Herthaner im Fokus: VfL Wolfsburg – Hertha BSC

Herthaner im Fokus: VfL Wolfsburg – Hertha BSC

Dass der VfL Wolfsburg eigentlich keine richtige Torchance im Heimspiel gegen Hertha hatte und trotzdem gewinnt, ist nicht nur Pal Dardai negativ aufgefallen. Es ist einfach unfassbar, wie viel Hertha richtig gemacht hat und das Spiel trotzdem wegen einiger unglücklicher Aktionen verliert. Allerdings hat auch das Wolfsburg-Spiel wieder gezeigt, welche strukturellen Probleme Hertha hat. Die Herthaner im Fokus.

Lukas Klünter – Pechvogel und Leistungsträger zugleich

Lukas Klünter steht symbolisch für das, was Hertha am heutigen Samstag in Wolfsburg passiert ist. Erneut hat Klünter insbesondere durch seine Schnelligkeit für extrem viel Stabilität in Herthas Abwehr gesorgt. Wolfsburgs Konterspiel war auch und vielleicht gerade wegen Klünter quasi tot. Renato Steffen, Weghorst und Ottavio wurden auf dem Weg zum Tor mehrfach von Klünter eingeholt und gestoppt. Im Gegensatz zum Leipzig-Spiel setzte Klünter am heutigen Samstag sogar einige wenige Akzente nach vorne.

Foto: IMAGO

Und trotzdem wird der Ex-Kölner mit einem schlechten Gefühl in den ICE Richtung Heimat steigen, weil er in der 38. Minute ein extrem unglückliches Eigentor erzielte. Ohne jeglichen Gegnerkontakt lief Klünter bei einem Tempo-Gegenstoß der Wolfsburger wieder einmal in den Strafraum ein und lenkte eine Flanke von der rechten Angriffsseite unhaltbar ins Tor. Dass Klünter auch beim 2:0 unter dem Ball durchsprang und Lacroix nach einer Ecke so ein Tor ermöglichte, befleckt seine eigentlich sehr gute Leistung. Es hat Symbolcharakter.

Maxi Mittelstädt – Es wird langsam

Grundsätzlich wünschen wir natürlich allen Hertha-Spielern Erfolg. Aber bei Maxi Mittelstädt freut man sich in diesen Tagen ganz besonders über Positivmeldungen. Nach teils schlechten Leistungen unter Bruno Labbadia wurde der gebürtige Potsdamer in den „sozialen“ Netzwerken teils widerlich beleidigt. In dieser Woche meldete er sich mit anderen Fußballprofis in einem bewegenden Video-Statement zu Wort, in dem die Spieler auf das Hatespeech-Problem im Internet aufmerksam machten.

Mittelstädts Leistungen sind unter Pal Dardai in den vergangenen Wochen konstant besser geworden – im Wolfsburg-Spiel war Maxi heute einer der besten Herthaner. Ähnlich wie Klünter war Mittelstädt in einigen wichtigen Situationen einfach immer einen Tick vor dem grün-weißen Angreifer am Ball – wie beispielsweise kurz vor dem ersten Gegentreffer, als Yannick Gerhardt einen gefährlichen, öffnenden Pass in Richtung Weghorst spielte. Maxi war allerdings vor Weghorst am Ball und klärte. Ganze sechs Bälle fing der 23-Jährige ab – Topwert aller in dem Spiel eingesetzten Spieler. Hinzukommen drei Klärungen und zwei erfolgreiche Tacklings. Mittelstädt war stets auf der Höhe und damit ein absoluter Sicherheitsfaktor.

Foto: IMAGO

Auch bei Mittelstädt wäre es aber schön, wenn mehr Offensivszenen kämen. Eines von Herthas größten Problemen ist der Mangel an Flanken – mit Cordoba und Piatek hatte Hertha in der zweiten Hälfte zwei klassische Strafraumstürmer auf dem Feld, es kamen aber nur sehr wenige Flanken in den 16er. Mittelstädt darf in den kommenden Spielen gerne helfen, das zu ändern. Schafft sich Mittelstädt auch das noch drauf, ist er nicht mehr wegzudenken.

