Drei Schlüsselduelle: FC Augsburg – Hertha BSC

Drei Schlüsselduelle: FC Augsburg – Hertha BSC

Nach der desolaten 1:4 Niederlage im Derby gegen Union Berlin hat die seit Wochen anhaltende Krise der Hertha ihren Höhepunkt erreicht. Die Stimmung ist auf einem neuen Tiefpunkt, insbesondere die der Hertha-Anhänger:innen. Gegen den FC Augsburg hat Hertha die Chance einer kleinen Wiedergutmachung mit den eigenen Fans – und die Möglichkeit, extrem wichtige drei Punkte für den Klassenerhalt zu sichern. Damit das gelingt, sind diese drei Faktoren entscheidend.

Herthas Offensive – wer siegen will, braucht Tore

An dieser Stelle beschreiben wir meist Spielerduelle, die für einen Sieg entscheidend sind. Aufgrund der schwachen Offensive von Hertha, steht an dieser Stelle der gesamte Sturm-Block der Berliner.

Gegen Union Berlin stellte Hertha-Trainer Felix Magath wie beispielsweise auch schon gegen Bayer Leverkusen extrem defensiv auf. In einem 4-1-4-1 System sollte die anfällige Hertha-Abwehr gestärkt werden – und über Konter Tore für Hertha fallen.

Beide Male ging das nicht auf: Herthas Offensive schien in beiden Spielen nahezu unsichtbar. Den Offensivspielern kann man dafür kaum die Hauptschuld geben. In einem solch defensiven System ist es für die generell spielerisch schwache Hertha kaum möglich, über eigene Ballstafetten Torchancen zu kreieren.

(Photo by TOBIAS SCHWARZ/AFP via Getty Images)

Nunmehr befindet sich Hertha allerdings mit mageren 26 Punkten auf dem 17. Tabellenplatz. Es blieben nur noch fünf Spiele, um zu punkten. Das bedeutet: Tore müssen her. Entscheidend wird sein, ob Felix Magath sich traut, offensiv aufzustellen. Auch wenn das zu Lasten der defensiven Stabilität geht – aber Gegentore erhält Hertha die gesamte Saison sowieso schon wie am Fließband.

Mit einer offensiven Ausrichtung muss es Hertha gelingen, in Führung zu gehen, diese lange zu halten und über die Führung Selbstvertrauen zu generieren. In den verbleibenden Spielen ist das der Schlüssel zum Sieg.

Der fehlende Leader: Die Zeit vom Prinzen

Nahezu die gesamte Saison über nahm Kevin-Prince Boateng auf der Bank Platz. Lediglich Kurzeinsätze gab es für ihn – 421 Minuten hat er laut transfermarkt.de in dieser Saison insgesamt gespielt. Was er in diesen wenigen Minuten gezeigt hat ist, dass er das Spiel auf der achter Position spielerisch durchaus bereichern kann – mit schnellen Entscheidungen und klugen Pässen in die Spitze. Beides fehlt Hertha, allen voran wenn Suat Serdar nicht spielt oder auf dem Flügel eingesetzt wird.

Zudem ist er ein Leader und Kämpfer – wohl der Einzige im gesamten Team, wie auch Felix Magath gegenüber Sky äußerte: „Er könnte seine Mitspieler mitreißen und Spiele wie gegen Union mit seiner Mentalität umbiegen.“ Doch immer wieder ist er von Verletzungen geplagt. Hertha muss es gelingen, Boateng fit zu bekommen. Für den Abstiegskampf würde seine Präsenz auf dem Spielfeld ein weiterer Antrieb sein.

(Photo by Boris Streubel/Getty Images)

Wenn es nicht gelingt. ihn über 90 Minuten spielen zu lassen, dann doch mindestens eine Halbzeit. Bis jetzt, zum 30. Spieltag spielte Boateng spielerisch keine Rolle und hatte genügend Zeit zur Regeneration und um seinen Körper fit zu kriegen: Jetzt ist die Zeit für ihn, um auf das Spielfeld zu treten.


Nach der peinlichen 1:4-Niederlage gegen Union Berlin sieht sich Hertha BSC am Rande des Abstiegs. Nur noch fünf Spiele bleiben, um auch nächste Saison in der Bundesliga spielen zu dürfen. Ein Weckruf.


