Podcast #149 Saisonrückblick Hertha BSC 20/21

Podcast #149 Saisonrückblick Hertha BSC 20/21

Wir rekapitulieren die Saison 20/21 von Hertha BSC für die Nachwelt und sprechen außerdem über die Mitgliederversammlung am 30.5.2021. Leute, es wird wild! Vielen Dank, dass ihr mit uns durch diese verrückte Saison gegangen seid.

Wir wünschen euch ganz viel Spaß mit der Folge und freuen uns über eure Kommentare. 

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Photo: IMAGO

Podcast #148 Dedication auf Deutsch

Podcast #148 Dedication auf Deutsch

Das Spiel gegen Hoffenheim hatte wenig sportliche Relevanz. Daher legen wir in dieser Folge den Fokus eher auf unsere News Sektion. Wir reden über das Karriereende von Khedira, das instagram live von Arne Friedrich, die Verlängerung von Cunha und die Gerüchte um Weiser.

Natürlich reden wir auch noch über das Spiel und was es noch einmal über den Zustand der Mannschaft aussagt. 

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Polish Kit League:

Nachruf Khedira:

Weiser zu Hertha:

Herthaner im Fokus gegen Hoffenheim:

Herthaner im Fokus: TSG Hoffenheim – Hertha BSC

Herthaner im Fokus: TSG Hoffenheim – Hertha BSC

Nach der unschön anzusehenden, doch im Ergebnis so wichtigen Partie gegen Köln duellierte sich unsere Alte Dame am letzten Spieltag der Saison 2020/2021 mit der TSG Hoffenheim in Sinsheim um die Goldene Ananas. Während auf anderen Plätzen die Kämpfe ums internationale Geschäft und den Klassenerhalt gefochten wurden, konnte Hertha zwar die Ungeschlagen-Serie seit dem 13. März 2021 nicht weiterführen, aber immerhin die obligatorische Klatsche mit vier Toren Differenz zum Saisonabschluss vermeiden.

Wir schauen auf einige ausgewählte Herthaner bei dieser sportlich irrelevanten 1:2-Auswärtsniederlage. Dabei nehmen wir vor allem die Spieler in den Fokus, die sich am Samstag (höchstwahrscheinlich) von Hertha BSC verabschiedet haben.

Peter Pekarik – Mr. Zuverlässig

Herthas ewiger Rechtsverteidiger startete auch im letzten Spiel der Saison rechts in einer Viererkette. In der chancenreiche Anfangsphase war auch der Slowake vorne zu finden und legte in der 17. Minute eine gute Chance für Jessic Ngankam auf, der am Hoffenheimer Keeper Pentke scheiterte. Als das Spiel immer mehr verflachte und kaum Möglichkeiten bot, tauchte Pekarik plötzlich wieder im Hoffenheimer Strafraum auf. In der 41. Minute brachte er von der Grundlinie aus einen Pass in den Rückraum, wo sich Ngankam und Nemanja Radonji nicht einig wurden und die Schusschance verpuffte.

In der 43. Minute hatte sich der Hertha-Verteidiger wieder nach vorne geschlichen und die Defensive der Gastgeber aufgemischt. Auf der anderen Seite des Spielfelds tankte sich Marvin Plattenhardt durch und brachte eine passgenaue Flanke auf den Fünfmeterraum, wo Vladimir Darida den von Pekarik geschaffenen Freiraum nutzte und unbedrängt zur 1:0-Führung einköpfte.

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Auch wenn der 34-jährige Slowake nicht direkt am Tor beteiligt war, so zeigte sich auch hier sein in dieser Saison neu gewonnener Torriecher, der ihn zum fünftbesten Torschützen bei Hertha in dieser Spielzeit machte. Unter seinen drei Bundesliga-Treffern waren dabei auch so wichtige Tore wie das zum 1:1 beim 3:1-Hinspiel-Sieg gegen Union Berlin wie auch das 2:0 beim 3:0-Erfolg im Nachholspiel gegen den SC Freiburg.

