Hertha BSC – Arminia Bielefeld: Drei Schlüsselduelle

Hertha BSC – Arminia Bielefeld: Drei Schlüsselduelle

Das verflixte zweite Jahr. Für viele Aufsteiger ist es das Schwerste. Auch für die Bielefelder, die in der vergangenen Saison am letzten Spieltag den Klassenerhalt sicherten, scheint es ein langes Jahr zu werden. Derzeit steht das Team von Trainer Frank Kramer auf Abstiegsplatz 17. Dass man nach zehn sieglosen Spielen zu Saisonbeginn allerdings derzeit wieder Anschluss an die Plätze außerhalb der Abstiegszone hält, liegt an einer Trendwende ab dem 11. Spieltag, die eng mit einer Systemumstellung verknüpft ist.

Schlüsselduell 1: Wimmer und Okugawa gegen Plattenhardt und Pekarik

Bielefeld startete in einem klassischen 4-4-2 in die Saison und reagierte auf die ersten sieglosen Spiele mit einem 4-2-3-1. Weil man weiterhin sieglos blieb, probierte Kramer ein defensiv kompakteres 3-5-2. Auch das System sorgte nicht für die gewünschte Stabilität, sodass man zum 4-2-3-1 zurückkehrte. In diesem System scheint sich Bielefeld inzwischen gefunden zu haben.

Zwei Schlüsselspieler im System sind die offensiven Außenspieler. Auf der linken Seite ist Masaya Okugawa gesetzt, rechts Patrick Wimmer. Beide Spieler trumpfen derzeit auf, haben ihre Stärken in Eins-gegen-eins. Besonders viel Gefahr geht von Wimmer aus, der in der aktuellen Spielzeit 0,22 expected Assists auf 90 Minuten vorweist – ein Wert, den im eigenen Team und auch bei Hertha niemand überbieten kann. Okugawa kommt entgegen Wimmer auch über die eigene Torgefahr. Drei Tore erzielte er bisher, ein Weiteres hat er vorgelegt. Erst zehn Tore hat Bielefeld in der Liga geschossen, was den Wert der vier Scorer Okugawas unterstreicht.

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(Photo by Christof Koepsel/Getty Images)

Gegen die beiden spielstarken Offensivspieler werden Herthas Außenverteidiger Peter Pekarik und Marvin Plattenhardt gefordert sein. Wichtig wird aber auch die Unterstützung der offensiven Außenspieler sein. Insbesondere Myziane Maolida, falls er wieder starten sollte, muss sich hier steigern und Plattenhardt unterstützen, denn auf ihrer Seite ist mit Wimmer Bielefelds Unterschiedsspieler. Über die rechte Seite liefen bis dato 39 Prozent der Bielefelder Angriffe.


Tayfun Korkut startete als neuer Hertha-Trainer mit einem wilden Unentschieden gegen VfB Stuttgart. Wieder konnten die Berliner nach starker Aufholjagd nicht gewinnen. Platzt gegen die Arminia aus Bielefeld endlich der Knoten? Unsere drei Thesen zum Spiel.


Schlüsselduell 2: Jovetic und Belfodil gegen Pieper

Er zählte zu den Shootingstars der letzten Saison und wurde im Sommer als Stammspieler mit der Deutschen U21-Nationalmannschaft Europameister: Bielefelds Innenverteidiger Amos Pieper. Doch in dieser Saison schleichen sich immer wieder Unkonzentriertheiten und Fehler in das Spiel Piepers ein.

Etwa beim Gastspiel in Köpenick beim 1. FC Union, als er beim 1:0-Siegtreffer der Unioner gegen Sheraldo Becker nicht entschlossen genug verteidigte. Oder bei der 1:2-Niederlage in Mainz, als der Mainzer Siegtreffer infolge eines verunglückten Rückpasses von Pieper auf seinen Torhüter Stefan Ortega folgte. Auch beim 2:2 gegen den VfL Wolfsburg war er am entscheidenden Gegentor beteiligt, als er unter Bedrängnis im Aufbauspiel einen Fehlpass spielte.

