Windhorst ist beendet. Doch zu welchem Preis? Auch, wenn der „Big City Club“ inzwischen offiziell zu Grabe getragen wurde: Der Einstieg von 777 Partners vermag es nicht die Zeit zurück zu drehen. Mit dem Verkauf von weiteren Anteilen, einer kräftigen Finanzspritze, und der Einbettung in ein internationales Vereinsnetzwerk, scheint Hertha Pest gegen Cholera getauscht zu haben. Lauert auf der anderen Seite des Atlantiks die finale Transformation zum viel geschimpften Investoren-Club?

Tweets wie der von Netzwerk-Partner Genoa CFC, lassen nichts Gutes erahnen.

Hinzukommt, dass 777 Partners — so wird kolportiert — bereits aktiv Einfluss auf Herthas Transferpolitik genommen haben soll, indem Sie dem FC Augsburg einen netzwerkinternen Ersatz für Florian Niederlechner zugeschustert haben, und so den Weg für Herthas Winterneuzugang bereitet haben. Vereine, die sich durch Vermittlung von Geldgebern Spieler hin und herschieben. Auch ohne maliziöse Absichten, liegt die Assoziation mit dem RedBull-Konglomerat nahe.

Die Turbulenzen um Hertha und Lars Windhorst scheinen wie eine Entblößung der dysfunktionalen Maschinerie des kommerziellen Profifußballs. Es zeigt sich einmal mehr, dass Geld keine Tore schießt. Nur Tradition und Nachhaltigkeit bringen Erfolg. Der Sport hat gesiegt; das Kapital verloren. Durch das frische Geld von 777 Partners droht allerdings das Rematch.

Wie so oft lohnt sich eine differenzierte Betrachtungsweise. Zunächst die Fakten: Hertha hat trotz Millioneninvestment keinen sportlichen Erfolg. Das Geld wurde ohne Strategie verpulvert. Aus diesem Blickwinkel haben die Kritiker:innen recht. Man darf aber nicht den Fehler begehen, das fehlgeschlagene Investment als Beweis einer Fußballromantik zu sehen, die nur Bier, Bratwurst, und keine Montagsspiele kennt. Das fehlgeschlagene Hertha-Investment wurde von vielen Seiten mit Häme und Genugtuung aufgenommen. Das vom Himmel herabfallende Geld hatte das Potential, disruptiv zu sein, die Wettbewerbsfairness zu attackieren und das Fundament des Sports ins Wanken zu bringen. Alles wahr. Wenn es nicht schon längst so wäre.

Objektiv subjektiv gesehen

Der Standpunkt, von dem aus Herthas Scheitern goutiert wird, steht nicht außerhalb des Kommerzes. Im Gegenteil. Er liegt mittendrin. Ist sogar auf ihn angewiesen. Dabei scheint es doch so einfach! Auf der einen Seite der größenwahnsinnige alte Dame, die sich einen monetär potenten, aber sportlich impotenten Investor angelacht hat. Dem gegenüber steht die unschuldige Bundesliga, die Tradition des Vereins und des Sports, das sich von den Arbeitervierteln Englands in die ganze Welt ausgebreitet hat.

Auch wenn die Tennor-Millionen einen Einblick in die kommerziellen Abgründe des modernen Fußballs gewährt haben: Diese Abgründe taten sich nicht einfach so vor Hertha auf. Stattdessen steht der Fußball seit Jahrzehnten auf einer allzu dünnen und bunt bemalten Spanholzplatte, die Marketingprofis und Funktionäre sorgsam über das ausgehöhlte Fundament des schönen Spiels gelegt haben.

(Photo by Cathrin Mueller/Getty Images)

Das sich die Kapitalinteressen an Hertha die Zähne ausgebissen haben, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es die gleichen Interessen sind, die ein vermeintlich homogenes Feld konstituiert haben, aus dessen Perspektive heraus das Scheitern des Kommerzes, aber nicht der Kommerz selbst empörend ist. Einfach gesagt: Eine Verwirbelung der Wasseroberfläche wird nur dann als störend erlebt, wenn es Kräfte gibt, die das Wasser ruhig und an Ort und Stelle halten.