Niklas Dorsch und Arne Maier: Das Augsburg-Herz

Niklas Dorsch, vor der Saison bei Hertha gehandelt und der verliehene Herthaner Arne Maier bilden das Herzstück des Augsburger Spiels. In der Defensive rackert sich vor allem Dorsch ab, Maier glänzt mit einem guten Stellungsspiel und läuft die Räume zu. In der Offensive verlagern sie das Spiel oft auf die Flügel – und initiieren die Angriffe aus den Achter-Positionen heraus.

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(Photo by Matthias Kern/Getty Images)

Beide Spieler muss Hertha kalt stellen, um die Offensive von Augsburg lahmzulegen. Die Spieler dazu hat Hertha: Mit einem giftigen Ascacibar und laufstarken Spielern wie Tousart und Darida, welche die Passwege der beiden Augsburger zu laufen können.

Gleichsam braucht Hertha gegen Augsburg schnelle Balleroberungen im Mittelfeld, um über wenige Stationen die Offensive ankurbeln zu können – denn läge Ballstafetten liegen den Berliner nicht.

[Titelbild: Matthias Kern/Getty Images]

Herthaner im Fokus: Und täglich grüßt das unnötige Gegentor

Herthaner im Fokus: Und täglich grüßt das unnötige Gegentor

Das Spiel gegen den FC Augsburg am 13. Spieltag stand einzig und allein im Zeichen der Wiedergutmachung. Und in der Tat zeigte Hertha BSC ein anderes Gesicht im Vergleich zum blutleeren Auftritt beim Derby in Köpenick. Trotzdem zeigten sich alte Schwächen, die zum am Ende in einer ewig andauernden Nachspielzeit eiskalt bestraft wurden. Wir blicken auf ein Comeback und auf welche Leistungen aufgebaut werden muss, um endlich zurück in die Erfolgsspur zu finden.

Jurgen Ekkelenkamp: Endlich in der Startelf und auf der richtigen Position

Unter der Woche überlegte Pal Dardai bereits öffentlich ihn aufzustellen. Seinen Worten ließ er Taten folgen und ermöglichte Jurgen Ekkelenkamp einen Platz in der Startelf. Und das auch auf der richtigen Position.

Während Ekkelenkamp bei seinem letzten Startelf-Auftritt im Pokal gegen Preußen Münster glücklos auf der rechten Seite des Mittelfelds agierte, durfte er gegen den FC Augsburg auf der Zehn ran und die kreativen Geschicke leiten. Bis zur 67. Minute wirkte er mit, ehe er von Stevan Jovetic ersetzt wurde.

(Photo by Thomas Eisenhuth/Getty Images)

71 Prozent seiner Bälle brachte er an den Mann und gerade Stürmer Ishak Belfodil wusste er in Szene zu setzen, der dank des Niederländers immerhin zu einer Torchance kam und eine weitere nur knapp verpasste. Ekkelenkamp selbst bekam in der 61. Minute die Chance das Tor zu erzielen, als wiederum Belfodil ihn im Strafraum bediente. Unter Bedrängnis schoss er allerdings flach am Tor vorbei.

Auf diesem Auftritt lässt sich aufbauen. Wenn Ekkelenkamp in der Lage ist sein Durchsetzungsvermögen zu steigern, kann er sich zu einer enormen Waffe für das Spiel der Herthaner entwickeln. Sein Pressingverhalten und ständige Aktivität waren schon einmal gute Argumente. Zur Zeit sprechen allerdings seine schwachen Zweikampfwerte (nur 22 Prozent gewonnen) und die ausbaufähige Ruhe am Ball noch dagegen.

Ishak Belfodil: Aktuell die stärkste Alternative zu Stevan Jovetic

Zunächst wird sich der ein oder andere Hertha-Fan beim Blick auf die Aufstellung verwundert die Augen gerieben haben. Ishak Belfodil in der Startelf, während Krzystof Piatek und Davie Selke die Bank drückten. Dass Stevan Jovetic nach seiner Corona-Infektion noch nicht für die Startelf bereit war, sollte vor dem Spiel bereit klar gewesen sein.

Dardai sprach dem Algerier gute Trainingsleistungen zu und belohnte diese mit einem Platz in der Startelf. In seinen 73 Minuten Spielzeit war Belfodil ein echter Aktivposten, ihm fehlte lediglich das Glück und die nötige Ruhe vor dem Tor gegen einen gut aufgelegten Rafal Gikiewicz, wie bei seiner Chance aus spitzem Winkel in der 21. Spielminute.

