Players to Watch – Hertha BSC 2023/24

Players to Watch – Hertha BSC 2023/24

In wenigen Tagen startet die Zweitligasaison für Hertha BSC. Zehn Jahre nach dem letzten Besuch in Deutschlands zweithöchster Spielklasse ist der Verein nach vier zermürbenden Saisons hochverdient als Tabellenachtzehnter abgestiegen und wird sich nächstes Jahr mit Vereinen wie Elversberg und Wiesbaden, aber auch Kaiserslautern, dem HSV oder Düsseldorf messen. Der Kader befindet sich noch immer in einer Runderneuerung, auch wenn mittlerweile schon viel passiert ist. Wir wollen einen Blick auf fünf besonders interessante Spieler werfen.

Fabian Reese

Und dabei kommen wir um Neuzugang Fabian Reese nicht drum herum. Der Flügelstürmer wechselt ablösefrei vom Ligakonkurrenten Holstein Kiel an die Spree, bringt dabei die Erfahrung von 163 Zweitligaspielen mit. In der vergangenen Saison konnte Reese mit elf Toren und zehn Vorlagen seine persönlich bisher bestes Jahr aufweisen und kommt mit 25 Jahren langsam ins beste Fußballeralter. Gleichzeitig ist er noch jung genug für weitere Entwicklungsschritte.

Fabian Reese

Photo by Matthias Kern/Getty Images

Reese besticht durch viel Tempo, unermüdlichen Arbeitseifer und einem guten Auge für seine Mitspieler. Daneben bringt er eine gewisse Torgefahr mit. Auch abseits des Platzes hat sich der Linksaußen, der notfalls auch rechts oder im Sturmzentrum spielen kann, mit atemberaubender Geschwindigkeit in die Herzen der Fans gezaubert. In einer Medienrunde zeigt er sich äußerst bodenständig und reflektiert: „Ich habe eine etwas andere Frisur als der Prototyp Fußballer, trage Nagellack und stehe für meine Meinung sowie Wert ein, die ich vertreten möchte. So ich will ich die Vorbildchance, die mal als Fußballer hat, nutzen und jedem Menschen da draußen sagen: Traut euch einfach das, worauf ihr Lust habt, es ist völlig egal, was andere sagen“.

In den Testspielen hat Reese bereits angedeutet, was er der Mannschaft geben kann. Mit zwei Assists und einem wunderschönen Tor gegen RWD Molenbeek konnte er sich direkt an mehreren Treffern beteiligen. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass er in der kommenden Saison ein absoluter Dreh- und Angelpunkt in der Offensive von Hertha BSC wird und vielleicht sogar die Scorerwerte der vergangenen Saison überbietet.

Marten Winkler

Reeses Gegenstück auf der rechten Außenbahn dürfte aller Voraussicht nach Marten Winkler werden. Auch mit der Rückkehr von Palko Dardai hat Winkler nach der Vorbereitung die Nase wahrscheinlich zunächst vorne und könnte mit einem guten Saisonstart den Anspruch auf einen Stammplatz untermauern. Der gebürtiger Frankfurter (Oder) wechselte vor acht Jahren aus der Jugend von Union Berlin nach Berlin-Charlottenburg und durchlief von dort an alle Jugendmannschaften auf dem Olympiagelände. In der vergangenen Saison war Winkler an den Drittligisten Waldhof Mannheim ausgeliehen, wo er nach Startschwierigkeiten in 31 Spielen neun Tore und fünf Assists sammelte.

Marten Winkler

Photo by Matthias Kern/Getty Images

Der Flügelstürmer zeigte im Interview mit den vereinsinternen Medien vor ein paar Tagen, dass die Leihe ihn auch menschlich vorangebracht hat: „Ich bin viel reifer geworden. Natürlich steckt in mir weiterhin etwas Freches und Kindliches, das soll auch so sein. Dennoch weiß ich mittlerweile meine Grenzen besser einzuschätzen.“ Bei seinem Stammverein möchte Winkler nun in der zweiten Liga die nächsten Schritte machen und beweisen, dass er auch auf höherem Niveau als der dritten Liga sportlich mithalten kann.

Die größte Stärke des Eigengewächses ist definitiv sein Tempo. Der 20-Jährige bringt darüber hinaus Zug zum Tor mit, bewies dies schon in mehreren den Testspielen. Winkler kann Dodi Lukebakio, der den Verein definitiv noch verlassen wird, natürlich nicht ersetzen. Er weist allerdings zumindest teilweise ähnliche Stärken auf. Verbesserungspotential dürfte definitiv in der körperlichen Robustheit und Technik am Ball bestehen. Es liegt nun an ihm, sich weiter zu entwickeln, damit Herthas Spiel nicht nur über Reese und die linke Außenbahn läuft.

Ibrahim Maza und Bence Dardai

Auch die beiden nächsten Spieler sind primär im letzten Drittel des Spielfeldes aktiv. Ursprünglich war hier nur Maza vorgesehen, doch mit seiner kürzlichen Meniskusverletzung und mehrmonatigen Ausfallzeit wollen wir auch den jüngsten Sohn von Trainer Pal Dardai kurz mit vorstellen. Beide spielen hauptsächlich auf der Zehn im offensiven Mittelfeld und bringen ähnliche Attribute mit. Als klassische Spielmacher können sie Chancen durch eine große Pass- und Dribbelstärke kreieren. Schon in jungen Jahren haben sie in der U17 bzw. U19 viel Flair und Übersicht beweisen, daneben sind sie ab und zu für einen eigenen Treffer gut.

Ibrahim Maza

Photo by Matthias Kern/Getty Images

Während der 17-jährige Maza im Alter von zwölf Jahren von den Reinickendorfer Füchsen zur Alten Dame kam, spielt Bence Dardai wenig überraschend bereits sein ganzes Leben im Trikot der Hertha. Obwohl beide Spieler nur exakt zwei Monate trennen, durfte Maza in der Endphase der vergangenen Saison bereits sein Debüt feiern. Mit seinem Premierentreffer am letzten Spieltag gegen den VfL Wolfsburg wurde er zudem Herthas jüngster Torschütze. Die Youngster werden sich in der kommenden Spielzeit aller Voraussicht nach um den Platz hinter Marco Richter duellieren. Eigentlich war davon auszugehen, dass Maza hierbei die Nase vorne hat, aufgrund der Verletzung könnte sich das Blatt allerdings wenden.

Bence Dardai

Photo by Boris Streubel/Getty Images for DFB

So hat Bence Dardai insbesondere im Test gegen die Young Boys aus Bern mit Fabian Lustenberger für Aufsehen gesorgt. Mehrere Steckpässe in die Spitze wurden von einem Schlenzer ins rechte obere Toreck aus etwas 20 Metern gekrönt. Es wird spannend zu sehen sein, wie sich die beiden trickreichen Mittelfeldspieler gegenseitig pushen und wer im Lauf der Saison mehr Spielzeit sammeln kann. Für Hertha eine Win-Win Situation. Daneben sind beide aber auch noch jung genug, um mehr als genügend Einsätze in der U19 oder U23 zu absolvieren. Auf dem Schirm kann und sollte man sie dennoch schon mal haben. Zu erwarten, dass sie dem Spiel des Hauptstadtklubs regelmäßig ihren Stempel aufdrücken, wäre höchstwahrscheinlich aber noch zu vermessen.

Pascal Klemens

Last but not least ist noch Pascal Klemens zu nennen.Genauso wie Bence Dardai hat auch Klemens (zumindest laut transfermarkt.de) noch für keinen Verein außer Hertha BSC gespielt. Der Innenverteidiger war letztes Jahr Kapitän der U19 und empfiehlt sich bereits in jungen Jahrens als Führungsfigur. In der wirklich empfehlenswerten Dokumentation “Herz” von HerthaTV ist er mehrfach in Interviews und auf dem Spielfeld zu sehen, macht dabei einen sehr reifen Eindruck.

