Herthaner im Fokus: Minischritt für Minischritt

Herthaner im Fokus: Minischritt für Minischritt

Das Glück ist des Tüchtigen. Nach dem Spiel gegen den VfL Bochum konnten sich Fans von Hertha BSC mal wieder tief im Phrasendreschen ausprobieren. Vorangegangen war eine Mannschaftsleistung, die ob der grundverschiedenen Halbzeiten kaum zu erklären war. Auf eine der besten Halbzeitleistungen der letzten Wochen oder gar Saison folgte eine ziemlich ernüchternde zweite Hälfte gegen den Aufsteiger, die wie ein Schritt zurück wirkte.

Trainer Tayfun Korkut rotierte kräftig gegenüber der Niederlage gegen den FC Bayern München vor zwei Wochen. Zunächst stellte er das System zurück auf das alte 4-2-2-2. Die Innenverteidigung bildeten wie zu erwarten Neuzugang Marc Oliver Kempf und Kapitän Niklas Stark. Santiago Ascacibar und Vladimir Darida waren für die Zentrale zuständig, während Jurgen Ekkelenkamp und Myziane Maolida auf den Außen wirkten. Im Doppelsturm fanden sich Ishak Belfodil und Stevan Jovetic wieder. Dementsprechend brachte Korkut fünf neue Spieler im Vergleich zum Spiel gegen die Bayern.

Wir schauen heute auf die Neuzugänge, den Sturm, was sich für Alternativen gefunden zu haben scheinen und welche alten Probleme der Mannschaft immer und immer wieder das Genick brechen.

Marc Oliver Kempf: Niklas Starks gesuchter Partner

Tayfun Korkut hat mal wieder das getan, was er am liebsten tut. Ein Pärchen gebildet. Nämlich aus Neuzugang Marc Oliver Kempf und dem gestrigen Mannschaftskapitän Niklas Stark. Die rohen Zahlen des Innenverteidigers, der vor nicht einmal zwei Wochen vom VfB Stuttgart nach Berlin kam, lesen sich eigentlich eher mittelmäßig. 19 seiner 47 Pässe kamen nicht beim Mitspieler an, seine Zweikampfquote von 56 Prozent ist ausbaufähig.

Doch ordnet man diese Zahlen ein, lässt sich ein durchaus gelungenes Debüt sehen. Er konnte drei Aktionen klären und zweimal seine Gegner abfangen. Gerade in der ersten Halbzeit hatten er und Niklas Stark die Offensive der Bochumer gut im Griff, ließen nur sehr wenig zu.

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(Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

Die Kommunikation in der Verteidigung war höher als in den letzten Spielen. Kempf koordinierte zusammen mit Stark die Defensive und zeigte, dass er ein routinierter Bundesliga-Verteidiger ist. Er klärte etliche Bälle, die die Bochumer mit langen hohen Pässen in den Strafraum zu spielen versuchten. Das Innenverteidiger-Duo konnte sich gegenseitig Sicherheit verschaffen.

Doch wie die gesamte Mannschaft ließen auch sie in der 2. Halbzeit nach. Das Gegentor in der 48. Minute war auch eine Folge ihres inkonsequenten Handelns nach dem Seitenwechsel. Gerade Sebastian Polter machte der Verteidigung nach seiner Einwechslung das Leben schwer und konnte mit seiner ersten Aktion eine Fehlerkette der Berliner ausnutzen. Doch auch im nächsten Spiel gegen Fürth ist von diesem Innenverteidiger-Duo in der Startelf auszugehen.  

Stevan Jovetic und Ishak Belfodil: Jovedil in guten wie in schlechten Zeiten

Ein Pärchen was sich bekanntlich seit vielen Monaten gefunden hat, ist das Sturmduo, bestehend aus Stevan Jovetic und Ishak Belfodil. Und nachdem dieses Duo aufgrund des verletzungsbedingten Fehlens von Jovetic und einer Corona-Infektion von Belfodil einige Wochen auseinandergerissen war, konnten sie gegen den VfL Bochum endlich wieder harmonieren.

Höhepunkt war selbstverständlich das Tor in der 23. Minute, als Jovetic einen Freistoß von der linken Seite in den Strafraum flankte und Belfodil mit dem Kopf ins Tor verlängerte. Doch viel mehr konnte der Algerier dem Spiel nicht beitragen. Er wurde von den Bochumern konsequent verteidigt, hatte kaum Möglichkeiten sein kreatives Spiel zu entfalten oder mit Torschüssen das gegnerische Tor wirklich in Gefahr zu bringen. Er gewann nur einen seiner sechs Zweikämpfe und verlor 16 Mal den Ball. 57 Prozent seiner Pässe fanden den Mitspieler. Nach 75 Minuten war für ihn Feierabend. Sein Tor half der Mannschaft entscheidend weiter, mehr konnte er leider nicht beitragen.

(Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

Jovetic dagegen war im Sturm ein ständiger Unruheherd. Doch seine Abschlüsse wirkten oft überhastet oder mit zu viel Frust beladen. Nach 55 Minuten versuchten er und Ekkelenkamp sich mit einem Doppelpass, nach einer Stunde wurde der Schuss des Montenegriners von Soares blockiert. In der 64. Minute verzog er um einige Meter, eine weitere Minute später scheiterte er am Bochumer Torhüter Riemann.

Es war die aktivste Phase des Stürmers, dem im Abschluss allerdings klar das Glück fehlte. Auch er verzweifelte an der gut gestaffelten Verteidigung und gewann nur 36 Prozent seiner Zweikämpfe. Immerhin konnte er 71 Prozent seiner Pässe an den Mann bringen und damit viele Bälle im Angriffsspiel verteilen. Auch dieses Duo werden wir sehr wahrscheinlich in Fürth wiedersehen.

Vladimir Darida und Santi Ascacibar: Pärchenbildung in der Zentrale

Und auch bei den beiden zentralen Mittelfeldspielern scheint Tayfun Korkut ein Duo gefunden zu haben. Durchaus überraschend verzichtete der Trainer auf Suat Serdar und vertraute dem Tschechen und dem Argentinier. Beide spielten 90 Minuten durch, bewegten sich unfassbar viel und waren nahezu überall auf dem Platz zu finden.

