Hertha BSC – Borussia Mönchengladbach: Der Abschluss einer turbulenten Woche

Hertha BSC – Borussia Mönchengladbach: Der Abschluss einer turbulenten Woche

An ereignisreichen Wochen mangelt es Hertha in den seltensten Fällen. Die zurückliegenden fünf Tage waren dann allerdings doch ein wenig zu viel des Guten. Aber eins nach dem anderen: Zunächst war da die Punkteteilung am Sonntagabend, mit der Hertha, rein nüchtern betrachtet, gegen den Tabellensiebten der Fußball-Bundesliga gut leben kann. Bekanntermaßen ist ein Punkt jedoch in der aktuellen Situation eigentlich nicht genug, zumal es sich eben nicht um irgendeinen Bundesligisten handelte, sondern den Stadtrivalen Union Berlin. Hier scheint es mittlerweile zur unschönen Tradition zu werden, dass Hertha in Duellen an der Alten Försterei, auch ohne Zuschauer, nicht ganz auf der Höhe ist, um es mal euphemistisch auszudrücken. Von der Kombinationssicherheit, die man noch in der Vorwoche gegen Leverkusen bestaunen durfte, war nicht das Geringste zu sehen, sodass das 1:1 am Ende der Alten Dame sogar noch schmeichelte.

Viel Zeit, sich über diesen uninspirierten Auftritt aufzuregen, blieb allerdings nicht, denn bereits am Montag wurde ein Interview von Herthas Torwarttrainer Zsolt Petry veröffentlicht, das in der Hanns-Braun-Straße für kollektives Kopfschütteln gesorgt haben dürfte. In diesem offenbarte der 54-jährige, neben diversen weiteren Verfehlungen, seine homophoben und migrationsfeindlichen Ansichten und ließ Hertha damit keine andere Wahl, als die Zusammenarbeit zu beenden.

Hertha ist politisch – und das ist auch gut so

Ex-Torwarttrainer Zsolt Petry mit dessen Schützling Rune Jarstein (Imago images via Getty Images, nordphoto GmbH, Engler)

So schwer Hertha es seinen Fans auch immer mal wieder macht, diese toxische Beziehung weiterhin aufrecht zu erhalten, so stolz darf man angesichts dessen, wie Carsten Schmidt, Arne Friedrich und Co. in dieser Causa agiert haben, auf den Klub sein. Nach interner Beratung und unter Einbeziehung aller beteiligten Personen – insbesondere der von Petry trainierten Torhüter – gab Hertha nur einen Tag nach Bekanntwerden von Petrys Aussagen, mit Verweis auf die Werte des Vereins, die Trennung vom Ungarn bekannt. Hertha hat damit eindrucksvoll gezeigt, dass rassistisches Gedankengut in keinster Weise zu tolerieren ist. Liest man sich die teils entlarvenden Kommentarspalten bei Facebook und Co. durch, weiß man, wie wichtig es war, dass Hertha hier ein Zeichen gesetzt und wiederholt klar gemacht hat, dass man nicht gleichzeitig Rassist und Anhänger von Hertha BSC sein kann.

Zeit für sportlich positive Schlagzeilen

Gladbachs jüngste Mini-Erfolgsserie steht auf wackeligen Beinen. (Imago images via Getty Images, Guido Kirchner)

Nachdem die Blau-Weißen in dieser Woche also vor allem neben dem Platz Haltung gezeigt haben, wird es nun Zeit, auch auf dem Rasen für gute Nachrichten zu sorgen. Denn trotz vier Zählern aus den letzten beiden Spielen ist man weiterhin mittendrin im Abstiegskampf. Mit Borussia Mönchengladbach wartet nun ein Gegner, der auf dem Papier wieder im Aufwind zu sein scheint. Nachdem infolge der Verkündung des Abgangs von Cheftrainer Marco Rose vier Ligaspiele hintereinander verloren wurden, gab es zuletzt wieder zwei Siege. Zur ganzen Wahrheit gehört aber auch, dass der erste Dreier dabei gegen Schalke heraussprang, die in der diesjährigen Verfassung aus jeglicher, sportlichen Analyse herausgerechnet werden müssen. Auch der Sieg gegen Freiburg am Samstagabend war alles andere als überzeugend. So hätte Freiburg zum Pausenpfiff gut und gern mit 4:0 führen können. In der zweiten Halbzeit steigerte sich das Team von Marco Rose zwar deutlich, doch die Souveränität der Vorsaison ist Gladbach längst abhandengekommen. In den seltensten Fällen gelingt es den „Fohlen“, eine Partie über 90 Minuten zu dominieren und einen Sieg ungefährdet über die Zeit zu bringen.

Dachte man vor der Saison noch, dass mit den Zukäufen von Lazaro und Wolf, die offensiv ohnehin schon stark besetzte Mannschaft nun noch stärker werden würde, ist das Gegenteil der Fall. Sowohl Plea als auch Thuram, Gladbachs Torgaranten im Vorjahr, rennen ihrer Form aktuell weit hinterher. Hinzu kommt, dass die Defensive längst nicht mehr so stabil steht. Bereits jetzt, nach 27 absolvierten Partien, hat der VfL mit 41 Gegentreffern ein Tor mehr kassiert als in der gesamten zurückliegenden Saison. Es darf sich aus blau-weißer Sicht also durchaus etwas ausgemalt werden.

