Herthaner im Fokus: Routine schlägt Kampfgeist

Herthaner im Fokus: Routine schlägt Kampfgeist

Ein ausverkauftes Berliner Olympiastadion, eine weitere ansprechende Leistung der Hertha und am Ende steht eine Niederlage gegen den FC Bayern München fest. Höhepunkte der Veranstaltung sollten definitiv die zahlreichen Banner gegen die WM in Katar sein, die in beiden Fanlagern präsentiert wurden. Auf dem Rasen fand ein Spiel statt, welches zwei sehr verschiedene Halbzeiten zu bieten hatte. Während nach 45 Minuten und einer wilden ersten Halbzeit bereits der 2:3-Endstand auf der Anzeigetafel zu sehen war, war die zweite Hälfte bis auf einer kurzen Druckphase der Bayern durch solide Abwehrleistungen geprägt. Und die Gründe für die Niederlage waren insbesondere in der Topform und eiskalten Spielweise verschiedener Bayern-Spieler, wie Jamal Musiala oder Eric-Maxim Choupo-Moting zu finden. Und leider auch darin, dass Herthas Verteidigung in manch einem Moment überfordert und unaufmerksam war.

Schwarz setzt erstmals auf ein 4-4-2

Gegen den Rekordmeister stellte Sandro Schwarz seine Mannschaft in einem 4-4-2-System auf. Personell musste er verletzungs- bzw. gesundheitsbedingt zweimal wechseln. Jean-Paul Boetius ersetzte den in Bremen verletzt ausgewechselten Stevan Jovetic, Davie Selke den unter der Woche an Magen-Darm erkrankten Wilfried Kanga im Sturm. Dort wurde Selke von Dodi Lukebakio unterstützt, der von den Außen in die Mitte gewechselt ist. Boetius nahm zunächst die Position des linken Außenspielers dafür ein. Auf der rechten Seite agierte dafür Marco Richter. Im zentralen Mittelfeld war die übliche Achse, bestehend aus Lucas Tousart und Suat Serdar, zu finden. In der Verteidigung sollte sich wieder nichts verändern. Links Kapitän Marvin Plattenhardt, in der Innenverteidigung Marc-Oliver Kempf, Agustin Rogel und Jonjoe Kenny. Im Tor stand Oliver Christensen.

In unserer heutigen Analyse schauen wir auf die Offensivakteure, jemanden, der zum Leistungsträger herangewachsen ist und die Einwechslungen.

Dodi Lukebakio: Gegen Bayern gefährlich wie immer

Eigentlich sind alle Lobeshymnen über Dodi Lukebakio gesungen. Er ist in dieser Saison einfach einer der besten Spieler von Hertha BSC. Der Belgier wächst immer mehr zum Führungsspieler heran, was auch seine Ansprache ans Team vor dem Spiel zeigte. Und wie üblich gegen die Bayern, war er auch vor dem Tor gefährlich. Die kleine Umstellung von den Außen in die Sturmzentrale sollte sich auszahlen. Schon nach vier Minuten und einem siegreichen Laufduell gegen Dayot Upamecano zwang er Manuel Neuer zu seiner ersten Parade. Seinem Schuss auf die obere Torecke fehlte aber die nötige Kraft, um den wiedergenesenen deutschen Nationaltorhüter wirklich vor Probleme zu stellen. In der 40. Minute konnte er seine Mühe und seinen Einsatz vergolden. Nach einer Flanke von Richter ließ er Neuer per Direktabnahme keine Chance. Das 1:3 weckte Hertha kurz vor der Pause nochmal auf.

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(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Insgesamt war Lukebakio 38 Mal am Ball, spielte 71 Prozent erfolgreiche Pässe, gewann 50 Prozent seiner Zweikämpfe und vollzog drei von vier Dribblings erfolgreich. Insgesamt wirklich starke Statistiken für einen Stürmer. Hinzu kommen drei Torschüsse, er bereitete einen weiteren vor, aber er hatte auch 12 Ballverluste, die man allerdings wohl gegen die Bayern mit einberechnen muss. In der zweiten Halbzeit konnte aber auch er kaum noch nennenswerte Akzente in der Offensive setzen. Dodi Lukebakios Form ist enorm wichtig für das Team. Er ist der beste Offensivspieler, Toptorjäger und der einzige, der regelmäßig zählbare Leistung liefern kann. In Herthas Situation Gold wert, aber leider zu wenig, wenn seine Mitspieler nicht ähnliches liefern können.

Jonjoe Kenny: Zum Leistungsträger herangewachsen

Einer, der nicht in der Offensive zu sehen ist, aber ebenfalls mittlerweile oft mit starken Leistungen glänzen kann, ist Rechtsverteidiger Jonjoe Kenny. Der Engländer brauchte einige Spiele, um im Team anzukommen, doch mittlerweile ist er kaum noch wegzudenken. Neben Oliver Christensen, ist er der einzige Herthaner, der noch keine Minute in dieser Saison verpasst hat. Und auch gegen die Bayern zeigte er eine absolut ansprechende Leistung. Ganz nebenbei waren mit Sadio Mané und Kingsley Coman zwei absolute Weltstars seine direkten Gegenspieler.

(Photo by RONNY HARTMANN/AFP via Getty Images)

Er war 42 Mal am Ball, spielte 60 Prozent erfolgreiche Pässe und konnte solide 71 Prozent Zweikämpfe für sich entscheiden. In der Verteidigung hatte er gegen die stürmenden Bayern allerhand zu tun. Sechsmal klärte er den Ball aus dem Strafraum, blockte zwei Schüsse, lief drei Bälle ab und entschied fünf Tacklings für sich. Stolze Zahlen für den Dauerbrenner. Jonjoe Kenny ist sicherlich kein Spieler für die Galerie, doch er hat Herthas Dienstältesten Fußballer, Peter Pekarik, auf dieser Position endlich ersetzen können. Wahrscheinlich auch weil er dem Slowaken eben manchmal recht ähnlich ist.

Davie Selke: Deutscher Choupo-Moting… oder andersrum?

Aus Davie Selke wird in diesem Leben wohl kein eiskalter Vollstrecker vor dem Tor mehr. Zumindest nicht im Hertha-Trikot. Etwas, was man vor wenigen Wochen auch über Eric-Maxim Choupo-Moting dachte, bis der auf einmal in die Form seines Lebens kam und mittlerweile beim FC Bayern für etliche Tore sorgt. These: Würden Choupo-Moting und Selke die Teams wechseln, würde auch Selke eine Statistik wie der Kameruner vorweisen können. Im Endeffekt liegt es dann doch zu großen Teilen an den Mitspielern und am Kopf. Die beiden Tore, die Choupo-Moting Hertha einschenkte, hätte Selke nicht schöner veredeln können. Luftloch schießen und im Fallen mit dem Standbein den Ball ins Tor drücken – eben eine hohe Kunst besonderer Stürmer …

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(Photo by RONNY HARTMANN/AFP via Getty Images)

Davie Selke war gegen die Münchner 64 Minuten lang auf dem Platz, eher er Wilfried Kanga Platz machen musste. Und wie immer war er bemüht, umtriebig und war hochmotiviert. Nach elf Minuten hatte er seine erste von drei Möglichkeiten vor dem Tor. Die Hereingabe von Marvin Plattenhardt konnte er aber nicht mit dem nötigen Druck auf Neuers Tor bringen. Keine Gefahr im Endeffekt. 30 Mal war Selke am Ball, spielte elf von siebzehn Pässen erfolgreich, gewann die Hälfte seiner Zweikämpfe und holte kurz vor dem Ende der ersten Halbzeit den Elfmeter raus, als ihm Benjamin Pavard auf den Fuß stieg. Den Elfmeter verwandelte er selbst sicher. Der Anschlus war hergestellt.

Auch wenn die Statistiken von Selke keinesfalls schlecht sind, so fehlt ihm doch einiges, um ein wirklich entscheidender Faktor im Spiel der Hertha zu sein. Zu oft fehlt ihm das nötige Gefühl in der Ballbehandlung, wie in der 27. Minute, als es ihm nicht gelang den Ball in extrem aussichtsreicher Position zu kontrollieren. Die unfreiwillige Abgabe war immerhin die Vorlage einer guten Chance Marco Richters. Glück hatte Selke zusätzlich in der 16. Minute, als sein rüdes Foul gegen Upamecano eigentlich mit gelb hätte bestraft werden müssen. Der Stürmer war wie immer bemüht, konnte dank des Elfmeters Zählbares produzieren, insgesamt aber zu harmlos.

Marco Richter: Gut begonnen, stark nachgelassen

Marco Richter war wie immer sehr motiviert und glücklicherweise trotz Schwierigkeiten auf dem Platz nicht so schnell frustriert, wie häufiger in manchen Spielen in der Vergangenheit. In der 27. Minute hatte Richter schlichtweg Pech, es mit einem der besten Torhüter der Welt zu tun zu haben. Seinen wirklich sehenswerten Schlenzer aus der Drehung auf das linke, obere Toreck, hielt Manuel Neuer mit einer absoluten Glanzparade. Nicht viele Bundesligatorhüter sind in der Lage, solch einen Ball noch aus der Ecke zu fischen. In den meisten Spielen hätte Hertha hier wohl ein Tor feiern können. In der 40. Minute konnte er sich mit seinem Assist in die Statistiken eintragen. Seine Flanke von der rechten Seite war wohlgetimt, um Lukebakio den perfekten Torabschluss zu ermöglichen.

