Drei Thesen zum Derbyauftakt gegen Köpenick

Drei Thesen zum Derbyauftakt gegen Köpenick

Hinter unserer Hertha liegen turbulente Monate. Nachdem wir mit mehr Glück als Verstand in der Relegation den Klassenerhalt klar machten, war bei allen Beteiligten die Puste weg – egal ob Spieler, Management, Gremien oder Fans. Der Verein musste durchschnaufen. Doch viel Auszeit wurde uns nicht gegönnt, denn im Juni stand mit der Präsidentschaftswahl eine enorm wichtige und richtungsweisende Entscheidung für den Verein bevor. Die Wahl von Kay Bernstein als neuen Präsidenten von Hertha BSC löste eine Aufbruchsstimmung im Verein aus, die Hoffnung auf die kommende Saison macht. Mit dem Pokal-Aus in der 1. Runde gegen Braunschweig fühlten sich viele jedoch schnell wieder auf den Boden der Tatsachen geholt.

Dennoch stellen wir euch drei Thesen zum Spiel gegen Union vor, die die Hoffnung weiterleben lassen sollen.

These 1: Union muss sich noch finden

Auch diesen Sommer hat der Verein aus Köpenick wieder auf dem Transfermarkt zugeschlagen. Und wie in den vergangenen zwei Jahre, wirkt die Transferpolitik von Union durchdacht und vielversprechend. Mit Jamie Leweling wurde darüber hinaus ein Spieler verpflichtet, der bei mehreren Bundesligisten auf dem Zettel stand.

Trotz der unbestrittenen Qualität des Kaders muss die Mannschaft – mit elf Zugängen und zwölf Abgängen – noch zueinander finden. Manager Oliver Ruhnert kritisierte das Team nach dem 2:1 Sieg im Pokalspiel gegen Chemnitz scharf: „So wie wir heute gespielt haben, können wir keine Bundesliga spielen” sagte er der Presse im Nachgang. Das könnte besonders auf den Sturm zutreffen, denn mit Taiwo Awoniyi ist Köpenicks bester Angreifer der vergangenen Saison zum Premier League Aufsteiger Nottingham Forest gewechselt.

(Photo by Martin Rose/Getty Images)

Unsere Berliner Mannschaft trifft also auf eine noch nicht perfekt eingespielte Truppe aus Köpenick. Was viele zu Beginn noch als Nachteil einschätzten, könnte sich als Chance herausstellen: Hertha trifft am 1. Spieltag auf den Stadtkonkurrenten, der noch nicht bei 100 Prozent ist.

These 2: Mannschaft & Fans sind wieder eine Einheit

Drei Derbys gab es letztes Jahr zwischen den Berliner:innen und Köpenick. Alle drei entschieden die Unioner:innen verdient und deutlich für sich. Dementsprechend war der Frust unter den Hertha-Fans groß. Beim ersten Derby im November 2021 flog Selkes Trikot, das er selbst in den Auswärtsblock warf, prompt zurück aufs Spielfeld. Nach der Pokalniederlage stattete die aktive Fanszene der Mannschaft einen Besuch beim Training ab und drohte, „die nächste Stufe zu zünden“. Nach der 1:4-Niederlage mussten einige Spieler auf Aufforderung der Ultras ihre Trikots ausziehen. Die Beziehung hatte definitiv bessere Phasen erlebt.

(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Doch nachdem die Mannschaft der Kurve für ein paar Spiele fernblieb, entschied sie sich, vor dem Spiel gegen Mainz geschlossen in die Ostkurve zu gehen. Ein Schulterschluss, der in Hamburg nach dem Klassenerhalt bestätigt wurde und auch nach der Pokalniederlage in Braunschweig anhielt. Als unser Vorsänger Kreisel nach dem Spiel zur Mannschaft ging, vermuteten einige bestimmt schon schlimmes. Doch Kreisel blieb ruhig, machte der Mannschaft Mut fürs Derby und umarmte Selke und Platte zum Schluss. Diese Szenen zeigen, Mannschaft und Fans haben sich gegenseitig verziehen. Genau diese positive Energie ist wichtig und wird beiden die nötige Kraft geben, den Derbysieg zurück nach Berlin zu holen.

These 3: Dodi schießt uns zum Derbysieg

Als Lukebakio im Sommer zurück zur Hertha kam, waren viele skeptisch. Zwar gehörte der Flügelspieler immer zu Herthas stärksten Scorern, jedoch war er nicht konstant genug und arbeitete wenig bis gar nicht nach hinten. Umso überraschter waren die meisten von seiner Leistung gegen Braunschweig. Auf der rechten Seite sorgte Dodi über seine gesamte Einsatzzeit für Gefahr, schoss ein Tor und als er in der Rückwärtsbewegung nach hinten arbeitete, waren auch die letzten Kritiker:innen überzeugt.