Vladimir Darida – Fehlende Genauigkeit

Ebenfalls symbolisch stand Vladimir Darida heute Nachmittag für ein weiteres Problem, das Hertha seit Wochen plagt: die fehlende Präzision. Insbesondere in der ersten Halbzeit – ab der gegnerischen Hälfte – kamen so unglaublich viele Bälle wegen schlampig gespielter Pässe nicht an.

(Photo by Focke Strangmann – Pool/Getty Images)

Dass Darida mit einer Passquote von nur 52 Prozent fast 20 Prozent unter der Quote des gesamten Teams liegt, zeigt zudem, wie viel beim Tschechen heute daneben ging. Selbst bei Herthas größter Chance in der 58. Minute kann man Darida ankreiden, dass er nicht genau genug vorgegangen ist. Denn seine Flanke von der linken Seite auf einen eigentlich komplett freistehenden Zeefuik wird nur gefährlich, weil der Wolfsburger Pongracic diese unglücklich umleitet.

Und dann war da noch …

Matheus Cunha und Sami Khedira: Es passt leider zu diesem Spiel, dass sich mit Cunha und Khedira heute zwei wichtige Herthaner verletzt haben. Khedira machte sein erstes Spiel von Anfang an im Hertha-Dress und half dabei, die Defensive zu stabilisieren. Dass er nun eine muskuläre Verletzung hat, weist möglicherweise darauf hin, dass er nach seiner langen Fußballpause körperlich noch nicht auf Bundesliganiveau ist.

Auch Cunha blieb in der 2. Halbzeit ohne Gegnereinwirkung auf dem Boden sitzen und fasste sich an den Oberschenkel. Beide werden, wie bereits bestätigt, gegen den FC Augsburg fehlen. Die einzig positive Botschaft: Auch ohne Cunha schaffte es Hertha in der zweiten Halbzeit Druck auf Wolfsburg auszuüben.

(Photo by TOBIAS SCHWARZ/AFP via Getty Images)

Jhon Cordoba: Dieser Druck in Halbzeit zwei geht eigentlich alleine auf das Konto von Jhon Cordoba. Wurde es gefährlich, war Cordoba in fast allen Fällen irgendwie mit dabei. Schön ist, dass Cordoba mit einigen gefährlichen, tiefen Bällen aus dem zentralen Mittelfeld versorgt wurde. Klar ist aber, dass der Kolumbianer mehr Bälle braucht, insbesondere über die Außen. Auf den Mittelstürmer wird es gegen Augsburg ankommen.

Fazit: „Ohne große Torchance gewinnen die 2:0“

Es klingt komisch, aber auch im fünften Spiel unter Pal Dardai hat Hertha wieder einen Fortschritt gemacht. Die Mannschaft hat also in den letzten Spielen den Top drei der Bundesliga zumindest phasenweise Paroli bieten können und hätte sich eigentlich Punkte aus diesen Spielen verdient gehabt.

Insbesondere die Defensive steht mit Niklas Stark, Marton Dardai und Lukas Klünter derzeit recht stabil. Sowohl bei der Zweikampfquote (51 Prozent) als auch bei der Laufleistung (114 Kilometer) lag Hertha vor Wolfsburg. Und dass die Blau-Weißen mit neun Torschüssen nur zwei Mal weniger aufs gegnerische Tor geschossen haben als der Sieger dieser Partie, zeigt, wie nah die Leistung der Herthaner an der von Wolfsburg war. Und so trifft Dardais Zitat aus der Überschrift leider voll zu – das Ergebnis spiegelt wieder einmal nicht das Spiel wieder.

Neben den oben beschriebenen Problemen mit Flanken und Fehlpässen hat das heutige Spiel aber eine weitere Schwäche Herthas weiter zementiert: die Standardsituationen. Hertha ist nicht nur die einzige Mannschaft der Liga, die im Angriff in dieser Situation noch kein Tor nach einem Standard erzielt hat. Hinzu kommt, dass man mit 18 Gegentreffern nach ruhenden Bällen Vorletzter ist in der Tabelle der Standard-Tor-Empfänger. All das wäre an sich nicht schlimm, wenn die Mannschaft aus dem Spiel heraus treffen würde, doch auch das passiert seit Wochen nicht wirklich. Gerade deswegen sollte Pal unter der Woche dringend an den Ecken und Freistößen arbeiten. Denn wenn Mainz morgen gegen Augsburg gewinnt, Bielefeld im Nachholspiel gegen Bremen punktet und wir in der kommenden Woche keinen Dreier gegen Augsburg holen, wird es dunkel im Tabellenkeller.