Vladimir Darida spulte wieder einmal mit seiner unvergleichbaren Pferdelunge 13,34 km ab und zeigte vor allem zu Beginn der Partie seine Qualitäten in der Offensive. Nach vier Minuten prüfte er mit einem wuchtigen Schuss nach zu kurzer Klärung von Verteidiger Bella-Kotchap das erste Mal Keeper Riemann. Auch in den nächsten Minuten bemühte sich der Routinier das Offensivspiel anzukurbeln. 78 Ballkontakte zeigen sein aktives Spiel, zusätzlich brachte er 80 Prozent seiner Pässe an den Mann.

Doch auch seine Konzentration nahm im Laufe des Spiels immer mehr ab. 13 Fehlpässe unterliefen ihm, nur die Hälfte seiner Zweikämpfe konnte er gewinnen. Gerade am Ende der Partie wirkte er müde und ausgelaugt und dadurch unkonzentriert. Somit konnte er seiner Mannschaft in den späteren Minuten kaum noch den gewünschten Halt geben.

(Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

Santiago Ascacibar dagegen machte das übliche: Kratzen, kämpfen, beißen. Er grätschte Gegenspieler ab, unterband Angriffe, aber auch er musste sich gerade wegen seiner Größe öfter geschlagen geben. Gerade die zweiten Bälle im Angriffsspiel konnte er selten in Kopfballduellen festmachen und somit wenig Druck von hinten aufbauen.

Nichtsdestotrotz hatte er mit 78 Ballkontakten ebenfalls einen enormen spielerischen Anteil, konnte 81 Prozent seiner Pässe zu seinen Mitspielern bringen und gewann sieben Tacklings. Sein Kampfgeist und unermüdlicher Einsatz sind immens wichtig für das Team. Auch wenn sein Offensivspiel nicht immer Früchte trug, konnte er sich nach 15 Minuten mit einem Volleyschuss, der denkbar knapp über das Tor flog, ausprobieren. Zusätzlich bereitete er zwei Torchancen vor.

Während auch die beiden gute Chancen haben gegen Fürth zu spielen, fiel die Leistung Jurgen Ekkelenkamps, der gegen Bochum etwas glücklos agierte, ab. Womöglich die Chance für Suat Serdar, zurück in die Startelf zu rücken.

Dongjun Lee und Fredrik André Björkan: Noch überfordert, aber mit Sturm und Drang

Neben Marc Oliver Kempf durften sich auch zwei weitere Wintertransfers zeigen. Dongjun Lee, der als einziger Spieler aus dem Kader Reisestrapazen und Spiele der Nationalmannschaft in den Knochen hatte, konnte sich auf Grund guter Trainingsleistungen für den Kader empfehlen. Er kam früher als gedacht für den unauffälligen Jurgen Ekkelenkamp nach 58 Minuten.

(Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

Man merkte seine Motivation, er zeigte viel Engagement, doch Herthas erstem Südkoreaner der Vereinsgeschichte war anzumerken, dass die Bundesliga eine Umstellung für ihn bedeuten würde. Mehr als Ansätze gelangen ihm nicht. Immerhin bracht er vier seiner sieben Pässe an den Mann und gewann zwei Tacklings. Doch er verlor auch neun Bälle und konnte nur selten sein Tempo ausnutzen.

Als ihm eben jenes zu nutzen gelang, dribbelte er sich in der 80. Spielminute in den Bochumer Strafraum. Doch sowohl sein Zögern als auch seine mangelhafte Entscheidungsfindung in dieser Aktion beendeten den Angriff recht schnell. Es war ein Auftritt, der Neugier auf mehr weckt. Doch Lee wird noch einige Spiele benötigen, um mit dem körperlichen Spiel in der Bundesliga zurechtzukommen.

Fredrik André Björkan, der bereits gegen den FC Bayern München sein Debüt für Hertha BSC feiern durfte, bekam gegen Bochum nach 75 Minuten die Möglichkeit, sich auszuzeichnen. Ein spannender Spieler, der einen Offensivdrang hat und viele müde Abwehrketten vor Probleme stellen kann.

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(Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

Mit Wucht und Schnelligkeit auffallend, fehlt ihm aber häufig noch die Übersicht, um eine Aktion sauber zu Ende zu spielen. Neunmal war er am Ball, drei seiner sechs Pässe kamen an, er versuchte sich mit Flanken und gestikulierte und gab erste Kommandos. Es scheint, als hätte er gute Chancen, noch mehr Minuten zu bekommen.

Alex Schwolow: Es stehen unruhige Zeiten bevor

Er macht es sich immer wieder selbst kaputt. Vor dem Spiel gegen den FC Bayern München regnete es Lobeshymnen für Schwolow, der endlich seine gewünschte Form gefunden zu haben schien. Doch trotz seiner 14 Paraden gegen den Rekordmeister, versaute er sich das Spiel mit einem kapitalen Bock. Und nun selbiges gegen den VfL Bochum.

Sein Abklatscher vor die Füße von Stürmer Polter war sicherlich nicht so ein großer Bock wie vor dem Gegentor des abstaubenden Leroy Sanés, doch wieder einmal sah der Ex-Freiburger alles andere als gut aus. Auch beim Schuss von Pantovic nur wenige Minuten nach dem Ausgleichstreffer konnte er die Situation nur im Nachfassen beruhigen. Man muss ihm zugestehen, dass der Regen ihm das Spiel schwer machte und Torhüter allgemein bei solchen Wetterbedingungen ihre Probleme haben.

(Photo by Martin Rose/Getty Images)

Seine beste Aktion hatte er, als er gegen Sebastian Polter wach blieb und mit einem Ausflug aus dem Strafraum die Gefahr frühzeitig im Keim ersticken konnte. Doch Schwolow entwickelt sich immer mehr zum Unsicherheitsfaktor im Team. Es ist fraglich, wie lange sich das Trainerteam diese Fehler noch mit anschaut. Schwolow wäre es zu wünschen, Rückendeckung zu erhalten.

Doch ihm fehlen zunehmend die Argumente. Denn auch zum Aufbauspiel der Hertha konnte er nur wenig beitragen. Nur 42 Prozent seiner Pässe kamen beim Mitspieler an. Sollte sich die Verletzungssituation bei Herthas Torhütern unter der Woche entspannen, könnte die Torhüterdebatte ein weiteres Mal entfacht werden.