Zu Beginn der zweiten Hälfte zeigte sich Pekarik dann aber wie seine Defensiv-Kollegen nach einer Riesenchance für Vladimir Darida zu unaufmerksam und ließ Ryan Sessegnon auf der rechten Abwehrseite zu viel Raum und Platz. Dessen scharfe Hereingabe konnte Sargis Adamyan in der Mitte zum 1:1-Ausgleich verwerten. Diese Unaufmerksamkeit konnte Herthas Rechtsverteidiger aber nicht auf sich sitzen lassen und so warf sich Mr. Zuverlässig in der 52. Minute in höchster Not in einen Schuss von Andrej Kramaric und konnte so noch eben den nächsten Einschlag verhindern.

Danach bewegte sich das Spiel wieder in ruhigere Fahrwasser und Hertha kam lange nicht mehr wirklich in Bedrängnis – wie immer auch ein Verdienst von Peter Pekarik. Nachdem mit der Khedira-Auswechslung endgültig die Sommerpause eingeleitet schien, tröpfelte das Spiel größtenteils vor sich hin. Als die Partie beinahe schon abgepfiffen schien, kamen die Hoffenheimer doch noch spät zu einem verdienten 2:1-Sieg durch den Treffer von Andrej Kramaric.

Ob Peter Pekariks Vertrag noch einmal verlängert wird, ist zweifelhaft. Die Zuverlässigkeit in Person ist seit 2012 bei Hertha, hat in der zweiten Liga, aber auch in der Europa League gespielt. Er hat Pal Dardai kommen, wieder gehen und wieder kommen sehen. Und der stets unscheinbare Slowake war immer dabei.

Danke, Peter!

Mathew Leckie – Internationale Schnelligkeit

Der Australier durfte wie bei seinem Debüt für Hertha gegen den damaligen Aufsteiger VfB Stuttgart im Sommer 2017 auf der rechten Seite im heut wie damals von Dardai favorisierten 4-2-3-1 beginnen.

Doch anders als einst, als Mathew Leckie den Linksverteidiger Ailton des VfB schwindlig spielte und mit einem unvergessenen Ronaldo-Chop links liegen ließ, um zum Doppelpack einzuschieben, konnte Leckie diesem Spiel seinen Stempel nicht aufdrücken. Er fiel zwar auch nicht ab, konnte aber keine entscheidenden Szenen initiieren. Dass der Moderator eines Bezahlsenders bei Leckies Auswechslung dennoch von einer guten Leistung sprach, ist wohl bezeichnend für die Leistungen, die Leckie bei Hertha größtenteils zeigte. Ebenso, dass der für ihn eingewechselte Daishawn Redan, wenngleich glücklos, schon kurz nach seiner Einwechslung für mehr Wirbel sorgte, als Leckie in seinen gesamten Saisoneinsätzen zusammen.

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Hatte Leckie mit seinem Doppelpack beim Debüt 2017 noch Träume geschürt, zeigte sich danach relativ schnell, dass die Skepsis der Hertha-Anhänger:innen wie auch die 2173 Minuten andauernde Torflaute vor dem ersten Treffer gegen die Stuttgarter doch begründet waren. Leckie fehlte es nie am Einsatz, er zeigte allerdings auch keinerlei Torgefahr. Mehr als die von Dardai so heißgeliebte internationale Schnelligkeit konnte der Australier nie vorweisen. Und so verkam er wie schon sein ehemaliger Teamkollege Alexander Esswein immer mehr zum Meme.

Rückblickend wird ihm das nicht gerecht. Leckie fightete immer, soweit ihn seine Füße trugen, war mit Herz und Leidenschaft dabei und beklagte sich nie, wenn ein Trainer seine limitierten Fähigkeiten erkannte und andere Spieler vorzog. Der sympathische Australier deutet die Zeichen der Zeit richtig und bricht trotz einiger Einsatzminuten in dieser Saison seine Zelte in Berlin ab.