Erfahrene Spieler wie Stevan Jovetic oder Ishak Belfodil können solche Fehler erzwingen. In den richtigen Momenten Druck auszuüben, kann ein Mittel sein, um die Bielefelder Hintermannschaft zu knacken, ohne vorher eigens das Spiel aufbauen zu müssen.

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(Photo by Frederic Scheidemann/Getty Images)

Auch im gegnerischen Tempodribbling offenbarte die Bielefelder Viererkette in dieser Saison Schwächen, gerade Jovetic kann hier mutig vorangehen und über eine Einzelaktion zum Torabschluss kommen. Trotz der aufgezählten Fehler sei auch vor der Qualität von Pieper gewarnt, 102 gegnerische Pässe hat er in dieser Saison bereits in der eigenen Hälfte abgefangen – Ligahöchstwert.

Schlüsselduell 3: Serdar gegen Prietl

Will man Bielefeld aus dem Spiel heraus im Zentrum knacken, muss Hertha dabei an Kapitän Manuel Prietl vorbei. Der 30-Jährige hat in dieser Saison noch keine Minute verpasst und ist besonders defensiv extrem wichtig. Prietl macht ligaweit die zweitmeisten Tacklings, gewinnt dabei die viertmeisten. Wird beispielsweise Suat Serdar also wiederkommen und im Zentrum spielen, sollte er auf Prietl ganz besonders achten. Hier müsste er auf die Unterstützung seiner spielstarken Mitspieler wie Jovetic oder Belfodil setzen, um das Bielefelder Zentrum spielerisch auszuhebeln.

(Photo by Matthias Kern/Getty Images)

Ferner muss Hertha im Zentrum auch defensiv immer aufmerksam bleiben. Bei aller angesprochenen Torgefahr, die Bielefeld von den Flügeln ausstrahlen kann, bleibt festzuhalten, dass sie in Summe die torungefährlichste Mannschaft der Liga sind. Ein Grund dafür ist, dass die Arminen im Angriffsspiel mitunter hektisch werden und früh zum Abschluss kommen. Durchschnittlich schießen sie aus 18 Metern aufs Tor, einen höheren Wert weist kein Bundesligist auf. Es wird also im defensiven Mittelfeld Herthas wichtig, die Bielefelder in Szenen zu bringen, wo sie ohne große Chance auf einen Torerfolg zum Abschluss kommen müssen.

Ein Schlüsselduell im zentralen Mittelfeld könnte hier Alessandro Schöpf gegen Santiago Ascacibar lauten, doch stellvertretend für die entscheidenden Momente im Mittelfeld haben wir uns für das Duell Serdar gegen Prietl entschieden.

[Titelbild: Filip Singer – Pool/Getty Images]

VfB Stuttgart – Hertha BSC: Drei Thesen vor dem Spiel

VfB Stuttgart – Hertha BSC: Drei Thesen vor dem Spiel

Ernüchterung trat nach der gefühlten Niederlage gegen den FC Augsburg ein. In den Schlusssekunden entrissen die Gäste den Herthanern die sicher geglaubten Punkte. Über vieles ließ sich im Anschluss diskutieren: Die Länge der Nachspielzeit, die Vorkommnisse rund um die Rudelbildung an der Eckfahne, die eigene Mentalität. Das sportliche Zustandekommen des Unentschiedens jedenfalls veranlasste die sportliche Führung um Fredi Bobic dazu, einen neuen Weg zu gehen und die zwei Amtszeit Pal Dardais als Trainer zu beenden. Tayfun Korkut ist der neue Mann an der Seitenlinie Herthas. Unsere drei Thesen vor dem Spiel in Stuttgart stehen ganz im Zeichen des Trainerwechsels.