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Gegen die Bayern war Richter 78 Minuten dabei, ehe er von Myziane Maolida ersetzt wurde. Die Verteidigung machte es ihm durchgehend schwer sich zu entfalten. 28 Mal war er am Ball, spielte acht von vierzehn Pässen erfolgreich, konnte aber nur drei von zehn Zweikämpfen für sich entscheiden. Zudem kommen zwölf Ballverluste. Insbesondere ab der zweiten Halbzeit konnte er kaum noch Einfluss auf das Offensivspiel der Hertha nehmen. Insgesamt hat Richter aktuell im Zweikampf um den Startelfplatz gegen Chidera Ejuke leicht die Nase vorn.

Die Wechsel verpuffen ohne nennenswerten Einfluss auf das Spiel

Und da sind wir bei einem Problem, was sich seit einigen Spielen bei Hertha durchzieht. Die Einwechslungen bringen aktuell kaum Zählbares zustande. Sie ordnen sich nahezu unsichtbar ins Spiel der Berliner ein, ohne Frische ins Team zu bringen oder einen gewissen Einfluss zu haben. Auch ein Grund, weshalb Richter ohne Probleme vor Ejuke in der Hierarchie stehen kann. Der Nigerianer hat natürlich ein bestechendes Tempo, aber seine Fehler in der Entscheidungsfindung auf dem Platz lassen einfach keine hilfreichen Aktionen zu. Pässe spielt er zu spät oder gar nicht, mal einen Torschussversuch abgeben, sucht man bei ihm ebenso vergeblich. Ejuke ist seit Wochen außer Form und schafft es Richter nicht zu ersetzen.

(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Myziane Maolidas Vorstellung gegen Bayern war kläglich. Eingewechselt in der 78. Minute sollte er nochmal Offensivschwung bringen, herausgekommen ist rein gar nichts. Er war sieben Mal am Ball, davon verlor er ihn sechsmal. Keiner seiner drei Pässe kam beim Mitspieler an, nicht einmal aus kürzester Entfernung. Myziane Maolida fehlt Spielpraxis, ist aber kaum als Teil des Teams zu erkennen und sehr weit von Bundesliganiveau entfernt.

Wilfried Kanga und Kevin-Prince Boateng bemühten sich, konnten aber auch nichts in der Offensive ausrichten. Kanga wurde von Bayerns Abwehr kaltgestellt, lag in der Luft und brachte keinen Schuss oder auch nur Versuch auf das Tor von Neuer. Für Boateng ist das Spiel gegen die Bayern schlichtweg zu schnell gewesen, er ist nicht mehr in der Lage auf solch einem hohen Niveau noch mitzuhalten und dann auch noch klare Akzente zu setzen.

Maximilian Mittelstädt kam schon nach 65 Minuten für Marvin Plattenhardt. Auch wenn er keinen großen Einfluss auf das Spiel hatte, wurde in diesen Minuten schnell wieder deutlich, dass er einfach der bessere Linksverteidiger im Kader ist. Plattenhardt sah blass aus, allerdings konnten auch nicht Marc-Oliver Kempf und vor allem nicht Agustin Rogel überzeugen. Gerade Rogel hatte unglückliche Aktionen bei den Gegentoren.

Viel Lob bringt keine Punkte

Ja, eine Niederlage gegen die Bayern ist okay. Gegen den Rekordmeister zu punkten kann man nicht verlangen und schon gar nicht einplanen. Und Hertha gelang es wie gegen Leipzig nach einem deutlichen Rückstand das Spiel nochmal spannend zu machen, eine Qualität der Mannschaft. Aber am Ende sind nicht die Punkte, die man gegen Leipzig oder Bayern abgeben musste, das Problem. Da werden fehlende Punkte gegen Bremen, Hoffenheim oder Mainz zu einem Problem. Hertha steht nach 13 Spieltagen mit elf Punkten auf Platz 15. Zwei Siegen, stehen fünf Remis und sechs Niederlagen gegenüber. Das ist zu wenig, um von einer guten Bundesligasaison zu sprechen. Es hilft nichts, sich an immer den gleichen Lobeshymnen festzuhalten. Gute Spiele bedeuten nicht gleich Punkte und da ist letztendlich auch jede xGoals-Statistik unwichtig. Die Restsaison wird unglaublich hart, wenn man nicht gegen Stuttgart oder Köln einen Sieg, eigentlich zwei Siege, einfährt. In einer Woche wissen wir mehr.

(Titelbild: Maja Hitij/Getty Images)

Herthaner im Fokus: Herz und Leidenschaft reichen nicht

Herthaner im Fokus: Herz und Leidenschaft reichen nicht

Hertha BSC schafft im mittlerweile dritten von vier Spielen zum Bundesliga-Start nicht, etwas Zählbares mitzunehmen. Angesichts des anspruchsvollen Programms in gewisser Weise verschmerzbar. Fans, Experten, aber vor allem Spieler und Trainerteam wissen den Start einzuordnen, weshalb in Berlin weiter ungestört gearbeitet werden kann.

Gegen Borussia Dortmund kam eine Mannschaft ins Berliner Olympiastadion, die sich zum Saisonbeginn schwergetan hat, weshalb sich Herthas Team mit seinem Offensivspiel nicht zu verstecken brauchte. Im mit 62.142 gut gefüllten, aber bei Weitem nicht ausverkauften Olympiastadion, in dem Frank Zander mal wieder die Hymne “Nur nach Hause” live performte, wurde der BVB allerdings seiner Favoritenrolle gerecht, erarbeitete sich zahlreiche Chancen und konnte dank des ersten Tors von Antony Modeste im schwarz-gelben Trikot nach 32 Minuten als Sieger vom Platz gehen.

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(Photo by RONNY HARTMANN/AFP via Getty Images)

Sandro Schwarz stellte sein Team wieder im 4-3-3-System auf und änderte zum Teil gezwungenermaßen, zum Teil gewollt auf drei Positionen das Personal. Das Tor sollte wieder Oliver Christensen hüten, auf der linken Seite der Verteidigung ersetzte Kapitän Marvin Plattenhardt Maximilian Mittelstädt, der sich mit seinem unglücklichen Auftritt in Mönchengladbach beim Trainer zunächst nicht für weitere Startelfeinsätze empfehlen konnte. In der Innenverteidigung ersetzte Marton Dardai den gesperrten Filip Uremovic, neben ihm verteidigte Abwehrchef Marc Oliver Kempf. Als Rechtsverteidiger lief wieder Jonjoe Kenny auf. Im defensiven Mittelfeld agierte der in den vergangenen zwei Spielen als Kapitän aufgelaufene Lucas Tousart, vor ihm Suat Serdar und der für Ivan Sunjic in die Startelf rotierte Jean-Paul Boetius. In der Offensive vertraute das Trainerteam wieder auf Chidera Ejuke und Dodi Lukebakio auf den Flügeln und Wilfried Kanga in der Sturmspitze.

In unserer Analyse schauen wir heute auf die etwas alleingelassene Offensive, zwei Enttäuschungen, ein Duo für die nächsten Spiele und die getätigten Wechsel.

Chidera Ejuke und Dodi Lukebakio: Ohne sie geht’s nicht

Die beiden Außenspieler machen aktuell einfach Spaß. Viel zu lange mussten Hertha-Fans auf geeignete Flügelspieler im Team der Hertha warten. Doch noch gelingt es ihnen nicht, ihre guten Leistungen auch in Zählbares umzumünzen. Gegen die Dortmunder gelang es Ihnen neben ihrer Schnelligkeit noch ein wenig mehr Flexibilität einzubringen, in dem sie sich auf ihren Flügelseiten abwechselten. Chidera Ejuke spielte sogar sein erstes Spiel für Hertha BSC über die komplette Distanz.

Der Nigerianer war mit Wucht, Wendigkeit und Schnelligkeit unterwegs, setzte zu ganzen zehn Dribblings an, von denen er acht erfolgreich beendete. Allgemein war Ejuke 64 Mal am Ball. Er verteilte 39 davon, 32 fanden den Adressaten. Er ging in 16 Zweikämpfe, von denen er neun für sich entscheiden konnte. Der 24-Jährige versuchte, so gut es ging, das Offensivspiel anzukurbeln und in die Hände bzw. an die Füße zu nehmen.

(Photo by Martin Rose/Getty Images)

Mit Hilfe der zu kurz klärenden Dortmunder Verteidigung konnte er bereits in den frühen Anfangsminuten die erste große Chance der Hertha einleiten. Jonjoe Kennys Schuss lenkt der am jenen Samstagnachmittag glänzend aufgelegte Gregor Kobel um den Pfosten. Doch in der 21. Minute sah man auch bei Ejuke, Kanga und Lukebakio, dass die Abstimmung noch nicht optimal funktioniert. Die Überzahlsituation gegen die Dortmunder Verteidigung vertändelten sie leichtfertig. Generell musste sich Ejuke den Verteidigern zu häufig geschlagen geben. Ganze 20 Ballverluste musste er hinnehmen.

Dodi Lukebakio war gegen den BVB bemüht, aber weniger gefährlich und spritzig als noch eine Woche zuvor gegen Mönchengladbach. Auch er musste 16 Ballverluste verzeichnen, hatte im Vergleich zu seinem Partner Ejuke mit 38 Aktionen deutlich weniger Beteiligungen am Spiel und konnte auch nur einen Torschuss beitragen. Immerhin beendete er vier seiner sechs Dribblings erfolgreich, konnte sieben seiner dreizehn Zweikämpfe für sich entscheiden und spielte zwölf von neunzehn Pässen erfolgreich. So fungierte er immerhin in einigen Situationen als Ballverteiler. Der Belgier zeigte trotz fehlenden Glücks aber eine engagierte Leistung. Nach 75 Minuten musste er Platz machen für Marco Richter.

