Hertha BSC – Union Berlin: Mit der Unterstützung der Fans zum Klassenerhalt

Hertha BSC – Union Berlin: Mit der Unterstützung der Fans zum Klassenerhalt

812 Tage, so lange wird es beim Derby am Samstag her sein, dass das Olympiastadion zum letzten Mal ausverkauft war. Und wer Zahlenspiele oder Schnapszahlen mag: Das sind exakt zwei Jahre, zwei Monate und 22 Tage. Das ein oder andere Zahlenspiel dürften die Fans von Hertha in der letzten Zeit auch durchgegangen sein, denn jeder Punkt ist im Abstiegskampf bitter nötig. Gegen den Stadtrivalen sollen im dritten und letzten Duell dieser Saison daher unbedingt drei Punkte her, um die Hoffnung auf eine weitere Bundesligaspielzeit mit packenden Aufeinandertreffen innerhalb Berlins zu erhalten.

Unser Artikel zur Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Union Berlin.

Endlich wieder ein volles Olympiastadion

Nachdem am gestrigen Tag ein kleiner Durchbruch in der Stadionfrage erfolgte (auch an dieser Stelle nochmal ein Riesendankeschön an die Leute von der Aktion Blau-Weißes Stadion!) ist es wahrscheinlich, dass Hertha nicht mehr auf ewig im Olympiastadion bleiben muss. Eine beeindruckende Kulisse, wenn es denn ausverkauft ist, bietet es unbestritten dennoch. Der Verein hat heute bekannt gegeben, dass genau dies nach der durch Corona bedingten über zweijährigen Zwangspause erstmalig wieder der Fall sein wird. „Endlich mal wieder volle Hütte, endlich mal wieder richtige Fußballatmosphäre“, zeigt sich auch Cheftrainer Felix Magath begeistert, „auf so ein Spiel kann man sich nur freuen.“

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(Photo by ODD ANDERSEN/AFP via Getty Images)

Auch Manager Fredi Bobic kann es kaum erwarten: „Das wird morgen einmalig sein, es ist gefühlt eine Ewigkeit her.“ Es werde farbenprächtig und stimmungsvoll, darauf freue man sich, führt er aus. Der Großteil der Mannschaft, Trainer und Manager haben immerhin allesamt noch kein volles Olympiastadion während ihrer aktiven Zeit bei Hertha erlebt, vergangene Spieler und Trainer der letzten Jahre hatten diese Möglichkeit teilweise sogar nie.

Doch auch für die Fans wird es eine Premiere sein: Es ist das erste Derby zwischen Hertha und Union in der Bundesliga, welches vor ausverkauftem Haus in Berlin-Westend stattfindet. Bisher kam lediglich Union in zwei von drei Begegnungen in diesen Genuss.

Wie reagiert die Mannschaft?

Wie die Mannschaft von Hertha BSC mit der „neuen“ Stimmung im Stadion umgehen wird, lässt sich bisher kaum abschätzen. In der Vergangenheit schien eine volle Hütte eher Hindernis als Ansporn zu sein. Magath nimmt daher wie bereits zu seinem Amtsantritt auch die Anhänger in die Pflicht: „Es geht um den Verein. Und wir können nur zusammen diese schwierige Situation meistern und natürlich bitte ich die Fans um möglichst viel Unterstützung. Dann wird es für die Spieler auch leichter werden eine gute Leistung abzuliefern.“ Bobic ist ebenfalls von einer Leistungssteigerung durch das volle Stadion überzeugt: „Ich glaube das Stimmung einer Mannschaft immer guttut, egal ob sie für oder auch gegen dich ist.“ Und schiebt hinterher: „Wer da Angst hat, hat den Beruf verfehlt.“

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(Photo by Martin Rose/Getty Images)

Nur mittelbar beeinflusst werden definitiv Alexander Schwolow (Oberschenkel) und Kelian Nsona (Aufbautraining), beide stehen für die Partie nicht zur Verfügung. Umso erfreulicher, dass der unter der Woche verletzte Peter Pekarik definitiv spielen kann, bei Niklas Stark bestehen noch ein paar Fragezeichen. Hinsichtlich der Startaufstellung wollte sich Magath trotzdem nicht in die Karten schauen lassen, er wolle zunächst noch das Abschlusstraining abwarten, eine Vorstellung wer von Beginn an spielen wird habe er allerdings.

Der gefestigte Nachbar aus Köpenick

„Es ist wirklich so, dass die Spieler wollen, aber im Grunde genommen im Moment nicht können, weil sie noch zu durcheinander sind, keine Sicherheit haben“, beteuert der Cheftrainer. Dieser Eindruck dürfte sich mit der Meinung der meisten Fans decken, mangelte es diese Saison selten an der Mentalität, sondern vielmehr an der Qualität.

Ein Problem, dass der Rivale aus dem Südosten der Stadt momentan nicht hat. Mentalität und auch Umsetzung stimmen dort schon seit Jahren, sind ein Grund für den aktuellen Höhenflug. Magath begibt sich dementsprechend demonstrativ in die Rolle des Underdogs: „Natürlich ist Union der Favorit, keine Frage“.

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(Photo by Boris Streubel/Getty Images)

Kampflos aufgeben will er glücklicherweise aber nicht: „Ich glaube, dass wir Chancen haben das Spiel zu gewinnen.“ Dass die Verantwortlichen bei Union ausgerechnet in dieser Woche zum ersten Mal der Vereinsgeschichte das Erreichen von Europa öffentlich als Ziel ausgemacht haben, dürfte derweil ein klares Zeichen und eine kleine Spitze gegen Hertha sein.