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(Photo by Martin Rose/Getty Images)

Diese Leistung wird Dodi mit in die Bundesligasaison 22/23 nehmen und Niko Gießelmann beim Derby das Leben schwer machen. Ein starker Pass in die Tiefe von Prince und unser Rückkehrer schießt uns in der 89. Minute zum 1:0 Derbysieg.

(Titelbild: Boris Streubel/Getty Images)

Hertha BSC in Fürth unter Druck: Ein Sieg ist alternativlos

Hertha BSC in Fürth unter Druck: Ein Sieg ist alternativlos

Die Bundesliga-Rückrunde für Hertha startete ähnlich enttäuschend wie schon die Hinrunde und so stand die Mannschaft letzte Woche wieder stärker unter Druck mit der Erwartung zweier Pflichtsiege gegen die Aufsteiger Bochum und Fürth. Doch die Bochumer stehen mittlerweile vor unserer Hertha und haben sich im Mittelfeld der Tabelle festgesetzt. Hertha startete zwar gut in die Partie und ging in Führung, doch am Ende reichte es nur für ein Unentschieden. Folglich konnte das Polster zu den Abstiegsrängen nicht ausgeweitet werden und der Abstand zum Relegationsplatz beträgt aktuell nur noch einen Punkt. Um so wichtiger, dass die Jungs in Blau-Weiß am Samstag gegen den Tabellenletzten drei Punkte mit nach Berlin nehmen.

„Die Tabelle interessiert mich nicht“

Ein Blick auf die Tabelle zeigt normalerweise klare Verhältnisse auf. Hertha hat mit 23 Punkten mehr als doppelt so viele wie Fürth. Aber Tayfun Korkut interessiert das nicht. Und zwar aus gutem Grund. Die Franken haben die letzten vier Heimspiele nicht verloren und konnten dabei jeweils zwei Siege und Unentschieden verbuchen.

Darüber hinaus merkte unser Trainer zu Recht an, sich nicht vom Ergebnis der 1:4-Niederlage gegen den VfL Wolfsburg täuschen zu lassen, denn der Tabellenletzte kassierte unglücklich Gegentore und setzte auch nach vorne einige Nadelstiche. Sie haben sich offensichtlich an das Tempo der Bundesliga gewöhnt. Ein Grund mehr für Korkut, der Mannschaft noch mal klarzumachen, sich auf die eigenen Stärken zu konzentrieren. Eine Devise, die sich bei unserem Trainer als prägendes Merkmal seines Stils bemerkbar macht.

Hertha Fürth
(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Mit einem gut aufgestellten Underdog rechnen und nach einer bisher sieglosen Rückrunde die eigenen Stärken zeigen – eine durchaus schwierige Aufgabe. Doch laut Korkut war die Trainingswoche wieder gut und kein Spieler hat nachgelassen. Auch die „Verbannten“ Marco Richter, Suat Serdar und Marvin Plattenhardt haben gut mittrainiert. Für unseren Trainer ist die gute Trainingswoche Grund genug, optimistisch zu sein. Wichtig sei es jetzt nur, die gute Leistung im Training endlich in Siege umzumünzen. Ein Versprechen gab es deshalb noch: Wie werden am Samstag die drei Punkte mitnehmen.

Personal: In der Innenverteidigung wird es knapp  

Ein Blick auf das Personal lässt besonders zwei Problemstellen hervorrufen. Während mit Rune Jarstein, Oliver Christensen und Nils Körber alle Ersatztorhüter ausfallen, ist auch die Innenverteidigung aktuell ziemlich dünn besetzt. Nachdem Kapitän Dedryck Boyata schon gegen Bochum verletzt ausfiel und weiter fehlt, verletzte Marton sich Dardai am Sprunggelenk und Neuzugang Marc Oliver Kempf wurde unter der Woche positiv auf Corona getestet.

(Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

Laut Korkut hat dieser auch Symptome und so besteht zwar die Möglichkeit, ihn am Samstag freizutesten, allerdings zweifelte Korkut hier zu Recht die Sinnhaftigkeit eines Einsatzes an. Oberste Priorität ist, dass es dem Spieler gut geht. Sollte er sich gut fühlen und der Test am Samstag fällt negativ aus, müsste Kempf sich immer noch der routinemäßigen kardiologischen Untersuchung nach einer Infektion unterziehen und die Reise ins Frankenland antreten. Ein Ausfall gilt deshalb als sehr wahrscheinlich.

