In wenigen Tagen startet die Zweitligasaison für Hertha BSC. Zehn Jahre nach dem letzten Besuch in Deutschlands zweithöchster Spielklasse ist der Verein nach vier zermürbenden Saisons hochverdient als Tabellenachtzehnter abgestiegen und wird sich nächstes Jahr mit Vereinen wie Elversberg und Wiesbaden, aber auch Kaiserslautern, dem HSV oder Düsseldorf messen. Der Kader befindet sich noch immer in einer Runderneuerung, auch wenn mittlerweile schon viel passiert ist. Wir wollen einen Blick auf fünf besonders interessante Spieler werfen.
Fabian Reese
Und dabei kommen wir um Neuzugang Fabian Reese nicht drum herum. Der Flügelstürmer wechselt ablösefrei vom Ligakonkurrenten Holstein Kiel an die Spree, bringt dabei die Erfahrung von 163 Zweitligaspielen mit. In der vergangenen Saison konnte Reese mit elf Toren und zehn Vorlagen seine persönlich bisher bestes Jahr aufweisen und kommt mit 25 Jahren langsam ins beste Fußballeralter. Gleichzeitig ist er noch jung genug für weitere Entwicklungsschritte.
Reese besticht durch viel Tempo, unermüdlichen Arbeitseifer und einem guten Auge für seine Mitspieler. Daneben bringt er eine gewisse Torgefahr mit. Auch abseits des Platzes hat sich der Linksaußen, der notfalls auch rechts oder im Sturmzentrum spielen kann, mit atemberaubender Geschwindigkeit in die Herzen der Fans gezaubert. In einer Medienrunde zeigt er sich äußerst bodenständig und reflektiert: „Ich habe eine etwas andere Frisur als der Prototyp Fußballer, trage Nagellack und stehe für meine Meinung sowie Wert ein, die ich vertreten möchte. So ich will ich die Vorbildchance, die mal als Fußballer hat, nutzen und jedem Menschen da draußen sagen: Traut euch einfach das, worauf ihr Lust habt, es ist völlig egal, was andere sagen“.
In den Testspielen hat Reese bereits angedeutet, was er der Mannschaft geben kann. Mit zwei Assists und einem wunderschönen Tor gegen RWD Molenbeek konnte er sich direkt an mehreren Treffern beteiligen. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass er in der kommenden Saison ein absoluter Dreh- und Angelpunkt in der Offensive von Hertha BSC wird und vielleicht sogar die Scorerwerte der vergangenen Saison überbietet.
Marten Winkler
Reeses Gegenstück auf der rechten Außenbahn dürfte aller Voraussicht nach Marten Winkler werden. Auch mit der Rückkehr von Palko Dardai hat Winkler nach der Vorbereitung die Nase wahrscheinlich zunächst vorne und könnte mit einem guten Saisonstart den Anspruch auf einen Stammplatz untermauern. Der gebürtiger Frankfurter (Oder) wechselte vor acht Jahren aus der Jugend von Union Berlin nach Berlin-Charlottenburg und durchlief von dort an alle Jugendmannschaften auf dem Olympiagelände. In der vergangenen Saison war Winkler an den Drittligisten Waldhof Mannheim ausgeliehen, wo er nach Startschwierigkeiten in 31 Spielen neun Tore und fünf Assists sammelte.
Der Flügelstürmer zeigte im Interview mit den vereinsinternen Medien vor ein paar Tagen, dass die Leihe ihn auch menschlich vorangebracht hat: „Ich bin viel reifer geworden. Natürlich steckt in mir weiterhin etwas Freches und Kindliches, das soll auch so sein. Dennoch weiß ich mittlerweile meine Grenzen besser einzuschätzen.“ Bei seinem Stammverein möchte Winkler nun in der zweiten Liga die nächsten Schritte machen und beweisen, dass er auch auf höherem Niveau als der dritten Liga sportlich mithalten kann.
Die größte Stärke des Eigengewächses ist definitiv sein Tempo. Der 20-Jährige bringt darüber hinaus Zug zum Tor mit, bewies dies schon in mehreren den Testspielen. Winkler kann Dodi Lukebakio, der den Verein definitiv noch verlassen wird, natürlich nicht ersetzen. Er weist allerdings zumindest teilweise ähnliche Stärken auf. Verbesserungspotential dürfte definitiv in der körperlichen Robustheit und Technik am Ball bestehen. Es liegt nun an ihm, sich weiter zu entwickeln, damit Herthas Spiel nicht nur über Reese und die linke Außenbahn läuft.