Pascal Klemens

Photo by Matthias Kern/Getty Images

Die Mitnahme ins Trainingslager der Profis in diesem Sommer war daher der nächste logische Schritt. Mit den Abgängen von Tolga Cigerci, Jean-Paul Boetius, Lucas Tousart und voraussichtlich Suat Serdar klafft in Herthas zentralem, defensivem Mittelfeld derzeit eine große Lücke. Marton Dardai wurde aus der Innenverteidigung eine Position weiter nach vorne gezogen. Den Part daneben füllte in den letzten Wochen Pascal Klemens aus. Und obwohl der 18-Jährige bisher nahezu ausschließlich als Verteidiger unterwegs war, steigerte er sich spürbar von Testspiel zu Testspiel. Zu seinen Stärken gehört seine körperliche Robustheit, die für sein Alter sehr beachtlich ist. Unter anderem dadurch ist er bei seinem Debüt am letzten Spieltag der vergangenen Saison bereits positiv aufgefallen. Mangels Alternativen wird Klemens zumindest zum Saisonstart gegen Düsseldorf höchstwahrscheinlich sein zweites Profispiel bestreiten.

in Anbetracht der aktuellen Kadersituation ist zudem nicht ausgeschlossen, dass er auch im Laufe der Saison immer wieder auf der Sechs zum Einsatz kommt. Als Stammspieler dürfte er dennoch nicht eingeplant sein. Gerade was das Spiel mit Ball und die Ruhe am Spielgerät angeht, muss er sich noch steigern. Doch das ist etwas, was mit zunehmenden Einsätzen und Erfahrung nicht unrealistisch erscheint. Für den Moment kann man Klemens, ähnlich wie Bence Dardai und Maza, als interessanten Ergänzungsspieler im Kopf behalten, der zu eine der positiven Überraschungen in der kommenden Spielzeit bei Hertha BSC avancieren könnte.

[Titelbild: Photo by Matthias Kern/Getty Images]

Der Transfersommer von Hertha BSC – Ein Zeugnis für Fredi Bobic

Der Transfersommer von Hertha BSC – Ein Zeugnis für Fredi Bobic

Die Transferphase ist die wahrscheinlich hektischste Zeit im modernen Fußballzirkus. Täglich gibt es neue Gerüchte, ein Rekord nach dem anderen wird pulverisiert und der ein oder andere Lieblingsspieler verlässt unter Umständen den Verein. Auch bei Hertha gab es in diesem Sommer wieder einige Transferaktivitäten, mit die meisten in der Bundesliga. Viel Arbeit also für den Geschäftsführer Sport Fredi Bobic. In diesem Artikel wollen wir ein kleines Fazit zur Transferphase ziehen und dem Manager ein Zeugnis ausstellen.

Vorbemerkungen

Bevor wir komplett einsteigen noch ein paar Anmerkungen: Die Saison ist noch jung und vieles lässt nicht vorhersagen. Daher ist naturgemäß ein gewisser Teil an Spekulation und persönlichen Einschätzungen enthalten. Des Weiteren ist uns bewusst, dass all die folgenden Themenschwerpunkte miteinander verknüpft sind und sie daher nur bedingt einzeln zu betrachten sind. Anzumerken ist des Weiteren, dass dieser Artikel nicht den Anspruchl hat, jeden Transfer zu erwähnen oder zu analysieren. Auch eine tiefergehende Bewertung jeder einzelnen Position findet nicht statt. Ziel ist es, ein Gesamtbild der Transferphase unter verschiedenen Gesichtspunkten zu zeichnen, quasi das „bigger picture“ zu betrachten. Wer eine Auflistung und Bewertung der individuellen Transfers möchte, kann beispielsweise diesen RBB-Artikel lesen.

Trainer

Nicht selten heißt es, dass der Trainer der wichtigste Angestellte im Verein ist. Ein Blick auf Konkurrenten wie Mainz, Köln oder auch Bremen zeigt: ein unveränderter Kader kann je nach Übungsleiter zu völlig unterschiedlichen Leistungen in der Lage sein. Und auch wenn es schlussendlich natürlich immer um das Zusammenspiel sämtlicher Akteure im Klub geht, lässt sich die Bedeutung des Coaches nicht absprechen. Um die Trainer-Entscheidung Bobics nach dem Klassenerhalt einzuordnen, ist ein kurzer Blick auf die vergangene Spielzeit notwendig.

Eine persönliche Niederlage

Nachdem Vereinsikone Pal Dardai in der Saison 2020/21 in einem beeindruckenden Schlussspurt den Klassenerhalt geschafft hatte, erhielt der damalige Trainer (berechtigterweise) viel Dankbarkeit. Sowohl die Fans als auch Verantwortliche bei Hertha wie Arne Friedrich und Werner Gegenbauer stärkten dem Ungarn öffentlich den Rücken. Für den zu diesem Zeitpunkt neuen Sportchef wäre eine Demission des ehemaligen Rekordspielers vermutlich auf starken Gegenwind gestoßen, sodass er zunächst an Dardai festhielt.

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Photo by Frederic Scheidemann/Getty Images

So wirklich glücklich wurden beide jedoch nie, im November folgte die Entlassung, Nachfolger Korkut war von Anfang an nur als Zwischenlösung geplant. Nach teils desaströsen Auftritten wurde Korkut anschließend von Felix Magath ersetzt. Die mehrmaligen Trainerwechsel bezeichnete Fredi Bobic auf der letzten Mitgliederversammlung als „persönliche Niederlage“.

Trainer mit klarer Philosophie

Nach einem Jahr Eingewöhnungszeit und dem Erarbeiten eines sportlichen Konzepts für den gesamten Verein installierte Bobic in diesem Sommer zum ersten Mal einen Wunschtrainer, der zur langfristigen fußballerischen Entwicklung passen soll. Die Wahl fiel auf Sandro Schwarz , der in seiner bisherigen Laufbahn zunächst in Mainz und anschließend in Russland bei Dinamo Moskau tätig war. Schwarz steht für die Art aktiven und pressing-orientierten Fußball, der in Westend zukünftig auf den Rasen gebracht werden soll. Bei seinen bisherigen Stationen war er dem Vernehmen nach mannschaftsintern extrem beliebt, eine seiner größten Stärken ist die Entwicklung von jungen Spielern.

Mit ihm auf der Bank ist bei Hertha erstmals seit langem ein spielerischer Plan erkennbar, auch wenn nach nunmehr bald drei Monaten Training und bisher sechs Pflichtspielen noch einiges an Arbeit vor ihm liegt. Es besteht jedoch durchaus Hoffnung, dass diese Verpflichtung durch Fredi Bobic den Grundstein für eine solidere Zukunft von Hertha legt und der Weg nach drei Jahren Abstiegskampf sukzessive wieder nach oben geht. Den Beweis, dass Schwarz sich dauerhaft in einer der besten Ligen der Welt durchsetzen kann, muss der vergleichsweise junge Trainer jedoch erst noch erbringen.

Fazit: Fredi Bobic hat mit Sandro Schwarz einen Trainer mit klarer und zum Verein passender Philosophie geholt. Basierend darauf, wie Herthas Standing auf dem Trainermarkt sein dürfte, eine solide und zukunftsfähige Wahl. Note: 2

Hertha-Finanzen

Vor gut drei Jahren investierte Lars Windhorst schrittweise etwa 370 Millionen Euro in den Verein. Dem Unternehmer schwebte damals ein vergleichsweise kurzfristig erfolgender Aufstieg Herthas in das europäische Geschäft vor. Ein paar schlechte Transferentscheidungen sowie eine weltweite Pandemie später ist vom Geld nicht mehr wirklich etwas übrig. Durch einen über die Jahre aufgeblähten Kader und fehlende Einnahmen weist Hertha ein jährliches Defizit wie kaum ein anderer Bundesligist vor. Für den verantwortlichen Geschäftsführer Sport keine angenehme Aufgabe. Alle Angaben beziehen sich auf transfermarkt.de.

Masse statt Klasse bei Hertha-Verkäufen

Nachdem Fredi Bobic bereits im vergangenen Sommer ein Transferplus von gut 20 Millionen Euro sowie einiges an eingespartem Gehalt erzielen konnte war auch dieses Jahr früh klar, dass man deutlich mehr Geld einnehmen muss als ausgegeben werden kann. Erneut legte man Spielern, die gehen wollten, keinen Stein in den Weg und erzielte durch Verkäufe Einnahmen in Höhe von 24 Millionen Euro.