(Photo by Thomas Eisenhuth/Getty Images)

Belfodil machte im Verlauf des Spiels viele Bälle fest, hatte mit 76 Prozent eine sehr passable Passquote und konnte so für viele gefährliche Offensivaktionen sorgen. Immer wieder ließ sich der Algerier intelligent ins Mittelfeld oder auf die Außenbahnen fallen, um als Anspielstation zu fungieren. So kam Herthas Offensivspiel deutlich besser ins Rollen. Aktuell hat er in der Stürmer-Hierarchie bei Hertha BSC ganz klar die Nase vor Davie Selke und Krystof Piatek.

Wenn es ihm noch gelingen sollte, entscheidende Zahlen vor dem Tor zu verzeichnen, hat er gute Chancen sich in der Startelf festzuspielen. Insbesondere besteht viel Potential im Zusammenspiel mit Jurgen Ekkelenkamp.

Suat Serdar: Unverzichtbar

Wieder einmal war Suat Serdar einer der besten, ja womöglich sogar der Beste, im Hertha-Spiel. 11 Kilometer Laufleistung zeigen seinen unermüdlichen Einsatz. Er verteilte stets Bälle am Fließband, kurbelte das Spiel enorm von hinten an und scheute sich nicht, die ein oder andere Grätsche auszupacken.

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(Photo by Matthias Kern/Getty Images)

Im Vergleich zum Derby in Köpenick vor einer Woche verdoppelte Serdar seine Zweikampfquote auf 62 Prozent gewonnener Zweikämpfe. Seine Leistung hätte er in der 62. Minute krönen können, als er sich mit Schnelligkeit und Wucht von der linken Seite aus dem Mittelfeld kommend in die zentrale Position dribbelte und lediglich am herausragend reagierenden Gikiewicz von der Strafraumgrenze aus scheiterte. Es war eine Aktion, die man in dieser Saison schon häufiger bei ihm beobachten konnte.

Wenn diese noch mehr Ertrag bringen würden, wäre Hertha sicherlich nicht auf dem Platz in der Tabelle, den sie aktuell inne haben.

Marco Richter: Aktivposten und Torjäger

Still und heimlich mausert sich Marco Richter zum Torjäger der Hertha. Nur gut, da eben genau so einer aktuell im Kader fehlt. Gegen Augsburg erzielte Richter seinen dritten Saisontreffer. So viele Tore schoss er für eben jenen FC Augsburg in der gesamten letzten Saison.

Er hat nicht viel Anlaufzeit benötigt und sich zu einem nicht wegzudenkenden Aktivposten auf der – meist rechten – Außenbahn entwickelt. Seine Tempoläufe und Antizipation auch ohne Ball können jeder Zeit für Gefahr vor dem gegnerischen Tor sorgen. Sein Tor, was er aufgrund seiner 9-jährigen Vergangenheit bei den Fuggerstädtern verständlicherweise sehr zurückhaltend zur Kenntnis nahm, war natürlich an Kuriosität nicht zu überbieten. Und genau dieses Tor zeigt das große Problem der Hertha. Ähnlich wie gegen Leverkusen am 11. Spieltag benötigte die Mannschaft einen Zufall und Fehler des Gegners.

(Photo by Matthias Kern/Getty Images)

Aktuell besitzt die Hertha einfach nicht die Kaltschnäutzigkeit, um aus ihren wenigen Chancen und kreativen Momenten ein Tor zu erzielen. Das Aufbau – und Kombinationsspiel, welches sich im Vergleich zur letzten Woche zwar deutlich gesteigert hatte, reicht auch noch nicht, um Tore herauszuspielen. Somit brauchte es einen Fehler des Abwehrspielers Robert Gumny, den Richter eiskalt ausnutzen konnte. Mit 49 Ballkontakten, 27 Pässen und einer Passquote von 70 Prozent war Richter einer der aktivsten Herthaner auf dem Feld.

Jordan Torunarigha: Starkes Comeback und für ein paar Sekunden gefeierter Held

Nach zweieinhalb Monaten feierte Jordan Torunarigha sein Comeback. Dass er das direkt in der Startelf tun würde, war ursprünglich nicht geplant. Da sich allerdings Marton Dardai bereits beim Warmmachen verletzte, musste Torunarigha ins kalte Wasser geworfen werden.

Dem Innenverteidiger war die fehlende Spielpraxis kaum anzumerken. Er gewann 100 Prozent seiner Zweikämpfe. Zugegeben, es war nur ein einziger, den er zu erledigen hatte. Mit vier Klärungsaktionen sorgte er des Öfteren für Ruhe im Strafraum, sechs abgefangene Bälle kamen hinzu. Während des gesamten Spiels hatte er es nicht ein einziges Mal nötig ein Foul zu ziehen. Für den Spielaufbau war Jordan Torunarigha ein wichtiger Baustein. 59 Ballaktionen, eine Passquote von 91 Prozent und drei seiner sechs langen Bälle fanden den Mitspieler.