Hoffnung auf Dardai und Khedira

Auch der Blick auf die Personalsituation gibt dabei Grund für vorsichtigen Optimismus. Marton Dardai, der beim Derby wegen einer Innenbanddehnung im Knie nicht bereitstand, könnte am Samstag wieder Kandidat für die Startelf sein. Insbesondere dessen starke Spieleröffnung habe Hertha gegen Union gefehlt, wie Trainer Dardai in der Pressekonferenz vom Donnerstag hervorhob. Auch bei Sami Khedira, der gegen Union in der Schlussphase eingewechselt wurde, sollte es laut Dardai für mindestens 45 Minuten reichen. Ein großer Wehrmutstropfen ist indes die Lage rund um Kapitän Dedryck Boyata. Nachdem der Belgier nach dreimonatiger Verletzungspause eine Halbzeit für Belgien absolvierte, zog er sich vor der Partie gegen Union einen Muskelfaserriss zu. Ob es in dieser Saison noch für Einsätze reicht, darf zumindest mal mit einem Fragezeichen versehen werden. Hinzu kommt, dass auch Vladimir Darida nach seiner Rot-Sperre gegen den BVB und Tousart wegen der fünften gelben Karte nicht zur Verfügung stehen werden. Dasselbe gilt für Eduard Löwen, der noch mit muskulären Problemen zu kämpfen hat. Umso wichtiger wäre daher die Einsatzfähigkeit von Dardai und Khedira, um diese turbulente Woche mit einem Erfolgserlebnis zu beschließen.

Quelle Titelbild: Imago images, via Getty Images, Matthias Koch

Podcast #139 Gullivers Reisen

Podcast #139 Gullivers Reisen

Das zweite Erstligaderby in der Alten Försterei zwischen Union und Hertha ist Geschichte. Wir sprechen mit Till Oppermann über die über weite Strecken echt schlimm anzusehende Partie und alles was drum herum noch wichtig war. 

Wir wünschen euch ganz viel Spaß mit der Folge und freuen uns über eure Kommentare.

Teilt den Podcast gerne mit euren Freunden, der Familie oder Bekannten. Wir freuen uns über alle Hörer*innen.

Spendet Becher rettet Leben!

https://www.paypal.com/pools/c/8xZzRpq3Y6

Arne Friedrich Interview:

https://www.theguardian.com/football/2021/apr/04/hertha-berlin-arne-friedrich-focus-on-the-joy-of-the-game-not-fear-of-losing

Dardai Interview

https://www.morgenpost.de/sport/hertha/article231958425/Pal-Dardai-vor-dem-Derby-Wir-wollen-die-Nummer-eins-sein.html

Photo: IMAGO

Hertha und Union – Eine Rivalität wie eine Tasse schwarzer Kaffee

Hertha und Union – Eine Rivalität wie eine Tasse schwarzer Kaffee

Das inzwischen vierte Berliner Erstligaderby verspricht wieder eine heiße Partie zu werden. Die beteiligten Mannschaften werden gerne als totale Gegensätze dargestellt. Dieser Text klärt die Frage, ob Union auch ohne Hertha funktioniert, welchen Herausforderungen sich die Köpenicker in der Zukunft gegenüber sehen und was die beiden Klubs beim gemeinsamen Kaffee-Date bestellen.

Union definiert sich darüber, was man nicht ist

Bestellt man in einer Berliner Kneipe ein „Herrengedeck“, kann es mitunter vorkommen, dass man nicht Bier und Schnaps, sondern Bier und Sekt gereicht bekommt. Die Logik dahinter: Bier für den Mann und der Sekt für seine weibliche Begleitung.

Bestellt man stattdessen ein Berliner Fußballderby, dann bekommt man im Grunde das Gleiche, inklusive der antiquierten Geschlechterrollen. Dennoch sind die Rollen beim kommenden Derby klar zugewiesen. Auf der einen Seite die bodenständigen Köpenicker, stellvertretenden für den authentischen Arbeiter, mit dem man gerne mal ein Bier trinken gehen und sich über die Gesamtsituation auskotzen würde. Ihm gegenüber die mondäne „Alte Dame“, die beherzt das Geld ihres reichen Gönners ausgibt und nach dem dritten Glas Sekt ein bisschen zu laut und zu prahlerisch von ihren Bekanntschaften erzählt.

Foto: IMAGO

Beide Vereine, ihre Fans und die Medien haben jeweils mehr oder weniger zu diesem Bild beigetragen, es kultiviert oder auch versucht zu übermalen. Die Koketterie mit dieser augenscheinlichen Gegensatz ist nicht zu übersehen und auch wenn Union sich betont desinteressiert gibt, hat das Ganze dann doch eher den Anschein, als würde man versuchen sich weniger darüber zu definieren, was man ist, sondern, was man nicht ist, nämlich nicht Hertha.

Hertha und Union: Was wollen die Klubs?