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Ihnen zusprechen muss man, dass die Verteidigung der Dortmunder zu den Besseren der Liga gehört. Nicht jede Partie können sie ihr Spiel entfalten. Wichtig wird allerdings in den nächsten Wochen sein, dass ihre Mühe belohnt wird. Doch dafür muss gearbeitet und das Glück erzwungen werden. Ohne die beiden Spieler erlahmt das Offensivspiel aktuell zu sehr, durch das Zentrum funktioniert nur selten etwas und die verteidigenden Gegner können sich immer mehr auf die beiden Schlüsselfiguren der Berliner einstellen. Wilfried Kanga ist bemüht, doch auch ihm fehlt noch sehr das Glück im Abschluss oder überhaupt die Chance sich in gefährliche Positionen zu spielen. Herthas Mittelstürmer hängt aktuell noch zu sehr in der Luft.

Jean-Paul Boetius: Enttäuschendes Startelfdebüt für Hertha

Der niederländische Neuzugang durfte nach zwei Einwechslungen sein erstes Spiel von Anfang an absolvieren und ersetzte Ivan Sunjic. Doch die Spieler der Borussia konnten Boetius praktisch durchgehend kaltstellen.

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(Photo by Martin Rose/Getty Images)

Er konnte gegen Dortmund weder für produktiven Ballbesitz sorgen, noch die Offensive mit seiner Kreativität unterstützen. Dinge, die dringend nötig gewesen wären, um das Angriffsspiel flexibler zu gestalten. Insgesamt spielte er 23 Pässe, von denen 15 ankamen. Die Hälfte seiner sechs Zweikämpfe konnte er für sich entscheiden. Doch 14 Ballverluste sprechen eine deutliche Sprache. Auch defensiv gelang es ihm nicht eine Hilfe für das Team zu sein. Ein enttäuschendes Startelfdebüt endete nach 55 Minuten, als er für Stevan Jovetic ausgewechselt wurde.

Marc Oliver Kempf und Marton Dardai: Ein Duo mit Zukunft

Marton Dardai durfte sich auf seinen ersten Startelfeinsatz in dieser Saison freuen. Er ersetzte den gesperrten Filip Uremovic. Der Youngster und Marc Oliver Kempf zeigten, dass sie in der Lage sind, die Abwehr zusammenzuhalten, auch wenn der BVB oftmals auch an sich selbst scheiterte. Kempf avanciert immer mehr zum Abwehrchef. Gegen Dortmund spielte er eines seiner besten Spiele im Dress der Hertha.

(Photo by Martin Rose/Getty Images)

Er entschied fünf Tacklings für sich, klärte drei Bälle zum Teil in höchster Not, blockte vier Dortmunder Versuche und lief noch dazu dreimal dem Gegner den Ball ab. Er gewann acht seiner vierzehn Zweikämpfe. Für Kempfs Verhältnisse eine durchaus vernünftige Quote. Die wichtigste Aktion hatte er in der 72. Minute, als er nach Bellinghams Schuss den Ball hinter den bereits geschlagenen Oliver Christensen von der Linie kratzte. Kempf versuchte so gut es ging den Spielaufbau zu gestalten. Er spielte 32 von 34 Pässen erfolgreich zu seinen Mitspielern und versuchte sich mit zahlreichen langen Bällen, von denen immerhin vier ankamen. Doch ihm muss man eine Mitschuld am Gegentreffer zusprechen. Zum wiederholten Mal war er nicht nahe genug an seinem Gegenspieler – in diesem Fall Modeste – und konnte ihn entscheidend am Kopfball hindern. Nach 80 Minuten machte er aus taktischen Gründen Platz für Davie Selke.

Marton Dardai dagegen spielte über die gesamte Spielzeit. Zugegeben, seine Leistung kam nicht an die von Kempf ran, doch er unterstützte in der Defensive mutig und engagiert. Insgesamt rettete er in der Defensive dreimal. Im Aufbauspiel brachte er sich mit 30 erfolgreichen Pässen gut ein. Generell war er mit 53 Aktionen sehr aktiv. Seine Zweikampfleistung ließ arg zu wünschen übrig. Nur einen seiner drei konnte er für sich entscheiden. Und auch er leistete sich einen Schnitzer, der beinahe bestraft wurde. In der 25. Minute unterlief ihm ein übler Fehlpass, der schnelle Gegenangriff mitsamt Torschuss von Antony Modeste ging nur knapp nicht in die Torstatistik ein.

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(Photo by Martin Rose/Getty Images)

Dennoch, Marton Dardais und insbesondere Marc-Oliver Kempfs Leistungen, lassen sich sehen. Die Dortmunder waren ihnen zwar extrem häufig überlegen, aber zeigen sie diese Leistungen gegen Mannschaften, mit geringerer Offensivpower, kommt die noch mehr benötigte Sicherheit auch in deren Spiel an.

Marvin Plattenhardt: Ein großes Fragezeichen

Nach dem er verletzungsbedingt zuletzt zwei Spiele ausgefallen war und Maximilian Mittelstädt ihn nicht von seinem Stammplatz verdrängen konnte, durfte Marvin Plattenhardt wieder als Linksverteidiger auflaufen. Zurecht, schließlich ist er der Kapitän der Mannschaft. Aber dieser Punkt scheint auch das einzige valide Argument zu sein, weshalb er in der Hierarchie über Mittelstädt steht. Zugegeben, auch Mittelstädt brillierte nicht, doch passt er nachweislich wesentlich besser ins System von Sandro Schwarz. Marvin Plattenhardt hatte gegen Borussia Dortmund enorme Probleme. Insbesondere im Defensivbereich. Und sein direkter Gegenspieler war niemand Geringeres als sein ehemaliger Mitspieler Marius Wolf. Ein – mit Verlaub – Fußballer mit, abseits seiner Dynamik, beschränkten Fähigkeiten. Jemand, der von einem soliden Bundesligaverteidiger zumindest phasenweise unter Kontrolle gekriegt werden sollte. Doch Plattenhardt erstarrte regelrecht in einigen Aktionen vor Verzweiflung, weil er kaum Licht in der Verteidigung und Aufbauspiel sah.

(Photo by Martin Rose/Getty Images)

Mit 71 Ballberührungen war der WM-2018-Teilnehmer einer der aktivsten Herthaner. Immerhin konnte er das Angriffsspiel dank seiner Stärke – Flanken – ein wenig ankurbeln. Vier Torschüsse bereitete er vor. Doch für viel Gefahr konnte er nicht sorgen. Immerhin schaffte er defensiv vier Klärungsaktionen und entschied zwei Tacklings für sich. Doch 17 Ballverluste auf so einer wichtigen Position sind ein Hilferuf. Plattenhardt ist es nicht gelungen, die Ausstrahlung eines Kapitäns zu verkörpern, für Sicherheit zu sorgen oder voranzugehen. Er schwimmt zu sehr mit, weil er aufgrund von Verletzungen und der eigenen Leistung viel zu viel mit sich selbst beschäftigt ist. Ein Umstand der vor der Saison bekannt hätte sein müssen.

Allgemein muss sich der Verein bezüglich der Position des Linksverteidigers stark selbst hinterfragen. Wie kann es sein, dass man über zwei Linksverteidiger verfügt, die sich seit etwa sieben Jahren in feiner Regelmäßigkeit abwechseln, nie aber so etwas wie einen Konkurrenzkampf beginnen? Auch Verpflichtungen, die jenen provozieren hätten können, schlugen fehl. Fredrik André Björkan verlässt nach nur einer halben Saison aufgrund fehlender Qualität wieder den Verein.

Kevin Prince Boateng, Marco Richter und Stevan Jovetic: Die Wechsel sorgen für Erfrischung

Sandro Schwarz wechselte während der Partie viermal. Bis auf Davie Selke konnten sie auch auf sich aufmerksam machen. Sie brachten Frische und Torgefahr mit und wurden gezielt, intelligent und nahezu ohne Verzweiflungstaten ins Spiel gebracht. Gerade Stevan Jovetic gelang es, wie schon in den Spielen zuvor, das Offensivspiel an sich zu reißen. Doch auch er scheiterte am starken Gregor Kobel. Man merkt Jovetic die Spielfreude an und sieht, welche Qualitäten noch in ihm stecken. Gegen Dortmund kam der letztjährige mit sechs Toren teaminterne Torschützenkönig nach 55 Minuten für Boetius in die Partie. Es kommt auf den körperlichen Zustand Jovetics an, wie viele Minuten er in der Lage ist, in den nächsten Wochen abzuspulen. Jede Sekunde, die er auf dem Feld steht, kann helfen. Bleibt zu hoffen, dass er entspannt bleibt und nicht wie letzte Saison in Frust verfällt.

(Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

Kevin-Prince Boateng wurde nach 75 Minuten für Suat Serdar eingewechselt. Sein Beitrag war vor allem das Zerstören der Dortmunder Offensive. In seinen paar Minuten zog er vier Fouls. Er pushte seine Mitspieler, wusste das Spiel in der Schlussphase anzuheizen und war immerhin noch zehnmal am Ball. Er spielt neun Pässe, von denen sieben den Mitspieler fanden. Auch wenn er offensiv nichts ausrichten konnte, merkt man ihn die Lust und Leidenschaft an. Sein Herz brennt für Hertha. Doch wie bei Jovetic stellt sich jedes Spiel die Frage, wie viel der Körper noch mitmachen kann. Allein bei seinen Kurzeinsätzen verzichtet er auf lange Läufe. Seine Qualitäten erfrischen das Spiel der Hertha enorm. Doch für die Punkte kann er allein nicht mehr sorgen.

