Hertha BSC – FC Schalke 04: Drei Thesen

Hertha BSC – FC Schalke 04: Drei Thesen

Nach einer Starken, jedoch nicht belohnten Aufholjagd gegen Leipzig geht es für die Hertha im Olympiastadion gegen den FC Schalke 04. Beide Mannschaften wollen sich aus dem Tabellenkeller verabschieden und sicherlich nicht weiter abrutschen. Es heißt Königsblau gegen Hauptstadtblau – und die Weiterführung einer alten Rivalität.

Unsere drei Thesen zum Spiel gegen den FC Schalke 04

These 1: Kein Unentschieden

Man kann davon ausgehen, dass beide Mannschaften sich mit einem Unentschieden nicht zufriedengeben werden. Hertha hat nach Leipzig eine sieglose Serie von sechs Partien zwar mit weitaus mehr Unentschieden, doch schon gegen Leipzig wollte Schwarz diese Serie nicht fortführen. Mit zwei Punkten mehr steht Hertha tabellarisch dazu besser da – ob die gute Stimmung rund um Schwarz und seinen Spielstill anhält nach einer Niederlage gegen Schalke? Man mag es bezweifeln. Wenn bei der Hertha der Haussegen nach einer Niederlage schiefhängt, so brennt es in Gelsenkirchen schon lichterloh.

Frank Kramer musste seinen Hut nehmen, ob der neue Trainer die Wende schafft? (Photo by Dean Mouhtaropoulos/Getty Images)

Trainer Frank Kramer wurde nach einer 1:5-Klatsche gegen Hoffenheim fünf Tage vorm Bundesligaspieltag gefeuert. Schalke steht mit fünf Niederlagen in Folge in der Krise. Sportdirektor Rouven Schröder gilt bei Fans immer mehr als ein Mann für Trainerverschleiß. Thomas Reis, Ex-Bochum Trainer, wird medial als Nachfolger gehandelt, hat aber noch einen Vertrag in Bochum. Der Sportvorstand sah vor Kramers Entlassung die Hertha als einen machbaren Gegner. Die Königsblauen Spieler wollen sicherlich einen guten ersten Eindruck hinterlassen bei ihrem neuen Trainer und die eigenen Fans von der Niederlagenserie erlösen. Ein Sieg muss her.

These 2: Schwarz und das Team mit “Urvertrauen”

„Das Urvertrauen ist riesig.“ Dieser Satz von Trainer Sandro Schwarz ging durch die nationale Sportpresse und wenn man die letzten Partien des Mainzers betrachtet, sieht man es der Mannschaft ebenso an. Man kann als Hertha-Fan mit Platz 15 sicherlich nicht von Euphorie-Ausbrüchen sprechen. Doch gegenüber der letzten Saison stürzt man nicht mehr in einen Strudel aus Gegentoren nach einem Rückstand. Man schafft es, sich zurückzukämpfen, bis zum Schluss noch auf den Ausgleich oder Sieg zu preschen und in manchen Spielen sogar dominierenden, ansehnlichen Fußball zu spielen. Von den Spielerleistungen ganz abgesehen, welche man als Fan erfreut wahrnimmt.

Stimmung auf dem Platz und auf der Tribüne stimmt in Leipzig (Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Schwarz hat es geschafft, rund ums Olympiagelände eine Art positive Grundstimmung zu schaffen und dies auf die Mannschaft zu übertragen, von einem teils defensivmotivierten Lukebakio, einem nicht fehlerfreien, aber leidenschaftlichen Christensen zu einem glücklosen, aber torgefährlichen Ejuke. Schwarz und die Mannschaft werden mit diesem Urvertrauen ins Spiel gehen, dass es nicht nur eine Pressephrase darstellt.

These 3: 4-4-2 hält mit Jovetic & Kanga seinen Einzug

Etwas, was nach der Niederlage in Leipzig positiv hängen blieb, war die Umstellung auf das 4-4-2 mit dem Sturmduo aus Jovetic und Kanga. Unabhängig von Insiderberichten zeigte sich Trainer Sandro Schwarz sichtlich begeistert nach der taktischen Umstellung und seinem neuen Sturmduo. „Es hat mir gut gefallen. Sie haben sich beide sehr gut bewegt – gegen den Ball und mit dem Ball.“, erklärte Schwarz kurz nach der Niederlage. Dass Schwarz nach drei Gegentoren und der Unentschiedenserie umstellt, überrascht nicht.