Während Union allerdings noch vollends im modernen Event-Fußball, mitsamt seiner Dynamik, ankommen muss, steckt Hertha, siehe Windhorst, schon längst drin. Das bedeutet aber auch, dass Union sich einer wichtigen Frage stellen muss: Wen wollen sie eigentlich als Fans haben? Hertha hat diese Frage schon längst für sich beantwortet. Der Anspruch ist hier ganz Berlin mitzunehmen, also sowohl den ehrlichen Malocher aus Reinickendorf als auch die neureichen Yuppies aus Charlottenburg. Das der Verein hier manchmal übers Ziel hinaus schießt und die Zusammensetzung seiner Fanbasis anders bewertet, als sie eigentlich ist, steht dem Ursprungsgedanken nicht im Weg: Hertha will DER Berliner Klub sein.

Unions Lokalpatriotismus richtet sich zunächst erstmal auf den eigenen Bezirk, im nächsten Schritt auf den Ost-Teil der Stadt. Das ist marketingtechnisch sehr charmant, blendet die Realität aber gewieft aus. Union ist natürlich nicht mehr nur der Köpenicker Club, sondern genauso ein Unternehmen, wie Hertha und als eben dieses daran interessiert gut zu wirtschaften und auch mehr als die 280.000 Einwohner:innen von Treptow-Köpenick anzusprechen.

Foto: IMAGO

Während Union hier zurecht stolz auf das das Engagement der Fans in puncto Stadion und „Bluten für Union“ verweisen kann, stehen bei Hertha der Streit mit dem Senat über ein neues Stadion, ein Millionen-Investment und zweifelhafter sportlicher Erfolg zu buche. Der einzige Lichtblick scheint das außerordentliche Engagement von Herthas-Fanszene zu sein. Das wird von denen, die die Unterschiede zwischen den Clubs herauszustellen suchen, oft gerne bewusst vergessen. Dreht man die Uhr noch weiter zurück, erzählt Union gerne die Geschichte des Anti-Stasi-Clubs, während Hertha sich in den 70ern tief im Bundesliga-Skandal verwickelt sah.

Der Arbeiter als Marketingobjekt

Es sieht also nicht gut aus für die alte Dame. Die Öffentlichkeit hat sich festgelegt: Union steht für das, was Fußball einst war und Hertha für das, was er nie werden sollte. Doch so einfach ist es nicht. Denn es ist eben dieses „Anders-Sein“, was Union die Fans einbringt, die mit dem ursprünglichen Gedanken wenig bis nichts zu tun haben. Was wir in Köpenick beobachten dürfen, ist ein gewisser positiver Klassismus-Sport-Tourismus. „Komm wir gehen mal zu Union, da sind Wurst und Bier noch zu bezahlen und von den Tribünen wird auch mal ein „Scheiße“ gerufen“. Versteht mich nicht falsch, ich zitiere hier nicht den langjährigen Unioner, sondern diejenigen, die jetzt, nachdem Union es in die erste Liga geschafft hat, ihre plötzliche Liebe zum Fußball entdecken. Das spiegelt sich auch in den Mitgliederzahlen wider. Hatte Union 2006, noch in der Oberliga spielend, 4200 Mitglieder, sind es 2021 und viele wichtige sportliche Erfolge später, knapp 38.000. Man könnte hier den Begriff „Erfolgsfans“ einwerfen und sich an den Reaktionen erfreuen, doch zurück zur Sachlichkeit.

Das Problem ist, dass der Fußball schon längst ein Lifestyle-Produkt geworden ist. Sicherlich gibt es Überbleibsel, die von seinen proletarischen Wurzeln zeugen, aber sowohl Boxing Day als auch „Werkself“ sind heute eigentlich nur noch Marketingfloskeln geworden. Mit diesem Umstand muss sich auch Union auseinandersetzen. Sollen sie ihre Kultigkeit und Authentizität weiter betonen und damit Gefahr laufen, die Menschen anzuziehen, die sich am Arbeitertum zu ergötzen suchen, bevor sie in ihre Eigentumswohnung in Prenzlauer Berg zurückkehren oder sollen sie heimlich still und leise den Mahlsteinen der Kommerzialisierung hingeben?

Foto: imago/Matthias Koch

Natürlich muss sich auch Hertha mit diesem Konflikt befassen, dadurch, dass ihre Fan-Strategie jedoch bewusst nicht klientelpolitisch aufgeladen wird, haben sie es zumindest ein wenig einfacher. Hertha und Union ist die spannendste Berliner Sport-Rivalität, die es momentan zu erleben gibt. Natürlich gibt es Animositäten zwischen dem BFC und Union, sportlich ist die Bundesliga jedoch nun mal am interessantesten. Union scheint sich hier als „Anti-Hertha“ durchaus zu gefallen. Konkurrenz belebt eben das Geschäft. Doch das funktioniert eben nur solange es Hertha in dieser Form gibt.

Sich gegen Hertha zu stellen, klappt nur, solange Hertha eben auch einen kritikwürdigen Kurs fährt. Windhorst macht es hier jeder Fußballromantiker:in allerdings auch sehr einfach. Die Kritik hier nimmt manchmal auch zynische Züge an, wie wenn, das schon erwähnte, soziale Engagement der Hertha-Fans als Marketingaktion verkannt wird. Was bleibt, ist allerdings, dass die eigene Position umso stärker wird, desto stärker der Kontrast zwischen den beiden Vereinen wahrgenommen wird.