[Titelbild: IMAGO]

VfL Wolfsburg – Hertha BSC: Im Duell bei den Unüberwindbaren

VfL Wolfsburg – Hertha BSC: Im Duell bei den Unüberwindbaren

Die Luft am Tabellenende wird zunehmend dünner. Durch den Sieg von Mainz 05 in Mönchengladnach am vergangenen Samstag trennt Hertha nur noch ein mickriger Zähler vom direkten Abstiegsplatz. Die punktgleichen Arminen haben zudem noch das Nachholspiel gegen Bremen in der Hinterhand, durch das sie demnach im schlimmsten Fall auf drei Punkte davonziehen können. Für Hertha, die nunmehr seit acht Spielen sieglos sind, wird es allerhöchste Zeit, dieser Serie ein Ende zu setzen. Doch der Spielplan meint es bei dieser Mission gerade alles andere als gut mit der „Alten Dame“. Nach Leipzig bekommt es die Mannschaft von Pal Dardai am Samstag mit dem hinter Frankfurt formstärksten Team der Liga zu tun – dem VfL Wolfsburg.

Um einen Einblick in die Situation beim VfL zu bekommen, haben wir mit Wolfsburg-Experte Dennis gesprochen, der uns unter anderem erzählt, was der große Trumpf der Wolfsburger in dieser Saison ist.

Die Null muss stehen

Neuzugang Lacroix hat großen Anteil an Wolfsburgs stabiler Defensive. (Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

Bei der Suche nach Gründen, wieso es aktuell angenehmere Gegner als den VfL gibt, muss man nicht allzu tief graben. Kein einziges Mal musste Koen Casteels in den zurückliegenden sechs Partien hinter sich greifen. Was Wolfsburg aktuell so stark macht und auf Platz Drei in der Tabelle rangieren lässt, liegt also auf der Hand. Lediglich Leipzig kann mit einem Gegentor weniger eine noch stabilere Defensive aufweisen.

Für Dennis hängt dieser Umstand auch ganz stark mit einem ehemaligen Herthaner zusammen: „Das sind mehrere Faktoren, die da reinspielen. Einerseits die große Eingespieltheit – wir spielen seit einigen Spielen mehr oder weniger durchgängig mit derselben Startaufstellung, was sich ja gegen die Hertha jetzt erstmals wieder ändern wird. Jay Brooks, der wirklich eine beeindruckende Entwicklung gemacht hat, ist leider gelbgesperrt.

Anderseits ist es die Einsatzbereitschaft der ganzen Mannschaft. Man ist in den Bereichen der Lauf- und Sprintbereitschaft ligaweit vorne mit dabei, alle wissen genau, wo sie hinlaufen müssen, die Mechanismen innerhalb der Mannschaft funktionieren blind, Schlager und Arnold im Verbund mit der Innenverteidigung machen das Zentrum sehr, sehr gut dicht. Die Außenspieler in beiden Reihen sind zweikampfstark, einsatzfreudig und auch da funktioniert die Abstimmung richtig, richtig gut.“

Auch Neuzugang Lacroix, den man im Sommer für mittlerweile läppisch wirkende 5 Millionen Euro aus der zweiten französischen Liga geholt hat, spielt dabei eine wichtige Rolle und sei “brutal eingeschlagen“, wie Dennis sagt. Der Franzose drängte sich von Beginn an auf und stand bislang in 19 von 22 Ligaspielen in der Startelf.

