Nach der Party folgt der Kater. So auch geschehen am Freitag bei Hertha BSC. Nachdem die „Alte Dame“ einige Tage zuvor noch im Olympiastadion den FC Schalke 04 niederringen konnte, die Stimmung im und um den Verein wohl kaum besser sein konnte, folgte am Freitag in Bremen die große Ernüchterung. Ein Spiel, ähnlich wie gegen Gelsenkirchen, was auch ein Remis verdient gehabt hätte. Doch es sollte das Gegenteil zum späten Sieg in Berlin eintreffen. Gegen die Bremer kassierte man kurz vor Schluss das entscheidende Gegentor durch Niclas Füllkrug. Immerhin sollten die Mannschaft in Bremen über 4000 mitgereiste Hertha-Fans unterstützen. Und das nicht ohne Probleme beim Einlass.
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Sandro Schwarz wechselt einmal
Im Vergleich zum Schalke-Spiel entschied sich Trainer Sandro Schwarz lediglich für einen Wechsel in der Startelf. Chidera Ejuke machte auf der linken Außenbahn Platz für Marco Richter. Ein Wechsel, den Schwarz bereits zur Halbzeit im vorangegangenen Spiel vollzogen hatte. Das 4-2-3-1-System blieb bestehen. Ansonsten vertraute Schwarz auf sein mittlerweile eingespieltes Defensivgerüst. Im Tor Oliver Christensen, die Verteidigung bildeten Kapitän Marvin Plattenhardt, Marc-Oliver Kempf, Agustin Rogel und Jonjoe Kenny. Im zentralen Mittelfeld agierten Suat Serdar und Lucas Tousart. Auf der rechten Seite spielte Dodi Lukebakio und den Sturm bildeten Stevan Jovetic als hängende Spitze, mit Kontakt zum Mittelfeld und Wilfried Kanga als klarer Neuner.
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In unserer heutigen Analyse schauen wir auf einen Fels in der Brandung, ein belebendes Element im Mittelfeld und die zahlreichen Sorgenkinder der Mannschaft. Manch einer ist schon bekannt, andere drohen es zu werden.
Agustin Rogel: Der Fels in der Brandung
Eigentlich kaum zu glauben, dass ausgerechnet Niclas Füllkrug in der 85. Minute der Lucky Punch gelingen sollte. Doch Tüchtigkeit ist des Bremer Glücks und das ist in dieser Saison bei den Werderanern gerade in den Schlussminuten in großer Zahl vorhanden. Der Stürmer hatte während des gesamten Spiels enorme Schwierigkeiten überhaupt richtig teilhaben zu können. Agustin Rogel machte ihn das Leben enorm schwer. Am Ende gewann Füllkrug nur 27 Prozent seiner Zweikämpfe. Rogel konnte bei der Aktion vor dem Gegentor leider herzlich wenig ausrichten.
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Insgesamt war der Uruguayer 43 Mal am Ball und verteilte diesen fleißig, wie auch zuletzt in seinem Spiel. 78 Prozent seiner Pässe kamen beim Mitspieler an, auch wieder dank seines sicheren und ruhigen Aufbauspiels mit Marc-Oliver Kempf. Zu seinen 30 erfolgreichen Pässen, gesellen sich noch sechs von zehn erfolgreiche lange Bälle, auch er hatte einen gewissen Anteil beim Antrieb der Offensive. Seine eigene Zweikampfquote von nur 40 Prozent siegreicher Aktionen lässt sich zwar nicht unbedingt sehen, doch sein Stellungspiel und seine allgemeine körperliche Robustheit machten es der Bremer Offensive allgemein sehr schwer. Rogel begeistert, auch wenn er immer wieder sehr stark ins Risiko geht, gerne mal den ein oder anderen Ball gefährlich abfälscht und noch nicht alles funktioniert. Aber erinnern wir uns an die Anfangszeit in Berlin von Kempf, der dieselben Attribute verkörperte und mittlerweile der Abwehrchef ist. Agustin Rogel ist auf dem besten Wege es ihm gleich zu tun.
Jean-Paul Boetius: Ein belebendes Element
Nicht nur ein gebrauchter Tag für Hertha, auch einer für Stevan Jovetic. Der Montenegriner musste nach 32 Minuten verletzungsbedingt das Spielfeld verlassen. Hoffen wir, dass er schnell fit wird. Sein Ersatz, Jean-Paul Boetius, durfte nach seiner Rückkehr seinen zweiten Einsatz feiern. Und direkt über eine Stunde lang. Und er wusste mit guten Leistungen aufzufallen. Als belebendes Element hielt er die Zügel des Hertha-Spiels im offensiven Mittelefeld. 41 Mal war der Niederländer am Ball und sammelte starke Statistiken. 21 von 25 Pässen kamen erfolgreich bei seinen Mitspielern an, 77 Prozent seiner Zweikämpfe entschied er für sich. Eine tolle Quote für einen Offensivspieler.
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Voll mit frischem Selbstbewusstsein setzte er zu drei Dribblings an, von denen er zwei erfolgreich beendete. Immer wieder versuchte er seine Mitspieler in Szene zu setzen. Zwei Torschüsse bereitete er vor. Einen davon in der 79. Minute. Doch Ejuke schloss die vielversprechende Möglichkeit überhastet ab. Seine Gefahr für die Bremer Defensive zeigt sich auch in weiteren Zahlen. Am Ende des Spiels wurde Boetius fünfmal gefoult. Insgesamt ist Boetius ein Spieler, der das Offensiv- und Kreativspiel der Hertha ordentlich ankurbeln kann. Für die nächsten Spiele könnte er auf jeden Fall zu einen Kandidaten für die Startelf werden.
Marvin Plattenhardt: Eine Pause täte ihm gut
Eines vorweg: Unsere Kritik an Marvin Plattenhardt, die wir leider mittlerweile fast wöchentlich äußern, gilt ausschließlich dem Fußballer Marvin Plattenhardt und dessen Leistungen als Kapitän und Linksverteidiger von Hertha BSC. Unsere Kritik ist niemals persönlich zu werten. Bekanntlich ist Platte privat ein sehr sympathischer Typ, wenn man sich beispielsweise Interviews auf Hertha TV anschaut. Aber aktuell ist die Position Plattenhardts eine der problematischsten im Kader von Hertha BSC.