Kaffee und Fußball

Teil des Pakets „Union“ ist eben nicht nur, das was Union ist, sondern auch das, was es eben nicht ist und das was es nicht ist, wird hier stark in den Fokus gerückt. Um solche Beziehungen der Negation zu verdeutlichen greift der slowenische Philosoph Slavoj Žižek gerne auf einen Witz aus dem Film „Ninotschka“ vom großen Berliner Ernst Lubitsch zurück : „Ein Mann bestellt in einem Restaurant einen Kaffee ohne Sahne. Der Kellner kommt nach fünf Minuten zurück und sagt: „Tut mir leid, mein Herr, aber wir haben keine Sahne mehr, kann es auch ohne Milch sein?“ Obwohl das faktische Ergebnis in beiden Fällen das Gleiche ist, spielt das, was im Kaffee nicht drin ist eine ontologische Rolle. In anderen Worten: In beiden Fällen bekommt man einen Berliner Fußball Klub (schwarzer Kaffee), doch einmal ist dieser bewusst nicht Hertha (ohne Milch) und im anderen Fall nicht Union (ohne Sahne). Beides kann seinen Status jedoch nur behaupten, solange es eine Alternative gibt. 

Foto: imago/paulrose

Vor diesem Hintergrund schickt sich vielleicht eine andere Anekdote an. Tommi Schmitt, seines Zeichens, Gladbach-Fan, Co-Host von „Gemischtes Hack“ und Union-Sympathisant: „Union ist ein schöner bunter Fleck in dieser Liga. [..] Eigentlich genau das, was Hertha immer sein wollte.“ Er erzählte jüngst in einer Folge „Gemischtes Hack“, wie er versuchte in einem hippen Berlin-Mitte Café einen Kaffee mit Milch zu bekommen. Der klischeehaft stark tätowierte, Man Bun tragende Barista verwehrte ihm diesen Wunsch jedoch unter dem Verweis auf das Konzept des Cafés. Man schenke einfach keinen Kaffee mit Milch aus, das würde die Aromen kaputt machen.

Was das im Bezug auf das Derby und den vermeintlichen Clash zwischen „echt“ und „fake“ heißt, kann sich jeder selbst zusammenreimen.

[Titelbild: IMAGO]

1. FC Union Berlin – Hertha BSC: Das Derby zum richtigen Zeitpunkt?

1. FC Union Berlin – Hertha BSC: Das Derby zum richtigen Zeitpunkt?

Zurück zum Wesentlichen: Nachdem auch mehr als ein Jahr nach Beginn der Pandemie der Fußball seine Sonderstellung immer weiter ausreizt und heiter seine Akteure rund um den Erdball schickt, sind nun alle wieder zurück bei ihren Vereinen. Aus rein nüchterner, sportlicher Sicht kam die Auszeit für Hertha jedoch tatsächlich gelegen. Sami Khedira konnte das Training wieder aufnehmen und wird am Sonntag, ebenso wie Kapitän Dedryck Boyata, im Kader stehen. Dass seine Antreiberqualitäten vonnöten sein werden, steht wohl außer Frage. Denn zum Abschluss des 27. Spieltags ist es zum nunmehr vierten Mal in der ersten Liga so weit: Das Derby steht auf dem Programm!

Im Vorfeld des Spiels gegen Union Berlin haben wir mit Hans-Martin, bekannt durch den Blog und Podcast textilvergehen, gesprochen und von ihm Einblicke in das Unioner Seelenleben während dieser so verrückten Saison bekommen.

Verkehrte Welt in Berlin

(Imago Images via Getty Images)

Dass Hertha und Union vor einem Aufeinandertreffen am 27. Spieltag 14 Punkte trennen, ist auf den ersten Blick nichts Ungewöhnliches. In der Saison 2010/2011, als sich die beiden Rivalen am 21. Spieltag in der zweiten Liga gegenüberstanden, waren es gar 20 Punkte. Allerdings waren es zu diesem Zeitpunkt erwartungsgemäß die Blau-Weißen, die von der Tabellenspitze grüßten, während Union sich im Abstiegskampf befand.

Heute haben sich die Vorzeichen gedreht. Nicht nur die Ligazugehörigkeit beider Teams hat sich geändert, sondern – zumindest, was die aktuelle Spielzeit betrifft – auch die Rangordnung. Hertha bangt dieser Tage um den Verbleib im Oberhaus. Parallel dazu hat Union das Saisonziel des Klassenerhalts faktisch schon erreicht und kann die verbleibenden acht Partien quasi als Bonus angehen.

Ein Satz, den im Vorfeld der Saison so wohl niemand erwartet hätte, wie auch Hans-Martin sagt: „Die Saison übertrifft wirklich alles, was ich zu hoffen gewagt hätte. Gerade nach dem Verlust von Sebastian Andersson hatte ich einen deutlich schwierigeren Verlauf erwartet. Aber Urs Fischer ist es einerseits gelungen, erneut viele neue Spieler einzubinden, und andererseits sozusagen unter Volllast die Spielweise der Mannschaft umzustellen und deutlich weiterzuentwickeln.“

Schwächephase vor dem Derby?

