von Simon | Nov 7, 2022 | Bundesliga, Drei Schlüsselduelle, Hertha BSC, Vorbericht
Auf den Befreiungsschlag im Heimspiel gegen Schalke Ende Oktober folgten für Hertha BSC zwei bittere und denkbar knappe Niederlagen in Bremen und gegen Bayern. Im Endspurt vor der WM-Pause steht die alte Dame deshalb unter Druck, sich endlich für die gezeigten Leistungen zu belohnen. Das Gastspiel in Stuttgart steht auch wegen der Tabellensituation unter dem Motto „verlieren verboten“.
Die Ausgangssituation vor Beginn des 14. Bundesliga-Spieltags könnte für Hertha und Stuttgart kaum ähnlicher sein: Beide stehen mit bisher nur 11 Punkten da, lediglich die Tordifferenz trennt die beiden Teams auf den Tabellenplätzen 15 und 16. Mit einem Sieg könnten beide Mannschaften wieder näher ans Tabellenmittelfeld heranrücken, was dem Spiel eine besondere Bedeutung verleiht.
Die Schwaben gehen mit einer ähnlichen Form wie Hertha in dieses Spiel – drei Punkte aus den letzten drei Spielen, allerdings konnte Stuttgart die letzten drei Heimspiele gewinnen. Unter Matarazzo-Nachfolger Wimmer spielte der VfB in den beiden letzten Spielen in einer 4-4-2-Formation, ähnlich wie Hertha gegen Schalke und Bayern.
Top-Scorer im 1-gegen-1? Dodi Lukébakio gegen Borna Sosa
Auf dem (aus Hertha-Sicht) rechten Flügel wird es in Stuttgart zum Duell zwischen dem besten Torschützen der Berliner und dem besten Vorbereiter der Stuttgarter kommen – die Rede ist natürlich von Dodi Lukébakio und Borna Sosa. Über Lukébakios Qualitäten in Offensive und Defensive wurde in den vergangenen Wochen bereits viel gesagt, gegen Bayern traf er zum sechsten Mal in dieser Saison und egalisierte damit Jovetics Bestwert aus der Vorsaison. Ligaweit gelingen Lukébakio die viertmeisten Dribblings pro Spiel, er liegt nur knapp hinter dem Führenden-Trio aus Frimpong, Ejuke und Bellingham.

(Photo by Cathrin Mueller/Getty Images)
Am Dienstag steht ihm mit Borna Sosa aber ein Gegenspieler gegenüber, bei dem auch insbesondere seine Defensiv-Qualitäten gefragt sein werden – die er zum Beispiel mit seiner Rettungstat gegen Leipzig unter Beweis stellte. Sosa schlug in dieser Saison bereits 93 Flanken, bereitete 25 Torschüsse vor und hat ligaweit mit 0.48 den höchsten xA-Wert pro 90 Minuten. Auch ohne seinen Traumpartner Sasa Kalajdzic kommt Sosa schon auf vier Vorlagen, drei davon in den letzten vier Liga-Spielen.
Gleichzeitig ist Sosa kein ausgewiesener Defensivspezialist, was für Lukébakio Möglichkeiten eröffnen könnte, seine offensiven Qualitäten auszuspielen. Statistisch liegt der kroatische Linksverteidiger in Kopfballduellen und Interceptions in der schlechteren Hälfte der Außenverteidiger in Top-5-Ligen, bei Blocks sogar im hinteren Drittel.
Duell der Dauerbrenner: Kenny gegen Endo
Ligaweit gibt es noch sechs Feldspieler, die bisher in jeder Minute dieser Bundesliga-Saison auf dem Platz standen, einer davon ist Herthas Rechtsverteidiger Jonjoe Kenny. Kenny macht bei Hertha seit Saisonbeginn Schritt für Schritt nach vorne: Gegen Bayern lieferte er gegen Sadio Mané und Kingsley Coman eine defensiv solide Leistung ab und bereitete kurz vor Spielende beinahe noch den Ausgleich vor.
Zu seiner „Unersetzbarkeit“ trägt sicherlich auch bei, dass Hertha auf der Rechtsverteidigerposition keine echte Alternative zum 25-Jährigen Engländer hat. Besonders spannend wird, ob Kenny auch in der englischen Woche die beiden noch ausstehenden Spiele gegen Stuttgart und Köln jeweils über die komplette Distanz bestreiten wird, oder ob Peter Pekarík ihn zumindest zeitweise vertreten wird.

(Photo by Matthias Kern/Getty Images)
Zumindest seit Michael Wimmer in Stuttgart den Cheftrainer-Posten übernommen hat, verpasste bei den Schwaben Wataru Endo keine Bundesliga-Minute. Der Japaner ist als „Gehirn“ und Kapitän für den VfB kaum entbehrlich – gegen Gladbach lief er zudem mit 11,49 Kilometern die meisten aller Stuttgarter. Auch bei ihm wird sich die Frage stellen, ob er von Wimmer im Laufe der englischen Woche eine Pause verordnet bekommt.
Duell zwischen den Pfosten: Florian Müller gegen Oliver Christensen
Mit Florian Müller und Oliver Christensen kommt es am Dienstag auch zum Duell zwischen zwei der jüngsten Bundesliga-Stammkeeper. Und auch wer bei den beiden nach Gemeinsamkeiten sucht, die über ihr Alter hinausgehen, wird schnell fündig: Sowohl Christensen als auch Müller zeichnen sich durch ein modernes, proaktives Torwartspiel aus, beiden unterliefen in dieser Saison bereits mehr oder weniger folgenschwere Fehler (Müller gegen Wolfsburg, Christensen gegen Freiburg).
Statistisch gesehen überragen die Keeper bisher allerdings keinesfalls – beim Anteil der gehaltenen Bälle bewegen sich beide im unteren Ligadrittel, ganz ähnlich sieht es beim PSxG-Wert aus.
Während Müller zumindest am ersten Spieltag gegen Leipzig dem VfB einen Punkt rettete, konnte Christensen noch keine Punkte in hitzigen Schlussphasen sichern – der junge Däne lieferte allerdings trotzdem schon viele ordentliche Partien ab und war bei den meisten späten Gegentoren schuldlos. Seine beste Saisonleistung mit großartigen Paraden und gehaltenem Elfmeter lieferte er wohl bei der Niederlage in Gladbach ab. Das Spiel gegen Stuttgart wäre ein guter Punkt, um mal wieder eine hervorragende Leistung abzuliefern und Hertha damit wichtige Punkte zu bescheren.

(Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)
Denn eins ist klar: Sollte Hertha gegen Stuttgart verlieren, stünde man wieder auf einem Abstiegsplatz und würde viel Druck in das letzte Heimspiel des Jahres gegen den 1. FC Köln nehmen. Mit einem Sieg dagegen könnte man womöglich an Augsburg und Leverkusen vorbeiziehen und den Abstand auf Teams wie Köln, Wolfsburg, Mainz oder Hoffenheim auf drei bis vier Punkte verkürzen.
Daraus könnte man den Schluss ziehen, dass das Auswärtsspiel in Stuttgart zu jenen gehört, die Hertha BSC gewinnen muss. Das war zuvor eigentlich nur bei den Spielen gegen Schalke und Augsburg der Fall, und auch wenn Hertha in beiden Spielen keine überragenden Leistungen darbot, ging man jeweils als Sieger vom Platz – was Hoffnung für das Spiel gegen den VfB macht.
(Titelbild: Maja Hitij/Getty Images)
von Johannes Boldt | Nov 7, 2022 | Bundesliga, Einzelkritik, Hertha BSC
Ein ausverkauftes Berliner Olympiastadion, eine weitere ansprechende Leistung der Hertha und am Ende steht eine Niederlage gegen den FC Bayern München fest. Höhepunkte der Veranstaltung sollten definitiv die zahlreichen Banner gegen die WM in Katar sein, die in beiden Fanlagern präsentiert wurden. Auf dem Rasen fand ein Spiel statt, welches zwei sehr verschiedene Halbzeiten zu bieten hatte. Während nach 45 Minuten und einer wilden ersten Halbzeit bereits der 2:3-Endstand auf der Anzeigetafel zu sehen war, war die zweite Hälfte bis auf einer kurzen Druckphase der Bayern durch solide Abwehrleistungen geprägt. Und die Gründe für die Niederlage waren insbesondere in der Topform und eiskalten Spielweise verschiedener Bayern-Spieler, wie Jamal Musiala oder Eric-Maxim Choupo-Moting zu finden. Und leider auch darin, dass Herthas Verteidigung in manch einem Moment überfordert und unaufmerksam war.
Schwarz setzt erstmals auf ein 4-4-2
Gegen den Rekordmeister stellte Sandro Schwarz seine Mannschaft in einem 4-4-2-System auf. Personell musste er verletzungs- bzw. gesundheitsbedingt zweimal wechseln. Jean-Paul Boetius ersetzte den in Bremen verletzt ausgewechselten Stevan Jovetic, Davie Selke den unter der Woche an Magen-Darm erkrankten Wilfried Kanga im Sturm. Dort wurde Selke von Dodi Lukebakio unterstützt, der von den Außen in die Mitte gewechselt ist. Boetius nahm zunächst die Position des linken Außenspielers dafür ein. Auf der rechten Seite agierte dafür Marco Richter. Im zentralen Mittelfeld war die übliche Achse, bestehend aus Lucas Tousart und Suat Serdar, zu finden. In der Verteidigung sollte sich wieder nichts verändern. Links Kapitän Marvin Plattenhardt, in der Innenverteidigung Marc-Oliver Kempf, Agustin Rogel und Jonjoe Kenny. Im Tor stand Oliver Christensen.
In unserer heutigen Analyse schauen wir auf die Offensivakteure, jemanden, der zum Leistungsträger herangewachsen ist und die Einwechslungen.
Dodi Lukebakio: Gegen Bayern gefährlich wie immer
Eigentlich sind alle Lobeshymnen über Dodi Lukebakio gesungen. Er ist in dieser Saison einfach einer der besten Spieler von Hertha BSC. Der Belgier wächst immer mehr zum Führungsspieler heran, was auch seine Ansprache ans Team vor dem Spiel zeigte. Und wie üblich gegen die Bayern, war er auch vor dem Tor gefährlich. Die kleine Umstellung von den Außen in die Sturmzentrale sollte sich auszahlen. Schon nach vier Minuten und einem siegreichen Laufduell gegen Dayot Upamecano zwang er Manuel Neuer zu seiner ersten Parade. Seinem Schuss auf die obere Torecke fehlte aber die nötige Kraft, um den wiedergenesenen deutschen Nationaltorhüter wirklich vor Probleme zu stellen. In der 40. Minute konnte er seine Mühe und seinen Einsatz vergolden. Nach einer Flanke von Richter ließ er Neuer per Direktabnahme keine Chance. Das 1:3 weckte Hertha kurz vor der Pause nochmal auf.

(Photo by Maja Hitij/Getty Images)
Insgesamt war Lukebakio 38 Mal am Ball, spielte 71 Prozent erfolgreiche Pässe, gewann 50 Prozent seiner Zweikämpfe und vollzog drei von vier Dribblings erfolgreich. Insgesamt wirklich starke Statistiken für einen Stürmer. Hinzu kommen drei Torschüsse, er bereitete einen weiteren vor, aber er hatte auch 12 Ballverluste, die man allerdings wohl gegen die Bayern mit einberechnen muss. In der zweiten Halbzeit konnte aber auch er kaum noch nennenswerte Akzente in der Offensive setzen. Dodi Lukebakios Form ist enorm wichtig für das Team. Er ist der beste Offensivspieler, Toptorjäger und der einzige, der regelmäßig zählbare Leistung liefern kann. In Herthas Situation Gold wert, aber leider zu wenig, wenn seine Mitspieler nicht ähnliches liefern können.
Jonjoe Kenny: Zum Leistungsträger herangewachsen
Einer, der nicht in der Offensive zu sehen ist, aber ebenfalls mittlerweile oft mit starken Leistungen glänzen kann, ist Rechtsverteidiger Jonjoe Kenny. Der Engländer brauchte einige Spiele, um im Team anzukommen, doch mittlerweile ist er kaum noch wegzudenken. Neben Oliver Christensen, ist er der einzige Herthaner, der noch keine Minute in dieser Saison verpasst hat. Und auch gegen die Bayern zeigte er eine absolut ansprechende Leistung. Ganz nebenbei waren mit Sadio Mané und Kingsley Coman zwei absolute Weltstars seine direkten Gegenspieler.