Als Grund für den Erfolg der Rot-Weißen sieht Magath vor allem zwei Dinge. Einerseits hätten sie in den letzten Jahren eine klare Linie gehabt und diese auch durchgezogen. Andererseits wäre mit Urs Fischer auch der richtige Trainer zur richtigen Zeit verpflichtet worden. Beide Punkte sind bei Hertha schon seit langer Zeit nicht gegeben und damit sicher ein Teil der aktuellen sportlichen Liga.

Ein Spiel mit hoher Bedeutung für den Rest der Saison

Diese gestaltet sich nämlich derart, dass man seit Jahren im dauerhaften Abstiegskampf steckt. Dass ausgerechnet das kommende Derby besonders richtungsweisend sein könnte, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. „Klar würde ein Sieg vieles ausmachen, im Stimmungsumfeld würde es vieles bewirken und Energie geben“, erwartet auch Bobic.

(Photo by ODD ANDERSEN/AFP via Getty Images)

Und genau diese Energie wird in den drei Spielen nach dem Derby dringend benötigt. Mit Augsburg, Stuttgart und Bielefeld warten die drei direkten Konkurrenten, Siege oder Niederlagen in diese Begegnungen entscheiden höchstwahrscheinlich über Abstieg oder Klassenerhalt.

Es liegt jetzt also an allen Beteiligten, den Spielern, den Verantwortlichen und nicht zuletzt (erneut) an den Fans: morgen muss alles gegeben werden, ein Sieg könnte der entscheidende Schlüssel zu einem erfolgreichen Saisonendspurt werden. Jetzt gilt es: AUF GEHT’S HERTHA, KÄMPFEN UND SIEGEN!!!

[Titelbild: ODD ANDERSEN/AFP via Getty Images]

Legendäre Derbys der Vergangenheit

Legendäre Derbys der Vergangenheit

Am Samstagabend ist es endlich so weit: Das sechste Berliner Stadtderby zwischen Hertha BSC und dem 1. FC Union Berlin. Die beiden Hauptstadtvereine haben sich in der Vergangenheit bereits spektakuläre Duelle geboten – wir blicken auf ein paar der besonderen Derbys zurück.

08. Juli 2009: 1. FC Union Berlin vs. Hertha BSC 3:5

Ein Freundschaftsspiel, welches einer gewissen Zeitenwende glich. Union Berlin, die in der Saison zuvor ihre Heimspiele im verhassten und von Teilen der Fanszene sogar boykottierten Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark in Berlin Prenzlauer Berg ausgetragen hatten und aus der neu errichteten 3. Liga in die 2. Bundesliga aufgestiegen waren, eröffneten in der Sommerpause endlich ihr umgebautes Stadion.

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Und zur Wiedereröffnung sollte selbstverständlich niemand geringeres vorbeischauen als der große Rivale aus dem Berliner Westen. Um ehrlich zu sein, war damals dieses Duell alles andere als ein Spiel zwischen Rivalen. Über viele Jahre trennten die Vereine ganze Ligen. Fans und Ultras arbeiteten an gemeinsamen Projekten, die Vereine unterstützten sich. Doch 20 Jahre nach dem Mauerfall war die Verbindung loser und der Hype, der insbesondere durch ehemalige DDR-Bürger entstand, flaute zunehmend ab. Auch medial schien sich etwas zu verändern. Die Köpenicker wurden plötzlich ein relevanter Verein in Berlin. Hertha BSC verlor sein Alleinstellungsmerkmal, als einziger Berliner Profifußballclub. Union Berlin baute sich sein Image als kleiner, gallischer Underdog auf und es entwickelte sich eine immer größere Rivalität.

Am jenen Juli-Abend 2009 trafen sich zwei Mannschaften, die in der Saison zuvor für großes Aufsehen sorgten. Union, die endlich im Profigeschäft angekommen waren, trafen auf Herthaner, die zuvor in der Bundesliga lange um die Meisterschaft mitgespielt hatten und ein neues Selbstverständnis erlangt hatten.

Das Spiel entwickelte sich zu einer munteren Partie. Die Stimmung im Stadion an der Alten Försterei war prächtig. Ein alter und gleichzeitig neuer Mann traf doppelt für die Hertha. Es war wohl das beste Spiel von Arthur Wichniarek im Hertha-Dress. Am Ende wurden den Fans acht Tore präsentiert. Ansonsten war dieses muntere Scheibenschießen ein schönes und spannendes Erlebnis für die Zuschauer*Innen, große taktische Feinheiten sollten damals auch gar nicht von großer Relevanz sein. Auch auf der Tribüne änderte sich etwas. Die ersten Schmähgesänge der Fangruppierungen waren zu hören und auch im fußball-gesellschaftlichen Kontext hörte man von nun an immer mehr die Frage „Hertha oder Union?“. Im Juli 2009 hatte allerdings wohl niemand gedacht, dass man sich schon im folgenden Jahr zum ersten Mal in einem Ligaspiel sehen würde.

03. September 2012: 1. FC Union Berlin – Hertha BSC 1:2

Die Hertha, die nach 2010 zum zweiten Mal in die 2. Bundesliga abgestiegen war, hatte zwar ein Team, welches mit großen Namen gespickt war, allerdings startete die Mannschaft denkbar schlecht in die neue Saison und drohte die Spielzeit und den Aufstieg auf Grund von Starallüren herzuschenken. Doch nach einem lautstarken Wachrütteln von Trainer Jos Luhukay fand die Hertha langsam in die Saison. Union Berlin, deren Ansprüche damals noch deutlich geringer waren, fand sich zu Saisonbeginn ebenfalls in den unteren Tabellenregionen.