Stevan Jovetic nach seinem ersten Saisontor gegen Leipzig (Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Die Umstellung in der zweiten Halbzeit gegen Leipzig sorgte sichtlich für mehr Torgefahr. Jovetic, welcher seine spielerische Klasse und Erfahrung gegen Leipzig zeigte und sich mit dem ersten Saisontreffer belohnen konnte, sorgte stetig zwischen den Linien für gefährliche Szenen. Sein Gegenpart in Person von Kanga stellt dabei den wuchtigen Stoßstürmer da. Der Franzose, welcher mit seiner Physis eher tiefstehend Verteidiger rauszieht und sich via Kopfball gefährlich positioniert, wartet zwar auf seinen ersten Saisontreffer, konnte aber mit seinen Lattentreffer gegen Leipzig zeigen, dass er seinem Debüttor für Hertha immer näher kommt.

[Titelbild: Maja Hitij/Getty Images]

Hertha BSC – FC Schalke 04: Drei Schlüsselduelle

Hertha BSC – FC Schalke 04: Drei Schlüsselduelle

Manch Herthaner:in reibt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit immer noch die Augen, denn nach 10 Spielen stehen 8 Punkte und Platz 15 auf dem Papier und die Bude brennt immer noch nicht. Im Gegenteil – nahezu euphorisch wurde die 2:3-Niederlage gegen die Dosen gefeiert. Wir Fans predigen seit Wochen, dass diese Mannschaft endlich eine Identität hat und ansehnlichen Fußball spielt. Letztendlich bringt uns das aber nicht weiter und ewig wird diese gute Stimmung nicht anhalten, denn die Punkte brauchen auch wir. Dass jetzt ausgerechnet der sportlich angeschlagene S04 nach Berlin kommt, erhöht den Druck noch mal deutlich. Worauf kommt es am Sonntag an? Diese Duelle werden entscheidend sein.

Verletzungssorgen, fehlende Spielidee und Trainerentlassung

Viele Hertha-Fans hätten sich gewünscht, Ex-Trainer Frank Kramer noch ein Spiel auf der Schalker Bank zu sehen. Doch nach der 1:5-Niederlage im Pokal haben die Verantwortlichen die Reißleine gezogen und den Coach freigestellt. Ob das viel bewirkt, ist jedoch fraglich, denn die Mannschaft hat viele Baustellen, die so schnell nicht gelöst werden können. Vier der fünf etatmäßigen Innenverteidiger sind verletzt, die Kreativzentrale Rodrigo Zalazar fehlt mit einem Mittelfußbruch langfristig und Simon Terodde wirkt ohne passende Bälle wie ein Fremdkörper im eigenen Spiel. Nicht viel spricht für einen Erfolg der Gäste aus Gelsenkirchen.

Jovetic & Kanga vs. Yoshida & Kral

Stevan Jovetic gehörte vergangenen Samstag zu den positiven Überraschungen. Trotz einiger Unachtsamkeiten im Aufbauspiel machte der Montenegriner gegen Leipzig eine Riesenspiel und spulte mit seinen 32 Jahren stolze 12,2 Kilometer ab. Doch auch darüber hinaus war der Routinier enorm wichtig im Offensivspiel der Hertha, machte viele Bälle fest, verteilte diese und steuerte ein technisch sehr anspruchsvolles Tor zum 2:3 bei – definitiv Werbung für mehr Spielzeit. Wilfried Kanga, der weiterhin glücklos im Abschluss agiert, kam für die Schlussphase rein und harmonierte gut mit seinem neuen Sturmpartner. Trotz des fehlenden Tores machte unsere Nummer 18 ein gutes Spiel. Vielleicht tut es dem Ivorer gut, einen Partner an seiner Seite zu haben?

Laut Ligainsider starten am Sonntag beide, jedoch wird Jovetic die Rolle des Spielmachers oder die der hängenden Spitze einnehmen. Ein Spieler mit den Offensivqualitäten eines Jovetic hatte Kanga bis letzten Samstag nicht an seiner Seite. Die Hoffnung besteht, dass so der Knoten endlich platzt.

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(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Einem dynamischen und technisch versiertem Sturmduo aus Kanga und Jovetic steht eine mehr als angeschlagene Innenverteidigung, bestehend aus Maya Yoshida und Alex Kral, gegenüber. Kral im Abwehrzentrum? Yoshida ist der einzige gelernte Innenverteidiger und muss zusammen mit dem Neuzugang von Spartak Moskau die Zentrale dichtmachen. Das wird eine große Herausforderung für die Knappen und gleichzeitig unsere Chance, die guten Leistungen in Punkte umzumünzen.

Ejuke & Dodi vs. Schalker Abwehr

Schalkes schwache Defensive ist auch für unsere Flügelzange von Vorteil. Wer hätte nach letzter Saison gedacht, wir würden unsere Außenbahnen als Waffe hervorheben? In der Statistik der meisten erfolgreichen Dribblings belegen Chidera Ejuke und Dodi Lukebakio Platz eins und Platz sechs. Darüber hinaus legte Ejuke bereits drei Tore auf und Dodi netze schon fünf Mal. Grund genug, für Schalke 04 nervös zu werden, wenn sowohl die Zentrale als auch die Außenverteidiger bisher jegliche Stabilität vermissen ließen.