Nur Wout Weghorst ist unverzichtbar

Die Ausgewogenheit des Kaders ist Wolfsburgs großer Trumpf. (Photo by Friedemann Vogel – Pool via Getty Images)

Doch auch fernab der Defensivabteilung fällt es aktuell schwer, eine Schwäche im von Jürg Schmadtke zusammengestellten Kader ausfindig zu machen. Zwar gab es im November letzten Jahres Dissonanzen zwischen dem Geschäftsführer Sport Jörg Schmadtke und Oliver Glasner, da Letzterer öffentlich seinen Unmut bekundete, keinen weiteren, temporeichen Außenspieler bekommen zu haben. So musste Oliver Glasner improvisieren und den eigentlich für die eine Position weiter hinten vorgesehenen Baku auf die rechte Offensivseite beordern. Dieser macht seine Sache seitdem zwar äußerst überzeugend. Dennoch sagt Dennis: „[…] ich finde nach wie vor, dass [Glasner] da nicht unrecht hat. Klar, letzte Woche hat Renato Steffen zwei wichtige Tore gemacht, auch Ridle Baku hat schon 4 Saisontreffer, so dass das gut abgefangen wird, aber es würde wirklich nicht schaden, diesen Wunsch umzusetzen. Ich gehe auch davon aus, dass dieser Wunsch des Trainers im Sommer sicher bedacht wird.“

Aber selbst für diese nach VfL-Maßstab unzureichend besetzte Position haben die „Wölfe“ mit „Brekalo, Victor, Philipp und Mehmedi starke Alternativen“. Optionen, von denen Hertha auf der Außenposition nur träumen könnte. Auch in den weiteren Mannschaftsteilen ist es den Verantwortlichen beeindruckend gelungen, sowohl in der Spitze als auch in der Breite Qualität zu holen: „Auf den Aussen hinten spielen momentan Mbabu und Otavio, die das wirklich gut machen“  

Auch im zentralen Mittelfeld muss sich Wolfsburg nicht vor allzu vielen Vereinen in der Bundesliga verstecken: „Spieler wie Arnold und Schlager (endlich, endlich komplett fit, nach dem Knöchelbruch in der letzten Saison) sind sicher nicht zu ersetzen – aber mit Gerhardt und dem Kapitän Guilavogui stehen hervorragende Ersatzspieler parat.“ Einzig das Sturmzentrum, in dem man mit Wout Weghorst an der Spitze der Nahrungskette einen der treffsichersten Spieler der Liga hat, würde bei einem Ausfall des Niederländers wohl Bauchschmerzen bereiten: „Hier ist der Qualitätsverlust sicher am höchsten“, ordnet Dennis ein.

Kein Spiel für Ballbesitzfanatiker

Doch trotz dieser Ausgewogenheit im Kader zeigt ein Blick auf die erzielten Tore, dass der Ruf von Glasner nach weiteren Verstärkungen durchaus seine Berechtigung hat. Hinter Wout Weghorst, der auf starke 14 Treffer in dieser Spielzeit kommt, ist Renato Steffen mit fünf Toren bereits der zweitgefährlichste Akteur im Kader. Gerade, wenn der VfL das Spiel machen muss, fiel es in der letzten Spielzeit oft schwer, sich Chancen herauszuspielen. Laut Dennis hat sich das Team in dieser Hinsicht weiterentwickelt: „Deutlich ist, dass die Mannschaft durch den hohen Einsatz und das Pressing auch gegen tiefstehende Gegner, Chancen kreieren kann. Das war letzte Saison noch ein klares Problem, das ist wesentlich besser geworden.“

Gleichzeitig bemerkt er aber auch, dass in der Offensive noch Luft nach oben besteht: „Es sind aber trotzdem nur 35 Tore – nicht die Welt für eine Mannschaft, die in den Europapokal will. Die Abläufe und Mechanismen werden besser, die Ruhe und das Bewusstsein, dass die Abwehr aktuell dicht hält, machen es aber leichter und gegen Bielefeld beispielsweise wurden ja auch wirklich schöne Tore erzielt. Es ist noch reichlich Potential da, aber die Mannschaft arbeitet daran.“

Da Hertha auf der anderen Seite sein Heil unter Pal Dardai in erster Linie im Umschaltspiel sucht, ist keine Partie mit langen Ballbesitzphasen zu erwarten. Aus blau-weißer Sicht wird es vor allem darauf angekommen, sich aus dem hohen Pressing der Wolfsburger zu befreien. Wie man das nicht macht, zeigten Guendouzi und Co. am letzten Sonntag schon sehr eindrucksvoll gegen Leipzig. An genügend Videomaterial dürfte es Pal Dardai also nicht mangeln.