Auch wenn Mathew Leckie in seiner Hertha-Zeit selten Wunderdinge vollbrachte, hat er sich Anerkennung und einen warmen Abschied verdient. Und auch der Autor dieser Zeilen wird sich mit einem Lächeln zurückerinnern an den flinken Rechtsaußen und diesen Samstag im Olympiastadion im August 2017.

Danke, Mathew!

Sami Khedira – Der verlängerte Arm des Trainers

Sami Khedira führte im letzten Spiel seiner Karriere Hertha erstmals als Kapitän auf den Platz. Im Dardai‘schen 4-2-3-1 besetzte er die Doppelsechs mit Eduard Löwen, der zu seinem Startelfdebüt in dieser Saison kam. Während sich Löwen anfangs mit einigen Läufen in die Tiefe anbot, bot Khedira wieder den Ballverteiler dar. Die ordnende Hand im Spielaufbau mit dem richtigen Auge für freie Räume und ordentlichem Timing zeigte, wie wichtig Khedira auch sportlich für Hertha hätte sein können. Doch gerade defensiv offenbarten sich auch die bekannten Geschwindigkeitsdefizite, die von wendigen schnellen Stürmern allzu leicht ausgenutzt werden können.

So wurde etwa Hoffenheims Sargis Adamyan nach unentschlossenem Zweikampfverhalten von Marvin Plattenhardt im Strafraum freigespielt, der daraufhin sowohl von Niklas Stark als eben auch Sami Khedira mit einem kleinen Schlenker ausspielte und wuchtig knapp neben das Tor schoss. Mit zunehmender Spielzeit verflachte Herthas Spiel zusehends, auch Khedira konnte sich nicht gegen die drohende Schläfrigkeit der Hertha Mannschaft stemmen, auch wenn der zu diesem Zeitpunkt überraschende Führungstreffer noch vor der Pause fallen sollte.

In der zweiten Hälfte durfte Khedira dann neben dem eingewechselten Santiago Ascacíbar seine Abschiedsvorstellung weiterführen. Und in der 48. Minute war dieses Duo direkt im Mittelpunkt. Der eingewechselte Argentinier schickte am Sechzehner in Manier seines bekannten Landsmannes vom FC Barcelona drei Hoffenheimer ins Leere, Khedira spitzelte gedankenschnell den Ball aus dem Zentrum nach links zum freistehenden Darida, der sich die Zeit ließ, den Ball anzunehmen und mit etwas zu viel Auge ans rechte Gestänge zu schnörkeln. Auf der Gegenseite trauerte die Hertha-Mannschaft der vergebenen Großchance wohl noch zu sehr hinterher und musste den Ausgleich durch Adamyan fressen.

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Nach diesem furiosen Auftakt in die zweite Hälfte verflachte die Partie zusehends, einzig Redan brachte noch etwas Unruhe in die Hoffenheimer Defensive.

Die Szene des Spiels hatte dann aber wenig mit dem Sportlichen zu tun. In der 74. Spielminute verließ Sami Khedira unter dem Beifall seiner Mannschaftskollegen den Platz. Alle Herthaner vor Ort hatten sich in Trikots der ehemaligen Stationen des Deutschen, Spanischen und Italienischen Meisters vor der Bank aufgestellt, um ihn zum Abschluss seiner Karriere in Empfang zu nehmen. Arne Friedrich ließ es sich nicht nehmen, Khedira in seinem Weltmeister-Trikot des Jahres 2014 in den Arm zu nehmen und ihm noch einige warme Worte mitzugeben. Ein wenig ging unter, dass mit dem eingewechselten Jonas Dirkner ein weiteres Talent der Hertha-Bubis sein Bundesliga-Debüt feierte.

In der Folge lief das Spiel aus und Hertha der Sommerpause entgegen. Die letzte Entschlossenheit fehlte und Hoffenheim kam so noch zu einigen Chancen bis es in der 90. Spielminute dann tatsächlich so weit war – nach einer Hereingabe von rechts stand Topstürmer Andrej Kramaric blitzeblank auf Höhe des Elfemeterpunkts und verwandelte eiskalt ins links untere Eck zum 1:2-Endstand.

