Vorschau: Hertha BSC – SV Werder Bremen: Topspiel am Abgrund

Vorschau: Hertha BSC – SV Werder Bremen: Topspiel am Abgrund

Am Samstag um 18.30 Uhr wird das Topspiel des Bundesligaspieltags angepfiffen. Dass es dann ausgerechnet ein Kellerduell zwischen zwei schwächelnden Mannschaften wird, wird die neutralen Zuschauer sicherlich nicht erfreuen. Noch weniger erfreut sind dafür Hertha-Fans nach den letzten Spielen ihrer Mannschaft. Sollte am Samstagabend die „alte Dame“ erneut verlieren, könnte es nun das Ende für Cheftrainer Bruno Labbadia und Manager Michael Preetz bedeuten. Es könnte also im Spiel Hertha BSC – Werder Bremen um einiges gehen. Umso besser vielleicht, dass dafür die große leere Bühne unter Flutlicht bereitsteht, und die ganze Bundesliga zuschauen darf. Immerhin wird Hertha mal im Mittelpunkt stehen.

SV Werder Bremen – stark gegen die Schwachen

Herthas Gegner am Ende einer erneut misslungenen „englischen Woche“ heißt SV Werder Bremen. Eigentlich ein Angstgegner für die Berliner: in der Bundesliga gab es für die Blau-Weißen in 75 Duellen nur 20 Siege, dafür 36 Niederlagen. Immerhin konnte man zuletzt die Bilanz etwas verbessern. Die letzte Niederlage in Berlin gegen Werder ist über vier Jahre her.

Auch für die Bremer gab es in der Saison 2020/21 bisher nicht allzu viel zu feiern. Im ersten Saisonspiel gegen Hertha gab es eine 1:4 Niederlage. Danach konnte die Mannschaft von Trainer Florian Kohfeldt allerdings eine Serie von sieben Spielen ohne Niederlage hinlegen. Davon gingen fünf Spiele mit 1:1 unentschieden aus. In der Hinrunde konnten die Bremer nur vier Siege holen, gleich viele wie die Elf von Bruno Labbadia. Nur ein Punkt trennt beide Mannschaften, die jeweils auf Tabellenplätze 13. (Bremen) und 14. (Hertha) hängen.

Die schlechte Nachricht für Hertha-Fans dürfte die Tatsache sein, dass Werder (bis auf das Auftaktspiel) kein einziges Duell gegen Konkurrenten im Abstiegskampf mehr verlor. Gegen Gelsenkirchen, Mainz, Bielefeld und Augsburg gab es Siege, gegen Köln und Hoffenheim ein Unentschieden. Gerade gegen „schwächere“ Gegner konnte Kohfeldts Elf also überzeugen.

Werders gemischte Bilanz im Jahr 2021  

Am Dienstagabend ging es Auswärts nach Mönchengladbach. Dort konnte Werder trotz ordentlicher Leistung nicht punkten. Doch so schlecht sieht die Formkurve im Jahr 2021 nicht aus. Zwar musste man sich gegen den 1. FC Union Berlin geschlagen geben, holte anschließend aber einen Punkt in Leverkusen. Vergangenes Wochenende schlugen die Bremer den FC Augsburg mit 2:0. Wie gut oder schlecht Werder Bremen nun wirklich in dieser Saison ist, bleibt schwer einzuschätzen.

(Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

Großartigen Fußball spielt man an der Weser auch diese Saison sicherlich nicht. Dafür hat man weniger Probleme damit, auf kämpferischer Art und Weise die Spiele an sich zu reißen. Abstiegskampf kennen die Bremer Spieler von letzter Saison noch zu gut. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird Kohfeldt sein Team wie im Spiel gegen den FC Augsburg mit einer Dreierkette auf den Rasen im Olympiastadion schicken.

Sollte es Hertha dann erneut gegen drei großgewachsene Innenverteidiger nur mit Flanken versuchen, könnte das Spiel für die „alte Dame“ ähnlich verlaufen wie am Dienstagabend gegen die TSG aus Hoffenheim. Eine Bremer Personalie wird am Samstag jedenfalls wieder zum Thema werden: Davie Selke wird zum ersten Mal seit seiner Rückkehr an der Weser im Olympiastadion gegen Hertha spielen.