(Photo by Martin Rose/Getty Images)

Für Marco Richter hätte es zum großen „Ausgerechnet-Moment“ kommen können. Es wäre eine beinahe kitschige, aber so wunderschöne Geschichte gewesen. Nach 75 Minuten betrat er das Spielfeld für Dodi Lukebakio. Der vor wenigen Wochen vom Hodentumor genesene Richter betrat unter tosenden Applaus das Spielfeld und hatte in der 79. Minute die Möglichkeit seinen Nachmittag zu vergolden. Doch Richters Schuss aus der Distanz wurde einmal mehr vom hervorragend reagierenden Kobel an die Latte gelenkt. Marco Richter zeigte, wie viel er dem Offensivspiel geben kann. Es kann allen Beteiligten nur guttun, wenn er für einen gewissen Konkurrenzkampf in der Offensive sorgt. Bei seinem Kurzauftritt war er neunmal am Ball, spielte drei von vier erfolgreichen Pässen und gewann 60 Prozent seiner Zweikämpfe. Es war toll ihn wieder auf dem Platz stehen zu sehen.

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Die wichtigen Spiele für Hertha kommen jetzt

Der Saisonstart ist, betrachtet man die Punkteausbeute, misslungen. Nur ein Punkt aus vier Spielen, ein Torverhältnis von 2:6, Derbyniederlage und das Aus im Pokal beim Tabellenletzten der 2. Bundesliga. Hertha steht nach vier Spieltagen auf einem direkten Abstiegsplatz. Doch ohne es schönreden oder nach Ausreden suchen zu wollen – die Niederlage gegen Dortmund hätte aufgrund des Chancenwuchers der Gäste viel höher ausfallen können – ist bis auf das Pokal-Aus nicht mit viel mehr zu rechnen gewesen. Im Gegenteil, der Punkt gegen Eintracht Frankfurt muss als Bonus gewertet werden.

(Photo by Martin Rose/Getty Images)

Und die Fans, Spieler und Trainer scheinen genau das auch zu erkennen. Die Mannschaft musste im Sommer den dritten Umbruch in den letzten Jahren hinnehmen, ist noch in manchen Teilen in der Findungsphase, doch zeigt in vielen Bereichen mittlerweile Fortschritte. Herthas Konkurrenten sind in diesem Jahr nicht Union Berlin, Eintracht Frankfurt, Borussia Mönchengladbach oder Borussia Dortmund. Die wichtigen Spiele, in denen gepunktet werden muss, folgen jetzt. In Augsburg kann die Mannschaft nächsten Sonntag beginnen die Tabelle von hinten aufzurollen und den Fans, die sie seit Wochen großartig unterstützen, etwas zurückgeben. Nun zählen keine Ausreden mehr.

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Herthaner im Fokus: Der Derby-Fluch hält an

Herthaner im Fokus: Der Derby-Fluch hält an

Liebe Leserinnen und liebe Leser, lasst uns kurz einmal in die Vergangenheit schauen. Erinnert ihr euch an den 9. April dieses Jahres? Damals fand der 29. Spieltag der letzten Bundesliga-Saison statt und Hertha BSC wurde im eigenen Stadion sang– und klanglos von enorm starken Unionern überrannt. Am Ende stand eine auch in der Höhe vollkommen gerechtfertigte 1:4-Niederlage und man hing im tiefen Abstiegsschlamassel fest. Beim Blick auf die Startelf des damaligen Spiels fällt auf, dass die einzigen Akteure, die auch beim Derby am 1. Spieltag der neuen Saison in der Startelf standen, Myziane Maolida und Marc-Oliver Kempf waren. Mit Sandro Schwarz steht ein neuer Trainer mit neuer Philosophie, neuem Auftreten und neuer Spielidee an der Seitenlinie und generell hat sich seitdem vieles getan. Doch etwas ist geblieben. Eine spielerische und taktische Überforderung, eine unerklärliche Gelähmtheit einzelner Akteure und die spürbare Angst vor dem Versagen. Es ist mittlerweile ein Mysterium, dass es kaum einer Hertha-Mannschaft gelingt, diese Dinge abzulegen. Sehr wahrscheinlich stecken die Probleme also in noch unergründeten Ecken. Aber nun erst einmal zum Spiel.

Selbes System, selbe Mannschaft, aber einer fehlt

Sandro Schwarz stellte wie schon in Braunschweig die Mannschaft in einem 4-3-3-System auf. Die personelle Aufstellung war fast gänzlich dieselbe. Im Tor stand die dänische Nummer 1 Oliver Christensen. Kapitän Marvin Plattenhardt als Linksverteidiger und Jonjoe Kenny als Rechtsverteidiger auf den Außen. Vor der Verteidigung agierten Ivan Sunjic, Kevin-Prince Boateng und Suat Serdar. In der Offensive sollten Myziane Maolida über links, Dodi Lukebakio über rechts und Davie Selke als üblicher Neuner für die Tore sorgen. Eine Änderung nahm Schwarz allerdings vor und die sorgte für Aufsehen und scheint kein Thema für nur ein Spiel zu sein.

(Photo by Mark Thompson/Getty Images)

Der in Braunschweig unglücklich agierende Marc-Oliver Kempf durfte gegen Union Berlin als Abwehrchef fungieren. Ihn an die Seite gestellt wurde Filip Uremovic. Der kroatische Neuzugang kam also zu seinem Bundesliga-Debüt. Dedryck Boyata, der über Jahre die Rolle des Abwehrchefs einnahm, bekam also die Quittung für seine schlechte Leistung in Braunschweig und wohl auch im Training und wurde nicht einmal mehr für den Spieltags-Kader berücksichtigt.

In unserer Analyse schauen wir heute auf unseren Torhüter, die unsichere Verteidigung, das Führungsspieler-Vakuum und wer sich Hoffnungen auf die Startelf machen kann.

Oliver Christensen: Dankbare Bälle, aber auch viel Pech

Der neue Stammtorhüter der Hertha leistete gegen Union Berlin eine viel bessere Arbeit als zuletzt in Braunschweig. Er zeigte mehr Ruhe und mehr Sicherheit. Gute Paraden gegen die Unioner Offensive belegen das. Insbesondere gegen Ryerson, der einen starken Tag erwischte und die Verteidigung vor viele Probleme stellte. Von eben jenem Ryerson wurde Christensen in der 27. Minuten zu einer Glanzparade gezwungen. Sieht man die Situation sehr kritisch, muss man vielleicht sogar sagen, dass Christensen diesen Ball auch haben muss. Zumindest war es ein dankbarer Ball um sich als Torhüter sehenswert auszeichnen zu können. In der Vergangenheit konnte sich nicht jeder Herthaner zwischen den Torpfosten so auszeichnen. Insgesamt wurde er zu fünf Paraden gezwungen, zweimal konnte er den Ball in brenzliger Situation klären. Eine weitere Unioner Großchance vereitelte er direkt nach Beginn der zweiten Halbzeit, als er einen Kopfball von Becker zur Ecke lenken konnte.

Christensen war wach und bei Standards präsent, wie bei Trimmels Freistoß in der 80. Minute. Immer wieder versuchte er das Spiel der Hertha einzuleiten, 18 seiner 23 Pässe fanden den Mitspieler, acht seiner 13 Versuche lange Bälle bei seinen Kollegen unterzubringen, waren erfolgreich. Bei den Gegentoren trifft Christensen keinesfalls eine Hauptschuld, allerhöchstens zum Teil. Beim 0:1 durch Siebatcheu könnte man ihm ein schlechtes Stellungsspiel unterstellen, als er zu sehr auf die kurze Ecke spekulierte. Beim 0:2 wirkte er zu zögernd. Ein entschiedenes Rauskommen hätte womöglich einen Sieg im Zweikampf mit Becker bedeutet. Beim 0:3 sah er auf der Linie unglücklich aus. Doch eins vereint diese drei Gegentore. Bei allen schlief die komplette Verteidigung. Die schlief allerdings häufiger als nur die drei Mal. Und wenn am Ende der Kette Christensen nicht gewesen wäre, hätte das Spiel schon viel früher entschieden sein können.

(Photo by ODD ANDERSEN/AFP via Getty Images)

Die Absprache mit seinen Kollegen funktioniert noch nicht reibungslos, was angesichts der noch jungen Saison aber verständlich ist. Es wäre schön und vor allem sehr wichtig, sehr bald eine Stamm-Innenverteidigung zu haben. Bekanntlich war das letzte Saison die größte Baustelle der Hertha. Es ist oft gemein, Vergleiche zu ziehen, doch sieht man sich die Unterschiede zwischen Oliver Christensen und Marcel Lotka an, fällt auf, dass der Däne aktuell eher den ruhigen Akteur gibt und weniger den des Wachrüttlers. Dabei wird letzterer gerade dringend gebraucht.

Dedryck Boyata: Dramatischer Abstieg eines Führungsspielers

In Köpenick war er nicht nur nicht in der Startelf. Nein, der Belgier war nicht einmal im Kader. Laut Sandro Schwarz eine Konsequenz aus den Eindrücken vom Spiel in Braunschweig und der Trainingswoche. Es könnte also durchaus sein, dass das Spiel gegen die Löwen Dedryck Boyatas letztes Spiel im Dress der Hertha gewesen ist. Der Absturz des Innenverteidigers konnte schneller kaum gehen. Nach zwei Jahren wurde ihm die Kapitänsbinde abgenommen und nun wurde ihm auch der Rang als Abwehrchef abgelaufen. Sportlich hat Schwarz genug Argumente auf seiner Seite. Zumindest dann, wenn Marc-Oliver Kempf tatsächlich eine Reaktion im Training zeigte.