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(Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

Ejuke und Lukebakio sind gut drauf, schnell, dribbelstark und in der Kombination auch torgefährlich. Sowohl für die Außenverteidiger Cedric Brunner und Thomas Ouwejan als auch für Yoshida und Kral wird es schwer, die beiden im Griff zu behalten. Die Flügelspieler sind aktuell schwer berechenbar, denn im Gegensatz zu den vergangenen Jahren variieren die Dribblings unsere Außen. Mal wird nach innen gezogen oder es geht mit Tempo die Linie runter – Arjen Robben kommt aus dem Staunen gar nicht mehr raus.

Das Duell der Spielsysteme

Zugegebenermaßen läuft bei Schalke gerade so viel schlecht, dass sich die Suche nach drei Schlüsselduellen als schwierig herausstellte. Die wohl größte Schwäche sehen wir im fehlenden System. Ob 4-3-3, 4-4-2 oder zuletzt 4-5-1 – so richtig funktioniert, hat keins bisher. Der ständige Systemwechsel schadet darüber hinaus dem Rhythmus, verunsichert die Spieler und lässt einstudierte Angriffe praktisch unmöglich werden. Wer auch immer der kommende Trainer sein mag, auch er wird seine Idee vom Fußball vermitteln wollen, was einen weiteren Systemwechsel für die ohnehin schon verunsicherte Mannschaft sehr wahrscheinlich macht.

(Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

Ein Blick auf unsere Jungs zeigt ein anderes Bild. Plagten uns in den letzten Jahren ähnlich Probleme, agieren die Spieler unter der Leitung von Sandro endlich mit einem klaren Offensivplan. Unser Spiel lebt von einem stabilen Zentrum im Mittelfeld, viel Dynamik über die Außen und einem Stürmer, der in das Aufbauspiel integrierbar ist. Dabei schafft es die Mannschaft besonders übers Konterspiel, aber auch über den Ballbesitz gefährlich zu sein. Hier sehen wir einen klaren Vorteil für unsere Hertha.

Drei Punkte sind Pflicht!

Schalke ist der Hertha auf dem Papier deutlich unterlegen. Eine ungewohnte Situation für uns. In der Vergangenheit ist unsere Mannschaft in solchen Situationen oft eingebrochen. Aber die Leidenschaft und Moral, gepaart mit attraktiven Offensivfußball lässt hoffen, dass diese Zeiten vorerst vorbei sind. Hertha holt den ersten Heimsieg der Saison. Dieses Mal aber wirklich!

(Photo Friedemann Vogel – Pool/Getty Images)

Hertha BSC: Mit letzter Kraft zum Klassenerhalt

Hertha BSC: Mit letzter Kraft zum Klassenerhalt

Wer als Hertha-Fan nach dem Spiel in Gelsenkirchen noch Nerven übrig hatte, muss wohl Superkräfte haben. Nach sechs Minuten Nachspielzeit in Unterzahl und trotz einer Riesenmöglichkeit für die Hausherren schafften es die Profis der „alten Dame“, den knappen 2:1-Auswärtssieg zu sichern. So haben sie einen vielleicht entscheidenden Schritt in Richtung Klassenerhalt geschafft. Doch bevor Hertha seinen Profis das Denkmal bauen kann muss noch eine Partie überstanden werden. Am Samstag um 15h30 empfängt Hertha BSC den direkten Konkurrenten im Abstiegskampf 1. FC Köln.

Krimi an der Ruhr – Jessic Ngankam rettet Hertha

Foto: Ulrich Hufnagel / Hufnagel PR / POOL /IMAGO

19:54 in der Veltins-Arena: während Kapitän Dedryck Boyata erschöpft zu Boden sank, kniete Jessic Ngankam auf dem Platz und brüllte sich die Seele aus dem Leib. Hochemotional reagierten sämtliche Hertha-Profis, eine große Last schien von ihren Schultern zu fallen.

Dass in dieser Partie sehr viel auf dem Spiel stand, war zu erkennen. So bekamen die Fans beider Lager auch leider kein schönes Fußballspiel zu sehen. Beide Seiten erlaubten sich grobe Fehler in der Spielfeldbesetzung und im Passspiel. Die Spannung stieg im Laufe des Spiels jedoch spürbar immer mehr an und erreichte ihren Höhepunkt nach der Führung durch Hertha-Eigengewächs Jessic Ngankam in der 74. Minute.