Unions Offensive zeigte sich zuletzt nicht mehr so treffsicher wie in der Hinrunde (Imago Images via Getty Images)

Die „umgestellte Spielweise“ ist dabei sogar fast noch beeindruckender als Unions Tabellenplatz. Während das Mittel der Wahl im letzten Jahr noch in Standards oder langen Bällen auf Andersson bestand, weiß Union nun auch aus dem Spiel heraus Chancen zu kreieren und hat sich in der Hinrunde hinter dem FC Bayern und Borussia Dortmund zum torgefährlichsten Team der Liga gemausert. Zur ganzen Wahrheit zählt aber auch, dass der Höhenflug in den zurückliegenden Spielen nicht mehr fortgesetzt werden konnte. Zu den beachtlichen 28 Zählern aus der ersten Saisonhälfte kamen bis heute nur noch zehn hinzu (zum Vergleich: Hertha holte im selben Zeitraum sieben Punkte). Auch die Torausbeute ist bei weitem nicht mehr so furchteinflößend wie noch in der Hinrunde. Acht Treffer erzielten die Eisernen seit dem 18. Spieltag und damit genauso viele wie Hertha.
Defensiv steht Union derweil weiterhin stabil, hat mit 32 kassierten Toren eine der sichersten Abwehrreihen der Liga. Der Schuh drückt aktuell also vor des Gegners Gehäuse.

Angesprochen darauf sagt Hans-Martin: „Zum einen spielt sicher die Verletzung von Max Kruse eine gewichtige Rolle. Auch wenn ich finde, dass die Mannschaft das insgesamt erstaunlich gut abgefangen hat, so ist er doch in seiner individuellen Klasse und sehr speziellen Spielweise nicht vollständig zu ersetzen. Hinzu kam eine deutlich geringere Effizienz. In der Hinrunde wurden aus 23 xG (expected goals, Anm. d. Red.) noch 32 Tore erzielt, in der bisherigen Rückrunde 8 aus 14. Kruses Fehlen ist da sicher ein Faktor, aber auch individuelle Schwankungen.“

Tatsächlich mangelt es Union neben Max Kruse an einem weiteren Akteur, der als Abschlussspieler fungieren kann. Nach der Verletzung von Awoniyi, mit fünf Treffern immerhin der zweiterfolgreichste Spieler bei den Köpenickern, versuchte es Urs Fischer zuletzt meist mit Joel Pohjanpalo als zweitem Angreifer. Getroffen hat der Finne in dieser Zeit kein einziges Mal. Dabei waren die Chancen, insbesondere am zurückliegenden Spieltag gegen Frankfurt, als man bei der 2:5-Niederlage satte 25 Torschüsse zustande brachte, zuhauf da. Doch auch hier war es wieder Max Kruse, der für die einzigen beiden Treffer sorgte. Dass es Union aber nicht gerecht würde, allein Kruse für die starke Saison verantwortlich zu machen, zeigte sich nach dessen Verletzung beim letzten Derby, in deren Folge er mehrere Wochen ausfiel und Union auch ohne sein Zutun unter anderem den BVB und Leverkusen schlug sowie Bayern und Wolfsburg einen Punkt abluchste. Dass Unions fußballerische Weiterentwicklung auch ohne den ehemaligen Nationalspieler Bestand hat, konnte man während dieser Phase sehen. Dennoch bleibt festzuhalten, dass es aktuell an einigen Stellen hakt, während der Trend bei Hertha (endlich) wieder in die andere Richtung zu zeigen scheint.

Mehr als ein kurzes Luftholen im Abstiegskampf?

Der Sieg gegen Leverkusen, noch dazu in dieser nicht für möglich gehaltenen Art und Weise, hat im blau-weißen Teil der Hauptstadt für ganz tiefes Durchatmen gesorgt. Damit hat Hertha nun aus den vergangenen drei Partien sechs Punkte geholt und mit dem Dreier gegen die Werkself auch endlich mal ein Spiel gegen ein Top-Team gewonnen. Dass es in der Mannschaft zu stimmen scheint, konnte auch schon in den Spielen davor konstatiert werden. Allein helfen in dieser so schwierigen Phase nun mal nur Punkte. Während Union also weitestgehend befreit in die Partie gehen kann, liegt der Druck ganz klar aufseiten von Hertha. Für gewöhnlich ist das nicht gerade die Stärke der Alten Dame.

Doch gegen Augsburg und Leverkusen hat das Team gezeigt, dass man ihm mit dieser Einschätzung vielleicht unrecht tut. Mit der Rückkehr von Sami Khedira und Dedryck Boyata sind in jedem Fall zwei enorm wichtige Spieler, nicht nur für den Platz, sondern auch für die Kabine, wieder fit. Gleichwohl es insbesondere bei Kapitän Boyata am Sonntag noch nicht für die Startelf reichen dürfte, sind das allemal gute Nachrichten, die Hertha im Abstiegskampf dringend gebrauchen kann.

