Hertha BSC – Eintracht Frankfurt: Drei Thesen

Hertha BSC – Eintracht Frankfurt: Drei Thesen

Nach doppelter Enttäuschung zum Einstand in Pokal und Liga steht für Sandro Schwarz am Sonnabend das erste Spiel vor heimischer Kulisse an. Im Olympiastadion trifft Hertha auf den amtierenden Europa-League-Sieger Eintracht Frankfurt. Die Hessen reisen durch die 1:6-Niederlage gegen den FC Bayern zwar als Tabellenletzter an, zeigten aber bereits im Pokal eine ansprechende Form. Wir blicken mit drei Thesen auf das Aufeinandertreffen voraus.

These 1: Schwarz rotiert kräftig

Die Leistung gegen den 1. FC Union stimmte in weiten Teilen nicht. Einmal mehr konnten Herthas Spieler aus der Derby-Atmosphäre nichts ziehen, was sich positiv auf das Spiel auswirkt. Allen voran die Offensivspieler Myziane Maolida und Davie Selke waren zu keinem Zeitpunk ein Faktor. Auch aus dem Mittelfeldzentrum fehlte es an Impulsen.

Doch Trainer Schwarz stehen Alternativen zur Verfügung. Die Neuzugänge Wilfried Kanga und Chidera Ejuke, die gegen Union bereits eingewechselt wurden und gute Ansätze zeigten, sind eine weitere Woche im Training und damit näher dran, sich der Mannschaft und den Anläufen anzupassen.

Hertha-Neuzugang Chidera Ejuke

(Photo by Martin Rose/Getty Images)

Im Mittelfeld hat Lucas Tousart seine Gelb-Rot-Sperre aus dem Relegationsrückspiel gegen den HSV abgesessen. Ende der vergangenen Saison zählte der Franzose zu den Lichtblicken. Dazu ist mit Jean-Paul Boëtius ein weiterer Zugang zum Team gestoßen. Herthas neue Nummer Zehn kennt Schwarz aus gemeinsamen Mainzer Zeiten bestens.

Auch in der Abwehr hat Schwarz Optionen. Auf der Innenverteidiger-Position drängen sich mit Marton Dardai und Linus Gechter zwei Eigengewächse auf. Bei sieben Gegentoren aus zwei Spielen scheint die finale Formation noch nicht gefunden, wenngleich Schwarz mit dem Wechsel von Uremovic für Boyata zwischen Pokal- und Ligaspiel auf dieser Position bereits getauscht hat und ein weiterer Wechsel womöglich zu viele Strukturen aufbrechen würde. Auf rechts ist Routinier Peter Pekarik für den bisher eher überfordert wirkenden Jonjoe Kenny eine Option.

Ein anderes Gesicht zu zeigen, ist nach dem Saisonstart alternativlos. Unsere These: Es wird in Form anderer Gesichter passieren. Schwarz tauscht gegenüber dem Spiel in Köpenick mindestens dreimal in der Startelf.

These 2: Mannschaft zeigt Reaktion

So ernüchternd die bisherigen Spiele waren, Mut macht die klare Ansprache von Trainer Schwarz. Er erkennt die Probleme klar und spricht sie an. “Was Intensität und Zweikampschärfe angeht, war das zu wenig”, benannte er nach Abpfiff der Partie gegen Union gleich die Schwachstellen, kündigte an, nun zunächst an der Basis arbeiten zu wollen.

Im Laufe der Trainingswoche vor dem Spiel gegen Frankfurt zeigte sich Schwarz dann begeistert von seiner Mannschaft. Gerade Intensität und Aggressivität scheinen zu passen. “Wenn ich die Mannschaft so erlebe wie im Training, ist das eine sehr gute Voraussetzung, Spiele erfolgreich zu bestreiten”, glaubt Schwarz.

hertha

(Photo by Mark Thompson/Getty Images)

Der neue Trainer scheint Schwachstellen zu erkennen und mit einer klaren Ansprache auch der Mannschaft zu verdeutlichen. Daher kommt These zwei: Hertha wird gegen Frankfurt gegenüber den vergangenen Spielen eine deutlich bessere Leistung zeigen.

These 3: Boëtius macht`s wie sein Vorgänger

Das Debüt Jurgen Ekkelenkamps vergangene Saison gegen Fürth war absolut vielversprechend. Eingewechselt brauchte er nicht einmal zwei Minuten, um den 1:1-Ausgleich zu erzielen und Hertha sogar noch zu einem Sieg zu führen.

Doch die Beziehung zwischen der Alten Dame und dem talentierten Niederländer sollte keine allzu lange werden. Nach einer Saison war wieder Schluss, Ekkelenkamp zog es noch am letzten Wochenende nach Antwerpen. Zu selten war die Rolle des quirligen Mittelfeldspielers gefragt.

Seinen Platz im Kader nimmt Landsmann Boëtius ein. Eine absolut sinnvolle Verstärkung, bringt der 28-Jährige, dessen ablösefreie Verpflichtung Fredi Bobic als “absoluten Glücksgriff” bezeichnet, doch einiges mit, das Hertha nun weiterhelfen kann.

hertha

(Photo by Matthias Hangst/Getty Images)

Boëtius ist “lauffreudig, auch aggressiv gegen den Ball”, wie Schwarz meint. Aus dem Zentrum heraus kann er zudem das Spielgeschehen mit dem Ball an sich reißen. “Ich habe große Lust auf Hertha und die neue Bundesliga-Saison. Dieses Team hat Potenzial und ich möchte meinen Teil dazu beitragen, dass wir zusammen guten Fußball auf den Platz bringen und den Fans Freude bereiten!”, so Boëtius.

