Drei Thesen zu Bayer Leverkusen – Hertha BSC

Drei Thesen zu Bayer Leverkusen – Hertha BSC

Die letzte Länderspielpause der Saison hat ein Ende gefunden und die Bundesliga geht endlich weiter. Für Hertha geht es im Saisonendspurt um alles. Ob man absteigt oder am Ende (erneut) den Klassenerhalt feiert, könnte den Verein sportlich, finanziell und vom Ansehen her auf die nächsten Jahre beeinflussen. Doch genug Pathos für diese Einleitung, los geht’s in die letzten Spiele dieser Saison. Den Anfang macht das Rückspiel gegen Bayer Leverkusen. Mit dabei sind ein begeisternder Co-Trainer, ein geschwächtes Top-Team und ein wieder stark aufspielender Sommerzugang.

These 1: Fotheringham wird trotz Magath-Premiere im Rampenlicht stehen

Der eine oder die andere mag es vielleicht bis heute noch immer nicht hundertprozentig glauben können, dass ausgerechnet Felix Magath unsere Hertha trainiert. Und wenn er am Samstag nach überstandener Corona-Infektion endlich das erste Mal an der Seitenlinie der „Alten Dame“ steht, werden viele Kameras auf ihn gerichtet sein.

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(Photo by Boris Streubel/Getty Images)

Es ist allerdings davon auszugehen, dass der ehemalige Meistermacher genau wie im Training eher stiller Beobachter am Rand sein wird. Doch ruhig wird es in der Coaching-Area trotzdem nicht sein. Co-Trainer Mark Fotheringham wird die Mannschaft wie bereits gegen Hoffenheim ständig anpeitschen, ermahnen und motivieren. Und Magath damit während der 90 Minuten fast schon wieder vergessen machen.

These 2: Ersatzgeschwächtes Leverkusen wird keine drei Punkte zu Hause behalten können

Leverkusen spielt auch dieses Jahr um die Champions League mit. Dafür verantwortlich ist vor allem die furiose Offensive rund im Moussa Diaby und Co. Doch die Werkself wird gegen Hertha auf einige Stammspieler verzichten müssen: Strippenzieher Florian Wirtz fällt mit Kreuzbandriss aus, Patrik Schick ist nach seinem Muskelfaserriss noch nicht wieder vollständig einsatzbereit. Mit Amine Adli fällt aufgrund seines Sehnenrisses ein weiterer offensiver Gefahrenherd aus.

(Photo by UWE KRAFT/AFP via Getty Images)

Und auch defensiv fehlt für Leverkusen wichtiges Personal: Abräumer Kerem Demirbay (Gelbsperre) sowie die beiden etatmäßigen Rechtsverteidiger Jeremy Frimpong (Syndesmosebandriss) und Timothy Fosu-Mensah (Oberschenkelverletzung) stehen alle nicht zur Verfügung. Da Hertha im Gegensatz fast aus dem Vollen schöpfen kann, werden wir mindestens einen Punkt mit nach Berlin nehmen.

Thema 3: Suat Serdar dreht auf

Er scheint unter Felix Magath wieder richtig aufzublühen: Sommerneuzugang Suat Serdar. Der 24-jährige ist laut Medienberichten im Training absolut motiviert und macht klar, warum man ihn geholt hat.

In der Sommervorbereitung zeigte er, warum er der Mannschaft helfen kann. Mit Balleroberungen, Dribblings in die gegnerische Hälfte und immer wieder gefährlichen Torabschlüssen sollte er Herthas lahmen Mittelfeld ein spielerisches Herz geben.

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(Photo by Frederic Scheidemann/Getty Images)

Während er zu Beginn der Saison noch glänzte, fiel er mit zunehmender Spielanzahl immer weiter ab. Gegen Leverkusen findet er zu alter Stärke zurück und wird mindestens einen Scorer liefern.

[Titelbild: Boris Streubel/Getty Images]

Herthaner im Fokus: Unnötiges Unentschieden zu Hause gegen Leverkusen

Herthaner im Fokus: Unnötiges Unentschieden zu Hause gegen Leverkusen

Hertha BSC lieferte Bayer Leverkusen über 90 Minuten auf einem abgenutzten Rasen einen guten Kampf und war über weite Phasen auch die bessere Mannschaft. Man ging in Führung, verpasste es dann aber nachzulegen. So erzielte Leverkusen in der 90. Spielminute per Standardsituation noch den bitteren Ausgleich.

Wir blicken auf die individuellen Leistungen einiger Herthaner bei der ersten Punkteteilung der Saison.

Stefan Jovetic – Stürmerproblem gelöst?

Davie Selke war bisher zwar sehr engagiert, aber sonst eher erfolglos. Ähnliches gilt für Krzysztof Piatek, der in einigen Spielen kaum zu sehen war, und Ishak Belfodil. Bleibt noch Stefan Jovetic, der sich nun gegen Leverkusen beweisen durfte und sich als Spielertyp von seinen Konkurrenten unterscheidet.

Die Ausgangssituation für die Stürmer bei Hertha im aktuellen Spielsystem ist nicht gerade einfach. Häufig besteht aufgrund der defensiven Positionierung eine große Entfernung zum gegnerischen Tor, es wird viel Wert auf die Arbeit gegen den Ball gelegt und insgesamt bekommen die Stürmer nur wenige Ballkontakte in Strafraumnähe (ligaweit die wenigsten).

Stefan Jovetic konnte trotz dieser schwierigen Ausgangslage mit einer guten Leistung überzeugen. Gleich die erste Torannäherung in der siebten Minute initiierte er mit einem Weitschuss. In der sonst recht chancenarmen ersten Hälfte konnte er sich aber auch ohne direkte Torgefahr auszustrahlen, immer wieder am Spiel beteiligen. Häufig ließ er sich etwas fallen und bot eine weitere Anspielstation im Spielaufbau, nahm am Kombinationsspiel teil oder ermöglichte mit seiner guten Technik Steil-Klatsch-Kombinationen. Elemente, mit denen seine Konkurrenten im Sturm nicht unbedingt punkten können.