Fazit: Zu wenig – der Druck wächst

Die 3.000 Zuschauer:innen im verregneten Berliner Olympiastadion sahen eine der besten ersten Halbzeiten Herthas in dieser Saison. Gerade der sich seit Wochen in guter Form befindende Maximilian Mittelstädt, der auch körperlich extrem gereift zu sein scheint, und der oft auch zurecht schwer kritisierte Myziane Maolida konnten über die Außen mit Hilfe eines technisch starken Stevan Jovetic für ein sehenswertes Angriffsspiel zu sorgen.

Doch sowohl bei den temporeichen Gegenstößen der Bochumer, als auch beim druckvollen Spiel der Westfalen im zweiten Durchgang zeigten sich Herthas Defizite im Defensivspiel. Die erste Halbzeit hätte eine große Entwicklung für die nächsten Spiele bewirken können. Einen riesigen Schritt in ruhigere Fahrgewässer.

(Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

Doch die zweite Halbzeit war Ernüchterung pur und wieder einmal passt eine klassische Fußballphrase. Denn ein Spiel hat 90 Minuten und eben nicht nur 45. Die Leistung der Hertha zeigt leider auch, dass aktuell wenig über nicht-einstudiertes geht. Die Wechsel Korkuts, der hauptsächlich Offensivkräfte von der Bank aus brachte, fruchteten kaum, brachten wenig neue Ideen und verfielen schnell in den allgemeinen Trott des Teams. Sie sorgten nahezu für etwas Unsicherheit, da die Defensive durch das Verstärken der Offensive zunehmend an Stabilität verlor.

Was bleibt, ist ein Remis gegen einen direkten Konkurrenten im Abstiegskampf. Sollte auch gegen Fürth kein Sieg errungen werden, kann es in wenigen Wochen in Anbetracht des Spielplans in Berlin lichterloh brennen.

[Titelbild: Stuart Franklin/Getty Images]

Hertha gegen Bochum: Drei Schlüsselduelle

Hertha gegen Bochum: Drei Schlüsselduelle

In der Hinrunde gab es für Hertha im Duell bei Bochum die ersten Punkte der Saison. Und auch in der Rückrunde warten die Blau-Weißen noch auf ein Erfolgserlebnis. Doch den Aufsteiger als leichten Aufbaugegner zu sehen, wäre fatal. Denn Bochum ist in der Liga angekommen und kann seinerseits am Freitagabend einen großen Schritt Richtung Klassenerhalt machen.

Schlüsselduell 1: Holtmann gegen Pekarik

Nur wenigen Fußballern wird die Ehre zuteil, die Auszeichnung „Tor des Jahres“ von der ARD zu erhalten. Der neuste Ehrenträger spielt beim VfL Bochum auf der linken Außenbahn. Der Siegtreffer aus der Hinrundenpartie gegen Mainz 05 unterstreicht all die Qualität, die Gerrit Holtmann auszeichnet. Bochums Außenspieler narrt bei seinem Siegtreffer von links kommend die gesamte Mainzer Hintermannschaft und krönt seinen Sololauf mit einem tollen Abschluss.

Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 35,17 km/h zählt Holtmann zu den schnellsten Spielern der Liga. Besonders beeindruckend: Er behält auch mit dem Ball am Fuß ein hohes Tempo. Deshalb ist er im Bochumer Konterspiel die wichtigste Anlaufstelle.

(Photo by Joosep Martinson/Getty Images)

Neben dem Tempo ist das Dribbling seine große Stärke. 4,39 versuchte Dribblings weist Holtmann auf 90 Minuten auf, 2,24 gelingen. Dabei umdribbelt er effektiv durchschnittlich 2,4 Spieler pro Spiel, ein Spitzenwert in Europa.

Besonders gern schließt Holtmann seine Angriffsaktionen mit einer Flanke ab. 2,56 schlägt er pro 90 Minuten. Die durchsetzungsfähigen Stürmer Sebastian Polter und Jürgen Locadia sind ideale Abnehmer.

Dass Rechtsverteidiger Peter Pekarik Temponachteile gegen den schnellen Holtmann haben wird, dürfte klar sein. Hier wird es besonders auf das gute Stellungsspiel des Routiniers ankommen. Außerdem muss der rechte offensive Außenbahnspieler, vermutlich Marco Richter, immer wieder in der Defensive aushelfen.


Der Vertrag von Pekarik läuft am Saisonende aus. In den kommenden eineinhalb Jahren sind es sogar 14 auslaufende Verträge bei Hertha. Wer sollte davon bleiben, wer gehen? Wir haben den Check gemacht.


Schlüsselduell 2: Kempf und Stark gegen Polter/Locadia

Boyata verletzt, Kempf neu gekommen, Torunarigha verliehen, M. Dardai beinahe verliehen, Stark im letzten Vertragsjahr – Auf der Innenverteidiger-Position ist dieser Tage viel Bewegung bei der Hertha. Doch mitten im Abstiegskampf gibt es keine Zeit für Eingewöhnungsphasen. Die Verteidigung muss schon gegen Bochum, im ersten Spiel nach der Transferperiode, funktionieren. Dafür soll Neuzugang Marc Oliver Kempf an der Seite von Vizekapitän Niklas Stark spielen. Gut, dass beide sich schon aus der gemeinsamen Zeit bei der Deutschen U21-Nationalmannschaft kennen. Gemeinsam holten sie 2017 den EM-Titel. Im ersten gemeinsamen Spiel auf Vereinsebene werden sie gleich mal eine schwierige Aufgabe vor sich haben.

Wie bereits angesprochen, hat der VfL die Wahl aus gleich zwei Mittelstürmern, die beide über die Physis kommen. Sebastian Polter ist mit seinen 1,91 Metern extrem unangenehm zu Verteidigen. Dabei ist er kein klassischer Abschlussstürmer, sondern spielt sehr mannschaftsdienlich. Wie zuletzt beim Unentschieden gegen den 1. FC Köln, als er Takuma Asano den entscheidenden Ausgleichstreffer auflegte. Auf immerhin noch sechs eigene Treffer kommt Polter dabei.