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Marvin Plattenhardt ist seit Wochen vollkommen außer Form und bringt der Mannschaft kaum Verstärkung. Ihm gelingt es nicht offensiv auf das Spiel einzuwirken und auch defensiv brennt es auf der linken Seite von Hertha immer wieder lichterloh. 63 Mal war der Kapitän im Ballbesitz, spielte 21 erfolgreiche Pässe, am Ende nur 57 Prozent. Wieder alarmierend war die Zahl seiner Ballverluste. 22 Stück waren es wieder. Defensiv konnte er immerhin mit vier Klärungsaktionen glänzen, doch es gibt zu große Spielabschnitte, in denen der 30-Jährige vollkommen untergeht. Ihm zugestehen muss man, dass es im Team allgemein auf der linken Seite krankt. Auch Chidera Ejuke und Marco Richter suchen nach ihrer Form, während Jonjoe Kenny und Dodi Lukebakio mittlerweile ein eingespieltes Team auf der rechten Seite sind, die auch mit Leistung vorangehen. Mittlerweile schafft es Plattenhardt in keiner Weise mehr, seine Stärken ins Spiel einfließen zu lassen. Praktisch keine seiner Flanken bringt ernsthafte Gefahr oder stellt die gegnerische Abwehr wirklich vor Probleme. Insbesondere in der ersten Halbzeit wurde jeder seiner Versuche mühelos geklärt.
Marvin Plattenhardt täte etwas Ruhe gut. Eine Pause, weniger Verantwortung, die ihn aufzufressen scheint. Weiterhin gibt es mit Maximilian Mittelstädt einen bundesligatauglichen Linksverteidiger im Team. Umso dramatischer, dass in den letzten Tagen Gerüchte um einen möglichen Mittelstädt-Abgang im Winter aufgekommen sind.
Marco Richter und Chidera Ejuke: Überspielt und übermotiviert
Mit Marco Richter und Chidera Ejuke hat Hertha BSC zwei Offensivakteure auf der linken Seite, die eigentlich mit enormen Talent ausgestattet sind, dieses aber aktuell kaum ummünzen können, in brauchbare Leistungen. Die beiden wirken zunehmen überspielt und in gewisser Weise auch übermotiviert. Ihre Aktionen wirken meist überhastet und bringen dem Team kaum Mehrwert. Während Richter noch eine recht passable erste Halbzeit spielte und sich immer wieder in der Offensive einschalten konnte, baute er in der zweiten Hälfte des Spiels schnell und deutlich ab. Er versuchte sich mit zwei Abschlüssen selbst. Direkt in der 2. Minute landete ein Schuss von ihm am Außennetz.
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Auch ein Beispiel für den überhasteten Abschluss und das fehlende Auge für die Situation. Immerhin konnte Richter in seinen 72 Minuten 14 von 15 erfolgreiche Pässe spielen, doch für viel Gefahr sorgten seine Zuspiele nicht. Er gewann nur drei seiner acht Zweikämpfe. Am Ende musste er Chidera Ejuke Platz machen, der ebenfalls seit einigen Spielen außer Form ist. Nach 12 Spieltagen muss man generell konstatieren, dass der statistische Einfluss Ejukes auf das Spiel der Mannschaft zu wünschen übrig lässt. Lediglich drei Vorlagen gelangen dem Nigerianer in 12 Einsätzen. Sein Tempo ist seine große Stärke, doch zu oft fehlt ihm das Auge für die Mitspieler. Gegen Bremen war er 14 Mal am Ball, verlor diesen aber auch vier Mal wieder.
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Ein erfolgreiches Dribbling konnte er für sich verzeichnen, ein weiteres misslang. Seine große Chance nach 79 Minuten zeigte, wie überspielt er ist und wie wenig Ruhe aktuell in ihm steckt. Marco Richter und Chidera Ejuke tun sich aktuell extrem schwer und sind ein Symptom von Herthas Inkonstanz in den letzten Wochen. Die Folge ist, dass Herthas Offensivspiel zu berechenbar ist und schließlich kann auch nicht jeder Angriff über Dodi Lukebakio laufen.
Wilfried Kanga und Davie Selke: Das Stürmerproblem
Weitere Sorgenkinder sind Wilfried Kanga und Davie Selke. Hertha droht ein Stürmerproblem, sollten nicht schnellstmöglich die Knoten der beiden endgültig platzen. Auf das erste Tor Kangas gegen Schalke folgte eine extrem dünne Vorstellung in Bremen. Seine Bemühungen kann man ihm nicht absprechen, doch sein Einfluss auf das Spiel der Hertha ist verschwindend gering, sobald er es mit einer einigermaßen eingespielten Verteidigung zu tun bekommt.
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In seinen 72 Minuten Spielzeit gewann der Ivorer nur einen seiner neun Zweikämpfe, verlor fünf Mal den Ball in teilweise aussichtsreichen Positionen und konnte auch durch individuelle Dribblings nichts ausrichten. Seine größte und einzige Möglichkeit hatte er in der 49. Minute, als er am Tor vorbeischoss.
Dass aus Davie Selke kein eiskalter Torjäger mehr wird, damit haben sich die Berliner mittlerweile abgefunden. Doch auch als Joker bringt Selke praktisch nichts mehr mit, was dem Offensivspiel guttut.
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Er konnte sich in seinen knapp 20 Minuten Spielzeit nicht eine einzige Torchance erarbeiten, genauso wenig konnte er seine Mitspieler in Szene setzen. Ballverluste, Sicherheitspässe und viele Alibiläufe, das ist Davie Selke. Die Geduld der Verantwortlichen in Berlin dürfte am Ende sein. Zumindest empfiehlt sich Selke in keiner Weise mit Leistung für einen neuen Vertrag.
Die Lage ist brandgefährlich
Das positivste im Verein ist die Stimmung. Die Ruhe, das Verhältnis zwischen Verein und Fans und dass es weiterhin keinen üblen Zerfall der Mannschaft gibt, bei Gegentoren. Doch die Lage ist brandgefährlich und auch Sandro Schwarz und Fredi Bobic müssen sich Kritik stellen.
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Wie letztes Jahr steht Hertha auf dem 14. Platz in der Tabelle. Letztes Jahr hatte man sogar zwei Punkte mehr auf dem Konto, das Torverhältnis war allerdings um einiges schlechter. Zusätzlich gab es vergleichbare Spiele, die in letzter Minute verspielt wurden oder Siege gegen direkte Konkurrenten im Keller. Ein Spiel später wurde Pal Dardai übrigens entlassen und Tayfun Korkut kam. Nach 15 Spieltagen (dieses Jahr der Break vor der WM) hatte Hertha 18 Punkte auf dem Konto. Eine Statistik, die schwer zu erreichen ist in diesem Jahr.