Ob es gleich zu Tor und Sieg reicht, wird sich zeigen. Aber der erste Eindruck von Herthas neustem Neuzugang ist vielversprechend. Daher These drei: Genau wie sein Vorgänger wird Boëtius ein starkes Debüt hinlegen.

Titelbild: Maja Hitij/Getty Images

Drei Schlüsselduelle: Was muss Hertha gegen Frankfurt besser machen?

Drei Schlüsselduelle: Was muss Hertha gegen Frankfurt besser machen?

Den Saisonstart haben die Berliner mit jeweils einer Niederlage im DFB-Pokal und in der Bundesliga verpatzt. Im ersten Heimspiel der Saison geht für Hertha BSC nun darum, schnell in die Spur zu finden. Damit das gelingt, müssen diese drei Schlüsselduelle gewonnen werden.

Hertha droht der Fehlstart

Der erste Spieltag der neuen Bundesliga-Saison ist vorbei: und das blau-weiße Herz blutet früher, als man es sich vermutlich erhofft hat. Gegen Union Berlin folgte die insgesamt vierte Derbyniederlage nacheinander. Dabei schwor Hertha-Kapo „Kreisel“ das Team nach der Niederlage im DFB-Pokal gegen Eintracht Braunschweig ein – es war keine Wut, die er der Mannschaft wegen des verlorenen Spiels entgegenbrachte, viel mehr unterstrich er die Bedeutung des Derbys.

Und die Spieler hatten das verstanden – zumindest wurde das von der Hertha-Seite so kommuniziert. Umso enttäuschender für alle blau-weißen Fans war das, was sie am vergangenen Samstag zu sehen bekamen: nahezu exakt die „alte“ Dame der vergangenen Saison. Insgesamt war das Spiel von Hertha ein blutleerer Auftritt ohne den so angepriesenen frischen Offensivfußball, den Neu-Trainer Sandro Schwarz dem Team vermitteln möchte. Dies paarte sich mit haarsträubenden – und bekannten – Fehlern in der Abwehr.

Sieben Gegentore sammelte Hertha in zwei Spielen. Im zweiten Spiel der Saison geht es nun also darum, schnell in die Spur zu finden – und die ersten drei Punkte zu sammeln. Immerhin kassierte Eintracht Frankfurt ebenfalls sechs Tore – allerdings gegen den FC Bayern München. Solch ein Offensiv-Spektakel kann von Hertha nicht zu erwarten sein. Um siegreich zu sein, sind diese drei Schlüsselduelle entscheidend.

Die offensiven Außenspieler: erst die Bank brachte Kreativität

Allen voran Myziane Maolida erlebte gegen Union Berlin einen vollends gebrauchten Tag. Auf der linken offensiven Außenbahn gelang ihm rein gar nichts. Er kreierte keine einzige Chance, brachte lediglich 60 Prozent seiner Pässe an den Mann und kam nur zwei Mal in ein Dribbling – von dem er eines verlor.

Auf der anderen Seite gelang Dodi Lukebakio bis zu seinem späten Tor in der 85. Minute ebenso wenig. Zudem schlich sich erneut seine bekannte Faulheit ein, in der Defensive mitzuarbeiten. Erst als in der zweiten Hälfte Chidera Ejuke und Stevan Jovetic eingewechselt wurden, zeigte das Hertha-Spiel eine gewisse Dynamik im offensiven Bereich. Zudem zeigte Neuzugang Wilfried Kanga ebenfalls einige vielversprechende Anlagen. So gelang es ihm, den Ball mehrmals gut fest zu machen oder, wenn er sich auf die Außen fielen lies, starke spielerische Akzente zu setzen.

(Photo by ODD ANDERSEN/AFP via Getty Images)

Für Herthas offensives Spiel wird das gegen Frankfurt essenziell sein, will man doch endlich aus den spielerisch schwachen Zeiten hinauswachsen. In der letzten Saison fehlten die Dribblings und Pässe der offensiven Außenspieler die gesamte Spielzeit über. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Ejuke auf links und Kanga im Zentrum starten werden – um diesen Fluch endlich zu brechen.

So löchrig, wie ein Schweizer Käse: Die Hertha-Innenverteidigung

Für Dedryck Boyata waren die vergangenen Wochen zum Vergessen. Erst verlor er die Kapitänsbinde, dann wurde er gegen Union Berlin aus dem Kader gestrichen – aktuell sei er keine Verstärkung, äußerte Bobic. Doch auch sein Partner, Marc Oliver Kempf, machte gegen Union einige Fehler – die auch zu Gegentoren führten. So gewann er auch lediglich 50 Prozent seiner Zweikämpfe.

Die Innenverteidigung bleibt ein Problem bei Hertha BSC

DIe Innenverteidigung bleibt ein Problem bei Hertha BSC.  (Photo by Martin Rose/Getty Images)

Auffallend waren vor allem seine mäßige Geschwindigkeit. Wenn Kempf etwa bei langen Bällen aufgrund mangelhaften Stellungsspiels hinterherrennen musste, wurde es oft brenzlig um den Berliner Strafraum. Gleiches spielte sich auf der rechten Seite hab: viel zu oft musste Jonjoe Kenny aufgrund seines Stellungsspiels hinter den Unionern her rennen. Auch, weil ihn Lukebakio nicht selten alleine lies.