(Photo by Joosep Martinson/Getty Images)

Mit Jürgen Locadia hat der VfL seit diesem Winter eine weitere Alternative für das Sturmzentrum. Bei seinem ersten Startelfeinsatz gegen Köln zeigte sich auch Locadia mannschaftsdienlich, legte Holtmann mustergültig dessen Tor auf. Eigene Torgefahr entwickelte er zwar noch nicht, doch die zusätzlichen Trainingseinheiten während der Länderspielpause dürften ihn näher an die Mannschaft gebracht und noch gefährlicher gemacht haben.

Ob nun Polter, Locadia oder im Laufe des Spiels beide. Stark und Kempf müssen gegen den physisch starken Mittelsturm Bochums körperlich dagegenhalten und sich gut absprechen. Denn lässt man einem der beiden zu viel Platz oder Zeit, wird er es entweder mit einem Abschluss oder einer Vorarbeit für einen Mitspieler auszunutzen wissen.


Kempf ist einer von vier Winterneuzugängen bei Hertha. Wir haben in unserem Podcast über die vergangene Transferperiode und allgemein über den Kader gesprochen. Gerne reinhören!


Schlüsselduell 3: Belfodil und Jovetic gegen Leitsch und Bella Kotchap

Gegen Bochum darf Tayfun Korkut endlich wieder auf sein kongeniales Sturmduo Stevan Jovetic und Ishak Belfodil setzen. An Erfahrung mangelt es den beiden nicht, schließlich stehen mit ihnen über 650 Profi-Spiele im Angriff der Hertha. Ihre direkten Gegenspieler beim VfL sind davon noch weit entfernt.

Die Bochumer Innenverteidiger Maxim Leitsch (23) und Armel Bella Kotchap (20) spielen jeweils ihre erste Bundesliga-Saison. Doch dass die Bochumer mit erst 29 Gegentoren unter dem Liga-Durchschnitt liegen, ist auch ihr Verdienst.

(Photo by Joosep Martinson/Getty Images)

Für das Duo spricht, dass sie die Schwächen des jeweils anderen ergänzen. Bella Kotchap hat 7,5 klärende Aktionen pro 90 Minuten (top 4% in Europa), 2,57 Balleroberungen, und übt 13,1 Mal Druck aus. Er ist ein sehr aktiver Verteidiger und weiß, wann er einen Angriff des Gegner wie unterbinden kann. Leitsch ergänzt ihn, indem er etwa 1,64 Torschüsse pro 90 Minuten blockt (top 1% in Europa) und 1,48 erfolgreiche Tacklings liefert. Dazu kommt ebenfalls ein Top-Wert von 3,28 eroberten Bällen.

Leitsch und Bella Kotchap haben sich im Oberhaus zurechtgefunden. Doch erfahrene Spieler wie Belfodil und Jovetic können immer in der Lage sein, ihre Schwächen zu erkennen und zu nutzen. Im Kopfballspiel bietet sich etwa eine Chance für Hertha, denn während Bella Kotchap immerhin noch 69,6% seiner Luftduelle gewinnt, sind es bei Leitsch nur 48%. Hinzu kommt, dass beide im Verteidigen von Dribblings Schwächen aufzeigen – bekannterweise Stärken Belfodils und Jovetics.

[Titelbild: Martinson/Getty Images]

Drei Thesen zu: Hertha BSC – VfL Bochum

Drei Thesen zu: Hertha BSC – VfL Bochum

Am Freitag steht für Hertha BSC der 21. Spieltag in der Bundesliga an. Nach einer Länderspielpause und einer Transferoffensive kommt es im Berliner Olympiastadion zum Spiel gegen den VfL Bochum. Die Westfalen spielen für einen Aufsteiger eine sehr gute Saison und liegen aktuell im Mittelfeld der Tabelle in relativ ruhigen Gewässern. Die Hertha, die mit nur einem Punkt aus drei Spielen und dem Ausscheiden im Pokal denkbar schlecht in das neue Jahr gestartet ist, steht unter Zugzwang, um nicht komplett in den Abstiegssog gezogen zu werden.

Hertha wird zu null spielen

Zwei Wochen sind vergangen, bis auf Neuzugang Lee hat niemand Zeit bei einer Nationalmannschaft verbracht und es ist wieder etwas Ruhe eingekehrt. Die Blicke sind geschärft und das Team wird fokussiert und mit freien Köpfen in das Spiel gegen den VfL Bochum starten.

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(Photo by Matthias Hangst/Getty Images)

Gerade die Innenverteidigung um Kapitän Niklas Stark und Neuzugang Marc-Oliver Kempf wird ein Bollwerk sein und nur wenig zulassen. Im Tor steht mit Alexander Schwolow zur Not ein Mann, der zuletzt in guter Form war und seinen Fehler gegen den FC Bayern München vergessen hat und dadurch sämtliche Bälle halten wird.

Lee wird zur überraschenden Waffe

Neuzugang Dong-Jun Lee hat noch nicht viel Zeit mit seiner neuen Mannschaft verbracht. Dem Südkoreaner stecken noch ein wenig die letzten Tage mit der Nationalmannschaft in den Knochen, doch seine Trainingsleistungen ermöglichen ihn laut Trainer Tayfun Korkut einen Platz im Kader.

(Photo by SHINJI AKAGI/AFP via Getty Images)

Lee wird für die Schlussphase einige Minuten bekommen und mit seinem schnellen Tempo direkt für Gefahr sorgen und mit einem Jokertor dem Spiel seinen Stempel aufdrücken und dem Team entscheidend helfen – ähnlich wie Myziane Maolida im Hinspiel.

Hertha macht das Spiel und zieht Bochum zurück in den Abstiegskampf

Die Alte Dame wird das Spiel machen und das auch mit viel Offensivdruck. Stevan Jovetic und Ishak Belfodil werden wieder harmonieren und viele Chancen herausarbeiten. Suat Serdar wird mit seiner Kreativität und seinem Offensivdrang für das Einleiten dieser verantwortlich sein.

(Photo by Joosep Martinson/Getty Images)

Santi Ascacibar wird der Offensive den Rücken freihalten und fleißig abräumen. Die Hertha wird das Spiel mit Leidenschaft gewinnen und den VfL Bochum in der Tabelle überholen, zurück in den Abstiegskampf ziehen und sich selbst ein wenig absetzen.