Und auch wenn die Stimmung anders, ja wesentlich besser ist, sollte man sich davon in keiner Weise blenden lassen. Hertha ist im tiefen Abstiegskampf und wird dort, wenn man keine Siegesserie starten kann, bis zum Ende der Saison bleiben. So lange alle im und um den Verein aber zusammenhalten und alles daran setzen, das Ziel Klassenerhalt zu erreichen und in dieser brenzligen Situation wach bleiben und nichts über- oder unterschätzen, ist die Saison händelbarer als die letzte.
Hertha BSC konnte gegen den FC Schalke 04 seinen ersten Heimsieg feiern. Die Stimmung im und um den Verein ist gut, obwohl man sich alles andere als in ganz ruhigen Fahrgewässern in der Fußball-Bundesliga befindet. Am Freitag ist man beim SV Werder Bremen zu Gast, die nach einem sehr starken Saisonstart mittlerweile einige Punktverluste hatten und sich nun im tiefen Mittelfeld der Tabelle befinden. Die Bremer stehen zwei Plätze und vier Punkte vor Hertha auf Platz 11. Was können wir von Hertha erwarten? Unsere drei Thesen.
Vorne hui, hinten pfui
Uns erwartet ein wildes Spiel. Die Offensiven der beiden Mannschaften sind in dieser Saison voll in Fahrt (Bremen mit Niclas Füllkrug und Marvin Ducksch) oder kommen es gerade (Hertha mit Wilfried Kanga). Während zu Beginn der Partie noch ein leichtes Abtasten zu erwarten ist, spielt man spätestens in der zweiten Hälfte mit offenem Visier. Niclas Füllkrug und Dodi Lukebakio wollen sich weiter bei ihren Nationalmannschaften für die Weltmeisterschaft empfehlen, die Verteidiger beider Mannschaften werden damit arge Probleme bekommen. Ein kleines Scheibenschießen findet statt.
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Am Ende schießt Hertha drei Tore. Werder Bremen darf ebenfalls feiern, schießt aber zumindest nicht mehr Tore als Hertha. Ein spektakuläres Spiel, welches die Stärken und Schwächen des Teams eiskalt offenbart.
Wilfried Kanga wird immer wichtiger
Sein Treffer gegen den FC Schalke 04 war der dringend benötigte Brustlöser. Im Sommer kam er mit einer Empfehlung von wettbewerbsübergreifend 16 Toren aus der Schweiz von den Young Boys aus Bern. Bis letzte Woche tat sicher der Ivorer vor dem Tor in der Bundesliga schwer. Doch der Knoten ist geplatzt und gegen Werder Bremen wird er damit weitermachen, womit er gegen Schalke aufgehört hat. Mit dem Toreschießen.
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Voll mit Selbstvertrauen, Robustheit, Ruhe vor dem Tor und einer Portion Zielwasser ausgestattet, wird er die Bremer Verteidigung durchgehend beschäftigen, mindestens ein Tor erzielen und ein weiteres seinen Mannschaftskollegen auflegen.
Hertha startet eine Serie
Hertha wird den zweiten Sieg in Folge feiern. Das gelang zuletzt im Endspurt der letzten Saison, als man den FC Augsburg und den VfB Stuttgart hintereinander besiegen konnte. Etwas, was nachträglich die Auszahlung der tollen Leistungen in den Vorwochen ist, die man gegen Mannschaften, wie Leipzig, Leverkusen oder Frankfurt gezeigt hatte, aber nicht zu Siegen ummünzen konnte.
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Hertha ist in Fahrt und nutzt den Schwung, beginnt eine Serie und verliert bis zur WM-Pause kein Spiel mehr. Am Ende steht eine Niederlage (gegen Leipzig 2:3) in den letzten elf Spielen vor der Saison. Auf einem gesicherten Mittelfeldplatz überwintert man.
Am Samstag um 18.30 Uhr wird das Topspiel des Bundesligaspieltags angepfiffen. Dass es dann ausgerechnet ein Kellerduell zwischen zwei schwächelnden Mannschaften wird, wird die neutralen Zuschauer sicherlich nicht erfreuen. Noch weniger erfreut sind dafür Hertha-Fans nach den letzten Spielen ihrer Mannschaft. Sollte am Samstagabend die „alte Dame“ erneut verlieren, könnte es nun das Ende für Cheftrainer Bruno Labbadia und Manager Michael Preetz bedeuten. Es könnte also im Spiel Hertha BSC – Werder Bremen um einiges gehen. Umso besser vielleicht, dass dafür die große leere Bühne unter Flutlicht bereitsteht, und die ganze Bundesliga zuschauen darf. Immerhin wird Hertha mal im Mittelpunkt stehen.
SV Werder Bremen – stark gegen die Schwachen
Herthas Gegner am Ende einer erneut misslungenen „englischen Woche“ heißt SV Werder Bremen. Eigentlich ein Angstgegner für die Berliner: in der Bundesliga gab es für die Blau-Weißen in 75 Duellen nur 20 Siege, dafür 36 Niederlagen. Immerhin konnte man zuletzt die Bilanz etwas verbessern. Die letzte Niederlage in Berlin gegen Werder ist über vier Jahre her.
Auch für die Bremer gab es in der Saison 2020/21 bisher nicht allzu viel zu feiern. Im ersten Saisonspiel gegen Hertha gab es eine 1:4 Niederlage. Danach konnte die Mannschaft von Trainer Florian Kohfeldt allerdings eine Serie von sieben Spielen ohne Niederlage hinlegen. Davon gingen fünf Spiele mit 1:1 unentschieden aus. In der Hinrunde konnten die Bremer nur vier Siege holen, gleich viele wie die Elf von Bruno Labbadia. Nur ein Punkt trennt beide Mannschaften, die jeweils auf Tabellenplätze 13. (Bremen) und 14. (Hertha) hängen.
Die schlechte Nachricht für Hertha-Fans dürfte die Tatsache sein, dass Werder (bis auf das Auftaktspiel) kein einziges Duell gegen Konkurrenten im Abstiegskampf mehr verlor. Gegen Gelsenkirchen, Mainz, Bielefeld und Augsburg gab es Siege, gegen Köln und Hoffenheim ein Unentschieden. Gerade gegen „schwächere“ Gegner konnte Kohfeldts Elf also überzeugen.