Interessant war außerdem Korkuts Antwort auf die Frage nach Alternativen in der Innenverteidigung. Durch die Leihe von Torunarigha nach Gent bleiben mit Stark und Gechter nur noch zwei nominelle Innenverteidiger im Kader. Ein riskantes Spiel, das der Trainer nicht mit Alternativen aus der U23, sondern Lucas Tousart und Plattenhardt als Back-Ups lösen möchte. Im Hinblick auf die ohnehin schon wackelige Defensive und fehlende Zweikampfstärke auf dem Boden und in der Luft eine durchaus bemerkenswerte Entscheidung. Drücken wir also die Daumen, dass Linus Gechter und Niklas Stark standhaft und fit bleiben.


Nach dem Unentschieden gegen Bochum ist Hertha in Fürth zum Siegen verdammt. Auf welche Duelle es am Samstag ankommt, erfahrt ihr hier.


Von Schwolow bis Lee: Fakten und Fragen zu einzelnen Spielern

Im Zuge der Fragerunde war auch unser zuletzt fehleranfällige Torhüter Alexander Schwolow Thema. Die üblichen Fragen zum Umgang der Verantwortlichen und seiner Reaktion auf die zuletzt häufigen Fehler wurden gestellt. Sowohl Korkut als auch Friedrich hatten hier klare Antworten. Trainer Korkut ist der Ansicht, Spielern in schwierigen Phasen auch Ruhe zu geben und den Raum für eigene Gedanken zu lassen. Angesichts der Erfahrung Schwolows könnte das in der aktuellen Situation der richtige Ansatz sein. Laut Friedrich arbeitet der Torhüter ununterbrochen an sich selbst und ist nach dem Training oft noch für Extraschichten im Kraftraum. Beide sind sich aber am Ende sicher: wir werden am Samstag einen gut aufgelegten “Schwolli” im Kasten erleben.

Neben unseren Torhüter waren auch Jurgen Ekkelenkamp, Serdar und Neuzugang Dongjun Lee Thema. Ekkelenkamp, der zuletzt mehr Spielpraxis bekam, macht nach Ansicht von Korkut und Friedrich eine gute Entwicklung. Wichtig sei es hier, dem Niederländer genug Zeit zu geben und möglichst wenig Druck zu machen. Ob er gegen Fürth wieder starten wird, bleibt abzuwarten. Die Fitness würde es zulassen, denn nachdem er am Mittwoch aufgrund eines Schlages auf den Knöchel das Training abbrechen musste, konnte er gestern wieder voll mitttrainieren. Im Hinspiel kam Ekkelenkamp von der Bank und erzielte seinen ersten Bundesliga-Treffer.

(Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

Ein Einsatz von Ekkelenkamp wird auch von Suat Serdar abhängen. Für viele ist der Mittelfeldspieler bisher der wertvollste Herthaner, doch gegen Bochum saß unser Neuzugang aus Schalke überraschend auf der Bank. Korkut ließ durchblicken, dass er zwar gut trainiert habe, machte seinen Einsatz aber von der Trainingsleistung aller Anwärter am Freitag abhängig.

Außerdem war auch diese Woche einer unser jüngsten Neuzugänge Lee Thema der Pressekonferenz. Laut den Verantwortlichen wurde Lee besonders gut in der Mannschaft aufgenommen. Ohne Dolmetscher und mit Gestik, Englisch und Hilfe seiner Mitspieler werden auch besonders komplizierte Spielformen schnell verständlich gemacht. Darüber hinaus hat der Verein einen Externen Helfer gefunden, der Lee bei Eingewöhnung und Kennenlernen der Stadt helfen wird. Man ist insgesamt guter Dinge, gibt aber auch dem Südkoreaner die nötige Zeit.

Wie spielt Hertha am Samstag in Fürth?

Zwar wollte Korkut keine genauen Angaben zu Startelf machen, dennoch sind aufgrund des dünnen Kaders einige Positionen eindeutig. Schwolow genießt weiter volles Vertrauen. Spielt die Mannschaft wieder im gewohnten 4-2-2-2, stellt sich besonders die Frage, ob Mittelstädt seinen Platz im Mittelfeld oder Abwehr finden wird. Die Innenverteidigung wird mit hoher Wahrscheinlichkeit aus Stark und Gechter bestehen. Serdar oder Ekkelenkamp? Auch diese Frage steht offen. Dennoch glauben wir, dass Korkut folgende Spieler auf den Platz schicken könnte:

Hertha Fürth

Der Druck ist groß. Ein Sieg wäre enorm wichtig, um für die kommenden Spiele keine Unruhe im Verein zu kreieren. Korkut und Friedrich sind wie immer zuversichtlich. Hoffen wir, dass sich dies am Samstag auch bestätigt.

