Podcast #118 BVB Besieger Besieger

Podcast #118 BVB Besieger Besieger

Endlich ist er da, der zweite Sieg dieser Saison. Über diesen sprechen Marc und Lukas mit Hannes, einem Bremer, aber treuem Hörer unseres Podcasts. Außerdem geht es um die verspätete Zahlung von Tennor, Jordans positiven Coronatest und wir geben einen Ausblick auf die Länderspielpause sowie auf das Spiel gegen Dortmund.

Wir wünschen euch ganz viel Spaß mit der Folge und freuen uns über eure Kommentare.

Teilt den Podcast gerne mit euren Freunden, der Familie oder Bekannten. Wir freuen uns über alle Hörer*innen.

Moneyppol Aktion Hertha Kneipe:

https://www.paypal.com/pools/c/8tV3MPr9Y6

[Titelbild: Photo by Stefan Puchner – Pool/Getty Images]

Herthaner im Fokus: FC Augsburg – Hertha BSC

Herthaner im Fokus: FC Augsburg – Hertha BSC

Das Warten hat ein Ende. Nach einer fünf Spiele andauernden Durststrecke sichert sich Hertha drei Punkte und den zweiten Sieg in der noch jungen Saison. Eine starke Teamleistung bringt ein 3:0 gegen den FC Augsburg ein. Mit gestärkten Rücken blickt man jetzt Richtung Länderspielpause. Bevor wir unseren Nerven aber eine wohlverdiente Pause gönnen, schauen wir nochmal genauer auf die Leistung einzelner Herthaner.

Matteó Guendouzi – Das fehlende Puzzlestück

Nach dem vielversprechenden Auftritt gegen Wolfsburg startete der junge Franzose nun das erste Mal von Beginn an. Auch weil Landsmann Lucas Tousart verletzt ausfiel.

Erneut überzeugte der Mittelfeldspieler. Guendouzi brachte nicht nur 90% seiner Pässe an den Mann (Hertha-Bestwert), sondern gewann auch 75% seiner Zweikämpfe. Dazu kommen 68 Ballkontakte. Dass die Arsenal-Leihgabe nicht so sehr herausstach, wie noch letztes Wochenende, könnte daran liegen, dass das gesamte Team allgemein sehr aktiv und der Kontrast daher niedriger war. Zumal für einen zentralen Mittelfeldspieler oftmals der Leitsatz gilt: Macht er alles richtig, fällt er kaum auf.

Foto: IMAGO

Guendouzi könnte ein enorm wichtiger Bestandteil in Herthas System werden. Unter Trainer Bruno Labbadia kippen die zentralen Mittelfeldspieler gerne mal diagonal ab und beteiligen sich am Spielaufbau während die Außenverteidiger hochschieben. Ein starkes Passspiel und Pressingresistenz ist hier von Vorteil – beides bringt Guendouzi trotz seines jungen Alters mit. Im Umschaltspiel und auch kurz vor dem letzten Drittel wirken sich diese beiden Faktoren zusammen mit einem guten Dribbling ebenfalls positiv aus. Herthas Nummer 8 fungiert hier als Verbindung zwischen den Linien und kann den Ball in die wichtigen Räume tragen. Angesichts der Leihe von Arne Maier ist Guendouzi vielleicht das Versprechen, was von Maier (noch) nicht ganz eingelöst werden konnte. Selbst wenn beide nicht exakt derselbe Spielertyp sind, wird doch deutlich, wie gut Hertha ein spielstarkes und in sich ruhendes Mittelfeld tut.

Mattheus Cunha – Entwicklung zum Teamspieler

Wenn es den Fußballgott wirklich gibt, dann ist klar, dass er eher dem Liebesleben der antiken griechischen Götter pflegt, als dem Single-Dad Dasein, seines christlichen Verwandten. Hertha soll es recht sein, denn von den so entstanden Kinder hat sich eines in die Hauptstadt verirrt.