Ganze sechs Minuten Nachspielzeit mussten dann die Spieler von Pal Dardai ertragen, um die knappe Führung zu verteidigen. Der Doppel-Pfostentreffer durch Gelsenkirchen brachte dann noch alle Herthaner*innen an den Rande eines Nervenzusammenbruchs. Der Abpfiff fühlte sich dann an wie eine große Erlösung. Und ausgerechnet der gebürtige Berliner und ewige Herthaner Jessic Ngankam sorgte für den vielleicht entscheidenden Treffer zum Klassenerhalt.

Spielerisch schwach – Beide Teams mit Ausfällen

Die Ausgangslage ließ kein Fußball-Feuerwerk erwarten. Mehrere Covid-19 Fälle im Königsblauen Lager sorgten für viel Aufruhr, das Spiel wurde jedoch nicht abgesagt. Trotzdem wurde die Vorbereitung beider Teams dadurch nicht leichter.

Zudem zeigte sich Hertha BSC nach vielen Spielen in kürzester Zeit sehr verletzungsgeschwächt. Zu der ohnehin langen Liste der Ausfälle gesellte sich nach der Partie am Sonntag auch Jhon Córdoba, dessen Saisonaus bekannt wurde. Zudem war klar, dass den Hertha-Profis langsam die Frische ausgehen würde. Schließlich schleppten die „Blau-Weißen“ auch noch viel mentalen Druck mit sich, und das seit der ersten Minute.

Durch die Personalsituation fanden sich auch Spieler in der Startelf wieder, die zuletzt nur wenig oder keine Spielpraxis bekamen. Mathew Leckie stand in der Startelf und fand nie wirklich in die Partie. Obwohl er sich sehr bemühte, verhielt er sich nicht positionsgetreu und spielte vogelwild, behinderte teilweise seinen eigenen Mitspieler Krzysztof Piatek.

Kampf, Leidenschaft und gute Standards

Foto: Tim Rehbein/RHR-FOTO/Pool by Hor /IMAGO

Ganz anders trat der wiedergenesene Marvin Plattenhardt auf. Dessen Standards wurden im Laufe des Spiels sehr wertvoll, nicht nur bei seiner Freistoßvorlage zum 1:1 Ausgleich, und erinnerten an die besten Zeiten unter Pal Dardai.

Allgemein war zu spüren, dass einige Spieler versuchten, spielerische Schwächen mit Kampf und Leidenschaft auszugleichen. Dedryck Boyata zum Beispiel sorgte kurz nach seinem Ausgleichstreffer zum 1:1 per Aussetzer fast für eine erneute Führung für den Club aus Gelsenkirchen. Im Laufe des Spiels aber war der Belgier immer wieder in Luftzweikämpfen der einzige Sieger und hatte per Kopf eine gute Chance zum 2:1.

Besonders auch Spieler wie Lucas Tousart, Peter Pekarik und die später eingewechselten Santiago Ascacibar, Jonas Michelbrink und Jessic Ngankam warfen alles rein. Sie zeigten sich in jeder Situation bissig, bewiesen den nötigen Kampfgeist, um im Abstiegskampf die Punkte zu erzwingen. So schaffte es Hertha, gegen zugegeben erneut schwache Gelsenkirchener mit einer mäßigen Leistung am Ende durch Kampf und Geduld zu bestehen.

Über das Spiel und aktuelle Hertha-Themen haben Lukas, Marc und Alex auch in unserer neuen Podcast-Folge gesprochen!

Hertha zahlt hohen Preis – Saisonaus für Piatek

Foto: Ulrich Hufnagel / Hufnagel PR / POOL /IMAGO

Doch die „alte Dame“ musste einen hohen Preis für diese drei Punkte zahlen. Nach der bereits angesprochenen Verletzung von Córdoba steht jetzt auch das Saisonaus von Sturmpartner Piatek fest, der eine Fraktur im Sprunggelenk erlitt.

Bezeichnend für den Kampfgeist im Team ist auch, wie der Pole trotz seiner Verletzung noch wenige Minuten weiterspielte und sogar eine Großchance per Kopf hatte, bevor er mit großen Schmerzen ausgewechselt werden musste. Für ihn kam der Torschütze Jessic Ngankam in die Partie, der wohl auch eine Option für die letzten zwei Pflichtspiele von Hertha sein wird.

Nicht nur durch Verletzungen schwächte sich Hertha. Dodi Lukebakio, der sich gerade erst nach seiner Covid-19 Infektion zurückgemeldet hatte, holte sich die gelb-rote Karte und fehlt im letzten Heimspiel gegen Köln. Das erfreute seinen Trainer Pal Dardai nicht gerade: „Das war blödsinnig und unnötig, das akzeptiere ich nicht. Jetzt kommt der böse Trainer zu ihm. Irgendwann reicht es mit nett sein.“ Ebenfalls ausfallen wird Dauerläufer Vladimir Darida. Der Tscheche holte sich seine fünfte gelbe Karte ab.

