Drei Thesen für Arminia Bielefeld – Hertha BSC

Drei Thesen für Arminia Bielefeld – Hertha BSC

Euphorie in der Hauptstadt: Nach zuletzt zwei Siegen in Serie ist der Klassenerhalt nach einer lange Zeit ernüchternden Saison plötzlich zum Greifen nah. Schon am Sonnabend kann Hertha einen großen Schritt in Richtung Ligaverbleib machen, sogar der direkte Klassenerhalt ist bereits möglich. Doch dafür ist nicht nur entscheidend, wie das Gastspiel Herthas bei Arminia Bielefeld endet.

Auf einen möglichen Verlauf der Ereignisse am Sonnabend blicken wir mit drei Thesen.

These 1: Die Null bei Hertha bleibt stehen

Dreimal spielte Hertha in dieser Saison zu null – bis Felix Magath und Mark Fotheringham das Team ab dem 27. Spieltag übernahmen. Seither folgten in fünf Spielen drei weitere ohne Gegentor. Die Abwehr zeigt sich stabilisiert und wesentlich konstanter. Es scheint ihr gut zu tun, dass statt ständiger Rotation eine klare Hierarchie gilt. In der Innenverteidigung sind Dedryck Boyata und Marc Oliver Kempf gesetzt, außen verteidigen Marvin Plattenhardt und Peter Pekarik. Dahinter steht Marcel Lotka zwischen den Pfosten.

Die Null hinten zu halten, sollte gegen Bielefeld oberste Priorität haben. Denn während die Arminen dringend gewinnen müssen, um eine Restchance auf den Klassenerhalt zu wahren, wäre für Hertha bei vier Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz und der Aussicht auf das anstehende Heimspiel gegen form- und auswärtsschwache Mainzer ein Unentschieden schon als großer Schritt einzustufen.

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(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Der Druck liegt bei der Arminia, die ihrerseits nicht für Torgefahr stehen. Die wenigsten geschossenen Tore (24) sind kein Produkt des Zufalls, auch in der Tabelle der Expected Goals liegen die Ostwestfalen auf Platz 18 der Liga (33,26 xG).

Mit Fabian Klos fehlt dem Team von Interimstrainer Marco Kostmann der Zielspieler im Mittelsturm. Der beste Torschütze Masaya Okugawa wartet seit dem 19. Februar auf ein Tor.

Daher die These: Die Null zu halten, wird bei Hertha oberste Priorität haben und auch gelingen. Im sechsten Anlauf unter Magath bleibt die Alte Dame zum vierten Mal ohne Gegentreffer.

These 2: Wie im Hinspiel: Tor(e) nach der Pause

Wie man es gegen Bielefeld angehen kann, zeigte Hertha, noch unter Tayfun Korkut, in der Hinrunde. Harmlose Bielefelder hielten die Blau-Weißen weitestgehend vom eigenen Tor fern. Wie es im Abstiegskampf oft nunmal so ist, gab es seitens der Hertha allerdings auch kein Chancenfestival.

Doch nach dem Seitenwechsel war Hertha zielstrebiger und belohnte sich. Stevan Jovetic traf in der 53. Minute auf Vorarbeit von Ishak Belfodil und Davie Selke markierte in der Nachspielzeit den 2:0-Endstand.

(Photo by Matthias Kern/Getty Images)

Ein Spielverlauf, wie er auch im Rückspiel denkbar ist. Denn der Druck liegt, wie in These 1 dargestellt, bei den Gastgebern. Hertha kann sich aufs Verteidigen konzentrieren und darauf warten, dass die Offensivbemühungen Bielefelds intensiver werden, sich dafür aber hinten auch mehr Räume bieten.

Mit fortlaufender Spieldauer muss Bielefeld mutiger werden. Hier liegt Herthas Chance. Daher die These: Offensiv werden die Herthaner zwar zu Beginn nicht viel stattfinden und nicht wie zuletzt gegen Stuttgart früh in Führung gehen, doch später im Spiel werden sie die sich bietenden Räume nutzen und treffen.

These 3: Ein großer Schritt, aber noch keine Klarheit

Treffen die ersten beiden Thesen tatsächlich ein, macht Hertha einen Riesenschritt in Richtung Klassenerhalt. Bielefeld stünde dann neun Punkte hinter der Hertha – bei noch sechs auszuspielenden. Vom Relegationsplatz würde dann weiterhin der VfB Stuttgart grüßen. Und die müssten punkten, um Hertha rein rechnerisch noch überholen zu können.