Foto: IMAGO

Technisch stark, um jeden Ball kämpfend und leidenschaftlich: Wer Cunha nicht gerne zusieht, hat den Fußball nie geliebt. Ein Tor und eine Vorlage konnte der Brasilianer gegen Augsburg auf seinen Bierdeckel schreiben. Vier Schüsse, drei Schlüsselpässe und zwei abgefangene Bälle runden das Bild ab. Die langersehnte Konstanz des Hoffnungsträgers, sie scheint in greifbarer Nähe. Cunha spielt zusehends mannschaftsdienlicher. In der 64. Minute bekam er an der rechten Strafraumkante den Ball unter Kontrolle, entschied sich dann aber für den Pass. Den nachfolgenden Schuss setze Krzystof Piatek dann allerdings an den Pfosten.

Dieses Spiel ist ein weiterer Grund sich über die kolportiere frühzeitige Vertragsverlängerung des Offensiv-Mannes zu freuen.

Krzystof Piatek – Das ersehnte Erfolgserlebnis

Apropos Piatek: Der Pole bekam aufgrund der Verletzung von Jhon Córdoba die Chance sich über 45 Minuten zu beweisen. Zuerst auffällig wurde er dabei in der 52. Minute. Von den Augsburgern weitestgehend ignoriert, spielte er eine präzise Flanke aus dem Halbfeld direkt in den Lauf von Dodi Lukebakio. Der Ball wurde zwar noch leicht abgefälscht, der Belgier konnte dennoch verwandeln und  sich so seinen zweiten Treffer und Piatek seine zweite Vorlage der Saison sichern.

In der 64. traf der Pole nach starkem Pass von Cunha nur den Pfosten, in der 73. zögerte er beim Abschluss zu lange und in der 84. brauchte er im Prinzip nur noch quer zu legen. Sein kläglicher Pass landete aber in den Armen von Augsburgs Keeper Rafał Gikiewicz. Wäre es bei dieser Leistung geblieben, Piatek hätte sich wohl nicht als Alternative zum eigentlich gesetzten Córdoba empfehlen können.

(Photo by Stefan Puchner – Pool/Getty Images)

Es sollte jedoch anders kommen. In der 85. Minute spielte Mattheus Cunha einen starken Vertikalpass, Piatek sicherte den Ball und beförderte das Spielgerät aus schwieriger Position und spitzen Winkel am Keeper vorbei und mithilfe des Pfostens ins Tor. Diese Aktion zeigte die ganze Qualität des Polen: Raum erkennen, in diesen unbemerkt hineinstoßen und eiskalt verwandeln. Sollte Córdoba längerfristig Ausfallen, kann Piatek auf dieser Leistung aufbauen. Trotz anfänglicher Unsicherheiten und viel Luft nach oben, machte dieser Auftritt Mut, von dem er hoffentlich eine Portion mitnehmen kann.

Dodi Lukebakio – Scorerpunkte sind nicht alles

Der belgische Flügelspieler ist wie der Klassenkamerad damals, der das ganze Schuljahr nur schlechte Noten schreibt, am Ende mithilfe eines Referats aber doch noch irgendwie auf eine Vier kommt.

(Photo by Stefan Puchner – Pool/Getty Images)

Nach einem katastrophalen ersten Durchgang voller falscher Entscheidungen und vertändelten Bällen, von Bruno Labbadia eigentlich schon angezählt, Verwandelte Lukebakio in der 52. die starke Flanke von Piatek zum 2:0. Danach war der Belgier sichtlich beflügelt, hängte sich mehr rein und arbeite auch verstärkt nach hinten mit. Er kann es, muss es aber nur wollen und im Moment will er es einfach zu wenig. Lukebakio wird so zum Risikofaktor und qualifiziert sich eher für Joker- anstatt Startelfeinsätze. Verhindern scheint das momentan lediglich, dass es im Kader keine wirkliche Alternative mit den gleichen physischen Anlagen wie Lukebakio zu geben scheint. Auch wenn er nach acht Spielen sechs Scorerpunkte sammeln konnte, es reicht einfach nicht nur dann zu liefern, wenn es kritisch wird.

Die Leistung der Berliner Nummer 11 muss sich hier noch auf konstant hohem Niveau einpendeln, wenn er zum Leistungsträger avancieren will. Tore und Vorlagen sind nicht alles und eine geringe Arbeitsrate und Zielstrebigkeit auf dem Platz wirkt sich schlussendlich auch auf die gesamte Mannschaft aus. So kann man nur hoffen, in den kommenden Wochen nur noch selten die “Dodi”-Rufe von Trainer Labbadia hören zu müssen.