Angeschlagene Hertha empfängt den 1. FC Köln

Insgesamt fehlen also Hertha Stand jetzt bereits sicher 7 Spieler für die Partie gegen den 1. FC Köln. Fraglich sind außerdem noch Marton Dardai, Sami Khedira, Matheus Cunha und Maximilian Mittelstädt. Doch ausgerechnet in wenigen Tagen steht das wichtigste Spiel an, das Hertha noch bestreiten wird.

Foto: IMAGO

Der 1. FC Köln konnte aus den letzten drei Partien sechs Punkte holen, verlor am Sonntag zwar deutlich, allerdings eher unglücklich gegen den SC Freiburg mit 1:4. Davor war eine deutliche Formsteigerung bei den Kölnern zu spüren. Besonders Spieler wie Jonas Hector und Ex-Herthaner Ondrej Duda spielten zuletzt sehr stark auf und erzielten wichtige Tore.

Anders als Hertha blieben die Rheinländer in den letzten Wochen von Verletzungen verschont und können jetzt gut erholt in die Partie am Samstag gehen. Einzig Jonas Hector ist leicht angeschlagen, soll aber auch für Samstag eine Option sein. Physisch hat also ganz klar der „Effzeh“ einen Vorteil. Doch mental hat Hertha BSC jetzt wohl die Nase vorn.

Der 1. FC Köln steht nämlich mit dem Rücken zur Wand und muss am Samstag unbedingt siegen, um den vorletzten Tabellenplatz zu verlassen. Hertha kann also grundsätzlich das 0:0 wie eine Führung verteidigen, muss allerdings aufpassen, die Offensive des Gegners nicht in Schwung kommen zu lassen.

Hertha mit letzter Kraft zum Klassenerhalt

Sicher ist Hertha BSC trotz fünf Punkten Vorsprung keineswegs. Köln empfängt am letzten Spieltag Gelsenkirchen und hat somit höchstwahrscheinlich noch drei Punkte sicher. Ein Remis am Samstag würde Hertha reichen, um Köln sicher hinter sich zu lassen und somit den direkten Abstieg zu vermeiden. Damit wäre auch fast die Relegation vermieden: durch das Duell am Wochenende zwischen Augsburg und Bremen nimmt sich die Konkurrenz Punkte weg. Durch die bessere Tordifferenz hat die „alte Dame“ auch ein Ass im Ärmel.

Die Chancen stehen jedenfalls für Hertha BSC nach dem Sieg am Mittwoch gut. Doch so gebeutelt, müde und personell angespannt wie die Hauptstädter jetzt sind, wird es gegen Köln am Samstag eine Herkulesaufgabe werden. Hertha wird nochmal alles reinwerfen müssen, um diese letzte große Aufgabe zu bestehen.

Durch die Ausfälle wird Hertha vor allem offensiv auf junge Spieler wie Ngankam und Michelbrink setzen müssen. „Die Zukunft gehört Berlin“ heißt es so schön – passend also, wenn gerade die eigenen Jugendspieler für den Klassenerhalt sorgen würden.

(Titelbild: Maik Hölter/TEAM2sportphoto/IMAGO)

Nach der Punkteteilung ist vor dem Pflichtsieg

Nach der Punkteteilung ist vor dem Pflichtsieg

Die zurückliegende Woche hat mal wieder eindrucksvoll bewiesen, wie sprunghaft die Einschätzungen von Fußballfans doch sind. Am anschaulichsten zeigte sich dies am Beispiel von Hertha-Leihgabe Nemanja Radonjic. Führten seine permanenten Ballverluste und Fehlpässe nach seiner Einwechslung in Mainz noch zur Gefährdung des Zustands so manchen Couchtisches, war er gegen Freiburg mit einem Tor und einer Vorlage plötzlich der Aktivposten in Herthas Offensivspiel. Um den Dreiklang perfekt zu machen, folgte dann gegen Bielefeld wieder eine Leistung, die bestenfalls als bemüht bezeichnet werden kann. Warum nun ausgerechnet Radonjic als Symbol für das Wechselbad der Gefühle herhält? Weil sich Herthas Leistung exakt analog zur Leistung des Serben verhielt. Wer glaubte, dass Hertha nach dem 3:0 gegen Freiburg erstmals in dieser Saison nach einem Sieg einen weiteren Dreier einfahren könnte, sah sich zum wiederholten Male eines Besseren belehrt.