(Photo by Thomas Eisenhuth/Getty Images)

Drei Thesen zu: Hertha BSC gegen Bayern München

Drei Thesen zu: Hertha BSC gegen Bayern München

Die massive Enttäuschung der Pokal-Derbyniederlage im eigenen Stadion ist gerade mal vier Tage her und Hertha BSC muss gegen keinen Geringeren als Rekordmeister Bayern München antreten. Eine Mammutaufgabe, denn die formschwachen Berliner brauchen gegen die Bayern einen ausnahmslos perfekten Tag, um etwas Zählbares mitzunehmen. In Anbetracht der verlorenen Stadtmeisterschaft und der damit verbundenen Stimmung keine guten Voraussetzungen für das Spiel gegen den stärksten Gegner der Saison.

Doch Zweckoptimismus kann in den schwersten Situationen helfen. Auch wenn es nicht einfach war, Hoffnungsschimmer für die kommende Partie zu finden. Hier sind drei ansatzweise positive Thesen für das Spiel gegen Bayern München.  

These 1: Hertha geht gegen Bayern nicht baden

Eine steile These, die gleichzeitig nicht besonders viel Vorfreude auf das kommende Spiel macht. Aber gegen Bayern ist die Wahrscheinlichkeit immer hoch, eine richtige Packung zu kassieren. Das wird am Sonntag nicht passieren.

Anders als im Hinspiel sieht Hertha gegen den Tabellenführer und andere Topteams besser aus als erwartet. Nicht zuletzt gegen die Dortmunder ist es der Mannschaft gelungen, eine gute Leistung zu zeigen und die Punkte sogar in Berlin zu behalten. Die Mannschaft steht jetzt mit einem Punkt aus den ersten drei Pflichtspielen in der Rückrunde mit dem Rücken zur Wand und wird dieser Form trotzen.

hertha bayern
(Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)

Niemand rechnet mit einer Leistungsexplosion. Niemand rechnet mit einem Sieg. Ein passender Moment, denn unter unmittelbarem Druck zerbrach die Mannschaft in dieser Saison oft. Ohne hohe Erwartungen wird Hertha befreiter aufspielen.

These 2: Jovetic und Belfodil werden das Offensivspiel wiederbeleben

Wenn zwei Spieler in der Offensive diese Saison für Gefahr gesorgt haben, dann unser Dreamteam aus Stevan Jovetic und Ishak Belfodil. Doch der verletzungsanfällige Montenegriner fiel in den letzten vier Spielen aus und auch Belfodil musste Corona-bedingt aussetzen.

Dementsprechend wenig inspirierend und eher planlos sahen viele offensiven Bemühungen in den letzten Spielen aus. Jetzt sind beide wiedervereint und im Gegensatz zur wackeligen Defensive macht die personelle Situation vorne wieder mehr Hoffnung.

(Photo by Matthias Kern/Getty Images)

Gegen Upamecano, Süle und Neuer wird es besonders schwer, für Gefahr zu sorgen. Doch die Harmonie und Abstimmung zwischen den beiden Offensivakteuren könnte ein Lichtblick für die Blau-Weißen sein, um entscheidende Nadelstiche bei den Münchnern zu setzen.


Nach dem verlorenen Derby wartet mit dem FC Bayern eine Herkulesaufgabe auf Hertha BSC. Wir analyisieren, worauf es in der Partie ankommt.


These 3: Der falsche (richtige) Zeitpunkt

Die Hoffnung durch die beiden Rückkehrer ist aufgrund des Zeitpunkts des Spiels schnell verflogen. Möchte man meinen. Nach zahlreichen Corona-Fällen im Kader der Bayern stehen Sané, Upamecano, Kimmich und Neuer wieder voll zur Verfügung. Spieler wie Tolisso machen weitere Ausfälle vergessen. Nachdem die Bayern den halben Kader mit Jugendspieler auffüllen mussten, sind viele wichtige Säulen zurück – zum falschen Zeitpunkt, pünktlich gegen die Hertha.