Niklas Stark – Endlich wieder wichtig

Der Vize-Kapitän – erneut auf der 6er Position eingesetzt – kommt immer besser in die Saison. Der Auftritt des Nationalspielers war engagiert und durchaus vorzeigbar.

Das Spiel als defensiver Mittelfeldspieler ist meist eher unspektakulär. Räume wollen durch kluges Stellungsspiel geschlossen werden und spektakuläre Pässe darf man von Stark auch nicht erwarten. Dennoch verzeichnete der gelernte Innenverteidiger zwei Kopfbälle aufs Tor. Dadurch, dass mit Matteó Guendouzi gehörig Kreativität ins Berliner Mittelfeld Einzug gefunden hat, fällt die Diskrepanz Starks in diesem Fall nicht besonders auf. Gleichzeitig ist es auch klug von Trainer Bruno Labbadia, den einflussreichen Vize-Kapitän nicht allein für die Verteidigung einzuplanen. Den entsprechenden Konkurrenzkamp würde Stark momentan sicher verlieren, was zwangsläufig zu Bankdrückerei und Unzufriedenheit führen würde.

Foto: IMAGO

Die aktuelle Lösung mag daher nicht besonders spektakulär anzusehen sein, aber doch ein gewisses Potential aufweisen. So ist Stark nach vielen Monaten des Formtiefs endlich wieder auf einem guten Weg, wichtig für das Team zu sein.

Und dann war da noch:

Omar Alderete: 109 Ballkontakte, 87% Passgenauigkeit, drei abgefangene Bälle und drei klärende Aktionen. Die Formkurve des Neuzugangs aus Basel zeigt steil nach oben. Der Mann kann und will kicken und trägt so zur Stabilisierung wackligen Berliner Abwehr bei. Nur logisch, dass das Spiel gegen Augsburg den ersten zu-Null Sieg seit dem 20. Juni bedeutet.

Marton Dardaí: Der zweitälteste Sohn von Pal Dardaí durfte heute sein Bundesligadebüt feiern. Das wird hoffentlich mit Kalbschnitzel und Milchreis gefeiert.

Fazit

Einzelne Herthaner als besonders herausstechend zu identifizieren, fällt in diesem Spiel eher schwer, einfach weil der Auftritt des ganzen Teams durchweg couragiert war. Man erspielte sich geduldig Chancen und auch wenn es meistens am berühmten letzten Pass hapert, dieses Spiel offenbart erneut das Potential, was in dieser jungen Mannschaft schlummert und langsam zu erwachen scheint. Die jetzt folgende Länderspielpause ist vom Timing her nicht ideal, aber Bruno Labbadia ist erfahren genug, um sicherzustellen, dass seine Spieler von diesem überzeugenden Auftritt nicht nur tabellarisch sondern auch mental profitieren können.

[Titelbild: IMAGO]

Vorschau: Hertha gegen das Überraschungsteam aus Augsburg

Vorschau: Hertha gegen das Überraschungsteam aus Augsburg

Ist das Glas nun halb voll oder halb leer? Dem couragierten Auftritt in Leipzig, bei dem Hertha jedoch leer ausging, folgte gegen Wolfsburg ein dominanter Auftritt, der nichts anderes als einen Sieg verdient gehabt hätte. Doch wie schon in Leipzig verpasste es Hertha, sich zu belohnen, sodass man nach dem 1:1 klar von zwei verlorenen Punkten statt einem gewonnenen sprechen muss. Dennoch macht die Leistung einmal mehr Mut. Allein helfen Anerkennung und Lob wenig, wenn der Ertrag ausbleibt. Und so steht das Team von Bruno Labbadia vor dem Spiel gegen Augsburg unter Druck. Zumal keinesfalls davon ausgegangen werden darf, dass eine Partie gegen diesen FCA zum Spaziergang wird.

Im Vorfeld der Partie haben wir mit Augsburg-Expertin Kristell, unter anderem bekannt aus dem FRÜF-Podcast, gesprochen, um zu ergründen, wie der gute Saisonstart der Fuggerstädter zu erklären ist.  