Dardais Dauerrotation führte zu fünf Punkten aus drei Spielen (imago images via Getty images)

Dardais Rückrotation

Herthas Aufstellung richtig zu tippen, ist dieser Tage in etwa so erfolgsversprechend wie die Suche nach dem Bernsteinzimmer. Nach der Totalrotation gegen Freiburg, tauschte Dardai am Sonntag erneut munter durch. Lediglich Schwolow, Ascacibar und Piatek blieben aus der Anfangself gegen die Breisgauer erhalten. In der Formation setzte Dardai wieder auf das seit seiner Rückkehr favorisierte
3-5-2. Im Gegensatz zur Mainz-Partie, als noch Cunha neben Cordoba auflief, versuchte Dardai es diesmal mit Piatek neben dem Kolumbianer. Ein Experiment, das bislang nicht allzu oft Früchte trug und auch am Sonntag nicht von Erfolg geprägt sein sollte. Die Arminen, die das 0:5 gegen Borussia Mönchengladbach offensichtlich abschütteln konnten, verstanden es sehr gut, das Zentrum, auf das es Hertha abgesehen hatte, dicht zu machen. Auch die inversen Außenverteidiger (Mittelstädt und Zeefuik tauschten in der Anfangsphase die ihnen normalerweise zugeteilten Seiten) schafften es nicht, für Durchdringen zu sorgen.

So war es eine Einzelleistung von Cordoba, der sich in der 34. Minute clever gegen Pieper durchsetzte und den Pfosten traf, die für die einzige gefährliche Torszene der Hausherren im ersten Durchgang sorgte.

Der Tribut der ungewohnten Belastung

Auch gegen Bielefeld betrieb Dilrosun wieder kräftig Eigenwerbung (Matthias Koch, imago images via Getty images)

Eine Verbesserung des zähen Spiels fand auch in der zweiten Halbzeit zunächst nur graduell statt. Hertha gelang es zwar besser, das Spiel in die Hälfte des Gegners zu verlagern, allein an der Anzahl der eigenen Tormöglichkeiten änderte dies herzlich wenig. Erst mit der Hereinnahme von Dilrosun, durch den es endlich gelang, auch das zuvor lahme Flügelspiel zu beleben, kam etwas Schwung in die Schlussphase. Immer wieder vermochte es der Niederländer, Spieler im Eins gegen Eins zu binden und mit zwei Schüssen aus der zweiten Reihe für Torgefahr zu sorgen. Wie wichtig es ist, dass der Niederländer endlich fit ist, wurde dann im Laufe der Woche deutlich. Denn Herthas Personaldecke wird gerade gefühlt von Tag zu Tag dünner.

Dass Maximilian Mittelstädt wegen seiner Gehirnerschütterung , ebenso wie Matheus Cunha, der sich eine Verletzung im Sprunggelenk zuzog, nicht zur Verfügung stehen wird, stand schon kurz nach Abpfiff fest. Am Dienstag kam dann auch noch die Hiobsbotschaft hinzu, dass Jhon Cordoba mit einer Verletzung am Bandapparat in den verbleibenden drei Spielen nicht mit von der Partie sein wird. Auch hinter Sami Khedira, den nach wie vor Wadenprobleme plagen, steht ein großes Fragezeichen. Pressesprecher Max Jung ging am Dienstag nicht davon aus, dass dieser mit nach Gelsenkrichen reist.

Erfreuliche Nachrichten gibt es indes in der Personalie Lukebakio. Der Belgier kann nach seiner Corona-Infektion wieder mitwirken.

Schalkes Abschiedstour mit Hindernissen

Fragt man Herthas kommenden Gegner, muten die Berliner Sorgen wie Luxusprobleme an. Seit drei Wochen ist das schon längst Unabwendbare offiziell: Der FC Schalke 04 steigt aus der Bundesliga ab. Wer nun aber die Hoffnung oder Befürchtung (je nach Standpunkt) hatte, dass die Gelsenkirchener nun, da es ohnehin um nichts mehr geht, etwas befreiter aufspielen könnten, sieht sich getäuscht. Selbst in dieser für Schalke-Anhänger völlig bedeutungslosen Endphase der Saison schafft der S04 es noch, seine Fans zu enttäuschen. Nach einer 2:0-Halbzeitführung in Sinsheim, ließ sich das Team von Dimitrios Grammozis noch mit 2:4 die Butter vom Brot nehmen. Als hätte es in dieser Katastrophen-Saison nicht schon genug Nackenschläge gegeben, hört das Elend selbst nach dem Abstieg nicht auf.

Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, musste zudem das Teamtraining der Schalker am Montag ausgesetzt werden, nachdem ein Mitspieler positiv auf das Coronavirus getestet wurde. Am Dienstag kam dann infolge der angeordneten PCR-Testung ein weiterer positiver Fall hinzu. In der Endabrechung macht das: Ein Gegner, der mit allen Fasern des Körpers am Boden liegt und zudem noch eine unterbrochene Vorbereitung auf das Spiel am Mittwoch hatte. Während man für das Unentschieden gegen Bielefeld noch Gründe finden kann, wieso es sich aus Hertha-Sicht damit leben lässt, gibt es an dieser Stelle kein Vertun: Ein Sieg ist Pflicht.

Titelbild: imago images via Getty images

Herthaner im Fokus: Hertha BSC – FC Schalke 04

Herthaner im Fokus: Hertha BSC – FC Schalke 04

Nach einem bitteren Jahresende hat Hertha sein erstes Spiel des Jahres 2021 gegen Schalke 04 mit 3:0 gewonnen. Viel wichtiger als jede Einzelbewertung von Spielern sind die drei Punkte – Hertha löst sich von der Abstiegszone und zeigte, dass es auch einen qualitativen Abstand zum Tabellenkeller gibt. Ein Lob gilt ausdrücklich Bruno Labbadia, der insbesondere mit seinen Umstellungen im Mittelfeld wichtige Weichen gestellt hat.

Vladimir Darida – Das erfrischende Element

Etwa in der Mitte der 1. Halbzeit blendete der TV-Sender Sky erstmals die realtaktischen Formationen beider Mannschaften ein. Die Anfangsphase des Spiels gegen Schalke war aus Hertha-Sicht noch recht holprig – auch weil Schalke insbesondere über den genesenen Mark Uth einige spannende Konter fuhr.

In der Taktik-Analyse konnte man sehr gut sehen, wie Labbadia das Mittelfeld umgebaut hatte. In der defensiven Zentrale war Lucas Tousart tätig, der zwar immer noch zu wenige Akzente nach vorne setzt, aber – und das hat Herthas Siel heute extrem geprägt – weniger Zweikämpfe verliert als Niklas Stark. Cunha kam bei Kontern zwar zumeist über die linke Seite, hielt sich die meiste Zeit allerdings ebenfalls im Zentrum vor Tousart auf, was ebenfalls stabilisierend wirkte.

Der erfrischendste Faktor war jedoch Vladimir Darida, der laut Real-Taktikanalyse in den ersten 20 Minuten Herthas offensivster Spieler war. Eigentlich ist das keine gute Idee, müsste man meinen – schließlich schießt Darida als offensiver Mittelfeldspieler sehr wenige Tore. Doch der tschechische Nationalspieler wirkte extrem belebend in der Spitze – er legte sowohl das 2:0 für Jhon Cordoba als auch das 3:0 für Krzysztof Piatek mit einem genialen Pass auf und war zwischendurch immer wieder an Strafraumaktionen beteiligt.

Foto: IMAGO

Einziges Manko mal wieder: Der Tscheche hat wieder einmal nicht selbst getroffen, insbesondere in der letzten Spielminute war er etwa 13 Meter vorm Tor in eine gute Schussposition geraten, die er mit seinen technischen Fähigkeiten eigentlich nutzen müsste. Sein letztes Tor erzielte der Tscheche gegen den SC Freiburg im Dezember 2019. Aber auch ohne eigene Torgefahr glänzt Darida durch seine starke Laufleistung (heute knapp 12,5 Kilometer) und somit damit, dass er ständig anspielbar ist.

Matteo Guendouzi – Herthas neues Gehirn

In der oben genannten realtaktischen Formation war die Rückennummer 8 von Matteo Guendouzi halblinks vor Tousart eingezeichnet. Doch im Gegensatz zu Darida hatte die Taktik-Analyse beim Franzosen recht wenig Aussagekraft, denn Guendouzi war gefühlt überall. Vor dem eigenen Strafraum holte er sich viele wichtige zweite Bälle und transportierte diese in die Offensive. Die Passquote von knapp 92 Prozent (mit u.a. zwei Schlüsselpässen) zeigt, wie sicher sich der junge Franzose schon in seiner Rolle fühlt.

Besonders erfreulich ist zudem, dass Guendouzi sich immer wieder am gegnerischen Strafraum in Pressing-Situationen einmischt, Überzahl-Situationen schafft und auch dort viele wichtige zweite Bälle holt. Bei einer solchen Situation landete der Ball dann in der 36. Spielminute bei Guendouzi. Anstatt blind aufs Tor zu hämmern, nahm er sich kurz Zeit, um zu schauen, wie der Schalker Torwart Fährmann stand und zirkelte den Ball klug wie unhaltbar ins rechte Eck. Auf diese Weise hatte er zuletzt schon gegen ‘Gladbach getroffen.