Doch wie es üblich ist in einem Derby, sind Tabellenplatzierungen komplett Nebensache. Es geht um Einsatz, es geht um Willen, es geht um Kampf, Kratzen und Beißen. Und die Spieler beider Mannschaften nahmen genau diese Situation an. Herthas Maik Franz, der in seiner Paraderolle als „Ironmaik“ verbal und körperlich extrem austeilte und das Team wo es nur ging pushte war dabei ein Aushängeschild der blau-weißen. Es war eines der besten Spiele Sandro Wagners für Hertha. Nach einer halben Stunde erzielte er die Führung. Den Ausgleich in der 69. Minute egalisierte Herthas damaliger Torjäger Ronny mit einem wuchtigen Schuss. Er trug sich damit in die nette Liste der Freistoßtorschützen in Berliner Derbys ein. Thorsten Mattuschka, der 2010 noch für die Unioner das Derby entschied, sollte in den folgenden Jahren vor allem durch Ronny ergänzt werden.

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(Photo credit should read ODD ANDERSEN/AFP/GettyImages)

Die Brisanz dieses Duells in diesen Jahren zeigte auch das Interview des Unioner Torschützen Christopher Quiring nach dem Spiel, als er sich darüber aufregte, dass „Die Wessis“ nun in ihrem Stadion jubeln würden und man das erst einmal verdauen müsse. Nach einem Remis und einer Niederlage aus der Zweitliga-Saison 2010/2011 war es der erste Derbysieg für Hertha BSC in einem Pflichtspiel.

11. Februar 2013: Hertha BSC – 1. FC Union Berlin 2:2

Das Rückspiel am 21. Spieltag sollte die nächsten brisanten Geschichten schreiben. Die Hertha, die sich vor allem mit Eintracht Braunschweig um die Tabellenspitze stritt und Union, die auf Platz vier weilten und überraschend Außenseiterchancen im Aufstiegskampf hatten, trafen in einem mit über 74.000 Zuschauer restlos ausverkauften Olympiastadion aufeinander.

Es war ein bitterkalter Winterabend. In Berlin lag zum Teil Schnee, doch das Spiel war heißer denn je und die Fans sorgten für eine brachiale Stimmung. Neben vielen Rauchtöpfen durch Pyrotechnik sorgte vor allem die „Spreeathene“-Choreo der Hertha-Ultraszene für riesiges Aufsehen. In einem offenen Spiel gingen die Unioner kurz nach Beginn der 2. Halbzeit mit 2:0 in Führung. Die Herthaner, die zwar mit Kreativität und Spielwitz für Druck und Chancen sorgten, waren an dem Tag vor dem Tor aber einfach glücklos.

Es brauchte zwei Standardsituationen, die das Spiel drehen sollten. Adrian Ramos nickte nach 73 Minuten das Spielgerät wuchtig in die Maschen. Der Vorlagengeber Ronny sollte kurz vor dem Spielende seine Qualitäten zeigen. Der ruhende Ball, der in dieser Saison des Brasilianers bester Freund war, lag einige Meter halbrechts vorm Strafraum entfernt. Sein wuchtiger Schuss, der knapp über die Unioner Mauer flog, landete im unteren rechten Eck. Ein traumhafter Freistoß, der das Berliner Olympiastadion kurz vor Spielende nochmal richtig zum Beben brachte.

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Ronny selbst machte in den Sekunden darauf beim Jubeln Bekanntschaft mit den Tücken des Berliner Winters und dessen Schnee, als er ausrutschte und sich sogar ein wenig verletzte. Aber sei es drum. Hertha spielte in diesem Jahr die beste Saison, die eine Mannschaft jemals in der 2. Bundesliga absolvierte, stieg am Ende völlig verdient wieder auf und Ronny war einer der gefährlichsten Freistoßschützen Deutschlands und es war für eine lange Zeit das letzte Derby auf Wettkampfniveau.

22. Mai 2020: Hertha BSC – 1. FC Union Berlin 4:0

Nachdem das Hinspiel im Stadion an der Alten Försterei noch in einem Hexenkessel stattfand und am Ende die Köpenicker mit einem knappen 1:0-Sieg vom Platz gingen, stand das Rückspiel ganz im Zeichen der Pandemie. Der zweite Spieltag nach dem Wiederbeginn. Unter Trainer Bruno Labbadia kam die Mannschaft hervorragend aus der Zwangspause. Nach einem 3:0-Sieg in Sinsheim gegen Hoffenheim, folgte ein furioser 4:0-Sieg im Derby, in dem Hertha BSC einen erfrischenden Offensivfußball zelebrierte.

Doch bizarre Zeiten erfordern bizarre Maßnahmen und ermöglichen noch viel bizarrere Diskussionen. In einem komplett leeren Stadion fand das Spiel statt, so richtig hatte sich noch niemand an die Situation gewöhnt. Der größte Aufreger dieser Tage war die Art und Weise wie die Spieler der Hertha gegen Hoffenheim noch ihre Tore bejubelt hatten. Gegen Union Berlin zeigte vor allem Kapitän Vedad Ibisevic wie Jubeln mit Abstand geht, als er allein vor seinen Mitspielern sein Tor bejubelte und die anderen Herthaner mit einem Lachen vor ihm standen.

(Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

Es war die nächste Show des Matheus Cunhas. Der werdende Vater schoss ein Tor, widmete das seiner Frau und seinem in diesen Minuten auf die Welt kommenden Kind und verschwand nur wenige Minuten später Richtung Krankenhaus. Eine Zeit in der bei Hertha noch der Traum von einem baldigen Einzug nach Europa gelebt wurde und man als Nummer eins in der Stadt galt.

04. April 2021: 1. FC Union Berlin – Hertha BSC 1:1

Das erste Derby unter Pal Dardai entwickelte sich zu dem spielerisch wohl schwächsten Spiel dieser Aufeinandertreffen. Die Vorzeichen hatten sich mittlerweile komplett geändert. Union Berlin spielte um den Einzug ins internationale Geschäft, während Hertha BSC gegen den Abstieg kämpfte und mit ganz anderen Sorgen, als mit einer Stadtrivalität, umzugehen hatte.

Auch wenn spielerisch nur wenig zu holen war, konnte man sich unter Pal Dardai selbstverständlich trotzdem auf gewisse Tugenden verlassen. Einsatzwille und Mentalität waren vorhanden. Insbesondere Santiago Ascacibar zeigte jene Attribute. Eine Szene, die für Derby stand, war seine rustikale Grätsche gegen Nico Schlotterbeck und die unflätige Ansage, die er seinem Gegenspieler daraufhin machte.

Photo by Clemens Bilan – Pool/Getty Images)

Ansonsten entwickelte sich Robert Andrich immer mehr zum Angstgegner der Hertha. Der ehemalige Junioren-Herthaner und mittlerweile für Leverkusen spielende Mittelfeldakteur traf mit einem sehenswerten Distanzschuss schon früh in der Partie. Dodi Lukebakio traf per Elfmeter zum Ausgleich.

Wie erwähnt hatte das Derby spielerisch nur wenig zu bieten. Die immer noch ausgesperrten Fans machten aber auf sich aufmerksam. Insbesondere einige Fans von Union Berlin, die sich einen Zugang zum Stadiongelände ermöglichten und mit Pyrotechnik ihren eigenen Imbissstand in Brand setzten. Themen, die auf Grund gelangweilter Fans vor dem Stadion in dieser Zeit leider keine Seltenheit waren.

19. Januar 2022: Hertha BSC – 1. FC Union Berlin 2:3

Das wohl brisanteste Duell fand am Anfang dieses Jahres statt. Es war das erste Aufeinandertreffen unter K.O.-Bedingungen. Im DFB-Pokal-Achtelfinale kam es zu der Begegnung, auf die viele Fans seit Jahren hin fieberten. Doch die Kräfteverhältnisse hatten sich in Berlin mittlerweile komplett gedreht. Union Berlin ging als Favorit in das Spiel gegen die von Tayfun Korkut trainierten Herthaner.

3.000 Fans durften das Spiel im Stadion verfolgen. Die wenigen Leute versuchten trotz der mauen Bedingungen für Stimmung zu sorgen. Doch zumindest auf das Spiel der Hertha sollte der Funken nicht überspringen. Union war deutlich stärker und besser eingespielt, als die Heimmannschaft. Andreas Voglsammer per Traumtor, ein Eigentor von Niklas Stark und eine katastrophale Zuordnung bei Standardsituationen sorgten für drei vollkommen verdiente Unioner Tore.

(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Auf Seiten der Hertha konnte einzig Suat Serdar zählbares rausholen, der Rani Khedira zum Eigentor zwang und selbst in der Nachspielzeit noch das 2:3 erzielen konnte. Das letzte Aufeinandertreffen bestätigte die aktuellen Verhältnisse in Berlin, die nur mit einem Sieg in der Bundesliga wieder verrückt werden könnten.

[Titelbild: JOHN MACDOUGALL/AFP via Getty Images]

Herthaner im Fokus: Zu grün hinter den Ohren

Herthaner im Fokus: Zu grün hinter den Ohren

Es läuft die 85. Minute im Berliner Stadtderby und Hertha-Jungprofi Linus Gechter fällt nach einem unglücklichen Zusammenprall ungünstig zu Boden. Nach kurzer Behandlungspause geht es für ihn zwar weiter, doch diese Szene und der Auftritt Gechters zeigen gut, was das komplette Spiel der alten Dame beschreibt. Gegen Union Berlin zeigte man sich mit zu viel Respekt vor dem Gegner, über weite Strecken agil, aber glücklos. Und am Ende lag man leider am Boden.

Personelle Veränderungen, aber weiter 4-4-2

Trainer Tayfun Korkut musste verletzungsbedingt kurzfristig auf Jordan Torunarigha verzichten und kehrte somit zur altbewährten Innenverteidigung mit Niklas Stark und Dedryck Boyata zurück. Myziane Maolida und Jurgen Ekkelenkamp machten außerdem Platz für den nach seiner Gelbsperre zurückgekehrten Suat Serdar und den im zentralen Mittelfeld agierenden Lucas Tousart.

In einem 4-4-2 stellte Korkut seine Mannschaft auf und wollte damit für eine stabile Zentrale sorgen und mit Ishak Belfodil und Marco Richter im Sturm offensive Gefahr kreieren. Im Derby gelang es der Hertha nach komplett verschlafener Anfangsphase irgendwann am Spielgeschehen teilzunehmen. Die Mannschaft zeigte aber über das gesamte Spiel deutliche Defizite in der Spielidee, im Spielaufbau und in der geschlossenen Verteidigung.