Diese Gedanken gehen zurück auf die Ausführungen des Philosophen Slavoj Žižek zum Thema Gewalt:

„Subjektive Gewalt wird als solche vor dem Hintergrund einer Nullebene erfahren, auf der es keine Gewalt gibt; als Störung der »normalen«, friedvollen Ordnung der Dinge. Objektive Gewalt wiederum ist unsichtbar, da sie gerade diese Nullebene aufrechterhält, vor der wir etwas als subjektiv gewalttätig erfahren. Demzufolge verhält es sich mit der systemischen Gewalt wie mit der berüchtigten »Dunklen Materien in der Physik. Sie ist das Gegenstück zur nur allzu sichtbaren subjektiven Gewalt. Sie mag zwar unsichtbar sein, muss aber trotzdem berücksichtigt werden, will man verstehen, was sonst nur als »irrationaler« Ausbruch subjektiver Gewalt erschiene.“ – (Žižek, 2011, S. 10)

Tradition hat ihren Preis

Weil es Gefahr läuft, sich an der Tradition des Fußballs zu versündigen, ist das Tennor/777-Investment, durchaus als ein „subjektiver“ Gewaltausbruch zu werten. Der entscheidende Punkt ist aber, dass diese krass zu Tage tretenden finanziellen Interessen vor dem Hintergrund der systemischen und „objektiven“ Gewalt bewertet werden müssen. Es ist eben genau diese strukturelle Ebene, die aus dem Fußball und seiner Tradition ein gewaltiges Hochglanzprodukt erschaffen haben.

Sponsoren, Rechtevermarktung, Fremdkapital, und Marketing. Das sind die Faktoren, die den modernen Fußball mit Schmiermittel versehen, sodass das Produkt wohlgeölt und geräuschlos an die Fans verkauft werden kann. Was das Geschehen um Hertha also offen legt, ist nichts Besonderes, sondern die Regel. Außergewöhnlich ist lediglich die Konzentriertheit und die öffentliche Friktion mit dem das Kapital fließt.

Die traurige Wahrheit ist, dass sich der große sportliche Erfolg an die Tradition nur dann hängen kann, wenn der Weg durch objektive finanzielle Gewalt bereitet wurde. Vereine wie Dortmund, Liverpool oder Bayern sind über jeden Zweifel erhaben Traditionsvereine zu sein. Selbige Vereine machten aber 2021/22 zwischen 350 und 700 Millionen Euro Umsatz. Konkurrenzfähigkeit hat ihren Preis.

(Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

Hinzukommt, dass selbst Vereine, die sich bewusst anti-kommerziell geben, diese Gegenpositionierung geschickt zu Marketingzwecken einsetzen. Das soll keine moralische Äquivalenz herstellen, verdeutlicht aber, dass die Idee eines urtümlichen und “echten” Fußballs vor allem dann kommerziellen Erfolg hat, wenn sie als Gegenthese zu den aktuellen Ereignissen gespielt wird. Das es sich ab einer gewissen Spielklasse eigentlich nur um zwei Seiten der gleichen Medaille handelt, wird gerne vergessen. So wirkt Hertha einerseits als mahnendes Beispiel, aber eben auch Bestätigung der eigenen Strategie.

Würden engagierte Fans die Seilschaften der finanziellen Abhängigkeiten nicht stets aufs neue thematisieren, das Geld würde nicht weiter auffallen. Es liegt in der Ironie der Sache, dass die perfekte Illusion, in der Geld in anonymen Konferenzräumen per Handschlag verteilt wird, gewaltvoll die Gestalt konstituiert, deren gewaltvolle Störung negativ aufgenommen wird. Anders gesagt: Die gewaltvolle Aneignung des Sports, immunisiert sich gegen sich selbst, indem sie eine Harmonie erschafft, die es auf gar keinen Fall zu stören gilt.