Mit „Augsburger Tugenden“ in die Erfolgsspur

Mit defensiver Kompaktheit weiß der FC Augsburg bisher zu überzeugen. (Photo by ROLF VENNENBERND/POOL/AFP via Getty Images)

Wer dieser Tage auf die Tabelle blickt, wird sich angesichts einiger Platzierungen verwundert die Augen reiben. Die positive Überraschung dieser zugegebenermaßen noch sehr jungen Saison stellt der FC Augsburg auf Platz 6 dar. Dass derartige Platzierungen gerade zu Saisonstart des Öfteren zustandekommen, ist kein Novum. So weilte Paderborn vor einigen Jahren zu Beginn der Spielzeit gar an der Tabellenspitze, nur um am Ende dann den Gang in die zweite Liga antreten zu müssen. In Bezug auf Augsburg muss man diese Leistung aber besonders wertschätzen, wenn man sich das Auftaktprogramm anschaut. So ist der FCA die einzige Mannschaft, die dem BVB bislang Punkte in der Liga abnehmen konnte.

Die Gründe für den erfolgreichen Start sieht Kristell neben den Neuzugängen – allen voran Gikiewicz und Caligiuri – vor allem in der Rückbesinnung auf die „Augsburger Tugenden“: „Was ich Augsburger Tugenden nenne, ist das, was allen anderen am FCA so höllisch auf die Nerven geht: Gegen uns zu spielen, macht keinen Spaß. In den letzten Spielzeiten war das etwas abhandengekommen, der FCA wirkte zuweilen hilflos und ließ sich auch mal abschießen, das ist diese Saison noch nicht passiert. Es ist zwar nicht immer schön, was die Augsburger auf den Rasen bringen, aber meistens sehr effektiv, und aus sehr wenig Ballbesitz haben wir so schon erstaunlich viele Punkte, und wahrscheinlich wenig Freunde fürs Leben gemacht.“

Gleichzeitig ordnet Kristell ein, dass auch der Faktor Glück eine nicht unwesentliche Rolle spielt: „Dass wir den BVB am Anfang der Saison erwischten, wo noch nicht alles rund lief und dann gleich 2:0 gewinnen konnten, daran hatte auch die Tatsache Anteil, dass bei dem Spiel 6000 Fans das Team unterstützen konnten. Und von diesen ersten ziemlich guten Partien zehren wir heute noch.“

Herrlichs Fußball passt zum FCA

Auch dank Trainer Heiko Herrrlich holte der FCA zehn Punkte aus den erste sechs Partien. (Photo by ROLF VENNENBERND/POOL/AFP via Getty Images)

Wenn davon die Rede ist, dass die „Augsburger Tugenden“ wieder auf dem Platz sichtbar sind, hängt das auch zu großen Teilen mit Heiko Herrlich zusammen. Der vormalige Leverkusen-Coach leitet seit März diesen Jahres das Training in der Fuggerstadt.

Seine Spielidee, „aus kompakter Defensive schnell nach vorn kommen um mit wenig Ballbesitz dennoch möglichst viele Torchancen zu erzielen“ passt zum FCA: „Der FCA verteidigt nun wieder so diszipliniert, dass Gegentreffer hart erarbeitet werden müssen. So können wir stärkere Gegner wieder mürbe machen, das geht gegen manche ganz gut auf. Im Spiel mit dem Ball sehe ich noch Luft nach oben, aber auch hier zeigen die letzten Spiele, dass die Mannschaft in der Lage ist, Chancen zu erzielen und Fehler auszunutzen, und dabei nicht auf einzelne Akteure angewiesen ist, sondern wie beim FCA immer wichtig, Tore eine Gemeinschaftsleistung sind.