Auffällig ist, dass Hertha kaum einen „großen“ Verkauf abwickelte, sondern sich hauptsächlich auf die pure Masse von Abgängen verließ. Begründen lässt sich das damit, dass nach den letzten Jahren schlichtweg kaum ein Spieler mehr im Kader war, der einen wirklich nennenswerten Marktwert besitzt. Doch auch Verkäufe im niedrigen bis mittleren Segment bei beispielsweise Arne Maier (5 Millionen zu Augsburg), Javairo Dilrosun (4 Millionen zu Feyenoord) oder auch Eduard Löwen (1 Million zu St. Louis) läppern sich und ergeben so die eben genannten Summe von 24 Millionen Euro. Zudem war bei Spielern von Torunarigha oder Ekkelenkamp von Gewinnbeteiligungen bei zukünftigen Weiterverkäufen zu lesen, sodass in den nächsten Jahren der ein oder andere Euro noch einmal folgen könnte.

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Photo by Boris Streubel/Getty Images

Negativ anzumerken ist hingegen, dass auch in diesem Sommer eine nicht unerhebliche Anzahl an Leihen abgeschlossen werden mussten. Neben Luca Wollschläger und Mesut Kesik, die als Jugendspieler jedoch anders zu bewerten ist, stehen Stand jetzt sechs Spieler im nächsten Sommer zunächst wieder bei Hertha im Kader. Vor allem bei Profis wie Santiago Ascacibar (Cremonese) und Omar Alderete (Getafe) hatten viele Fans auf Festverkäufe gehofft, um noch mehr Einnahmen zu generieren. Zu beachten ist dabei jedoch, dass im Zuge der Corona-Pandemie bis auf die Topklubs viele Vereine jeden Euro zweimal umdrehen und daher kaum bereit sind hohe Ablösen zu bezahlen. Und da man die eigenen Spieler auch nicht für den Bruchteil des Marktwertes abgeben möchte, sind Leihen unter dem Gesichtspunkt der eingesparten Gehälter am Ende immer noch sinnvoller, als die stadioneigene Tribüne zu füllen. Doch dazu später mehr.

Ablösefreie und günstige Zugänge

Auf der Zugangsseite legten Herthas Manager und sein Mitarbeiterstab rund um Kaderplaner Dirk Duffner das Hauptaugenmerk auf günstige Verstärkungen. Der einzige Neuzugang, für den man unmittelbar Geld auf den Tisch legen musste, ist Mittelstürmer Wilfried Kanga, der für 4 Millionen Euro aus Bern kam. Offiziell flossen zusätzlich 2 Millionen Euro nach Fürth um Jessic Ngankam „zurückzukaufen“, der nach der letztjährigen Leihe von den Kleeblättern per Kaufoption für 1,5 Millionen Euro fest verpflichtet wurde. Die weiteren Neuzugänge rund um Jonjoe Kenny (Everton) oder Filip Uremovic (Rubin Kazan) kamen zum Nulltarif. Daneben verstärkte man den Kader mit Leihen von Chidera Ejuke (ZSKA Moskau) und Ivan Sunjic (Birmingham).

Außerdem erhielten noch einige Jugendspieler wie Derry Scherhant oder Julian Eitschberger ihre ersten Profiverträge, werden aber sicher zunächst sukzessive an die Bundesliga herangeführt. Unterm Schlussstrich steht damit inklusive Leihgebühren ein Transferplus von etwa 18 Mio Euro, für die klammen Kassen der Blau-Weißen ein willkommener Geldregen.

Verbesserte Gehaltsstruktur bei Hertha

Neben den reinen Transfererlösen ist allerdings ein weiterer Punkt nicht zu vernachlässigen: die Gehälter. In den letzten Jahren von Michael Preetz (auch vor Windhorst) begann Hertha, hohe und zum Teil sehr hohe Gehälter zu zahlen. Ohne die Spieler verurteilen zu wollen, sind die Bezüge von Akteuren wie Davie Selke oder Vladimir Darida in keinem angemessenen Verhältnis zu deren sportlichen Leistung. Von den Deals ab Sommer 2019, allen voran Lucas Tousart und Krzysztof Piatek, ganz zu schweigen. Um mittel- und langfristig finanziell gesunden zu können, ist es unabdingbar, die Gehaltsstruktur wieder zu entschlacken und der aktuellen sportlichen Leistungsfähigkeit anzupassen. Über die Höhe der Gehälter kann natürlich nur spekuliert werden, doch es ist davon auszugehen, dass Hertha nach diesem Sommer Gehaltseinsparungen im zweistelligen Millionenbereich wird verbuchen können.

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Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images

Hierbei helfen natürlich auch die bereits angesprochenen Leihen. Mit Abgängen wie Krzysztof Piatek (Salernitana), Dedryck Boyata (Brügge) und Niklas Stark (Werder Bremen) wird man einige Großverdiener los, wenn auch zum Teil erst einmal nur zeitweilig. Auf der anderen Seite ist davon auszugehen, dass kaum ein Neuzugang mehr als 1,5 bis maximal 2 Millionen Euro verdienen wird. Bezieht man die reine Quantität auf Zu- und Abgangsseite mit ein, ergibt sich eine deutliche Einsparung an Gehältern bei gleichzeitiger Senkung des allgemeinen Gehaltsniveaus.

Fazit: Fredi Bobic konnte ein Transferüberschuss in Höhe von fast 20 Mio Euro erzielen, hat dabei die Gehaltsstruktur weiter korrigiert. Der ein oder andere weitere Festverkauf statt Leihe wäre wünschenswert gewesen, realistisch aber vermutlich kaum umsetzbar. Note: 1-

Problembaustellen und sportliche Qualität

Kommen wir zum „Herzstück“ und der entscheidenden Frage nach jeder Transferphase: Ist der finale Kader qualitativ ausreichend besetzt, um das sportliche Ziel realistisch erreichen zu können? Auch hierbei ist der Blick auf die vergangenen Jahre zwingend mit einzubeziehen. Nach drei Saisons Abstiegskampf ist klar, dass auch die Mannschaft mittlerweile klar zum unteren Bundesligadrittel in Hinblick auf die Qualität gehört. Dementsprechend sollte niemand einen Kader erwarten (dürfen), der in diesem Jahr mit hoher Wahrscheinlichkeit nichts mit dem Abstiegskampf zu tun haben wird.

Neue Außenspieler

Würde man die Fans von Hertha BSC nach der aus ihrer Sicht größten Problembaustelle der letzten Saison fragen, würden viele sicher die Flügelspieler nennen. Nachdem Fredi Bobic im vergangenen Transfersommer von den wenigen nominellen Außenstürmern sogar noch welche abgegeben hatte, mussten alle drei Trainer auf Notlösungen wie Suat Serdar, Vladimir Darida und Jurgen Ekkelenkamp auf diesen Positionen zurückgreifen. Mit der Leihrückkehr von Dodi Lukebakio und der Verpflichtung von Chidera Ejuke konnte man diese eklatante Lücke schließen. Dazu kommen Marco Richter und andere Optionen wie Jessic Ngankam und Myziane Maolida. Und auch auf der rechten Verteidigerposition konnte man den dienstältesten Herthaner, Peter Pekarik, mit der Verpflichtung von Jonjoe Kenny etwas entlasten. Ansonsten wurden so gut wie alle Abgänge positionstreu zumindest quantitativ ersetzt.

Zu nennen ist auf jeden Fall noch die Situation im Tor. Nach dem ungeplanten Quasi-Abgang von Rune Jarstein fehlt ein erfahrener Back-Up Torwart. Für Stammtorhüter Olli Christensen ist der Vertrauensbeweis möglicherweise das richtige Zeichen. Doch es ist auch ein Spiel mit dem Feuer. Sollte der junge Däne ausfallen oder in ein ernsthaftes Formtief fallen ist es fraglich, ob Tjark Ernst (von Bochum gekommen) oder Robert Kwasigroch die Lücke füllen können.

Hertha

Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images

Wacklige Hertha-Defensive

Nachdem die Frage über die ausreichende quantitative Besetzung im Großen und Ganzen positiv beantwortet werden konnte, bleibt jedoch noch offen, ob das auch auf die Qualität zutrifft. Es sei noch einmal der Hinweis auf die Entwicklung der letzten Jahre gegeben, doch am Ende muss Bobic es dennoch schaffen eine Truppe zusammenzustellen, die erfolgreich in der Bundesliga bleiben kann. Neben einem Fortschritt in der grundlegenden sportlichen Entwicklung und Einübung eine neuen, aktiven Spielstils ist der Klassenerhalt auch in diesem Jahr das klare Ziel. Und hieran darf zumindest diskutiert werden.