Es ist das Dauerthema bei Hertha: Die Verteidigung, speziell die Innenverteidigung. Werden allen voran auch die vielen Fehler in der Innenverteidigung nicht abgestellt, ist Hertha auch diese Saison wieder der Top-Kandidat, um die Schießbude der Liga zu sein.

Oliver Christensen: so sicher, so unsicher?

Nach der Relegation war schnell klar: Oliver Christensen wird die neue Nummer Eins im Tor. Dafür gab Hertha auch die Bemühungen auf, den zum Schluss der vergangenen Saison so überzeugenden Marcel Lotka zu halten. Doch erinnert die Situation gegenwärtig an die von Hertha Ex-Keeper Alexander Schwolow.

Auch Oliver Christensen machte keine gute Figur gegen Union Berlin

Auch Oliver Christensen machte keine gute Figur gegen Union Berlin (Photo by ODD ANDERSEN/AFP via Getty Images)

Allen voran bei Unions Treffer zum 3:0 sah Christensen nicht gut aus – Robin Knoches Kopfball rutschte ihm durch die Arme. Zu seinen Gunsten muss erwähnt werden, dass ihm die Sicht durch Rani Khedira versperrt war und Christensen nur kurze Zeit hatte, um in dem Chaos zu reagieren. Doch wie bei Schwolow schon, wirkt es, als könnte Christensen durchaus mehr fangen und halten, als er tut.

Gegen das dynamische Offensivspiel der Frankfurter wird es sicherlich durchaus einziges an Chancen für die Eintracht geben. Für Christensen ist das eine neue Chance sich auszuzeichnen und zu beweisen, dass er eine würdige Nummer Eins ist. Und fest steht: Hertha braucht endlich wieder Stabilität im Tor.

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Herthaner im Fokus: Hertha im freien Fall – und Korkut noch der richtige?

Herthaner im Fokus: Hertha im freien Fall – und Korkut noch der richtige?

Hat Tayfun Korkut als Hertha-Trainer fertig? „Wer will, wer will, wer hat noch nicht?“, fragt man sich als Hertha-Fan mittlerweile regelmäßig während der Spiele. Es ist völlig egal wer auf dem Rasen steht, es ist egal wie der Gegner heißt, am Ende bricht die Gruppe – und in diesem Fall traut man sich kaum noch von Mannschaft zu sprechen – immer wieder auseinander und zeigt regelrecht Auflösungserscheinungen. Der Blick richtet sich immer mehr auf den Trainerposten.

Viele Startelfänderungen von Korkut, kein Effekt

Aber der Reihe nach. In einem mit 25.000 Zuschauer unter den aktuellen Bedingungen gut gefüllten Olympiastadion spielte die „Alte Dame“ gegen die Frankfurter Eintracht und wollte ein weiteres Mal den Versuch unternehmen, endlich den ersten Dreier im Jahr 2022 einzufahren. Wie zuletzt in verlässlicher Regelmäßigkeit stellte Trainer Tayfun Korkut die Spieler in der 4-3-3-Formation auf und wollte damit über die Außen für Gefahr sorgen.

Beim Blick auf die Startelf gab es einige Änderungen, die zum Teil nachvollziehbar waren, zu einem gewissen Maße aber auch stutzig machten. Im Tor stand wie gegen den SC Freiburg Marcel Lotka, an Stelle des sich noch in Quarantäne befindenden Alexander Schwolow. Der im Breisgau schwer überforderte Fredrik André Björkan wurde ersetzt durch Maximilian Mittelstädt, der seine Corona-Infektion überstanden hatte.

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(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

In der Innenverteidigung macht der zuletzt meist überzeugende Youngster, aber möglicherweise noch angeschlagene Linus Gechter Platz für Marc-Oliver Kempf, der nach seiner Rot-Sperre wieder zurück in die Startelf rotierte. Kapitän Dedryck Boyata und Peter Pekarik komplettierten die Verteidigung. Während das zentrale Mittelfeld seit einigen Spielen unverändert bleibt,  gab es eine Veränderung im Sturm, die durchaus für Aufsehen sorgte. Statt des nimmermüden und mit viel Einsatz zu gefallenen Ishak Belfodils durfte Neuzugang Dung-Jun Lee zum ersten Mal von Anfang an spielen.

Viel ändern sollten die neuen Kräfte im Vergleich zu den letzten Spielen allerdings nicht. Sang- und klanglos wurde man von Frankfurt zeitweise vorgeführt. Doch auch nach diesem Spiel gibt es noch einen Funken Hoffnung. Wir gehen heute auf die katastrophale Verteidigung ein, wer anscheinend völlig überfordert ist und auf wen und was man im Abstiegskampf setzen muss, um die Klasse zu halten.

Marc Oliver Kempf und Dedryck Boyata: Habt ihr euch schon einmal gesehen?

Kaum zu glauben, aber schon wieder musste Hertha eine neue Innenverteidigung bilden. Möglicherweise setzte der Pferdekuss aus dem Spiel gegen Freiburg Linus Gechter immer noch so sehr zu, dass für ihn nur ein Platz auf der Bank in Frage kam. Alles andere wäre fragwürdig gewesen, wo doch Gechter in den letzten Spielen der beste Verteidiger war und ein weiteres Zerreißen der Verteidigung nur für Unsicherheit sorgen würde.