Mit Demut in den Rest der Saison

Trotz des aktuellen Höhenflugs besteht in Augsburg keinerlei Gefahr, abzuheben: „Klassenerhalt ist das erste und das einzige Ziel. Das halte ich auch im zehnten Jahr in der Bundesliga für sinnvoll, auch wenn natürlich schon wieder Träumereien vom europäischen Wettbewerb durch einige Fanköpfe geistern. Auch wenn wir momentan recht gut dastehen und entspannt sein können, sollte uns in Augsburg bewusst sein, wie fragil Erfolg in der Bundesliga ist, und spätestens dann, wenn die 80 Millionen Fußballexperten da draußen sagen, der FCA hätte diese Saison mit dem Abstieg nix zu tun, sollten wir besonders vorsichtig werden“, ordnet Kristell die Erwartungshaltung ein. Ein Ansatz, der so manch anderen Clubs, die in der Tabelle gerade wesentlich tiefer rangieren, auch gut zu Gesicht stünde.

Eine halbe Stunde als Hoffnungsschimmer

Er war das belebende Element in der zweiten Halbzeit. Es war die 57. Minute, als Matteo Guendouzi sein heiß erwartetes Debüt im blau-weißen Trikot gab – und der Franzose hielt auf Anhieb, was sich viele von ihm versprechen. Er forderte und verteilte Bälle, überzeugte mit hoher Dynamik und Spielwitz, hatte keinerlei Anpassungsschwierigkeiten. Kann die Arsenal-Leihgabe an diese Leistung in den kommenden Monaten anknüpfen, kann man sich aus Herthaner Sicht nur freuen – im besten Fall gleich am Samstag gegen Augsburg.

[Titelbild: Alexandra Beier/Bongarts/Getty Images]

Wer nicht spielt, der nicht gewinnt

Wer nicht spielt, der nicht gewinnt

Immer wieder hören wir von Fußballspielern, dass sie sich nicht haben durchsetzen können. Doch was bedeutet das und welche Tücken hat es, wenn man überhaupt nicht spielt?

Nicht nur der Fußball kennt Legenden, auch in der Wissenschaft gibt es Akteure, die das Feld nachhaltig beeinflusst haben. In der Psychologie ist einer dieser Koryphäen der Kanadier Albert Bandura (94). Auf ihn gehen einige der wichtigsten Theorien des letzten Jahrhunderts zurück. Eine davon ist die der Selbstwirksamkeitserwartung. Wir wagen deshalb mal einen Ausflug in die Untiefen des menschlichen Geistes um herauszufinden, was eventuell in den Köpfen der Fußballstars vorgeht.

Was bringt uns dazu, etwas zu tun?

Die Selbstwirksamkeitserwartung (SWE) beschreibt die Überzeugung, dass man ein bestimmtes Verhalten erfolgreich ausführen kann. Ein konkretes Beispiel wäre hier zum Beispiel ein Dribbling. Stellt euch vor, ihr habt den Ball und seht einen Gegenspieler auf euch zulaufen. Geht ihr ins Eins-gegen-Eins? Spielt ihr den Ball schnell ab? Ein wichtiger Aspekt in euerer Entscheidung ist eure inhärente Überzeugung, ob ihr zu den jeweiligen Verhaltensalternativen überhaupt in der Lage seid. Die SWE hängt mit ganz vielen wichtigen Outcomes unseres Lebens zusammen. Sie beeinflusst zum Beispiel, wieviel Ausdauer und Anstrengung wir in eine bestimmte Tätigkeit investieren, aber auch unsere psychische Gesundheit. Wir bleiben trotzdem in der Welt des Sports.

(Photo by Clive Rose/Getty Images)

Erinnert euch mal an die WM 2014 zurück. Achtelfinale gegen Algerien. Mitten zwischen den beinharten Gegnern und Per Mertesacker‘s Eistonne ein damals 28-Jähriger Manuel Neuer, der im Alleingang das Torwartspiel revolutionierte, indem er einfach mal auch den Libero mimte und zu waghalsigen Rettungsaktionen weit außerhalb des Strafraums ansetzte. Im Grunde genommen hat er dabei nichts bahnbrechend Neues gemacht. Ein Tackling ist erstmal ein Tackling, unabhängig davon, wer es ausführt. Allerdings lässt die Tatsache, dass er sich eine solche Aktion als Torwart und gleichzeitig letzter Mann zugetraut hat, auf eine enorme SWE schließen. Wenn er nicht zu fast 100 Prozent davon überzeugt wäre, dass er eine solche Aktion in puncto Geschwindigkeit und Timing hätte leisten können, er hätte es wohl gar nicht erst versucht.