Wer die sowohl positiven als auch negativen Ausreißer in diesem ernüchternden Spiel waren und wer zumindest Leidenschaft zeigte, wollen wir hier nennen.

Suat Serdar: Der beste Herthaner

Wieder einmal war er der stärkste Spieler der Hertha. Auch wenn er wie seine Mitspieler wenig zu Beginn der Partie beizutragen hatte, war er es, dem es nach etwa einer halben Stunde gelang, das Zepter in die Hand zu nehmen und für die ersten offensiven Akzente zu setzen.

Im Verlauf des Spiels bereitete er zwei Torschüsse vor und scheiterte mit seinem Kopfball ans Außennetz in der 36. Minute relativ knapp. Er war 54 mal am Ball und brachte 73 Prozent seiner Pässe an den Mitspieler. Eine ordentliche Quote. Oft wirkte es allerdings, als wäre Serdar der einzige Spieler der Hertha, der in irgendeiner Form im Stande war Mittelfeld und Angriff miteinander zu verbinden. Sechsmal versuchte es Serdar mit einem Dribbling. Manchmal allerdings mit dem Kopf voraus durch die Wand. Immerhin konnte er vier davon erfolgreich abschließen, nur blieb die positive Wirkung für die Offensive zu oft aus.

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Doch sein Verdienst war es, dass Hertha zumindest kurz Hoffnung schöpfen konnte, als er im Zusammenspiel mit Ishak Belfodil im Strafraum das Eigentor von Rani Khedira erzwang. Das 2:3, welches er und die Mannschaft erzwingen konnten, ging ebenfalls auf seine Kappe, war allerdings in Anbetracht der gespielten Zeit viel zu spät.

Suat Serdar zeigte unheimlich großes Engagement, konnte das aber vor allem wegen der fehlenden Stärke seiner Mitspieler zu selten ausnutzen. In der 16. Spielminute kassierte er nach einer Grätsche gegen Baumgartl die einzige gelbe Karte der Hertha in diesem Spiel. Auch ein Zeichen, mit welcher Intensität ein Derby geführt werden kann oder eben nicht.

Maximilian Mittelstädt: Bemüht aber glücklos

Auf seiner linken Seite hatte Mittelstädt relativ viel Spielraum. Mit 110 Aktionen war er nach Dedryck Boyata der jenige, der die meisten Ballkontakte im Spiel hatte. Anmerken muss man allerdings, dass gerade die beiden sich den Spiel oft ideenlos zuspielten, ohne einen Angriff kreieren zu können.

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(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Im Gegenteil, das Unioner Pressing sorgte oft dafür, dass die Verteidigung mit langen Bällen schlimmeres verhindern musste, nachdem sie zu langsam hintenrum gespielt hatte. Ihm fehlte oft die Unterstützung auf der linken Seite, wie bei Öztunalis Angriff in der 50. Minute, als er unbedrängt in den Strafraum laufen und flanken konnte und so das Eigentor von Niklas Stark zum 0:2 erzwang. Mittelstädt selbst war bei dem Angriff viele Meter hinter dem Geschehen und konnte nach seinem offensiven Aufrücken nicht mehr ins Spiel eingreifen.

Auch beim 1:3 war er viel zu weit vom einschussbereiten Robin Knoche entfernt. Trotz allem ist die Passquote von Mittelstädt akzeptabel. 82 Prozent seiner Bälle kamen an den Mann. Sein Torschuss in der 87. Minute war schön anzusehen, ging aber leider knapp am Tor vorbei. Maximilian Mittelstädt ist bekanntlich kein Lautsprecher auf dem Platz, doch mit seinen Bemühungen gelang ihm es zumindest temporär das Team immer wieder mitzuziehen.

Ishak Belfodil: Der geniale Partner fehlt

Er ist Stürmer Nummer eins und kann jederzeit etwas bewirken. Doch sein oft so trauriges und verzerrtes Gesicht spricht Bände. Mit viel Einsatz und guter Technik konnte Belfodil mal wieder für Gefahr sorgen. Zehn seiner siebzehn Zweikämpfe gewann er, was für einen Offensivspieler okay ist. 74 Prozent seiner Pässe kamen an und mit 55 Aktionen war er einer der aktivsten Spieler in der Offensive. drei Schlüsselpässe gelangen ihm.

Er versuchte seine Mitspieler in Szene zu setzen, selbst für Gefahr zu sorgen, aber ein nennenswerter Abschluss sollte ihm nicht gelingen. fünf von sechs Dribblings waren erfolgreich. Seine Vorlage für Serdar, der nach 54 Minuten das 1:2 erzwang, gehört sicherlich zu einem seiner Highlights.

(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Doch was nützt das größte Engagement, wenn die Mitspieler die Bälle nicht nutzen können? Wie in der 47. Minute, als sich Belfodil fein durch die Unioner Verteidigung dribbelte und zurück auf den freistehenden Vladimir Darida legte. Doch dieser bekam nur wenige Meter vor dem Tor freistehend, nicht annähernd den Ball auf das Gehäuse und schoss deutlich drüber. Eine Situation die recht bezeichnend für den Auftritt war.

Es fehlen neben Suat Serdar weitere Anspielpartner in der Offensive, die was mit dem Spielgerät anfangen können. Einer davon, ein gewisser montenegrinischer Stürmer, kann hoffentlich schon bald diese Lücke wieder ausfüllen.