(Photo by RONNY HARTMANN/AFP via Getty Images)
Er war 42 Mal am Ball, spielte 60 Prozent erfolgreiche Pässe und konnte solide 71 Prozent Zweikämpfe für sich entscheiden. In der Verteidigung hatte er gegen die stürmenden Bayern allerhand zu tun. Sechsmal klärte er den Ball aus dem Strafraum, blockte zwei Schüsse, lief drei Bälle ab und entschied fünf Tacklings für sich. Stolze Zahlen für den Dauerbrenner. Jonjoe Kenny ist sicherlich kein Spieler für die Galerie, doch er hat Herthas Dienstältesten Fußballer, Peter Pekarik, auf dieser Position endlich ersetzen können. Wahrscheinlich auch weil er dem Slowaken eben manchmal recht ähnlich ist.
Davie Selke: Deutscher Choupo-Moting… oder andersrum?
Aus Davie Selke wird in diesem Leben wohl kein eiskalter Vollstrecker vor dem Tor mehr. Zumindest nicht im Hertha-Trikot. Etwas, was man vor wenigen Wochen auch über Eric-Maxim Choupo-Moting dachte, bis der auf einmal in die Form seines Lebens kam und mittlerweile beim FC Bayern für etliche Tore sorgt. These: Würden Choupo-Moting und Selke die Teams wechseln, würde auch Selke eine Statistik wie der Kameruner vorweisen können. Im Endeffekt liegt es dann doch zu großen Teilen an den Mitspielern und am Kopf. Die beiden Tore, die Choupo-Moting Hertha einschenkte, hätte Selke nicht schöner veredeln können. Luftloch schießen und im Fallen mit dem Standbein den Ball ins Tor drücken – eben eine hohe Kunst besonderer Stürmer …

(Photo by RONNY HARTMANN/AFP via Getty Images)
Davie Selke war gegen die Münchner 64 Minuten lang auf dem Platz, eher er Wilfried Kanga Platz machen musste. Und wie immer war er bemüht, umtriebig und war hochmotiviert. Nach elf Minuten hatte er seine erste von drei Möglichkeiten vor dem Tor. Die Hereingabe von Marvin Plattenhardt konnte er aber nicht mit dem nötigen Druck auf Neuers Tor bringen. Keine Gefahr im Endeffekt. 30 Mal war Selke am Ball, spielte elf von siebzehn Pässen erfolgreich, gewann die Hälfte seiner Zweikämpfe und holte kurz vor dem Ende der ersten Halbzeit den Elfmeter raus, als ihm Benjamin Pavard auf den Fuß stieg. Den Elfmeter verwandelte er selbst sicher. Der Anschlus war hergestellt.
Auch wenn die Statistiken von Selke keinesfalls schlecht sind, so fehlt ihm doch einiges, um ein wirklich entscheidender Faktor im Spiel der Hertha zu sein. Zu oft fehlt ihm das nötige Gefühl in der Ballbehandlung, wie in der 27. Minute, als es ihm nicht gelang den Ball in extrem aussichtsreicher Position zu kontrollieren. Die unfreiwillige Abgabe war immerhin die Vorlage einer guten Chance Marco Richters. Glück hatte Selke zusätzlich in der 16. Minute, als sein rüdes Foul gegen Upamecano eigentlich mit gelb hätte bestraft werden müssen. Der Stürmer war wie immer bemüht, konnte dank des Elfmeters Zählbares produzieren, insgesamt aber zu harmlos.
Marco Richter: Gut begonnen, stark nachgelassen
Marco Richter war wie immer sehr motiviert und glücklicherweise trotz Schwierigkeiten auf dem Platz nicht so schnell frustriert, wie häufiger in manchen Spielen in der Vergangenheit. In der 27. Minute hatte Richter schlichtweg Pech, es mit einem der besten Torhüter der Welt zu tun zu haben. Seinen wirklich sehenswerten Schlenzer aus der Drehung auf das linke, obere Toreck, hielt Manuel Neuer mit einer absoluten Glanzparade. Nicht viele Bundesligatorhüter sind in der Lage, solch einen Ball noch aus der Ecke zu fischen. In den meisten Spielen hätte Hertha hier wohl ein Tor feiern können. In der 40. Minute konnte er sich mit seinem Assist in die Statistiken eintragen. Seine Flanke von der rechten Seite war wohlgetimt, um Lukebakio den perfekten Torabschluss zu ermöglichen.

(Photo by RONNY HARTMANN/AFP via Getty Images)
Gegen die Bayern war Richter 78 Minuten dabei, ehe er von Myziane Maolida ersetzt wurde. Die Verteidigung machte es ihm durchgehend schwer sich zu entfalten. 28 Mal war er am Ball, spielte acht von vierzehn Pässen erfolgreich, konnte aber nur drei von zehn Zweikämpfen für sich entscheiden. Zudem kommen zwölf Ballverluste. Insbesondere ab der zweiten Halbzeit konnte er kaum noch Einfluss auf das Offensivspiel der Hertha nehmen. Insgesamt hat Richter aktuell im Zweikampf um den Startelfplatz gegen Chidera Ejuke leicht die Nase vorn.
Die Wechsel verpuffen ohne nennenswerten Einfluss auf das Spiel
Und da sind wir bei einem Problem, was sich seit einigen Spielen bei Hertha durchzieht. Die Einwechslungen bringen aktuell kaum Zählbares zustande. Sie ordnen sich nahezu unsichtbar ins Spiel der Berliner ein, ohne Frische ins Team zu bringen oder einen gewissen Einfluss zu haben. Auch ein Grund, weshalb Richter ohne Probleme vor Ejuke in der Hierarchie stehen kann. Der Nigerianer hat natürlich ein bestechendes Tempo, aber seine Fehler in der Entscheidungsfindung auf dem Platz lassen einfach keine hilfreichen Aktionen zu. Pässe spielt er zu spät oder gar nicht, mal einen Torschussversuch abgeben, sucht man bei ihm ebenso vergeblich. Ejuke ist seit Wochen außer Form und schafft es Richter nicht zu ersetzen.