(Photo by Martin Rose/Getty Images)

In den letzten Jahren war Boyata trotz gelegentlicher Aussetzer einer der besten Verteidiger von Hertha BSC. Sein Standing im Team war extrem hoch, die Mannschaft wählte ihn nicht grundlos zweimal zum Kapitän. Doch er hatte zunehmend mit sich selbst zu kämpfen, zuletzt kamen Wechselgerüchte auf. Nachdem Boyata also noch die gesamte Vorbereitung mitgemacht hatte, steht sein Verbleib in Berlin nun mehr denn je auf der Kippe. Es droht der nächste Führungsspieler zu gehen. Es stellt sich die Frage, wie Sandro Schwarz und Fredi Bobic dieses Führungsvakuum angehen möchten. Insbesondere, wenn auch noch Maximilian Mittelstädt verkauft werden sollte. In der Innenverteidigung gibt es aktuell keinen, der auf diesem Niveau Boyatas Führungsrolle ausfüllen könnte.

Marc-Oliver Kempf: Kein Abwehrchef

Auch nicht Marc-Oliver Kempf. Der war in Köpenick zwar bemüht und gab sich nicht auf. Doch die Rolle Boyatas wird er Stand jetzt nicht ausfüllen können. Dafür hat auch er zu viel mit sich selbst und seinem riskanten Spiel zu tun. Immerhin konnte er sechsmal in teilweise höchster Not klären. 68 Mal war er am Ball. Doch viel zum Aufbauspiel konnte er nicht beitragen. Ganze elf Fehlpässe stehen in seiner Statistik, alles andere als sicher. Nur 45 Prozent, als neun von 20 Zweikämpfen konnte er für sich entscheiden. Beim ersten Gegentreffer war Siebatcheu zu schnell für ihn. Er konnte den Stürmer nicht mehr am Kopfball hindern. Ebenso war er beim 0:2 gegen den schnellen Becker zu langsam. Sein Klärungsversuch sah einigermaßen spektakulär aus, retten konnte er allerdings nichts mehr.

(Photo by ODD ANDERSEN/AFP via Getty Images)

Wir wissen nicht, wie die Spieler im Training drauf sind und was sie dort zu bieten haben. Doch auch wenn Kempf wohl eine gute Reaktion auf seine schwache Leistung in Braunschweig zeigte, konnte er diese leider nicht im Derby bestätigen. Und irgendwo sollte auch dieser Punkt in der Bewertung zählen. Es steht noch viel Arbeit für das Trainerteam an. Eine echte Hierarchie in der Verteidigung scheint es nicht mehr zu geben. Möglicherweise müssen die Karten gänzlich neu gemischt werden.
Doch immerhin …

Filip Uremovic: Kleiner Lichtblick, aber noch überfordert

… einer konnte die Situation zumindest etwas für sich nutzen. Neuzugang Filip Uremovic zeigte sich engagiert, konnte mehrmals klären. Allein schon nach wenigen Sekunden, als er Rani Khediras Torschuss blockte. Insgesamt blockte er drei Bälle und klärte drei weitere. Vier Tacklings gelangen ihm und zweimal konnte er einen Unioner durch einfaches Ablaufen vom Ball trennen. Insgesamt war er 61 Mal im Ballbesitz und konnte 90 Prozent, also 43 von 48 Pässen bei seinen Mitspielern unterbringen. Offensiv versuchte er es zum Beispiel in der Nachspielzeit. Sein Kopfball war allerdings letztendlich zu ungefährlich.

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Doch auch er musste bei den ersten beiden Gegentoren feststellen, dass es ihm deutlich an Tempo fehlt, um gegen schnelle Gegenspieler bestehen zu können. Im Gesamtgefüge war Filip Uremovic ein kleiner Lichtblick, der in brenzligen Situation allerdings noch schnell überfordert war. Die Kommunikation mit seinen Mitspielern ist noch nicht ausgereift. Trotzdem scheint er jemand zu sein, der den Konkurrenzkampf in der Innenverteidigung oder auch auf der Position des Rechtsverteidigers ankurbeln könnte. Gerade auf der rechten Außenposition scheint es nötig zu sein, denn …

Jonjoe Kenny: Maximal Überfordert

… ein weiterer Neuzugang, nämlich Jonjoe Kenny, tat sich im Derby sehr schwer und war des Öfteren maximal überfordert. Zwar konnte auch er ein paar Punkte für sich sammeln, wie fünf Aktionen, die er klären konnte. Insgesamt war Kenny 80 Mal am Ball und damit einer der aktivsten Herthaner, allerdings fabrizierte er dramatische 26 Ballverluste. Von ihm ging keine Sicherheit aus. Dank einiger Tacklings konnte er immerhin acht von 13 Zweikämpfen gewinnen. 37 seiner 55 Pässe kamen beim Mitspieler an, zu wenig für einen Spieler auf seiner Position. Auch Versuche die Offensive in Szene zu setzen schlugen häufig fehl. Nur einer von acht langen Bällen kam beim Mitspieler an. Immerhin konnte er in der 60. Minuten mit einer Flanke für Wilfried Kanga für etwas Torgefahr sorgen. Doch defensiv machte ihm insbesondere Unions Ryerson das Leben enorm schwer. Mehrmals kam er gegen den Norweger zu spät oder setzte zu einer schlechten Grätsche ins Lehre an.

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Aktuell ist Jonjoe Kenny einer der größten Verlierer der unsicheren Verteidigung. Möglicherweise kann er zu einer festen Größe wachsen, dazu ist aber allgemeine Abwehrsicherheit gefordert. Zudem ist er nicht darum zu beneiden, Boateng und Lukebakio, die beide defensiv kaum Unterstützung liefern, als Zuarbeiter auf seiner Spielseite zu haben. Urgestein Peter Pekarik oder Filip Uremovic sitzen ihm im Nacken und könnten nach zwei sehr schwachen Spielen den Briten auf seiner Position ablösen.

Das Mittelfeld: Einfallslos, langsam und kein Bindeglied

Das Dreiergespann, bestehend aus Abräumer Ivan Sunjic und Kevin-Prince Boateng und Suat Serdar blieb gegen Union extrem blass. Noch vor wenigen Tagen wurde insbesondere Ivan Sunjic für sein Spiel in Braunschweig gelobt. Doch kaum trifft man auf einen Gegner, dessen Qualitäten etwas höher anzusetzen sind, steht man vor Problemen. Zumindest scheint es so.

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Die drei wurden zunehmen kaltgestellt. Kevin-Prince Boateng ist aus körperlichen Gründen kaum in der Lage, Extrawege zu gehen und als wirkliches Bindeglied zwischen Sturm und Abwehr zu wirken. Suat Serdar versucht es zu häufig mit Solo-Aktionen. Seine Dribblings gehen meistens ins Leere oder in die Beine von Gegenspielern. Durch ihre Limitierungen waren sie auch nicht in der Lage die Offensive in Szene zu setzen. Davie Selke und Myziane Maolida hingen komplett in der Luft, Dodi Lukebakio konnte erst nach den verschiedenen Wechseln aufspielen. Das Spiel der Hertha wirkt momentan ideenlos und sehr statisch. Um sich ein endgültiges Urteil dazu bilden zu können, ist es allerdings noch zu früh. Das Dreiergespann jetzt schon wieder auseinanderzureißen würde die nächste große Baustelle im Team eröffnen. Womöglich kann hier der wohl festzustehende Neuzugang Jean-Paul Boetius Abhilfe schaffen.

Dodi Lukebakio: Mr. Derby arbeitet zu wenig

Ein kleiner, netter Fakt gefällig? Dodi Lukebakio ist Mr. Derby. Der Belgier hat mittlerweile drei Tore in Berliner Derbys erzielt und ist damit der torgefährlichste Spieler dieser Duelle, Sheraldo Becker ist ihm dicht auf den Fersen. Immerhin eine nette Statistik, die sich Herthaner schönreden können.

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Insgesamt war das Spiel von Dodi Lukebakio in der ersten  Halbzeit nicht vorhanden. Ähnlich wie bei der gesamten Offensive und dem Mittelfeld der Hertha. Er und Kenny konnten sich in keiner Weise ergänzen, das Spiel miteinander bestand praktisch nicht. Erst in der zweiten Halbzeit, beim Stand von 0:3, als Sandro Schwarz mehr dynamische Power einwechselte, konnte auch er sein Spiel entfalten. Nur eines von sechs seiner gefürchteten Tempodribblings konnte er in irgendeiner Form positiv gestalten. Insgesamt war er an 33 Aktionen beteiligt, der Großteil davon in der Schlussphase. Er brachte 71 Prozent, also zehn von 14 Pässen beim Adressaten unter. Sein Tor zum Ehrentreffer in der 85. Minute war sehenswert und zeigte, dass er das Spiel der Hertha durchaus beleben kann, allerdings nur im Zusammenspiel mit ähnlichen Spielertypen, die ihn ebenfalls in Szene setzen können. Ansonsten ist Dodi Lukebakio keine große Hilfe in einem Spiel, in dem vor allem verteidigt werden muss. Diese Form von Einsatz ließ er im Vergleich zum Pokal-Spiel leider vermissen. Das leidige Thema der Konstanz …

Wilfried Kanga und Chidera Ejuke: Hoffnungsvolle Power für die nächsten Wochen

Chidera Ejuke bekam bereits gegen Braunschweig seine ersten Minuten, Wilfried Kanga nun im Derby. Die beiden zeigten, dass sie in der Lage sind, das Angriffsspiel anzukurbeln und vor allem mit ihrem Tempo für Gefahr zu sorgen. Beide halfen ab der 56. Minute mit. Durch den unglücklichen 0:3-Treffer war da das Spiel allerdings schon vor ihrer Einwechslung entschieden. Ejuke setzte zu mehreren Dribblings an. Vier von fünf konnte er erfolgreich beenden. Alle seine Pässe – fünfzehn Stück – kamen an. Vier von fünf Zweikämpfen gewann er. Alles Statistiken, die belegen, dass er ein höheres Niveau als der Durchschnitt im Team hat. Er besitzt mehr Tempo, mehr Kraft und Durchsetzungsvermögen und zeigte viel mehr Engagement als Myziane Maolida, den er ersetzte.