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(Photo by Boris Streubel/Getty Images)

Den größten Eindruck konnte er aber mit seinem Tor hinterlassen. In der 42. Minuten verarbeitete er einen Ball an der Strafraumgrenze gut, schloss dann herausragend aus der Drehung ab und erzielte ein Traumtor. Der Ball schlug im Toreck ein und Pal Dardais Matchplan schien vorerst aufzugehen. Die Fans im Olympiastadion jubelten und man schoss, wie so häufig in dieser Saison, ein Tor nach einer tollen Einzelleistung.

Einziger Kritikpunkt ist die Entscheidungsfindung in einigen Umschaltmomenten. Teilweise entschied sich Jovetic gegen den Pass zum Mitspieler und versuchte sich lieber an einem Weitschuss. Auch die Laufwege ohne Ball waren noch ausbaufähig. Darüber hinaus hätte er in der 55. Minute mit mehr Ruhe am Ball auch das 2:0 nachlegen können.

Insgesamt lieferte Jovetic aber eine gute Leistung ab und erzielte mit nur insgesamt drei Ballberührungen im gegnerischen Strafraum über das ganze Spiel seinen zweiten Saisontreffer in der Bundesliga und hat nun mit rund 0,6 Toren pro 90 Minuten den besten Torschnitt unter den Stürmern bei Hertha.

Die linke Seite – Früher Konkurrenz, heute gute Teamarbeit

Über Jahre lauteten die Optionen für die Linksverteidigerposition Marvin Plattenhardt oder Maximilian Mittelstädt. Abwechselnd hatte mal der eine, dann der andere die Nase vorn. Keiner konnte sich aber dauerhaft durchsetzen. Nun spielen in dieser Saison regelmäßig beide gemeinsam auf der linken Seite. Mittelstädt auf der offensiveren Position auf der Außenbahn, Plattenhardt dahinter.

Beiden Spielern scheint sowohl ihre Rolle als auch das System entgegenzukommen. So zeigte bei beiden die Leistungskurve zuletzt wieder nach oben. Auch gegen Leverkusen lieferte das Duo eine gute Leistung ab. Vor dem Spiel konnte man sich die Frage stellen, wie man das Tempo der Leverkusener Flügelspieler Moussa Diaby und Jeremie Frimpong in den Griff bekommen möchte. Rückblickend war Diaby nahezu unsichtbar, was auch an der guten Defensivleistung von Plattenhardt und Mittelstädt lag. Beide verteidigten diszipliniert und doppelten stets die Leverkusener Spieler. So konnte Diaby kein einziges seiner Dribblings erfolgreich gestalten, während Mittelstädt und Plattenhardt jeweils die Mehrheit ihrer Zweikämpfe für sich entscheiden konnten.

(Photo by Boris Streubel/Getty Images)

Besonders Mittelstädt lieferte eine gute Leistung und gewann insgesamt die meisten Zweikämpfe auf dem Feld (18). In der Luft verlor er kein einziges seiner sieben Duelle. Mit genau so einem gewonnenen Luftzweikampf bereitete er auch das Tor von Jovetic vor. Zusätzlich legte er noch zwei weitere Schüsse auf und beteiligte sich intensiv am Mittelfeldpressing. Die gute Arbeit gegen den Ball wird auch der Grund gewesen sein, warum Mittelstädt an Stelle seines Konkurrenten Myziane Maolida aufgestellt wurde. Mit Ball muss Mittelstädt besonders im letzten Drittel noch entschlossener und abgeklärter werden. Auch muss er den Zug zum Tor erhöhen, selbst wenn er bei seinen letzten fünf Einsätzen nun bereits schon drei Vorlagen beisteuern konnte.

Insgesamt hat sich Herthas linke Seite in dieser Konstellation, passend zur aktuellen Entwicklung, sehr stabilisiert, ohne spielerisch zu glänzen – sehr passend zum Dardai-Stil.

Niklas Stark – Abwehrchef auf Abruf

Gegen Hoffenheim wurde der Kapitän Dedryck Boyata für ein unglückliches Foul mit Rot bestraft und für drei Spiele gesperrt. So musste sich die Abwehr der Hertha für das Spiel gegen Leverkusen erneut neu formieren. Stark blieb, nahm jedoch die Rolle des zuletzt stabilen Boyata ein. Seine gute Leistung gegen Leverkusen war einer der Gründe für den Fortbestand der defensiven Stabilität.

Im Spiel gegen den Ball lieferte Niklas Stark über 90 Minuten eine fehlerfreie Leistung ab und konnte teilweise sogar mit einigen wirklich starken Szenen überzeugen. In der 68. Minute vereitelte er zum Beispiel mit einer starken Grätsche eine Chance, bei der der Leverkusener sonst frei vor Schwolow zum Abschluss gekommen wäre. Das gute Stellungsspiel und höchste Konzentration im Abwehrverhalten (zwölf Ballsicherungen und sechs klärenden Aktionen von Niklas Stark) waren die Grundlage für eine gute Defensivleistung. So kam Leverkusen über das gesamte Spiel nur zu acht Abschlüssen.

(Photo by Boris Streubel/Getty Images)

Ebenfalls beeindruckend war die Leistung von Stark im Spiel gegen den Ball. Dazu ein paar Zahlen aus dem Statistikbereich: 58/69 Pässe angekommen, 20/25 lange Bälle angekommen, nur ein Fehlpass in der zweiten Halbzeit, vier progressive Pässe, zwei schusserzeugende Aktionen und ein angekommener „throughball“ – ein Pass, der alle Gegenspieler überspielt, sodass der angespielte Mitspieler allein vor dem Torwart steht.