Aber eigentlich handelt es sich bei Marc Oliver Kempf und Dedryck Boyata um gestandene Verteidiger, die schon viele Schlachten geschlagen haben, die Bundesliga kennen und zu Leistungsträgern des Vereins gehören. Dedryck Boyata ist Kapitän und belgischer Nationalspieler. Von all dem sah man herzlich wenig. Es wirkte, als hätten die beiden sich noch nie zuvor gesehen. Es war zwar auch das erste Spiel, welches die beiden gemeinsam absolviert hatten, doch auch von Spielern dieser Klasse sollte besseres abgerufen werden.

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(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Die Kommunikation war nur selten vorhanden und beide leisteten sich haarsträubende Fehler, wie Kempf, als er schon in der 6. Minute einen völlig unnötigen Fehlpass spielte, den er zwar selbst wieder ausbügelte, doch solche Szenen zeigen auch seine Verunsicherung. Boyata leistete sich Ballverluste, wie in der 15. Minute gegen Borré und konnte in keiner Weise für die dringend notwendige Stabilität sorgen, die es gebraucht hätte. Beide haben mit 84 Prozent angekommener Pässe – in Boyatas Fall 77 Prozent – zwar ganz gute Passquoten, doch zu viel davon stammt vom ideenlosen Hintenrum-Spiel. Beide leisteten sich über zehn Ballverluste. Wie soll so eine Verteidigung im Spielaufbau die Mitspieler in Szene setzen können? Auch die Versuche mit langen Bällen die Angriffe zu starten, verpufften praktisch. Nur drei von acht langen Bällen kamen an.

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(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Boyata selbst hatte seinen dunkelsten Moment des Tages als er in der 63. Minute in keiner Weise seine Klasse zeigen konnte, sich von Borré und Kamada völlig überspielen ließ und durch seinen Sturz zu Boden keinerlei Eingriffschance mehr beim endgültigen Todesstoß zum 1:4 hatte. Zusammen konnten sie zwar auch noch fünf Bälle klären, drei weitere Schüsse des Gegners blocken und somit eine noch höhere Klatsche verhindern, aber ihre Überforderung ist schwer in Worte zu fassen.

Dong-Jun Lee: Eine bemitleidenswerte Überforderung

Der Wechsel des Südkoreaners nach Berlin ist sicherlich eine interessante Perspektivverpflichtung, die Fredi Bobic da getätigt hat. Doch es muss noch viel passieren, bis Lee ein Bundesligaspieler wird und Hertha helfen kann. In der aktuellen Situation hat man Mitleid mit ihm.

Gegen eine Abwehrkante wie Evan N’Dicka hatte er praktisch keine Chance, war überfordert und konnte seinen einfach zu schmächtigen und leichten Körper kaum nutzen, um in Zweikämpfe zu gehen. In der 32. Minute hatte aber auch Lee Pech mit dem Schiedsrichter, als der Einsatz N’Dickas unbeachtet blieb. Für Freiburg gab es in der letzten Woche für weniger Elfmeter. Hier hätte der Einsatz des VAR durchaus für Fairness gestanden. Das Schiri-Pech gehört für die Hertha in dieser Saison dazu wie das blau-weiße Trikot. Es ist verrückt, wie viele brenzlige Aktionen immer gegen beziehungsweise nie für die Mannschaft gepfiffen werden.

(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Dong-Jun Lee hatte 22 Ballaktionen, immerhin konnte er alle seine sechs Pässe an den Mann bringen. Dazu kommen allerdings auch acht Ballverluste und nur ein gewonnener Zweikampf von acht. Sein Mehrwert für die Offensive ging gen null und es ist zu hinterfragen, weshalb er an Stelle von Ishak Belfodil spielen durfte. Seine überforderte Performance mündete letztendlich sogar darin, dass er mit zunehmender Spieldauer kaum noch ins Spiel der Hertha eingebunden wurde und die Offensive versuchte den Angriff ohne ihn aufzubauen. Nach 56 Minuten wurde er für Kevin-Prince Boateng ausgewechselt.

Marcel Lotka: Auf Teamniveau innerhalb eines Spiels

Gegen Freiburg war er noch als positives Beispiel zu sehen. Er zeigte, was im Team fehlte: Ehrgeiz, Bock auf Hertha, Motivation. Doch all das scheint innerhalb einer Woche weg zu sein. Dem nach Dortmund wechselnden Lotka ist nach diesem Spiel nun auch eine schwache Leistung vorzuwerfen.

Seine so hochgelobte Kommunikation ließ sehr schnell nach, seine Abwehr konnte er kaum noch pushen und auch im Tor konnte er sich dieses Mal nicht so auszeichnen wie noch gegen Freiburg. Immerhin war er 43 Mal am Ball, versuchte die Bälle gewissenhaft zu verteilen oder mal einen Angriff einzuleiten, doch es verpuffte nahezu alles wirkungslos. Während seine sehr gewagten Ausflüge aus dem Strafraum mit zusätzlichen Fehlpass gegen Freiburg noch unbestraft blieben, leistete er seiner Mannschaft gegen die Eintracht einen kapitalen Bärendienst.