Das Ergebnis blieb jedoch nebensächlich. Aus Hertha-Sicht wird der emotionale und gelungene Abschied von Sami Khedira im Gedächtnis bleiben. Trotz verletzungsbedingt nur neun absolvierter Spiele für Hertha, kann man an den Äußerungen der Verantwortlichen seinen Anteil am Klassenerhalt ablesen. Auf dem Platz der erfahrene Lenker war er abseits des Platzes für das so auseinandergedriftete Mannschaftsgefüge Gold wert. Neben seiner Erfahrung und natürlichen Autorität konnte er auch mit seinen Sprachkenntnissen und vorgelebten Professionalität Bindeglied und Vorbild sein.

Sami Khedira wusste im Winter genau, worauf er sich einlässt. Und er hat sich für Hertha entschieden.

Danke, Sami!

Und da war da noch:

Nemanja Radonjić, der insbesondere zu Beginn der Partie als Aktivposten seine Schnelligkeit und Dribbelstärke bewies, das ein oder andere Mal gefährliche Strafraumszenen initiierte und auch selbst zum Abschluss kam. Wieder einmal zeigte sich allerdings seine Schwäche in der Entscheidungsfindung. Mit zunehmender Spielzeit tauchte er wie die meisten seiner Mannschaftskollegen weitestgehend ab. Auch Radonjićs Leihvertrag endet nach diesem Spiel, Hertha soll aber an einer Weiterverpflichtung zu vernünftigen Konditionen interessiert sein. Sicherlich eine sinnvolle Überlegung, ist Hertha doch gerade auf den offensiven Außenpositionen dünn besetzt. Soweit es menschlich passt und man Vertrauen in Dárdais Fähigkeiten hat, den Serben weiterzuentwickeln, dürfte eine Lösung mit seinem Stammverein Olympique Marseille zu finden sein.

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Nils Körber, der seit Rune Jarsteins Corona-Infektion als Herthas Nummer Zwei auf der Bank saß. Seit 2011 im Verein, seit 2015 mit 3-jähriger Leihunterbrechung noch ohne Einsatz für Hertha bei den Profis. Dem Vernehmen nach läuft sein Vertrag aus, eine Ausweitung des Vertrags erscheint aber nicht unmöglich. Nach Jarsteins Verlängerung bleibt aber vorerst weiterhin nur die Perspektive als Nummer Drei, fraglich ob das dem sicherlich zweitligareifen Torhüter in den nächsten Jahren ausreicht.

Mattéo Guendouzi, der das letzte Saisonspiel aufgrund seines gegen Freiburg erlittenen Mittelfußbruchs verpasste und so einen unwürdigen Abschied seines wilden Leihjahres bei Hertha fand. Der Lockenkopf stand beinahe sinnbildlich für das zu selten abgerufene Potenzial der Mannschaft, das ewige Auf und Ab. Konnte er zu Beginn seiner Leihe noch begeistern, trieb er die Fans zwischendurch zur Weißglut, nur um am Ende wieder eine wichtige Stütze im Dardai‘schen System zu sein. Ob er nun tatsächlich in der nächsten Saison bei Arsenal seine Schuhe schnürt, erscheint allerdings eher fraglich. Sicher ist nur („Stand jetzt“), dass eine Verpflichtung für Hertha nicht möglich ist und wir Guendouzi nach der Sommerpause in einem anderen Trikot sehen werden.

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TSG 1899 Hoffenheim – Hertha BSC: Die Kür nach dem Krakftakt