Dieses starke Comeback hätte noch fast eine kitschige Note bekommen. In der 75. Minute erzielte er nach Vorarbeit von Stevan Jovetic ein Tor. Es wäre das wahrscheinlich vorentscheidende 2:0 gewesen. Der Jubel in der Ostkurve war emotional, sollte aber nur von kurzer Dauer sein. Auf Grund einer Abseitsposition wurde der Treffer aberkannt. Den bitteren Gegentreffer in der 7. Minuten der Nachspielzeit konnte aber auch er letztendlich nicht verhindern.

Trotzdem macht seine Leistung große Lust auf mehr und lässt die Hoffnung auf eine starke Abwehr weiter steigern.

Fazit: Ein Team, das lebt und im entscheidenden Moment den Fokus verliert

Als in der 77. Minute der FC Augsburg bei einer Aktion drei Schüsse hintereinander nicht im Tor unterbrachte, umarmten sich Torunarigha und Torhüter Schwolow innig. Man spürte, was für ein Druck auf ihnen lag.

(Photo by Matthias Kern/Getty Images)

Man sah ihnen aber auch an, wie sie füreinander einstehen, füreinander fighten und sich gegenseitig pushen. Das Team lebt. Doch reicht das, wenn es an Qualität fehlt? Wie viele Nackenschläge, ob blutleere Auftritte im Derby oder späte Ausgleichstreffer wie gegen Leverkusen und nun Augsburg, sorgen für einen lehrreichen Effekt? Ab wann sind Enttäuschung und Demoralisierung stärker, als die gesammelte Erfahrung und eine Trotzreaktion im nächsten Spiel?

Fakt ist, Hertha braucht Punkte und Siege um in ruhigere Fahrgewässer zu kommen. Die Konkurrenz macht es vor. In Stuttgart ist der nächste Schritt und die nächste Reaktion gefordert.

[Titelbild: Matthias Kern/Getty Images]

Hertha BSC – FC Augsburg: Drei Thesen zum Spiel

Hertha BSC – FC Augsburg: Drei Thesen zum Spiel

Nach der bitteren Derbyniederlage gegen Union Berlin geht es für Hertha im kommenden Spiel gegen den FC Augsburg vor allem um die Versöhnung mit den eigenen Fans. Gleichzeitig könnte man sich bei einer Niederlage im schlimmsten Fall auf dem Relegationsplatz wiederfinden. Doch direkte Duelle gegen Konkurrenten gewannen die Blau-Weißen diese Saison bereits.

Im Spiel gegen den FC Augsburg müssen die Berliner nach der Derbyniederlage vor allem ihre Fans wieder froh stimmen. Verzeihen werden sie der Mannschaft die Niederlage wohl auch bei einem Sieg noch nicht, aber eine erneute Pleite könnte die Stimmung vollends zum Kippen bringen.

Aber auch tabellarisch geht es für Hertha um vieles. Mit Platz 14 liegen die Berliner nur einen Platz vor dem kommenden Gegner, FC Augsburg. Bei einer Niederlage könnten die Hertha im schlimmsten Fall bis auf einen Relegationsplatz abrutschen.

In unserer neuen Rubrik “Drei Thesen zum Spiel” möchten wir aufzeigen, worum es in den jeweiligen Duellen geht. Vorab: Keine der Thesen muss eintreffen. Es handelt sich um Vermutungen, die keine Allgemeingültigkeit haben, jedoch aufgrund verschiedener Aspekte durchaus realistisch sind.

These 1: Verliert Hertha gegen Augsburg, sinkt das Schiff – und der Kapitän

Zum Start unserer neuen Rubrik gibt es gleich mal eine gewagte These. Doch: Die Stimmung ist nach der Derbyniederlage im Keller – Hertha ebenso, wenn sie das Spiel verlieren. Fredi Bobic ist als harter Hund in der Branche bekannt. Pal Dardai “hätte eigentlich fliegen müssen”, sagte er noch zu Beginn diesen Monats in einem DAZN-Interview.