Hierbei lässt sich ein weiterer wichtiger Punkt der Theorie Banduras erkennen, die sogenannte Ergebniserwartung. Das ist die Überzeugung, dass ein Verhalten zum gewünschten Ergebnis führen wird. Auch hier werden Alternativen gegeneinander abgewogen. Was bringt im obigen Beispiel mehr? Wenn ich am Gegner vorbeidribble oder wenn ich meine Mitspieler mit einem Pass in Szene setze? Bei Manuel Neuer bestanden die Alternativen zwischen mehreren Szenarien. Einmal außerhalb des Strafraums und ohne Zuhilfenahme der Hände und einmal im Strafraum, wo der Gegner allerdings teilweise in guter Schussposition gewesen wäre. Stellt man sich die Entscheidungsfindung als Flussdiagramm vor, stünde die SWE zwischen Person und Verhalten (Kann ich das überhaupt?) und die Ergebniserwartung zwischen Verhalten und Ergebnis (Bringt das was?). Die jeweilig getroffene Entscheidung kann man dann als Multiplikation beider Variablen verstehen. Wenn eine 0 ist, dann ist das Produkt auch 0 und die Alternative wird ausgeschlossen.

Erfahrung und Entscheidungsfindung

Erfahrung spielt jetzt eine wichtige Rolle. Wird die Erfolgschance eines bestimmten Verhaltens als zu hoch eingeschätzt, dann kann das Produkt mal schnell größer werden als die eigentlich sichere und objektiv bessere Variante. Es geht hierbei um die individuelle Überzeugung, die natürlich mit objektiver Wahrscheinlichkeit zusammenhängt (dazu gleich mehr), aber eben nicht damit identisch ist.

Ein Erfahrener Spieler kann seine Fähigkeiten und die Erfolgschancen seines Verhaltens viel besser einschätzen als ein „junger wilder“. Das kann man wunderbar an den Spielern sehen, die im Laufe ihrer Karriere ihren Spielstil komplett umgestellt haben (Ronaldo, Matthäus, Schweinsteiger). Das Wissen um altersbedingten physischen Abbau und die Anpassung daran kann aus einer Karriere noch einige gute Jahre herausholen.

Quellen der Selbstwirksamkeitserwartung

Wenn SWE jetzt so wichtig für spielerische Brillanz ist, warum trainiert man die dann nicht einfach jeden Tag und freut sich über den siebten CL-Titel in Folge? Es gibt hier leider keine Wunderpille. Aber dennoch hat SWE vier mögliche Quellen. Jede trägt – in aufsteigender Reihenfolge – mehr dazu bei, dass SWE aufgebaut wird:

  • Subjektive physiologische Zustände. Freust du dich, wenn du an eine bestimmte Aufgabe denkst oder hast du die Hosen voll? Sollte ersteres der Fall sein, dann trägt das zu deiner SWE bei, bei letzterem wird sie vermutlich eher drunter leiden. Frei nach dem Motto: „Da kam das Elfmeterschießen. Wir hatten alle die Hosen voll, aber bei mir lief´s ganz flüssig.“- Paul Breitner
  • Positiver Zuspruch. Lob und zu hören, dass man etwas schafft, erhöht tatsächlich die SWE. Deshalb sind geachtete Führungsspieler wichtig, denn von ihnen bedeutet das Lob viel mehr. Oder wollt ihr lieber vom dritten Torwart ermutigt werden, als von Zidane?
  • Stellvertretende Erfolgserfahrungen. Sehen wir, dass es bei anderen klappt, können wir denken: „Hey, das schaff ich auch!“. Das gewinnt besonders unter dem Aspekt des Teamsports an Bedeutung. Läufts bei allen, dann vielleicht auch bei dem, der eigentlich nicht so gut ist.
  • Eigene Erfolgserfahrungen. Die allerwichtigste Quelle von SWE. Wenn es einmal geklappt hat, dann klappt das auch ein zweites mal. Manuel Neuer hat es nicht bei einer waghalsigen Rettungsaktion belassen, sondern hat das ganze gleich mehrmals abgezogen. Hier spielt dann auch die objektive Wahrscheinlichkeit eine Rolle. Entsprechendes Verhalten gelingt statistisch gesehen öfter und beeinflusst dann die subjektive Überzeugung.