TSG 1899 Hoffenheim – Hertha BSC: Die Kür nach dem Krakftakt

Was vor der Saison für große Ernüchterung gesorgt hätte, ist heute Grund für riesige Erleichterung und Freude: Für Hertha geht es nach dem Klassenerhalt am vergangenen Spieltag in der letzten Partie um rein gar nichts mehr. Gerade, wenn man Freundinnen und Freunde hat, deren Vereine sich gerade noch mittendrin im Abstiegskampf tummeln und um das sportliche Überleben zittern, merkt man, wie brustlösend dieser Satz doch ist. Dank eines sagenhaften Post-Quarantäne-Schlussspurts hat es die Mannschaft vollbracht, in 13 Tagen aus fünf Spielen starke neun Punkte zu sammeln. Das erfreulich ereignisarme 0:0 gegen Köln hat dann schlussendlich aufgrund der Resultate auf den anderen Plätzen den Deckel auf eine verrückte Saison gemacht. Während Hertha nun sogar bei einem Sieg noch bis auf Platz 12 emporklettern könnte, ist bei Hoffenheim, dem kommenden Gegner, der elfte Platz bereits zementiert. Perfekte Bedingungen also für einen lauen Frühlingskick im Kraichgau.

Mehr als nur Ergebniskorrektur

Neben Cunha und Cordoba fehlen sechs weitere Stammkräfte (Matthias Koch, imago images via Getty Images)

Wie wichtig es war, schon vor Samstag den Ligaverbleib zu zementieren, zeigt ein Blick auf die Verletztenliste. Mit Luca Netz, Matteo Guendouzi, Jhon Cordoba, Rune Jarstein, Krzystof Piatek, Maximilian Mittelstädt und Matheus Cunha fehlen sieben potenzielle Stammspieler. Dazu kommt als Nummer Acht noch Jordan Torunarigha mit einer Gelbsperre.

Wer jetzt aber glaubt, Hertha würde dieses Spiel ohne Ambitionen angehen, sieht sich getäuscht, zumindest, wenn es nach Pal Dardai geht. Die kühle BWL-Sicht, die auch der Trainer in der Pressekonferenz dargelegt hat, ist zunächst einmal klar. Je weiter oben Hertha die Saison abschließt, desto mehr Einnahmen durch TV-Gelder gehen damit einher. Doch auch für die nächste Saison kann ein Punktgewinn einen Motivationsschub bedeuten. Neun ungeschlagene Spiele hatte Hertha letztmalig vor 16 Jahren, als Dardai selbst noch die Schuhe an der Seite von Marcelinho und Co. schnürte. Sich nach diesem Spielemarathon in den letzten Wochen nun auch noch mit einen Remis oder Sieg, statt der obligatorischen Klatsche am letzten Spieltag, in die Sommerpause zu verabschieden, wäre die Kirsche auf der Torte.

Ein würdiger Abschied für Herthas Weltmeister

Sein Abschiedsspiel wird Sami Khedira von Beginn an bestreiten. (imago images via Getty Images)

Und dann ist da natürlich noch die romantische Perspektive, die dieses Spiel hat. Sami Khedira, ein ganz Großer dieses Sports, verlässt am Samstagnachmittag die Fußballbühne und wird sein letztes Spiel bestreiten. Dass dies nicht in einem ausverkauften Stadion vor Fans stattfinden darf, macht den Abschied umso wehmütiger. Gerade deswegen ist die Mannschaft in der Verantwortung, dafür zu sorgen, ihm einen gebührenden Schlussakkord zu bereiten. Schließlich hat Khedira, wie Dardai und Friedrich immer wieder betonen, trotz seiner wenigen Spiele, gerade durch seine Erfahrung und Führungsqualität einen großen Anteil am Klassenerhalt. Ein Sieg in seinem letzten Spiel wäre eine schöne Art und Weise, ihm für seinen unermüdlichen Einsatz in dieser schwierigen Phase des Vereins zu danken. Dass Khedira dabei in der Startelf stehen wird, stand laut Pal Dardai auch schon vor der Verkündung seines Karriereendes fest.

Schaulaufen für nächstes Jahr?