Gerade in der Defensive gibt es das ein oder andere Fragezeichen. In der Innenverteidigung fehlt der klare Anführer und „sichere Fels in der Brandung“. Auf rechts ist Kenny eine solide Wahl, aber mit ehemaligen Spielern wie Valentino Lazaro oder Mitchell Weiser nicht vergleichbar. Das ehemalige Prunkstück, die diese Position bei Hertha einst war, wartet noch immer auf einen würdigen Nachfolger. In Hinblick auf die linke Verteidigerseite geht man in eine weitere Saison mit Maxi Mittelstädt und Marvin Plattenhardt, die jeweils verschiedene Schwachstellen mitbringen, mit dem aktiven Verteidigen bzw. starken Flanken jedoch durchaus auch positive Aspekte aufs Feld bringen können. Ein Hoffnungsschimmer bei den Außenverteidigern stellen die Eigengewächse Julian Eitschberger und Lukas Ullrich dar, die im Laufe der Saison eventuell die ein oder andere Minute sammeln können.

Auf jeder Position doppelt besetzt

Eine weitere Position auf der es eventuell ebenfalls problematisch werden könnte, ist die des Mittelstürmers. Zwar kann Hertha dort auf eine Vielzahl von Spielern zurückgreifen, doch so hundertprozentig überzeugen kann keiner. Es bleibt abzuwarten, ob sich Wilfried Kanga an die Bundesliga gewöhnen wird und wie die Entwicklung von Nachwuchsspieler Ngankam voranschreitet. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die „Alte Dame“ auf so gut wie jeder Position doppelt besetzt ist. Allein dies war in den vergangenen Jahren nicht unbedingt der Fall.

Des Weiteren sollte zumindest die bestmögliche Stammelf, wie auch immer sie nach persönlicher Präferenz aussieht, definitiv konkurrenzfähig sein. Bei den Back-Up Optionen wird es auf der ein oder anderen Position allerdings durchaus eng. Mit Spielern wie Prince Boateng und Stevan Jovetic hat man jedoch zumindest noch die ein oder andere Möglichkeit, die dem Kader eine gewisse Variabilität gibt, selbst wenn die Altstars beileibe nicht mehr stamm spielen können. Hinzu kommen ein paar vielversprechende Nachwuchsspieler, die in Anbetracht der Konkurrenz durchaus Chancen auf Einsätze haben dürften.

Fazit: Fredi Bobic hat es geschafft, dass der Kader von Hertha für die eigenen Verhältnisse keine eklatanten Baustellen aufweist. Das war vor allem in der letzten Saison noch anders. Qualitativ könnte es an der einen oder anderen Stelle allerdings dünn werden. In Anbetracht der letzten Jahre wäre aber auch ein kleines Wunder nötig gewesen, um auf jeder Position doppelt hochwertig genug besetzt zu sein. Note: 2+

Langfristige Planung bei Hertha

Es heißt ja oft, man solle im „Hier und Jetzt“ leben. Ein in vielerlei Hinsicht sehr weiser Ratschlag, doch man sollte die Zukunft dabei trotzdem nicht komplett aus den Augen verlieren. Und so wollen wir auch bei Hertha einen Blick auf die Situation im nächsten Sommer werfen. In Anbetracht der Kaderplanung ein nicht zu vernachlässigender Teil, der daher bei der Bewertung von Bobic zumindest nicht unerwähnt bleiben sollte.

Leihrückkehrer

Wie bereits angesprochen, musste man auch dieses Jahr auf ein paar Leihen zurückgreifen, um den Kader zu verschlanken sowieso Ausgaben zu reduzieren.  Unter dem finanziellen Aspekt die richtige Entscheidung, sofern Festverkäufe tatsächlich nicht möglich waren. Unter dem Gesichtspunkt der Kaderplanung im nächsten Jahr könnte daraus allerdings das ein oder andere Problem entstehen. Man wird sich, sollten die Kaufoptionen bei Ascacibar, Piatek und Co. nicht gezogen werden, erneut zunächst erst einmal auf Verkäufe kümmern müssen, bevor Neuzugänge präsentiert werden können. Zumindest im defensiven Mittelfeld hat man mit Ivan Sunjic immerhin selbst vorerst nur eine Leihe getätigt, sodass hier keine unmittelbare Überfüllung droht. Und auch Chidera Ejuke, dessen Vertrag bei seinem Stammverein ZSKA Moskau noch bis 2024 läuft, wird Stand jetzt erst einmal wieder weg sein. Wie es mit der sogenannten „Russland-Regel“ weitergeht, ist jedoch noch völlig offen. Fest planen sollte man mit einem Verbleib Ejukes aber bei Weitem nicht.

Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images

Auslaufende Verträge

Ein weiterer Punkt sind die Spieler, deren Verträge bei Hertha im nächsten Sommer enden. Eine jahrlange Achse rund um Vladimir Darida, Peter Pekarik und Davie Selke geht in das letzte Vertragsjahr, auch Stevan Jovetic und Prince Boateng werden nach dem nächsten Sommer mit hoher Wahrscheinlichkeit weg sein. Positiv festzuhalten ist, dass keiner der Genannten unumstrittener Stammspieler oder Leistungsträger ist. Des Weiteren sind einige dieser Verträge wahrscheinlich (zu) hoch dotiert, sodass man ohne Mehrarbeit das Gehaltsbudget weiter entlasten kann. Inwiefern Bobic für diese Situation verantwortlich ist, kann zumindest bezweifelt werden. Weder hat ist er für die Gehälter noch die Vertragsenden verantwortlich, beides fällt in den Verantwortungsbereich von Michael Preetz. In der Bewertung des aktuellen Managers daher tendenziell ein Nullsummenspiel.

Interessant wird es auf der linken Verteidigerposition, wo die Verträge sowohl Mittelstädt als auch Plattenhardt noch nicht verlängert wurden. Mindestens einer von beiden wird über dieses Jahr hinaus wahrscheinlich nicht bei Hertha verbleiben. Mit Blick auf Nachwuchsspieler Ullrich (dessen Vertrag auch ausläuft), dem man eine Perspektive aufzeigen möchte, ein notwendiger Schritt. Hier wartet ein wenig Arbeit auf Fredi Bobic.

Aufgrund des radikalen Umbruchs der letzten Jahre sind die meisten aktuellen Spieler noch recht langfristig an Hertha gebunden. Einzig Dodi Lukebakio wird im nächsten Sommer in sein letztes Vertragsjahr gehen. Wie es mit ihm weitergehen wird, hängt stark von der Leistung des Belgiers in dieser Saison ab. Festhalten lässt sich, dass Bobic seinen großen Umbau mit dem nächsten Sommer vorläufig wird abschließen können. Es wird zu diesem Zeitpunkt kaum einen Spieler von vor seiner Amtszeit verblieben sein, spätestens dann ist er zu 100 Prozent für den Kader verantwortlich. Mit den vorprogrammierten Abgängen wird es automatisch etwas mehr Platz bei Hertha geben, kaum mehr einen Spieler jenseits der 30. Der vorläufige Neustart ist dann wahrscheinlich abgeschlossen, wie es ab diesem Punkt weitergeht wird, hängt auch stark vom Abschneiden in dieser Saison ab. Das Bett für einen, im Vergleich zu den letzten Jahren, relativ gesunden Kader ist jedoch gemacht.

Fazit: Fredi Bobic hat die Weichen für einen komplett neuen Kader gelegt. Ein Selbstläufer wird es allerdings auch im nächsten Sommer nicht. Insbesondere auf der Zugangsseite wird wahrscheinlich einiges an Arbeit zu erledigen sein. Hinzukommen die Leihrückkehrer, für die man neue Abnehmer finden muss. Die auslaufenden Verträge kann man Bobic nicht zugutehalten, da diese nur bedingt in seiner Entscheidung liegen. Note: 2-

Fazit

Ein weiterer wilder Transfersommer liegt hinter Hertha BSC. Für Bobic war es bereits die dritte Transferphase, die unter seiner Verantwortung stand. Im Großen und Ganzen lässt sich ein positives Fazit ziehen. Er hat frühzeitig einen passenden Trainer verpflichtet und einen nicht gerade unbedeutenden finanziellen Überschuss erwirtschaftet, sowohl mit Ablösen als auch gesenkten Gehaltskosten. Über die sportliche Qualität lässt sich streiten, man ist allerdings immerhin auf jeder Position doppelt besetzt. Es gibt ein paar Abstriche in der qualitativen Tiefe des Kaders, in Anbetracht von mehreren Jahren Abstiegskampf am Stück jedoch kaum vermeidbar. Für den nächsten Sommer ist man halbwegs solide aufgestellt, ein allzu großer Ausverkauf wird aller Voraussicht nicht notwendig sein. Negativ zu bewerten sind die erneuten Leihen, da man hier wahrscheinlich wieder Abnehmer wird suchen und sich auf einige Kompromisse hinsichtlich Ablöse einlassen müssen.