Hertha im Abstiegskampf – Kritik wird immer lauter

Doch im Grunde genommen geht es weniger darum, wie Herthas Gegner heißt oder wie dieser aufgestellt ist. Die letzten Wochen zeigten sehr gut, dass die „alte Dame“ mit sich selbst am meisten zu kämpfen hat. Zu den bereits bestehenden Schwächen, wie die Standardschwäche und die Probleme im Aufbauspiel, kamen neue hinzu. Jetzt schaffen es die Blau-Weißen nicht mal mehr zu treffen. Seit dem Sieg gegen Gelsenkirchen gab es keinen eigenen Treffer mehr.

(Photo by Boris Streubel/Getty Images)

Über die aktuelle Situation am Schenkendorffplatz wurde in den letzten Tagen bereits sehr viel geschrieben. Besonders Manager Michael Preetz steht im Mittelpunkt der Kritik. Cheftrainer Bruno Labbadia zeigte sich in der Pressekonferenz vor der Partie wie gewohnt realistisch: „Wir können alle die Tabelle lesen und wissen, dass wir aufgrund der Ergebnisse immer mehr unter Druck sind. Das ist normal”. Gegen Bremen gelte es „die Ärmel hochzukrempeln, sich gegen Widerstände zu wehren und nicht mit einer Angst reinzugehen”. Das Problem: ähnliche Parolen konnte man auch nach den Spielen gegen Bielefeld und Köln von Michael Preetz und Bruno Labbadia hören. Eine spürbare Wirkung, die sich auch in Punktgewinne manifestiert, blieb bisher jedoch aus.

Was sich im Vorfeld auf das Spiel Bremen-Spiel veränderte, war eine gewisse „Jetzt-erst-Recht“-Haltung von Trainer Labbadia: “Ich muss vorangehen. Wir liegen ein wenig am Boden. Da kann man liegenbleiben. Aber davon war ich noch nie ein Freund.“ Mit dem Rücken zur Wand wird die Mannschaft jetzt reagieren und punkten müssen. Viele Möglichkeiten bleiben den aktuellen Verantwortlichen wohl nicht mehr, um das Ruder herumzureißen.

Auch in unserer letzten Podcast-Folge ging es um die Kritik an Michael Preetz und die allgemeine Lage im Verein.

Keine Cunha-Sperre und Gerüchte um Gómez

Zur Verfügung stehen Herthas Cheftrainer wohl dieselben Spieler wie unter der Woche gegen Hoffenheim. Personell hat sich nicht viel in den wenigen Tagen verändert. Eine große Schwächung wäre eine mögliche „Last-Minute“-Sperre von Matheus Cunha gewesen. Das Verfahren gegen den Brasilianer wurde jedoch am Freitagnachmittag eingestellt.

Bruno Labbadia wird auch gegen Bremen auf Kapitän Dedryck Boyata und Flügelstürmer Javairo Dilrosun verzichten müssen. Auch Eduard Löwen, Marvin Plattenhardt und Márton Dárdai fallen weiter verletzt aus. Es ist somit wahrscheinlich, dass die Startelf am Samstagabend mehr oder weniger dieselbe sein wird, wie die am Dienstagabend. Womöglich wird man jedoch auf der einen oder anderen Position aus Fitnessgründen rotieren müssen. Doch leider gibt es auf bestimmten Positionen aktuell nicht viele Alternativen.

Gerade die fehlenden Alternativen auf den Außenbahnen und im kreativen Mittelfeld sind ein Problem, das kurzfristig nur mit Winterneuzugängen zu lösen wäre. Manager Michael Preetz scheint jedoch bei der Suche wenig Erfolg zu haben. Das Gerücht um eine mögliche Leihe von Papu Gómez von Atalanta Bergamo erscheint angesichts der unattraktiven Situation von Hertha BSC zurzeit eher unwahrscheinlich. Dabei wäre der Argentinier genau der Spielertyp, den die Berliner dringend brauchen würden. Ein spielstarker, erfahrener Spieler mit großem Charakter auf einer offensiven Position.