(Photo by Maja Hitij/Getty Images)
Myziane Maolidas Vorstellung gegen Bayern war kläglich. Eingewechselt in der 78. Minute sollte er nochmal Offensivschwung bringen, herausgekommen ist rein gar nichts. Er war sieben Mal am Ball, davon verlor er ihn sechsmal. Keiner seiner drei Pässe kam beim Mitspieler an, nicht einmal aus kürzester Entfernung. Myziane Maolida fehlt Spielpraxis, ist aber kaum als Teil des Teams zu erkennen und sehr weit von Bundesliganiveau entfernt.
Wilfried Kanga und Kevin-Prince Boateng bemühten sich, konnten aber auch nichts in der Offensive ausrichten. Kanga wurde von Bayerns Abwehr kaltgestellt, lag in der Luft und brachte keinen Schuss oder auch nur Versuch auf das Tor von Neuer. Für Boateng ist das Spiel gegen die Bayern schlichtweg zu schnell gewesen, er ist nicht mehr in der Lage auf solch einem hohen Niveau noch mitzuhalten und dann auch noch klare Akzente zu setzen.
Maximilian Mittelstädt kam schon nach 65 Minuten für Marvin Plattenhardt. Auch wenn er keinen großen Einfluss auf das Spiel hatte, wurde in diesen Minuten schnell wieder deutlich, dass er einfach der bessere Linksverteidiger im Kader ist. Plattenhardt sah blass aus, allerdings konnten auch nicht Marc-Oliver Kempf und vor allem nicht Agustin Rogel überzeugen. Gerade Rogel hatte unglückliche Aktionen bei den Gegentoren.
Viel Lob bringt keine Punkte
Ja, eine Niederlage gegen die Bayern ist okay. Gegen den Rekordmeister zu punkten kann man nicht verlangen und schon gar nicht einplanen. Und Hertha gelang es wie gegen Leipzig nach einem deutlichen Rückstand das Spiel nochmal spannend zu machen, eine Qualität der Mannschaft. Aber am Ende sind nicht die Punkte, die man gegen Leipzig oder Bayern abgeben musste, das Problem. Da werden fehlende Punkte gegen Bremen, Hoffenheim oder Mainz zu einem Problem. Hertha steht nach 13 Spieltagen mit elf Punkten auf Platz 15. Zwei Siegen, stehen fünf Remis und sechs Niederlagen gegenüber. Das ist zu wenig, um von einer guten Bundesligasaison zu sprechen. Es hilft nichts, sich an immer den gleichen Lobeshymnen festzuhalten. Gute Spiele bedeuten nicht gleich Punkte und da ist letztendlich auch jede xGoals-Statistik unwichtig. Die Restsaison wird unglaublich hart, wenn man nicht gegen Stuttgart oder Köln einen Sieg, eigentlich zwei Siege, einfährt. In einer Woche wissen wir mehr.
(Titelbild: Maja Hitij/Getty Images)
von Misha Yantian | Nov 5, 2022 | Bundesliga, Drei Thesen, Hertha BSC, Vorbericht
Die Euphorie nach dem ersten Heimsieg der Saison gegen Gelsenkirchen war groß. Dass dies gegen den mehr als angeschlagenen Tabellenletzten der Bundesliga gelang, war Nebensache, denn wir Fans mussten lang genug warten. Unsere Jungs konnten sich für die guten Leistungen in den Spielen zuvor endlich belohnen. Lang hielt die Freude nicht an, denn als wären die katastrophalen Umstände für uns Auswärtsfans nicht genug gewesen, verlor die Hertha durch einen späten Treffer von Füllkrug mit 0:1 im Weserstadion. Die Markenbotschafter Katars hingegen kommen formstark nach Berlin, nachdem man die Gruppenphase der Champions League ohne Punkteverlust abschließen konnte.
These 1: Choupos Lauf hat gegen Hertha ein Ende
Weinte man “Lewangoalski” Anfang der Saison noch hinterher, heißt Bayerns neuer Mann der Stunde, Eric Maxim Choupo-Moting. Wettbewerbsübergreifend erzielte der Kameruner bisher acht Treffer und legte drei weitere auf. Absurd, denn eigentlich sollte Stareinkauf Sadio Mané Bayerns ehemalige Nummer 9 vergessen machen. Doch ohne nominellen Stürmer taten sich die Münchener mit Qatar Airways auf dem Ärmel und im Herzen lange schwer. Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet Choupo einen großen Anteil am aktuellen Erfolg des FC Bayerns hat?

(Photo by Christof Stache/AFP via Getty Images)
Doch damit ist jetzt Schluss! Gibt es dafür eine plausible Erklärung? Nein. Aber dafür ist dieses Format auch nicht da. Hier spricht das Bauchgefühl eines Herthaners, der in 19 Jahren Fan sein noch keinen Sieg im Stadion gegen München gesehen hat. Den letzten Hertha-Sieg gegen den Rekordmeister hat er verpasst. Doch dazu später mehr.
These 2: Bayern-Fans aus München? Fehlanzeige.
Heimspiele gegen die Bayern hatten, trotz durchschnittlicher Bilanz, schon immer ihren Charme. Volles Stadion, ausgelassene Herthaner:innen, die wenig Hoffnung auf einen Sieg hatten, und Bayern-Fans aus ganz Deutschland, die verzweifelt nach einem Familienmitglied aus München suchten. „Die Großcousine meines Schwagers ist Münchenerin und deswegen bin ich von klein auf Bayern-Fan“ – wer hat das noch nicht gehört? Dass nur wenige Fans den weiten Weg aus Süddeutschland angetreten sind, macht sich spätestens im Stadion bemerkbar, denn mehr als „Super Bayern Super Bayern Hey Hey“ kriegen die wenigsten hin. Besonders schade ist das für die wenigen richtigen Bayern-Fans, aber nicht jede:r kann die Alter Dame aus Berlin unterstützen.
Unsere Hertha ist das Gegenteil, denn Fußballdeutschland begeistern konnten wir bisher selten. Umso ehrlicher ist unsere Berliner Fangemeinde, die uns am Samstag zum Heimsieg schreien wird.
These 3: Hertha macht’s wie 2018!
Vor vier Jahren, im September 2018, spielte Hertha zuerst in Bremen und hieß anschließend die großen Bayern im Olympiastadion willkommen. Verlor man nach eher dürftiger Leistung gegen Werder, folgte ein spektakulärer Sieg in unserem Wohnzimmer gegen den Rekordmeister. Erkennen wir hier ein Muster? So richtig verlässlich sind unsere Quellen nicht, aber die schönsten Geschichten schreibt bekanntlich unsere Hertha und deswegen lassen wir diesen Moment der Glückseligkeit wiederholen. Damals trafen Vedad Ibišević durch einen Elfmeter und Ondrej Duda nach toller Vorarbeit von Valentino Lazaro. Das Herz schlägt schon bei bloßer Erinnerung an dieses Spiel wieder höher. Warum also nicht nochmal?