(Photo by CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images)

Doch personell sind die Bayern immer noch nicht optimal aufgestellt und hier liegt Herthas Chance. Nagelsmann hat auf der PK angemerkt, dass sowohl Sané als auch Tolisso zwar wieder voll dabei können, dennoch nicht bei 100 Prozent sind. Hinzu kommt der verletzungsbedingte Ausfall von Goretzka und auch Davies steht aufgrund von Herzproblemen nach seiner Corona-Infektion nicht zur Verfügung. Die Einsatzfähigkeit des etatmäßigen Ersatz Hernandez ist auch unwahrscheinlich.

Zwar sollte ein Topteam solche Hürden kompensieren können, eine Chance bietet sich für die angeschlagenen Berliner hier trotzdem, die Bayern nicht in ihrer besten Form etwas zu ärgern.

[Titelbild: Matthias Hangst/Getty Images]

1. FC Köln – Hertha BSC: Drei Schlüsselduelle

1. FC Köln – Hertha BSC: Drei Schlüsselduelle

Schon wieder ist ein halbes Jahr Bundesliga vorbei und so wirklich zur Ruhe kommt unsere Hertha mal wieder nur bedingt. Als unsere Alte Dame mit Neu-Manager Fredi Bobic im August gegen Köln in die Saison 2021/22 startete, war die Hoffnung auf einen positiven Umschwung groß. Doch Hertha wäre nicht Hertha, wenn das auch eingetreten wäre und spätestens nach Schließung des Transferfensters war die Euphorie aufgrund des dünnen Kaders verflogen. Mit einigen Totalausfällen gegen Bayern, Leipzig, Köpenick, Lichtblicken gegen Frankfurt, Gladbach und Dortmund und einem Trainerwechsel hat die Mannschaft die Hinrunde irgendwie überstanden. Jetzt gilt es den positiven Schwung vom Sieg gegen Dortmund mit in die Rückrunde zu nehmen und mehr Konstanz zu beweisen.

Steffen Baumgart hat den Effzeh wiederbelebt

Die Rheinländer zählen definitiv zu den Überraschungen der Hinrunde. Mit der Verpflichtung von Trainer Steffen Baumgart ist der Vereinsführung ein absoluter Glücksgriff gelungen, denn dem gebürtigen Rostocker ist es gelungen, der Mannschaft eine Spielphilosophie zu geben.

(Photo by UWE KRAFT/AFP via Getty Images)

Darüber hinaus sprechen die Zahlen für sich: Köln steht nach 17 Spieltagen mit 25 Punkten auf dem 8. Tabellenplatz. Nachdem die Mannschaft in der vergangenen Saison mit Glück in der Relegation die Klasse hielt, schielen sie aktuell eher auf die europäischen Plätze als auf die Abstiegsränge. Wir schauen, auf welche Schlüsselduelle es ankommen wird, um die formstarken Kölner zu ärgern.

Stark/Torunarigha vs. Modeste

Wenn ein Spieler vom Trainerwechsel besonders profitiert hat, dann Anthony Modeste. Der Franzose hatte seit seiner Rückkehr nach Köln nicht mehr richtig Fuß fassen können, schaffte es unter Baumgart aber, zu alter Stärke zurückzufinden. In 19 Pflichtspielen erzielte Modeste 13 Treffer und legte ein weiteres Tor auf. Dabei fiel der Stürmer besonders durch seine Kopfballstärke auf, die auch im kommenden Spiel eine Gefahr für unsere anfällige Innenverteidigung werden kann.

hertha köln
(Photo by Lars Baron/Getty Images)

Durch den Corona-bedingten Ausfall von Kapitän Boyata fällt zudem eine wichtige Säule unserer Abwehr weg, die diese Tendenzen in diesem Schlüsselduell zugunsten der Rheinländer verschiebt. Aktuell gehen wir von dem Innenverteidiger-Duo Stark/ Torunarigha aus. Während Stark nur bedingt für Wucht im Zweikampf und Kopfballstärke steht, hat Jordan bisher nur selten in der Hinrunde seine unbestreitbare Defensivstärke zeigen können. Umso wichtiger ist es, dass die beiden Verteidiger gut kommunizieren, aufmerksam bei hohen Bällen sind und Modeste nie aus den Augen verlieren.

Gelingt es unserer Abwehr, den Stürmer auszuschalten, verliert Köln einen riesigen Eckpfeiler ihrer Offensive, was auch das nächste Schlüsselduell beweist.


Hertha BSC will gegen den 1. FC Köln gut in die Rückrunde starten. Wir prognostizieren, ob das gelingt und welcher Spieler dafür liefern muss.