Alle Augen nach Stuttgart also. Die empfangen parallel zum Spiel zwischen Bielefeld und Hertha den VfL Wolfsburg. Die Niedersachsen sind derzeit so etwas wie die Wundertüte der Liga. Spielten sie letzte Woche Mainz 05 regelrecht an die Wand und führten zur Pause bereits mit 5:0, waren es in der Woche zuvor die Wölfe, die sich in Dortmund katastrophal präsentierten und mit einem 0:5-Rückstand in die Pause gingen. Davor siegte das Team von Trainer Florian Kohfeldt mit 4:0 gegen Bielefeld, verlor jedoch 0:3 gegen Augsburg.

BERLIN, GERMANY – APRIL 24: Ishak Belfodil of Hertha Berlin celebrates their side’s win with teammates after the final whistle of the Bundesliga match between Hertha BSC and VfB Stuttgart at Olympiastadion on April 24, 2022 in Berlin, Germany. (Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Welches Gesicht sie am Sonnabend gegen den VfB zeigen, steht in den Sternen. Doch der Druckabfall nach den wichtigen Punkten gegen Mainz dürfte groß sein. Gleichzeitig ist ein Sieg für Stuttgart beinahe Pflicht, um Bielefeld nicht an sich rankommen zu lassen. Denn in der Woche darauf spielt der VfB bei den Bayern, während es Bielefeld mit Bochum zu tun bekommt. Sich darauf zu verlassen, dass dann die wichtigen Punkte geholt werden, wäre wohl fatal.

Daher die These: Der Hertha-Sieg gegen Bielefeld wird zwar ein großer Schritt, doch weil der VfB parallel ebenfalls gewinnt, wird der Klassenerhalt rechnerisch nicht klar gemacht. Eine mögliche Party muss noch verschoben werden.

(Photo by Matthias Kern/Getty Images)

Hertha BSC – Arminia Bielefeld: Silber sicherstellen

Hertha BSC – Arminia Bielefeld: Silber sicherstellen

Die Stimmung rund um Hertha BSC könnte unter Würdigung der Gesamtumstände kaum besser sein. Mit dem zweiten Sieg in Folge gegen einen direkten Abstiegskonkurrenten hat man sich in eine hervorragende Ausgangslage für die Klassenerhalt gebracht. Doch die Saison ist nicht vorbei, ein Verbleib in der Bundesliga noch lange nicht sicher. Es gilt daher, auch gegen die Arminia aus Bielefeld an die letzten Leistungen unbedingt anzuknüpfen.

Unser Artikel zur Pressekonferenz vor dem Spiel.

Magath mahnt bei Hertha zur Vorsicht

Die pure Erleichterung und Freude, die im gesamten Stadion nach dem Tor von Belfodil zum 2:0-Endstand gegen Stuttgart zu spüren war, dürfte bei vielen Fans von Hertha auch noch tagelang danach angehalten haben. Alle wussten: dieser Moment könnte der Entscheidende im Hinblick auf den Klassenerhalt werden.

Doch Cheftrainer Felix Magath stellt klar, dass man sich noch keinesfalls am Ziel befinde: „Wir sind auf dem Weg und haben jetzt vielleicht Bronze erreicht. Wir können jetzt in Bielefeld noch Silber holen und nur darauf werden wir uns fokussieren.“ Er wäre schon zu lange dabei und hätte zu oft Dinge erlebt, die sich dann völlig verkehrt haben. Fest steht: Rechnerisch hat Hertha den Klassenerhalt nicht sicher, selbst mit einem Sieg gegen Bielefeld könnte man sich unter Umständen „nur“ das Erreichen der Relegation sichern.

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(Photo by JOHN MACDOUGALL/AFP via Getty Images)

„Es geht um drei Punkte in Bielefeld, die wollen wir holen, dann haben wir wahrscheinlich wieder einen großen Schritt in Richtung Klassenerhalt, aber für was es dann reicht, werden wir hinterher auf der Tabelle ablesen können“, arbeitet Magath heraus. Der Fokus auf das eigene Spiel wurde somit noch einmal betont, auch wenn es auf der Bank sicher den einen oder anderen Blick nach Stuttgart geben dürfte, unabhängig vom eigenen Spielstand.