Von Bobic wird man erwarten, weitere sportliche Qualität zum kleinen Preis hinzuzufügen, um mittel- und langfristig eine Etablierung in der Bundesliga zu erreichen und den Blick dann eher nach oben als nach unten richten zu können. Für diesen Transfersommer hat der Manager eine sehr solide Arbeit geleistet und sich nach dem verkorksten letzten Jahr ein klein wenig rehabilitiert.

Gesamtnote: 2

Stimmt ihr der Bewertung zu oder seht ihr manche Punkte anders? Kommt gerne auf unseren Discord und diskutiert mit!

[Titelbild: Photo by Martin Rose/Getty Images]

Hertha BSC – Eintracht Braunschweig: Drei Thesen

Hertha BSC – Eintracht Braunschweig: Drei Thesen

Endlich geht sie los, die neue Pflichtspielsaison. Startschuss ist traditionell die 1. Runde des DFB-Pokals, in der Hertha nach Braunschweig zur Eintracht fährt. Der Kader weist noch die ein oder andere Baustelle auf, insbesondere auf der Abgangsseite muss definitiv noch etwas passieren. Doch der Pflichtspielauftakt kümmert sich recht wenig um die Transferpläne von Fredi Bobic, daher kommen hier unsere ersten drei Thesen der Saison.

These 1: Der Schwarz-Fußball wird erkennbar, aber unausgereift sein

Mit der ersten These haben wir es uns ehrlicherweise sehr einfach gemacht. Der neue Chefcoach Sandro Schwarz ist mit der klaren Aufgabenstellung nach Berlin gekommen, die Art des Fußballspielens bei Hertha einmal komplett umzukrempeln. Statt defensiv abwartendem Fußball ist für die Zukunft eine pressing-orientierte und aktive Spielweise gefragt. Eine Systemumstellung, an die sich viele Akteure der Blau-Weißen erst noch gewöhnen müssen, insbesondere was das direkte und vertikale Umschaltspiel angeht.

Sandro Schwarz

Photo by Cameron Smith/Getty Images

In den Testspielen ließ sich die Herangehensweise bereits gut erkennen, doch gerade defensiv stimmte vieles noch nicht. Es ist daher davon auszugehen, dass man auch gegen Braunschweig sieht, wie Hertha in Zukunft auftreten will. Die Unsicherheiten werden jedoch noch vergleichsweise ausgeprägt vorhanden sein.

These 2: Derry Scherhant bekommt Spielminuten

Klassischerweise fahren jeden Sommer ein paar hoffnungsvolle Nachwuchstalente mit ins Trainingslager. Einer von ihnen war in diesem Jahr der 19-jährige Derry Scherhant, welcher erst vor zwei Jahren zu Hertha stieß. Für einen Nachwuchskicker in der Akademie der Alten Dame eine durchaus ungewöhnliche Entwicklung. Scherhant trumpfte insbesondere in der Rückrunde unter Ante Covic bei Herthas U23 ordentlich auf, kam vergangene Saison auf 24 Torbeteiligungen in 34 Spielen.

Während der Sommervorbereitung kam der Stürmer auf vergleichsweise viele Einsatzminuten, erzielte gegen Nottingham das einzige Tor für die Berliner. Insofern wäre es nicht verwunderlich, wenn Scherhant sich das Privileg verdient haben sollte, mit nach Niedersachsen zu fahren und je nach Spielverlauf eventuell sogar auf seine ersten paar Minuten im DFB-Pokal zu kommen.

These 3: Hertha gewinnt das „Best of 3“

Für den Hauptstadtklub, der in dieser Woche sein 130-jähriges Bestehen feiert, ist der Gegner kein Unbekannter. Bereits 2018 und 2020 traf man in der ersten Runde des Pokals auf Braunschweig. Während Hertha vor vier Jahren unter anderem dank eines äußerst sehenswerten direkten Volleys von Neu-Kapitän Marvin Plattenhardt mit 1:2 gewinnen konnte, verlor man in der vorletzten Saison in einem spektakulären Spiel mit 5:4. Ex-Unioner Martin Kobylanski besiegelte mit einem Dreierpack das frühe Ausschneiden der blau-weißen Gäste, spielt mittlerweile aber bei 1860 München.

Kobylanski

Photo by Martin Rose/Getty Images

Nun folgt also das dritte Spiel innerhalb von fünf Jahren und wahrscheinlich wird es kein schönes. Hertha wird sich trotz defensiver Unsicherheiten am Ende jedoch aufgrund des Qualitätsunterschieds in den Kadern knapp durchsetzen. Und damit das gestreckte „Best of 3“ gewinnen.

[Titelbild: ANDERSEN/AFP via Getty Images]

 

Nader El-Jindaoui: Marketing-Transfer oder sinnvolle sportliche Verstärkung?

Nader El-Jindaoui: Marketing-Transfer oder sinnvolle sportliche Verstärkung?

Viele haben nicht schlecht gestaunt, als Hertha BSC am 03. Juni 2022 Nader El-Jindaoui offiziell für die U23 verpflichtet hat. Schon alleine, dass dies einen eigenen Artikel auf der vereinseigenen Website wert ist, zeigt die mögliche Trag- und Reichweite dieses Transfers. Anders als bei den sonstigen Spielern der zweiten Mannschaft von Hertha ohne Profivertrag, kann von El-Jindaoui sogar ein beflocktes Trikot im Fanshop gekauft werden, was zum Release direkt einen Zusammenbruch des Online-Shops zur Folge hatte. Doch wer ist Nader El-Jindaoui überhaupt und warum hat Hertha ihn verpflichtet?

Ein zweigleisiges Leben

Nader El-Jindaoui ist Influencer und hat über 1,2 Millionen Abonnenten auf Youtube und 1,6 Millionen Follower bei Instagram. Zahlen, von denen man bei Hertha nur träumen dürfte. Der Fußballbundesligist und Hauptstadtverein besitzt mit nicht mal 73.000 Youtube-Abonnenten und 244.000 Instagram Followern nur einen Bruchteil der Social-Media-Reichweite des 25-Jährigen. El-Jindaoui betreibt den eigenen Youtube-Kanal zusammen mit seiner Frau Louisa. Das Ehepaar hat ein Kind und lässt die Follower in Form von Videotagebüchern (sog. Vlogs) am Leben der Familie teilhaben. Die wöchentlich erscheinenden Videos haben Aufrufzahlen von ein bis zwei Millionen. Auch hier zum Vergleich: Herthas Youtube-Videos erreichen im Normalfall zwischen 10.000 und 50.000 Aufrufen.

Doch Nader El-Jindaoui ist gleichzeitig Fußballspieler. Einer, der seit Jahren probiert, von den höchsten Amateurligen in den Profisport zu gelangen. Sein Körper hat ihm ein ums andere Mal einen Strich durch die Rechnung gemacht. Doch dazu später mehr. Ähnlich wie man das Leben des gebürtigen Berliners von außen unter zwei sehr verschiedenen Ansätzen verfolgen kann, wird auch dieser Artikel ebenjene zwei Aspekte thematisieren: Die des Influencers, der von Social Media leben kann und die des (Profi-)fußballers, der fast alles dafür gibt, seinen seit Jahren verfolgten Traum leben zu können.

Die Bedeutung von Social Media für Fußballvereine

Mit der Verpflichtung wird bei Hertha BSC die Hoffnung verbunden sein, dass ein Teil der Reichweite von El-Jindaoui auf den Verein abfärbt. Und zumindest bei den Videos mit und über Jindaoui funktioniert das auch. Sein Vorstellungsvideo sowie der Trainingsauftakt der U23 wurde von einer mittleren sechsstelligen Zuschaueranzahl geklickt (also zehnmal so viel wie „normale“ Videos). Auch rein finanziell dürfte sich der Neuzugang für Hertha lohnen. Wie bereits erwähnt brach die Website des Fanshops nur wenige Minuten nach der Veröffentlichung von El-Jindaouis Trikotnummer und offizieller Beflockung zusammen. Wie hoch die Verkaufszahlen von seinem Trikot am Ende tatsächlich sein werden, wird nur Hertha sagen können. Dass viel Geld eingenommen wird, ist aber sehr wahrscheinlich.