Unausgewogenes Duell auf den Außen

Während Hertha auf den Außen eher dünn besetzt ist, ist das Offensivspiel des 1. FC Köln stark von diesen Positionen abhängig, denn genau diese Spieler füttern Modeste mit starken Flanken. Das gilt für die Außenverteidiger und die offensiven Flügelspieler.

Sowohl der „Kölsche Cafú“ Benno Schmitz als auch Ex-Nationalspieler Jonas Hector überzeugten in der Hinrunde besonders in der Offensive und legten jeweils vier Treffer auf. Ähnlich stark war Mittelfeldspieler Florian Kainz, der weitere vier Vorlagen beisteuerte. Hinzu stellen Alternativen wie Thielmann und Schaub weitere Optionen da und auch Mark Uth spielte unter Baumgart zum Ende der Hinrunde auf den Flügelpositionen. Insgesamt legten die Außenverteidiger und offensiven Flügelspieler 70 Prozent der 27 Kölner Tore auf – ein beachtlicher Wert.

(Photo by Lars Baron/Getty Images)

Mit diesen Statistiken kommt eine große Wucht auf unsere Außenverteidigung zu. Sollte sich Marvin Plattenhardt nicht rechtzeitig von seiner Erkältung erholen, werden voraussichtlich Maxi Mittelstädt und Peter Pekarik diese Aufgabe übernehmen. Besonders Mittelstädt überzeugte in der Hinrunde eher in der Offensive und weißte defensiv immer wieder Defizite auf. Plattenhardt machte diesen Job nicht unbedingt besser. Auch hier müssen Mittelstädt/ Plattenhardt enorm aufmerksam verteidigen und mit gutem Stellungsspiel die Flanken der Kölner Außenspieler im Optimalfall schon vorher verhindern.

Mehr Zugriff über das Zentrum

Während die Außenbahnen zum Problemfall gegen Köln werden können, bietet sich für Hertha eine Chance im zentralen Mittelfeld und der Innenverteidigung. Mit Ljubičić und Özcan spielen im defensiven Mittelfeld eher offensiv ausgerichtete Sechser/ Achter. Dementsprechend muss es Herthas schaffen, den Zugriff im zentralen Mittelfeld zu gewinnen und die Angriffe über Box-to-Box Spieler Suat Serdar einzuleiten.

hertha köln
(Photo by UWE KRAFT/AFP via Getty Images)

Weiter fraglich ist Jovetić, der mit seiner starken Technik weitere Bälle gut festmachen könnte und somit besonders im Spiel gegen Köln enorm wertvoll wäre. Dennoch stehen mit Richter, Maolida, Ekkelenkamp und Belfodil Optionen zur Verfügung, die technisch auch für diese Aufgabe gewachsen sind. Hier liegt es besonders an Trainer Korkut, diese Akteure taktisch gut vorzubereiten, um die defensiven Defizite im Mittelfeld auszunutzen.

Hinzu fällt mit Abgang Czichos weitere defensive Stabilität im Abwehrzentrum weg. Innenverteidiger Kilian und Hübers sind noch nicht eingespielt. Die Kölner könnten demzufolge neben dem zentralen Mittelfeld auch in Abwehrzentrum anfällig sein.

Modeste ausschalten, Flanken verhindern und Nadelstiche in der Zentrale

Die drei Schlüsselduelle klingen auf den ersten Blick simpel. In der Realität wird diese Aufgabe für Hertha dennoch schwer. Mit der nötigen taktischen Schulung, Aufmerksamkeit und Formstärke aus dem Hinrundenabschluss gegen Dortmund haben wir trotzdem eine realistische Chance, die Punkte in Berlin zu behalten.

(Photo by Lars Baron/Getty Images)

Herthaner des Monats Dezember 2021 – Ishak Belfodil

Herthaner des Monats Dezember 2021 – Ishak Belfodil

Ishak Belfodil ist Herthaner des Monats im Dezember 2021. Wer das am Anfang der Saison behauptet hätte, wäre mit großer Wahrscheinlichkeit belächelt worden. Der Stürmer aus Algerien hatte zuletzt in der Rückrunde der Saison 2018/2019 überzeugt. Damals gelangen ihm in 16 Spielen 12 Tore und 4 Vorlagen. Im folgenden Jahr fiel er fast die gesamte Saison aus und auch letzte Saison konnte er in Hoffenheim nicht mehr richtig Fuß fassen. Entsprechend skeptisch waren viele Hertha-Fans.

Wir küren jeden Monat den Herthaner des Monats. Hierzu liefern wir nicht nur einen Text mit Argumenten, sondern lassen auch in eben jenen eure Meinungen (via Twitter) zu den jeweiligen Spielern einfließen!