Nahezu unveränderte Personallage und Tousart-Lob

Was die Aufstellung angeht, lässt der Übungsleiter die Frage nach einer möglichen neuen Doppelspitze aus Selke und Belfodil schmunzelnd offen: „Lassen Sie mich heute und morgen noch ein bisschen spielen mit dem Gedanken, dass die beiden auch mal beginnen könnten, aber sicher bin ich mir dahingehend noch nicht.“

Es wäre durchaus überraschend, sollte sich die zuletzt erfolgreiche Aufstellung ändern, lediglich der nach Gelbsperre zurückgekehrte Marco Richter wird den jetzt gesperrten Vladimir Darida ersetzen. Es darf davon ausgegangen werden, dass die exakt gleiche Elf wie gegen den FC Augsburg beginnen wird. Was die weiteren fehlenden Spieler angeht, hat sich im Vergleich zur letzten Woche nichts geändert, Stevan Jovetic, Lukas Klünter, Dong-Jun Lee, Kelian Nsona und Alexander Schwolow stehen weiterhin nicht zur Verfügung.

Ein besonderes Lob erfuhr derweil Rekordeinkauf Lucas Tousart: „Er ist ein echter Mannschaftssportler.“ Tousart sei ein kompletter Mittelfeldspieler, sowohl defensiv als auch offensiv. Gleichzeitig denkt Magath, das Problem für Tousarts bisherigen Schwierigkeiten in dieser Saison gefunden zu haben. Die Olympiateilnahme im letzten Sommer habe dazu geführt, dass er nicht die notwendige Pause gehabt hätte, um richtig frisch in der Saison anzukommen.

(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Und auch die ungünstige sportliche Situation sei beim Einleben nicht förderlich gewesen. Eine Aussage, die man so sicher auf den Großteil der Neuzugänge in den letzten Jahren anwenden kann.

Kampfbereiter Gegner auf der Alm

Was das kommende Spiel angeht, weiß der Trainer genau, was ihn erwartet: „Das wird eine ganze harte Nuss in Bielefeld, denn auf der Alm ist es sowieso schwierig zu spielen.“ Und schiebt hinterher: „Mir braucht keiner was zu erzählen, freudig fahre ich da nicht hin, sondern konzentriert und fokussiert auf diese Aufgabe, es wird 90 Minuten ein harter Kampf, denn Bielefeld kämpft natürlich gegen uns um ihre letzte Chance uns in diesen Abstiegskampf mit reinzunehmen und daher erwarte ich eine ganz heiße und harte Partie und es wird eng werden.“

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(Photo by Matthias Kern/Getty Images)

Etwas überraschend kam es vor gut einer Woche beim kommenden Gegner zu einem Trainerwechsel. Der Torwarttrainer Marco Kostmann übernahm für den freigestellten Frank Kramer. Als Co-Trainer steht im Michael Henke zur Seite, der in dieser Rolle unter anderem schon für Ottmar Hitzfeld tätig war.

Magath zeigte sich ob der neuen möglichen taktischen und personellen Marschroute der Bielefelder allerdings nicht sonderlich besorgt: „Nach der Analyse kann man sagen, es hat sich ja nicht viel verändert bei der Arminia durch den Trainerwechsel, insofern denke ich können wir auf die Erfahrung, die wir im Laufe der Saison mit und über die Arminia gesammelt haben auch für uns kalkulieren am Wochenende.“ Klar ist aber, freiwillig wird Bielefeld keine Punkte in die Hauptstadt ziehen lassen, eine Selbstläufer wird die Partie für Hertha unter keinen Umständen.

Ungeklärte Situation zwischen Mannschaft und Fans

Der Trikot-Aktion nach dem Derby zog deutschlandweit Aufmerksamkeit auf sich. Nach den letzten zwei Spielen kam die Mannschaft aufgrund der Vorkommnisse jeweils nicht in die Kurve zum Feiern. Darauf angesprochen, ob es mittlerweile einen Dialog zwischen Mannschaft und Fans gäbe, sagte Magath: „Es gab dahingehend noch keinen Austausch, wir werden uns auch jetzt nicht vor diesem Auswärtsspiel mit dieser Problematik ablenken lassen, sondern wir werden uns auf die Partie fokussieren, damit wir da die Punkte holen. Aber rechtzeitig zum letzten Heimspiel werden wir sicher dann Gespräche geführt haben und sehen, wie wir das lösen können.“

Im Idealfall kann man zu diesem Zeitpunkt gegen Mainz bereits den Klassenerhalt feiern. Es wäre schade, wenn die Saison mit solch einem faden Beigeschmack endet. Eine Versöhnung zwischen den Beteiligten wäre daher sicher wünschenswert. Klar ist, dass die Unterstützung am kommenden Wochenende gesichert ist – das Auswärtskontingent in Bielefeld ist vollkommen ausgeschöpft. Fast 3.000 Fans werden der Mannschaft von Hertha BSC somit dabei helfen, auch den dritten Abstiegskracher in Folge zu gewinnen.