Herthas Hoffen auf den „Krieger“

Nach dem zwar engagierten, aber letztlich einmal wieder punktlosen Auftritt gegen Leipzig, ruht die Last der Hoffnungen im blau-weißen Lager vor allem auf dem nach Muskelfaserriss wiedergenesenen Jhon Cordoba. Angesprochen auf den „Krieger“, wie ihn Pal Dardai in der jüngsten Pressekonferenz nannte, kam der Ungar aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus. Ob es aber für einen Startelfeinsatz reicht, ließ Dardai noch offen. Wieviel zusätzlichen Schub Jhon Cordoba dem Team geben kann, war eindrucksvoll am 14. Spieltag gegen Schalke zu beobachten, als der Angreifer, ebenfalls nach Verletzungspause, in die Startelf zurückkehrte und prompt seinen Treffer zum 3:0-Sieg beisteuerte. Dies war im Übrigen gleichzeitig der letzte Sieg der „Alten Dame“. Wenn das kein gutes Omen ist.

Quelle Titelbild: Photo by Odd Andersen – AFP via Getty Images

Arne Maier – Trotz Tapetenwechsels kein Durchbruch

Arne Maier – Trotz Tapetenwechsels kein Durchbruch

Bei seinem Leihverein Arminia Bielefeld stand Arne Maier an den letzten drei Spieltagen nicht mehr im Kader und das obwohl er verletzungsfrei zu sein scheint. Wir blicken auf die schwierige Situation des 22-jährigen Mittelfeldspielers in Bielefeld, aber auch auf seine Vergangenheit und Zukunft in Berlin.

Erst Stammspieler, dann verletzt und unzufrieden

Eigentlich war Arne Maier doch schon in der ersten Bundesliga angekommen. In der Saison 2018/2019 gehörte er zum absoluten Stammpersonal bei Hertha und stand in 24 Spielen in der Bundesliga in der Startelf. Mit rund 2.000 Spielminuten war er in der letzten Saison während der ersten Dardai-Zeit der Sechser mit am meisten Spielzeit bei Hertha. Das Eigengewächs schien Gegenwart und Zukunft der “alten Dame” zu sein. Zum Ende der Saison zog er sich jedoch eine schwere Verletzung am Innenband (Knie) zu und fiel daraufhin insgesamt sieben Monate verletzt aus.

Während dieser Ausfallzeit hat sich bei Hertha viel verändert. Pal Dardai musste gehen und mit Ante Covic kam ein neuer Trainer, Hertha gab die Zusammenarbeit mit Lars Windhorst bekannt und kurz nachdem Maier wieder einsatzbereit war, musste Covic den Verein schon wieder verlassen. Im darauffolgenden Winter machte Hertha bekanntermaßen umfangreich von den neuen finanziellen Mitteln Gebrauch und verpflichtete gleich zwei neue Spieler für das zentrale Mittelfeld. Plötzlich konkurrierte Maier mit Eduard Löwen, Santi Ascacibar und ab Sommer mit Rekordeinkauf Lucas Tousart.

Schon damals liebäugelte der immer wieder von Verletzungen zurückgeworfene Maier mit einem Wechsel, da er mit seiner Gesamtsituation unzufrieden war. Dazu kam es aber zunächst nicht. Er beendete die Saison bei Hertha und stand in der Rückrunde noch dreimal über 90 Minuten auf dem Platz, hatte aber erneut immer wieder kleinere Verletzungsprobleme.

Foto: IMAGO

Während der darauffolgenden Sommervorbereitung, in der er unter anderem auch die deutsche U21-Nationalmannschaft als Kapitän anführte, schien er wieder mehr in den Fokus gerückt zu sein. Labbadia hatte ihn auch fest für die anstehende Saison eingeplant, Maier selbst entschied sich aber dagegen den Konkurrenzkampf bei Hertha anzunehmen und schätzte seine Einsatzchancen bei Hertha nicht allzu hoch ein. So wechselte er wenig später zum Aufsteiger Arminia Bielefeld.