Nur Bernstein kann nach China gehen

Sollten wir also alle Hoffnung fahren lassen, uns angewidert abwenden oder blind ins Vergnügen stürzen? Natürlich nicht. Vielmehr müssen wir uns unserer Widerstandsmöglichkeiten und ihre kontextuelle Einbettung gewahr werden. Dass der 777-Deal zu diesem Zeitpunkt kommt, kann aus zweierlei Hinsicht als Glücksfall gesehen werden. Zum einen sichert das frische Geld die Spiellizenz. Das führt Hertha zwar in die bereits erwähnte Paradoxie, dass nur harte Kapitalinteressen die Tradition weiter bewahren kann, dem steht allerdings ein entscheidendes Hindernis entgegen: Kay Bernstein.

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(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Das bezieht sich weniger auf die Person des aktuellen Präsidenten, sondern auf ihn als historische Figur. Wem glaubt man es eher, 50+1 verteidigen zu können? Einem windigen Politiker aus dem Berliner Klüngel, oder jemandem, der wie kein zweiter das Selbstverständnis und die Außenwirkung des Vereins beeinflusst hat? Vor diesem Hintergrund ist das 777-Geld notwendig, damit Tradition weiterbestehen kann, Kay Bernstein ist es aber auch, da er eben die individuelle und greifbare Verkörperung dieser Tradition ist.

Das bedeutet nicht, dass Herthas Fangemeinschaft keine Tradition leben würde. Es geht vielmehr darum, einen Fokuspunkt zu schaffen, jemanden der für das alles und damit zwar an der Spitze, aber auch hinter dem Verein steht. Somit ist Kay Bernstein einerseits Bremser, andererseits fällt ihm aber auch die Rolle des Möglichmachers zu. Denn ohne die Funktion des Moderierens und Abwägens, müsste der 777Partners-Deal entschieden zurückgewiesen werden.

Wer könnte da schon Nein sagen?

Dort wo die Dialektik aus Person und Geld gerade nicht zur Synthese kommt, zeigt sich das Establishment des modernen Event-Fußballs. Ist die Wahl Bernsteins nicht genau die Erfüllung des Wunsches nach einem authentischen Fußball, der den Fans gehört? Wer könnte also dagegen sein? Vielleicht eben jene Funktionäre und Meinungsmacher, denen es nur darum geht, ein bestimmtes Bild des Fußballs zu erhalten. Nämlich das, was für den Höchstpreis die Besitzer wechselt. Die tendenziöse Berichterstattung der BILD über die Vorgänge um Bobic-Günstling Axel Kruse zeigen, dass es der Fraktion, die Sonntags im Doppelpass laut nach den „echten Typen“ schreit, gerade nicht um Authentizität geht.

Es ist ein Offenbarungseid, dass Bernstein als Bedrohung für den Sport und den Verein dargestellt wird. Anstatt zu fragen, ob jemand, dessen Fansein und –engagement nicht zur Debatte steht, eine Bedrohung für den Fußball sein kann, muss man der Fragen nachgehen, welcher Fußball denn gemeint ist. Der partizipative, ehrliche, vollends im Sinne der Fans gestaltete kann es schon mal nicht sein. Welche Version bleibt noch übrig außer die, die im Verkaufsprospekt beworben wird?

Geld und Bauchschmerzen

Wie tief Tradition, Ideologie, und Kapital miteinander verwoben werden können, sieht man beim FC Bayern. Jahrelang von ehemaligen Spielern professionell und erfolgreich geführt, könnte man an der Säbener Straße die größten aller Fußballromantiker vermuten. Doch in der Hochglanz Amazon-Dokumentation spiegeln sich nur Rolex, Gas-Geld und Artikel 1 des Grundgesetzes.