Stattdessen wird die „alte Dame“ hoffen müssen, dass beispielsweise der zuletzt sehr schwach spielende Dodi Lukebakio oder die im Abschluss glücklosen Stürmer Krzysztof Piatek und Jhon Córdoba ein plötzliche Formsteigerung erleben. Wie schon so oft in dieser Saison bleibt ansonsten nur noch eine Einzelaktion von Matheus Cunha, um die Torflaute und die Formkrise zu beenden.

Eine Mannschaft schnell aus dem Hut zaubern

Viel schöner und wichtiger wäre natürlich eine geschlossene, stabile und engagierte Mannschaftsleistung der „blau-weißen“. Doch genau das scheint bei Hertha ein großes Problem zu sein. Vize-Kapitän Niklas Stark gab im Interview nach der Partie gegen TSG Hoffenheim diesbezüglich eine sehr unglückliche Figur ab. Nach dem Mannschaftsgefühl von Hertha gefragt zögerte der 25-Jährige viel zu lange bevor er zögerlich: „Natürlich sind wir eine Mannschaft, auch wenn das Ganze auch schwierig ist“ antwortete. Alles andere als überzeugend also.

Foto: xUwexKoch Eibner-Pressefotox EP_EER (IMAGO)

Aktuell gibt es leider einfach keinen Grund für Hertha-Fans optimistisch zu sein, zu enttäuschend waren die letzten Ergebnisse und Auftritte. Cheftrainer Labbadia drückte es im Vorfeld in aller Deutlichkeit aus: „Ich muss vorangehen. Wir liegen ein wenig am Boden. Da kann man liegenbleiben. Aber davon war ich noch nie ein Freund.“

Damit Hertha BSC wieder vom Boden aufsteht, müsste sich aus den vielen verunsicherten Einzelspielern im Kader eine Einheit bilden. Ein Zaubertransfer im Winter wird es sicherlich nicht tun. Nur ein Funken Hoffnung bleibt also noch, dass sich die Spieler gemeinsam aus dieser schwierigen Lage herauskämpfen, und Ihre Einheit somit zu entdecken. Am besten durch einen knappen, umkämpften Sieg gegen Werder Bremen. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

[Titelbild: Patrik Stollarz / AFP/Getty]

Podcast #128 Tousart sammelt gelbe Karten

Podcast #128 Tousart sammelt gelbe Karten

Das war mal wieder nix. Wir reden über #clubhouse, News zum Stadion und das Spiel gegen Hoffenheim. Außerdem benennen wir ganz klar, was der Verein jetzt tun sollte.

Wir wünschen euch ganz viel Spaß mit der Folge und freuen uns über eure Kommentare.

Teilt den Podcast gerne mit euren Freunden, der Familie oder Bekannten. Wir freuen uns über alle Hörer*innen.

Foto: Sport Bilder des Tages 19.01.2021, xfrx, Fussball 1.Bundesliga, Hertha BSC Berlin – TSG 1899 Hoffenheim emspor, v.l. Jhon Cordoba Hertha BSC DFL/DFB REGULATIONS PROHIBIT ANY USE OF PHOTOGRAPHS as IMAGE SEQUENCES and/or QUASI-VIDEO Berlin *** 19 01 2021, xfrx, Football 1 Bundesliga, Hertha BSC Berlin TSG 1899 Hoffenheim emspor, v l Jhon Cordoba Hertha BSC DFL DFB REGULATES PROHIBIT ANY USE OF PHOTOGRAPHS as IMAGE SEQUENCES and or QUASI VIDEO Berlin

Herthaner im Fokus: Hertha BSC – TSG Hoffenheim

Herthaner im Fokus: Hertha BSC – TSG Hoffenheim

Mit einer am Ende deutlichen 0:3-Heimniederlage gegen Hoffenheim beendet Hertha BSC die Hinrunde der Saison 2020/2021. Nach einer ordentlichen Anfangsphase (inklusive verschossenem Elfmeter) verpassten es die Berliner, mit letzter Konsequenz auf die Führung zu drücken. Nach einer knappen halben Stunde kamen die Gäste zur schmeichelhaften Führung, im Anschluss gelang Hertha kaum noch etwas.