Das sind Zahlen, die sonst nur Marton Dardai, der mit Niklas Stark ein gegen Leverkusen ein spielstarkes Innenverteidigerduo bildete, bei Hertha erreicht. Spielerisch eine wirklich gute Leistung, die man von Niklas Stark nicht unbedingt immer so gewohnt ist. Besonders der angesprochene Pass zu Beginn der zweiten Hälfte, als Stark aus dem Stand einen punktgenauen Pass hinter die Leverkusener Kette spielte, stach heraus. Hätte Stefan Jovetic etwas weniger überhastet abgeschlossen, wäre dies eine Großchance auf das 2:0 gewesen.

Insgesamt sorgte Niklas Stark zusammen mit Marton Dardai dafür, dass man deutlich weniger Probleme mit dem Gegnerdruck im Spielaufbau hatte und selbst besser spielerisch in die gegnerische Hälfte kam. Möchte man die spielerische Entwicklung weitertreiben, könnte das auch künftig das favorisierte Duo in der Innenverteidigung sein.

Fazit

Trotz des bitteren und äußerst unnötigen Ausgleiches von Leverkusen in der 90. Minute kann man durchaus positiv auf das Spiel blicken. Nach der eher schwächeren Leistung gegen Hoffenheim konnte man sich die Frage stellen, ob die kurze Phase der Stabilität schon wieder vorbei ist. Nach diesem Spiel muss man dies definitiv verneinen. Defensiv stimmen die Automatismen und auch die Einstellung passt. Gegen den Ball kommt man über das Kollektiv, mit Ball ist man weiterhin von Einzelspielern abhängig. Verbessert man sich weiter im Umschaltspiel und findet mehr Lösungen für den eigenen Ballbesitz, kann das Ziel einer „Saison der Stabilität“ erfüllt werden.

[Titelbild: Boris Streubel/Getty Images]

Herthaner im Fokus: Hertha BSC – Bayer Leverkusen

Herthaner im Fokus: Hertha BSC – Bayer Leverkusen

Herthas Trainer Pal Dardai bemüht des Öfteren die Schach-Metapher, wenn er von seiner favorisierten Spielweise spricht. Im Spiel gegen Bayer Leverkusen ging Hertha genauso vor: Mit jeweils ein, zwei genialen Spielzügen nutzte Hertha die Fehler des Gegners aus und stach effizient zu. Das lag auch daran, dass Lucas Tousart, Deyovaisio Zeefuik und Dodi Lukebakio heute ihre bislang stärkste Saisonleistung zeigten. Die Herthaner im Fokus.

Lucas Tousart – Herthas wertvoller Spieleröffner

Um ein Schachspiel zu gewinnen, muss man seinen Gegner in eine Situation versetzen, in der er sich nicht mehr wehren kann. Oft gelingt dies nicht mit einem Spielzug, sondern erfordert eine Vorbereitung, an der mehrere Figuren beteiligt sind. Immer aber gibt es eine Figur, die einen Angriff durch eine brillante Aktion einleitet. Der Ausgangspunkt für Herthas Schachmatt-Situationen war heute oft Lucas Tousart.

In seinem bislang besten Spiel für Hertha leitete er mit immens wichtigen, gewonnen Zweikämpfen Herthas offensive Spielzüge ein. Beispiel – das 2:0: Zusammen mit Landsmann Matteo Guendouzi gewinnt der Ex-Lyoner den Ball in der eigenen Hälfte, um dann Dodi Lukébakio über die rechte Seite zum entscheidenden Spielzug in die Tiefe zu schicken. Beispiel – das 3:0: Tousart gewann hier den Ball gegen den Leverkusener Wirtz und gab ihn an Matheus Cunha weiter, der wiederum den entscheidenden Spielzug über einen Pass an Deyovaisio Zeefuik vorbereitete.

Hertha Leverkusen
Foto: nordphotoxGmbHx/xEngler/IMAGO

Dank Tousarts Dominanz (Zweikampfquote bei 80 Prozent) im defensiven Mittelfeld war der erst kürzlich für die Nationalmannschaft nominierte Florian Wirtz, derzeit eine von Bayers schärfsten Waffen, das ganze Spiel über abgemeldet. Es gab lediglich eine Phase, in der Herthas zentrales Mittelfeld drohte, wieder in das alte, lethargische Verhalten zu verfallen, nämlich nach den frühen 1:0, nach dem Leverkusen insbesondere über Herthas linke Abwehrseite oft zum Flanken kam.

Gerade in dieser Spielphase ermahnte Dardai aber oft Tousart und Guendouzi, dass sie früher „Druck, Druck, Druck“ machen sollen, was die beiden Franzosen dann auch erfolgreich taten. Es ist beeindruckend, welchen Wert Tousart mittlerweile für die Mannschaft hat.

Zeefuik und Lukébakio  – Die gefährlichen Läufer

Wie beim Schach dienen auch beim Fußball die Läufer dazu, zumeist über diagonale, längere Spielzüge den Gegner in bedrohliche Lagen zu bringen. Deyovaisio Zeefuik setzte am heutigen Sonntag durch seine überraschenden Läufe in Leverkusens Strafraum immer wieder solche Nadelstiche.

Ganz abgesehen von seinem Traumtor, das er von halbrechts aus nach ein paar Minuten unter die Latte setzte, sorgte er auch immer wieder für gefährliche Hereingaben – wie etwa vor dem 3:0, als er den Ball von rechts außen ins Strafraumzentrum spielte und somit Jhon Cordobas Tor vorbereitete. Kurz vor der Halbzeit ließ er zudem den Leverkusener Demirbay stehen, der anschließende Pass kam dann aber leider nicht an.

Hertha Leverkusen
Foto: xMatthiasxKochx/IMAGO

Gleiches gilt erfreulicherweise für Dodi Lukébakio. Denn seien wir ehrlich: In den bisherigen Spielen dieser Saison war es keine große Wonne, dem Belgier beim Fußballspielen zuzusehen. Fehlpässe, aufgehobene Abseitsfallen und mangelnder Einsatz prägten sein Spiel. Am Sonntag zeigte Lukébakio ein ganz anderes Gesicht: Fast alle seiner Pässe (81 Prozent Passquote) kamen an und er sorgte immer wieder für Torgefahr. Der 23-Jährige spielte auffällig zielstrebig und schnörkellos.