Werders gemischte Bilanz im Jahr 2021
Am Dienstagabend ging es Auswärts nach Mönchengladbach. Dort konnte Werder trotz ordentlicher Leistung nicht punkten. Doch so schlecht sieht die Formkurve im Jahr 2021 nicht aus. Zwar musste man sich gegen den 1. FC Union Berlin geschlagen geben, holte anschließend aber einen Punkt in Leverkusen. Vergangenes Wochenende schlugen die Bremer den FC Augsburg mit 2:0. Wie gut oder schlecht Werder Bremen nun wirklich in dieser Saison ist, bleibt schwer einzuschätzen.
Großartigen Fußball spielt man an der Weser auch diese Saison sicherlich nicht. Dafür hat man weniger Probleme damit, auf kämpferischer Art und Weise die Spiele an sich zu reißen. Abstiegskampf kennen die Bremer Spieler von letzter Saison noch zu gut. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird Kohfeldt sein Team wie im Spiel gegen den FC Augsburg mit einer Dreierkette auf den Rasen im Olympiastadion schicken.
Sollte es Hertha dann erneut gegen drei großgewachsene Innenverteidiger nur mit Flanken versuchen, könnte das Spiel für die „alte Dame“ ähnlich verlaufen wie am Dienstagabend gegen die TSG aus Hoffenheim. Eine Bremer Personalie wird am Samstag jedenfalls wieder zum Thema werden: Davie Selke wird zum ersten Mal seit seiner Rückkehr an der Weser im Olympiastadion gegen Hertha spielen.
Hertha im Abstiegskampf – Kritik wird immer lauter
Doch im Grunde genommen geht es weniger darum, wie Herthas Gegner heißt oder wie dieser aufgestellt ist. Die letzten Wochen zeigten sehr gut, dass die „alte Dame“ mit sich selbst am meisten zu kämpfen hat. Zu den bereits bestehenden Schwächen, wie die Standardschwäche und die Probleme im Aufbauspiel, kamen neue hinzu. Jetzt schaffen es die Blau-Weißen nicht mal mehr zu treffen. Seit dem Sieg gegen Gelsenkirchen gab es keinen eigenen Treffer mehr.
Über die aktuelle Situation am Schenkendorffplatz wurde in den letzten Tagen bereits sehr viel geschrieben. Besonders Manager Michael Preetz steht im Mittelpunkt der Kritik. Cheftrainer Bruno Labbadia zeigte sich in der Pressekonferenz vor der Partie wie gewohnt realistisch: „Wir können alle die Tabelle lesen und wissen, dass wir aufgrund der Ergebnisse immer mehr unter Druck sind. Das ist normal”. Gegen Bremen gelte es „die Ärmel hochzukrempeln, sich gegen Widerstände zu wehren und nicht mit einer Angst reinzugehen”. Das Problem: ähnliche Parolen konnte man auch nach den Spielen gegen Bielefeld und Köln von Michael Preetz und Bruno Labbadia hören. Eine spürbare Wirkung, die sich auch in Punktgewinne manifestiert, blieb bisher jedoch aus.
Was sich im Vorfeld auf das Spiel Bremen-Spiel veränderte, war eine gewisse „Jetzt-erst-Recht“-Haltung von Trainer Labbadia: “Ich muss vorangehen. Wir liegen ein wenig am Boden. Da kann man liegenbleiben. Aber davon war ich noch nie ein Freund.“ Mit dem Rücken zur Wand wird die Mannschaft jetzt reagieren und punkten müssen. Viele Möglichkeiten bleiben den aktuellen Verantwortlichen wohl nicht mehr, um das Ruder herumzureißen.
Keine Cunha-Sperre und Gerüchte um Gómez
Zur Verfügung stehen Herthas Cheftrainer wohl dieselben Spieler wie unter der Woche gegen Hoffenheim. Personell hat sich nicht viel in den wenigen Tagen verändert. Eine große Schwächung wäre eine mögliche „Last-Minute“-Sperre von Matheus Cunha gewesen. Das Verfahren gegen den Brasilianer wurde jedoch am Freitagnachmittag eingestellt.
Bruno Labbadia wird auch gegen Bremen auf Kapitän Dedryck Boyata und Flügelstürmer Javairo Dilrosun verzichten müssen. Auch Eduard Löwen, Marvin Plattenhardt und Márton Dárdai fallen weiter verletzt aus. Es ist somit wahrscheinlich, dass die Startelf am Samstagabend mehr oder weniger dieselbe sein wird, wie die am Dienstagabend. Womöglich wird man jedoch auf der einen oder anderen Position aus Fitnessgründen rotieren müssen. Doch leider gibt es auf bestimmten Positionen aktuell nicht viele Alternativen.
Gerade die fehlenden Alternativen auf den Außenbahnen und im kreativen Mittelfeld sind ein Problem, das kurzfristig nur mit Winterneuzugängen zu lösen wäre. Manager Michael Preetz scheint jedoch bei der Suche wenig Erfolg zu haben. Das Gerücht um eine mögliche Leihe von Papu Gómez von Atalanta Bergamo erscheint angesichts der unattraktiven Situation von Hertha BSC zurzeit eher unwahrscheinlich. Dabei wäre der Argentinier genau der Spielertyp, den die Berliner dringend brauchen würden. Ein spielstarker, erfahrener Spieler mit großem Charakter auf einer offensiven Position.
Stattdessen wird die „alte Dame“ hoffen müssen, dass beispielsweise der zuletzt sehr schwach spielende Dodi Lukebakio oder die im Abschluss glücklosen Stürmer Krzysztof Piatek und Jhon Córdoba ein plötzliche Formsteigerung erleben. Wie schon so oft in dieser Saison bleibt ansonsten nur noch eine Einzelaktion von Matheus Cunha, um die Torflaute und die Formkrise zu beenden.
Eine Mannschaft schnell aus dem Hut zaubern
Viel schöner und wichtiger wäre natürlich eine geschlossene, stabile und engagierte Mannschaftsleistung der „blau-weißen“. Doch genau das scheint bei Hertha ein großes Problem zu sein. Vize-Kapitän Niklas Stark gab im Interview nach der Partie gegen TSG Hoffenheim diesbezüglich eine sehr unglückliche Figur ab. Nach dem Mannschaftsgefühl von Hertha gefragt zögerte der 25-Jährige viel zu lange bevor er zögerlich: „Natürlich sind wir eine Mannschaft, auch wenn das Ganze auch schwierig ist“ antwortete. Alles andere als überzeugend also.