(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

In der 56. Minute lief er völlig ohne Not und in fehlender kommunikativer Absprache mit seiner Verteidigung, insbesondere Boyatas, aus dem Strafraum, um die Situation zu klären. Doch sein Fehlpass war die hervorragende Einladung an Lindström, der per feinen Heber das vorentscheidende 3:0 für Frankfurt erzielte. Marcel Lotka ist damit innerhalb einer Woche auf das verunsicherte Niveau der Mitspieler gefallen.

Davie Selke, Maxi Mittelstädt und Lucas Tousart: Die Einstellung stimmt

Irgendwo muss man die Hoffnung suchen. Immerhin geben sich nicht alle auf, das kann und muss man festhalten. Nach dem Spiel gaben Marc Oliver Kempf und Davie Selke bei Sky-Interviews, die einerseits voller Frust, aber eben auch voller Wahrheit waren. Es muss was geschehen, sonst wird es dunkel. Doch es stellt sich die Frage, ob sich ein Kempf, der eine mehr als schwache Leistung gegen Frankfurt zeigte, solch große Töne spucken und über Statisten reden sollte, während er selbst der Mannschaft in keiner Weise Stabilität bietet.

Davie Selke ist wahrlich kein Leistungsträger und auch keiner der in den letzten Jahren Bundesliganiveau zeigte. Weshalb es immer etwas bizarr anmutet, wenn er versucht, die Mannschaft anzufeuern. Aber immerhin tut er es. Sein Tor ist eines der schönsten Tore der Hertha in dieser Saison. Ein starker Volley. Der Ball ist ihm aber auch in dieser Situation sehr dankbar vor den Fuß gelegt worden. Es war ein Zufallsprodukt, wie wir es bei Hertha in dieser Saison so oft hatten. Er kam in der 56. Minute für Vladimir Darida in die Partie um noch irgendwas in der Offensive ausrichten zu können. Er rieb sich auf, könnte den einen oder anderen Ball verteilen. Immerhin brachte  er sieben seiner elf Pässe zu den Mitspielern. Auch seine vier gewonnen Zweikämpfe zeigen, dass er sich kämpferisch gibt. Doch was nützt all das, wenn sich die Mannschaft nach dem einzigen Hoffnungsschimmer, direkt wieder niederringen lässt?

(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Lucas Tousart scheint die Situation und Lage verstanden zu haben. Immerhin kämpft er, wirkt wacher und nicht mehr so lethargisch und überfordert, wie in den vielen Wochen und Monaten zuvor. 12,11 km lief er, mehr als jeder andere. Doch auch seine Statistiken zeigen zu wenig Ertrag. 17 Ballverluste, nur fünf von elf gewonnenen Zweikämpfen. Das ist zu wenig. 57 Prozent seiner Pässe kamen an. Nur einer seiner sechs langen Bälle kam beim Mitspieler an. Statistisch war Tousart keine Hilfe, das muss man festhalten, aber er zeigt, was Einsatz ist und was Abstiegskampf bedeutet. Es wäre schön, wenn es ihm gelänge, das in Konstanz umzumünzen.

Maximilian Mittelstädt hatte zuletzt gefehlt. Und das sehr. Aktuell ist er das Herz der Mannschaft, so viel Leidenschaft, wie er noch versprüht. Und es gibt wenige bei Hertha, die die Fans gerade so mitreißen können, wie er. Er war wieder einer der aktivsten, hatte 69 Ballaktionen, gewann fünf Tacklings, 85 Prozent seiner 33 Pässe kamen beim richtigen Adressaten an. Er gewann neun seiner zwölf Zweikämpfe, eine vernünftige Quote. Doch auch er verlor wie seine Mitspieler zu viele Bälle. 13 an der Zahl waren es letztendlich. 

(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Sein Ausraster vor der gelben Karte in der 74. Minute war die Gefühlswelt der Hertha-Fans, die den Frust im Abstiegskampf Woche für Woche spüren. Man merkt, wie nahe Mittelstädt die aktuelle Situation geht. Er ist in dieser Saison enorm gereift und zum Führungsspieler gewachsen und wird in den nächsten Wochen eine sehr wichtige Komponente im Abstiegskampf werden.

Korkut: Die Hoffnung stirbt zuletzt, doch sie schwindet

Von Anfang an lief die Hertha dem Ball hinterher. Die Spieler spielten, als hätten sie Zementsäcke an den Beinen, waren mit allem was sie taten überfordert und mit dem Kopf ganz weit weg. Es kamen schwerwiegende individuelle Fehler dazu. Aber was über allem steht, ist, dass diese Mannschaft keine Mannschaft ist und auch nicht die Qualität für ein gutes Bundesliga-Spiel hat.

Hertha hat mittlerweile die schlechteste Punkteausbeute der Rückrunde. Der VfB Stuttgart hat den Abstiegskampf angenommen und beginnt zu punkten, genauso wie alle anderen, die unten stehen. Nur noch einen Punkt sind die Schwaben dahinter und sind drauf und dran, die Lichter in Berlin immer dunkler zu schalten. Fredi Bobic wollte sich nach dem Spiel nicht äußern, weshalb, darf gemunkelt werden. Tayfun Korkut, der wieder einmal eine klägliche Figur im Interview abgab, hat keine Argumente auf seiner Seite, scheint gänzlich das Team verloren zu haben. Die Frage, ob er es jemals wirklich erreicht hatte, muss gestellt werden, bei einer Gegentorflut, die ihres Gleichen sucht. Hoffnung macht der Einsatz Einzelner.