Vor dem 1:0 legte Lukébakio klug auf Zeefuik zurück, anstatt den Ball ins übervölkerte Zentrum zu spielen. Auch das 2:0 legte der Belgier vor, als er auf der rechten Seite den zentral mitgelaufenen Cunha sah und den Ball zu ihm in die Mitte spielte. Das Bild von Lukebakio und Cunha, die sich nach ihrer Auswechslung auf der Tribüne gemeinsam freuten und abklatschten, ließ jedes Hertha-Herz höher schlagen. Später folgte übrigens eine ähnliche Szene zwischen Pal Dardai und Arne Friedrich auf der Bank. Ein schöner Tag für alle Herthaner.

Matheus Cunha – Der Schachmatt-Spieler

Die gefährlichsten Situationen in einem Schachspiel entstehen, wenn die Dame ihre volle Kraft entfaltet. Für sie gelten Regeln, die für keinen anderen Spieler gelten und ein übergroßes Maß an Freiheit. Die Dame ist an den meisten Schachmatt-Situationen beteiligt. Matheus Cunha ist Herthas „Dame“. Er genießt im offensiven Mittelfeld alle Freiheiten, holt sich die Bälle teils auf den Außen, teils am eigenen Strafraum ab und sorgt dann entweder selbst für Gefahr oder leitet diese ein.

Hertha Leverkusen
Foto: xMatthiasxKochx/IMAGO

Nach einer etwas schwächeren Saisonphase (auch wegen Verletzungen) hat Cunha am heutigen Sonntag genau diese Eigenschaften wieder gezeigt. Wie der Brasilianer vor dem 2:0 den oben beschriebenen Pass von Lukébakio mitnimmt und mit einer kleinen Hüftbewegung zwei Leverkusener stehenlässt, ist einmalig und Gold wert für Hertha. Immer wieder imponierend ist sein Drang zum Tor.

Selbst wenn Cunha Bälle auf Höhe der Mittellinie holt, zieht er Richtung Tor. Dabei lässt er auch gerne mal mehrere Gegner stehen und schießt dann selbst. Mit etwas mehr Trefferglück schießt Cunha im heutigen Leverkusenspiel auch noch zwei Tore mehr und Hertha gewinnt 5:0. Fünf Schüsse, ein Schlüsselpass, drei Dribblings und dazu noch drei Tacklings wie zwei abgefangene Bälle – die Berliner “junge Dame” ist zurück.

Und dann war da noch…

Marton Dardai: Liebe Kolleg/-innen von der Fußball-Fachpresse. Ihr müsst Pal Dardai nicht mehr fragen, warum gerade sein Sohn derzeit sehr viel Einsatzzeit bekommt. Papa Dardai hat mehrfach gesagt, dass Marton eher mehr machen muss als seine Teamkameraden, um spielen zu dürfen. Nachdem Pal Dardai diese Frage unter der Woche gefühlt zum 20. Mal beantworten musste, wurde er das auch vor dem Spiel am Sky-Mikro wieder gefragt. Das war dann das eine Mal zu viel – Dardai senior rastete aus und wurde deutlich.

Hertha Leverkusen
Foto: nordphotoxGmbHx/xEngler/IMAGO

Die Frage erübrigt sich auch, weil Marton einfach extrem sicher in Herthas Abwehr steht. Wenn Marton Dardai in der 21. Minute nicht mit einer extrem gut getimeten Grätsche dem Leverkusener Bailey den Ball abgenommen hätte, wäre womöglich das 1:1 gefallen und das Spiel ganz anders verlaufen. Es fühlt sich so an, als ob der junge Dardai schon seit zehn Jahren für Sicherheit in Herthas Abwehr sorgt. Seine Werte (86 Prozent Passquote, 75 Prozent Zweikämpfe) sprechen für sich.

Fazit: Dreimal Schachmatt

Eigentlich gehörte das Leverkusen-Spiel noch zur schwierigen Saisonphase Herthas, in der nach und nach alle Spitzenteams abgeklappert werden. Im Gegensatz zu den vorherigen Spielen gegen die besten Teams dieses Landes waren am heutigen Sonntag aber zwei Faktoren anders. Erstens war Hertha extrem effizient und nutzte fast alle Nadelstiche gezielt aus. Zweitens war Leverkusen auch einfach nicht gut. Die Werkself lief zum Beispiel zwei Kilometer weniger als Hertha (112 vs. 114 km).

Hertha Leverkusen
Foto: Andreas Gora/IMAGO

Insbesondere der Fakt, dass Leverkusen nur einen einzigen Schuss aufs Tor abgab, zeigt aber, dass Bayer heute nicht den nötigen Druck auf den Platz brachte. Endlich mal wieder gehen wir Herthaner mit einem guten Gefühl in eine (sinnlose) Länderspielpause. Gerade mit der heutigen Leistung wächst die Vorfreude aufs Derby in zwei Wochen von Tag zu Tag.

[Titelbild: xMatthiasxKochx/IMAGO]

Hertha BSC – Bayer 04 Leverkusen: Punkte gegen die Abstiegsangst

Hertha BSC – Bayer 04 Leverkusen: Punkte gegen die Abstiegsangst

Am Sonntag muss Hertha BSC gegen Bayer 04 Leverkusen antreten. Nach Borussia Dortmund hat Pal Dardais Mannschaft also den nächsten großen Gegner vor der Brust. Die Ausgangslage dürfte jedem klar sein. Hertha ist in der „roten Zone“ angekommen und benötigt dringend Punkte, um einen drohenden Abstieg zu verhindern. Leverkusen ist allerdings der letzte hochfavorisierte Gegner, auf den die „alte Dame“ trifft, bevor es nach der Länderspielpause in eine alles entscheidende Phase geht. Beginnend mit dem Derby gegen Union Berlin am 4. April wird sich dann im nächsten Monat die Abstiegsfrage endgültig klären. Um mit einer besseren Ausgangslage in diesen „Schlusssprint“ zu gehen, werden die Blau-Weißen Zuhause gegen Leverkusen punkten müssen.