Aber auch aus rein egoistischen Gründen ist es für die Spieler wichtig, sich noch einmal von der besten Seite zu zeigen. Die Anzeichen verdichten sich, dass Pal Dardai auch in der kommenden Saison Cheftrainer von Hertha BSC sein wird. Dementsprechend gewichtig wird sein Wort sein, wenn es um die Kaderplanung für die nächste Spielzeit geht. Wie der Ungar selbst sagte, wird er die nächsten Wochen vor dem Urlaub auch dafür nutzen, gemeinsam mit Arne Friedrich zu besprechen, welche Spieler sich als lernfähig erwiesen haben. Das Spiel gegen Hoffenheim ist also die letzte Möglichkeit, den Trainer nochmal von sich zu überzeugen und die Saison mit einem positiven Gefühl zu beschließen. Vielleicht wird der laue Frühlingskick also doch etwas hitziger.

*Titelbild: imago images via Getty Images

Danke, Arne!

Danke, Arne!

Vom Performance Manager zum Interims-Geschäftsführer Sport. Arne Friedrich hat in dieser Saison alles für Hertha gegeben. Grund genug seine Leistung in diesem Artikel zu würdigen.

Der 3. Juli 2010 ist ein besonderer Tag für Arne Friedrich. Bei einem souveränen Auftritt der deutschen Nationalmannschaft gegen Argentinien, trifft der Verteidiger zu seinem ersten und einzigem Länderspieltor. Die Freude ist ihm beim Torjubel anzusehen. Ich konnte mich damals nicht wirklich freuen. So gerne hätte ich gesehen, wie die Hertha-Legende dieses wichtige Tor macht, während er für die alte Dame spielt. Doch Friedrich hatte bereits einige Monate vorher klar gemacht, dass er in der zukünftigen Saison nicht das blau-weiße Dress tragen und stattdessen nach Wolfsburg wechseln wird. Zwei Millionen Euro für acht Jahre Leidenschaft und 288 Spiele. Ich bin ehrlich, ohne mich damals viel mit den Hintergründen und Zerwürfnissen auseinander gesetzt zu haben: Ich habe es Arne sehr übel genommen.

Die Zeit heilt alle Wunden

Mit der Zeit ist dieser Zorn verraucht. Es schien Wichtigeres zu geben. Herthas Weg in den letzten zwei Jahren war nicht immer eben und schön. Auf Höhen folgten Tiefen und während man selbst älter wurde, lernte man die Dinge ein wenig anders zu sehen und die Verdienste die einzelne Personen für den Verein erbracht haben mehr zu würdigen. Aus diesem Grund war ich auch extrem euphorisch, als ein gewisser J.K. Arne als Performance Manager aus dem Hut zauberte.

Die Professionalität, die Arne hier an den Tag legte war beeindruckend. Er war schließlich nie zuvor Performance Manager gewesen und hat sich nach seiner Karriere als aktiver Spieler alles selber beigebracht. Während nach und nach alle Klinsmann Vertrauten und Nachfolger entlassen wurden, stieg Arne vom Performance Manager zum Sportdirektor auf. Auch das ist sicher ein Zeichen für die Qualität seiner Arbeit. Nachdem Bruno Labbadia gehen musste und Dárdai als Nachfolger bekanntgegeben und das Trio Infernale durch Zecke Neuendorf komplettiert wurde, wartete eine Mammut-Aufgabe: Aus einem schlecht zusammengestellten, unerfahrenen und verunsicherten Kader musste schleunigst ein Team geformt werden.

friedrich hertha
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Theorie und Praxis

Glaubt man den Berichten und Insta-Stories, arbeite Arne hier wie ein Besessener. Zusätzlich zum Abstiegskampf übernahm er dazu sogar den Geschäftsbereich von Michael Preetz und fädelte die wichtigen Wintertransfers ein. Zwischenzeitlich musste er sogar das Training übernehmen und es würde mich nicht wundern, wenn er in der Zeit als alle Spieler in Quarantäne mussten, das ein oder andere Spinning-Bike selbst aufgebaut hätte.