Linus Gechter: Junge Unerschrockenheit

Zugegeben, das 17-jährige Abwehr-Talent hatte nicht so viel zu tun. Die Unioner, die ihr Angriffsspiel in der 2. Halbzeit nach dem 1:3 praktisch einstellten, stellten Gechter nur noch selten vor Herausforderungen. Er kam nach 58 Minuten für den angeschlagenen Niklas Stark in die Partie. Aber – und das ist für einen 17-Jährigen durchaus erwähnenswert – alles was in seine Richtung kam, konnte er recht souverän verteidigen.

Er warf sich in die Bälle, lief fleißig mit und blieb weitgehend fehlerfrei. 79 Prozent seiner Pässe kamen an den Mann und er versuchte mit sechs langen Bällen für Gefahr im gegnerischen Strafraum zu sorgen. – davon kamen allerdings lediglich zwei an. Doch auch er selbst hatte Möglichkeiten. In der 61. Minute verlängerte er Daridas Ecke von der linken Seite. Suat Serdar verpasste freistehend am langen Pfosten den Ball. Erfolgreicher lief es in der Nachspielzeit, als Gechter mit seinem wuchtigen Kopfball nur knapp am auf der Linie klärenden Kevin Behrens scheiterte. Den Nachschuss brachte Suat Serdar zum 2:3 ins Tor. Allerdings kam dieses Tor viel zu spät.

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(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Linus Gechter zeigte, was möglich ist, wenn man ihm Vertrauen schenkt. Er ist engagiert und geht – wie in der 85. Minute – dahin, wo es wehtut. Er ist durchaus in der Lage, einem Spiel den Stempel aufzudrücken. Trotz allem muss man aber auch zugeben, dass ihm Union das Leben nicht mehr wirklich schwer gemacht hatte. Er wäre eine Alternative, vor allem wenn Niklas Stark und Dedryck Boyata so spielen wie im Derby.

Beide hatten nicht die gewohnte Sicherheit und verschliefen oft – wie in der Anfangsphase bei Max Kruses Schuss nach wenigen Sekunden – das Spielgeschehen. Beide sahen bei keinem der drei Gegentore sonderlich gut aus und müssen zum Teil mit ihrem sehr schwachen Stellungsspiel die Tore auf ihre Kappe nehmen.

Fazit: Zu viel Respekt und Naivität bevor Hertha anfing Fußball zu spielen

Zwei von drei Derbys sind gespielt. Und auf dem Zettel stehen zwei Niederlagen. Das ist mehr als ernüchternd. Es tut weh in diesen Tagen Fan der Alten Dame zu sein.

Qualitativ war dieses Spiel sicherlich eine deutliche Leistungssteigerung zum Derby vor ein paar Wochen im Stadion an der Alten Försterei oder auch gegenüber den letzten beiden Bundesliga-Spielen in Wolfsburg und gegen Köln. Doch wie man die erste halbe Stunde verschlief, ist bedenklich. Es war Unions schwacher Chancenverwertung zu verdanken, dass man noch so lange im Spiel blieb.

(Photo by TOBIAS SCHWARZ/AFP via Getty Images)

Schön zu sehen war, wie man sich zurück ins Spiel malochte, doch sobald bei Hertha zwei, drei oder mehr Spieler nicht ihre Topform erreichen, ist nur wenig zu holen. Zwei engagierte Serdars und Belfodils reichen nun einmal nicht, um Union Berlin in ihrer aktuellen Form zu stoppen. Und das schon gar nicht in einem Spiel, das kopftechnisch nochmal eine andere Bedeutung hat. Ohne einen sinnvollen Spielplan des Trainers kann es auch nur höchstens über individuelle Momente gehen.

Alles Punkte, an den Fredi Bobic dringend arbeiten muss. Das Transferfenster ist noch ein paar Tage geöffnet und die nächsten Gegner sind Bayern, Bochum und Fürth. Es muss etwas geschehen, wenn man nicht im tiefen Abstiegskampf versinken möchte.

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Drei Thesen zum Spiel: Hertha BSC gegen Union Berlin

Drei Thesen zum Spiel: Hertha BSC gegen Union Berlin

Flutlicht, ein neuer grüner Rasen und das Hauptstadt-Derby zur besten Sendezeit: Am Mittwoch empfängt die Hertha den Stadtrivalen Union Berlin zum DFB-Pokal-Fight im heimischen Olympiastadion.

Wie gewohnt präsentiert Hertha BASE dazu drei Thesen. Hinweis: Keine der Thesen beanspruchen eine Gültigkeit, jedoch basieren sie auf fundierten Argumenten. Auf geht’s, zur ersten – steilen – These.

Verliert Hertha, ist Union endgültig die neue Nummer Eins in Berlin

Aua. Jedem blau-weißen Fan wird dieser Satz im gleichfarbigen Herzen schmerzen. Leider ist die Aussage aber nicht unbegründet.

Zwar bestreiten die Köpenicker erst ihre dritte Saison im deutschen Fußball-Oberhaus – doch schon vergangene Saison beendete man die Spielzeit auf dem siebten Platz, und damit vor Hertha (Platz 14.). In der Saison 2019/2020 fiel lag man nur einen Platz hinter der Hertha, aus auf Tabellenplatz elf.

Doch in der vergangenen Saison, vor allem auch in dieser, spielt Union schlichtweg erfolgreicher. Auch das Derby in der Hinrunde konnte Union mit 2:0 gewinnen. Und nun hat Union die Hertha auch noch bei den Mitgliederzahlen überholt (40.725 zu 40.224). In den letzten zwei Jahren gibt es kaum ein Argument mehr, weshalb Union nicht die neue „Nummer Eins“ in der Stadt sein sollte – sportliche schon gar nicht.