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(Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images

Zusätzlich waren Spieler wie Marc Oliver Kempf und Davie Selke nach dem Spiel sehr offen und haben klar gesagt, dass sich etwas ändern muss. Allerdings befinden wir uns mittlerweile in einem Teil der Saison, wo Interviews rein gar nichts mehr bringen. Leistung und Einsatz müssen abgerufen werden und wenn das nur von einigen wenigen kommt, ist es zu wenig im Abstiegskampf.

[Titelbild Maja Hitij/Getty Images]

Drei Thesen zu Hertha BSC – Eintracht Frankfurt

Drei Thesen zu Hertha BSC – Eintracht Frankfurt

Seit der letzten Woche steht Hertha BSC auf dem Relegationsplatz, die Luft wird dünner. Doch der Gegner vom Main kommt ebenfalls nicht mit dem größten Selbstbewusstsein. Die Chance für die „Alte Dame“, Plätze im Abstiegskampf gutzumachen ist durchaus vorhanden. Zwei Arten von Rückkehrern spielen dabei in die eigenen Karten.

Unsere drei Thesen zum Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt.

Mittelstädts Rückkehr gegen Frankfurt sorgt für Wirbel auf der linken Seite

Im Januar noch Herthaner des Monates, im Februar dann der Ausfall mit Corona. Beim Spiel gegen den SC Freiburg stand Mittelstädt wieder im Kader, blieb allerdings ohne Einsatz. Winterneuzugang Fredrik Bjørkan konnte während seiner Einsatzzeiten noch nicht wirklich überzeugen, man kann ihm aufgrund der noch kurzen Eingewöhnungszeit und dem Sprung von der norwegischen zur höchsten deutschen Liga keinen Vorwurf machen.

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(Photo by Boris Streubel/Getty Images)

Gegen Eintracht Frankfurt wird Mittelstädt daher wieder starten und an seinen guten Leistungen zu Beginn der Rückrunde anknüpfen. Da das Spiel der Gäste vornehmlich über die linke Seite läuft, könnte Mittelstädt auf seiner linken Seite die Freiheiten bekommen, die er braucht, um vorne mit zu wirbeln. Ob dabei ein Scorer mit herausspringt, bleibt abzuwarten, zu gönnen wäre es dem 24-Jährigen.

Das Spiel wird Unentschieden ausgehen – das hilft keiner der beiden Mannschaften

Dass Hertha BSC noch kein Pflichtspiel seit Beginn der Rückrunde gewinnen konnte ist nichts Neues. Zwei Punkte aus sieben Ligaspielen sind die Zahlen eines Absteigers. Doch auch die Frankfurter „Adler“ kämpfen mit einer sportlich schwierigen Phase. Seit Start der Rückrunde gelangen ihnen nur ein Sieg gegen die ebenfalls momentan schwächelnden Stuttgarter und ein Unentschieden gegen den FC Augsburg, die selbst nicht viel besser als Hertha stehen. Die fünf Niederlagen seit Spieltag 17 waren unter anderem gegen Mannschaften wie Arminia Bielefeld und VfL Wolfsburg, die beide in der unteren Tabellenhälfte stehen.

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(Photo by Alex Grimm/Getty Images)

Hertha hat also durchaus Chancen Punkte aus diesem Spiel mitzunehmen, über ein Unentschieden kommt man allerdings nicht hinaus. Es gilt daher der alte Fußballspruch: Ein Punkt, der keinem von beiden hilft. Frankfurt dümpelt weiter im Niemandsland der Tabelle unter den eigenen Erwartungen, muss den Blick eher nach unten als nach oben richten. Und Hertha bleibt knietief im Abstiegskampf, im Worst Case bleibt man auf dem Relegationsplatz und verliert sogar Vorsprung auf die Verfolger aus Stuttgart.


Hertha ist neben dem VfB Stuttgart das einzige Team im deutschen Oberhaus, das im Kalenderjahr 2022 noch auf den ersten Liga-Sieg wartet. Am Samstag soll es gegen die SG Eintracht Frankfurt im heimischen Olympiastadion endlich klappen. Auf welche Duelle es in der Partie gegen die Hessen, die ihrerseits selber erst bei einem Sieg stehen, ankommen kann, lest ihr hier.


Die Fans werden gute Stimmung machen – zumindest temporär

Auch wenn Corona noch nicht vorbei ist, die Stadien dürfen nach den Beschlüssen der Politik wieder mehr gefüllt werden. Bis zu 25.000 Zuschauer sind beim Heimspiel gegen die Eintracht aus Frankfurt erlaubt. Die Chance, dass auch alle Karten verkauft werden sind hoch, schon am Freitag ließ Hertha verlauten, dass bisher über 20.000 Karten abgesetzt werden konnten.

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(Photo by JOHN MACDOUGALL/AFP via Getty Images)

Die Fans werden die Rückkehr in das Stadion genießen und einiges nachholen, was über die letzten Wochen im leidgebeutelten Leben eines Hertha-Anhängers nicht so offen ausgelebt werden konnte, wie es nur im Stadion möglich ist. Das Spielgeschehen ist trotzdem ein starker Lenker: Sollte Hertha weiterhin enttäuschen, könnte die Stimmung kippen. In diesem Fall gilt für die Fans das gleiche wie für die Mannschaft: nur 30 Minuten Feuerwerk wird am Ende nicht reichen. Also auf geht’s, man sieht sich im Stadion!