Doch wie stehen Herthas Chancen am Sonntag überhaupt? Wie ist die Ausgangslage bei den Gästen und welche Spieler werden im Mittelpunkt stehen? Diese Fragen versuchen wir zu klären. Dabei war uns Bastian eine große Hilfe, um Bayer 04 Leverkusen besser einschätzen zu können.

Aus im DFB-Pokal und in der Europa League – Bosz unter Druck

Den Anfang machen wir gleich mit unserem Gegner. Die Mannschaft aus dem Rheinland erlebte eine teilweise herausragende Hinrunde und war sogar zwischenzeitlich Tabellenführer. Die Rückrunde allerdings gestaltet sich bisher deutlich komplizierter. Nach dem Aus im DFB-Pokal und in der Europa-League ist die “Werkself” in der Bundesliga mittlerweile auf den sechsten Platz zurückgefallen. Dazu musste die Mannschaft von Cheftrainer Peter Bosz vergangenes Wochenende eine überraschende Niederlage gegen Arminia Bielefeld einstecken.

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Wir wollten von Bastian wissen, wie zufrieden man in Leverkusen eigentlich mit der aktuellen Lage ist. „Überhaupt nicht zufrieden. Auch wenn das eigentliche Saisonziel, nämlich die Champions League zu erreichen, noch möglich ist, hat man durch das vermeidbare Ausscheiden in DFB-Pokal und Europa League jede Chance auf einen Titel frühzeitig verspielt. Zudem zeigt die Formkurve aktuell deutlich nach unten.“

Die obligatorische Frage nach dem Trainer beantwortet uns Bastian wie folgt: „Einerseits ist Peter Bosz durch seine sympathische Art und bisher durchaus erfolgreiche Arbeit sehr beliebt, andererseits sind diese Formschwankungen unter seiner Führung nicht neu. Ich denke, bei dieser Personalie scheiden sich die Geister.“

Sieg gegen Gladbach keine Befreiung – Führungsspieler verletzt

Sollten die Ergebnisse nicht besser werden, scheint es für Peter Bosz in Leverkusen eng zu werden: „Aktuell ist es jedenfalls schwer vorstellbar, dass Bosz in der nächsten Saison noch Trainer in Leverkusen ist. Aber im Fußball kann sich das Blatt auch sehr schnell wieder wenden“, sagt unser Experte dazu.

Dabei hätte sich das Blatt auch schon nach dem Sieg gegen Borussia Mönchengladbach vor zwei Wochen wenden können. Doch besonders aussagekräftig war dieser Erfolg dann doch nicht: „Der Sieg gegen Mönchengladbach hat da wohl etwas getäuscht. Auf dem Papier war das ein Big Point, in Realität gewinnt aktuell so ziemlich jede Mannschaft gegen Gladbach. Niederlagen gegen Freiburg und Bielefeld sprechen dagegen eine deutlichere Sprache“, meint Bastian.

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Verletzungssorgen plagen den Verein aus dem Rheinland ebenfalls. Darunter habe Bayer 04 weniger an Qualität verloren, sondern eher an Führungsspielern: „Mit Lars und Sven Bender, Lukas Hradecky und Julian Baumgartlinger fallen gleich vier erfahrene Anführer aus. Der von Bosz ernannte Kapitän Charles Aranguiz ist zwar seit einiger Zeit wieder dabei, hat aber mehr mit sich selbst und seiner Form zu tun. Gerade in der Offensive, wo es derzeit noch am meisten hapert, fehlt zudem gar keiner.“

Große Dominanz und Spielstärke – Schwächen beim Torabschluss

Doch bei all den Problemen in Leverkusen bleibt Bayer 04 eine sehr starke Mannschaft mit großen Qualitäten. „Wenn man das Leverkusener Spiel mit dem der sehr erfolgreichen Hinrunde vergleicht, fallen einem gar keine großen Unterschiede auf“, sagt unser Experte. „Bayer hat immer deutlich mehr Ballbesitz als der Gegner und in der Regel auch mehr und bessere Torchancen. Während zu Saisonbeginn aber noch aus einer halben Chance ein Tor erzielt wurde, reichen jetzt drei, vier Gelegenheiten nicht mehr aus, um den Ball ins Netz zu befördern. Es scheint also vor allem eine Kopfsache zu sein, eine Frage des Selbstvertrauens.“

Bastian sieht auch andere Gründe für Leverkusens momentaner Formschwäche: „Dazu wird immer deutlicher, dass der Ballbesitzfußball und die Transferpolitik, vor allem schnelle Spieler zu verpflichten, nicht besonders gut zusammenpassen. Mit etwas mehr Konterfußball sähe das womöglich anders aus.“ Keine große Hilfe wird dabei Mitchell Weiser sein. Der Ex-Herthaner hat sich auch im dritten Jahr am Rhein nicht durchgesetzt.