These 1: Punkt(e) zum Einstand – Korkut bleibt sich treu

Drei Stationen kann Tayfun Korkut im deutschen Oberhaus bisher vorweisen. Für Kontinuität auf dem Trainerposten steht sein Name nicht, weshalb seine Verpflichtung bei den Fans der Blau-Weißen nicht unbedingt Jubelstürme ausgelöst hat. Doch es gibt auch gute Nachrichten, zumindest kurzfristiger Natur, denn: Korkut kann Debüts.

(Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

Bei seinem Debüt für Hannover 96 sprang gleich mal ein 3:1-Auswärtssieg in Wolfsburg rum. Sein Auftaktspiel mit Bayer Leverkusen endete immerhin noch 1:1 gegen Werder Bremen, ein verschossener Elfmeter in der letzten Sekunde verhinderte gar einen Sieg. Mit dem VfB Stuttgart startete Korkut ebenfalls beim VfL Wolfsburg und holte ein 1:1.

Besonders groß ist die sample size für Korkut-Auftaktspiele zwar nicht, aber die bisherige Ausbeute führt zur These, dass es auch am Sonntag beim VfB Stuttgart für Hertha und Korkut zu mindestens einem Punkt reichen wird.

These 2: Unter 40 Prozent Ballbesitz

Eine taktische Ausrichtung zu erahnen, ist schwierig. Schließlich stand Korkut gut drei Jahre nicht am Spielfeldrand. Es ist aber davon auszugehen, dass sich Korkut auf die Tugenden besinnen wird, die ihm bei seiner letzten Station zumindest kurzfristig Erfolg brachten.

14 Spiele lang trainierte Korkut in der Saison 2017/18 den VfB Stuttgart – und das erfolgreich. Mit einem Punkteschnitt von 2,1 führte er Herthas kommenden Gegner beinahe in die Europa League. Auffällig war, dass Stuttgart sehr laufintensiv und ohne viel Ballbesitz spielte. In 13 von 14 Spielen hatte man weniger Ballbesitz als der Gegner.

(Photo by Matthias Kern/Getty Images)

Zu Beginn der Folgesaison änderte Stuttgart sein Spiel, probierte mit dem Ball zu agieren. Es folgte eine Serie an sieglosen Spielen und für Korkut war es der Anfang vom Ende. Dass Korkut also wieder auf ein Spiel setzt, in dem man den Ball dem Gegner überlässt, ist anzunehmen.

In die Karten dürfte da spielen, dass sich der VfB Stuttgart schwer mit Gegnern tut, die den Ball nicht wollen. Arminia Bielefeld reichten in dieser Spielzeit 34 Prozent Ballbesitz, um in Stuttgart zu gewinnen, dem FC Augsburg genügten 33 Prozent. Der SC Freiburg siegte mit 36 Prozent.


Wie Tayfun Korkut mit Hertha spielen lassen will, hat er sich noch nicht ganz entlocken lassen. Auf der Pressekonferenz verriet aber zumindest Teile seines Ansatzes. Wir haben seine Aussagen analyisiert!


These 3: Altbekannt – Ascacibar wird Schlüsselspieler

Wenn im laufenden Spielbetrieb ein Trainerwechsel stattfindet, dann ist das oft für diejenigen Spieler gut, welche zuletzt außen vor waren. In der aktuellen Lage könnte etwa ein Myziane Maolida davon profitieren. Anders ist es bei Spielern, die als gesetzt galten und sich plötzlich neu beweisen und womöglich ihre Komfortzone verlassen müssen.

Ein Spieler, der seit dem Auswärtssieg bei Eintracht Frankfurt am 8. Spieltag nicht mehr aus der Startelf verdrängt wurde, ist im defensiven Mittelfeld Santiago Ascacibar. Doch auch unter Korkut dürften seine Chancen gut stehen, vielmehr dürfte ihm eine Schlüsselrolle gehören. Denn als einziger Spieler im Hertha-Kader arbeitete Ascacibar bereits mit Korkut zusammen und könnte eine Art Bonus, einen Vertrauensvorschuss genießen.