 

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Doch wie viel bringt das mögliche Social-Media-Wachstum am Ende des Tages? Der „traditionelle“ Weg um Fußballfan zu werden ist die Mitnahme ins Stadion durch den Vater, meist im Kindesalter. Natürlich gab und gibt es Ausnahmen, aber auf den überwiegenden Teil der Fans dürfte das zutreffen. Wie wahrscheinlich ist es also, dass durch El-Jindaoui Menschen Fan von Hertha BSC werden, die sonst nichts mit dem Verein zu tun haben? Und bei denen, die Fan werden: wie lange bleibt das der Fall, sobald Jindaoui nicht mehr bei Hertha ist? Die Chance, dass durch seine Verpflichtung neue Fans mit Herz und Seele gewonnen werden, ist tendenziell gering einzuschätzen.

Und trotzdem besteht zumindest die Chance. Social Media wird gerade von Jugendlichen viel genutzt und eventuell gewinnt man so den einen oder anderen Fan, der als Kind oder Jugendlicher sonst niemals mit Hertha in Kontakt gekommen wäre. Je größer und präsenter Hertha in den gängigen sozialen Medien vertreten ist, desto höher ist die Chance, dass sich neue Fans gewinnen lassen. Für den Ausbau ebenjener Aktivitäten könnte die Verpflichtung von Jindaoui ein echter Coup sein.

Ausbildungshelfer bei Hertha II

Dennoch darf die Social-Media-Reichweite von und durch El-Jindaoui kein Selbstzweck sein. Sie darf ebenso wenig der einzige Grund für seine Verpflichtung sein. Am Ende des Tages ist die U23 Herthas zweithöchste Profimannschaft, sie dient der Aus- und Weiterbildung junger Talente sowie deren Heranführung an den Profikader. Die Plätze sind begrenzt und sollten von Spielern gefüllt werden, die sportlichen (Achtung, Klinsmann lässt grüßen) Mehrwert bieten. Ein paar Spieler nehmen jedoch eine etwas andere Rolle ein. Cimo Röcker, Tony Fuchs und Maurice Covic sind alle über 23 und ihre Aufgabe ist es, als sogenannte Ausbildungshelfer den Nachwuchsspielern die nötige Unterstützung für deren sportlichen Werdegang zu geben.

Foto: Tobias Schmidt/Hertha BSC

Auch Nader El-Jindaoui ist bereits 25, somit kein Talent im eigentlichen Sinne mehr. Auch Jugendabteilungsleiter Pablo Thiam sieht in ihm eher einen Spieler, der als Mentor fungieren soll: „Er wird unserer jungen Mannschaft mit seiner Erfahrung extrem guttun.“ Diese Rolle nimmt der im Wedding aufgewachsene Fußballer voll an: „Ich will vorangehen bei den Jungs und ihnen was beibringen.“ Und trotzdem will er sehen, ob nicht doch noch mehr drin ist. In seinem eigenen Video rund um die Vertragsunterschrift sagt er: „Natürlich habe ich den Traum Profi zu werden, und am liebsten würde ich gern Profi in Berlin werden.“ Aber bevor soweit sei, müsse er seine Arbeit machen, gut spielen und dann werde man sehen, für was es am Ende reicht. Aber wie kommt es, dass ein mittlerweile 25-jähriger noch immer vom Profifußball träumt? Dazu ist ein Blick in die sportliche Vergangenheit von Nader El-Jindaoui nötig. Dieser Blick ist einer, der sich lohnt und der das Potential für ein modernes Fußballmärchen bietet. Doch der Reihe nach.

Wenn gesundheitliche Probleme eine Karriere stagnieren lassen

Laut eigener Aussage hat der im Kreuzberg geborene und früh nach Wedding gezogene El-Jindoaui erst mit zwölf Jahren begonnen Fußball zu spielen. Das ist vergleichsweise spät, ein Jessic Ngankam beispielsweise hatte zu diesem Zeitpunkt schon viele Jahre in der Akademie von Hertha BSC verbracht. Seine ersten Vereine waren die Reinickendorfer Füchse und Tennis Borussia. Bereits im Alter von 14 wurde Energie Cottbus auf ihn aufmerksam, die mit ihrer Profimannschaft zu diesem Zeitpunkt noch in der 2. Bundesliga vertreten waren. Mit 17 Jahren erlitt El-Jindaoui jedoch einen Epilepsie- Anfall, der ihn aufgrund falscher Medikation in der Behandlung länger ausfallen ließ. Sein Vertrag in Cottbus wurde nicht verlängert, es folgte ein Intermezzo in Chemnitz, bevor er vereinslos wurde. Seine ständigen Verletzungen machten es dem Linksaußen unmöglich, über längere Zeiträume konstant zu trainieren und zu spielen.

Erst als ein Arzt ihn auf große Zahnprobleme aufmerksam machte und El-Jindaoui diese ziehen ließ, verbesserte sich sein körperlicher Zustand. Dennoch fand er als damals 19-Jähriger keinen Verein, der ihn aufnehmen wollte. Die durchziehende Verletzungsproblematik in der noch jungen Karriere schreckte viele Interessenten ab. Dennoch schaffte es sein Berater Volker Diergardt, dem El-Jindaoui viel zu verdanken hat, ein zweiwöchiges Probetraining beim SV Babelsberg 03 zu organisieren. Die 1. Mannschaft war zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits voll, für El-Jindaoui eigentlich kein Platz mehr. Während des Probetrainings überzeugte er allerdings so sehr, dass ihm dennoch ein Vertrag angeboten wurde. Bereits am nächsten Tag stand El-Jindaoui gegen den BFC Dynamo in der Startelf.

Kurz davor und trotzdem nicht am Ziel

Nach anderthalb Jahren wechselte der wendige und schnelle Flügelspieler von Babelsberg in die zweite Mannschaft von Greuter Fürth. Er sammelte dort seine eigenen Spielszenen, um sich damit in der ersten Mannschaft zu bewerben. Die Verantwortlichen in Fürth waren überzeugt genug, um El-Jindaoui mit ins Trainingslager der Profimannschaft zu nehmen. Während des Trainingslagers verletzte er sich schon am zweiten Tag und musste nach Deutschland zurückkehren. Ein Arzt erklärte ihm, dass es erneut Problem mit seinem Kiefer geben würde. Zum zweiten Mal in seinem Leben stand Nader El-Jindaoui davor, dass seine Fußballkarriere aufgrund gesundheitlicher Probleme endete, bevor sie richtig begonnen hatte.

Es folgte eine kostspielige Operation, die sein Berater ihm finanzierte. El-Jindaoui kämpfte sich erneut zurück und bewarb sich mit seinen Spielszenen beim damaligen Bundesligisten Fortuna Düsseldorf, zunächst wie in Fürth für die zweite Mannschaft. Doch so richtig glücklich wurde er in Düsseldorf nicht, sodass er den Weg zurück nach Berlin antrat. Er entschied sich nach seiner eigenen Darstellung im dritten Anlauf für die Liebe und gegen den Fußball, heiratete seine jetzige Frau und war glücklich wie seit Langem nicht mehr. Der Traum vom Profifußball schien zu bleiben, was er war: Ein Traum.

Endlich glücklich

Es kam jedoch anders. Der Berliner AK meldet sich bei El-Jindaoui und bot ihm einen Vertrag an. Und der mittlerweile auf Youtube bekannte Influencer nahm das Angebot an. Es war zwar kein Profifußball, doch El-Jindaoui war froh, wieder regelmäßig Fußball spielen zu können, ohne Druck, einfach nur aus Freude am Fußball. Und als ob der Fußballgott es nach Jahren des Leidens gut mit ihm meinte, schien er jetzt angekommen zu sein. Rein statistisch lieferte der Flügelflitzer die beiden besten Saisons seiner Karriere ab, erzielte in 55 Spielen 20 Tore und bereitete 18 weitere vor. Die innere Ruhe und Gelassenheit schienen ihn endlich befreit aufspielen zu lassen, er erlitt keine einzige nennenswerte Verletzung.