Wir haben Bastian dazu befragt: „Ganz schwieriges Thema. Er belegt bei Bayer den letzten Kaderplatz (wenn überhaupt) und wenn es einen Abnehmer gegeben hätte, wäre er wohl schon längst nicht mehr da. Er wurde für nicht gerade wenig Geld als Rechtsverteidiger geholt und hat recht schnell gezeigt, dass er diese Position auf diesem Niveau nicht spielen kann. Ich hätte ihn gerne in einer offensiveren Rolle gesehen, aber da war die Konkurrenz bisher groß und Bosz hatte nicht diesen Plan. Nach knapp drei Jahren in Leverkusen muss man sagen, dass dieser Transfer nicht aufgegangen ist.“

Die Rückkehr des Cunhas – Herthas Hoffnungsträger wieder fit

Was tippt also unser Experte zum Schluss für das Sonntagspiel? „Das ist unheimlich schwierig. Ich gehe eigentlich davon aus, dass irgendwann der Knoten platzt und mal wieder etwas mehr Effizienz im Torabschluss einkehrt. Dann müsste ein angeschlagener Gegner wie Hertha eigentlich locker bezwungen werden. Viel hängt auch davon ab, wie Hertha auftritt. Gegen sehr defensiv eingestellte Mannschaften tut sich Bayer traditionell schwer und ist bei Kontern anfällig. Deshalb hoffe ich, dass Hertha einer Heimmannschaft entsprechend offensiv auftritt.“

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Sehr wahrscheinlich scheint dies nicht zu sein. Pal Dardai brachte zuletzt vor allem defensive Stabilität zurück. Volle Offensive wird Hertha am Sonntag auch trotz der brenzligen Lage wohl nicht gehen. Tatsächlich fordert Herthas Cheftrainer aber von seiner Mannschaft ein anderes Gesicht. Insbesondere in der Offensive solle man besser auftreten als gegen Borussia Dortmund.

„Wir haben dort bis 30 Meter vor dem gegnerischen Tor gut gespielt. Danach waren das Können, der Mut, der richtige Abschluss nicht da. In der Endzone muss man Mut haben. Da müssen wir uns umstellen“, so der Trainer. Er erwarte „ein gutes, leidenschaftliches Spiel“ seiner Mannschaft. Ein wichtiger Faktor für ein besseres Offensivspiel bei Hertha wird zweifellos ein Spieler sein, der diese Woche endlich wieder im Mannschaftstraining zu sehen war. Matheus Cunha ist wieder fit und wird Pal Dardai für die Partie definitiv zur Verfügung stehen.

Dass sofort viel Verantwortung auf seinen Schultern liegen wird, ist wohl unvermeidbar. Trotzdem blieb Sportdirektor Arne Friedrich in der Pressekonferenz am Freitag optimistisch: „Er wird unser Unterschiedsspieler sein. Aber wir haben elf Spieler auf dem Platz, es wird sich nicht alles auf ihn fokussieren. Diese Leichtigkeit wollen wir ihm geben.” Auch Herthas Defensive, die zuletzt viel gelobt wurde, wird wieder eine große Aufgabe vor der Brust haben. Für das zentrale Mittelfeld sind die gegen Dortmund ausgefallenen Matteo Guendouzi und Santiago Ascacibar wieder mit dabei. Eduard Löwen fehlt weiterhin, wie auch Sami Khedira und Dedryck Boyata. Vladimir Darida fehlt wegen seiner Rotsperre.

Hertha BSC gegen Bayer 04 Leverkusen – Verzweifelte Punktejagd im Endspurt

Jetzt steht Hertha BSC also wie lange nicht mehr mit dem Rücken zur Wand. Die entscheidenden Wochen im Abstiegskampf im April will man nicht auf einen direkten Abstiegsplatz beginnen. Der Druck wird von Woche zu Woche größer, die Konkurrenz zeigt sich nicht abgeschlagen. Was Hertha Mut machen könnte: Arminia Bielefeld könnte man mit einem Punkt gegen Leverkusen am Sonntag wieder überholen.

Foto: IMAGO

Durch die 0:1-Niederlage der Ostwestfalen gegen RB Leipzig am Freitagabend und die schlechtere Tordifferenz (-25 für Bielefeld, -17 für Hertha) reicht der „alten Dame“ schon ein Punkt, um wieder die Nase vorn zu haben. Eines scheint sicher zu sein: jeder Punkt wird zählen, wohl bis zum letzten Spieltag. Hertha kann das Heimspiel gegen Bayer 04 Leverkusen nicht mehr als „Bonusspiel“ betrachten. Auch gegen den Favoriten müssen Punkte her, am besten dreifach. Wie stark der Gegner ist, kann als Ausrede nicht mehr weiter gelten.

Die Blau-Weißen können sich als Beispiel ihr letztes Heimspiel gegen die „Werkself“ nehmen. Damals konnten sie mit 2:0 das Spiel für sich entscheiden (Torschützen damals Matheus Cunha und Dodi Lukebakio). Doch das Spiel am Sonntag wird wieder eine andere Geschichte sein. Eine gute Halbzeit wie beim Sieg gegen den FC Augsburg wird nicht ausreichen. Hertha BSC wird zwei gute Halbzeiten benötigen. Zwei richtig gute Halbzeiten. Dann ist vielleicht auch die Abstiegsangst, die bei allen Hertha-Fans stark zu spüren ist, vielleicht für ein paar Stunden wieder weg.

[Titelbild: IMAGO]

Herthaner im Fokus: Bayer Leverkusen – Hertha BSC

Herthaner im Fokus: Bayer Leverkusen – Hertha BSC

Nach der ernüchternden zweiten Hälfte bei der 2:5-Heimpleite gegen Borussia Dortmund galt es für unsere Hertha diesmal beim Drittplatzierten Bayer Leverkusen Wiedergutmachung zu leisten. In einem ereignisarmen Spiel am ersten Adventssonntag blieb wenigstens auch die Defensive fehlerlos, sodass sich Hertha zumindest mal wieder mit einem Punktgewinn in Richtung Derby aufmacht.

Wir schauen auf einige ausgewählte Herthaner bei diesem 0:0 der schlechteren Sorte.

Herthas Viererkette – Geht doch!

Die Berliner Abwehrreihe um Kapitän Dedryck Boyata bekam trotz verheerender zweiter Hälfte gegen Dortmund wieder das Vertrauen von Trainer Bruno Labbadia, sodass Hertha mit unveränderter Startaufstellung gegen Leverkusen begann.