Glücklos in Bielefeld

Bei der Bekanntgabe des Wechsels erklärte er diesen Schritt noch einmal: „Ich bin noch ein junger Spieler, habe aber einen klaren Plan und habe mir ambitionierte Ziele gesteckt. Möglichst viel Spielzeit ist daher für mich wichtig, um den für mich persönlich nächsten Entwicklungsschritt zu machen. Dafür sehe ich in Bielefeld optimale Bedingungen.“

Mehr als vier Monate später muss man feststellen, dass statt dem nächsten Entwicklungsschritt eher ein Rückschritt für Maier folgte. Zweimal durfte er für die Arminia starten, beide Male wurde er zur Halbzeit wieder ausgewechselt. Dreimal wurde er in den Schlussminuten eingewechselt. Dabei ist es gar nicht so einfach die Gründe dafür, dass Maier so wenig spielt, klar zu benennen.

Foto: nordphotoxEngler/IMAGO

Maier kam mit Verletzungsproblemen (erneut am Knie) zu Bielefeld und hatte dementsprechend kaum die Möglichkeit, sich im neuen Umfeld einzugewöhnen. Seine ersten Einsätze machte Maier aber trotzdem nur kurz nach seinem Wechsel. Zu früh, meint Bielefeld-Trainer Uwe Neuhaus mittlerweile und glaubt, dass man ihn damals zu wenig Zeit gegeben hat, um sich vollumfänglich von der Verletzung zu erholen. Zum Jahresende zog er sich dann erneut eine Verletzung zu, diesmal am Sprunggelenk. Auch in Maiers privatem Umfeld scheint es Schwierigkeiten gegeben zu haben, zwischenzeitlich fehlte er aufgrund “privater Angelegenheiten”. Bei seinen ersten Einsätzen für Bielefeld war er zudem an einigen unglücklichen Szenen, die zu Gegentoren führten, direkt beteiligt.

Seit Jahresbeginn trainiert Maier wieder regelmäßig mit der Mannschaft, scheint aber weiterhin nicht zurück in die Spur zu finden. Ob dies nun an seinem Leistungs- oder an seinem Fitnesszustand liegt oder noch andere Gründe hat, lässt sich von außen schwer sagen und lässt auch viele Bielefeld-Fans ratlos zurück. Denn eigentlich hätte Maier die Qualitäten, die Mannschaft spielerisch weiterzubringen. Davon scheint er aber aktuell so weit entfernt zu sein, dass er bei den letzten drei Spielen nicht mal mehr im Kader stand. Aktuell deutet auch wenig auf eine Trendwende hin. Uwe Neuhaus meint dennoch: „Ich glaube, dass die Zeit für ihn spricht: Wenn er gesund bleibt, wird er irgendwann spielen“.

Perspektive bei Hertha

Unabhängig davon, wie sich seine Leihe weiter gestaltet, steht fest, dass Maier im Sommer wieder zur Hertha zurückkehren wird. Eine an die Leihe geknüpfte Vertragsverlängerung bindet den Mittelfeldspieler noch bis mindestens 2023 an den Verein. Ob er aber wieder ein wichtiger Bestandteil des Teams werden kann, ist zum aktuellen Zeitpunkt zumindest fraglich. Pal Dardai kennt Maier gut und verhalf ihm zu seiner bisher besten Phase in seiner Karriere. Unter ihm feierte Maier sein Bundesligadebüt und wurde zum Stammspieler. Es ist durchaus denkbar, dass Maier unter Dardai, sollte dieser über die aktuelle Saison hinaus bei Hertha bleiben, wieder zu alter Stärke findet.

(Photo credit should read ODD ANDERSEN/AFP via Getty Images)

Von seinem Spielerprofil würde er weiterhin gut in den Kader der Hertha passen. Gute Passgeber, die besonders beim Übergang vom Spielaufbau ins Angriffsdrittel helfen können, fehlen Hertha aktuell. Besonders wenn Guendouzi den Verein im Sommer verlässt, kann Hertha einen Spielertypen wie Maier gut gebrauchen. Auch für die mittelfristig angepeilte spielerische Weiterentwicklung könnte ein spielstarker Sechser wichtig sein. Dazu muss er zunächst aber wieder ein gutes Fitness- und Leistungsniveau erreichen.