 

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Ein Beitrag geteilt von NADER JINDAOUI (@naderjindaoui)

Mit Ablauf der vergangenen Saison folgt nun der Schritt zu Hertha BSC. El-Jindaoui will es noch einmal wissen. Er will wissen, ob er das Zeug zum Bundesligaspieler hat oder nicht. Doch gleichzeitig ist er nicht mehr verbissen danach, es unbedingt schaffen zu müssen. Mit seinem Social-Media-Auftritt verdient er mehr als genug Geld zum Leben. Die zweite Mannschaft von Hertha bietet ihm eine Plattform, sich zu beweisen. Er kann dort befreit und ohne Druck aufspielen. Qualitativ ist er gut genug, um in der Regionalliga mithalten zu können, das hat er beim BAK ausreichend bewiesen. Parallel bietet er als im Wedding aufgewachsener Straßenkicker Identifikation für die Fans und das Potential zum Führungsspieler in der U23. Und sollte sich herausstellen, dass El-Jindaoui eine ernsthafte Alternative für den Profikader ist, wird er auch dort seine Chance bekommen. Mit seinen Fähigkeiten als offensiver Außenspieler könnte er in eine Lücke stoßen, die bei Hertha seit Jahren besteht.

El-Jindaoui bei Hertha: Die entscheidende Frage

Ist Nader El-Jindaoui nun ein Marketing-Transfer oder tatsächlich eine sportlich sinnvolle Verstärkung? Diese Frage lässt sich recht eindeutig beantworten: sowohl als auch. Die Social-Media-Reichweite und Aufmerksamkeit des millionenfach geklickten Influencers könnte Herthas Auftritt in den Sozialen Medien mehr als guttun. Auch wenn sich damit nicht unmittelbar neue und langfristige Fans gewinnen lassen werden, steigert sich dennoch die Chance, dass Hertha in Zukunft durch die neuen Möglichkeiten von YouTube, Instagram & Co. profitieren wird. Und sei es „nur“ durch bessere Sponsoringmöglichkeiten.

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Foto: Tobias Schmidt/Hertha BSC

Gleichzeitig schlummert in El-Jindaoui unter Umständen tatsächlich das Potential zum Bundesligaspieler. Er bringt einen unmittelbaren sportlichen Mehrwert für die zweite Mannschaft von Hertha BSC, kann als Führungsspieler und Mentor vorgehen. Sollte das Niveau reichen, stellt er unter Umständen sogar eine ernstzunehmende Option für die Profimannschaft dar. Und wer weiß, vielleicht blickt man in ein paar Jahren auf diese Neuverpflichtung zurück, schaut anschließend auf den Rasen des Olympiastadions, auf dem El-Jindaoui gerade das Siegtor geschossen hat und denkt sich: „Es gibt sie noch, die modernen Fußballmärchen.“

Titelbild: Tobias Schmidt/Hertha BSC

Covic-Rückkehr und Kaderumbruch – So schlägt sich die Hertha-U23 bislang

Covic-Rückkehr und Kaderumbruch – So schlägt sich die Hertha-U23 bislang

Während die Profis von Hertha BSC gerade erst das zweite Spiel der Saison absolviert haben, haben die Spieler der U23 bereits ihre erste Englische Woche hinter sich und schon sechs Spiele absolviert. Wie schlägt sich die Nachwuchsmannschaft nach der langen Unterbrechung? Was hat sich unter dem neuen alten Trainer Ante Covic bei der Hertha-U23 verändert? Diesen Fragen wollen wir in diesem Artikel nachgehen.

Der Kader – neue Gesichter, altbekannter Trainer

Auch in diesem Sommer gab es wieder zahlreiche Veränderungen im Kader. Einige etablierte Regionalligaspieler haben den Verein verlassen. Darunter zum Beispiel Panzu Ernesto, der 2018 Hertha mit einem Tor zur A-Jugend-Meisterschaft verhalf, Rico Morack, der nach sechs Jahren als erfahrene Stütze in der Innenverteidigung Karriere beendete, und Cihan Kahraman. Omar Rekik und Palko Dardai hatten die zweite Mannschaft bereits im letzten Winter verlassen.

Hinzugekommen sind wie gewohnt sowohl externe Neuzugänge als auch Spieler aus der U19. Von extern kamen unter anderem Cimo Röcker als direkter Ersatz für den eben erwähnten Morack, Joel Bustamante fürs Mittelfeld und Ali Abu-Alfa für die Außenbahn. Aus der U19 hat man wieder eine ganze Reihe an Spielern hochgezogen, bisher haben aber vor allem Emincan Tekin, Marten Winkler, Derry Scherhant, Florian Haxha und Christalino Atemona eine Rolle gespielt.

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Eigengewächse wie Marten Winkler sollen bei der U23 den nächsten Schritt machen. (Foto: IMAGO)

Es gab also auch dieses Jahr wieder einen Umbruch im Kader, jedoch deutlich weniger umfangreich als zum Beispiel im letzten Jahr. Auffällig ist, dass der Kader qualitativ über die letzten zwei Jahre abgebaut hat. Über Jahre etablierte Spieler wie Florian Baak, Muhammed Kiprit oder Jessic Ngankam stehen nun nicht mehr zur Verfügung und können nicht direkt ersetzt werden. Nicht untypisch für eine zweite Mannschaft, aber eine Situation, mit der man umgehen muss. Es wird Zeit brauchen, bis neue Spieler derart tragende Rollen übernehmen können.

Covic soll an die guten Zeiten bei der Hertha-U23 anknüpfen

Insgesamt ist der Kader in der Offensive sehr breit und im Mittelfeld sehr stark besetzt. Nur auf den defensiven Außenbahnen ist man etwas dünn aufgestellt. Der Kader der zweiten Mannschaft ist jedoch immer sehr fluide. Mal werden Spieler für einige Wochen zu den Profis hochgezogen, mal kommt ein aufstrebendes Talent plötzlich hinzu und mal wird ein Profispieler über die zweite Mannschaft wieder an einen normalen Spielrhythmus herangeführt, sodass keine Planbarkeit mit einem festen Kader über die 38 Spieltage der Regionalligasaison besteht.

Aber nicht nur auf Spielerseite gab es in diesem Sommer wieder viele Veränderungen, sondern auch auf der Trainerbank hat sich erneut etwas getan. Nach Andreas „Zecke“ Neuendorf und dem Interimstrainerduo aus Malik Fathi und Levent Selim hat nun Ante Covic erneut das Traineramt der Hertha-U23 übernommen. Nach seiner eher unglücklichen Amtszeit bei den Profis im Jahr 2019 kehrt er nun also auf seine alte Position im Nachwuchsbereich zurück.

Foto: IMAGO

Denn bereits zwischen 2013 und 2019 war er Cheftrainer der zweiten Mannschaft und prägte damals eine sehr erfolgreiche Zeit mit schönem Fußball und guten Platzierungen. Dies soll sich nun wiederholen. Unterstützt wird Covic dabei unter anderem von dem oben genannten Levent Selim und Jerome Polenz, der zuletzt die Frankfurter U15 trainierte und dem ein oder anderem aus dem Sportschauformat „Broich und Polenz“ bekannt sein dürfte.

Der Saisonstart – neues System, gleiche Ausrichtung, alte Probleme

Am 31.10.2020 absolvierte die U23 ihr letztes Regionalligaspiel vor einer langen coronabedingten Unterbrechung. Mehr als sieben Monate später ging es dann endlich wieder los. Der Saisonstart bei Germania Halberstadt bremste die Ephorie jedoch schnell wieder. 0:4 verlor man am ersten Spieltag. Nach nun sechs gespielten Spielen sieht die Situation deutlich besser aus. Zwei Siege, zwei Unentschieden und zwei Niederlagen konnte man bis jetzt verbuchen. Mit Blick auf die Ergebnisse also ein sehr durchschnittlicher Saisonstart.

Spielerisch möchte man wie gewohnt dominant und aktiv agieren, das Spiel selbst gestalten. Dazu hat man in dieser Saison ein neues Spielsystem implementiert. Covic hat sich von dem eigentlich favorisiertem 4-3-3 getrennt und lässt bei der Hertha-U23 nun ein System mit Dreierkette und zwei Halbraumstürmern spielen, das 3-4-2-1.

Dieses System bringt gleich mehrere Vorteile mit. Wie immer bei einer Dreierkette hat man im Spielaufbau meist eine Überzahl und kann das Pressing des Gegners ins Leere laufen lassen. Gleichzeitig können sich die Halbraumstürmer stets gut zwischen den Linien bewegen und das System ermöglicht eine große Variabilität in der Offensive. Auf den offensiven Halbpositionen lassen sich nämlich je nach taktischer Maßgabe sehr unterschiedliche Spielertypen einsetzen.