[Titelbild: Alex Grimm/Getty Images]

Hertha – Frankfurt: Drei Schlüsselduelle

Hertha – Frankfurt: Drei Schlüsselduelle

Hertha ist neben dem VfB Stuttgart das einzige Team im deutschen Oberhaus, das im Kalenderjahr 2022 noch auf den ersten Liga-Sieg wartet. Am Samstag soll es gegen die SG Eintracht Frankfurt im heimischen Olympiastadion endlich klappen. Auf welche Duelle es in der Partie gegen die Hessen, die ihrerseits selber erst bei einem Sieg stehen, ankommen kann, lest ihr hier.

Alles neu in Frankfurt

Viel los war im Sommer bei der Eintracht. Trainer Adi Hütter verabschiedete sich nach Mönchengladbach, Sportvorstand Fredi Bobic zog es nach Berlin und Sportdirektor Bruno Hübner verließ den Verein, um sich privaten Dingen zu widmen. Schon damals betonte Vorstandssprecher Axel Hellmann, dass man nicht in Panik verfallen würde, sondern die Positionen klug besetzen wird. Auf der wichtigsten, der Trainerposition, verpflichtete man mit Oliver Glasner die Wunschlösung. Schließlich hatte der Österreicher sein Können nicht zuletzt unter Beweis gestellt, als er den VfL Wolfsburg in der letzten Saison in die Champions League-Qualifikation geführt hatte.

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(Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

Die Premierensaison Glasers verläuft indes wie die oft zitierte Achterbahnfahrt. In der Europa League souveräner Gruppenerster, doch in der Liga standen nach elf Spieltagen erst zwei Siege. Auf eine starke Serie mit sechs Siegen aus sieben Ligaspielen zum Jahresausklang folgte in diesem Jahr bis dato erst ein Sieg, zuletzt blieb man sogar dreimal in Serie ohne eigenen Treffer.

Taktisch agiert man variabel, mal mit Doppelspitze, mal mit einem alleinigen Stürmer und wahlweise zwei hängenden Spitzen. Grundlage sind immer drei Innenverteidiger, Schienenspieler auf den Außen und ein robustes zentrales Mittelfeld.

Filip Kostic: Frankfurts Schlüsselspieler

Im Angriffsspiel der Frankfurter ist ein klarer Flankenfokus zu erkennen. Die viertmeisten Flanken aus dem Spiel schlägt man ligaweit. Maßgeblich dafür sorgt Filip Kostic, der sowohl als linker Schienenspieler, als auch als offensiver Flügelspieler aufgestellt werden kann. Durch die Gelbsperre von Christopher Lenz wird Kostic gegen Hertha sicher als Schienenspieler agieren.

6,8 Flanken schlägt Kostic durchschnittlich pro 90 Minuten, ein Top-1%-Wert der Liga. Dabei kommt er auf 0,37 Expected Assists, gehört auch damit auf seiner Position zu den besten ein Prozent. Klar ist: Wenn Kostic am Angriff beteiligt ist, wird’s meist gefährlich. 4,43 schusskreierende Aktionen liefert er pro 90 Minuten, 3,09 Schlüsselpässe spielt er.

Auf bereits sieben Assists nebst drei eigenen Treffern kommt Kostic in dieser Spielzeit. 1,96 Schüsse pro Spiel nimmt er sich durchschnittlich. Auch wenn sein letzter Treffer vom 12. Spieltag datiert, darf man Kostic den Raum zum schießen nicht geben, mit seinem linken Fuß ist er brandgefährlich.

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(Photo by Alex Grimm/Getty Images)

Peter Pekarik wird es bei Filip Kostic mit einem der offensivstärksten Außenverteidiger der Liga zu tun haben. Herthas Rechtsverteidiger muss dafür sorgen, dass Kostic dauerhaft unter Druck steht. Hierfür wird auch die Mithilfe des Mittelfelds entscheidend sein. Durchschnittlich 50,73 Pässe spielt Kostic, nur 7,21 davon unter Druck. Hält man diesen hoch, kann man auch ihn weitgehend aus dem Spiel nehmen. Dazu ist es wichtig, ihn nach Ballgewinnen schnell zu überspielen. Denn übt Kostic im offensiven Drittel noch 4,53 Mal pro Spiel Druck aus (top 9% der Liga), sind es im mittleren Drittel nur noch 5,77 Mal (top 35%) und im defensiven Drittel nur 5,1 Mal (gerade einmal top 72%).

So stark die offensiven Qualitäten, mitunter leiden die defensiven. Lediglich 1,44 Tacklings liefert Kostic durchschnittlich, hat 1,13 geblockte Bälle und 0,57 klärende Aktionen. Es gilt für Hertha also, ihm in der eigenen Hälfte Dauerdruck zu bieten und defensiv zu fordern. Dann kann man aus Frankfurts gefährlichstem Spieler womöglich einen eigenen Vorteil ziehen.