Das waren drei Thesen aus der Hertha-Seele – ohne Verstand, aber dafür mit viel Jefühl. Hertha gewinnt dieses Spiel und ganz Berlin liegt sich anschließend in den Armen. Dass Köpenick deshalb für mindestens zwei weitere Spiele von der Tabellenspitze grüßt, können wir am späten Samstagnachmittag dann auch verkraften.
(Photo by Maja Hitij/Getty Images)
von Benedict Puls | Nov 5, 2022 | Bundesliga, Drei Schlüsselduelle, Hertha BSC, Spieler, Um den Verein, Vorbericht
Das bisherige Motto von Hertha BSC in dieser Saison war „Gut gespielt, (zu) wenig Punkte“. Lange erhielt die Mannschaft von Sandro Schwarz Lob für ihr Auftreten, selbst wenn es am Ertrag häufig mangelte. In den letzten beiden Spielen gegen die Aufsteiger Schalke und Bremen stagnierte jedoch auch die Leistung, am Ende reichte es zumindest gegen die Gäste aus Gelsenkirchen zum ersten Heimsieg der Saison, inklusive Willy Kangas Premierentor. Der kommende Gegner aus dem Süden der Republik kommt daher zu einem eher ungünstigen Zeitpunkt, auf der anderen Seite hat Hertha kaum etwas zu verlieren.
Auf welche Schlüsselduelle es ankommt und wie man gegen Bayern München zu Punkten kommen kann, wollen wir in diesem Artikel diskutieren.
Oliver Christensen vs. Eric Maxim Choupo-Moting
Der Kader des deutschen Serienmeisters ist gespickt mit absoluten Topstars. Dass am Ende ausgerechnet der bisherige Ersatzspieler Eric Maxim Choupo-Moting zu einer der absoluten Schlüsselfiguren der laufenden Saison wird, dürfte den Großteil der geneigten Fußballfans überraschen. Der Deutsch-Kameruner konnte in bisher 13 Spielen mit 8 Toren und 3 Vorlagen glänzen, und dass bei gerade einmal 613 Einsatzminuten in Bundesliga, DFB-Pokal und Champions League zusammen. Anders formuliert: Choupo-Moting erzielt alle gut 57 Minuten einen Scorer, was den Zahlen eines Weltklassestürmers entspricht. Das wohl beeindruckendste an dieser Statistik ist jedoch, dass jede einzelne dieser Torbeteiligungen in den letzten vier Wochen erfolgte. Es dürfte schwierig sein, einen anderen Spieler zu finden, der zurzeit solch eine Form aufweist.

(Photo by Christof Stache/AFP via Getty Images)
Ihm gegenüber steht mit Olli Christensen der jüngste Stammtorhüter in der Bundesliga. Fredi Bobic bestätigte unter der Woche in einem Sky exklusiv Interview noch einmal, dass man mit dem Dänen ein gewisses Risiko eingegangen ist. Und dieser bestätigt das in ihn gesetzte Vertrauen bis jetzt mit soliden Leistungen. Auch wenn hier und da mal eine unsichere Situation, wie zum Beispiel der Ausflug gegen Antony Modeste gegen Dortmund oder das späte verschuldete Gegentor im Freiburg-Spiel, dabei ist, hat Christensen die Mannschaft schon das ein oder andere Mal im Spiel gehalten. Im Gegensatz zum vergleichsweise unsicheren Alexander Schwolow (derzeit an Schalke verliehen) strahlt der 24-jährige Nationalspieler eine gewisse Stabilität und Ruhe aus, von der auch die Verteidiger vor ihm profitieren.
Ein Blick auf die Zahlen zeigt allerdings auch: 17 Gegentore in 12 Spielen und bisher nur einem Spiel ohne Gegentor bieten durchaus Luft nach oben, wobei dafür natürlich nicht nur der Torhüter alleine verantwortlich ist. Oliver Christensen trifft mit Eric Maxim Choupo-Moting auf einen äußerst formstarken und somit auch selbstbewussten Stürmer. Falls Hertha gegen die Bayern Punkte mitnehmen will, ist eine überdurchschnittliche Leistung und etliche gewonnene Privatduelle des Schlussmanns gegen den Mittelstürmer der Münchner notwendig.
Lucas Tousart vs. Joshua Kimmich
Herthas wichtigste Zone unter Sandro Schwarz und dessen Art Fußball spielen zu lassen ist zweifelsohne das Mittelfeld. Durch eine aktive Zweikampfweise und Ballgewinne im mittleren Drittel des Spielfeldes sowie daraus resultierende Gegenstöße soll einerseits Gefahr vom eigenen Tor gebannt und andererseits selbst in Abschlusssituationen gekommen werden. Und genau dafür ist Lucas Tousart ein eminent wichtiges Puzzleteil.

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Der von Jürgen Klinsmann verpflichtete Rekordtransfer scheint in seiner mittlerweile dritten Saison bei Hertha endlich richtig angekommen zu sein. Er geht auf dem Feld voran, macht Meter, gewinnt einen Zweikampf nach dem anderen und gibt dem Spiel der Alten Dame eine Struktur, die in den letzten Jahren regelmäßig fehlte. Mit bereits drei Saisontoren (zweimal in der Liga und einmal im Pokal) entdeckte der Franzose zuletzt zudem eine neue Torgefahr. In seiner Kernkompetenz, dem Gewinnen von Zweikämpfen, befindet Tousart sich im ligaweiten Vergleich auf Platz 17. Daneben ist er unter den besten drei Prozent in Hinblick auf geklärte Bälle – und das europaweit.
Sein Gegenpart bei den Münchnern heißt Joshua Kimmich und gehört seit Jahren zu den Besten seiner Zunft. Der ehemalige Stuttgarter ist der unumstrittene Strippenzieher im Spiel des Champions-League-Siegers von 2020. Er befindet sich im europäischen Vergleich bei den jeweils besten Prozent in Hinblick Assists, schuss-kreierende Aktionen, progressive Pässe und abgefangene Bälle. Kimmich ist somit sowohl defensiv als auch offensiv der treibende Motor der Bayern und dazu emotionaler Leader auf dem Platz. Der Mittelfeldspieler muss für ein erfolgreiches Spiel der Blau-Weißen so gut wie möglich neutralisiert werden. Genau das wird höchstwahrscheinlich Aufgabe von Lucas Tousart sein. Sollte dem Herthaner dies gelingen, erhöht sich zumindest die Möglichkeit, dass die Gastgeber nicht als Verlierer aus der Partie gehen.
Dodi Lukebakio vs. Alphonso Davies
Auf der von Hertha aus gesehen rechten Außenbahn könnte es im kommenden Spiel durchaus zu dem einen oder anderen Blitzerfoto kommen. Mit Dodi Lukebakio (Platz 33) und Alphonso Davies (Platz 3) treffen zwei der schnellsten Spieler der Bundesliga aufeinander. Der 22-jährige Außenverteidiger der Gäste schaltet sich dabei gerne in das Offensivspiel seiner Mannschaft ein. Er gehört mit über drei erfolgreichen Dribblings pro 90 Minuten zum besten Prozent Europas in dieser Kategorie, auch seine expected Assists und schuss-kreierenden Aktionen stellen Spitzenwerte dar. Lukebakio wird somit auch defensiv gefordert sein, um Jonjoe Kenny so gut es geht zu unterstützen. Spätestens seit dem überragenden Sprint des Belgiers in Richtung des eigenen Tores gegen RB Leipzig und dem damit schon sicher geglaubten verhinderten Gegentor ist klar, dass der Rechtsaußen in dieser Saison Fußball nicht nur offensiv versteht.