Alle diese Aspekte kann man sicherlich durch Training beeinflussen. Wenn es da gut läuft, dann wahrscheinlich auch im Spiel. Letzteres ist aber natürlich die ultimative Bewährungsprobe eines jeden Spielers. Der Druck ist enorm und ein Fehler kann den Sieg kosten. Das kann auch erklären, warum manche Mannschaften sich einfach nicht trauen riskant aufzuspielen. Die Entscheidung für ein bestimmtes Verhalten ist, wie schon erwähnt eine Multiplikation von SWE und Ergebniserwartung und auch wenn man prinzipiell zum schnellen Angriffsfußball in der Lage ist (SWE), gegen die Bayern klappt das vielleicht weniger als gegen den Tabellenletzten (Ergebniserwarung). Entscheidungsfindung ist also extrem dynamisch und hängt immer auch davon ab, was in der Vergangenheit schonmal zum Erfolg geführt hat. Daher ist es Aufgabe des Trainers seine Spieler zu bestärken (Quelle 2), wenn der eigentliche Matchplan mal nicht funktioniert hat und man nicht auf aktuelle Erfolgserfahrungen zurückgreifen kann.

Die situationale Komponente von SWE kann man wunderbar an Elfmetern sehen. Im „Finale Dahoam“ trauten es sich die etablierten Schützen, darunter Toni Kroos, teilweise nicht zu in dieser Situation das gewünschte Verhalten zeigen zu können. Manuel Neuer musste antreten. Im WM Finale 1990 verzichtete der Stammschütze Matthäus aufgrund unbequemer Schuhe und Uli Hoeneß trat 1976 zum Elfmeter an, obwohl er eigentlich nicht wollte und verschoß schließlich.

Erfolge hängen vom Spielen ab

Um Erfolge zu feiern, muss man die Gelegenheit haben, Erfolge zu erzielen. Was klingt wie ein Spielfeldinterview nach Verlängerung und Elfmeterschießen, offenbart die wichtigste Ressource, wenn es um die Entwicklung von Spielern geht: Einsatzzeit. Klar, um den Trainer für mich zu gewinnen, muss ich in Wettkampfsituationen zeigen, was ich drauf habe.

(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Darüber hinaus sind aber Erfolgserlebnisse wichtig, um meine Motivation aufrecht zu erhalten. Wenn ich eingewechselt werde, zwei Tore mache und das Spiel entscheide, dann werde ich eine Menge dafür tun, um wieder eingewechselt zu werden. Gleichzeitig führen Menschen mit hoher SWE Misserfolg eher auf ungenügende Anstrengung (leicht beeinflussbar), Menschen mit niedriger SWE auf mangelnde Fähigkeiten (schwer zu beeinflussen) zurück. Wenn ich also sieben Spiele hintereinander auf der Bank sitze, dann beginne ich mitunter, an mir selbst zu zweifeln, was sich negativ auf meine Motivation auswirkt, wodurch ich das Training schleifen lasse, was sich dann letztendlich negativ auf meine Einsatzchancen per se auswirkt.

Hier sind mentale Unterstützung und ein gesundes Selbstvertrauen notwendig, damit sich vor allem junge Spieler von einer entsprechenden Situation nicht unterkriegen lassen. Alle wollen spielen, und alle müssen spielen, damit sie weiter motiviert sind alles zu geben.

Das in guter Balance zu halten, ist Aufgabe des Trainers. Dieser ist aber natürlich auch ein Mensch, der Entscheidungen treffen muss und damit eine eigene SWE hat. Eine Mannschaftsaufstellung auszudrucken ist dabei vielleicht nicht so anspruchsvoll, wie ein 60-Meter-Pass, aber die Entscheidung sich zum Beispiel für ältere und konstantere Spieler zu entscheiden, weil die eher den Sieg einheimsen (Ergebniserwartung), hat klare Nachteile für junge Spieler, die sich in der Entwicklung befinden. Außerdem bleibt’s ja nicht beim Ausdrucken. Einen Matchplan aufzustellen und detailliert auszuarbeiten, ist keine universelle Fähigkeit, auch wenn das beim Public Viewing und in den sozialen Netzwerken schnell mal vergessen wird. Wenn man schlussendlich noch bedenkt, dass der Trainer auch Erwartungen darüber hat, ob Spieler das von ihnen erwartete Verhalten zeigen können und auch ihre SWE der Fremdbeurteilung unterliegt, ist das Chaos perfekt.