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Wilfried Kanga war bei seinem Debüt wesentlich besser im Spiel als Davie Selke. Er zeigte sich ballsicher, passsicher – alle seine sechs Pässe kamen an – und nach 60 Minuten konnte er mit einem Schuss aus der Luft nach Flanke von Kenny auch für erste Gefahr sorgen. Zu diesem Zeitpunkt war es die erste Chance der Hertha aus dem Spiel heraus. Beide haben gezeigt, dass sie definitiv Anwärter auf einen Startelf-Platz sind und dem Offensivspiel der Hertha viel mehr Unberechenbarkeit ermöglichen können.

Vermasselter Saisonstart, aber es ist bei weitem nichts verloren

Von einem Zweitligisten aus dem Pokal geworfen, am ersten Spieltag das Derby verloren. Schlechter kann eine Saison eigentlich nicht starten und wir wollen das hier auch überhaupt nicht schönreden. Aber das Pokal-Aus muss man verkraften können, damit muss jede Mannschaft rechnen. Die Derbyniederlage ist gerade für den Kopf und für die Laune ein Problem. Doch wie man an der Reaktion der Hertha-Fans gesehen hat, weiß man diese einzuordnen. Die Anforderungen in Berlin sind mittlerweile andere, als in den letzten drei Jahren.

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Ein Abwärtsstrudel zu Beginn der Saison muss dringend unterbunden werden, wenn man nicht schon in einem ist. Sieht man diese Niederlage sportlich und vergleicht man sie mit einem Spiel gegen einen Gegner, der Union ebenbürtig gewesen wäre, also SC Freiburg, Borussia Mönchengladbach oder Mainz 05, wären Spiel und Ergebnis möglicherweise ähnlich gewesen. So muss vor allem der Kopf freigemacht werden um sich schnell von der Derby-Klatsche erholen zu können. In der Mannschaft hapert es an einfachsten und grundsätzlichen Dingen. Gegen Union fehlte die Kompromisslosigkeit in den Zweikämpfen. Fredi Bobic sagte im „Doppelpass“ bei Sport1, dass es Zeit brauchen würde, bis gewisse Dinge funktionieren. Zusätzlich betonte auch er, dass Dedryck Boyata sportlich aktuell keine Hilfe ist. Es kommen schwere Gegner auf die Hertha zu. Spiele, in denen es nicht leicht wird, zu bestehen. Aber man hat nichts zu verlieren und kann theoretisch befreit aufspielen. Die Mannschaft hat sich noch nicht gefunden, das Selbstverständnis fehlt bisher.

Es bedarf klarer Ansagen und Taten des Trainerteams, damit sich ein schlagkräftiges Team bilden kann. In nahezu allen Mannschaftsteilen gibt es Probleme, aber auch großes Potential diese zu beseitigen. Die Zeiten sind nicht einfach, aber die Saison ist lang und noch ist rein gar nichts verloren. Allgemein tut es Hertha-Spielern, Fans und dem Verein wohl besser, wenn man den Derbys und der Berliner Rivalität nicht mehr Bedeutung schenkt, als sie verdienen. Und schon gar nicht braucht man über jedes Stöckchen aus Köpenick springen, was hingehalten wird. Man muss sich auf sich selbst konzentrieren. Ausschließlich auf sich selbst.

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Die große Chance einen Albtraum zu beenden

Die große Chance einen Albtraum zu beenden

Die Stimme weg, Tränen in den Augen und vollkommen am Ende mit den eigenen Kräften. Am Montagabend um 22:25 Uhr traf das wohl auf den größten Teil aller Hertha-Fans zu. Das Team der Berliner hatte soeben mit einem Riesenspiel in der Relegation in Hamburg den Klassenerhalt gesichert. Ein Kraftakt einer Mannschaft, deren Charaktere zum Teil die Spiele ihrer Karriere absolvierten.

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Es war das passiert, was sich ein jeder im blau-weißen Trikot gewünscht hatte – Hertha produzierte Szenen für die Ewigkeit. Eine Initialzündung für die nächste Saison ist möglich. Die Fans und der Verein haben die einmalige Chance, aus einem schier endlos laufenden Albtraum zu erwachen. Eine Einordnung, was dieser Klassenerhalt bedeutet.

Drei Jahre Albtraum – die Chance zu erwachen

Ich vermute, dass viele Menschen einen Albtraum haben, der sich in irgendeiner Form gerne in schlechten Nächten in den Schlaf schleicht und einen das Leben erschwert. Bei mir zum Beispiel gibt es das sich gerne wiederholende Szenario, dass mir Menschen, die mir lieb sind, sagen, dass sämtliche Prüfungen aus Schul – und Unizeiten nachträglich als ungültig erklärt wurden und mir dementsprechend auch die Abschlüsse wieder entzogen wurden. Was mir diese Träume sagen sollen, weiß ich nicht, darum geht es jetzt glücklicherweise aber auch nicht. Als Hertha-Fan erwacht man gerade zum dritten Mal aus einem Albtraum, der sich seit drei Jahren in feiner Regelmäßigkeit wiederholt. Die Sommerpause ist wieder einmal des Herthaners bester Freund.

In den letzten drei Jahren ist so viel rund um Hertha BSC passiert, dass ein Buch nötig wäre, um all das aufzuzählen und einzuordnen. Wieder einmal gelingt der Klassenerhalt und wieder einmal in einer hochdramatischen Art und Weise. Während man 2020 unter Bruno Labbadia fast schon unspektakulär über dem Strich blieb und sich letztendlich im Tabellenmittelfeld stehend in die Sommerpause verabschiedete, war das Szenario 2021 von der Spannung und Dramatik her kaum zu toppen. Die Corona-bedingte Pause, sechs Spiele in wenigen Wochen und am Ende ein feierndes Team um Pal Dardai. Doch was dieses Jahr passieren sollte, ist definitiv unvergleichbar und hätte knapper kaum sein können. Wieder einmal kann die Hertha im buchstäblich letzten Moment dem Tod von der Klinge springen.

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Doch was in den jeweiligen Momenten Freude und Erleichterung bringt und eine Form von Glückseligkeit, die sich nicht einmal der aktuelle DFB-Pokalsieger erkaufen kann, freisetzt, folgt erst auf eine dramatische und nervenaufreibende Leidenszeit. Da sind wir wieder beim Albtraum. Die Zeit, in der man nachts wach wird bzw in der das Team in der Sommerpause ist, scheint die genießbarste Zeit auf Erden zu sein. Sobald man die Augen schließt und die Mannschaft in die Saison startet, geht der Schrecken von vorne los. Doch das Potential und die Chance sind da, dass man dieses Mal keine Angst vor einem Albtraum haben braucht.

Hertha BSC braucht Ruhe und Führung   

Um das möglich zu machen, braucht Hertha BSC vor allem Ruhe. Sämtliche Nebenkriegsschauplätze müssen geklärt werden. Aktuell wird der Verein in seinen Grundfesten erschüttert und treibt relativ führungslos daher. Nach dem Spiel gegen den HSV wurde bekanntgegeben, dass Finanzvorstand Ingo Schiller seine Koffer packen würde. Damit zieht der zweite große Chef nach Carsten Schmidt zum Ende dieser Saison die Reißleine. Die Tage von Präsident Werner Gegenbauer sind gezählt, sein Rücktritt scheint ebenfalls beschlossene Sache. Auch das Präsidium steht auf der Kippe. Zusätzlich wird ein neuer Trainer gesucht und viele Vertragssituationen von Personalien im sportlichen Bereich, wie Marcel Lotka, Kevin-Prince Boateng und vielen weiteren Akteuren sind bisher ungeklärt. Weiterhin ist der starke Mann Sportvorstand Fredi Bobic, dem ein Gegenspieler oder zumindest eine ernsthafte Kontrollinstanz im Verein fehlt.

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Vereinslegenden wie Pal Dardai, Zecke, Michael Hartmann und zuletzt Arne Friedrich wurden unwürdig aus dem Verein entlassen bzw. getrieben. Auch das Verhältnis zur Ultraszene ist nach den vielen Auseinandersetzungen in dieser Saison nicht komplett geklärt. Ebenso muss eingehend besprochen werden, wie man sich zukünftig gegenüber dem Investor Lars Windhorst und seiner Tennor-Holding verhalten möchte. Die Mitgliederversammlung am Sonntag wird richtungsweisend sein, was die Führung des Vereins betrifft. Ein riesen großer Scherbenhaufen muss aufgefegt werden. Und eigentlich nicht nur den dieser Saison. Sondern den der letzten drei Jahre. Denn Transfer-Altlasten wie Dodi Lukebakio, Eduard Löwen oder Deyovaisio Zeefuik gilt es ebenso zu klären.