Und siehe da – es geht doch! Ohne haarsträubende Ein-Mann-Abseitsfallen und dafür mit einer disziplinierten koordinierten Abwehrleistung konnte die Defensivabteilung der Hertha dichtmachen und ließ Leverkusen so nicht gefährlich vors Tor kommen. Auch die schnellen Leverkusener Außenspieler konnten Peter Pekarik und Marvin Plattenhardt keine Probleme bereiten. Etwas Gefahr ergab sich nur aus Fernschüssen und ruhenden Bällen, bei denen mit Alexander Schwolow und der nötigen Prise Glück die Null stehen blieb.

Foto: IMAGO

Und über die Kernkompetenz des Verteidigens hinaus, blitzte auch wenige Male offensive Kreativität auf. So leitete Boyata in der achten Minute eine der wenigen Hertha-Chancen durch Dodi Lukébakio mit einem schönen langen Ball ein, wenngleich diese belgische Koproduktion im Endeffekt auch nur in einem ungefährlichen Schüsschen resultieren sollte.

Auch Omar Alderete versuchte sich im Spielaufbau und spazierte in der 26. Minute in der Manier eines Jordan Torunarigha durch die Leverkusener Offensivabteilung und fasste sich schlussendlich ein Herz, um einen etwas zu motivierten Fernschuss weit über das Tor zu setzen. Da hätte es nach dem ordentlichen Raumgewinn vermutlich eher der Pass zum Mitspieler getan.

Aber auch sonst versuchte Alderete zeitweise schöne Schnittstellenpässe durchs Zentrum zu spielen, was allerdings mit der Zeit parallel zu Herthas Angriffsbemühungen immer mehr abnahm. Ehrlicherweise muss auch gesagt werden, dass der Neuzugang vom FC Basel bei seinen Pässen das ein oder andere Mal mit dem Feuer spielte.

In der 75. Minute schließlich ging es für Alderete mit einer augenscheinlichen Muskelverletzung nicht mehr weiter. Dafür durfte sich der mittlere Dárdai-Sohn Márton seine nächsten Bundesligaminuten abholen – und machte das ordentlich und unaufgeregt. Im Spiel gegen den Ball konnte er noch zwei wichtige Ballgewinne verzeichnen, mit dem Ball ließ er sich von pressenden Leverkusenern nicht aus der Ruhe bringen. Erst in der Nachspielzeit ließ er sich an der rechten Außenbahn etwas übertölpeln und wusste sich nur noch mit einem etwas plumpen Foul zu helfen. Und wie es dann halt immer ist, führte der anschließende Freistoß natürlich direkt zur größten Chance der Partie durch Lars Bender. Aber – auch das wurde überstanden und Márton Dárdai konnte seine ordentliche Leistung mit einem Punktgewinn feiern.

Foto: IMAGO

Insgesamt zeigte sich die Abwehrkette deutlich stabilisiert gegenüber der zweiten Halbzeit gegen Borussia Dortmund. Zur Wahrheit gehört aber ebenso, dass Bayer Leverkusen Herthas Defensive auch nicht vor die ganz großen Prüfungen gestellt hat. Nichtsdestotrotz wurde eine ordentliche Leistung gezeigt, auf der man grundsätzlich aufbauen kann. In der Offensive dürfen gerade die beiden Außenverteidiger gerne etwas mehr Akzente setzen. Klar ist aber, dass gegen ein spielstarkes Leverkusen das Augenmerk auf der Defensive lag und Hertha endlich einmal wieder ohne Gegentor bleiben wollte. Und das ist geglückt.

Zwar muss Bruno Labbadia seine Viererkette mit der neu gefundenen Stabilität im Derby am Freitag voraussichtlich wieder umbauen, sofern Alderete mit einer Muskelverletzung tatsächlich ausfällt. Dann sollte allerdings auch Jordan Torunarigha wieder einsatzbereit sein, der sich mittlerweile wieder im Mannschaftstraining befindet und so die Stammbesetzung in der Innenverteidigung wieder komplettieren könnte. Und das Eigengewächs dürfte für die Partie gegen Union Feuer und Flamme sein. Genau der richtige Zeitpunkt also für ein Comeback. Ob mit oder ohne Jordan – wir sind heiß, Union kann kommen!

Niklas Stark – Auf Nummer sicher

Kennern der Szene mittlerweile als „menschliche Stützräder“ bekannt, steht Niklas Stark für die sichere Nummer in der Defensive und arbeitet als Staubsauger im defensiven Mittelfeld. Gegen Bayer Leverkusen agierte er dabei relativ unauffällig – üblicherweise kein schlechtes Zeichen auf dieser Position.

So konnte er der spielstarken Leverkusener Zentrale immer wieder auf den Füßen stehen und hat diese dadurch nicht zur Entfaltung kommen lassen. Hier und da wurde auch mal ein sinnvolles Foul zur Störung des Spielflusses eingestreut.

Doch so solide der defensive Auftritt Starks geriet, so viel Luft nach oben blieb in seinen offensiven Aktionen. Wenn sich der Nationalspieler in die Offensive einschaltete, missrieten seine Abspiele derart, dass diese im Ansatz gefährlichen Situationen in der ersten Hälfte völlig verpufften.

Auch in der eigenen Hälfte zeigte Stark, dass er sich zurzeit ohne Ball wohler fühlt als mit. Als er in der 32. Minute von zwei Mann unter Druck geriet, konnte er sich nicht befreien, geschweige denn das Leder auf die Tribüne kloppen und ermöglichte Kerem Demirbay so, einen Flatterball auszupacken, den Alexander Schwolow glücklicherweise relativ unproblematisch über die Latte lenkte.

(Photo by Lars Baron/Getty Images)

Bezeichnend schließlich eine Szene in der 68. Minute, als Stark zunächst einen Ball nach aufmerksamem Einsteigen gewinnen konnte, im Angesicht des Drucks von zwei Gegenspielern im Umkreis von fünf Metern aber keinen geraden Pass mehr an den Mitspieler brachte und so den Ball direkt wieder verlor.