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(Photo by Matthias Hangst/Getty Images)

Als Korkut 2017/18 den VfB Stuttgart übernahm, setzte er fortan in jedem möglichen Spiel auf Ascacibar in der Startelf. In den meisten Fällen ließ Korkut eine Doppelsechs auflaufen und stellte Ascacibar einen defensiv orientierten Spieler wie Dennis Aogo oder Holger Badstuber an die Seite. Gut denkbar also, dass Ascacibar und beispielsweise Lucas Tousart die Achse im Mittelfeld bilden werden und „Santi“ als altbekannter Wegbegleiter der verlängerte Arm Korkuts auf dem Platz sein wird.

[Titelbild: Matthias Hangst/Getty Images]

Herthaner des Monats – November 2021: Niklas Stark

Herthaner des Monats – November 2021: Niklas Stark

Er hat im November keine Minute verpasst, Führungsqualität bewiesen und zuletzt sogar Interesse im Mutterland des Fußballs geweckt: Niklas Stark ist Hertha-BASE-Herthaner des Monats.

Und damit starten wir in ein neues Format! Von nun an wollen wir den Herthaner des Monats küren. Hierzu werden wir nicht nur einen Text mit Argumenten liefern, sondern auch in eben jenen eure Meinungen (via Twitter) einfließen lassen!

Ein undankbarer Monat

Zugegeben, wirklich viel lief im November nicht im Sinne der „Alten Dame“. Drei Bundesliga-Spiele fanden aufgrund der Länderspielpause statt, weit reisen musste man dabei nicht. Zuhause empfing man Bayer Leverkusen und den FC Augsburg, beim einzigen Auswärtsspiel ging es nach Köpenick zum 1. FC Union.

Die Ausbeute von zwei Zählern ist nicht nur angesichts der Spielverläufe zu wenig, sie beförderte die Spreeathener mitten zurück in den Abstiegskampf und veranlasste die Vereinsführung zu einem Trainerwechsel.

Gegen Leverkusen hätte nur ein Standard in der letzten Minute besser verteidigt werden müssen und es wären drei Punkte geworden. Gegen den 1. FC Union wurde mehr verspielt als nur Punkte. Gegen den FC Augsburg folgte das Déjà-vu: Wieder wurde der Heimsieg in den Schlusssekunden hergegeben, als man infolge einer Rudelbildung unkonzentriert blieb.

Stark sprang für Boyata ein – und überzeugte

Obendrein musste Hertha auf einen Stammspieler verzichten: Als Dedrick Boyata noch im Oktober im Ligaspiel gegen die TSG Hoffenheim mit rot wegen groben Spiels vom Platz flog und eine Sperre von drei Spielen kassierte, war klar, er würde im November kein Spiel für Hertha bestreiten. Gleich zwei Lücken riss er damit, die des Abwehrchefs und die des Kapitäns. In beide Rollen schlüpfte Niklas Stark.

Gleich gegen Leverkusen zeigte Stark anstelle Boyatas, was den 26-Jährigen so wichtig machen kann. Mit zwölf Ballsicherungen und sechs klärenden Aktionen hatte er maßgeblichen Anteil daran, dass man bis in die Nachspielzeit gegen einen Europa-League-Teilnehmer die null hielt. Zudem kamen 58 seiner 69 Pässe und 20 seiner 25 langen Bälle beim Mitspieler an.

(Photo by Boris Streubel/Getty Images)

An der Seite von Marton Dardai sammelte Stark hier kräftig Argumente, so dass Pal Dardai im Stadtderby auf das selbe Innenverteidiger-Duo setzte. „Es sind neue Spieler dazugekommen, man muss sich aufeinander einstellen, die Abstände müssen passen. Das braucht einfach ein bisschen Zeit“, erklärte Stark die ansprechende Leistung, „jetzt haben wir uns gefunden. Das fühlt sich auch besser an auf dem Platz.“

Reicht es bei Stark zum Anführer?

Im Stadtderby war dann von der neu entdeckten Sicherheit erstmal wenig zu sehen. Starks Zahlen sprachen insgesamt wieder für ihn (52/64 angekommene Pässe, 78% gewonnene Zeikämpfe) und ein kapitaler Fehler unterlief ihm nicht, sondern Nebenmann Dardai.