[Titelbild: IMAGO]

Podcast #133 Gegenpressing zum Frühstück

Podcast #133 Gegenpressing zum Frühstück

Gut gespielt und dennoch 0:3 verloren. Warum kann sich Hertha nicht belohnen? Wurde Guendouzi an den Haaren gezogen? Wie lief das Spiel insgesamt? Was ist eigentlich mit der Vertragsverlängerung von Luca Netz? Diese Fragen und die Aussagen von Hertha CEO Carsten Schmidt besprechen wir in dieser Folge unseres Podcasts.

Wir wünschen euch ganz viel Spaß mit der Folge und freuen uns über eure Kommentare.

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Photo by Pool/Filip Singer – Pool/Getty Images

Herthaner im Fokus: Hertha BSC – Leipzig

Herthaner im Fokus: Hertha BSC – Leipzig

Es ist ja nicht schlecht, was Hertha zurzeit spielt. Sowohl dem FC Bayern als auch RB Leipzig konnte man insbesondere im Mittelfeld Paroli bieten. Aber in einer entscheidenden Disziplin des Fußballspielens versagt Hertha seit Wochen: im Toreschießen. Mit Blick auf die Leistung der Einzelspieler gab es am heutigen Sonntagnachmittag erfreuliche Überraschungen, aber auch fragwürdige Personalentscheidungen. Die Herthaner im Fokus.

Marton Dardai – Viele kluge Spieleröffnungen

Es ist schon ärgerlich, dass sich Pal Dardai im Sky-Interview vor dem Spiel dafür rechtfertigen muss, dass er seinen 19-jährigen Sohn von Anfang an spielen lässt. Es war nicht Dardai, sondern Bruno Labbadia, der Marton Dardai zu seinem Debüt verhalf. Und wenn man sich die mangelhafte Spieleröffnung Omar Alderetes in den vergangenen Spielen anschaute, war es einfach Zeit für einen neuen Impuls. Glücklicherweise rechtfertigte Marton Dardai seinen Einsatz dann aber auch selbst – durch eine hervorragende Leistung.

Foto: xMatthiasxKochx/IMAGO

Gerade da, wo Alderete schwächelt, punktet Dardai: Jede Spieleröffnung wirkte überlegt und sinnvoll. War ein langer Schlag entlang der Linie sinnvoll, kam der lange Schlag. Bat sich am gegnerischen Strafraum eine direkte Anspielmöglichkeit, spielte Dardai die Offensivspieler auch gerne mal flach an und leitete so Offensivaktionen ein. Dardai spielte jene Bälle auch größtenteils sehr sauber zum Mitspieler. Defensiv ließ er nichts anbrennen, ein sehr souveräner Auftritt.

Als einzige offene Frage bleibt, wieso Dardai als neuer Ecken- und teils auch Freistoßbeauftragter in Szene gesetzt wurde. Hertha hat nach wie vor null Standardtore auf dem Konto – sowohl Ecken als auch Freistöße sind frappierend schwach. Marton Dardai änderte daran nichts.

Lukas Klünter – Speedy Gonzalez (aber nur nach hinten)

Mit knapp 35,5 km/h war Lukas Klünter heute mit Abstand der schnellste Spieler auf dem Platz. Dieser Wert sagt an sich wenig aus. Allerdings sorgte Klünters Geschwindigkeit heute dafür, dass einer der besten Leipziger abgekocht wurde: Angelino. Und damit ging Pal Dardais Plan auf der rechten Abwehrseite bestens auf. Angelino war in mehreren Situationen sichtlich genervt, weil er immer wieder von Klünter überlaufen wurde. Schade ist natürlich, dass der Ex-Kölner nach vorne so gut wie keine Akzente setzte, was aber sicherlich mit seiner Rolle am Sonntag zu tun hatte.

Dodi Lukébakio – Mehr ist immer noch zu wenig

In der ersten Halbzeit gab es einige Aktionen, in denen man den Eindruck gewinnen konnte, dass Dodi Lukébakio Lust hat mitzuspielen. Einmal setzte er sich im Zweikampf über die rechte Angriffsseite durch, zwei weitere Male tauchte er im Angriffszentrum gefährlich auf. Das war’s dann aber auch schon.