Auch wenn Niklas Stark es wieder einmal ordentlich gemacht hat, keimt zaghaft der Wunsch auf, die Position vor der Abwehr mit einem etwas spielstärkeren Sechser zu besetzen, der auch die Offensive bereichern kann. Und siehe da, mit Lucas Tousart steht ein passender Spielertyp eigentlich auch schon zur Verfügung. Der Franzose hatte in den ersten Spielen der Saison defensiv weitestgehend überzeugt, aber im Gegensatz zu Stark auch einige sehenswerte Spielverlagerungen an den Mann gebracht. Tousart stand nach einer kleineren Knieverletzung nun zum zweiten Mal wieder im Hertha-Kader, scheint aber noch nicht wieder auf absolutem Top-Niveau angekommen zu sein und blieb so noch einmal 90 Minuten auf der Bank.

Das könnte aber schon im Derby gegen Union Berlin anders sein und eine französische Doppelsechs gemeinsam mit Mattéo Guendouzi dem Spiel unserer Hertha eine neue Note hinzufügen.

Mattéo Guenduozi – Die ordnende Hand

Herthas Arsenal-Leihe lieferte in seinem erst dritten Spiel von Beginn an wieder eine überzeugende Partie ab.

Der Franzose besticht mit einer beeindruckenden Ruhe am Ball. Diese Ballsicherheit auch bei gegnerischem Pressing bringt eine Selbstverständlichkeit ins Zentrum, die zu Saisonbeginn noch schmerzlich vermisst wurde. Zwar wirkt Guendouzi mit seiner demonstrativen Ruhe manchmal geradezu sorglos, blieb dabei gestern aber trotzdem fehlerlos und konnte sich einige Male sehenswert aus Pressingsituationen befreien und offene Räume bespielen. So brachte er gute 83% seiner Pässe zum Mitspieler – zum Vergleich: bei Stark waren es nur 44%, bei Cunha 60%.

(Photo by INA FASSBENDER/AFP via Getty Images)

Etwas auffällig ist dabei, dass seine raumbringenden Chipbälle das Spiel regelmäßig auf die rechte Seite verlagerten. Das ist aber ganz einfach in Herthas Aufstellung begründet. Der nominelle Offensivspieler für die linke Seite, Matheus Cunha, bewegt sich eher im Bereich der Zehnerposition. Marvin Plattenhardt hielt sich dagegen gestern offensiv extrem zurück und wagte nur seltenst Ausflüge in die Leverkusener Hälfte. So konnte das Spiel über die Außen also nur über die rechte Seite initiiert werden.

Die ordnende Hand von Mattéo Guendouzi tut Hertha extrem gut. Schon jetzt ist er die erhoffte Verstärkung – und kann gemeinsam mit seinen Kollegen sicherlich noch eine Schippe drauflegen. Vielleicht demnächst neben dem spielstarken Abräumer Tousart?

Mit seiner buddhistischen Ruhe am Ball ist Mattéo Guendouzi jedenfalls schon in kürzester Zeit zum Schlüsselspieler in Herthas – Vorsicht – Zen-trale geworden.

Und dann war da noch:

Alexander Schwolow, der in der ersten Halbzeit bei Demirbays Flatterball auf dem Posten war und sich auch von Leon Baileys Versuch nicht übertölpeln ließ. In der zweiten Hälfte bekam er wie auch Lukas Hradecky auf Leverkusener Seite kaum mehr zu tun. Im Zuge eines intensiven Blickduells mit dem Spielgerät wünschte er sich Lars Benders Kopfball erfolgreich um den Pfosten herum und hielt so den Kasten in der Nachspielzeit sauber.

Matheus Cunha, der von Beginn an überhaupt nicht ins Spiel fand. Verzettelte er sich zunächst noch in Dribblings gegen zu viele ihm auf den Füßen stehende Gegenspieler, entschied sich der Brasilianer später auch in seinen anderen Offensiv-Aktionen für zu umständliche Lösungen und die sonst ab und an eingestreuten genialen Momente blieben aus. Ein Zusammenspiel mit den Sturmpartnern Krzysztof Piątek und Dodi Lukébakio fand kaum statt. Wenn sich einmal Räume öffneten, kamen die Pässe Cunhas nicht an. Ein gelinde gesagt durchwachsener Auftritt, der bereits in der 30. Minute mit der gelben Karte noch garniert wurde. Anscheinend haben auch Fußballgötter mal einen schlechten Tag.

Krzysztof Piątek, der wieder einmal sehr unglücklich agierte. Die alte Leier – er bekommt keine Bälle in Abschlusssituationen, allerdings kommt auch sonst im Spiel deutlich zu wenig von ihm.  Immerhin sah das Anlaufen und damit die Arbeit gegen den Ball ganz brauchbar aus. Offensiv war das aber wieder einmal sehr dünn. Bälle festmachen und weiterverteilen wird wohl nicht mehr seine Stärke. Aber auch sein Kombinationsspiel ist zurzeit einfach nicht das Gelbe vom Ei. So konnte er Herthas Spiel in keiner Szene irgendwie weiterhelfen. Der Pole wurde folgerichtig in der 70. Minute gegen Jessic Ngankam ausgetauscht, der ebenfalls viel arbeitete, aber auch kaum in Erscheinung trat. In der Nachspielzeit köpfte er den Ball zum einzigen Berliner Abschluss der zweiten Hälfte etwas zu unplatziert aufs Tor – hätte das Eigengewächs in der Situation durchgelassen, wäre der besser postierte Cunha zum Abschluss gekommen.

Hendrik Herzog, der sich in der Nachspielzeit nach lautstarken Protesten wohl als erster Hertha-Zeugwart in der Vereinsgeschichte den gelben Karton abholte.

[Titelbild: Lars Baron/Getty Images]