Bereits nach den beiden letzten Auftritten auf der Alm in Bielefeld (0:1) und gegen den 1. FC Köln (0:0) waren bei den meisten Hertha-Fans die Erwartungen für das Spiel gegen die ebenfalls kriselnden Hoffenheimer (ein Sieg in den letzten sechs Bundesliga-Spielen) gering. Und Hertha wurde einmal mehr seinem Ruf als „Aufbaugegner“ gerecht – individuell gab es dabei nur wenige Lichtblicke.

Maximilian Mittelstädt – nicht wirklich besser als Plattenhardt

Eine Entscheidung Labbadias, die schon in den vergangenen Monaten immer wieder für Diskussionen sorgte, war die Bevorzugung von Marvin Plattenhardt auf der Linksverteidigerposition. Plattenhardt wurde trotz durchwachsener Leistungen immer wieder Maxi Mittelstädt vorgezogen – dabei waren viele Hertha-Fans der Meinung, dass Mittelstädt sich insbesondere zu Saisonbeginn ordentlich präsentiert hatte.

Durch Plattenhardts Verletzung durfte Mittelstädt gegen Hoffenheim zum zweiten Mal hintereinander von Beginn an ran, das Fazit fällt eher weniger gut aus.

In der Anfangsphase war Mittelstädt unauffällig: Defensiv könnte man das durchaus als Kompliment auffassen, allerdings übten die Gäste auch nur wenig Druck aus, Hertha hatte Ballbesitzanteile von über 70 Prozent.

Und auch offensiv war Mittelstädt quasi unsichtbar. Guendouzi übernahm im Aufbau seine Position hinten links – wohin Mittelstädt auf diese Rochade hin verschwand, war nicht immer leicht festzustellen. Nach einer knappen halben Stunde setzte er mal Córdoba mit einer Flanke in Szene, der Kolumbianer köpfte allerdings über den Kasten. Kurz nach der Halbzeit wiederholte sich dieses Muster: Am Hoffenheimer Strafraum bekam Mittelstädt von Guendouzi den Ball, fand mit seiner Flanke Córdoba – und dieser setzte seinen Kopfball übers Tor.

Foto: IMAGO

Bei der Entstehung des ersten Gegentores machte Mittelstädt eine unglückliche Figur. Er rückte aus der Viererkette, um den Ballführenden Baumgartner unter Druck zu setzen – kam dabei allerdings zu spät und öffnete so den Raum für den Torschützen Sebastian Rudy.

Insbesondere sein zu Saisonbeginn besserer Offensivoutput im Vergleich mit Plattenhardt wurde Mittelstädt hoch angerechnet, gegen Hoffenheim war davon allerdings nur wenig zu sehen. Defensiv unterliefen Herthas Eigengewächs eigentlich keine großen Fehler, trotzdem sprach seine Auswechslung nach 60 Minuten Bände für seine Leistung. Auch weil der erst 17-jährige Luca Netz keinen Deut schlechter machte.

Omar Alderete – Das Thema mit den Ansätzen

In der Hertha-Innenverteidigung lief einmal mehr der Paraguayer Omar Alderete neben Kapitän Niklas Stark auf. Defensiv waren beide in der Anfangsphase kaum gefordert, dafür aber umso mehr im Spielaufbau. Dabei übernahm Alderete einmal mehr den risikoreicheren Part, und zumindest in der ersten halben Stunde war er ein ums andere Mal der X-Faktor in Herthas Spielaufbau: Mit flachen Pässen ins Zentrum auf Cunha, eine der beiden Spitzen oder Guendouzi gelang es ihm gleich mehrere Male, zumindest eine der Hoffenheimer Verteidigungslinien zu überspielen.