Photo by Cathrin Mueller/Getty Images
Auf der anderen Seite könnten sich durch die Spielweise Davies gerade die Räume öffnen, die Herthas Flügelflitzer so liebt. Mit bereits fünf Treffern in der Liga führt Lukebakio die teaminterne Torschützenliste deutlich an. Der obligatorische Hinweis auf dessen Dreierpack gegen die Bayern noch zu Düsseldorfer Zeiten erfolgt hiermit ebenfalls. Jedes Tor des Außenstürmers würde für das Ziel der Hauptstädter, vielleicht wenigstens einen Punkt im in dieser Saison erstmals ausverkauften Olympiastadion zu behalten, Gold wert sein. Es ist klar, dass alles andere als eine Niederlage für Hertha extrem wertvoll wäre, um die Abstiegsränge über die lange Winterpause zu vermeiden. Und somit zumindest etwas Ruhe im finanziell geplagten Verein aus Charlottenburg einkehren zu lassen.
Die Statistiken beruhen auf den Angaben von fbref.com und bundesliga.com
[Titelbild: Reinaldo Coddou H./Getty Images]
von Johannes Boldt | Okt 31, 2022 | Bundesliga, Einzelkritik, Hertha BSC
Nach der Party folgt der Kater. So auch geschehen am Freitag bei Hertha BSC. Nachdem die „Alte Dame“ einige Tage zuvor noch im Olympiastadion den FC Schalke 04 niederringen konnte, die Stimmung im und um den Verein wohl kaum besser sein konnte, folgte am Freitag in Bremen die große Ernüchterung. Ein Spiel, ähnlich wie gegen Gelsenkirchen, was auch ein Remis verdient gehabt hätte. Doch es sollte das Gegenteil zum späten Sieg in Berlin eintreffen. Gegen die Bremer kassierte man kurz vor Schluss das entscheidende Gegentor durch Niclas Füllkrug. Immerhin sollten die Mannschaft in Bremen über 4000 mitgereiste Hertha-Fans unterstützen. Und das nicht ohne Probleme beim Einlass.

(Photo by Stuart Franklin/Getty Images)
Sandro Schwarz wechselt einmal
Im Vergleich zum Schalke-Spiel entschied sich Trainer Sandro Schwarz lediglich für einen Wechsel in der Startelf. Chidera Ejuke machte auf der linken Außenbahn Platz für Marco Richter. Ein Wechsel, den Schwarz bereits zur Halbzeit im vorangegangenen Spiel vollzogen hatte. Das 4-2-3-1-System blieb bestehen. Ansonsten vertraute Schwarz auf sein mittlerweile eingespieltes Defensivgerüst. Im Tor Oliver Christensen, die Verteidigung bildeten Kapitän Marvin Plattenhardt, Marc-Oliver Kempf, Agustin Rogel und Jonjoe Kenny. Im zentralen Mittelfeld agierten Suat Serdar und Lucas Tousart. Auf der rechten Seite spielte Dodi Lukebakio und den Sturm bildeten Stevan Jovetic als hängende Spitze, mit Kontakt zum Mittelfeld und Wilfried Kanga als klarer Neuner.

(Photo by Stuart Franklin/Getty Images)
In unserer heutigen Analyse schauen wir auf einen Fels in der Brandung, ein belebendes Element im Mittelfeld und die zahlreichen Sorgenkinder der Mannschaft. Manch einer ist schon bekannt, andere drohen es zu werden.
Agustin Rogel: Der Fels in der Brandung
Eigentlich kaum zu glauben, dass ausgerechnet Niclas Füllkrug in der 85. Minute der Lucky Punch gelingen sollte. Doch Tüchtigkeit ist des Bremer Glücks und das ist in dieser Saison bei den Werderanern gerade in den Schlussminuten in großer Zahl vorhanden. Der Stürmer hatte während des gesamten Spiels enorme Schwierigkeiten überhaupt richtig teilhaben zu können. Agustin Rogel machte ihn das Leben enorm schwer. Am Ende gewann Füllkrug nur 27 Prozent seiner Zweikämpfe. Rogel konnte bei der Aktion vor dem Gegentor leider herzlich wenig ausrichten.

(Photo by Stuart Franklin/Getty Images)
Insgesamt war der Uruguayer 43 Mal am Ball und verteilte diesen fleißig, wie auch zuletzt in seinem Spiel. 78 Prozent seiner Pässe kamen beim Mitspieler an, auch wieder dank seines sicheren und ruhigen Aufbauspiels mit Marc-Oliver Kempf. Zu seinen 30 erfolgreichen Pässen, gesellen sich noch sechs von zehn erfolgreiche lange Bälle, auch er hatte einen gewissen Anteil beim Antrieb der Offensive. Seine eigene Zweikampfquote von nur 40 Prozent siegreicher Aktionen lässt sich zwar nicht unbedingt sehen, doch sein Stellungspiel und seine allgemeine körperliche Robustheit machten es der Bremer Offensive allgemein sehr schwer. Rogel begeistert, auch wenn er immer wieder sehr stark ins Risiko geht, gerne mal den ein oder anderen Ball gefährlich abfälscht und noch nicht alles funktioniert. Aber erinnern wir uns an die Anfangszeit in Berlin von Kempf, der dieselben Attribute verkörperte und mittlerweile der Abwehrchef ist. Agustin Rogel ist auf dem besten Wege es ihm gleich zu tun.
Jean-Paul Boetius: Ein belebendes Element
Nicht nur ein gebrauchter Tag für Hertha, auch einer für Stevan Jovetic. Der Montenegriner musste nach 32 Minuten verletzungsbedingt das Spielfeld verlassen. Hoffen wir, dass er schnell fit wird. Sein Ersatz, Jean-Paul Boetius, durfte nach seiner Rückkehr seinen zweiten Einsatz feiern. Und direkt über eine Stunde lang. Und er wusste mit guten Leistungen aufzufallen. Als belebendes Element hielt er die Zügel des Hertha-Spiels im offensiven Mittelefeld. 41 Mal war der Niederländer am Ball und sammelte starke Statistiken. 21 von 25 Pässen kamen erfolgreich bei seinen Mitspielern an, 77 Prozent seiner Zweikämpfe entschied er für sich. Eine tolle Quote für einen Offensivspieler.