München sollte deshalb eine Warnung für (ganz) Berlin sein. Der Grad zwischen Tradition durch Geld und Geld durch Tradition ist schmal und verlangt sorgsame Navigation. Bauchscherzen wegen des 777 Investments sind nachvollziehbar und gerechtfertigt. Herthas Fangemeinschaft hat in der Vergangenheit durch klare Bekenntnisse gegen Lars Windhorst gezeigt, dass sie sich nicht so einfach kaufen lässt. Fans von anderen Vereinen sollten aber vorsichtig sein, in Herthas Situation die Ausgeburt des modernen Fußballs zu sehen. Unzweifelhaft treten die negativen Seiten in Berlin gerade sehr deutlich hervor. Diese Deutlichkeit setzt aber Entwicklungen voraus, die über Jahre auf fruchtbaren Boden gewachsen sind.

Und dieser Boden wird nicht nur Olympiastadion, sondern in ganz Deutschland erfolgreich und meist geräuschlos bewirtschaftet.

Interview mit fans@hertha e.V. – eine Fan-Gruppe für den guten Zweck

Interview mit fans@hertha e.V. – eine Fan-Gruppe für den guten Zweck

Nachdem wir im letzten Jahr einen Artikel über die Aktion “Hertha wärmt” von den Harlekins und der Berliner Stadtmission geschrieben haben, wollten wir auch in dieser Weihnachtszeit ein soziales Projekt rund um Hertha BSC vorstellen. Dazu haben wir uns mit Sabine und Thorsten von fans@hertha e.V. zusammengesetzt und mit ihnen über ihre ehrenamtliche Arbeit gesprochen.

Hallo ihr beiden, wer seid ihr? Stellt euch doch gerne mit zwei bis drei Sätzen persönlich vor.

Sabine: Ich bin Sabine 42 Jahre alt, verheiratet, habe zwei Kinder und bin seit 30 Jahren Hertha Fan. Bei fans@hertha e.V. bin ich die 2. Vorsitzende und das Mädchen für alles. Das heißt ich kümmere mich meist um jegliche Orga für unsere Charity Aktionen.

Totti: Ich bin Thorsten, seit 32 Jahren glücklich verheiratet, habe drei Kinder (Jungs, 31, 24 und 16 Jahre alt) sowie 2 Enkelkinder, bin leitender Angestellter in einem mittelständischem Versicherungsunternehmen und seit 1971 Fan von Hertha BSC. Im Verein bin ich seit Gründung 2010 und 1.Vorsitzender. Ich kümmere mich, soweit es meine Zeit zulässt, um die Öffentlichkeitsarbeit und das Fanleben. Daneben versuche ich Sabine bei der Orga zu unterstütze.

Wer oder was ist „Fans at Hertha“ und wie seid ihr entstanden?

fans@hertha e.V. ist 2010 aus einer Xing Hertha Fan-Gruppe entstanden, die den Wunsch hatten etwas Gutes für andere und vornehmlich für Kinder zu tun. Daher werden auch sämtliche Einnahmen von uns aus den Mitgliedsbeiträgen, Spenden und ähnlichem nur für den guten Zweck einsetzt.

Was sind Projekte, die ihr so auf die Beine stellt?

Wir sind mit regelmäßigen Aktionen auf der Kinderkrebsstation im Helios Buch. Dort Basteln wird zum Beispiel Adventskränze mit den Kids oder Kochen mit ihnen. Dadurch können sie ihren schweren Alltag für ein paar Stunden vergessen. Auch in den SOS-Kinderdörfern sind wir regelmäßig aktiv. Egal ob mit Stadionbesuchen, Ausflügen ins Jump House und die Hurricane Factory oder gemeinsamen Grill- und Spieleabenden. Es hilft auch schon, wenn man einfach mal nur hilft ein paar Möbel aufzubauen oder Zimmer zu streichen. Es gibt aber noch viele andere Projekte. Meistens geht es darum, den Kindern Wünsche zu erfüllen und Möglichkeiten zu für spannende Erlebnisse zu bieten. Und natürlich verteilen wir regelmäßig Karten für Spiele unserer Hertha.

Wie viele Mitglieder habt ihr im Verein?

Wir haben etwa 100 Mitglieder, von denen circa 20 aktiv bei Aktionen helfen.