Genau das kommt dem Kader wiederum sehr gut entgegen. Denn wie bereits erwähnt ist man in der Offensive sehr breit besetzt. Mit Marten Winkler, Ruwen Werthmüller, Daishawn Redan, Emincan Tekin und Derry Scherhant hat man gleich fünf Stürmer im Kader. Alle wurden bereits auf dieser Position eingesetzt. Insgesamt interpretiert man das System sehr offensiv. So werden auf den Außenbahnen auch keine gelernten Außenverteidiger, sondern offensive Flügelspieler wie Neuzugang Abu-Alfa, Maurice Covic, Dennis Jastrzembski oder Anton Kade eingesetzt. Alles Spieler, die über viel Tempo verfügen.

Die U23 plagen unter Covic noch Offensiv-Probleme

Trotz der offensiven Ausrichtung hat man bisher aber erst drei Tore in sechs Spielen erzielt. Dafür gibt es gleich mehrere Gründe. Bei den ersten drei Spielen der Saison musste man auf zahlreiche Spieler verzichten, die noch im Trainingslager der Profis in Leogang waren. So mussten für die U23 zunächst drei 18-Jährige (Scherhant, Winkler, Tekin) mit wenig Regionalligaerfahrung und langer Pause ohne Spielpraxis im Sturm spielen. Ihnen fehlte trotz solider Leistungen noch die körperliche Robustheit und Effizienz, um sich konstant gegen deutlich erfahrenere Regionalligaspieler durchzusetzen.

Damit zusammenhängend ist die Chancenverwertung eines der größten Probleme bisher gewesen. Anders als in den Jahren zuvor fehlt in dieser Saison ein Torgarant mit hoher Effizienz, wie es Kiprit oder Ngankam lange waren. Ruwen Werthmüller und Daishawn Redan müssen noch deutlich konsequenter im Abschluss werden. Möglicherweise kann hier Vedad Ibisevic helfen, der sich als Offensivtrainer auch um die Akademiespieler kümmern soll.

Foto: xSebastianxRäppold/MatthiasxKochx

Ein weiteres Problem ist die Durchschlagskraft. Die Hertha-U23 von Ante Covic hat häufig viel Ballbesitz, auch weit in der gegnerischen Hälfte. Doch es kommen zu wenig Abschlüsse dabei heraus. Das beste Beispiel dafür war das Spiel gegen Chemie Leipzig. Über die ganze Partie dominierte man das Spielgeschehen und ließ den Ball durch die eigenen Reihen laufen. Leipzig zog sich tief in die eigene Hälfte zurück, doch es gelang den Berlinern viel zu selten, gefährlich vors Tor zu kommen. Man ist nicht zielstrebig genug und verliert am Ende sehr unglücklich trotz klarer Überlegenheit. Ein Problem, das man auch unter Vorgänger Neuendorf auch schon hatte.

Gegen den Ball passt es bereits

Gegen den Ball hat man sich nach der Auftaktniederlage in Halberstadt deutlich stabilisiert und in den fünf Spielen danach nur zwei Tore kassiert. Besonders im Pressing und Gegenpressing wirkt das Team häufig sehr griffig. Auch die verbesserte Absicherung durch die Dreierkette kommt der Mannschaft entgegen. Am meisten Probleme hat man noch in der Strafraumverteidigung unter Druck. Da neigt man immer wieder zu Fehlern.

Insgesamt gab es zum Saisonstart bisher deutlich weniger Spektakel als noch in anderen Jahren. Man steht relativ stabil, ist offensiv bemüht, aber insgesamt noch zu harmlos. So steht man nach sechs Spielen auf dem elften Tabellenplatz, hat aber noch ein Nachholspiel gegen Babelsberg 03.

Hertha-U23: Auffällige Einzelspieler

Im Nachwuchsbereich stehen aber ja nicht unbedingt die Ergebnisse im Vordergrund, sondern vor allem die Spieler und ihre Entwicklung. Auf diesen Aspekt wollen wir nun in diesem Abschnitt eingehen. Jedoch gab es in dieser Saison bisher kaum überragende Einzelspieler mit konstant guten Leistungen, die sich mit ihren Leistungen für die Profis empfehlen konnten. Dennoch gibt es einige erwähnenswerte Einzelspieler, auf die wir in diesem Abschnitt kurz blicken wollen.

Tony Fuchs – die Konstante

Für Tony Fuchs ist es bereits die achte Saison bei der zweiten Mannschaft von Hertha BSC. Im Sommer 2014 kam er zur U23 und blieb. 174 Regionalligaspiele hat er in diesem Zeitraum absolviert und ist zum unverzichtbaren Anführer für das Team geworden. Der 31-Jährige ist nicht nur wortführender Kapitän auf dem Platz, sondern auch verlängerter Arm des Trainers und Mentor für die vielen jungen Spieler.

Foto: IMAGO

Unter Ante Covic spielt der Methusalem der Hertha-U23 immer. Er ist der einzige Spieler, der in dieser Saison bisher in jedem Spiel in der Startelf stand. Dabei musste er sich in dieser Saison in einer neuen spielerischen Rolle beweisen. Eigentlich spielt Fuchs auf den defensiven Außenbahnen. In dieser Saison ist der 1,68 m große Rechtsfuß jedoch das zentrale Glied der Dreierkette. Auch damit kommt er gut zurecht und gibt als Abwehrchef wichtige Kommandos. Er hält das Team zusammen und strahlt Sicherheit aus.

Am Ende dieser Saison endet sein Vertrag. Tony Fuchs nicht mehr als Kapitän der zweiten Mannschaft zu sehen, wäre ein ungewohntes Gefühl. Sein Abgang wäre vermutlich schwerer zu kompensieren als der Verlust von so manchem Talent.

Ruwen Werthmüller – Pressingmonster

Werthmüller ist ein sehr cleverer Spieler, der sich häufig gut von seinem Gegenspieler absetzt und mit klugen Laufwegen überzeugt. Hinzukommen sein guter Antritt auf den ersten Metern sowie eine hohe Endgeschwindigkeit. Diese Facetten seines Spiels konnte man in dieser Saison auch immer wieder im Pressing wiedererkennen.

Hertha Covic U23
Foto: xSebastianxRäppold/MatthiasxKochx/IMAGO

Werthmüller ist sehr aktiv im Anlaufen und schneidet seinem Gegenspieler meist mit seinem Laufweg die Passoptionen ab. Mit langen Schritten sprintet er auf seine Gegenspieler zu und erzwingt so regelmäßig lange Bälle. Auch nachdem er überspielt wurde, bleibt Werthmüller aktiv und konnte so schon mehrfach gefährliche Ballgewinne erzeugen, die auch zu Torchancen führten.

So entstand zum Beispiel auch der Freistoß im Spiel gegen den Chemnitzer FC, den Timur Gayret zum Siegtor verwandelte, aus einem Ballgewinn im Pressing von Werthmüller. Das Pressing ist bei vielen Stürmern nicht unbedingt die beliebteste Aufgabe, Werthmüller übt diese jedoch sehr engagiert und clever aus.

Emincan Tekin – Stürmer mit feinem Fuß

Tekin kam in diesem Sommer aus der U19 fest zur zweiten Mannschaft und dürfte besonders in den ersten Spielen viel Spielzeit sammeln. Der 18-Jährige war 2019 mit 26 Toren Torschützenkönig der B-Junioren Bundesliga Nord/Nordost, ist aber kein klassischer Strafraumstürmer, sondern ein mitspielender Neuner, der auch aufgrund seiner nur 1,68 Meter über einen niedrigen Körperschwerpunkt verfügt.

Hertha Covic U23
Foto: IMAGO

Besonders auffällig ist seine Dribblingstärke. Er führt den Ball häufig ganz eng am Fuß und kommt so auch auf engem Raum zurecht. Ein gutes Beispiel dafür war der Treffer von Marten Winkler beim Sieg gegen Meuselwitz. Zuvor zog nämlich Tekin mit seinem Dribbling gleich vier Spieler auf sich, sodass Winkler schließlich ausreichend Raum und Zeit für einen tollen Fernschuss hatte.

Tekin hat in 72 Spielen für Herthas Nachwuchsteams bisher 69 Scorerpunkte gesammelt. Ein Spieler, auf dessen weiteren Karriereweg man gespannt sein darf.

[Titelbild: IMAGO]