[Titelbild: Maja Hitij/Getty Images]

Podcast #190 Noch nichts gewonnen

Podcast #190 Noch nichts gewonnen

Was war das für ein Fußballabend?!! Aber der Reihe nach. Wir sprechen in dieser Ausgabe über die Hertha Doku, Verletzungssorgen, den nächsten Umbruch und das Verhältnis von Mannschaft zur aktiven Fanszene. Natürlich liegt der Fokus aber auf dem gestrigen Heimsieg gegen den Vfb Stuttgart.

Wir wünschen euch viel Spaß und freuen uns über eure Kommentare. 

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STR PODCAST mit Lukas: https://www.youtube.com/watch?v=MHviUaRoeng

11 FREUNDE ARTIKEL: 

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(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Herthaner im Fokus: Kampf und Leidenschaft gegen den VfB

Herthaner im Fokus: Kampf und Leidenschaft gegen den VfB

Die Hertha hat ihren Sieg in Augsburg am Sonntagabend im Berliner Olympiastadion gegen den VfB Stuttgart nicht nur bestätigt, sondern sich in eine absolut komfortable Situation im Abstiegskampf manövriert. Gegen die Schwaben zeigten die Berliner Mal wieder sämtliche Tugenden, aus denen es in der aktuellen Situation zu schöpfen gilt. Über die komplette Spielzeit nahm die Mannschaft den Kampf um die drei Punkte mit Leidenschaft, mit Kratzen, Beißen und Disziplin an.

Bei Hertha findet sich eine Achse

Im Vergleich zur Vorwoche musste Felix Magath das Team kaum verändern. Lediglich Marco Richter, der in Augsburg seine 5. Gelbe Karte gesehen hatte und damit für das Spiel gegen die Stuttgarter gesperrt war, wurde auf der rechten Außenbahn von Vladimir Darida ersetzt. Ansonsten blieb im 4-2-3-1-System dasselbe Team wie in Augsburg auf dem Platz. Im Tor Marcel Lotka. Flankenspezialist Marvin Plattenhardt auf der Linksverteidigerposition, Dauerbrenner Peter Pekarik auf der rechten Seite, Kapitän Dedryck Boyata und Marc Oliver Kempf in der Innenverteidigung.

Davor die Doppelsechs, bestehend aus Lucas Tousart und Santiago Ascacibar. Der Form-erstarkte Kevin Prince Boateng war wieder auf der „Zehn“ zu finden und durfte im Team schalten und walten. Suat Serdar und Vladimir Darida als positionsfremde Akteure konnten trotz ihrer Tempo-Defizite auf den offensiven Außenpositionen für viel Wirbel sorgen. Im Sturm durfte wieder Davie Selke ackern.

Wir schauen heute auf einen Torhüter mit viel Zukunft, arbeitende Stürmer, welche Spieler durchgehend zwischen Genie und Wahnsinn agieren, einen sich aufopfernden Rekordtransfer, clevere Schachzüge des Trainerteams und die Stimmung in der Mannschaft und im Olympiastadion.

Marcel Lotkas Leistungen und Charakter sind ein Schlüssel zum Hertha-Klassenerhalt

Als in der 65. Minute der Stadionsprecher von Hertha BSC lautstark Lotkas Vornamen brüllte und über 50.000 Kehlen mit seinem Nachnamen antworteten, war das nicht nur ein Dank für die in diesem Moment von ihm geklärte Stuttgarter Chance. Zugegeben, der Schuss von Tiago Tomas aus 18 Metern war zwar wuchtig, aber so zentral geschossen, dass es eine Leichtigkeit für Lotka war, den Ball festzuhalten. Ähnlich wie schon zuvor in der 13. Minute gegen Endo, Chris Führich in der 38. Minute oder in der 58. gegen den Versuch Erik Thommys.

Doch der Ausruf seines Namens ist ein Dankeschön an einen Mann, der einem nahezu toten Team Leben eingehaucht hat. Der 20 Jahre alte Torhüter, der gegen den VfB seinen siebten Bundesligaeinsatz feierte und zum zweiten Mal in Folge ohne Gegentor blieb, zeigt eine Präsenz, die für einen so jungen Spieler ungewöhnlich, in der aktuellen Situation aber maßgeblich ist, um im Abstiegskampf bestehen zu können. Die Stuttgarter zwangen ihn zu fünf Paraden, zusätzlich fing er Flanken ab, darunter zwei Ecken. Von Spiel zu Spiel wird seine Strafraumbeherrschung besser. Er war 47 Mal am Ball, verteilte ihn, brachte 13 seiner 29 Pässe bei den Mitspielern unter und pushte sein Team, so gut es ging.