Quelle Titelbild: Imago Images via Getty Images

Eine kleine Berliner Derbygeschichte – Die heißesten Spiele

Eine kleine Berliner Derbygeschichte – Die heißesten Spiele

Seit 2010 hat Berlin ein richtig feuriges Profifußball-Derby. Doch die Paarung Hertha BSC gegen Union ist nicht das erste spannende Hauptstadt-Duell. Vielmehr hat es nach dem Zweiten Weltkrieg auf beiden Seiten der Stadt tolle Derbys gegeben. Union feierte kurz nach seiner Gründung gegen das vom DDR-Regime protegierte Vorwärts Berlin einen großen Erfolg und Hertha war an einer Zweitligasaison mit drei (!) Berliner Klubs beteiligt. Ein kleiner Rückblick auf wichtige Berlin-Duelle.

22. Mai 1968, Union Berlin vs. Vorwärts Berlin (2:1)

Den 1. FC Union gibt es in seiner jetzigen Form erst seit 1966. Zuvor hatte es in Oberschöneweide mehrere Fusionen, Zusammenschlüsse aber auch Trennungen von Vereinen gegeben, die heute als Vorgänger-Klubs von Union gelten. Leicht hatte es der Verein in der DDR nicht, denn das Regime unterstützte mit aller Kraft Vorwärts Berlin. Die meisten begabten Spieler endeten in der Kaderschmiede von Vorwärts. Ohnehin mischte sich der Staat regelmäßig in den Profifußball ein – so wurden die protegierten Klubs einige Male einfach in eine andere Stadt verlegt. Vorwärts startete beispielsweise in Leipzig, wurde dann nach Berlin verlegt und später nach Frankfurt (Oder). Der heutige BFC Dynamo geht aus einem Ableger von Dynamo Dresden hervor.

Hertha Union Berlin
Mannschaftsfoto des FC Vorwärts Berlin in der Oberliga-Saison 1966/67 (Foto: imago/Werner Schulze)

Union hingegen galt in der DDR von vorn herein als Verein des Volkes, als Anti-Establishment. Allerdings etablierten sich die Köpenicker schnell in der DDR-Oberliga und nur zwei Jahre nach der Klubgründung kam es zu einem der größten Erfolge der Vereinsgeschichte – dem Gewinn des DDR-Pokalwettbewerbs (FDGB-Pokal). Im Finale besiegte man den amtierenden DDR-Meister Carl-Zeiss-Jena. Zu einem Berlin-Derby kam es aber schon im Halbfinale, als Union gegen den Staatsklub Vorwärts im Halbfinale 2:1 gewann. Bis heute feiern die Köpenicker ihre Pokalhelden.

In den folgenden Jahrzehnten kam es in der DDR-Oberliga zu zahlreichen Derbys zwischen Union, dem BFC Dynamo sowie Vorwärts. Die meisten der Spiele wurden jedoch von Dynamo dominiert. Insbesondere in den 1970er und 1980er-Jahren profitierte Dynamo von der Unterstützung des Regimes und wurde quasi zum Serien-Meister der DDR. Union gelang es dagegen nie, die DDR-Oberliga zu gewinnen.

16. November 1974, Tennis Borussia vs. Hertha BSC (0:3)

Auf westberliner Seite wurde Hertha in den ersten zwei Jahrzehnten nach dem Krieg zur stärksten Berliner Mannschaft. In 1970er-Jahren kam es dann allerdings zum einzigen Berliner Derby auf Bundesliga-Ebene bis zum Unioner Aufstieg vor ein paar Jahren. In der Saison 1973/1974 hatte Tennis Borussia damals noch über die zweitklassige Regionalliga den Aufstieg in die Bundesliga geschafft. Das erste Aufeinandertreffen der beiden Teams sollte zum Spektakel werden: Eigentlich hätte TeBe ein Heimspiel gehabt, doch das Interesse in der Bevölkerung an dem Match war riesig – und so wurde die Partie ins Olympiastadion verlegt und fand vor 75.000 Zuschauern statt.

Hertha Union Berlin
Foto: imago/Werner Otto

Gegen die in der Saison 1974/1975 extrem stark aufspielende Hertha hatte der Aufsteiger jedoch keine Chance – Hertha gewann 3:0, „Ete“ (Erich) Beer erzielte zwei der Treffer. Hertha hatte damals einen schlagkräftigen Kader zusammen: Neben Beer gehörten dem Team auch Spieler wie Wolfgang Sidka oder Uwe Kliemann an. Die Mannschaft wurde in dieser Saison sogar Zweiter hinter Borussia Mönchengladbach. TeBe stieg als Vorletzter ab. Allerdings verbrachte die Mannschaft nur ein Jahr in der damals neu gegründeten 2. Bundesliga: Die Saison 1975/76 schloss TeBe als Tabellenführer ab, und so kam es 1976 und 1977 zu zwei weiteren Bundesliga-Derbys zwischen Hertha und Tennis Borussia – eines davon (16. April 1977) konnte Tennis Borussia sogar für sich entscheiden. Aber auch nach dieser Saison reichte es für TeBe nicht für den Klassenerhalt.