Photo by DAVID GANNON/AFP via Getty Images)

Lediglich ein einziges Argument spricht für die Hertha: Die jahrelange – auch trotz Abstiege – Bundesliga-Präsenz, die Union Berlin nicht bieten kann. Es ist auch kein schwaches Argument. Schließlich ist es bei weitem keine Selbstverständlichkeit, über Jahrzehnte – teils sogar erfolgreich – in der ersten Bundesliga zu spielen. Allerdings bemisst sich der Fußball selten an der Vergangenheit, sondern an der Gegenwart – und die dominiert Union Berlin.

Sollten die Köpenicker also auch noch ausgerechnet das Derby im DFB-Pokal gewinnen, kann durchaus von eine Ablösung in der Stadt gesprochen werden. Aus blau-weißer Sicht gilt es, dieses Schreckensszenario unbedingt zu verhindern!


Auf welche Duelle es im Derby ankommen kann, und warum der Verlust zweier Leistungsträger Unions dabei zu Herthas Vorteil werden kann, lest ihr hier.


Erst Union, dann Bayern – eine Niederlage im DFB-Pokal würde die Stimmung kippen lassen

Gegen den FC Bayern München darf verloren werden. Hertha-Fans werden gegen den Rekordmeister nie einen Sieg warten – es darf aber bitte gekämpft, geackert und gerackert werden. Demnach ist die Aussage nicht zu steil, dass es am Wochenende in der Bundesliga gegen Bayern wohl eine Niederlage geben wird.

Umso wichtiger ist ein Sieg im Derby gegen Union Berlin. Beide Spiele zu verlieren, würde die Stimmung bei den Fans und in der schnelllebigen Berliner Medienblase wohl vollends kippen lassen. Zumal die Niederlage um Rückrundenauftkagt gegen den 1. FC Köln weiterhin schmerzt – auch gegen den VFL Wolfsburg konnten die Berliner nicht überzeugen.

(Photo by Martin Rose/Getty Images)

Eine erneute Trainerdiskussion kann sich Hertha gegenwärtig eigentlich nicht leisten, zumal es unter Taifun Korkut spielerisch deutlich besser aussieht, als noch unter Pal Dardai. Sollte Hertha im Derby verlieren, würde vermutlich auch Fredi Bobic ins Kreuzfeuer geraten. Noch scheinen ihm fans und Medien Zeit zu geben, gerade was Transfers angeht – es scheint, als wolle man vor allem den Sommer abwarten.

Diesen Kredit behält er aber auch nur, wenn es sportlich „solide“ läuft – was bei einer Niederlage gegen Union schlichtweg nicht mehr der Fall wäre.

Boateng wird zum Derbyhelden!

Zum Abschluss zweier eher mürrischer Thesen, gibt es eine letzte und hoffnungsvollere Aussage: Hertha-Eigengewächs Kevin-Prince Boateng, der, mit der tätowierten Hertha-Fahne auf dem Herzen, wird das entscheidende Tor gegen Union Berlin im DFB-Pokal schießen!

(Photo by Thomas Eisenhuth/Getty Images)

Bisher hat man sportlich noch nicht viel von ihm mitbekommen – umso mehr Zeit wird es langsam, oder? Dieses wunderschöne blau-weiße Szenario würde jeder Hertha-Seele gut tun. Der Fußball schreibt oft die kitschigsten Geschichten – Und wer weiß: Im Fußball, allen voran im Pokal, ist doch alles möglich.

(Photo by Martin Rose/Getty Images)

Hertha gegen Union: Drei Schlüsselduelle

Hertha gegen Union: Drei Schlüsselduelle

Pokal, Mittwochabend, Stadtderby – Wat jibt’s Schöneres? Naja, ein volles Stadion zum Beispiel. Da das unter den derzeitigen Umständen leider nicht möglich ist, wird das Achtelfinale im DFB-Pokal zwischen Hertha BSC und dem 1. FC Union einzig und allein auf dem Platz entschieden. Auf welche Duelle es dabei ankommen kann, und warum der Verlust zweier Leistungsträger Unions dabei zu Herthas Vorteil werden kann, lest ihr hier.

Schlüsselduell 1: Darida und Ascacibar gegen Kruse

Unions Trumpf in der Offensive heißt Max Kruse. Neun Scorer gehen in der laufenden Bundesliga-Saison auf das Konto des Angreifers. Besonders seine 0,26 expected assists pro 90 Minuten unterstreichen seinen Wert. Dabei liegen Kruses Stärken gar nicht unbedingt nur im Spiel in Strafraumnähe, vielmehr sind es die Spielmacher-Qualitäten, die ihn auszeichnen.

3,65 progressive Pässe (Pässe, die den Ball dem gegnerischen Tor maßgeblich näher bringen) spielt Kruse pro Spiel. Besonders auffällig: Diese Pässe legen durchschnittlich eine Gesamtdistanz von 145 Metern zurück, in dieser Kategorie zählt er zu den 1 Prozent der gefährlichsten Stürmer weltweit. Kruse wird also dann stark, wenn er viel Platz und die richtige Anspielstation vor sich hat.

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(Photo by TOBIAS SCHWARZ/AFP via Getty Images)

Es wird also wichtig sein, Kruse frühzeitig zu stören, ihn an seinen gefährlichen langen Bällen zu hindern. Das wird die voraussichtliche Doppelsechs aus Darida und Ascacibar nur im Verbund lösen können. Dabei wird höchste Konzentration und Zweikampfstärke gefragt sein, denn mit seinen 76,2 Prozent gewonnenen Dribblings ist Kruse herausragend stark. Auch die Verteidigung muss gewarnt sein, denn Kruse liefert 3,96 schusskreierende und 0,76 torkreierende Aktionen pro 90 Minuten.