Im Zweikampf mit Jovetic

Belfodils Start bei Hertha verlief schleppend und ohne Torbeteiligung bis zu diesem Monat. Im Dezember startete er umso mehr durch und kam auf drei Torbeteiligungen in vier Spielen – ein durchaus überzeugender Wert. Zusammen mit Stevan Jovetic zählte er zu den positiven Überraschungen für viele Fans der chronisch skeptischen Hertha-Gemeinde. Auch Jovetic war im Dezember an drei Toren direkt beteiligt und trumpfte besonders beim Korkut-Debüt in Stuttgart stark auf. Aber während der ablösefreie Stürmer aus Monaco für die Englische Woche komplett ausfiel, war Belfodil deutlich konstanter.

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(Photo by Matthias Kern/Getty Images)

So haben wir uns für Belfodil entschieden, auch wenn es genug Argumente gegeben hätte, Jovetic zum Spieler des Monats zu küren. So schreibt beispielsweise @Fry__42: “Super Transfer (ABLÖSEFREI!!!). Auf der einen Seite bringt er eine Menge Erfahrung und Ruhe mit. Auf der anderen Seite natürlich seine überragenden fußballerischen Qualitäten, die den Unterschied machen können und auch mal unmögliche Tore geschossen werden (z.B. vs. Leverkusen).”

Auch @welshgreeny ist grundsätzlich von Jovetic überzeugt: “Ein klasse Spieler. Seine Technik ist herausragend. Einfach toll, dass er ablösefrei gekommen ist. Sein einziger Schwachpunkt ist leider seine Verletzungsanfälligkeit.” Das bislang so gute Zusammenspiel mit Belfodil wird von den Hertha-Fans sehr positiv registriert: “Unter Korkut hat er mit Belfodil ein sehr gutes Stürmer Duo gebildet. Ich habe das Gegühl dass er zwar eine Mannschaft nicht alleine führen kann aber immer wenn er auf dem Platz steht treffen kann”, schreibt @Holzfuss1892.

Torgefahr & Teamspieler

Die drei Torbeteiligungen Belfodils äußerten sich in zwei Vorlagen und einem Tor gegen Stuttgart, Bielefeld und Dortmund. Gegen den VfB blieb ihm außerdem noch ein Tor verwehrt, das durchaus hätte zählen können. In einer fragwürdigen Entscheidung griff der VAR ein und nahm den Treffer aufgrund einer Abseitsposition von Vladimir Darida zurück.

Zuvor hatte sich Belfodil sehenswert gegen die Stuttgarter Defensive durchgesetzt und schlenzte den Ball anschließend umso schöner ins lange Eck – Schade! In Halbzeit zwei funktionierte es dann dafür umso besser, nachdem der Stürmer uneigennützig und technisch stark eine Flanke von Plattenhardt abtropfen ließ und damit das Tor von Jovetic auflegte.

Mit Ausnahme des Totalausfalls der gesamten Mannschaft in Mainz spielte Belfodil ähnlich stark bei den Heimspielen gegen die Arminia und Borussia. Nachdem er gegen Bielefeld ein weiteres Mal vorbereitete, gelang ihm gegen Dortmund sein erstes Bundesligator in dieser Saison.

Der algerische Thomas Müller

Betrachtet man Belfodils Spielstil und Ballaktionen genauer, wirkt alles etwas unkonventionell und fast schon unbeholfen. Und dennoch war er damit überwiegend erfolgreich. Vom Laufstil und der Art seiner Assists erinnerte er ein bisschen an Thomas Müller.

Nein, wir sind nicht größenwahnsinnig – hier geht es wirklich nur um den Stil und seine Bewegungen. Die Vorlage gegen Bielefeld ist aber ein gutes Beispiel für diesen gewagten Vergleich, denn dort bewies Belfodil das Auge für den frei stehenden Jovetic und chippte den Ball im Fallen noch irgendwie „Müller-like“ zum Sturmkollege.

(Photo by Boris Streubel/Getty Images)

Der große Raumdeuter wird er vielleicht nicht, seine anderen Ballaktionen können sich dennoch mehr als sehen lassen! Etwas weniger Müller und mehr dynamische Dampfwalze bewies der Algerier dann gegen Dortmund, als er sich mit Tempo gegen den deutlich langsameren Witsel durchsetze und am ungünstig positionierten Hitz ins kurze Eck vorbei schob.

Doch egal wie unkonventionell Belfodil in seinen Aktionen manchmal aussehen mag, sie sind dennoch des Öfteren technisch stark gemacht und die Zahlen sprechen in diesem Monat für sich.