18. Februar 1984, SC Charlottenburg vs. Hertha BSC (1:0)

Nach der Saison 1982/1983 stieg auch Hertha aus der Bundesliga ab. Die kommenden Zweitliga-Jahre wurden für Westberliner Fußball-Fans ein reines Derby-Festival. Denn nicht nur Hertha und Tennis Borussia trafen mehrfach aufeinander. Vielmehr sorgte in den 80er-Jahren auch Blau-Weiß 90 für Aufsehen. Und – wer hätte es gedacht? – auch der SC Charlottenburg verbrachte ein Jahr in der 2. Bundesliga.

Gegen die frisch abgestiegenen Herthaner kam es im August 1983 zum ersten Derby der beiden Charlottenburger Teams, das 1:1 unentschieden endete. Im ausverkauften Mommsenstadion gab es in der Rückrunde dann die riesige Überraschung: Der SCC besiegte Hertha mit 1:0. Übrigens: Im Tor des SCC stand damals ein gewisser Andreas Köpke, der nach dem direkten Abstieg der Charlottenburger zu Hertha wechselte.

16. März 1985, Blau-Weiß 90 vs. Hertha BSC (0:2)

In der Saison 1984/1985 deutete sich dann erstmals die zwischenzeitliche Wachablösung im westberliner Fußball an. Das Mariendorfer Team Blau-Weiß 90 war zuvor in die 2. Liga aufgestiegen. Hertha war im zweiten Zweitliga-Jahr immer noch eines der finanzstärksten Teams der Liga und hatte mit Spielern wie beispielsweise Andy Köpke und Horst Ehrmanntraut auch einen absolut bundesligatauglichen Kader zusammen. Doch die Charlottenburger setzten sich während der Saison im Tabellenmittelfeld fest.

In der Rückrunde kam es dann im schlecht besuchten Olympiastadion zu einem der letzten Siege der Herthaner dieser Saison, als Blau-Weiß mit 2:0 besiegt wurde. Für die Mariendorfer ging es anschließend bergauf, für Hertha bergab. Auf Platz 14 konnte man den Abstieg nur knapp vermeiden, Blau-Weiß wurde Siebter. In der darauffolgenden Saison sollte aber alles noch viel schlimmer kommen für Hertha.

8. Mai 1986, Blau-Weiß 90 vs. Tennis Borussia (1:2)

Drei Berliner Mannschaften in einer Profiliga – das hat es bislang nur in der Saison 1985/1986 gegeben. Tennis Borussia war zuvor gerade wieder aus der Regionalliga aufgestiegen, Hertha und Blau-Weiß 90 waren schon vorher in der 2. Liga. Blau-Weiß-90 war inzwischen aus der Mariendorfer „Rathausritze“ ins Olympiastadion gezogen, das man sich im 2-Wochen-Takt mit Hertha teilte. Tennis Borussia spielte im Mommsenstadion, wobei auch einige Derbys mit TeBe-Beteiligung ins Olympiastadion verlegt wurden.

Hertha Union Berlin
Foto: imago/Kicker/Eissner

Was sich in der Vorsaison bereits angedeutet hatte, wurde in dieser Saison bitte Wahrheit. Hertha spielte eine schlechte Runde, obwohl man kein einziges Derby verlor. Blau-Weiß hingegen wurde im Saisonverlauf immer stärker und hatte am letzten Spieltag gegen Tennis Borussia die Chance, den direkten Aufstieg in die Bundesliga zu sichern. Das Spiel gegen das schon abgestiegene Team von TeBe verlor man zwar 1:2 – weil aber Fortuna Köln gegen den Karslruher SC nicht über ein Unentschieden hinauskam, stieg Blau-Weiß 90 direkt auf. Hertha hingegen kämpfte mit Freiburg im Fernduell um den Klassenerhalt. Da das eigene Spiel in Aachen allerdings mit 0:2 verloren ging, brachten alle Rechenbeispiele nichts mehr – Hertha war fortan drittklassig.

Allerdings: Auch für Blau-Weiß 90 sollte das Abenteuer Bundesliga schnell wieder zu einem bitteren Ende kommen. Mit einer miserablen Punktebilanz von 18:50 wurde man Letzter. Für viele Jahre musste die Bundesliga in der Folge wieder ohne Berliner Teams auskommen. Hertha jedenfalls blieb zwei Saisons lang drittklassig. Erst im Juni 1988 folgte der Wiederaufstieg in Liga 2, wo es erneut zu einigen Duellen mit Blau-Weiß 90 kam. Das folgende Youtube-Video gibt die Fußball-Stimmung im damaligen Westberlin ganz gut wieder:

27. Januar 1990, Hertha BSC vs. Union Berlin (2:1)

Eigentlich haben wir uns hier bislang nur Pflichtspielen gewidmet. Es gibt allerdings ein Derby, das sowohl aufgrund seiner Geschichtsträchtigkeit als auch wegen der aktuellen Rivalität zwischen Hertha und Union erwähnt werden muss. Ende Januar 1990, nur wenige Wochen nach dem Fall der Mauer, trafen sich Hertha und Union zu einem symbolischen Freundschaftsspiel im Olympiastadion vor rund 52.000 Zuschauern. Schon in den letzten Jahren vor der Wende hatte sich zwischen Hertha und Union über die Grenze hinweg eine tiefe Fan-Freundschaft entwickelt. Das Unioner Fanlager leibäugelte wohl nicht zuletzt wegen seiner Ablehnung gegenüber dem DDR-Regime mit dem West-Klub. Als Hertha Ende der 1970er-Jahre Europapokal-Spiele in Osteuropa bestritt, reisten teilweise sogar Unioner an, um die Blau-Weißen zu unterstützen.