Kruse zu verteidigen wird also eine Aufgabe sein, die die gesamte Defensive beschäftigen muss, angefangen im Mittelfeld. Ein Vorteil könnte sich daraus ergeben, dass mit Taiwo Awoniyi der etatmäßige Sturmpartner Kruses fehlt, da er mit Nigeria am Afrika-Cup teilnimmt. Allein die Hälfte der Vorlagen Kruses in dieser Spielzeit waren für Awoniyi. An seiner Stelle könnte Sheraldo Becker spielen, der Kruses größtes Defizit, das Tempo, ausgleicht. Oder Kevin Behrens, der in der laufenden Pokalsaison schon auf zwei Treffer kommt.

Schlüsselduell 2: Belfodil und Maolida/Selke gegen Knoche

Nach dem offensiv ingesamt blassen Auftritt gegen den VfL Wolfsburg wäre Rotation im Angriff durchaus angebracht, allein die Optionen fehlen Tayfun Korkut durch den Ausfall von Stevan Jovetic weiterhin. Ishak Belfodil dürfte gegen den 1. FC Union gesetzt sein. An seiner Seite könnten erneut Myziane Maolida oder der zuletzt nur eingewechselte Davie Selke spielen. Zu tun haben wird es der Herthaner Angriff in jedem Fall mit Unions Robin Knoche. Der Abwehrchef der Köpenicker hat in dieser Saison noch keine Minute verpasst.

Eine Passquote von 81,4 Prozent, 1,95 abgefangene Bälle pro Spiel, 0,89 geblockte Schüsse. Knoche ist ein extrem souveräner Verteidiger, der vor allem deshalb so wichtig ist, weil er sich kaum Ausreißer nach unten erlaubt. In der Dreier-Innenverteidigung ist Knoche in der Mitte gesetzt.

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Doch vereinzelt zeigten sich auch in dieser Saison, welche Mittel man gegen Knoche anwenden kann. Eintracht Frankfurt setzte ihn beispielsweise in der Liga im Aufbauspiel immer wieder unter Druck. Teils lief man Knoche mit zwei Mann an, zwang ihn zu Ballverlusten. Einen konnte Knoche nur noch mittels eines Fouls wieder gut machen, das ihm eine Gelbe Karte einbrachte. Auch der BVB demonstrierte, wie man zum Torerfolg kommen kann, indem man Flanken zwischen Knoche und einen seiner Nebenmänner brachte, wo die Abstimmung nicht immer passte. Abstimmungsprobleme zeigten sich auch gegen Bayern München, als Verteidiger Paul Jaeckel in einer Szene zu früh rausrückte, sich ausspielen ließ und Knoche anschließend kurz vor dem Sechzehner zu einem Foul greifen musste. Den fälligen Freistoß verwandelte Robert Lewandowski direkt.

Man kann die Dreierkette Unions um Abwehrchef Knoche also zu Fehlern zwingen, wenngleich sie insgesamt sehr stabil ist. Vorteil Hertha: Ähnlich wie in der Offensive, muss Unions Trainer Urs Fischer auch in der Innenverteidigung einen in der Hinserie sehr wichtigen Spieler ersetzen. Marvin Friedrich schloss sich vergangene Woche Borussia Mönchengladbach an, war vorher an der Seite Knoches gesetzt. Ob nun also Timo Baumgartl, Jaeckel, oder Neuzugang Dominique Heintz neben Knoche spielen wird – allzu oft wird die Dreierkette in dieser Konstellation noch nicht zusammengespielt haben.


Auch in unserer aktuellen Podcast-Folge sprechen wir natürlich über das Pokalderby. Darüber hinaus sind wir auf die Mitgliedersammlung und das Unentschieden gegen den VfL Wolfsburg eingegangen. Hört gerne rein!


Schlüsselduell 3: Serdar und Richter gegen Khedira

Die Rollen Suat Serdars und Marco Richters können gegen den 1. FC Union sehr wichtig werden. Zwar spielen sie nominell auf den Außen, doch genießen alle Freiheiten, auch mal durch das Zentrum zu kommen. Das kann am Mittwoch ein wichtiges Mittel sein, denn Union ist im Zentrum anfällig. Während man auf den Außenverteidiger-Positionen über reichlich Auswahl verfügt (links Bastian Oczipka und Niko Gießelmann, rechts Kapitän Christopher Trimmel und Julian Ryerson), ist auf der Sechs Rani Khedira unangefochten.

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Doch das Spiel des 27-Jährigen ist längst nicht fehlerfrei. Nur 1,24 erfolgreiche Tacklings gelingen Khedira auf 90 Minuten und bloß 1,29 abgefangene Bälle. Ebenfalls blockt Khedira pro Spiel durchschnittlich nur 1,76 gegnerische Pässe ab. Über das Zentrum und damit über ihn zu spielen, kann also ein effizienter Weg sein, um dem Unioner Tor näher zu kommen.

Dazu kommt, dass Khedira mit 71,7 Prozent eine deutlich ausbaufähige Passquote hat. Ihn im eigenen Ballbesitz zu Pässen zu zwingen, ist eine weitere Aufgabe des Herthaner Mittelfelds. Zu erwähnen bleibt jedoch Khediras Stärke in eigenen Dribblings, wovon ihm 81,8 Prozent gelingen.

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