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In den englischen Medien war rund um Guendouzis Wechsel zu Hertha viel von seiner Unbeherrschtheit zu lesen, teils wurde ihm Disziplinlosigkeit vorgeworfen. Am Samstagabend hätte der Franzose viele Anlässe zum Kontrollverlust gehabt, weil die Schalker ihn oft abräumten – Guendouzi blieb ruhig und spielte weiter. Ein rundum toller Fußballspieler – es wird sehr schwer, ihn ab der kommenden Saison zu ersetzen.

Jhon Cordoba – Druck, Druck, Druck

Einige Wochen musste Hertha im Sturm zuletzt mit Piatek beginnen, weil Jhon Cordoba sich im Spiel gegen Augsburg verletzt hatte. Bis auf wenige Glanzmomente konnte die Hertha-Offensive in diesen Spielen keinen dauerhaften Druck auf den Gegner entfalten. Heute war das – auch wegen Cordoba – anders.

Bestes Beispiel war die Entstehung des 1:0 durch Guendouzi, das nur entstehen konnte, weil der Kolumbianer einen Flanken-Einwurf von Plattenhardt auf Cunha ablegte. Cordoba ist in den meisten Offensiv-Aktionen von Hertha einfach irgendwie beteiligt. Nicht alles gelingt ihm, aber durch die reine Quantität seiner Strafraumaktionen ist er ein wichtiger Faktor in Herthas Offensivspiel. Durch seine Robustheit und Präsenz ist er ein eigentlich kaum wegzudenkender Pfeiler des Berliner Angriffsspiels.

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Sein eigenes Tor, das 2:0, zeigt eine weitere Qualität des Kolumbianers: Sein Stellungspiel. Während Krzysztof Piatek bei vielen Kontern zuletzt ein schlechtes Timing hatte und sich beispielsweise nicht richtig fallen ließ, um in gute Schusspositionen zu kommen, tat Cordoba heute genau das: Darida kam über außen in die Box, legte zurück auf den Fünf-Meter-Raum, wo Cordoba nur noch einschieben musste.

Und dann waren da noch…

Luca Netz: Das Spiel gegen Schalke lief seit 86 Minuten und war entschieden, da machte sich an der Seitenlinie ein sichtlich aufgeregter junger Mann für seinen ersten Bundesliga-Einsatz bereit: Das 17-jährige Hertha-Eigengewächs Luca Netz wurde von seinem Trainer auf der linken Außenverteidiger-Position eingesetzt. Der Spielstand und die kurze verbleibende Spieldauer lassen keine ausführliche Bewertung zu. Doch kurz vor Schluss zeigte Netz, dass er sich nicht nur in der Defensive wohlfühlt, als er mit einem beachtlichen Sturmlauf in den Schalker 16er eindrang, dann aber den Querpass in die Mitte nicht mehr hinbekam. Dass Netz in Deutschlands U18-Mannschaft in 15 Spielen vier Tore erzielte, belegt, dass Hertha einen offensivorientierten Linksaußen in petto hat.

Krzysztof Piatek: Irgendwie ist dieser Mann ein Phänomen. In der 78. Spielminute eingewechselt, brauchte der Pole heute ganze fünf Ballkontakte, um gefühlt zwei Tore zu erzielen. Dass das zweite Tor nicht zählte, liegt wohl nur daran, dass im Kölner VAR-Keller ein neues Elektronenmikroskop ausprobiert wurde. Bei Piateks Torquote (saisonübergreifend für Hertha in 29 Spielen acht Tore, dabei einige nach Einwechslungen) wäre es eine Dummheit ihn in der aktuellen Transferphase abzugeben. Dass er aber so gar nicht zur Spielweise der anderen offensiven Herthaner passt, bleibt ein Problem.

Fazit – Hertha mal kein Aufbaugegner

Viele Hertha-Fans hatten vor diesem Spiel nur eines: Angst. Nach peinlich schlechten Spielen gegen Mainz und Freiburg war Hertha für Schalke eigentlich der perfekte Aufbaugegner, um eine Mega-Negativserie zu stoppen. Doch aufgrund einer geschickten Umstellung im zentralen Mittelfeld, aber auch von individuellen Verbesserungen und somit weniger Fehlern hat Hertha dieses Fiasko verhindern können. Es folgen Spiele gegen Bielefeld, Köln und Hoffenheim. Normalerweise – ein Adverb, das bei Hertha leider recht wenig Anwendung findet – sollte Hertha aus diesen Spielen mindestens vier Punkte holen. Der Start ins neue Jahr ist zumindest schon einmal geglückt. der Kelch, gegen Schalke zu verlieren, ging fast schon überraschend an Hertha vorbei.

[Titelbild: IMAGO]