Damit spielte Bobic auf die drei Niederlagen zu Beginn der Saison an, aber auch auf den emotionalen Auftritt von Dardai, “ich hänge nicht an meinem Sitz, ich helfe gerade aus”, sagte Dardai nach dem 0:5 gegen den FC Bayern. Bobic sah die Worte Dardais als Fehler an – einen zweiten wird Bobic vermutlich nicht verzeihen. Zumal ein Rausschmiss Dardais bei einer möglichen Niederlage gegen Augsburg durch die Derbyniederlage öffentlich sicher zu rechtfertigen wäre.

(Photo by Frederic Scheidemann/Getty Images)

Ist ein Dardai-Rausschmiss wahrscheinlich? Nein. In diesem Geschäft ist jedoch nichts auszuschließen, bleibt die sportliche Entwicklung aus. Mit einer Niederlage gegen den FCA wären es bereits drei Pleiten in den letzten vier Spielen gewesen – nur einen Punkt hätte man in diesem Zeitraum geholt. Mit 13 Punkten nach 13 Spielen würde die Luft für Dardai zumindest sehr dünn werden – schließlich wollte dieser bis Weihnachten “über 20 Punkte” gesammelt haben.

Jetzt unsere Podcast-Folge mit Hertha-Präsident Werner Gegenbauer hören, in der wir u.a. über die bislang mangelhafte Kommunikation zwischen Verein und Investor sprechen!

These 2: Ein Spiel der Langeweile

Die blau-weißen Fans erwarten eine Reaktion. Wie sie es schon so oft getan haben. Die Berliner Mannschaft steht überraschend oft in Erklärungsnot. Doch die Erfahrung zeigt: Den ersehnten Offensiv-Fußball kann und wird Hertha BSC nicht zeigen.

Liebend gerne würden die Fans hinter dem offensiven Spiel der Mannschaft ein fundiertes System erkennen – doch es bleibt, wie es ist: Fußballerisch eine graue Maus. Zugegeben, die Mannschaft ist von Bobic gar nicht darauf ausgelegt, offensiv zu glänzen. Auch deshalb hat man einen Cunha oder einen Cordoba abgegeben. Dardai selbst stand noch nie für offensive Ästhetik.

(Photo by John MacDougall – Pool/Getty Images)

Doch in ganz wenigen Spielminuten zeigt Hertha immer wieder, dass sie es eigentlich können. Und so fragt man sich: Warum eigentlich nicht immer so? Die Frage bleibt leider weiter unbeantwortet.

Auch der FC Augsburg ist nicht für ansehnlichen Fußball bekannt – schon gar nicht in dieser Saison. Und so wird es ein Hin- und Hergekicke, das überwiegend im Mittelfeld stattfindet. Torszenen werden selten sein, der Schiedsrichter wird viele Nickligkeiten pfeifen und passend dazu erstrahlt der Himmel in seinem schönsten grau.

These 3: Ein Spiel der Langeweile – doch die Hertha gewinnt!

Ja, es gab sie mal: Die erfolgreichen Zeiten bei Hertha BSC. Und die älteren Fans werden sich an den Hertha-Fluch erinnern – wann immer Hertha die Möglichkeit hat, ganz nach oben in die Tabellenregion zu kommen, verlieren sie. Doch es geht auch andersherum.

Wann immer Hertha in dieser Saison gegen direkte Konkurrenten spielte und die untere Tabellenregion drohte, gewannen die Berliner. Etwa am vierten Spieltag gegen den VfL Bochum, am fünften gegen Greuther Fürth oder achten, gegen Eintracht Frankfurt.

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(Photo by Thomas Eisenhuth/Getty Images)

Schon in der letzten Saison bewiesen die Berliner, dass sie “Abstiegsspiele” gewinnen können. Und so wird es auch dieses mal sein – denn irgendwie stolpert ein Berliner den Ball bei grauen Wetter und Nieselregen eben doch hinein.

[Titelbild: Photo by John MacDougall – Pool/Getty Images]

Herthaner im Fokus: Hertha BSC – FC Augsburg

Herthaner im Fokus: Hertha BSC – FC Augsburg

Endlich – man will es herausschreien – endlich hat Hertha BSC wieder ein Spiel gewonnen! Der 2:1-Heimsieg über den FC Augsburg war der erste Dreier nach neun sieglosen Partien infolge und damit ein echter Befreiungsschlag. Besonders imponierend war dabei, dass sich die Mannschaft von dem frühen 0:1 erholt und zurückgekämpft hat. Eine starke Moralleistung und ein hochverdienter Sieg. Wir wollen dabei wie immer über ausgewählte Auftritte einzelner Herthaner sprechen.