(Photo by Stuart Franklin/Getty Images)
Voll mit frischem Selbstbewusstsein setzte er zu drei Dribblings an, von denen er zwei erfolgreich beendete. Immer wieder versuchte er seine Mitspieler in Szene zu setzen. Zwei Torschüsse bereitete er vor. Einen davon in der 79. Minute. Doch Ejuke schloss die vielversprechende Möglichkeit überhastet ab. Seine Gefahr für die Bremer Defensive zeigt sich auch in weiteren Zahlen. Am Ende des Spiels wurde Boetius fünfmal gefoult. Insgesamt ist Boetius ein Spieler, der das Offensiv- und Kreativspiel der Hertha ordentlich ankurbeln kann. Für die nächsten Spiele könnte er auf jeden Fall zu einen Kandidaten für die Startelf werden.
Marvin Plattenhardt: Eine Pause täte ihm gut
Eines vorweg: Unsere Kritik an Marvin Plattenhardt, die wir leider mittlerweile fast wöchentlich äußern, gilt ausschließlich dem Fußballer Marvin Plattenhardt und dessen Leistungen als Kapitän und Linksverteidiger von Hertha BSC. Unsere Kritik ist niemals persönlich zu werten. Bekanntlich ist Platte privat ein sehr sympathischer Typ, wenn man sich beispielsweise Interviews auf Hertha TV anschaut. Aber aktuell ist die Position Plattenhardts eine der problematischsten im Kader von Hertha BSC.

(Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)
Marvin Plattenhardt ist seit Wochen vollkommen außer Form und bringt der Mannschaft kaum Verstärkung. Ihm gelingt es nicht offensiv auf das Spiel einzuwirken und auch defensiv brennt es auf der linken Seite von Hertha immer wieder lichterloh. 63 Mal war der Kapitän im Ballbesitz, spielte 21 erfolgreiche Pässe, am Ende nur 57 Prozent. Wieder alarmierend war die Zahl seiner Ballverluste. 22 Stück waren es wieder. Defensiv konnte er immerhin mit vier Klärungsaktionen glänzen, doch es gibt zu große Spielabschnitte, in denen der 30-Jährige vollkommen untergeht. Ihm zugestehen muss man, dass es im Team allgemein auf der linken Seite krankt. Auch Chidera Ejuke und Marco Richter suchen nach ihrer Form, während Jonjoe Kenny und Dodi Lukebakio mittlerweile ein eingespieltes Team auf der rechten Seite sind, die auch mit Leistung vorangehen. Mittlerweile schafft es Plattenhardt in keiner Weise mehr, seine Stärken ins Spiel einfließen zu lassen. Praktisch keine seiner Flanken bringt ernsthafte Gefahr oder stellt die gegnerische Abwehr wirklich vor Probleme. Insbesondere in der ersten Halbzeit wurde jeder seiner Versuche mühelos geklärt.
Marvin Plattenhardt täte etwas Ruhe gut. Eine Pause, weniger Verantwortung, die ihn aufzufressen scheint. Weiterhin gibt es mit Maximilian Mittelstädt einen bundesligatauglichen Linksverteidiger im Team. Umso dramatischer, dass in den letzten Tagen Gerüchte um einen möglichen Mittelstädt-Abgang im Winter aufgekommen sind.
Marco Richter und Chidera Ejuke: Überspielt und übermotiviert
Mit Marco Richter und Chidera Ejuke hat Hertha BSC zwei Offensivakteure auf der linken Seite, die eigentlich mit enormen Talent ausgestattet sind, dieses aber aktuell kaum ummünzen können, in brauchbare Leistungen. Die beiden wirken zunehmen überspielt und in gewisser Weise auch übermotiviert. Ihre Aktionen wirken meist überhastet und bringen dem Team kaum Mehrwert. Während Richter noch eine recht passable erste Halbzeit spielte und sich immer wieder in der Offensive einschalten konnte, baute er in der zweiten Hälfte des Spiels schnell und deutlich ab. Er versuchte sich mit zwei Abschlüssen selbst. Direkt in der 2. Minute landete ein Schuss von ihm am Außennetz.

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Auch ein Beispiel für den überhasteten Abschluss und das fehlende Auge für die Situation. Immerhin konnte Richter in seinen 72 Minuten 14 von 15 erfolgreiche Pässe spielen, doch für viel Gefahr sorgten seine Zuspiele nicht. Er gewann nur drei seiner acht Zweikämpfe. Am Ende musste er Chidera Ejuke Platz machen, der ebenfalls seit einigen Spielen außer Form ist. Nach 12 Spieltagen muss man generell konstatieren, dass der statistische Einfluss Ejukes auf das Spiel der Mannschaft zu wünschen übrig lässt. Lediglich drei Vorlagen gelangen dem Nigerianer in 12 Einsätzen. Sein Tempo ist seine große Stärke, doch zu oft fehlt ihm das Auge für die Mitspieler. Gegen Bremen war er 14 Mal am Ball, verlor diesen aber auch vier Mal wieder.

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Ein erfolgreiches Dribbling konnte er für sich verzeichnen, ein weiteres misslang. Seine große Chance nach 79 Minuten zeigte, wie überspielt er ist und wie wenig Ruhe aktuell in ihm steckt. Marco Richter und Chidera Ejuke tun sich aktuell extrem schwer und sind ein Symptom von Herthas Inkonstanz in den letzten Wochen. Die Folge ist, dass Herthas Offensivspiel zu berechenbar ist und schließlich kann auch nicht jeder Angriff über Dodi Lukebakio laufen.
Wilfried Kanga und Davie Selke: Das Stürmerproblem
Weitere Sorgenkinder sind Wilfried Kanga und Davie Selke. Hertha droht ein Stürmerproblem, sollten nicht schnellstmöglich die Knoten der beiden endgültig platzen. Auf das erste Tor Kangas gegen Schalke folgte eine extrem dünne Vorstellung in Bremen. Seine Bemühungen kann man ihm nicht absprechen, doch sein Einfluss auf das Spiel der Hertha ist verschwindend gering, sobald er es mit einer einigermaßen eingespielten Verteidigung zu tun bekommt.