(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Sein Abgang nach Dortmund am Saisonende wird von Spiel zu Spiel bitterer. Es wäre wünschenswert, wenn man nach der Saison mit klarem Kopf die Situation neu denkt und bewertet und Optionen abwägt, die einen Verbleib in Berlin möglich machen. Er ist schließlich nicht nur ein Sprachrohr der Mannschaft und mittlerweile gerngesehener Gast an Mikrophonen nach den Spielen, sondern hat allemal Potential, zu einer Identifikationsfigur in Berlin heranzuwachsen. Seine Ausstrahlung und das Talent im Tor versprechen durchaus eine sehenswerte Zukunft.

Davie Selke und Ishak Belfodil: Die Stärken zur richtigen Zeit eingesetzt

Davie Selke und Ishak Belfodil sind zwei sehr spezielle Menschen. Der eine kauziger denn je, aber augenscheinlich mit einem feinen Charakter ausgestattet, der andere ein technisch hervorragender Fußballer, dessen Blick aber praktisch durchgehend schlimmstes befürchten lässt. Aber der Reihe nach.

Davie Selke war im Spiel gegen die Schwaben 79 Minuten dabei, ehe er sich mit Muskelbeschwerden auswechseln ließ. Seine Arbeitsmoral war wie immer tadellos. Seine Chancenverwertung ließ zunächst zu wünschen übrig. Doch die erste Torchance der Hertha, bei der Davie Selke in der 3. Spielminute direkt vor dem Tor den Ball verpasste, wurde nur wenig später egalisiert. Und das durch eine einfache Kombination, die reichte, um die Stuttgarter Verteidigung auszuhebeln. Auf der linken Seite wurde Marvin Plattenhardt in Szene gesetzt, der mit einer Effet-reichen Flanke dem perfekt im Zentrum einlaufenden Selke den Abschluss vorbereitete. Die wuchtige Direktabnahme sieben Meter vor dem Tor sorgte schon nach vier Minuten für die Führung der Berliner. Wenige Spieler genießen nach einem so langen VAR-Eingriff den Torjubel praktisch ein zweites Mal wie der Stürmer.

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(Photo by JOHN MACDOUGALL/AFP via Getty Images)

Im Verlauf der Partie konnte sich Selke zwar keine weiteren Chancen mehr erarbeiten, doch wie üblich büffelte er in der Offensive, beschäftigte die Verteidiger, spielte diese müde und setzte alles daran dem Team zu helfen. Er ließ sich sogar auf die Außen fallen, keiner seiner drei Flanken kam an, immerhin konnte er den Ball so aber von den Stuttgartern fernhalten. Er gewann sieben seiner 14 Zweikämpfe. Die Hälfte seiner 24 Pässe kam bei seinen Mitspielern an, was für einen Offensivspieler vollkommen okay ist.

Ishak Belfodil wurde nach 63 Minuten für Kevin Prince Boateng eingewechselt und zeigte wieder einmal seine technischen Fähigkeiten am Ball. Die Frage, wie er auf die Degradierung vor dem Augsburg-Spiel reagieren würde, beantwortete er in den letzten Minuten des Spiels hervorragend auf seine Art und Weise. Immerhin kam der Algerier in der knappen halben Stunde, die er agierte auf zwölf Ballaktionen, verteilte dabei die Bälle. Sieben seiner acht Pässe fanden den richtigen Adressaten. In der 69. Minute hätte er bereits erfolgreich sein können, doch den Flachschuss von Peter Pekarik konnte er nicht mehr entscheidend abfälschen.

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(Photo by JOHN MACDOUGALL/AFP via Getty Images)

In der 3. Minute der Nachspielzeit zeigte er all seine Klasse. Die Mischung aus Schuss und Pass von Maximilian Mittelstädt, der von der linken Seite aus in den Strafraum zog, fing Belfodil an der Grundlinie ab. Die Ruhe, die er gegen Hiroki Ito und Florian Müller behielt, war aller Ehren wert, von seinen technischen Fähigkeiten, die er in dieser Situation zeigte, ganz zu schweigen, ehe er eiskalt einschob. Diese Ruhe und das Selbstvertrauen Belfodils waren zumindest bei dieser Aktion irgendwo zwischen Genie und Wahnsinn. Da, wo ein gewisser…

…Marc Oliver Kempf das gesamte Spiel ist.

Der Verteidiger zeigte gegen seinen Ex-Verein wieder einmal seine ihn auszeichnenden robusten und körperlichen Aktionen. Seine Grätschen und sein Körpereinsatz sind oft so nahe an einem Foul dran, dass man als Fan der Hertha zittern muss, nicht gleich einen Elfmeter gegen sich zu sehen. Oft hatte er Glück bei seinen Grätschen, wobei es auch eine Stärke ist, die er in seinem Repertoire hat.