Doch für einige Fans war Stark in einem solch wichtigen Spiel nicht der gewünschte Leader. „Als Abwehrchef/Kapitän sollte er den anderen Spielern eigentlich Sicherheit geben. Genau das fehlt ihm“, findet etwa @flonaldo_berlin auf Twitter.

Ähnlich sieht das @NiklasP41: „Ich mag ihn eigentlich sehr gern […]. Allerdings finde ich, dass er gerade in schweren Spielen, die gegen uns laufen, nicht als die Führungsposition auftritt, die man sich von ihm versprochen hat.“ – „Mit der Rolle des Abwehrchefs ist er mMn regelmäßig überfordert“, findet @matthias_bach, doch fügt hinzu: „Trotzdem vielleicht der beste einer unterdurchschnittlichen Abwehr.“


Warum musste Pal Dardai gehen? Ist Tayfun Korkut die richtige Wahl? Wie ist die Arbeit von Fredi Bobic bislang zu bewerten? Jetzt unsere Analyse zum Trainerwechsel im Hertha BASE Podcast hören!


Fan-Meinung zu Stark bleibt ambivalent

Gegen den FC Augsburg galt Ähnliches, wie gegen Bayer Leverkusen. Die Viererkette schaffte es lange, Augsburg vom Tor fern zu halten. Die Gäste kamen zwar auf 18 Torschüsse, doch acht davon allein von außerhalb des Strafraums. Stark kam hier über den Kampf ins Spiel, zeigte, dass er nach dem Derby bereit für eine Reaktion war. Pass- und Zweikampfquote lagen wieder jeweils bei über 80 Prozent, dazu trug er beinahe eine Torvorlage für Torunarigha bei, doch der Comebacker erzielte den Treffer aus einer Abseitsposition. „He nearly cost us a goal“, spielte @hahoAnna auf einen Aussetzer hin, als Stark einen Querschläger im eigenen Strafraum fabrizierte.

(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Die Meinungen der Fans zu Stark bleiben ambivalent. „Er kämpft sich immer mehr in die Leader-Rolle rein und das gefällt mir richtig gut“, findet @Holzfuss1892. „Insgesamt ist Stark meiner Meinung nach seit Dardais Übernahme der konstanteste Innenverteidiger den wir zur Verfügung haben […], aktuell bin ich froh ihn zu haben“, meint @Max_imalLost. „Geht meiner Meinung nach als Leader mehr voran. Sportlich momentan sicherlich mit am stabilsten“, so @Die_Spassbremse. Die anderen Stimmen gibt es da aber auch: „Kann von mir aus im Winter verkauft werden“, findet @princeofbel_in. „Er hat gar keinen Ehrgeiz. Er kommt einem vor, als sei es ihm egal“, so @0_tsf.

Festzuhalten bleibt, dass Stark in einem unruhigen Monat leistungstechnisch keinen Ausreißer nach ganz unten hatte, der Leader-Rolle aber auch nicht immer gerecht wurde.

Unsichere Zukunft bei Hertha

Interesse geweckt hat Stark, der zur Saison 2015/16 von seinem Jugendverein 1. FC Nürnberg in die Hauptstadt wechselte, beim englischen Verein West Ham United. Stark, der sich zwar in Berlin wohlfühle, kann sich Medienberichten zufolge einen Wechsel nach London durchaus vorstellen. Hier wird vor allem gutes Management seitens Fredi Bobic gefragt sein, denn Starks Vertrag endet im Sommer.

Möchte man noch Geld für ihn bekommen, muss er im Winter schon verkauft werden, Gespräche über eine mögliche Vertragsverlängerung wurden zuletzt vertagt. Es werden auf jeden Fall spannende Wochen für Niklas Stark, denn mit Boyata steht nun wieder der eigentliche Kapitän zur Verfügung und Torunarigha meldete mit einer guten Leistung gegen Augsburg Ambitionen auf mehr Spielzeit an. Mit Linus Gechter steht zudem ein spannendes Eigengewächs in den Startlöchern.