Herthaner des Monats November wurde Niklas Stark. Lest hier, warum die Wahl auf den Innenverteidiger fiel.


Statistik zeigt: Mehr als nur ein Strafraumstürmer

Neben seinen Torbeteiligungen weiß Belfodil auch in anderen Kategorien zu überzeugen. Mit Ausnahme des Spiels in Mainz kommt der Stürmer immer auf eine Passquote von über 70 Prozent. Ein beachtlicher Wert im Bundesligadurchschnitt unter den Angreifern. Darüber hinaus kreierte er zusätzlich zu den beiden Torvorlagen sieben (!) weitere Torchancen.

Verglichen mit reinen Abschlussstürmern wie Piątek, ist auch das ein guter Wert, denn Belfodil ist – anders als sein Sturmkonkurrent – Teil des Berliner Spielaufbaus. Ein unglaublich wertvoller Faktor, gerade mit Blick auf unseren Mangel an Alternativen auf den Außenbahnen. Genau diesen Mangel scheint Belfodil grad ausgleichen zu können. Ein Blick auf die Heatmap der letzten vier Spiele zeigt, dass sich der Stürmer im Offensivspiel oft nach außen fallen lässt – besonders erfolgreich beim Sieg im Spiel gegen Dortmund.

(Photo by Joosep Martinson/Getty Images)

Die Statistiken zeigen eindrucksvoll, dass Belfodil über seine Torbeteiligungen hinaus wertvoll für die Mannschaft und ein aktiver Bestandteil des Offensivspiels ist. Der 29-Jährige bringt neben dem Auge und der Technik eine gehörige Portion Physis mit, durch die er in der Lage ist, Bälle immer wieder gut abzuschirmen. Qualitäten, die wir bei unseren Stürmern schmerzlich vermisst haben.

“Seine Geschwindigkeit und Ballführung und vor allem das uneigennützige Spiel”, überzeugen @welshgreeny. Für @DerKurze_ ist Belfodil der “Spreepizarro! Absolut sympathischer Teamplayer in meinen Augen. Er hängt sich immer rein, bringt die Grundtugenden mit. Bin überraschend angetan von ihm.”

Ein starker Dezember mit toller Chemie im Sturm

Egal ob dynamische Sprints, unkonventionelle Dribblings und Vorlagen, der Treffer gegen den BVB oder weitere Statistiken – Belfodil hat in diesem Monat definitiv überzeugen können und viele Kritiker:innen verstummen lassen. “Er ein bisschen gebraucht bis er in der Saison ankam (Wie die ganze Mannschaft). Hat mich erst unter Tayfun Korkut richtig überzeugt, wobei er vorher schon aufblitzen lassen hat, wie gut er Bälle sichert/abschirmt und eine gute Technik für seine Größe”, findet @Fry__42.

Besonders sein Zusammenspiel mit Sturmpartner Jovetic ließ viele Herthaherzen höherschlagen und so bleibt besonders die Hoffnung, dass der Montenegriner länger verletzungsfrei bleibt, um ihn und Belfodil noch viele Tore für unsere Hertha schießen zu sehen. Für @CPicker030 ist Belfodil “der neue Ibisevic. Er ist, glaube ich, auch eine Führungspersönlichkeit und enorm wichtig fürs Team. Guter Überblick und spielt Bälle ab, statt nur selber das Tor zu suchen. Sowas hat gefehlt im Sturm.”

(Photo by Boris Streubel/Getty Images)

Zwischendurch bereits als Transferflop abgestempelt, ist Belfodil für @Blauweissb mittlerweile “zusammen mit Jovetic ein Lichtblick vorne. Viel ballsicherer und technisch besser als Piatek und Selke. Er kann wenigstens auch mal ein eins gegen eins gewinnen.” Auch @SKrause10 findet: “Der Transfer war für mich anfangs schleierhaft! Viel zu langsam für die 1. Liga. Es lag aber vor allem an mangelnder Fitness. Erstmals mit der Einwechselung im Spiel gegen Union hat es funktioniert. Gutes eins gegen eins, macht Bälle fest und hat das Auge für Mitspieler.”

Es bleibt nun zu hoffen, dass Belfodil verletzungsfrei bleibt und immer weiter seinen Rhythmus findet. Sein Vertrag läuft im kommenden Sommer wohl bereits wieder aus – seine Verpflichtung war ein Experiment. Es scheint, als könnte dieses glücken.

[Titelbild: Frederic Scheidemann/Getty Images]