(Photo by Stuart Franklin/Getty Images)
In seinen 72 Minuten Spielzeit gewann der Ivorer nur einen seiner neun Zweikämpfe, verlor fünf Mal den Ball in teilweise aussichtsreichen Positionen und konnte auch durch individuelle Dribblings nichts ausrichten. Seine größte und einzige Möglichkeit hatte er in der 49. Minute, als er am Tor vorbeischoss.
Dass aus Davie Selke kein eiskalter Torjäger mehr wird, damit haben sich die Berliner mittlerweile abgefunden. Doch auch als Joker bringt Selke praktisch nichts mehr mit, was dem Offensivspiel guttut.

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Er konnte sich in seinen knapp 20 Minuten Spielzeit nicht eine einzige Torchance erarbeiten, genauso wenig konnte er seine Mitspieler in Szene setzen. Ballverluste, Sicherheitspässe und viele Alibiläufe, das ist Davie Selke. Die Geduld der Verantwortlichen in Berlin dürfte am Ende sein. Zumindest empfiehlt sich Selke in keiner Weise mit Leistung für einen neuen Vertrag.
Die Lage ist brandgefährlich
Das positivste im Verein ist die Stimmung. Die Ruhe, das Verhältnis zwischen Verein und Fans und dass es weiterhin keinen üblen Zerfall der Mannschaft gibt, bei Gegentoren. Doch die Lage ist brandgefährlich und auch Sandro Schwarz und Fredi Bobic müssen sich Kritik stellen.

(Photo by Cathrin Mueller/Getty Images)
Wie letztes Jahr steht Hertha auf dem 14. Platz in der Tabelle. Letztes Jahr hatte man sogar zwei Punkte mehr auf dem Konto, das Torverhältnis war allerdings um einiges schlechter. Zusätzlich gab es vergleichbare Spiele, die in letzter Minute verspielt wurden oder Siege gegen direkte Konkurrenten im Keller. Ein Spiel später wurde Pal Dardai übrigens entlassen und Tayfun Korkut kam. Nach 15 Spieltagen (dieses Jahr der Break vor der WM) hatte Hertha 18 Punkte auf dem Konto. Eine Statistik, die schwer zu erreichen ist in diesem Jahr.
Und auch wenn die Stimmung anders, ja wesentlich besser ist, sollte man sich davon in keiner Weise blenden lassen. Hertha ist im tiefen Abstiegskampf und wird dort, wenn man keine Siegesserie starten kann, bis zum Ende der Saison bleiben. So lange alle im und um den Verein aber zusammenhalten und alles daran setzen, das Ziel Klassenerhalt zu erreichen und in dieser brenzligen Situation wach bleiben und nichts über- oder unterschätzen, ist die Saison händelbarer als die letzte.
(Photo by Stuart Franklin/Getty Images)
von Johannes Boldt | Okt 28, 2022 | Bundesliga, Drei Thesen, Hertha BSC
Hertha BSC konnte gegen den FC Schalke 04 seinen ersten Heimsieg feiern. Die Stimmung im und um den Verein ist gut, obwohl man sich alles andere als in ganz ruhigen Fahrgewässern in der Fußball-Bundesliga befindet. Am Freitag ist man beim SV Werder Bremen zu Gast, die nach einem sehr starken Saisonstart mittlerweile einige Punktverluste hatten und sich nun im tiefen Mittelfeld der Tabelle befinden. Die Bremer stehen zwei Plätze und vier Punkte vor Hertha auf Platz 11. Was können wir von Hertha erwarten? Unsere drei Thesen.
Vorne hui, hinten pfui
Uns erwartet ein wildes Spiel. Die Offensiven der beiden Mannschaften sind in dieser Saison voll in Fahrt (Bremen mit Niclas Füllkrug und Marvin Ducksch) oder kommen es gerade (Hertha mit Wilfried Kanga). Während zu Beginn der Partie noch ein leichtes Abtasten zu erwarten ist, spielt man spätestens in der zweiten Hälfte mit offenem Visier. Niclas Füllkrug und Dodi Lukebakio wollen sich weiter bei ihren Nationalmannschaften für die Weltmeisterschaft empfehlen, die Verteidiger beider Mannschaften werden damit arge Probleme bekommen. Ein kleines Scheibenschießen findet statt.

(Photo by Cathrin Mueller/Getty Images)
Am Ende schießt Hertha drei Tore. Werder Bremen darf ebenfalls feiern, schießt aber zumindest nicht mehr Tore als Hertha. Ein spektakuläres Spiel, welches die Stärken und Schwächen des Teams eiskalt offenbart.
Wilfried Kanga wird immer wichtiger
Sein Treffer gegen den FC Schalke 04 war der dringend benötigte Brustlöser. Im Sommer kam er mit einer Empfehlung von wettbewerbsübergreifend 16 Toren aus der Schweiz von den Young Boys aus Bern. Bis letzte Woche tat sicher der Ivorer vor dem Tor in der Bundesliga schwer. Doch der Knoten ist geplatzt und gegen Werder Bremen wird er damit weitermachen, womit er gegen Schalke aufgehört hat. Mit dem Toreschießen.

(Photo by Matthias Kern/Getty Images)
Voll mit Selbstvertrauen, Robustheit, Ruhe vor dem Tor und einer Portion Zielwasser ausgestattet, wird er die Bremer Verteidigung durchgehend beschäftigen, mindestens ein Tor erzielen und ein weiteres seinen Mannschaftskollegen auflegen.
Hertha startet eine Serie
Hertha wird den zweiten Sieg in Folge feiern. Das gelang zuletzt im Endspurt der letzten Saison, als man den FC Augsburg und den VfB Stuttgart hintereinander besiegen konnte. Etwas, was nachträglich die Auszahlung der tollen Leistungen in den Vorwochen ist, die man gegen Mannschaften, wie Leipzig, Leverkusen oder Frankfurt gezeigt hatte, aber nicht zu Siegen ummünzen konnte.

(Photo by Matthias Kern/Getty Images)
Hertha ist in Fahrt und nutzt den Schwung, beginnt eine Serie und verliert bis zur WM-Pause kein Spiel mehr. Am Ende steht eine Niederlage (gegen Leipzig 2:3) in den letzten elf Spielen vor der Saison. Auf einem gesicherten Mittelfeldplatz überwintert man.
(Titelbild: Maja Hitij/Getty Images)
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