“Hertha unterstützt uns schon seit dem ersten Tag”

Unterstützt Hertha euch in irgendeiner Art und Weise, sei es mit Spenden oder persönlichem Einsatz?

Hertha unterstützt uns schon seit dem ersten Tag, Ingo Schiller ist Gründungsmitglied in unserem Verein. Jetzt kommt die meiste Unterstützung durch die CSR Abteilung von Hertha, die immer ein offenes Ohr für uns hat und uns mit Sachspenden und Kartenspenden oder Herthinho-Besuchen unterstützt.

hertha

Gibt es auch Spieler, die bei euch mitgeholfen haben?

Ja, auch einige Spieler haben uns unterstützt oder tun das immer noch regelmäßig. Zu nennen sind da zum Beispiel Fabian Lustenberger, Per Skjelbred, Pal Dardai, Zecke, Sami Allagui, Marvin Plattenhardt und Dodi Lukebakio.

Auf welchen Wegen kann man euch auch als Fan unter die Arme greifen?

Über unsere Internetadresse fans-at-hertha.de kann man Mitglied werden. Außerdem gibt es da noch viel mehr Infos zu den Projekten. Bei Interesse an Hilfe für unsere Aktionen schreibt man uns am besten eine E-Mail an info@fans-at.hertha.de und sagt uns, wobei man gerne helfen möchten. Wir antworten dort aber auch auf Fragen jeglicher Art.

Falls ihr uns mit einer Geldspende unterstützen wollt, könnt ihr das hier tun:

fans at hertha, DE35 1007 0024 0650 9665 00

Gibt es sonst noch etwas, was ihr gerne loswerden wollt?

Wir sollten alle weniger darüber reden, etwas Gutes zu tun und sondern es einfach mal machen. Jeder kann helfen, wenn er möchte. Schaut euch um, was euch am Herzen liegt und tut etwas, es muss nicht immer Geld sein, auch Unterstützung und ein offenes Ohr sind viel Wert.

Vielen Dank für das Interview und frohe Weihnachten!

Hertha BSC – 1.FC Köln: Drei Thesen

Hertha BSC – 1.FC Köln: Drei Thesen

Ein Stich ins Fanherz brachte die Hertha in der 90+8 Minute gegen Stuttgart um einen Punkt und zur dritten Niederlage in Folge. Nun heißt es Bär gegen Geißbock. Die Gäste aus Köln sehnen sich nach einer nicht allzu schlimmen, aber genauso drastischen Niederlagenserie einen Sieg herbei. Im Olympiastadion steht ein hartes Duell zwischen zwei Teams an, welche vor der Winterpause drei Punkte mitnehmen wollen.

Unsere drei Thesen zum Spiel gegen den 1.FC Köln.

Ein letzter Gruß nach Qatar

“15.000 Tote für 5.760 Minuten Fußball! Schämt euch”. Bei der letzten Heimpartie, wo ein volles Olympiastadion den FC Bayern begrüßte, sollte dieser Spruch vom Gästeblock und in der Ostkurve durch die Medien gehen. Eine gemeinsame Kooperation zwischen den Fanlagern zeigte nicht nur im Olympiastadion die Position der nationalen Fanlager. Im Olympiastadion sollte es nicht das einzige Banner in dieser Partie sein und man kann in der nun letzten Heimpartie vor der großen Winter-WM-Unterbrechung auf mehr warten. Ein jeder Fußballfan richtet seinen Blick auf das Wüstenemirat und die Ostkurve wird sicherlich nicht ruhig Teile der Mannschaft verabschieden.

(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Zwar stehen einige finale Kader noch aus, doch manche Hertha-Spieler haben schon einen guten Stand, solange nicht noch eine Verletzung dazwischenkommt. Einen Kaderplatz etwa hat Schlussmann Oliver Christensen schon sicher. Seit seinem Aufstieg in den Hertha-Reihen hat der 23-Jährige neben den meisten eigenen Fans auch Nationaltrainer Kasper Hjulmand überzeugt. Weitere Chancen kann sich Dodi Lukebakio als Nachrücker machen, welcher neben der bisherigen Saison mit einem guten Auftritt gegen Köln sicherlich Eindruck hinterlassen will.