Viel zu beachten

Es wird deutlich, dass es viele Faktoren gibt, die uns, unser Verhalten und unsere Umwelt beeinflussen können. Bandura sprach deshalb vom reziproken Determinismus, einem Modell, indem Umwelt, Person und Verhalten in ständiger Interaktion zueinander stehen. Wer den Grund für die schlechte Performanz von Spielern einzig und allein in deren Person sucht, tut einer komplexen Dynamik damit unrecht.

Ob ein Spieler sich durchsetzt, hängt deshalb nicht nur von seiner eigenen Anstrengung, sondern auch von den äußeren Umständen ab. Ist ein Leistungsträger verletzt, mag mich der Trainer, kann ich meine SWE gut managen – das spielt alles eine Rolle.

Foto: IMAGO

Die Theorie der Selbstwirksamkeitserwartung ist dabei kein Allheilmitte. Ich werde nicht plötzlich zum nächsten Messi, nur weil man mich jeden Tag pusht. Sollte ich allerdings gar nicht davon überzeugt sein, dass ich es überhaupt schaffen kann, wird das wohl auch nichts.

Für eine oberflächliche und grobe Analyse der Spielerentwicklung oder -entscheidungsfindung eignet sich die Theorie jedoch allemal. Ein Spieler, der vielleicht die Erfahrung gemacht hat, dass Tricks ihn weiterbringen, wendet mehr Zeit darauf auf, diese Strategie zu perfektionieren. Jemand, der eher über seine Physis kommt geht, hingegen mehr Gewichte stemmen. Die grundlegende Gefahr besteht jedoch darin, zu falschen Überzeugungen bezüglich Selbstwirksamkeits- und Ergebniserwartung zu kommen. Junge Talente, die davon überzeugt sind, eh nicht trainieren zu müssen, weil sie schon alles können, werden ebenso scheitern, wie die Spieler, die glauben, dass der Schuss aufs Tor immer die beste Alternative ist.

Spieler als Menschen sehen

Man kann es eigentlich nicht oft genug betonen: Spieler sind auch nur Menschen. Sie treffen fehlerhafte Entscheidungen, leiden unter Selbstzweifeln oder sind enttäuscht. Gerade deshalb ist es wichtig zu verstehen, dass Taktik und Aufstellung das Eine sind, die Maschinerie Profimannschaft jedoch aus sensiblen Teilen besteht, die alle sorgsam gepflegt werden wollen. Ob sich ein Spieler letztendlich reinkniet und sich durchsetzt, hängt eben auch davon ab, ob man an ihn glaubt und ihm die Gelegenheit dazu gibt zu zeigen, dass er es kann.

[Titelbild: IMAGO]

Podcast #117 Das nächste Schrittchen

Podcast #117 Das nächste Schrittchen

Die Niederlagenserie ist beendet. Wir sprechen über den Punkt gegen Wolfsburg, die mögliche Vertragsverlängerung von Cunha und geben ein Ausblick auf Augsburg.

Außerdem möchten wir noch einmal ausdrücklich auf die Aktion Herthakneipe hinweisen, zu der Steven uns ebenfalls etwas im Podcast erzählt.

Wir wünschen euch ganz viel Spaß mit der Folge und freuen uns über eure Kommentare.

Teilt den Podcast gerne mit euren Freunden, der Familie oder Bekannten. Wir freuen uns über alle Hörer*innen.

Aktion Herthakneipe:
https://aktion-herthakneipe.de/

Moneypool Herthakneipe:
https://www.paypal.com/pools/c/8tV3MPr9Y6

Bamberger Psychokalypse Podcast:
https://psychokalypse.de/

(Photo by Maja Hitij/Getty Images)