[Titelbild: Joosep Martinson/Getty Images]

Herthaner im Fokus: Brustlöser in Bochum

Herthaner im Fokus: Brustlöser in Bochum

Nach einer chancenlosen Partie gegen Bayern München und einem ernüchternden Deadline Day galt es für Hertha BSC, die Länderspielpause zu nutzen und gegen den VfL Bochum die ersten Punkte dieser Saison einzufahren, um einen Katastrophenstart zu vermeiden. Das gelang immerhin. Spielerisch bot Hertha aber über die gesamten 90 Minuten magere Kost. Es wird wohl eine lange Saison…

Wir blicken auf einige Herthaner bei diesem wichtigen 3:1-Auswärtssieg.

Dennis Jastrzembski – DJ der leisen Töne

Der 21-jährige Leihrückkehrer war sicherlich die große Überraschung in der Hertha-Startelf gegen Bochum. Auf der linken Seite der Fünferkette erhielt er den Vorzug vor dem formschwachen Maxi Mittelstädt; Marvin Plattenhardt fehlte verletzt. Jastrzembski ist als gelernter Außenstürmer dabei sicherlich auch die offensivstärkere Option. Aber eben auch eine defensiv wackligere und so überraschte es kaum, dass die ersten Angriffsversuche der Bochumer über seine linke Seite kamen und direkt in einem gelbwürdigen Foul nach nicht einmal zwei Minuten mündeten.

Foto: IMAGO

In der Folge bekam Jastrzembski häufiger Unterstützung in der Defensivarbeit von Lucas Tousart, der dafür in der Mitte etwas mehr Platz anbieten musste. Auch Marco Richter half, der in potenziellen Umschaltmomenten dann ab und an selbst vorne fehlte.

Offensiv präsentierte sich Jastrzembski etwas beweglicher als die beiden Linksverteidiger-Alternativen Maxi Mittelstädt oder Marvin Plattenhardt. Er blieb aber trotz einiger zaghafter Anläufe insgesamt ohne Durchschlagskraft und entscheidende Ideen. Mit einem seiner weiten Einwurf leitete er immerhin das 2:0 durch Suat Serdar ein.

“Jatze” weder fatal, noch berauschend

Zur Halbzeit wurde Jastrzembski gegen Maxi Mittelstädt ausgetauscht, um defensiv mehr Sicherheit zu bewirken und die bis dato eher unverdiente 2:0-Führung über die Zeit zu bringen.

Alles in allem ein okayer Auftritt vom jungen Außenstürmer auf ungewohnter Position. Die defensiven Problemen waren erwartbar, werden in der Bundesliga von spielstärkeren Mannschaften aber auch deutlich härter bestraft.

Ob Pál Dárdai am Freitag im Olympiastadion gegen Fürth Jasztrembski wieder das Vertrauen schenkt und gegen den vermeintlich schwächsten Gegner auf mehr Offensivpower setzt, bleibt abzuwarten. Sein Auftritt war weder besonders berauschend, noch besonders fatal. Kontrahent Mittelstädt hat sich allerdings in Hälfte Zwei auch nicht aufdrängen können. Und da Plattenhardt nach wie vor verletzt ist, könnte diese ungewöhnliche Besetzung der linken Außenposition gegen Fürth seine Fortsetzung finden.

Suat Serdar – Der Goal-aus-dem-Nichts-Getter

Wie schon gegen Köln begann Suat Serdar für Hertha in Bochum als rechter Part eines Dreiersturms. Wie schon gegen Köln funktionierte das überhaupt nicht. Serdar bekam keine Bälle, weil Hertha das anfängliche Pressing der Bochumer kaum auflösen konnte. Darüber hinaus kamen Lucas Tousart und Vladimir Darida im Zentrum nicht wirklich ins Spiel. In der Folge hing eigentlich die gesamte Offensive in der Luft.

Dem Herthaner Mittelfeld fehlte ein Ballverteiler, ein Box-To-Box-Spieler, der das Spiel aufzieht und den Ball auch mal nach vorn treibt – also ein Spieler wie Serdar, der eigentlich auch für genau diese Aufgaben geholt worden war. Das sah wohl auch Pál Dárdai so und stellt Hertha Mitte der ersten Hälfte auf ein 3-5-2 um. Serdar bot er so zentraler auf einer Achterposition auf, um genau dieses Defizit zu beheben.

Folgerichtig, dass Serdar dann in Minute 37 nach einem schönen Ballgewinn von Niklas Stark mit seiner ersten Aktion des Spiels von der Achterposition aus den Ball aufnahm, Richtung Tor zog, schließlich mit einem Haken drei Bochumer Verteidiger stehen ließ und mit einem schönen Abschluss von der 16er-Linie ins lange Eck auf 1:0 stellte.

Foto: IMAGO

Die Bochumer waren angesichts des bisherigen Spielverlaufs zurecht konsterniert. Und ihr Unglück steigerte sich noch, als sich die Bochumer Hintermannschaft in der 43. Minute nach einem Einwurf Jastrzembskis derart dilettantisch anstellte, dass der Ball plötzlich unbegleitet im Fünfer frei vor Serdar lag und dieser nur noch einzuschieben brauchte.

So stand der 24-Jährige plötzlich unverhofft mit einem Doppelpack da, der sich nach Herthas Offensivvortrag in Hälfte eins eigentlich so gar nicht angedeutet hatte.

Schluss mit den Serdar-Experimenten

In der zweiten Hälfte konzentrierte sich Hertha gegen Bochum auf das Verteidigen dieses Vorsprungs. So tauchte auch Serdar wie die meisten seiner Kollegen weitestgehend ab und verrichtete vorrangig seine defensiven Aufgaben. Hertha konnte dadurch allerdings kaum einmal für Entlastung sorgen und der Bochumer Druck erhöhte sich umso mehr, als Simon Zoller in der 59. Minute zum Anschluss traf. Schlussendlich rettete eine weitere Einzelaktion von Myziane Maolida die glanzlosen, so wichtigen drei Punkte.