Gelbes Kartenfestival

Vom Politischen gehen wir zu den Raufereien auf den Platz. Mit nun 43 Gelben Karten führen die Kölner beeindruckend darin die Bundesligatabelle an. Steffen Baumgarts aggressiver „Vollgasfußball“ zieht einige Karten mit sich. Dass die Hertha mit nun 33 Gelben Karten auf Platz zwei dieser Tabelle steht, lässt auf eine stark physisch geführte Partie schließen. Allein in der letzten Partie konnten sich mit Marco Richter sowie Marc Oliver Kempf gleich zwei weitere Gelb gegen Stuttgart abholen. Karten bedeuten bekanntermaßen nicht gleich unfaires Spiel. Beide Teams zeigen sich im Mittelfeld der Fouls am Gegner, gehen aber stetig intensiv in Spiele rein. Dies lässt sich anhand der Spielstile beider Trainer gut ablesen. Während rund ums Olympiastadion auf „Urvertrauen“ und eine „positive Grundstimmung” gesetzt wird, bringt man mit Steffen Baumgart das im Fußball sagenumwobene Wort „Mentalität“ in Verbindung.

(Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

Für die Berliner setzte es zuletzt drei Niederlagen infolge, von den letzten neun Partien wurde nur eine gewonnen. Gute Stimmung hin oder her, das stimmt niemanden auf einem Relegationsplatz zufrieden. Die Gäste unter dem ehemaligen Union-Stürmer stehen mit zwei Niederlagen und damit vier sieglosen Partien in Folge zwar etwas besser da, doch eine Niederlage gegen die Hertha samt dem Verlust von wichtigen Punkten sieht man vor der Pause ungern.

Kanga für Selke in die Startelf

Zwar will nach Medienberichten Hertha schon im Winter nach einem neuen Mittelstürmer fahnden. Im Moment blickt man noch auf die Optionen, welche der Kader hergibt. Nachdem Selke in einem packenden Duell im letzten Heimspiel gegen die Bayern noch per Elfmeter ein Tor rausholen konnte, gab es gegen Stuttgart wenig Erfolgreiches für den Schwaben. So spräche taktisch vieles für einen Startelfeinsatz Wilfried Kangas. Die Rückkehr des physisch stärkeren Ivorers in die Startelf sollte insbesondere gegen die Kölner Abwehr für die anlaufenden Flügelspieler in Form von Lukebakio wie Richter Gegenspieler auf sich ziehen.

(Photo by Matthias Kern/Getty Images)

Mit dem weitergehenden Ausfall von Kangas 4-4-2 Stürmerpartner Stevan Jovetic könnte Trainer Schwarz es sich offenhalten, dazu zum 4-3-3 System zurückzukehren. Ebenso besser und schneller zeigte sich Leihgabe Ejuke gegenüber Marco Richter, welcher wie Selke in der 61. Minute ausgewechselt wurde.

Ein Sieg vor einer speziellen anstehenden Winterpause könnte neben dem Sicherstellen einer höheren Tabellensituation und dem Beruhigen des eigenen Fanherzes insbesondere Schwarz viel gelobte Grundstimmung halten. Trainer Schwarz fasst es passend zusammen, „Es wäre ein guter Zeitpunkt, das am Samstag zu haben. Wir haben die Qualität, das Spiel zu gewinnen.”

Hertha BSC – FC Bayern München: Drei Schlüsselduelle

Hertha BSC – FC Bayern München: Drei Schlüsselduelle

Das bisherige Motto von Hertha BSC in dieser Saison war „Gut gespielt, (zu) wenig Punkte“. Lange erhielt die Mannschaft von Sandro Schwarz Lob für ihr Auftreten, selbst wenn es am Ertrag häufig mangelte. In den letzten beiden Spielen gegen die Aufsteiger Schalke und Bremen stagnierte jedoch auch die Leistung, am Ende reichte es zumindest gegen die Gäste aus Gelsenkirchen zum ersten Heimsieg der Saison, inklusive Willy Kangas Premierentor. Der kommende Gegner aus dem Süden der Republik kommt daher zu einem eher ungünstigen Zeitpunkt, auf der anderen Seite hat Hertha kaum etwas zu verlieren.