Allerdings schlichen sich auch hin und wieder kleinere Fehler ins Spiel Alderetes – einmal vertändelte er in zentraler Lage fast den Ball an einen Hoffenheimer, aus einem Fehlpass nah am eigenen Tor konnten die Hoffenheimer kein Kapital schlagen. Und auch eine Situation, in der Alderete seinen Gegenspieler mit etwas übertriebenem Körpereinsatz „rammte“ und abdrängte, dürfte für die eine oder andere gehobene Augenbraue gesorgt haben.

Foto: IMAGO

In der zweiten Halbzeit waren aber auch bei Alderete jegliche spielerische Anlagen verschwunden, die man in der ersten Hälfte noch bestaunen durfte. Wie auch sein Nebenmann Stark agierte Alderete meistens nach der Devise „lang und weit bringt Sicherheit“, wenn keine einfache Lösung in Sicht war.

Defensiv war der Paraguayer eigentlich nur beim 0:1 zu weit von seinem Gegenspieler entfernt, sonst konnte der Neuzugang die eine oder andere brenzlige Situation bereinigen. Gleichzeitig strahlte er mit seiner etwas aggressiveren Spielweise aber auch nicht unbedingt Ruhe aus.

Dodi Lukébakio – symptomatisch für eine ganze Saison

Nach einigen enttäuschenden Auftritten zuletzt hatte Labbadia mit der Rückkehr von Matheus Cunha die Möglichkeit, Dodi Lukébakio zunächst einmal auf der Bank zu lassen. Nach seiner Einwechslung gelang es dem Belgier allerdings nicht mehr, noch etwas Nennenswertes zu Herthas Offensivbemühungen beizutragen.

Wie so oft in den vergangenen Wochen ging in seinen knapp 30 Minuten auf dem Platz quasi keine Gefahr von Lukébakio aus. Mit seiner ersten Aktion rutschte er auf dem Rasen des Olympiastadions weg – direkt in einen Hoffenheimer Gegenspieler, eine (etwas harte) gelbe Karte war die Konsequenz.

Foto: IMAGO

Und auch beim 0:2 demonstrierte Lukébakio einmal mehr eine seiner gravierendsten Schwächen: Schon in der Entstehung war er zu weit von seinem Gegenspieler entfernt, woraufhin dieser den Ball relativ unbedrängt in den Rückraum zurücklegen konnte. Allerdings hatte Lukébakio den Spieler schon bis zur Grundlinie verfolgt – und weil er sich im Anschluss nicht schnell genug wieder nach vorne bewegte, hob er das Abseits des Torschützen Kramaric auf.

Mit seinem Joker-Einsatz sollte Lukébakio wohl eigentlich zeigen, warum er in Zukunft wieder die richtige Wahl für die Hertha-Startelf wäre. Mit diesem Auftritt ist ihm das aber sicherlich nicht gelungen – eher im Gegenteil.

Lucas Tousart – endlich Stütze und Ballverteiler

Wenn es dann doch noch eine positiv hervorzuhebende Leistung an diesem aus Hertha-Sicht sehr tristen Abend gab, war das mit Sicherheit Lucas Tousart. Der Franzose scheint nach seiner Verletzung immer besser in Tritt zu kommen, gegen Hoffenheim machte er trotz seiner schwachen Mitspieler ein ordentliches Spiel und zeigte, warum Hertha ihn geholt haben könnte.

Foto: IMAGO

Immer wieder konnte Tousart das Spiel erfolgreich verlagern, insbesondere seine hohen Seitenwechsel auf die aufgerückten Außenverteidiger deuteten seine Klasse hier und da an. In einigen Situationen zeigte sich der Franzose aber auch als kombinationssicher, löste unter Mithilfe seiner Nebenleute die eine oder andere Pressingsituation.

Nach dem Seitenwechsel war Tousart dann vor allem als Organisator zwischen den beiden Hertha-Innenverteidigern gefragt. Als Sechser wusste der Franzose in den vergangenen Wochen mit dem Ball deutlich mehr zu überzeugen als zuvor Niklas Stark – sehr wahrscheinlich, dass Tousart auch nach der Genesung von Dedryck Boyata weiterhin Herthas defensiver Mittelfeldspieler Nummer eins bleibt.