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(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Seine stärkste Aktion hatte er in der 52. Minute, als er bei Stuttgarts größter Torchance mitten im Geschehen war. Mavropanos Schuss, den der Stuttgarter Verteidiger nach einem langen Sololauf halblinks im Strafraum aus etwas spitzerem Winkel abgab, konnte Kempf mit einer risikoreichen Grätsche gegen die Latte lenken. Zugegeben: eben jene Chance hatte Kempf selbst eingeleitet. Das Zusammenspiel in der Innenverteidigung mit Dedryck Boyata scheint von Spiel zu Spiel besser zu werden. Doch ehrlicher Weise muss man sagen, dass die Stuttgarter offensiv zu wenig zu Stande brachten.

Ansonsten konnte Kempf sechs Bälle klären, gewann 86 Prozent seiner Zweikämpfe, brachte 19 seiner 30 Pässe bei den Mitspielern unter und versuchte sich immer wieder mit langen Bällen, wovon immerhin fünf von elf Versuchen ankamen. Aktuell scheint Marc Oliver Kempf sich in der Innenverteidigung festgespielt zu haben.

Das Spiegelbild der Hertha: Der beißende und kratzende Lucas Tousart

Der Rekordtransfer der Berliner tat sich in seiner Zeit bei Hertha vor allem eines: Schwer. Doch was er in den letzten Wochen abreißt, ist aller Ehren wert und es macht Spaß ihn dabei zuzusehen. Er kämpfte aufopferungsvoll um jeden Ball, war von Mittelfeld bis Eckfahne überall zu sehen. Grätschte, kämpfte, warf sich in Tacklings und blühte zu einem wahren Kampfschwein auf. 60 Ballaktionen hatte er, verteilte die Bälle so gut es ging. 24 seiner 34 Pässe kamen an, immerhin 71 Prozent.

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(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

53 Prozent seiner Zweikämpfe gewann er, das mag zunächst nicht allzu stark klingen, doch in diesem Fall war es auch entscheidend, wann welche Zweikampfsiege wichtig waren. Er zog drei clevere Fouls, wurde selbst zweimal gefoult und fing bei den Stuttgarter Angriffen sieben Mal den Ball ab. Zusätzlich lief er 12,15 km und entwickelt sich nach und nach zu einem kleinen Laufwunder. In den letzten Wochen war er immer unter den Spielern, die die meisten Meter für Hertha abspulten. Einzig der ebenfalls nimmermüde Santiago Ascacibar lief mehr. Allgemein lief die Mannschaft über 120 km, was immerhin acht mehr waren, als die Spieler des VfB Stuttgarts.

Das Trainerteam: Sinnvolle Taktik, schlaue Wechsel und starkes Auftreten

Weiterhin traut sich das Trainerteam um Cheftrainer Felix Magath unpopuläre Entscheidungen zu treffen. Der Mut wird belohnt. Man vertraut Kevin Prince Boateng und seinem empfindlichen Körper, Selke darf im Sturm agieren wie er will. Und auf der linken Seite bricht man die Qualitäten auf die Stärken von Marvin Plattenhardt runter. Und der Erfolg gibt ihnen Recht. Im Spiel zeigt man einfache Spielzüge und vor allem Kampf und Leidenschaft.

Einerseits ist es schade, Maximilian Mittelstädts nicht durchgehend sehen zu können oder Ishak Belfodil im Sturmzentrum länger agieren zu lassen. Aber im Abstiegskampf gilt es die einfachsten Stärken eiskalt zu nutzen. Jeder Spieler muss sich dem unterordnen. Nachdem Plattenhardt zur Pause verletzt ausgewechselt werden musste, kam Fredrik André Björkan. Auch hier setzte Magath auf den einfacher gebauten Spieler im Vergleich zu Mittelstädt, der immerhin in den Schlussminuten mit einer Vorlage glänzen konnte.

(Photo by JOHN MACDOUGALL/AFP via Getty Images)

Die Wechsel nach etwa einer Stunde, als Ishak Belfodil und Maximilian Mittelstädt für Kevin-Prince Boateng und Suat Serdar ins Spiel kamen, konnten cleverer kaum durchgeführt werden. Hertha drohte das Spiel vollkommen aus der Hand zu geben, wurde von den Stuttgartern nach und nach immer weiter eingeschnürt und musste Schuss um Schuss hinnehmen. Die Wechsel zerstörten den Angriffsdrang des VfBs und ordneten das Spiel neu.