Rafael Borré: Frankfurts erster Verteidiger

Luka Jovic, Sébastien Haller, André Silva: In den letzten Jahren war das Spiel der Eintracht immer von herausragenden Stürmern gezeichnet. Dass man sich derzeit auf Tabellenplatz zehn wiederfindet, hängt auch damit zusammen, dass man es in dieser Spielzeit nicht geschafft hat, den Abgang Silvas nach Leipzig ansatzweise gleichwertig in der Torgefahr zu ersetzen.

Gesetzter Mittelstürmer ist der Neuzugang Rafael Borré, der auf aktuell sechs Saisontore kommt. Und seine Offensiv-Statistiken lesen sich wahrlich nicht wie die eines Spitzenspielers. 1,99 Schüsse nimmt er sich pro 90 Minuten gerade einmal und liegt bei 0,37 Expected Goals. Dazu kommen 0,14 Expected Assists – auch der Stürmer, der seine Mitspieler laufend in Szene setzt, ist Borré nicht. 1,47 progressive Pässe liefert er, spielt im Durchschnitt 0,78 Pässe in den Strafraum und 0,92 Schlüsselpässe. Alles Statistiken, die im ligaweiten Stürmer-Vergleich nicht mal für die bessere Hälfte reichen.

Doch Borré als unterdurchschnittlichen Bundesliga-Stürmer abzutun, wäre grundlegend falsch. Vielmehr ereilt ihn in seinen Zahlen das Schicksal des Tüchtigen. Denn beim genaueren Hinschauen zeigen sich Borrés Stärken.

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(Photo by Frederic Scheidemann/Getty Images)

25,96 Mal pro Spiel übt er durchschnittlich Druck auf den Gegner aus (top 1% im Ligavergleich), davon 12,96 Mal im letzten Drittel (ebenfalls top 1%). 7,85 Mal erobert Frankfurt durch seinen Druck innerhalb der nächsten fünf Sekunden den Ball (top 4%). 1,14 erfolgreiche Tacklings liefert er (ebenfalls top 4%). Hinzu kommt, dass er tief mitarbeitet, übt selbst im mittleren Drittel noch durchschnittlich 11,24 Mal pro Spiel Druck aus.

Borré ist gerade gegen den Ball eine Waffe, sorgt immer wieder für Balleroberungen und Umschaltmomente Frankfurts, wovon mitunter die Mittelfeldspieler Jesper Linsdström und Daichi Kamada profitieren. Borré ist sowas wie Frankfurts erster Verteidiger, da er gegen den Ball extrem wichtig und statistisch gesehen auch herausragend gut ist.

Für Herthas Defensive heißt es, bei Balleroberungen und im Aufbauspiel stets hochkonzentriert zu bleiben, um dem ausgeübten Druck nicht zum Opfer zu fallen und den nächsten Frankfurter Angriff zu verursachen.

Die Dreierkette: Erkennbarer Leistungsabfall

36 Gegentore hat Eintracht Frankfurt in der laufenden Bundesliga-Saison kassiert – zu viel für die eigenen Ansprüche, besonders, wenn man sie den 33 eigenen geschossenen gegenüberstellt. Auch wenn Frankfurt zum selben Zeitpunkt in der letzten Saison nur ein paar Tore weniger kassiert hatte, wirkte die Defensive zuletzt doch etwas unsicher. Sinnbildlich hierfür steht Martin Hinteregger.

„Hinti“ galt lange als sichere Bank in der Dreier-Innenverteidigung, doch in dieser Spielzeit läuft es beim Österreicher nicht mehr so rund. Kam er in der letzten Spielzeit noch auf durchschnittlich 1,53 erfolgreiche Tacklings pro Spiel, sind es in dieser Saison nur 1,18. Übte er vergangene Saison noch 7,27 Mal im defensiven Drittel Druck aus, sind es aktuell nur 5,78.

Auch im Spiel von hinten raus nehmen seine Statistiken deutlich ab. Spielte er 2020/21 noch 55,56 erfolgreiche Pässe pro Spiel, sind es derzeit nur 40,13. Sein für einen Innenverteidiger überragender Wert von 5,45 progressiven Pässen ist auf 2,62 gesunken.

(Photo by Alexander Scheuber/Getty Images)

Dazu kommen immer wieder individuelle Fehler, wie im Spiel gegen den VfL Wolfsburg am 23. Spieltag, als er bei der 0:2-Niederlage einen Elfmeter verursachte und beim zweiten Gegentor einen zu kurzen Rückpass spielte, den Dodi Lukebakio dankend annahm und einschoss.

Mit Makoto Hasebe steht den Frankfurtern zwar eine Alternative zur Verfügung, doch für 90 Minuten dürfte es beim zuletzt verletzten Frankfurter Kapitän nicht reichen.

Es wird an der Herthaner Offensive, besonders an Stevan Jovetic Ishak Belfodil, liegen, Hinteregger immer wieder im Aufbau zu stören und zu Fehlern zu zwingen. Mit ihrer Erfahrung können sie erkennen, wann es an der Zeit ist, entscheidend Druck auszuüben. Dazu zeigt Hinteregger Schwächen im Verteidigen von Dribblings – genau hier können Jovetic und Belfodil ihre Stärken ausspielen.

Es sei aber auch vor der Qualität Hintereggers gewarnt, 5,62 klärende Aktionen und 1,66 geblockte Pässe zeigen: Er ist ein aufmerksamer Verteidiger, der sich immer wieder in Aktionen reinarbeiten kann.

[Titelbild: Alex Grimm/Getty Images]