(Photo by Matthias Kern/Getty Images)

Genki Haraguchi – Im zweiten Anlauf in Berlin angekommen

Genki Haraguchi – Im zweiten Anlauf in Berlin angekommen

Knapp vier Jahre ist es her, dass Genki Haraguchi Hertha BSC den Rücken kehrte. Zunächst zog es ihn zu Fortuna Düsseldorf, dann zu Hannover 96. In diesem Sommer kehrte Haraguchi zurück in die Hauptstadt und hat das Blau-Weiße Trikot gegen ein Rot-Weißes eingetauscht. Beim 1. FC Union ist er inzwischen Stammspieler, auch weil er eine neue Qualität entdeckt hat.

Haraguchis durchwachsene Zeit bei Hertha

Dreieinhalb Jahre spielte Genki Haraguchi bei Hertha BSC und lieferte 16 Scorer in 106 Pflichtspielen. Bei der alten Dame wurde er zumeist als Links- oder Rechtsaußen eingesetzt. War Haraguchi in seiner zweiten Saison, der Spielzeit 2015/16, noch uneingeschränkter Stammspieler, wurden mit fehlenden Leistungen auch die Einsatzzeiten in der Saison 2016/17 kürzer. Nur drei Torbeteteiligungen gelangen ihm in dieser Spielzeit, alle in den Spielen gegen den späteren Absteiger FC Ingolstadt. Über die Jokerrolle kam er in der Folgesaison nicht mehr hinaus.

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(Photo by Boris Streubel/Getty Images for Deutsche Bahn)

Unter dem damaligen wie heutigen Coach Pal Dardai war Haraguchi nur noch sporadisch gefragt, weshalb er in der Winterpause der Saison 2017/18 eine Leihe nach Düsseldorf anstrebte. Weil sein Vertrag im Sommer auslief, aber er die Spielpraxis für die anstehende WM benötigte, verlängerte Haraguchi seinen Vertrag in Berlin, ehe er in Düsseldorf aufschlug. „Wir haben eine sehr gute Lösung gefunden. Genki bekommt bei einem Aufstiegsaspiranten Spielpraxis und wir haben durch die Vertragsverlängerung im Sommer nach der Weltmeisterschaft alle Optionen“, kommentierte Geschäftsführer Michael Preetz den Wechsel damals. Doch so weit sollte es nicht kommen.

Neue Kapitel in Düsseldorf und Hannover

Haraguchi, der bei Düsseldorf in zwölf von 13 möglichen Spielen in der Startelf stand und fünf Torbeteiligungen zum Aufstieg in die erste Liga beisteuerte, entschied sich noch vor der WM, die Hauptstadt endgültig zu verlassen. Statt sich in ein mögliches Schaufenster zu stellen, unterschrieb Haraguchi bei Hannover 96. „Es ist bemerkenswert, dass sich Genki schon vor der WM für uns entschieden hat. Das ist ein tolles Zeichen von ihm, sich bereits vor einem großen Turnier für Hannover 96 zu bekennen“, freute sich der damalige Manager Horst Heldt.

Seine Zeit in Hannover begann unglücklich. Zwar war er von Beginn an gesetzt, wie zu Hertha-Zeiten in der Regel auf dem Flügel, doch Hannover erlebte eine Saison zum Vergessen. Der folgerichtige Abstieg war für Haraguchi kein Grund die Zelte abzubrechen. Die zweite Liga kannte er bereits aus Düsseldorf. Und auch bei Hannover sollte er in der zweiten Liga glänzen. Dass er fortan überwiegend im Zentrum eingesetzt wurde, tat seinem Spiel gut. Elf Torbeteiligungen leistete er in seiner zweiten Spielzeit bei Hannover 96. In seiner dritten und letzten Saison wurde er zum Kopf der Mannschaft, stand in allen 34 Spielen in der Startelf und lieferte 16 Scorer.