Nachdem das Experiment Serdar auf Rechtsaußen bereits zum zweiten Mal so gar keine Früchte trug, dürfte sich der ehemalige Gelsenkirchener gegen Greuther Fürth hoffentlich auf seiner angestammten Position im zentralen Mittelfeld wiederfinden. Die Fürther dürften als Tabellenletzter im Auswärtsspiel in Berlin wohl größtenteils auf eine stabile Defensive und Herthas fehlende Kreativität setzen, um Punkte aus der Hauptstadt zu entführen.

Entsprechend könnte Serdar die wichtige Rolle als Taktgeber und Ballverteiler zukommen. Darüber hinaus darf er gern auch in Einzelaktionen seine Torgefahr wieder aufblitzen lassen. Denn das sich Hertha gegen die Fürther Defensive reihenweise schön durchkombiniert, ist nach den letzten Spielen nicht zu erwarten.

Myziane Maolida – Ein Ballkontakt reicht

Der französische Neuzugang kam zwei Wochen nach seinem Deadline Day-Transfer erwartungsgemäß noch nicht von Beginn an zum Einsatz. In der 57. Minute war es dann aber soweit, Pál Dárdai erhoffte sich von dem Wechsel offensive Entlastung und brachte Myziane Maolida gegen Bochum so zu seinem Hertha-Debüt.

Zu einem denkbar undankbaren Zeitpunkt, denn Hertha hatte sich in Hälfte zwei immer weiter zurückgezogen, das Offensivspiel mehr oder weniger eingestellt und sah sich zunehmendem Bochumer Druck ausgesetzt.. Und so hing Maolida neben Belfodil erst einmal in der Luft und schaute seinen Teamkollegen beim unzureichenden Klären von Hereingaben zu.

Als endlich einmal ein Ball seinen Weg in die Bochumer Hälfte fand, nahm Maolida mit seinem gefühlt (und möglicherweise tatsächlich) ersten Ballkontakt in der 78. Minute Tempo auf, zog dribbelnd von rechts ins Zentrum Richtung Tor, schüttelte den offensichtlich angeschlagenen Armel Bella-Kotchap ab und wurde auch von den übrigen Bochumer Abwehrspielern nicht attackiert. Diese Chance ließ sich Maolida nicht nehmen und schloss aus zentraler Position 16 Meter vor dem Tor mit seinem schwachen linken Fuß ins rechte untere Eck ab.

Hertha Bochum
Foto: xSebastianxRäppold/MatthiasxKochx/IMAGO

Damit war der Deckel drauf. Die Partie verflachte in der Folge. Maolida durfte sich noch einige Male in Laufduelle stürzen und in der letzten Minute beinahe ein spektakuläres Distanztor von Lucas Tousart bestaunen. VfL-Keeper Manuel Riemann konnte seinen Annahme-Patzer aber auf der Linie noch ausbügeln.

Wie macht sich Maolida gegen tiefstehende Gegner?

Aus Maolidas Sicht ist ihm sein Debüt dank des Treffers gelungen. Abseits des Treffers war ehrlicherweise aber noch nicht so viel zu sehen, was insbesondere an dem Mangel an Zuspielen lag. In den knapp 30 Minuten auf dem Platz bekam er aber kaum einen Ball und war in der Offensive spätestens seit der Auswechslung Belfodils völlig allein auf weiter Flur.

Und so wird es spannend, wie er sich präsentieren kann, wenn Hertha nicht auf Konter setzt, sondern gegen einen kompakt verteidigenden Gegner das Spiel machen muss. Dribblingstärke, offensives Kombinationsspiel und Abschlussstärke kann er vermutlich schon beim Heimspiel gegen den neuen Tabellenletzten Greuther Fürth am Freitagabend unter Beweis stellen. Sollte es nicht für die Startelf reichen, wird er wohl wieder als Joker zum Zug kommen. Und so hoffentlich an den ordentlichen ersten Eindruck aus dem Bochum-Spiel anknüpfen.

System – Aufstellung, wechsel dich

Hertha begann in einem 3-4-3 mit Suat Serdar auf dem rechten Flügel und Dennis Jastrzembski auf der linken Schiene.

Anders als vom DAZN-Kommentator vehement behauptet, ist das grundsätzlich erstmal eine eher offensivere Aufstellung als das alternative 3-5-2, in dem sich ein zentraler Mitelfeldspieler mehr um defensive Absicherung kümmern kann. Dazu hatte mit DJ auf der linken Schiene ein gelernter Außenstürmer auch Defensivaufgaben zu verrichten.

Trotzdem lahmte Herthas Offensivspiel total. Das lag in erster Linie daran, dass die laufstarken Sechser Lucas Tousart und Vladimir Darida zwar viel unterwegs waren, aber nicht die richtigen Räume bespielten. So kam der Ball überhaupt nicht ins Angriffsdrittel. Hertha konnte sich häufig schon nicht in der Dreierkette nicht aus dem Bochumer Pressing befreien. Man versuchte sich in langen Bällen, die regelmäßig bei einem Bochumer Spieler landeten.

Foto: xSebastianxRäppold/MatthiasxKochx/IMAGO

So stellte Dárdai zur Mitte der ersten Hälfte auf ein 3-5-2 um und zog Suat Serdar auf die Achterposition zurück. Zwar dominierte Hertha das Spiel auch jetzt nicht und tat sich in offensiven Kombinationen noch immer sehr schwer, fand aber immerhin statt. Und kam so zwar insgesamt unverdient, aber vielleicht auch nicht ganz zufällig zu den zwei Treffern durch Serdar.

Bis auf drei Punkte kann Hertha wenig aus Bochum mitnehmen

Zur Halbzeit musste Dárdai auf den verletzungsbedingten Ausfall von Jordan Torunarigha reagieren. Er brachte den erst 17-jährigen Linus Gechter zu seinem Bundesliga-Debüt. Vielleicht auch deswegen wechselte Herthas Coach zusätzlich noch den defensiv anfälligeren Jastrzembski aus und brachte dafür den erfahreneren Maxi Mittelstädt. Das Team war in der Folge sehr darauf bedacht, das Ergebnis zu sichern und stellte die Offensivbemühungen praktisch ein. Die Bochumer fühlten sich mit dem Ballbesitz zunehmend wohler und so kam es in der 59. Minute, wie es kommen musste und der Anschlusstreffer fiel.