Wieder wechselten sich Mark Fotheringham und Felix Magath ab, warfen taktische Anweisungen ein, motivierten und diskutierten. Fotheringham kassierte von Schiedsrichter Felix Brych sogar die gelbe Karte. Vedad Ibisevic tat dem agilen Trainerteam keinen Abbruch. Die Außendarstellung stimmt.

Die Stimmung im Team und Stadion war großartig: Und Hoffentlich bald wieder miteinander vereint

Das Team ist auch wirklich endlich ein richtiges Team, die Stimmung scheint hervorragend zu sein, das merkt man vor, während und nach dem Spiel und insbesondere nach dem entscheidenden 2:0 durch Belfodil, als sich Feld – und Ersatzspieler zur Jubeltraube zusammenfanden. Selbst Marcel Lotka nahm den weiten Weg vom eigenen Tor auf sich. Die Spieler sind durchgehend fokussiert, jeder hat seine Rolle akzeptiert, Kevin Prince Boateng ist endlich der absolute Leitwolf. Die Bilder nach dem Spiel, wo er die Mannschaft zusammensammelte, sprechen Bände. Die Spieler sind im Abstiegskampf endlich auf ihrem Höhepunkt angelangt und schaffen es sich zu den stärksten Leistungen zu pushen.

Zusätzlich herrschte am Sonntagabend eine wahnsinnig tolle Stimmung im Olympiastadion. Über 54.000 Fans waren zugegen. Die brachiale Stimmung war eines so großen Abstiegskrachers absolut würdig. Berlin und Hertha haben mal wieder gezeigt, wie viel Potential eine starke Zusammenarbeit hat. Die Anwesenheit von Bürgermeisterin Franziska Giffey und Innensenatorin Iris Spranger hatte natürlich vor allem Symbolcharakter, zeigte aber auch dass Hertha und die Fans Themen in der Politik sind und das Stadionthema ernst genommen wird.

(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Der Verzicht der Mannschaft, in die Kurve zu gehen, ist verständlich. Die Bilder, die nach dem Derby entstanden waren, sind noch zu präsent. Ein Zusammenrücken in den nächsten Wochen täte dem Team im Abstiegskampf mehr als gut. Dazu müssen die Fans bedingungslos hinter der Mannschaft stehen. Gegen Arminia Bielefeld, dem nächsten Endspiel, kann Hertha BSC sich im Optimalfall aller Abstiegssorgen entledigen. Auf geht’s!

(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Hertha BSC – VfB Stuttgart: Drei Schlüsselduelle

Hertha BSC – VfB Stuttgart: Drei Schlüsselduelle

Gegen den VfB Stuttgart geht es für Hertha um die nächsten Big Points im Abstiegskampf. Um im heimischen Olympiastadion etwas Zählbares mitzunehmen, muss das Team von Felix Magath an die Leistung aus dem Augsburg-Spiel anknüpfen. Gleichwohl erwartet sie ein ganz anderes Spiel. Denn anders als die Bilanz der Stuttgarter von erst sechs Siegen und 28 Punkten vermuten lässt, ist der größte Trumpf der Schwaben, dass sie guten und gradlinigen Fußball spielen.

Insgesamt verläuft die Saison des VfB enttäuschend. Im ersten Jahr nach dem Aufstieg überzeugte die Elf von Pellegrino Matarazzo mit offensivem Fußball und hielt ungefährdet die Klasse. Im zweiten Jahr im Oberhaus, dem bekanntlich schwersten für Aufsteiger, wollte Stuttgart seinen Stil fortsetzen, doch besonders durch viele Verletzungen bekam der VfB nie die gewünschte Konstanz rein und findet sich vier Spieltage vor Saisonende auf dem Relegationsplatz wieder. Auf welche Duelle es beim Aufeinandertreffen mit der Alten Dame ankommen kann, lest ihr hier.

Stuttgarts Erfolgs-Duo: Borna Sosa und Sasa Kalajdzic

Eine der größten Waffen Stuttgarts ist das Zusammenspiel von Linksverteidiger Borna Sosa und Mittelstürmer Sasa Kalajdzic. Das ist in der Liga schon seit letzter Saison bekannt, als Sosa zehn Tore vorbereitete, am Liebsten auf Kalajdzic, der auf 16 Saisontore kam. In dieser Saison wurde der zwei Meter große Stürmer lange von einer Schulterverletzung ausgebremst, kommt bisher auf vier Tore in elf Partien. Sosa steht derweil immerhin schon wieder bei sieben Vorlagen.