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(Photo by Cathrin Mueller/Getty Images)

Nur noch vereinzelt auf der Außenbahn spielend, empfahl sich Haraguchi, dessen Vertrag bei Hannover im Sommer auslief, wieder für die erste Liga. Er entschied sich zum zweiten Mal in seiner Karriere für Berlin und unterschrieb beim 1. FC Union, wo er schnell zum Stammspieler reifte. Den Segen von seinem alten Coach Dardai holte er sich dafür nicht extra: „Darüber habe ich auch nicht nachgedacht. Es wäre schwierig gewesen, wenn ich direkt zu Union gewechselt wäre. Aber ich war zwischenzeitlich in Hannover und Düsseldorf. Meiner Meinung nach ist es kein Problem“, so Haraguchi.

Haraguchi erfand sein Spiel neu

Es ist nicht allein die aus Hannover bekannte spielerische Klasse, wegen der sich Haraguchi schnell in der Stammelf der Köpenicker festsetzte, wenngleich sich herausragende Aktionen häufen. Etwa die technisch anspruchsvolle Vorarbeit für Stürmer Awoniyi zum 1:0 am 8. Spieltag gegen Wolfsburg. Viel mehr hat er es in kurzer Zeit geschafft, die Defensivstruktur Unions zu verstehen und mustergültig umzusetzen. Warf man Haraguchi in der niedersächsischen Landeshauptstadt hin und wieder fehlende Präsenz im Defensivverhalten bis hin zur Lustlosigkeit vor, zeichnet ihn die Arbeit gegen den Ball in dieser Saison mit aus.

Im Dreier-Mittelfeld an der Seite von Prömel und Khedira muss er viel Arbeit verrichten, die wenig spektakulär ist und auch nicht immer Spaß macht, aber die essenziell für das Union-Spiel ist. Das System basiert auf Stabilität. Die zentralen Mittelfeldspieler spulen ein hohes Laufpensum ab, um die Räume bei gegnerischen Angriffen immer eng zu halten. Besonders der Abgang von Robert Andrich drohte hier eine Lücke zu reiße. Die insgesamt zehn externen Neuzugänge Unions ließen einen spielerischen und taktischen Umbruch vermuten, den man nicht vollziehen musste, weil sich auch ein Haraguchi so gut und schnell anpassen und den Abgang Andrichs auffangen konnte.

“Ich bin kein Blauer mehr, jetzt bin ich ein Roter”

Dass er dabei schon auf vier Torvorlagen kommt, unterstreicht seine offensive Qualität. Sonderlob erhielt er nach dem letzten Heimspiel gegen Bayern München auch von Trainer Urs Fischer: „Nach ein bisschen Anfangsschwierigkeiten ist er jetzt richtig drin. Er hat eine Klarheit im Spiel, kann immer wieder Situationen kreieren, wo wir Linien überspielen.“

(Photo by Lukas Schulze/Getty Images)

Mit inzwischen 30 Jahren und den letzten beiden Saisons im deutschen Unterhaus schien der Wechsel zum 1. FC Union wie eine letzte Chance, in der Bundesliga Fuß zu fassen. Eine Chance, die er dem Eindruck der ersten elf Spiele nach genutzt hat. Haraguchi ist im zweiten Anlauf nicht nur angekommen, sondern auch von wichtiger Rolle in Berlin. Er wurde in dieser Saison zum ersten Spieler überhaupt, der für Hertha und Union im deutschen Oberhaus spielte. Nun steht Haraguchi vor seinem ersten Stadtderby.

Dass er für die alten Kollegen keine Geschenke zu verteilen hat, sondern inzwischen ein Eiserner ist, daran ließ Haraguchi schon vor der Saison keine Zweifel aufkommen: „Ich war Herthaner, aber jetzt bin ich Unioner. Ich bin kein Blauer mehr, jetzt bin ich ein Roter.“

[Titelbild: Maja Hitij/Getty Images]