(Photo by SOEREN STACHE/POOL/AFP via Getty Images)

Wenn der Belgier sich wenigstens bemühen würde, wäre ja klar, dass er früher oder später aus seinem Leistungstief wieder herauskommt. Wie schlecht Lukébakios Arbeitsmoral derzeit ist, zeigte sich symbolisch an seinem Abseitsverhalten. In aller Ruhe trabte er mehrfach aus dem Abseits heraus – sogar der Sky-Moderator bat den Belgier „sein Verhalten dringend zu ändern“. Von sechs Abseitsstellungen verursachte Lukébakio vier. Und dies nicht, weil er zu früh in eine gefährliche Situation starten wollte, sondern weil er locker-lässig in der verbotenen Zone herumjoggte und dabei nicht rechtzeitig sah, dass seine Mitspieler einen Pass in die Tiefe spielen wollte.

Man fragt sich, was Dardai und Labbadia in den Trainingseinheiten von Lukébakio sehen, das ihm jede Woche einen Startelfeinsatz einbringt. Ja, er zeigte mehr als noch zuletzt, aber das ist immer noch zu wenig.

Und da war da noch …

Matthew Leckie – Auch die Zuneigung von Herthas Übungsleitern für Matthew Leckie ist unergründlich. Im Gegensatz zu Lukébakio scheut der Australier keinen Zweikampf und hat auch heute wieder einige wichtige Mittelfeldduelle gewonnen. Seine Zweikampfquote (67 Prozent) belegt das. Aber gerade auf den Außenbahnen benötigt eine wettbewerbsfähige Bundesligamannschaft kreative Spieler, die auch mal auf Verdacht in die offenen Räume auf den Flügeln laufen. All das tat Leckie nicht. Die Anzahl seiner Flanken: Null. In 72 Spielen für Hertha erzielte Leckie acht Treffer und legte sechs weitere vor. Das ist zu wenig, um einem Gegner wie Leipzig gefährlich werden zu können, auch wenn Dardais Taktikplan mit Leckie als Angelino-Bewacher gut aufging.

(Photo by ANNEGRET HILSE/POOL/AFP via Getty Images)

Matheus Cunha – Auch mit einer mittelmäßigen Leistung ist Cunha immer noch der beste Fußballer in Herthas Reihen. Auch heute gingen fast alle gefährlichen Situationen über den Brasilianer. Cunha hat einen Zug zum Tor, den kein anderer Herthaspieler derzeit vorweisen kann. Schön ist auch, dass er Ex-Leipziger mit Ball am Fuß nicht sofort fallen lässt, wenn er Gegnerkontakt in der Nähe des Strafraums hat. Allerdings hat auch Cunha derzeit die Krätze am Fuß. So wie schon gegen den FC Bayern tauchte er auch heute wieder in mehreren Szenen alle vor Leipzigs Torhüter Gulaszci auf, konnte aber nichts Zählbares umsetzen. Das ist einerseits traurig, weil Hertha einfach so sehr von Cunhas Toren lebt und zweitens weil er in der Hinrunde aus komplexeren Situationen heraus Tore erzielte. Wie sehr ihm die derzeitige Situation zusetzt, zeigte sich in der Halbzeit, als er mit seinem ehemaligen Trainer Julian Nagelsmann auf der Rolltreppe stand. Nagelsmann versuchte offensichtlich Konversation zu betreiben. Cunha antwortete nicht und blickte deprimiert auf den Boden.

Fazit – Einfach zu wenig

Gegen Bayern „ordentlich gespielt“ zu haben und im heutigen Leipzig-Spiel „viele Strafraumszenen herausgearbeitet“ zu haben, ist einfach zu wenig. Seit Jahresbeginn erzielte Hertha in acht Spielen sechs Tore – drei davon gegen taumelnde Schalker. War es unter Labbadia immer wieder die Abwehr, die Gegentore herschenkte, ist es derzeit der Angriff der bestenfalls glücklos agiert – wenn man auf Dodi Lukébakio schaut, ist das Adjektiv „lustlos“ sogar angebrachter. Die sich verschiebenden Schwächen in Herthas Mannschaftsteilen zeigen einfach, wie unausgewogen das Team zusammengestellt wurde. Herthas Ineffizienz macht Angst – auch weil die Abstiegskonkurrenten Mainz, Bielefeld und Kökn in den vergangenen Wochen insbesondere gegen die starken Teams der Liga punkteten.

[Titelbild: Pool/Filip Singer – Pool/Getty Images]