In der Folge wirkte Hertha stark verunsichert und der Ausgleich schien nur noch eine Frage der Zeit. Dárdai reagierte in der 73. Minute, indem er Ishak Belfodil vom Platz nahm und dafür Kevin-Prince Boateng brachte und so auf ein 5-4-1 umstellte. Das wohl defensivstmögliche System brachte nach vorne schließlich überhaupt keine Entlastung mehr. Bis Maolida das Spiel mit seiner Einzelaktion entschied und die Partie vor sich hinplätschernd auf das Ende zuging.

Hertha Bochum
Foto: IMAGO

Dárdai sagte nach dem Spiel im Fernsehinterview, dass das Team in den letzten zwei Wochen mit vielen neuen Systemen und Anweisungen konfrontiert war und er dafür eigentlich zufrieden sei. Der Erfolg mag ihm recht geben, es kann allerdings nicht der Anspruch von Hertha BSC sein, sich mit Einzelaktionen und individuellen Fehlern des Gegners in Bochum zu einem Auswärtssieg zu zittern. Entsprechend muss sich Hertha gegen Greuther Fürth anders präsentieren.

Denn Fürth dürfte in fremdem Stadion deutlich passiver auftreten und Hertha das Toreschießen schwer machen. Anders als die Bochumer wird Fürth wohl auch kaum den Ball übernehmen und sich etwas locken lassen. Es heißt dann für Hertha, spielerische Lösungen zu finden. Woher die innerhalb einer Woche kommen sollen, bleibt eher fraglich. Myziane Maolida zeigte Ansätze, auch Hoffnungsträger Jurgen Ekkelenkamp dürfte wenigstens als Einwechselspieler zu seinem Debüt kommen. Ob das gegen bisher zugegeben ebenfalls sehr schwache Fürther reicht?

Und dann war da noch:

Marco Richter, der viel unterwegs war, offensiv wie seine Teamkollegen aber in der Luft hing. Mangels Anspielen und zur Unterstützung von DJ war Richter auch öfters defensiv zu finden, fehlte bei Ballgewinnen dann für den Umschaltmoment wieder in der Offensive. Nach einer etwas auffälligeren Anfangsphase wurde er immer unsichtbarer, umso mehr Bochum den Ball kontrollierte. Der Wille war deutlich zu erkennen, Laufbereitschaft und Elan stimmen. Sofern Herthas Offensivspiel demnächst etwas Fahrt aufnimmt, könnten auch seine spielerischen Qualitäten zum tragen kommen.

Ishak Belfodil, der im Sturmzentrum kaum Bälle erhielt und mit den wenigen, die ankamen, nicht viel anfangen konnte. Der Algerier wühlte vor dem 2:0 beim Einwurf im gegnerischen Sechzehner (Bochum-Trainer Thomas Reis sah ein „klares Foul“ – nein) und wurde in der 73. Minute der taktischen Maßgabe völliger Defensive geopfert und ausgewechselt. Gegen Fürth dürfte er mangels Alternativen wieder ein Startelfkandidat sein.

Linus Gechter, der 17-jährige Innenverteidiger, der nach der Pause für den verletzten Jordan Torunarigha ins Spiel kam und sein Bundesliga-Debüt feierte. Schon in der Vorbereitung war Gechter in allen Testspielen bis auf das abschließende gegen Gaziantep eingesetzt worden. Die Nervosität war ihm dennoch anzumerken, beim Gegentreffer sah auch er nicht gut aus. Nichtsdestotrotz ein Meilenstein und ein weiterer vielversprechender Spieler aus der Akademie. Glückwunsch und wir freuen uns auf mehr, Linus!

Foto: xSebastianxRäppold/MatthiasxKochx/IMAGO

Eduard Löwen, der von Hertha an Bochum verliehene „Standardspezialist“, der alle ruhenden Bälle bei den Bochumern zu verantworten hatte. Doch keinen einzigen davon konnte er halbwegs gefährlich an den eigenen Mann oder aufs Tor bringen. In einer Szene köpfte Maxi Mittelstädt nach Freistoßhereingabe des Leih-Herthaners beinahe ein Eigentor – bezeichnend.
Ansonsten lieferte Löwen ein ordentliches Spiel im zentralen Mittelfeld ab. An den Standards muss er aber dringend wieder etwas feilen.

[Titelbild: IMAGO]

VfL Bochum – Hertha BSC: Mit Druck in den Pott

VfL Bochum – Hertha BSC: Mit Druck in den Pott

Und täglich grüßt das Murmeltier. Nachdem Hertha nun im dritten Jahr hintereinander den Saisonstart gehörig in den Sand gesetzt hat, steht man bereits nach dem dritten Spieltag schon wieder unter Druck. Der katastrophale Deadline Day trägt nicht gerade dazu bei, dass die Hoffnungen auf einen erfolgreicheren Saisonverlauf als letztes Jahr ins Unermessliche steigen. Umso entscheidender werden nun die beiden folgenden Spiele gegen die Aufsteiger aus Bochum und Fürth.

Gemeinsam mit Bochum-Experte Tobias von einsachtvieracht.de blicken wir auf die Situation rund um den VfL.

Mit vereinten Kräften ins Oberhaus

Castroper Straße, Grönemeyer, Flutlicht. Fußballromantikern dürfte landesweit das Herz aufgegangen sein, als mit dem VfL ein echtes Urgestein der Bundesliga nach elfjähriger Abstinenz zurückgekehrt ist. Gerade in der letztjährigen Saison, in der sich Schwergewichte wie der HSV, Fortuna Düsseldorf und Hannover 96 tummelten, war dieser Erfolg, zumal nach Platz 8 in der Vorsaison, nicht unbedingt vorherzusehen: „Der Erfolg kam schon überraschend. Der VfL hatte zwar unter Reis sich bereits beeindruckend aus dem Keller der zweiten Liga gearbeitet und in der Corona-Phase der letzten Saison sehr gute Ergebnisse erzielt, aber als VfL Fan ist man immer skeptisch. Zu oft waren die Vorzeichen oder Versprechen groß und am Ende war man nie bis zum Ende im Aufstiegsrennen dabei.“, ordnet Tobias ein.