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(Photo by Alex Grimm/Getty Images)

Ein Blick auf die Zahlen des fleißigen Linksverteidigers zeigt, was ihn so gefährlich macht. 4,8 Flanken schlägt er durchschnittlich in 90 Minuten, ein Top-5%-Wert aller Außenverteidiger der Bundesliga. Dabei kommt er auf 0,2 Expected Assists. Er ist ins Offensivspiel des VfB elementar eingebunden, kommt im Durchschnitt auf 66,38 Pässe pro Spiel. 6,15 progressive Pässe spielt er und 1,89 in den Strafraum. Alles Offensivwerte, die im Liga-Vergleich für seine Position top sind. Darunter leidet sein Defensivverhalten allerdings mitunter. Nur 1,26 Tackles übt er pro Spiel aus und kommt nur auf 1,81 klärende Aktionen. Nur 1,31 Bälle fängt Sosa im Durchschnitt ab. Alles Werte, mit denen er zum unteren Drittel der Liga gehört. Ihn defensiv zu fordern, könnte für Hertha eine Chance darstellen.

Kalajdzic im Sturm derweil ist trotz seiner Größe nicht auf sein Kopfball-Spiel zu reduzieren. Auch mit dem Fuß ist er sehr gefährlich. Sein Durchschnittswert von 0,48 Expected Goals pro 90 Minuten unterstreicht seine permanente Torgefahr. Am liebsten knipst er im Strafraum, seine durchschnittliche Distanz bei Torschüssen liegt bei 11,8 Metern. Ihn zu verteidigen wird also allen voran eine Aufgabe für…

Dedryck Boyata und Marc Oliver Kempf: Endlich konstant?

Mit bereits sage und schreibe 15 verschiedenen Konstellationen in der Innenverteidigung hat es Hertha in dieser Bundesliga-Saison probiert. Doch die Zeit der andauernden Rotation scheint vorbei, denn seit Magath an der Seitenlinie steht, sind Boyata und Kempf gesetzt. Und sie scheinen sich besser zu finden, zuletzt hielten sie gegen Augsburg die Null.

Dabei scheinen sich die Innenverteidiger auf die Basics zu besinnen. Boyata etwa lieferte sechs Tacklings gegen den FCA, sein Saisondurchschnittswert liegt bei vier. Ebenfalls sechs Mal übte er Druck aus, bei einem Durchschnitt von 4,21.

(Photo by UWE KRAFT/AFP via Getty Images)

Auch Kempf performte über seinen Durchschnittswerten, übte etwa 14 Mal Druck aus (Durchschnitt: 12,58). Gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber, für den er bis zum letzten Winter spielte, dürfte Kempf besonders motiviert sein. Wichtig wird sein, dass er seine Motivation produktiv nutzt und performt wie zuletzt und nicht überdreht, wie teilweise zu Beginn seiner Zeit bei Hertha, etwa gegen Leipzig, als er mit Rot vom Platz flog.

Suat Serdar: Aufschwung durch Traumtor?

Die Saison von Suat Serdar ist insgesamt durchwachsen. Als offensiver Hoffnungsträger gestartet, ist die Bilanz von bisher erst drei Saisontoren und keiner einzigen Vorlage eher ernüchternd. Doch zuletzt zeigte der Neuzugang aus Schalke, was ihn so wertvoll machen kann. Nicht nur wegen seines Traumtors machte er bei Augsburg eine gute Partie und daran gilt es nun anzuknüpfen.

Durch die Gelbsperre Marco Richters könnte Serdar auf beiden offensiven Flügeln zur Option werden. Dass er es auf rechts spielend mit Sosa zu tun haben wird, der seine Stärken in der Offensive hat, dürfte Serdar eher in die Karten spielen, als wenn er auf links startet. Denn dann würde sein Gegenspieler Pascal Stenzel heißen.

(Photo by Daniel Kopatsch/Getty Images)

Anders als sein Pendant auf links hat Stenzel seine Stärken klar in der Defensive. 2,57 Tackles leistet er im Durchschnitt, 1,85 davon erfolgreich. 2,36 Bälle fängt er pro Spiel ab und hat 1,95 klärende Aktionen. Offensiv ist er hingegen kaum aktiv, schlägt durchschnittlich nur 1,03 Flanken. Serdars Qualitäten können gegen Stuttgart ein entscheidender Faktor sein. Denkbar ist, dass er Richters Position auf rechts einnimmt, um die defensiven Schwächen Sosas auszunutzen und gleichzeitig Pekarik hinten zu unterstützen. Für den Fall wäre Mittelstädt eine Option für den linken Flügel.

(Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)