Lucas Tousart – Aufopferungsvoll im Abstiegskampf

In den vergangenen Wochen unter Pal Dardai zeigten einige Spieler eine deutliche Leistungssteigerung. Besonders war dies bei Lucas Tousart zu spüren. Der Franzose zeigte sich Woche für Woche selbstbewusster, konnte seine Stärken deutlich besser auf dem Platz zeigen als noch zu Saisonbeginn. So blieb er auch durchgehend in der Startformation, während seine Mitspieler im zentralen Mittelfeld rotierten. Das Vertrauen seines Trainers zahlte er jetzt auch zurück. Gegen den FC Augsburg war er einer der besten Herthaner auf dem Platz.

Zusätzlich zu seiner gewohnten Laufstärke (11,69 Kilometer) erlaubte sich der 23-Jährige kaum Fehler und zeigte auch gute Spieleröffnungen: Sechs seiner neun langen Bälle kamen an. Zudem war er mit 23 gewonnenen Zweikämpfe der zweikampfstärkste Spieler auf dem Platz (72% Zweikampfquote). Dabei musste der Mittelfeldmann einige Fouls und harte Zweikämpfe einstecken. Kein Hertha-Spieler wurde öfter gefoult (vier Mal). Davon ließ er sich jedoch nicht beeindrucken und lief keinem Duell aus dem Weg. Der Franzose blieb ruhig und strahlte nicht nur defensiv große Sicherheit aus. Im Zusammenspiel mit Santiago Ascacibar (erste Halbzeit) und Matteo Guendouzi (zweite Halbzeit) übernahm Lucas Tousart wie gewohnt zunächst den defensiveren Part.

Foto: IMAGO

Doch vor allem in der zweiten Halbzeit zeigte er sich deutlich mutiger nach vorne, traute sich den einen oder anderen Vorstoß zu. Mit einem dieser Vorstöße krönte er seine gute Leistung wenige Minuten vor Spielende und war direkt am entscheidenden 2:1 beteiligt. Von Lukas Klünter sehenswert in Szene gesetzt, lief er sich in Richtung gegnerischen Strafraum frei, wo er schließlich von Mads Pedersen am Fuß getroffen wurde. Anders als sein Mitspieler Matheus Cunha in der Vorwoche machte es der Franzose deutlich cleverer und fiel. Es gab den Elfmeter für Hertha, den Dodi Lukebakio zum erlösenden 2:1 verwandeln konnte.

Auf seine Leistung gegen Augsburg kann Tousart aufbauen. So ist er für Hertha in der aktuellen Situation sehr wertvoll. Es scheint so, als würde er eine wichtige Stütze in der zentralen Achse unter Pal Dardai werden. Umso bitterer also, dass sich der Franzose bei der entscheidenden Aktion im Strafraum am Fußgelenk verletzte. Die Schwere der Verletzung ist bisher noch unklar.

Jhon Cordoba – auch ohne Treffer wertvoll

Schon im zweiten Spiel nach seiner Rückkehr stand er wieder in der Startelf. Jhon Cordoba, in den ersten Spielen unter Pal Dardai noch mit Muskelfaserriss ausgefallen, durfte neben Sturmpartner Krzysztof Piatek angreifen. Die erste Halbzeit verlief jedoch alles andere als optimal für den Kolumbianer. Zu oft ließ er sich auf den Seiten abdrängen, war zu selten in zentraler Position zu finden.

Dazu litt auch Cordobas Performance unter der schwächeren Mannschaftsleistung der „alten Dame“ in der ersten Halbzeit. Ein gutes Beispiel ist die Szene in der 12. Spielminute, wo der bullige Angreifer den Ball von Piatek im Strafraum bekam und diesen nicht zurück anspielte, sondern einen harten Schuss aus spitzem Winkel auf den gegnerischen Torwart abgab.
Cordoba hatte also bis zur Pause Schwierigkeiten. Zu ungestüm, zu überhastet war sein Spiel in manchen Situationen. Dazu stand er oft zwei Gegenspielern gegenüber und ließ sich zu oft nach Außen ziehen. Das sah auch Cheftrainer Pal Dardai: „Die Stürmer waren übermotiviert, sollten die Box aber nicht verlassen und auf die Flanken warten.“ Viel besser funktionierte es in der zweiten Halbzeit.