Und dann waren da noch …

Deyovaisio Zeefuik, der nach seiner Einwechslung zur Halbzeit defensiv nicht wirklich auf der Höhe wirkte und offensiv zumindest zwei haarsträubende Fehlpässe spielte.

Krzysztof Piatek, der in der ersten Viertelstunde Herthas beste Tormöglichkeit vom Punkt vergab. Danach wirkte der Pole engagiert – und profitierte durchaus von Sturmpartner Jhon Córdoba, er wirkte besser ins Hertha-Spiel eingebunden als in seinen Einsätzen als alleinige Spitze.

Matheus Cunha, der Herthas Offensive eben auch nicht immer retten kann – gegen Hoffenheim erwischte der Brasilianer wieder einen schlechteren Tag, ließ sich durch viele kleine Nickligkeiten der Gegner provozieren und rieb sich daraufhin in Diskussionen auf.

Mattéo Guendouzi, bei dem im Spielverlauf der Verzweiflungspegel ins Unermessliche stieg – in der Schlussphase versuchte der Franzose, es mit allen allein aufzunehmen und ein Solo-Tor à la Cunha zu erzielen. War dabei aber eher weniger erfolgreich und konnte Herthas Spiel auch sonst nicht die Struktur geben, für die er in seinen ersten Spielen gesorgt hatte.

Das Fazit fällt nach dem Spiel gegen Hoffenheim ernüchternd aus – es wird sich wohl etwas ändern müssen bei Hertha BSC, damit sich langfristige Verbesserungen einstellen. Punkt.

[Titelbild: Photo by Boris Streubel/Getty Images]

Flasche leer – Herthaner im Fokus nach Köln-Spiel mal anders

Flasche leer – Herthaner im Fokus nach Köln-Spiel mal anders

Was soll man über dieses Spiel sagen? Eigentlich sollten in diesem Format einzelne Spieler im Vordergrund stehen, doch man muss in dieser Zeit die ganze „Mannschaft“ in die Pflicht nehmen. Was dort auf dem Rasen geschieht, hat wenig mit der ersten Bundesliga zu tun.

Was erlauben Stark

Dabei sah es streckenweise gar nicht mal so schlecht aus. Nach einer ereignislosen Anfangsphase fand man griffig ins Spiel und konnte nach 13 Minuten einen Torschuss vorweisen. Der abschließende Krzystof Piatek scheiterte am stark parierendem Timo Horn. Im gesamten Spiel war ein gewisser Offensivdrang zumindest in Ansätzen erkennbar. Konkret hieß das, dass immer wieder vertikale und oft lange Bälle gespielt wurden.

Insbesondere Niklas Stark wählte diesen Weg. Von seinen 20 (!) langen Bällen kamen allerdings nur elf an. Zum Vergleich: Vladimir Darida spielte 13 lange Bälle, von denen auch elf ankamen. Das Vertikalspiel Herthas kam über diese „hoch-und-weit“ Strategie nicht hinaus. Keinen einzigen Steilpass verzeichnete die Mannschaft.

Foto: IMAGO

Es ist bezeichnend, dass von den 13 abgegebenen Schüssen zwei Drittel von außerhalb des Strafraums abgegeben wurden. Hertha fehlen die Ideen, um einen direkten Zug zum Tor zu entwickeln und auch Spieler, um diese Ideen zu verwirklichen. Es prinzipiell zu versuchen, ist löblich, aber dann bitte auch mit Sinn und Verstand.

Dos and Dodi’s

Sinnbildlich für die Leistung der extrem alten Dame steht der Auftritt Dodi Lukebakios. Der Belgier spielte in einer ungewohnten Position hinter der Doppelspitze Cordoba-Piatek und mimte so einen Cunha-Ersatz. In den ersten Minuten noch unauffällig ging er in der 30. Minute ins starke Dribbling und zeigte in der 32. mit einem schönen Hackenpass zumindest ein Fünkchen Kreativität, nur um sich drei Minuten später im Zentrum festzudribbeln.