Man muss sich in gewisser Weise eingestehen, dass die legendären Tagebücher von Jürgen Klinsmann Einblicke gewehrt haben, die anscheinend wirklich zutreffend waren. Mittlerweile wurde zu großen Teilen in die damals geforderte Richtung gehandelt. Weiterhin befindet sich der Verein in einem Umbruch. Ebenso der Kader. Am Ende werden nur wenige Spieler den dritten Umbruch im Verein überlebt haben. Auf die handelnden Personen und insbesondere Fredi Bobic kommt ein Berg an Arbeit zu. Doch nun ist Sommerpause und sie haben die Zeit, all die Baustellen anzugehen. Was das alles für Hertha BSC bedeutet, wird in den nächsten Tagen und Wochen eingeordnet werden.

Ein Genuss legendärer Erlebnisse – Und die Jahre der Mahnung

In der Retrospektive wird man in einigen Wochen, Monaten und Jahren auf die Zeit schauen und wieder einmal unvergessliche Szenen und Erlebnisse ausgraben und besprechen. Es werden schlechte dabei sein, das ist klar. Drei Derbys zu verlieren, nagt am Selbstverständnis eines Jeden, der es mit der Hertha hält. Die schwarze Zeit mit Tayfun Korkut als Trainer. Die Geschichten um Pal Dardai und Arne Friedrich wirken bis heute unfair und machen betroffen. Doch beide sind dank ihrer Vergangenheit mit Hertha positiv verbunden. Dardai war vor wenigen Wochen im Amateurstadion zu Besuch um seinen Sohn Bence im U17-Halbfinale gegen den VfB Stuttgart spielen zu sehen. Arne Friedrich kommentierte den Klassenerhalt auf Twitter mit blau-weißen Herzen.

Der Saisonendspurt hat sich in die Köpfe eingebrannt. Ob es der Befreiungsschlag gegen Hoffenheim war, der frenetische Jubel im Olympiastadion nach dem 2:0 gegen den VfB Stuttgart, die drei verpassten Matchbälle oder junge Spieler, wie Marcel Lotka, Oliver Christensen oder Linus Gechter, die sich für die Hertha begeistern konnten und einen riesigen Beitrag zum Klassenerhalt leisteten. Die Leistungsexplosion längst aufgegebener Leistungsträger, wie Kevin-Prince Boateng und Marvin Plattenhardt, die das Rückspiel gegen den HSV auf phänomenale Art und Weise an sich rissen und ein Tor für die Ewigkeit schossen.

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Der Abschied vom langjährigen Herthaner Niklas Stark, der nicht wie verdient gewesen im Olympiastadion stattfand, sondern in abgespeckter, aber nicht minder emotionaler Art und Weise vor den mitgereisten Fans in Hamburg. Die Geschichten wurde geschrieben und nun gilt es sie in irgendeiner Form einzuordnen und zu verstehen.

Es darf selbstverständlich kein „Weiter so“ geben. Das wird es auch nicht, das zeigen die vielen personellen Konsequenzen in den letzten Stunden. Die letzten drei Jahre müssen ein Mahnmal sein. Nicht nur für Hertha, sondern für den gesamten deutschen Fußball. Erfolg lässt sich nicht einfach so kaufen. Mit keinem Geld der Welt. Es gehören gut arbeitende Menschen dazu, die auch mit den vielen Millionen etwas sinnvolles anstellen und daran ist der Verein seit dem Einstieg von Lars Windhorst krachend gescheitert. Beinahe so deutlich, dass der Abstieg kaum noch abzuwenden gewesen wäre. Nach 34 Spieltagen hätte sich kein Mensch beschweren können, wenn es dazu gekommen wäre. Es gilt mit Bedacht und klaren und freien Köpfen zu handeln. Keiner fordert Wunderdinge. Schon gar nicht, dass nächste Saison das Ziel Europa ausgerufen wird. Wenn man sich in den sozialen Medien so umschaut, reicht eigentlich schon eine entspannte, ja fast schon langweilige Mittelfeld-Saison. Und daran sollte man sich orientieren. Es geht nicht um den Wunsch und das Image eines windigen Investors, der von dem Geschäft rein gar keine Ahnung hat. Es geht um die vielen, zehntausenden Fans, die mit dem Verein durch jedes noch so übel lodernde Feuer gehen und ihm die Treue bis in alle Ewigkeiten schwören. Ein Verein und die Fans müssen gemeinsam wachsen, die Ansprüche ebenso. Und das braucht Zeit. Die Sinnkrise und Selbstfindungsphase des Vereins ist noch lange nicht vorbei, doch mit dem Klassenerhalt konnte ein großer Schritt in die richtige Richtung gegangen werden, um diese Phase irgendwann zu beenden.

Aufwachen und die Chancen nutzen

Die Chancen für einen Neuanfang sind da, nie waren sie größer und sie dürfen dieses Mal nicht vergeben werden. Die Reaktionen der Spieler nach dem Spiel zeigen, was solche Abstiegsschlachten psychisch mit Menschen machen. Ein weiteres Jahr in diesen Tabellengefilden wäre schwerer denn je. Fredi Bobic und co. müssen nun einen schlagkräftigen Kader zusammenbauen um Hertha nächste Saison ein ruhiges Jahr zu schenken und einen gesicherten Weg in die Zukunft zu ebnen.

Nur dann gelingt es endgültig aus einem jahrelangen Albtraum zu erwachen.

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Herthaner im Fokus: Herthas Abstieg nimmt Formen an

Herthaner im Fokus: Herthas Abstieg nimmt Formen an

Nachdem Hertha BSC in den letzten Wochen drei Matchbälle im Kampf um den Klassenerhalt verspielt hatte, steht man nun genau da, wo man niemals hinwollte, am Abgrund. Es fehlt nicht mehr viel. Gegen den Hamburger SV zeigten 76.000 Fans im ausverkauften Olympiastadion, was ihnen der Fußball, die beiden Vereine und die Bundesligazugehörigkeit bedeuten. Doch lediglich die vielen Zuschauer*Innen zeigten sich an diesem Abend erstligatauglich. Auf dem Rasen präsentierten sich zwei klassische Zweitliga-Mannschaften.

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Magath experimentiert mit Personal und System

Dass mit Santiago Ascacibar ein wichtiger Baustein der Achse, die sich bei Hertha im Schlussspurt der Saison gebildet hatte, gelbgesperrt fehlen würde und ersetzt werden müsse, war im Vorfeld klar. Doch Anstatt ihn 1:1 zu ersetzen, was in Anbetracht des restlichen Kaders möglich gewesen wäre, baute Felix Magath auch das System um. In einem 4-2-2-2-System, also in der Tayfun-Korkut-Gedächtnis-Formation, stellte er die Mannschaft auf.

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Der mit einer Gehirnerschütterung und einem Nasenbeinbruch ausfallende Torhüter Marcel Lotka wurde durch Oliver Christensen ersetzt. Er war damit der dritte Torhüter, den die Berliner in dieser Saison aus Verletzungsgründen einsetzen mussten. Im Vergleich zum Spiel in Dortmund blieb gegen den HSV die verteidigende Viererkette unberührt. Marvin Plattenhardt, Marc Oliver Kempf. Dedryck Boyata und Peter Pekarik sollten wie üblich den Ball vom Tor fernhalten. Im zentralen Mittelfeld ersetzte Niklas Stark nach einigen Erkältungstagen den gesperrten Santi Ascacibar. Daneben Lucas Tousart, der im Vergleich der kreativere Spieler ist. Davor sollten auf den Außen Maximilian Mittelstädt und Suat Serdar agieren. Im Sturm setzte Magath auf eine Doppelspitze um Ishak Belfodil und Jungspund Luca Wollschläger. Davie Selke fiel weiterhin mit muskulären Problemen aus.

Wir schauen in unserer heutigen Analyse auf die schwache Innenverteidigung, den ebenso schwachen Sturm, den dritten Torhüter der Saison, die Kämpfer in dieser schweren Situation, einen Streit von Alphatieren, der letztendlich genickbrechend ist und was noch ein letzten Fünkchen Hoffnung bietet.

Marc Oliver Kempf und Dedryck Boyata: Die gute Form ist weg

Das Innenverteidiger-Duo zeigte gegen den Hamburger SV aus welchem Grund auch immer eine Leistung, die an alte Korkut-Zeiten erinnerte. Beide waren stark überfordert mit den eigentlich ebenso zahnlosen Angriffen der Hanseaten.

Marc Oliver Kempf rutschte häufig in seine gefährlichen Aktionen ab, die ihn in der Vergangenheit schon negativ ausgezeichnet haben. Er hatte die meiste Zeit über deutliche Schwierigkeiten bei seinen Aktionen. Auch wenn er zwei Bälle klären und zwei weitere abfangen konnte, lieferte er kaum entlastende Momente. Dass er 44 Mal am Ball war und 34 seiner 38 Pässe beim richtigen Mann unter kamen, hat leider nichts mit Aktionen zu tun, die ein sehenswertes Angriffsspiel einleiten würden. Vielmehr handelte es sich um ideenloses Hintenrumgespiele mit seinen verteidigenden Kollegen. Immerhin brachte er drei von fünf langen Bällen an den Mann. Nennenswert für Aufsehen konnte er aber auch damit nicht sorgen. Ein neuer Unsicherheitsfaktor, der sich zwischendurch stabilisiert hatte.