Auf welche Schlüsselduelle es ankommt und wie man gegen Bayern München zu Punkten kommen kann, wollen wir in diesem Artikel diskutieren.

Oliver Christensen vs. Eric Maxim Choupo-Moting

Der Kader des deutschen Serienmeisters ist gespickt mit absoluten Topstars. Dass am Ende ausgerechnet der bisherige Ersatzspieler Eric Maxim Choupo-Moting zu einer der absoluten Schlüsselfiguren der laufenden Saison wird, dürfte den Großteil der geneigten Fußballfans überraschen. Der Deutsch-Kameruner konnte in bisher 13 Spielen mit 8 Toren und 3 Vorlagen glänzen, und dass bei gerade einmal 613 Einsatzminuten in Bundesliga, DFB-Pokal und Champions League zusammen. Anders formuliert: Choupo-Moting erzielt alle gut 57 Minuten einen Scorer, was den Zahlen eines Weltklassestürmers entspricht. Das wohl beeindruckendste an dieser Statistik ist jedoch, dass jede einzelne dieser Torbeteiligungen in den letzten vier Wochen erfolgte. Es dürfte schwierig sein, einen anderen Spieler zu finden, der zurzeit solch eine Form aufweist.

Choupo-Moting

(Photo by Christof Stache/AFP via Getty Images)

Ihm gegenüber steht mit Olli Christensen der jüngste Stammtorhüter in der Bundesliga. Fredi Bobic bestätigte unter der Woche in einem Sky exklusiv Interview noch einmal, dass man mit dem Dänen ein gewisses Risiko eingegangen ist. Und dieser bestätigt das in ihn gesetzte Vertrauen bis jetzt mit soliden Leistungen. Auch wenn hier und da mal eine unsichere Situation, wie zum Beispiel der Ausflug gegen Antony Modeste gegen Dortmund oder das späte verschuldete Gegentor im Freiburg-Spiel, dabei ist, hat Christensen die Mannschaft schon das ein oder andere Mal im Spiel gehalten. Im Gegensatz zum vergleichsweise unsicheren Alexander Schwolow (derzeit an Schalke verliehen) strahlt der 24-jährige Nationalspieler eine gewisse Stabilität und Ruhe aus, von der auch die Verteidiger vor ihm profitieren.

Ein Blick auf die Zahlen zeigt allerdings auch: 17 Gegentore in 12 Spielen und bisher nur einem Spiel ohne Gegentor bieten durchaus Luft nach oben, wobei dafür natürlich nicht nur der Torhüter alleine verantwortlich ist. Oliver Christensen trifft mit Eric Maxim Choupo-Moting auf einen äußerst formstarken und somit auch selbstbewussten Stürmer. Falls Hertha gegen die Bayern Punkte mitnehmen will, ist eine überdurchschnittliche Leistung und etliche gewonnene Privatduelle des Schlussmanns gegen den Mittelstürmer der Münchner notwendig.

Lucas Tousart vs. Joshua Kimmich

Herthas wichtigste Zone unter Sandro Schwarz und dessen Art Fußball spielen zu lassen ist zweifelsohne das Mittelfeld. Durch eine aktive Zweikampfweise und Ballgewinne im mittleren Drittel des Spielfeldes sowie daraus resultierende Gegenstöße soll einerseits Gefahr vom eigenen Tor gebannt und andererseits selbst in Abschlusssituationen gekommen werden. Und genau dafür ist Lucas Tousart ein eminent wichtiges Puzzleteil.