Das Spiel am 27. Januar geriet somit zur Nebensache. Fans beider Lager lagen sich in den Armen und feierten die Zusammenführung Berlins.

8. Juni 1991, Union Berlin vs. FC Berlin (1:0)

Union hatte es schwer in den Jahren vor und nach der Wende. Aus der aufgelösten DDR-Oberliga gingen nur zwei Teams in die Bundesliga, die meisten Ost-Teams aus der Oberliga und der DDR-Liga (2. Liga) mussten in einer Qualifikationsrunde um insgesamt sechs Plätze in der 2. Bundesliga kämpfen. Union belegte in der letzten DDR-Liga-Saison den ersten Platz und sicherte sich somit die Beteiligung an der Relegation zur 2. Bundesliga. Im Juni 1991 folgten dann die Relegationsspiele, unter anderem trat Union gegen den FC Berlin an, die Nachfolger-Mannschaft des BFC Dynamo. Das erste Spiel gewann Union zwar knapp mit 1:0, im Rückspiel verloren die Köpenicker allerdings. Aufsteigen konnte keines der beiden Berliner Teams, vielmehr belegte Stahl Brandenburg Platz 1 der Relegationsgruppe.

Die restlichen 1990er-Jahre waren eine harte Zeit für den FCU – sportlich und auch wirtschaftlich. Mehrfach verpasste man den Aufstieg in die 2. Liga. Trotz einer drohenden Insolvenz konnte sich das Team aber stetig in der Regionalliga halten, wo es in den 1990er Jahren zu mehreren Berlin-Duellen mit dem BFC Dynamo kam, der dann auch wieder seinen alten Namen trug. Erst 2009 stiegen die Köpenicker dann in die 2. Liga auf.

28. Oktober 1998, Tennis Borussia vs. Hertha BSC (4:2)

In Westberlin deutete sich Ende der 1990er-Jahre für kurze Zeit nochmals eine neue, spannende Stadtrivalität auf Augenhöhe an. Tennis Borussia war in der Saison 1997/1998 mit Trainer Hermann („Tiger“) Gerland in die 2. Bundesliga aufgestiegen und spielte dort eine starke Saison. Im Oktober 1998 belegte TeBe zwischenzeitlich Platz 1 der 2. Liga – und genau zu dieser Zeit kam es im Achtelfinale des DFB-Pokals zum Berlin-Derby. Hertha war zu dieser Zeit ebenfalls gut unterwegs in der Bundesliga, am Ende der Saison belegte das Team von Jürgen Röber sogar Platz 3 und qualifizierte sich direkt für die Champions League.

hertha union berlin
Foto: IMAGO

Doch an jenem 28. Oktober 1998 war TeBe schlichtweg zu gut für Hertha. Gerlands Mannschaft (u.a. mit Spielern wie Ilja Aracic und Francisco Copado) führte schon zur Halbzeit 2:1 und brachte den Sieg vor einer begeisterten Kulisse im Olympiastadion und nach einem Feuerwerk zu Beginn des Spiels sicher über die Ziellinie. Hertha musste allerdings nur ein Jahr warten, um sich zu revanchieren: Auch in der darauffolgenden DFB-Pokalsaison traf man auf Tennis Borussia, dieses Match entschied Hertha jedoch nach einer Nachspielzeit 3:2 für sich.

17. September 2010, Union vs. Hertha BSC (1:1)

Weil Hertha nach einer dramatisch schlechten Saison 2009/2010 abstieg, kam es im Herbst 2010 zum ersten Pflichtspiel zwischen Hertha und Union. Nach einer frühen Führung durch ein Kopfballtor von Peter Niemeyer entwickelte sich ein offenes, rassiges Spiel. Kurz vor Schluss erzielte Union dann per Fernschuss doch noch das 1:1. Das Rückspiel ging im Olympiastadion sogar 1:2 verloren. Bis heute kam es in Liga eins und zwei zu insgesamt sieben Derbys zwischen den Köpenickern und Hertha: drei Siege für Hertha, zwei für Union und zwei Unentschieden. Wie und woher sich die heute existierende tiefe Abneigung zwischen den beiden Fanlagern ergeben hat, kann wohl niemand vernünftig erklären.

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Schon im ersten Spiel, im Herbst 2010, war von der tiefen Freundschaft, die noch während der Wende-Jahre existierte, keine Spur. Herthas Anhänger zündelten mit Feuerwerkskörpern und nach dem Rückspiel feierte sich Union als „Stadtmeister“, was angesichts der Tabellensituationen der beiden Klubs natürlich eine reine Provokation war. Denn: Hertha stieg direkt in die Bundesliga auf, die Köpenicker mussten noch einige Jahre in der 2. Liga verweilen, bis es dann am 2. November 2019 zum ersten erstklassigen Duell der beiden Vereine kam.

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