Ibrahim Maza und Bence Dardai
Auch die beiden nächsten Spieler sind primär im letzten Drittel des Spielfeldes aktiv. Ursprünglich war hier nur Maza vorgesehen, doch mit seiner kürzlichen Meniskusverletzung und mehrmonatigen Ausfallzeit wollen wir auch den jüngsten Sohn von Trainer Pal Dardai kurz mit vorstellen. Beide spielen hauptsächlich auf der Zehn im offensiven Mittelfeld und bringen ähnliche Attribute mit. Als klassische Spielmacher können sie Chancen durch eine große Pass- und Dribbelstärke kreieren. Schon in jungen Jahren haben sie in der U17 bzw. U19 viel Flair und Übersicht beweisen, daneben sind sie ab und zu für einen eigenen Treffer gut.
Während der 17-jährige Maza im Alter von zwölf Jahren von den Reinickendorfer Füchsen zur Alten Dame kam, spielt Bence Dardai wenig überraschend bereits sein ganzes Leben im Trikot der Hertha. Obwohl beide Spieler nur exakt zwei Monate trennen, durfte Maza in der Endphase der vergangenen Saison bereits sein Debüt feiern. Mit seinem Premierentreffer am letzten Spieltag gegen den VfL Wolfsburg wurde er zudem Herthas jüngster Torschütze. Die Youngster werden sich in der kommenden Spielzeit aller Voraussicht nach um den Platz hinter Marco Richter duellieren. Eigentlich war davon auszugehen, dass Maza hierbei die Nase vorne hat, aufgrund der Verletzung könnte sich das Blatt allerdings wenden.
So hat Bence Dardai insbesondere im Test gegen die Young Boys aus Bern mit Fabian Lustenberger für Aufsehen gesorgt. Mehrere Steckpässe in die Spitze wurden von einem Schlenzer ins rechte obere Toreck aus etwas 20 Metern gekrönt. Es wird spannend zu sehen sein, wie sich die beiden trickreichen Mittelfeldspieler gegenseitig pushen und wer im Lauf der Saison mehr Spielzeit sammeln kann. Für Hertha eine Win-Win Situation. Daneben sind beide aber auch noch jung genug, um mehr als genügend Einsätze in der U19 oder U23 zu absolvieren. Auf dem Schirm kann und sollte man sie dennoch schon mal haben. Zu erwarten, dass sie dem Spiel des Hauptstadtklubs regelmäßig ihren Stempel aufdrücken, wäre höchstwahrscheinlich aber noch zu vermessen.
Pascal Klemens
Last but not least ist noch Pascal Klemens zu nennen.Genauso wie Bence Dardai hat auch Klemens (zumindest laut transfermarkt.de) noch für keinen Verein außer Hertha BSC gespielt. Der Innenverteidiger war letztes Jahr Kapitän der U19 und empfiehlt sich bereits in jungen Jahrens als Führungsfigur. In der wirklich empfehlenswerten Dokumentation “Herz” von HerthaTV ist er mehrfach in Interviews und auf dem Spielfeld zu sehen, macht dabei einen sehr reifen Eindruck.
Die Mitnahme ins Trainingslager der Profis in diesem Sommer war daher der nächste logische Schritt. Mit den Abgängen von Tolga Cigerci, Jean-Paul Boetius, Lucas Tousart und voraussichtlich Suat Serdar klafft in Herthas zentralem, defensivem Mittelfeld derzeit eine große Lücke. Marton Dardai wurde aus der Innenverteidigung eine Position weiter nach vorne gezogen. Den Part daneben füllte in den letzten Wochen Pascal Klemens aus. Und obwohl der 18-Jährige bisher nahezu ausschließlich als Verteidiger unterwegs war, steigerte er sich spürbar von Testspiel zu Testspiel. Zu seinen Stärken gehört seine körperliche Robustheit, die für sein Alter sehr beachtlich ist. Unter anderem dadurch ist er bei seinem Debüt am letzten Spieltag der vergangenen Saison bereits positiv aufgefallen. Mangels Alternativen wird Klemens zumindest zum Saisonstart gegen Düsseldorf höchstwahrscheinlich sein zweites Profispiel bestreiten.
in Anbetracht der aktuellen Kadersituation ist zudem nicht ausgeschlossen, dass er auch im Laufe der Saison immer wieder auf der Sechs zum Einsatz kommt. Als Stammspieler dürfte er dennoch nicht eingeplant sein. Gerade was das Spiel mit Ball und die Ruhe am Spielgerät angeht, muss er sich noch steigern. Doch das ist etwas, was mit zunehmenden Einsätzen und Erfahrung nicht unrealistisch erscheint. Für den Moment kann man Klemens, ähnlich wie Bence Dardai und Maza, als interessanten Ergänzungsspieler im Kopf behalten, der zu eine der positiven Überraschungen in der kommenden Spielzeit bei Hertha BSC avancieren könnte.
[Titelbild: Photo by Matthias Kern/Getty Images]