Foto: IMAGO

Die langen Bälle verarbeitete Cordoba besser, auch sein Passspiel wurde deutlich genauer. Direkt nach Wiederanpfiff war er es, der die bis dahin beste Chance für Hertha hatte. Sein Schuss wurde aber noch gut von Rafal Gikiewicz pariert. Mit insgesamt vier Schüssen war der Kolumbianer der Spieler, der sein Glück am häufigsten versuchte. Ein Treffer sollte ihm, im Gegensatz zu Piatek, nicht gelingen. Den Elfmeter kurz vor Schluss hätte er zwar gerne geschossen, Dodi Lukebakio schnappte sich jedoch die Kugel.

So bleibt Cordoba zunächst bei fünf Treffern in 14 Partien. Doch wer am Ende in blau und weiß jubelt, wird in Berlin jedem egal sein. Ob als Torschütze oder als Arbeiter in der Offensive: Jhon Cordoba tut seiner Mannschaft gut. Seine kämpferische Natur und sein Torhunger machen ihn zu einer echten Waffe im Abstiegskampf. Sollte sein Zusammenspiel mit Piatek sich weiter positiv entwickeln lebt die Hoffnung auf ein versöhnliches Ende dieser katastrophalen Saison weiter. Mit dem “Krieger”, wie ihn Dardai nannte, wurde nun die erste Schlacht gewonnen. Auf das weitere Siege folgen.

Krzysztof Piatek – Der Erlöser

Und plötzlich passte es einfach mal: Seit dem Tor von Luca Netz gegen den VfB Stuttgart hatte Hertha auf einen eigenen Treffer gewartet, obwohl man zwischenzeitlich so oft so nah dran gewesen war. Krzysztof Piatek hatte sogar seit seinem Treffer gegen Eintracht Frankfurt vom 30. Januar auf seinen nächsten Streich warten müssen.

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Doch in der 62. Minute gegen den FC Augsburg war es dann so weit. Vladimir Darida brachte den Ball vom rechten Strafraumeck in die Mitte, wo Piatek goldrichtig stand und zum 1:1 einköpfte. Der Pole agierte in diesem Moment einmal mehr im Stile eines wahren Torjägers. Vor der Hereingabe löste sich Piatek hervorragend von seinen Bewachern, positionierte sich perfekt für die Vorlage nickte diese dann technisch sauber ein. In diesem Moment wurde wieder offensichtlich, was man sich in Berlin von dem 24-Millionen-Transfer erhofft – Tore. In seinem nun 40 Pflichtspiel für die “alte Dame” war es der elfte Treffer – sicherlich ist die Quote noch ausbaufähig, doch in den letzten Wochen ist klar erkennbar, dass Piatek daran arbeitet, noch öfter in Abschlusssituationen zu kommen, aber auch über Tore hinaus wichtig für die Mannschaft zu sein.

So auch gegen den FCA. Piatek, seit seiner Ankunft als zu braver und spielerisch blasser Spieler verschrien, hat sich am vergangenen Samstag wirklich aufgerieben. Mit zwölf gelaufenen Kilometern war der Mittelstürmer laufstärkster Herthaner – eine absolute Seltenheit, dass man das jemanden seines Spielertyps sieht. Neben drei Abschlüssen kommen zwei Tacklings, ein abgefangener Ball und ein Schlüsselpass hinzu. Kurzum: Piatek war so aktiv wie selten zuvor. Wie bereits angemerkt, war der Aufwand teilweise etwas verschwendet, weil Piatek sich nicht den gebrauchten Zonen aufhielt, der Wille bleibt unbestritten. Um es etwas plakativ zu beschreiben: Pal Dardai bekommt den Kampf in den zuvor zu zaghaften und nicht genug widerstandsfähigen Piatek.

Piatek präsentiert sich seit Wochen deutlich kämpferischer und präsenter als in den vielen Monaten zuvor. Dardai scheint den Mittelstürmer immer besser in Berlin ankommen zu lassen. Wenn der Pole wie gegen den FC Augsburg dann auch noch trifft, kann endlich vollends zufrieden mit ihm sein.

Lukas Klünter – Erst Pechvogel, dann Matchwinner

Pal Dardai könnten nach dem Augsburg-Spiel hellseherische Fähigkeiten unterstellt werden. Nachdem Lukas Klünter die 0:2-Niederlage gegen den VfL Wolfsburg mit seinem Eigentor eingeleitet hatte und daran beinahe verzweifelt wäre, baute Dardai den Abwehrspieler danach öffentlich auf. “Eigentor? Na, und! Vielleicht ist er beim nächsten Mal der Matchwinner”, sagte der Ungar – und wie Recht er behalten sollte.