(Photo by Lars Baron/Getty Images)

Lukebakio kann auf der Zehn sein Tempo nicht wirklich ausnutzen. Gleichzeitig verhindert seine Körperstatur, dass er auf engem Raum seine Dribblings vollenden kann. Der wohl größte Unterschied zwischen ihm und Cunha dürfte aber die brutale Lustlosigkeit des Belgiers sein. Kämpft Cunha um jeden Ball und ist sich nicht zu schade auch mal am eigenen Strafraum zu holen, ist gegen den Ball nur der Abstand von Hertha zu Union größer als der von Lukebakio zu seinen Gegenspielern.

Erst hatten wir Pech, dann konnten wir es nicht besser

Es gibt bei Hertha kein Zusammenspiel, keine Abstimmung. Jhon Cordoba kann zwar die auf ihn geschlagenen Bälle fest machen, mangels Anspielstationen muss er aber ins Dribbling gehen, was meist mit einem Ballverlust endet. Man neigt dazu in solchen Spiel von Pech zu sprechen.

Anlässe gab es viele. Piatek setze in der 74. Minute einen Schuss nur knapp am linken Außenpfosten vorbei. Dem gleichen Pfosten statte der Ball in der 84. Minute einen Besuch, nach Schuss von Matteo Guendouzi, ab. Wenige Minuten vorher hatte es eine strittige Szene gegeben, als der Ball an den Arm von Sebastian Bornauw sprang, der Schiedsrichter das Spiel aber weiterlaufen ließ und der VAR sich auch nicht meldete.

Foto: IMAGO

Irgendwann ist es aber kein Pech mehr, sondern schlechte Leistung. Wieder bezeichnend eine Szene in der 93. Minute. Hertha hat die Möglichkeit zum Kontern, Cunha will es zu schön machen und ein schlechter Hackenpass beendete die Aktion.

Nichts klappt

Man kommt nicht umhin, als der ganzen Mannschaft ein kollektives Versagen vorzuwerfen. Das liegt auch an der Zusammenstellung der Gleichen. Bruno Labbadia ist aufgrund von Verletzungen ständig gezwungen das System, umzustellen. Das es keine Spieler gibt, die die Lücke einfach schließen können und das das Spiel komplett anders ist, wenn ein bestimmter Spieler mal nicht teilnehmen kann, ist ein Armutszeugnis für jeden Kaderplaner.

Foto: IMAGO

Es funktioniert nicht im 4-3-2-1, es funktioniert nicht im 4-4-2, nicht im 4-3-3 und auch nicht im heutigen 4-3-1-2. Das Spiel musste aufgrund von personellen Engpässen mehr durch das Zentrum gestaltet werden. Dafür kippen die 6er nicht mehr Diagonal ab und die Flügel werden von den Außenverteidigern allein bespielt. Hertha ist dabei aber so ausrechenbar, dass eine einfache Fünferkette, wie von Köln und auch von Union gezeigt, ausreicht, um jegliche Angriffsbemühungen zu neutralisieren. Wird sich im aktuellen Transferfenster nicht ein bisschen Kreativität eingekauft, sieht es schlecht für die Rückrunde aus.

Grundsätzlich macht das alles keinen Spaß. Es macht keine Freude Hertha-Spiele zu gucken, Artikel über Hertha-Spiele zu schreiben oder sich mit Hertha allgemein zu beschäftigen. Hertha ist ein ein Verein, wie eine Raufasertapete. In dieser Hinsicht trifft das ewige Mantra dieser Zeit, dass die Pandemie auch etwas Gutes hätte jedoch zu: Niemand muss sich dieses Elend live im Stadion antun.

[Titelbild: IMAGO]

Podcast #127 Projekt Goldelse

Podcast #127 Projekt Goldelse

Wow! Der nächste Gegner, der aktuell nicht gut dasteht und wieder kommen wir nicht über ein 0:0 hinaus. Es ist frustrierend. Dennoch sprechen wir in dieser Folge über unsere Eindrücke zum Spiel gegen Köln und reden über das Projekt Goldelse.

Wir wünschen euch ganz viel Spaß mit der Folge und freuen uns über eure Kommentare.

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Foto: (Photo by Lars Baron/Getty Images)