Aktuell gibt es leider einfach keinen Grund für Hertha-Fans optimistisch zu sein, zu enttäuschend waren die letzten Ergebnisse und Auftritte. Cheftrainer Labbadia drückte es im Vorfeld in aller Deutlichkeit aus: „Ich muss vorangehen. Wir liegen ein wenig am Boden. Da kann man liegenbleiben. Aber davon war ich noch nie ein Freund.“
Damit Hertha BSC wieder vom Boden aufsteht, müsste sich aus den vielen verunsicherten Einzelspielern im Kader eine Einheit bilden. Ein Zaubertransfer im Winter wird es sicherlich nicht tun. Nur ein Funken Hoffnung bleibt also noch, dass sich die Spieler gemeinsam aus dieser schwierigen Lage herauskämpfen, und Ihre Einheit somit zu entdecken. Am besten durch einen knappen, umkämpften Sieg gegen Werder Bremen. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
Nach dem turbulenten Pokalaus in Braunschweig ging es am ersten Bundesligaspieltag für die Mannschaft der „Alten Dame“ in die Hansestadt nach Bremen. Erneut schoss man vier Tore, jedoch konnten die Berliner dieses Mal mit einem Sieg in der Tasche nach Hause fahren. Man zeigte einen deutlich stabileren Auftritt und konnte seine individuelle Qualität offensiv gut auf den Platz bringen. Auch in dieser Saison wollen wir auf herausstechende – positiv wie negativ – Leistungen von Herthanern blicken – heute für den 4:1-Sieg über den SV Werder Bremen.
Dedryck Boyata – sorgt für Stabilität
Zum Pokalspiel letzte Woche wurde Dedryck Boyata aufgrund von Beschwerden an der Achillessehne noch schmerzlich vermisst. Nun kehrte der Belgier zusammen mit Jordan Torunarigha in die Herthaner Innenverteidigung zurück und konnte sogleich mit einer starken Leistung überzeugen.
In der insgesamt chancenarmen ersten Hälfte des Spiels hatte Hertha die größeren Spielanteile und 60% Ballbesitz. Boyata war also vor allem im flachen Spielaufbau der Hertha gefragt. Gewohnt sicher verteilte er die Bälle ohne dabei zu sehr ins Risiko zu gehen. 53 seiner 59 Pässe kamen so beim Mitspieler an, Bestwert unter allen 22 Spielern. Die meisten davon spielte er nicht in die Tiefe, sondern zu seinen Partnern in der Viererkette, einem abkippenden Mittelfeldspieler oder Alexander Schwolow im Tor. Nur eine Szene im Spielaufbau muss man dem 29-Jährigem ankreiden: in der 30. Minute spielte er unbedrängt einen Fehlpass zum Gegenspieler. Werder konnte von diesem Fehler dank einer Parade von Alexander Schwolow aber nicht mit einem Treffer profitieren. Sonst blieb Boyata fehlerfrei und stand stets als Anspielstation in der Viererkette zur Verfügung. Insgesamt kommt „Dedo“ so auf 76 Ballkontakte. Höchstwert bei der Hertha.
In der zweiten Hälfte nahm das Spiel mehr Fahrt auf und die Bremer übten nach Rückstand gezwungenermaßen zeitweise mehr Druck aus. So waren auch die Defensivspieler stärker gefragt. Besonders Boyata konnte neben Torunarigha bei der Arbeit gegen den Ball glänzen. Zahlreiche Hereingaben fing er durch kluges Stellungsspiel ab, Flanken klärte er mit starkem Kopfballspiel und insgesamt zeigte er eine große Präsenz rund um den eigenen Sechszehner. Einige Angriffe konnte Boyata bereits früh unterbrechen indem er herausrückte, um den Gegenspieler unter Druck zu setzen. Diese starke Defensivleistung schlägt sich auch in den Statistiken nieder: Sieben geklärte (alle zentral am und im Strafraum), drei abgefangene Bälle.
Nur einmal sorgte Boyata bei seiner Defensivarbeit für einen Schreckmoment, als er einen Fernschuss gefährlich per Kopf ablenkte. Doch Schwolow war auch hier zur Stelle. Ansonsten zeigte sich der rechte Innenverteidiger deutlich stärker im Zweikampf und in der Arbeit gegen den Ball als seine Kollegen eine Woche zuvor. Auch seine Bedeutung bei Standards konnte er gegen Bremen zeigen, als er sich in der 71. Minute bei einer Ecke gut durchsetzte und den Kopfball knapp über das Tor köpfte. Ähnlich stark präsentierte er sich auch defensiv bei den ruhenden Bällen.
Boyata war durch seine gute Leistung mit dafür verantwortlich, dass Werder Bremen über weite Teile so wenig Gefahr ausstrahlte. Zusammengefasst erfüllte Boyata also die Hoffnungen auf einen stabileren Auftritt mit ihm in der Innenverteidigung und zeigte, wie schon in weiten Teilen der letzten Saison, eine gewohnt starke Darbietung als Abwehrchef.
Peter Pekarik – nicht nur defensiv gefragt
Der Ein oder Andere wird sicherlich überrascht gewesen sein als am Samstag um 14:30 die Aufstellung bekannt gegeben wurde. Denn nicht etwa der vielversprechende Neuzugang Deyovaisio Zeefuik startete für die Berliner auf der Rechtsverteidigerposition, sondern Peter Pekarik, der über die letzten Jahre eigentlich nur als Ersatzspieler gefragt war. Der Slowake sollte seine Berufung in die Startelf jedoch absolut rechtfertigen.
In der Anfangsphase machte Pekarik nur in einer Szene wirklich auf sich aufmerksam. Nach einem Einwurf auf der rechten Seite tief in der Bremer Hälfte erhielt Pekarik den Ball. Er schaltete schnell und schlug eine präzise Flanke genau auf den Elfmeterpunkt. Dort lauerte bereits Piatek, setzte sich stark gegen zwei Gegenspieler durch und lenkte den Ball per Kopf an die Latte. Die erste richtige Tormöglichkeit für Hertha. Ansonsten nahm Pekarik solide am Kombinationsspiel und den längeren Ballbesitzstaffetten der Mannschaft teil. Aber so wie das ganze Spiel zu Beginn sonst recht ereignislos blieb, war auch Pekarik nicht sonderlich auffällig, machte seine Arbeit aber solide. Wie unter Labbadia üblich positionierte sich der Rechtsverteidiger etwas höher, während Darida abkippte. Von seiner Positionierung profitierte Pekarik dann auch in 41. Minute als das 1:0 fiel. Pekarik entschied sich bei einer potentiellen Gefahrensituation dazu, mit bis in den Strafraum der Bremer zu gehen. Pekariks Gespür und die gute Strafraumbesetzung der Berliner zahlte sich aus, denn Mittelstädt brachte den Ball nun von links mit viel Schnitt in den Raum zwischen Torwart und Bremer Defensivspielern. Während Lucas Tousart und Krzysztof Piatek den Ball zentral knapp verpassten, lauerte Pekarik am zweiten Pfosten und versenkte den Ball im Netz.