Tousart

Photo by Martin Rose/Getty Images

Der von Jürgen Klinsmann verpflichtete Rekordtransfer scheint in seiner mittlerweile dritten Saison bei Hertha endlich richtig angekommen zu sein. Er geht auf dem Feld voran, macht Meter, gewinnt einen Zweikampf nach dem anderen und gibt dem Spiel der Alten Dame eine Struktur, die in den letzten Jahren regelmäßig fehlte. Mit bereits drei Saisontoren (zweimal in der Liga und einmal im Pokal) entdeckte der Franzose zuletzt zudem eine neue Torgefahr. In seiner Kernkompetenz, dem Gewinnen von Zweikämpfen, befindet Tousart sich im ligaweiten Vergleich auf Platz 17. Daneben ist er unter den besten drei Prozent in Hinblick auf geklärte Bälle – und das europaweit.

Sein Gegenpart bei den Münchnern heißt Joshua Kimmich und gehört seit Jahren zu den Besten seiner Zunft. Der ehemalige Stuttgarter ist der unumstrittene Strippenzieher im Spiel des Champions-League-Siegers von 2020. Er befindet sich im europäischen Vergleich bei den jeweils besten Prozent in Hinblick Assists, schuss-kreierende Aktionen, progressive Pässe und abgefangene Bälle. Kimmich ist somit sowohl defensiv als auch offensiv der treibende Motor der Bayern und dazu emotionaler Leader auf dem Platz. Der Mittelfeldspieler muss für ein erfolgreiches Spiel der Blau-Weißen so gut wie möglich neutralisiert werden. Genau das wird höchstwahrscheinlich Aufgabe von Lucas Tousart sein. Sollte dem Herthaner dies gelingen, erhöht sich zumindest die Möglichkeit, dass die Gastgeber nicht als Verlierer aus der Partie gehen.

Dodi Lukebakio vs. Alphonso Davies

Auf der von Hertha aus gesehen rechten Außenbahn könnte es im kommenden Spiel durchaus zu dem einen oder anderen Blitzerfoto kommen. Mit Dodi Lukebakio (Platz 33) und Alphonso Davies (Platz 3) treffen zwei der schnellsten Spieler der Bundesliga aufeinander. Der 22-jährige Außenverteidiger der Gäste schaltet sich dabei gerne in das Offensivspiel seiner Mannschaft ein. Er gehört mit über drei erfolgreichen Dribblings pro 90 Minuten zum besten Prozent Europas in dieser Kategorie, auch seine expected Assists und schuss-kreierenden Aktionen stellen Spitzenwerte dar. Lukebakio wird somit auch defensiv gefordert sein, um Jonjoe Kenny so gut es geht zu unterstützen. Spätestens seit dem überragenden Sprint des Belgiers in Richtung des eigenen Tores gegen RB Leipzig und dem damit schon sicher geglaubten verhinderten Gegentor ist klar, dass der Rechtsaußen in dieser Saison Fußball nicht nur offensiv versteht.

Lukebakio

Photo by Cathrin Mueller/Getty Images

Auf der anderen Seite könnten sich durch die Spielweise Davies gerade die Räume öffnen, die Herthas Flügelflitzer so liebt. Mit bereits fünf Treffern in der Liga führt Lukebakio die teaminterne Torschützenliste deutlich an. Der obligatorische Hinweis auf dessen Dreierpack gegen die Bayern noch zu Düsseldorfer Zeiten erfolgt hiermit ebenfalls. Jedes Tor des Außenstürmers würde für das Ziel der Hauptstädter, vielleicht wenigstens einen Punkt im in dieser Saison erstmals ausverkauften Olympiastadion zu behalten, Gold wert sein. Es ist klar, dass alles andere als eine Niederlage für Hertha extrem wertvoll wäre, um die Abstiegsränge über die lange Winterpause zu vermeiden. Und somit zumindest etwas Ruhe im finanziell geplagten Verein aus Charlottenburg einkehren zu lassen.

Die Statistiken beruhen auf den Angaben von fbref.com und bundesliga.com

[Titelbild: Reinaldo Coddou H./Getty Images]