Dabei begann die Partie für Klünter erneut unglücklich. Erneut als Teil der Berliner Dreierkette eingesetzt, verschätzte sich der 24-Jährige beim 0:1-Gegentreffer. Er ließ Torschütze Laszlo Benes viel zu viel Platz, sodass dieser per Drehschuss die Augsburger in Führung brachte. Diesen Fehler machte Klünter im Laufe der Begegnung aber allemal gut. Defensiv präsentierte er sich im Anschluss, auch wenn wenig gefordert, souverän. Er hatte nicht allzu viel zu verteidigen, klärte aber zwei Situationen und verhinderte durch seine Schnelligkeit ein paar Augsburger Konter.

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Viel auffälliger als seine Abwehraktionen war tatsächlich sein Spiel mit dem Ball – eine Disziplin, in der Klünter bislang eher selten bestacht. Klünter leitete beide Hertha-Tore des Tages durch herausragende Steilpässe ein. Beim 1:0 schickte er Darida zur rechten Strafraumseite, von welcher der Tscheche das 1:1-Ausgleichstor auflegte. Auch Lucas Tousart, der den spielentscheidenden Elfmeter herausholte, hatte vor einen starken Ball von Quarterback Klünter erhalten.

“Wenn er solche Bälle nach vorn spielt, ist das schön. Klünti ist ein Prototyp an Fleiß und Professionalität”, sagte Dardai nach dem Spiel. Es ist beeindruckend, wie sich Klünter aus der Vergessenheit herausgearbeitet und mittlerweile zu einem Leistungsträger des Teams gemausert hat. Das Spiel gegen Augsburg hat seinen Wert für die Mannschaft noch einmal dick unterstrichen.

Und dann war da noch …

Dodi Lukebakio: Ausgerechnet, will man sagen. Ausgerechnet der seit Monaten formschwache Lukebakio hat Hertha den ersten Sieg seit dem Schalke-Spiel beschert. Der Belgier ist in der 65. Minute eingewechselt worden und war sofort präsent. Durch ein paar Dribblings und gute Vertikalläufe kurbelte er das Offensivspiel seiner Mannschaft noch einmal an und hatte in der 83. Minute per Kopf die Chance, Hertha schon früher auf die Siegerstraße zu bringen. Das holte er dann in der 89. Minute mit dem verwandelten Elfmeter nach. In dieser Drucksituation anzutreten und zu treffen, nötigt Respekt ab.

Deyovaisio Zeefuik: Zuvor vier Spiele nicht im Kader, stand Zeefuik nun schon zum zweiten Mal infolge in der Startelf – und er rechtfertige seinen Einsatz auch. Der Rechtsverteidiger machte auf seiner Seite erheblichen Betrieb, war für seine Gegenspieler nur schwer aufzuhalten. Durch seine Tempovorstöße, Dribblings und das regelmäßige Auftauchen im Strafraum sorgte Zeefuik stets für Gefahr. Defensiv fehlte ihm teilweise etwas die Kompromisslosigkeit, dennoch war es ein guter Auftritt des Niederländers.

Matteo Guendouzi: Es geht doch. Nach zuletzt enttäuschenden Auftritten legte Goendouzi gegen Augsburg einen deutlich verbesserten Auftritt hin. Nach seiner Einwechslung zur zweiten Halbzeit war der Franzose sofort präsent und fügte sich durch sauberes Passspiel und gute Übersicht ein. Mit Guendouzi lief das Spiel sichtbar flüssiger, seine Spielintelligenz half der Mannschaft. Darüber hinaus zeigte sich der Mittelfeldspieler deutlich resoluter als zuletzt, er setzte zwei starke Tacklings und führte Zweikämpfe sichtlich körperlicher. In dieser Form ist Guendouzi eine Hilfe für das Team.

[Titelbild: nordphotoxGmbHx/xEngler/IMAGO]

Podcast #118 BVB Besieger Besieger

Podcast #118 BVB Besieger Besieger

Endlich ist er da, der zweite Sieg dieser Saison. Über diesen sprechen Marc und Lukas mit Hannes, einem Bremer, aber treuem Hörer unseres Podcasts. Außerdem geht es um die verspätete Zahlung von Tennor, Jordans positiven Coronatest und wir geben einen Ausblick auf die Länderspielpause sowie auf das Spiel gegen Dortmund.

Wir wünschen euch ganz viel Spaß mit der Folge und freuen uns über eure Kommentare.

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[Titelbild: Photo by Stefan Puchner – Pool/Getty Images]