Nur drei Minuten später stand Peter Pekarik erneut im Fokus. Am rechten Strafraumrand erhielt er den Ball und versuchte mitsamt an Gegenspieler Marco Friedl vorbei in den Strafraum zu gehen. Dieser konnte ihn jedoch nur mit einem Foul aufhalten und brachte Pekarik zu Fall. Schiedsrichter Sasha Stegemann entschied zunächst auf Elfmeter, wurde dann aber vom VAR informiert und gab Freistoß, da das Foul außerhalb des Strafraums begonnen habe. Eine knappe Entscheidung nach der erneut starken Aktion des 33-Jährigen.
Nach der Halbzeit war Pekarik vor allem defensiv gefordert, denn das Spiel wurde zerfahrener und Herthas Ballbesitzphasen kürzer. Und auch das machte er gewohnt stark. Nur einmal kamen die Bremer über seine Seite gefährlich vors Tor. Pekarik setzte Flankengeber Ludwig Augustinson nicht ausreichend unter Druck. So schlug dieser den Ball an den zweiten Pfosten, wo Davie Selke nur noch einköpfen musste. Sonst gab es kaum ein durchkommen für die Bremer auf der rechten Seite und Pekarik verteidigte stark. Dafür sprechen auch die fünf abgefangenen Bälle, die vier Ballsicherungen und zwei klärenden Aktionen. Hinzukommt, dass er ganz ohne Foul auskam.
Erneut zeigt Pekarik also eine insgesamt sehr starke Leistung und knüpfte an seine Einsätze aus der letzten Saison an. Nach dem Spiel bekam er auch von Trainer Bruno Labbadia Lob: Pekarik sei ein „Vorbild für jeden jungen Spieler“ und würde sich stets sehr professionell verhalten. Pekarik zeigte sich in Bremen als ältester Spieler bei Hertha auf dem Platz vielleicht nicht als der dringend gesuchte Wortführer, aber er ging die mit seiner starken Leistung voran und führte das Team so zum Sieg. Spiet Pekarik so weiter, wird es nicht leicht für Neuzugang Zeefuik an ihm vorbeizukommen.
Matheus Cunha – da geht noch mehr
Matheus Cunha spielte am Samstag, wie auch schon in der Vorbereitung, als kreatives Element hinter dem Mittelsturm. Er ließ sich zwar oftmals fallen, um als Anspielstation zu dienen, konnte aber in den ersten 40 Minuten nicht dazu beitragen, mehr Zug zum Tor und Dynamik in das Spiel zu bringen. Dabei ist Cunha einer der wenigen Spieler in Herthas Kader, die das Ballbesitzspiel mit ihrer Kreativität noch unberechenbarer und gefährlicher machen können. Diese Qualität ließ er zwar immer wieder aufblitzen, einen bleibenden Eindruck aus der ersten Halbzeit konnte er aber nicht schaffen. Aber auch als Mannschaft schaffte man es zu wenig Cunha in Eins-gegen-eins-Situationen zubringen, in denen er so gefährlich sein kann.
In der zweiten Hälfte war Cunha vor allem in Umschaltsituationen involviert, nachdem er sich auch recht fleißig im Gegenpressing und in der Arbeit gegen den Ball präsentierte. Neun Ballsicherungen und vier abgefangene Bälle sind für einen Angreifer ein sehr guter Wert. In den angesprochenen Umschaltmomenten zeigte sich Cunha nicht immer allzu glücklich. Öfters wählte er die falsche Entscheidung oder ihm fehlte die nötige Übersicht. So zum Beispiel in der 58. Minute als er anstatt den freistehenden Tousart anzuspielen, den eigenen Abschluss wählte. Und es gab weitere Situationen, bei denen man das Gefühl hatte, dass man diese hätte besser lösen können. Teilweise blieb Cunha zu lang am Ball oder verschleppte das Tempo ein wenig. So hatte der Brasilianer insgesamt 20 Ballverluste zu verantworten.
Und obwohl Cunha bei weitem nicht sein bestes Spiel zeigte, traf er erneut. Nach einem langen Ball und der Weiterleitung über Cordoba und Darida, zielte er auf das lange Toreck, traf den Ball aber nicht optimal. Jiri Pavlenka schaffte es dennoch nicht den Ball zu halten und so konnte Cunha mit dem Team das 3:0 bejubeln. Außerdem muss auch seine Dribbelstärke erneut hervorgehoben werden. Fünfmal schaffte er es seine Gegenspieler auszuspielen und ermöglichte dem Team so oft einen wichtigen Raumgewinn oder sich aus dem Druck zu befreien.
Schafft es Cunha noch etwas konstanter in seinen Aktionen zu werden und seine Entscheidungsfindung zu verbessern, steht einer tollen Saison mit vielen Torbeteiligungen als Unterschiedsspieler nichts im Weg.
Vladimir Darida wurde gegen Bremen zum Spieler des Spiels. An seiner Leistung gab es quasi nichts zu kritisieren und an fast allen Offensivaktionen war er beteiligt. Im Ballbesitz ließ er sich viel auf die Rechtsverteidigerposition fallen und beteiligte sich so am Spielaufbau. Aus genau so einer Situation spielte er auch einen sehenswerten langen Ball auf Piatek. Dieser nahm den Ball gut an, stand jedoch knapp im Abseits. Immer wieder löste sich der Tscheche von seinem Gegenspieler, war anspielbar und bildete Dreiecke auf der rechten Seite.
Besonders das Zusammenspiel mit Pekarik hinterließ einen positiven Eindruck. Beim Lattentreffer von Piatek legte er den Ball zu Pekarik zurück, der dann die Flanke schlug. Beim beinahe gegebenen Elfmeter in der 44. Minute steckte Darida dann den Ball clever zu Pekarik durch. Eine Minute später war er erneut am Angriff beteiligt. Den Ballgewinn von Cunha in zentraler Position nutzte Darida herausragend und spielte einen perfekt getimten Schnittstellenpass auf den einlaufenden Dodi Lukebakio, der sicher verwandelte. In der 62. Minute gab es eine ganz ähnliche Situation. Jhon Cordoba schirmte einen Ball gut ab, Darida übernahm und spielte erneut mit viel Übersicht einen guten Pass auf den besser positionierten Cunha, der ebenfalls traf. Die Antwort auf die Frage, wer den Angriff jetzt eigentlich eingeleitet hatte, lautete gegen Bremen fast immer Darida. Er behielt stets die Übersicht und traf gute Entscheidungen.