Nach elf Jahren in der zweiten Liga ist der VfL Bochum wieder zurück im Oberhaus. (imago images via Getty images)

Der Schlüssel zum Erfolg war dabei in Tobias‘ Augen vor allem die Kontinuität sowie die Menschenführung von VfL-Trainer Thomas Reis: „In vielen vergangenen Saisons mussten große Teile des Kaders ausgetauscht werden. Dieses Mal blieb die Stammelf der Vorsaison zusammen und wurde sogar durch Spieler wie Gerrit Holtmann und Herbert Bockhorn noch einmal gezielt verstärkt. Zudem ist es Thomas Reis gelungen, Charaktere wie Robert Zulj und Danny Blum auf Kurs zu bringen.“

Geht es um die Hauptfaktoren für den Aufstieg und die Ankerpunkte in der taktischen Ausrichtung der Bochumer in der Vorsaison hebt Tobias vor allem drei Spieler hervor: „Unser Team hat es verstanden, in allen Disziplinen ganz oben mit dabei zu sein. Bochum hatte ein sehr gutes, aggressives, offensives Pressing mit vielen Ballgewinnen, eine sehr ruhige und strukturierte Spielanlage in Ballbesitz und mit der Passreichweite von Keeper-Libero Manuel Riemann und Spielmacher Robert Tesche sowie den Geistesblitzen von Robert Zulj auch die Möglichkeit, jederzeit das Spiel zu beschleunigen.“

Der Abgang des Aufstiegsmachers

Letztgenannter Robert Zulj war in der Vorsaison die Torgarantie des VfL. Mit 15 Toren und 15 Vorlagen war er an fast der Hälfte aller Treffer direkt beteiligt. Umso schmerzhafter war es dann, als schon kurz nach dem Aufstieg klar wurde, dass es den Österreicher nun in die Vereinigten Arabischen Emirate zieht: „Der Abgang von Robert Zulj schmerzt sehr. Er war ja nicht nur Topscorer, sondern auch Spielmacher im letzten Drittel und mit seiner Physis und Ballbehauptung ein wichtiger Zielspieler für Manuel Riemann – insbesondere da Zoller als Mittelstürmer ja nicht der Typ Brecher ist.“, sagt Tobias.

Die große Aufgabe des Sommers war, Topscorer Robert Zulj zu ersetzen. (imago images via Getty images)

Die Situation rund um Zulj erinnert dabei stark an Herthas letzten Aufstieg, als Lebensversicherung Ronny ebenfalls mit einem Wechsel kokettierte. Zwar blieb der Brasilianer letzten Endes, konnte aber im Oberhaus nie auch nur annähernd die Leistungen abrufen, mit denen er Hertha quasi im Alleingang in die erste Liga geschossen hat. Wie auch Hertha seinerzeit muss der VfL diesen Ausfall nun taktisch im Kollektiv auffangen: „Sein Abgang wurde mit einer Systemumstellung von 4-2-3-1 auf 4-3-3 und entsprechenden Neuzugängen kompensiert. Elvis Rexhbecaj und Eduard Löwen können getrost als unsere Top-Neuzugänge bezeichnet werden. Beide sind als Achter im 4-3-3 eingeplant. Dazu ist unser Spiel noch etwas direkter und flügellastiger geworden.

Takuma Asano könnte ebenfalls als Ersatz angesehen werden. Er spielt zwar auf dem rechten Flügel, rückt aber von dort immer wieder in den Halbraum ein, so dass temporär mit dem offensiveren linken Achter (Rexhbecaj oder Pantovic) eine Doppelzehn gebildet wird.“

Kluge Verstärkungen zum Nulltarif

Insbesondere mit dem angesprochenen Rexhbecaj ist den Bochumern eine Verpflichtung gelungen, denen auch anderen Bundesligisten durchaus gut zu Gesicht gestanden hätte. Der zentrale Mittelfeldspieler, der vom VfL Wolfsburg ausgeliehen ist, brachte es in der vergangenen Spielzeit bei seiner Leihe in Köln immerhin auf sieben Scorerpunkte. Auch Tobias lobt den Neuzugang: „Er ist ein kämpferischer Giftzwerg, der aber auch sehr kreative Moment hat und uns somit hilft, das offensive Pressing unserer Gegner auszuspielen. Er ist bereits etabliert und könnte eine Art Zulj-Ersatz werden.“

Auch auf den weiteren Positionen konnte man u.a. mit Simon Polter, Takuma Asano, Stafylidis und den von Hertha ausgeliehenen Robert Löwen Spieler mit Bundesligaerfahrung verpflichten. Sportlich machte Löwen, der sich unmittelbar nach den Olympischen Spielen eine Muskelverletzung zuzog, bislang noch nicht von sich reden, gab jedoch unter der Woche ein viel beachtetes Interview, in dem er unter anderem monierte, nicht fair behandelt worden zu sein. Laut Tobias könnte er am Sonntag beim Wiedersehen mit seinen Ex-Kollegen in der Startelf stehen und damit die Chance bekommen, auch sportlich abzuliefern.

Ein frühes Sechs-Punkte-Spiel

Für Hertha hat dieses Spiel schon früh wegweisenden Charakter. Nach der Klatsche gegen Bayern und dem auf ganzer Linie missglückten Transfersommer ist die positive Grundstimmung aus der Vorbereitung passé. Nun verletzte sich auch noch Neuzugang Stevan Jovetic und wird wohl mindestens für die kommenden zwei Partien ausfallen. Da auch Davie Selke nach seinem Rippenbruch nicht zur Verfügung steht, legte sich Pal Dardai bereits fest, dass der aus Hoffenheim verpflichtete Ishak Belfodil beginnen soll. Es wäre sein erstes Bundesligaspiel von Beginn an seit fast einem Jahr. Zwar ist Piatek nach viermonatiger Verletzungspause wieder im Mannschaftstraining, die Startelf wird aber noch zu früh kommen.

Angesichts der Verletztensituation – und dank der Last Minute-Abgänge von Lukebakio und Dilrosun zudem mangelnden Alternativen – dürfte auch Myziane Maolida sein Debüt geben. Was vom Franzosen erwartet werden darf, haben wir einem Beitrag zusammengefasst. Das Spiel am Sonntag könnte also viele Geschichten bereithalten. Hoffentlich zur Abwechslung mal mit Happy End.

Titelbild: xMatthiasxKochx/IMAGO