In der Theorie war da ein 42-jähriger Ex-Spieler, ohne vorzeigenswerte Coaching- oder Funktionärserfahrung, der seinen Ex-Traditionsclub vor dem Abstieg und dem Spott der ganzen Liga retten musste. Die Chancen sahen schonmal besser aus. Doch Theorie und Praxis sind zwei unterschiedliche Dinge. Führt man sich Arnes Weg nach seiner aktiven Karriere vor Augen, stößt man auf Anekdoten, wie er in den USA zusammen mit Navy Seals trainierte und wie viel Kraft er aus der Bibel ziehe.

friedrich hertha
Foto: xMatthiasxKochx/IMAGO

Das mag vielleicht etwas befremdlich wirken. Die „Bild“ titelte am Anfang von Arnes Zeit als Performance Manager: „Hertha will Gegner versenken: Arne Friedrich plant Torpedo Training.“ Solche einseitigen Fokussierungen übersehen den wichtigsten Aspekt der Erfahrung, die Arne aus seinen USA-Kontakten mitgenommen haben dürfte: Wie man aus wildfremden Menschen eine Einheit schmiedet, die im Zweifel bereit ist, füreinander zu sterben. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint die Aufgabe, aus Herthas Mannschaft ein Team zu formen, wie ein Kinderspiel.

Erfolg

Es ist unnötig zu erwähnen, dass Arne, Pal, Zecke, der gesamte Verein und die Spieler geliefert haben. Sie sind ein Team geworden. Haben sich nicht von zwei Wochen Quarantäne und einem vollen Spielplan aus der Bahn bringen lassen, sondern haben die Zeit genutzt um stärker zu werden. Wer wieviel dazu beigetragen hat, das lässt sich wahrscheinlich nie ganz klären. Fest steht aber: Ohne diese magische Konstellation, ohne das hoch professionelle Auftreten des Vereins nach Außen und Innen: Der Abstieg wäre wohl sicher gewesen.

Hertha-Fan zu sein ist sicher eine Ehre, aber selten ein Vergnügen. Umso wichtiger ist es, dass es jemanden gibt, bei dem man sich sicher aufgehoben fühlt. Dem man abnimmt, dass alles gut wird. Für mich persönlich hat Arne Friedrich, unabhängig vom aktuellen Trainer, immer genau das ausgestrahlt. Vielleicht war seine Person, in Kombination mit den anderen schon genannten Faktoren, der Grund, warum ich nie ernsthaft um den Abstieg besorgt war, beziehungsweise, dass ich mir sicher war, dass wenn Hertha absteigt und Arne im Verein bleibt, Hertha ganz schnell wieder erstklassig spielen würde.

Identifikationsfigur

Was mag die Zukunft bringen? Der Verein sieht sich dem dritten Umbruch in drei Jahren gegenüber. Erst der Einstieg Tennors, dann das Personalchaos diese Saison und jetzt die Neuorganisation der sportlichen Geschäftsführung. Wird Arne Friedrich nach seiner zukünftigen Platz bei Hertha gefragt, hüllt er sich in nebulöse Andeutungen.

friedrich hertha
Foto: IMAGO

Der Eindruck, dass Arne in den jüngsten stürmischen Zeiten eine wichtige Konstante und Identifikationsfigur für den Verein, seine Fans und Spieler war, lässt sich allerdings nicht wegdiskutieren. Es ist das perfekte Fußball-Märchen. Drei Ex-Spieler, machen zwischen Espresso und Rotwein aus, ihren Verein zu retten. Würde man jetzt einen Cut machen, das Happy End dieser emotionalen Achterbahnfahrt wäre auf ewig konserviert.

Aber das will ich gar nicht. Ich will das nicht, weil ich darauf vertraue, dass Hertha und Arne zusammen Erfolg haben werden. Jetzt aufzuhören, wäre wie einen Marathon nach 100 Metern abzubrechen, weil man sich ja zumindest mal motiviert hat loszulaufen. Ich glaube, dass Arne das Zeug hat diesen Marathon mit Hertha zu laufen. Ich glaube, dass es Hertha gut tun würde diesen Marathon mit Arne zu laufen. Ich glaube, dass Arne Bock hat diesen Marathon mit den Fans zu laufen.

Um den ersten Satz aus Francis Ford Coppolas Meisterwerk „Der Pate“ zu paraphrasieren: Ich glaube an Arne Friedrich.

[Titelbild: IMAGO]