Das gilt auch für die Defensivarbeit. Mit hoher Intensität beteiligte sich Darida am Pressing und Gegenpressing und unterstütze Pekarik auf der rechten Seite. Sehr diszipliniert verrichtete er seine Arbeit und war gewohnt laufstark (13,1 Kilometer, 34 Sprints und 109 Intensive Läufe sind jeweils Bestwert der Partie). Auch in anderen Bereichen lohnt sich ein Blick auf die Zahlen: zwei Torvorlage, drei Torschussvorlagen, eine herausgespielte Großchance, ein Keypass, drei abgefangene Bälle und sechs Ballsicherungen. Alle Werte unterstreichen seine Leistung noch einmal.
Rundum also eine starke Leistung von Valdimir Darida, der sowohl für die nötige Stabilität sorgte und gleichzeitig wichtiger Bestandteil im Offensivspiel war.
Jhon Cordoba – schlägt direkt ein
Erst am Dienstag wurde der Transfer von Jhon Cordoba offiziell gemacht. Zu seiner Vorstellung wurde mit den Attributen „Wucht, Dynamik und Durchsetzungsvermögen“ von Michael Preetz beschrieben. Vier Tage später kam er bereits zu seinem ersten Einsatz für Hertha.
In der 61. Minute kam Cordoba für Piatek, der nicht seine beste Leistung zeigte, auf den Platz. Nur wenig später konnte er diese Stärken das erste Mal zeigen. Einen langen Abschlag von Alexander Schwolow schirmte er perfekt vom Gegenspieler ab, setzte dafür seinen Körper gut ein und ermöglichte Darida die Torvorlage zum 3:0. Nur rund zehn Minuten später hatte Cordoba dann selbst die Chance auf ein Tor. Nach einem Ballgewinn startete Torunarigha einen seiner berüchtigten Offensivläufe, war nicht zu stoppen und spielte einen tollen Pass auf den startenden Cordoba. Dieser stand nun allein vorm Torwart, vergab jedoch eine Riesenmöglichkeit. Zwei weitere Male kam Cordoba in der Schlussphase noch zu nennenswerten Abschlüssen, bevor er sein Debüt-Tor feiern konnte und den Sieg der Hertha endgültig besiegelte. Ein schöner Konter über Tousart und den ebenfalls eingewechselten Mathew Leckie, der gut in die Tiefe startete und den Ball überlegt mit dem Außenrist rüber zum freistehenden Cordoba legte, führte zum ersten Tor des Kolumbianers für seinen neuen Verein.
Insgesamt wirkte Cordoba in den etwas mehr als 30 Minuten deutlich präsenter als zuvor Piatek. Das lag auch an der ereignisreicheren Schlussphase des Spiels, aber der 15-Millionen-Neuzugang schaffte es in der kurzen Zeit sehr gut sich in die Mannschaft einzufügen und konnte mit seiner physischen Präsenz für Gefahr sorgen. Noch ein kurzer Blick auf die Zahlen bestätigt diesen Eindruck. Vier Torschüsse, alle sieben Pässe angekommen und ein Tor sind für einen in der 61. Minute eingewechselten Spieler sehr starke zahlen.
Cordoba brauchte also keine lange Eingewöhnungszeit und bereitet Vorfreude auf weitere Auftritte.
Dieses nicht enden wollende Kribbeln nach der Sommerpause; die Vorfreude, nach einer verheißungsvollen Vorbereitung die Früchte erfolgreicher Arbeit auch in der Liga ernten zu können; die Euphorie, die ein souveränes Weiterkommen im Pokalsieg mit sich bringt – all das kennt man als Hertha-Fan dieser Tage höchstens vom Hörensagen. In der Vorbereitung ließ man sich das ein ums andere Mal düpieren (unter anderem mit einer 0:2-Niederlage beim HSV). Die Leistungen auf dem Feld waren ebenso wenig erbaulich, wie die Ergebnisse und zu allem Überfluss schied man dank mehrfacher Slapstick-Einlagen in der Hintermannschaft trotz vier geschossener Tore gegen Eintracht Braunschweig aus – ein Team, das in der vergangenen Saison noch in der dritten Liga beheimatet war. Aber das Fan-Herz ist nun mal kein rational-denkendes Organ. So reicht schon die Verkündung eines neuen Stürmers, um all die logischen Bedenken flugs beiseite zu wischen und von Europa zu träumen. Wo die Wahrheit zwischen diesen beiden Extremen letzten Endes liegen wird, weiß niemand. Das ist ja bekanntlich das Schöne an diesem Sport.
Um trotz all dieser Unwägbarkeiten ein paar Fakten zu ergänzen, werden wir uns auch in dieser Saison für unsere Vorberichte Hilfe von Expert*innen rund um die jeweiligen Gegner holen. Den Auftakt macht Joey, der uns einen ausführlichen Einblick in die Situation an der Weser gewährt hat.
DIE TÜCKEN DES BREMER WEGS
Dass die Situation in Bremen derart eskalieren konnte, hat vielschichtige Gründe. So waren es neben Fehlentscheidungen der Verantwortlichen auch Faktoren, die niemandem anzulasten sind. So zog sich Niclas Füllkrug, der in den ersten vier Partien an drei Toren beteiligt war, am vierten Spieltag einen Kreuzbandriss zu. Zeitgleich verletzte sich auch Yuya Osako und fiel fünf Spieltage aus. Die Liste ließe sich beliebig fortführen, wohl kein Team war derart verletzungsgebeutelt, wie der SV Werder. Doch selbstverständlich erklärt dies allein einen derartigen Absturz nicht. In jedem anderen Verein greifen zu so einem Zeitpunkt die viel zitierten Mechanismen des Fußballgeschäfts, was übersetzt bedeutet: Der Trainer wird zum Bauernopfer gemacht.
Werder hingegen verfolgt als Teil des „Bremer Weges“ eine andere Politik. So wurden zu keinem Zeitpunkt spürbare Diskussionen um Florian Kohfeldt aufgemacht. Ein Punkt, für den Joey Verständnis hat: „Der entscheidende Punkt war meiner Meinung nach – das wurde so auch von den Verantwortlichen immer betont – dass man in Kohfeldt insbesondere langfristig den richtigen Trainer für Werder gesehen hat und von seiner Arbeit grundsätzlich überzeugt war. […]In der Hinrunde gab’s auch durchaus noch viele Argumente, die man entweder zu Kohfeldts Gunsten auslegen konnte oder zumindest als erklärende Faktoren für den Negativlauf, um Kohfeldt aus der Schusslinie zu nehmen. Der Saisonbeginn beispielsweise war spielerisch durchaus vielversprechend, trotz zahlreicher Verletzter. […] Da konnte man noch denken: Lass die Verletzten zurückkommen, lass die Truppe die Standardschwäche abstellen und das wird zumindest eine Saison im ruhigen Mittelmaß. Leider wurde es mit der Zeit immer schlimmer.“
Statt sich also Schritt für Schritt wieder aus der Schlinge zu lösen, schien es für Bremen mit zunehmendem Fortschreiten der Spielzeit irgendwann keinen Ausweg mehr zu geben. Die anhaltende Erfolgslosigkeit trieb Kohfeldt, der für eine offensive Spielidee bekannt ist und dafür in der Vergangenheit viel Lob erntete, dazu, von seiner Philosophie abzuweichen und einen defensiveren Ansatz zu wählen. Allein die Ergebnisse blieben nach wie vor aus und „das war furchtbar anzusehen“, wie Joey zu Protokoll gibt.
WIE KONSEQUENT SIND DIE KONSEQUENZEN?
Dass dann auch nach dem erfolgreichen Klassenerhalt weiterhin mit Kohfeldt geplant wird, ist nur der logische Schritt – sonst hätte sich das Risiko, auf einen Trainerwechsel zu verzichten, auch gespart werden können. Dass es aber ein „Weiter so“ nach einer solch katastrophalen Spielzeit unter keinen Umständen geben darf, daran besteht kein Zweifel.
Zu diesem Schluss kamen auch die Werder-Verantwortlichen und so gab es einige Umstellungen beim Personal, das sich um die Mannschaft kümmert. „Es gab Veränderungen im Co-Trainer-Stab, es gab Veränderungen im „Team ums Team“, d. h. bei Physios, in der medizinischen Betreuung der Spieler, und es gab Veränderungen im Analyse-Team. Ob diese Änderungen dann wirklich spürbar werden, wird man abwarten müssen. Das gilt auch für Kohfeldts Trainingsarbeit: In der Vorsaison hat er selbst auch viele Fehler gemacht, die wird er nun abstellen müssen. Bisher kann man zumindest festhalten, dass wir weitgehend ohne nennenswerte oder längere Verletzungen durch die Vorbereitung gekommen sind, das ist schon mal ein Pluspunkt.“, so Joey. Ob diese Maßnahmen ausreichen, oder der Makel der Fehler aus der Vorsaison doch zu sehr an Kohfeldt heften, steht in den Sternen.
DIE SUCHE NACH DEM HOFFNUNGSSCHIMMER
Während sich also im Trainerstab einiges getan hat, war der Handlungsspielraum in Bezug auf Spieler aufgrund der Corona-Krise und der traditionell begrenzten finanziellen Mittel eher limitierter Natur. Aus Joeys Sicht gibt es dennoch Gründe, nicht um eine Wiederholung der letzten Saison bangen zu müssen: „Mit Rashica wird uns zwar einer der Spieler mit dem größten spielerischen Potenzial verlassen, aber dafür wird man hoffentlich endlich das eklatante Defizit im defensiven Mittelfeld beheben bzw. es zumindest versuchen. Gerade das Mittelfeld war letzte Saison überwiegend eine Katastrophe bei uns.”
“Die Besetzung in der Spitze hat nicht gepasst“, führte Joey weiter aus, “es haben Ballsicherheit und ein spielerischer Ruhepol gefehlt, Kreativität hat gefehlt, Dynamik hat gefehlt und wir hatten auch einfach keine Alternativen. Möhwald war verletzt, Schmid noch verliehen, Bargfredes Gesundheitszustand hat ihn selten zu einer Alternative gemacht und Sahin war plötzlich aussortiert und auch davor schon nur noch unter besonderen Bedingungen sinnvoll einsetzbar. Aktuell ist man in der Spitze zwar nicht unbedingt besser besetzt, aber man hat zumindest die Chance, wieder unterschiedliche spielerische Profile einzubringen, man hat wieder Alternativen, man hat wieder Konkurrenzsituationen auf diversen Positionen und kann dadurch auch im Training ein ganz anderes Grundniveau anlegen.“ Auch der Kopf, der nun wieder freier sei, als noch im Abstiegskampf, könne laut Joey eine große Rolle spielen. Die Befreiung darf sich aber auch gern erst ab dem zweiten Spieltag bemerkbar machen.
STATUS: ES IST KOMPLIZIERT
Um aus Herthaner Sicht Gründe für eine zufriedenstellende Saison zu finden, muss man derweil eigentlich nicht allzu kreativ sein. Der Kader war in den vergangenen Jahren schon deutlich schlechter zusammengestellt, in Bruno Labbadia steht ein erfahrener und erfolgshungriger Trainer mit klarer Spielidee an der Seitenlinie und finanziell hat man aktuell ohnehin keine Sorgen. Dass ein solcher Umbruch, wie ihn Hertha mit den Abgängen von Thomas Kraft, Vedad Ibisevic, Salomon Kalou und Per Skjelbred im Sommer erlebt hat, aber eben seine Spuren hinterlässt, macht sich aktuell deutlich. Die Mannschaft muss sich erst noch finden. Dazu muss man ihr Zeit gewähren. Und Zeit ist in diesem Geschäft bekanntlich ein rares Gut, das man sich vor allem durch Erfolge verdienen kann.
Dementsprechend wäre ein Weiterkommen im DFB-Pokal nicht unbedingt hinderlich gewesen, um weiter in Ruhe an der Selbstfindung zu arbeiten. Dass es anders kam, ist zu großen Teilen eklatanten Patzern in der Defensive anzukreiden. Da Boyatas Probleme mit der Achillessehne, die ein Mitwirken in Braunschweig noch verhinderten, rechtzeitig zu verheilen scheinen und Torunarighas Sperre ohnehin nur für den DFB-Pokal galt, dürften beide am Samstag die Innenverteidigung bilden. Nach ihren Leistungen in der vergangenen Spielzeit gibt es berechtigten Anlass, optimistisch zu sein, dass sie sich derart haarsträubende Fehler nicht leisten werden.
[Titelbild: by Cathrin Mueller/Bongarts/Getty Images]
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