Auch der Hertha-Kapitän Dedryck Boyata zeigte wieder altbekannte Schwächen. Auch er ging oft ungestüm zu Werke, ließ Kommunikation vermissen, lief viel dem Gegner hinterher und hatte in der 49. Minute sogar noch Glück bei seinem unnötigen Foul gegen Miro Muheim. Wäre sein Fuß bei der Aktion ein wenig höher oder tiefer gewesen, hätte sogar ein Platzverweis gedroht. So war der Belgier mit der gelben Karte gut bedient. Im Angriffskuddelmuddel des HSV schaffte er es oft noch irgendwie seine Füße dazwischen zu kriegen und schlimmeres zu verhindern. Er klärte fünf Bälle, fing vier weitere ab. Allerdings gewann er lediglich einen von drei Zweikämpfen. Eine schwache Quote, die er aber auch nicht zu verbessern im Stande war, da er kein Interesse an diesen Aktionen hatte. Wie Kollege Kempf hatte er massig Ballaktionen. 50 waren es bei ihm, 36 Pässe spielte er. 28 fanden den Mitspieler, auch hier wieder eher die Nebenmänner in der Verteidigung. Es war eine schwache Leistung eines untergehenden Kapitäns.

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Ishak Belfodil: Allein auf weiter Flur

Bayerns Trainer Julian Nagelsmann sagte vor einigen Monaten, Ishak Belfodil sei einer der unterschätztesten Stürmer der Bundesliga. Unter ihm hatte der Algerier einst ein prächtiges Jahr in Hoffenheim gespielt. Und auch bei Hertha zeigte er in dieser Saison oft seine Klasse. Immerhin kam er auf fünf Bundesliga-Treffer. Bei Herthas spielerisch nicht vorhandener Offensive ist das tatsächlich eine beachtliche Ausbeute. Ihn zeichnen Technik und Wille aus und beides zeigte er auch in diesem Spiel. Technisch war er der beste Herthaner, kämpfte um die Bälle, wusste sie zu behandeln und zu verwerten. Doch er war dabei allein auf weiter Flur. Das übliche Problem, dass er sich die Bälle aus der Tiefe oder von den Außen holen musste, bestand weiterhin und konnte unter der gesamten Saison nur sehr selten abgestellt werden. Die 44. Minute hätte sein goldener Moment werden können, als er Plattenhardts Flanke mit einem feinen Kopfball ins rechte Eck verwandelte. Leider stand er hauchzart im Abseits. In seinen 80 Minuten war er engagiert und motiviert, letztendlich aber glücklos.

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Sehenswert war seine Aktion in der 61. Minute, als er sich ein Herz nahm und die Verteidiger Vuskovic und Schonlau auf der rechten Seite stehen ließ und mit Haken sich in den Strafraum dribbelte. Doch wie viele andere Spieler an dem Abend hatte auch er Probleme mit dem nassen Rasen und rutschte weg, was die Situation zusätzlich erschwerte. Trotzdem zwang er mit einem Schuss aufs rechte Eck Torhüter Heuer Fernandes zu einer Parade. Insgesamt gewann er allerdings auch nur zwei seiner sieben Dribblings. Doch die Mannschaft suchte ihn, 43 Aktionen hatte er. 16 Bälle verteilte er, zwölf kamen an. Seine 75 Prozent Passquote zeigen seine technischen Fähigkeiten und die hohe Konzentration, mit der er zu Werke ging. Doch auch er verlor 19 Mal den Ball und wurde mit zunehmender Spieldauer deutlich müder. Im Endeffekt sollten ihm und Stevan Jovetic im Rückspiel alle Freiheiten gelassen werden, um offensiv etwas zu Stande zu bringen.

Oliver Christensen: Einer für die Hertha-Zukunft

Oliver Christensen hatte gegen den HSV seinen ersten Profi-Einsatz für Hertha BSC. Viele Verletzungen und ein sich festgespielter Marcel Lotka hatten diesen Einsatz bisher verhindert. Und dafür, dass sein erster Einsatz in so einer Drucksituation stattfand, machte er seine Sache gut. Die Hamburger zwangen ihn zwar auch nur selten zu Paraden, doch das, was er auf sein Tor bekam, wurde von ihm verwertet. Dass ein Spieler, der noch nie auf diesem Niveau gespielt hatte, weiche Knie oder Anlaufschwierigkeiten haben würde, war klar. Doch auch die wusste er zu unterbinden.

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Die Rot-Hosen liefen den Dänen immer wieder extrem an, er schaffte es die Situationen allesamt zu lösen. Er konnte 14 von 34 Pässen an den Mann bringen. 41 Prozent sind nicht viel, aber eine akzeptable Quote für einen Torhüter, der ständig unter Druck gesetzt wird. Zusätzlich wurde er zu zwei Paraden gezwungen, auch war sein Stellungsspiel einwandfrei. Bei weiteren Spielen bekommt auch Christensen die nötige Routine um dauerhaft auf einem Bundesliga- oder Zweitliganiveau mithalten zu können. Also egal in welche Richtung sich die Personalie Marcel Lotka entwickelt, auf der Torhüter-Position scheint die Hertha aktuell keine allzu großen Baustellen zu haben.

Lucas Tousart und Peter Pekarik: Immerhin mit Kampf und Leidenschaft

Sie sind sicherlich nicht die größten Zauberer am Ball, aber sie sind Kämpfer. Sie stellen sich gegen alles, was ihnen in den Weg kommt, ignorieren den entstehenden Schmerz und teilen auch selbst sehr gerne aus.

Lucas Tousart ackerte und mühte sich ab, ging in enorm viele Zweikämpfe. 13 seiner 20 Duelle gewann er. Er war praktisch überall zu sehen und wirkte, als würde er den Part seines sonstiges Partners Ascacibar einfach mitmachen. Am Ball war er über 50 Mal. 78 Prozent angekommener Pässe – 21 von 27 – sind ebenfalls eine sehenswerte Quote. Er ging zusätzlich in fünf Tacklings und lief über 11,7 km. Drei von drei Dribblings beendete er erfolgreich. Doch das sind zwar alles schöne Zahlen und die Leistung Tousarts darf man auch durchaus loben, doch was nützt es wenn auch er letztendlich keinen Funken Offensivpower ausstrahlt? Trotzdem einer der besten Herthaner auf dem Feld. Beim Treffer konnte er Ludovit Reis nicht mehr an der abrutschenden Flanke hindern. Ihm da aber eine wirkliche Mitschuld zu unterstellen, wäre hart.

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Dauerbrenner Peter Pekarik ackerte ebenfalls über die volle Distanz. Mit 65 Aktionen war er einer der aktivsten Herthaner, gewann fünf seiner sieben Zweikämpfe. Und spielte 23 von 31 erfolgreichen Pässe. Viermal versuchte er es mit langen Bällen. Zwei kamen immerhin an. Außerdem fing er vier Bälle ab, doch auch 13 Ballverluste musste der nimmermüde Pekarik hinnehmen. In der 57. Minute konnte er den Pass auf der Außenbahn von Vorlagengeber Mulheim auf den Torschützen Ludovit Reis nicht verhindern. Zusätzlich hatte er großes Glück, dass bereits vor seinem Handspiel in der 32. Minute, welches einen Elfmeter zu Folge gehabt hätte, bereits der Hamburger Maximilian Rohr mit der Hand am Ball war.

Kevin Prince Boateng und Felix Magath: Kriegt euch (für Hertha) ein!

Während die Mannschaft mit jedem Spiel dem Abstieg näher entgegentaumelt, scheint nun wieder einmal ein Nebenschauplatz im Verein eröffnet zu sein. Die Kabinenfehde zwischen Kevin Prince Boateng und Felix Magath könnte durchaus schlimmeres angerichtet haben, als zunächst angenommen.

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Und sie passt ins Bild. Felix Magath ist kein wirklicher Teil dieses Hertha-Teams, er wirkt nahezu so, als wäre ihm das Ergebnis seiner Arbeit gar nicht mal so wichtig. Mittlerweile hält er sich an Minihoffnungen und einfachen Glücksmomenten fest. Ihm fehlen sämtliche Argumente, die er in fehlenden Spielern, wie Santiago Ascacibar sucht. Seine Experimente mit jungen Spielern mögen gut gemeint sein, helfen im Abstiegskampf allerdings nicht weiter. Luca Wollschlägers Einsatz war ähnlich fragwürdig wie Julian Eitschbergers im Derby gegen Union Berlin. Seine Wechsel gegen Hamburg verpufften entweder relativ wirkungslos (Stevan Jovetic, Marco Richter, Myziane Maolida) oder sorgten in Form von Linus Gechter zunächst für extreme Unsicherheit in der Defensive. Möglicherweise wäre Vladimir Darida die sichere Wahl gewesen.

Boateng dagegen, der zumindest in der ersten Halbzeit noch motivierte und gestikulierte, saß spätestens ab der zweiten Hälfte gefrustet auf der Bank ohne jene Coaching-Elemente zu verkörpern, die ihn in dieser Saison ausgezeichnet haben. Will man die Hypothek aus dem Hinspiel in Hamburg noch umbiegen, braucht man ein intaktes Team und keine Alphatierschlacht. Aktuell scheinen individuelle Interessen aber größer zu sein.

Santiago Ascacibar und Davie Selke: Das letzte Fünkchen Hoffnung

Wenn die Hoffnungen von Hertha wirklich auf Santiago Ascacibar und Davie Selke liegen, brennt es wirklich. Ascacibar wird im Rückspiel ziemlich sicher seine Position im defensiven Mittelfeld zurückbekommen. Davie Selke wird ebenfalls große Chancen auf ein paar Minuten haben, sofern er fit ist. Beide stehen für Kampf und Leidenschaft. Beide motivieren, betreiben Psychotricks ob mental oder körperlich und beide können genauso individuelle Momente kreieren.

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Aber das alles ist ein viel zu großes Fragezeichen. Aktuell bietet wenig Hoffnung, wenn die beiden in der Lage sein sollten, das Spiel der Mannschaft an sich zu reißen oder mit ihren Stärken den HSV vor ernsthafte Probleme zu stellen, gleicht das möglicherweise einem Wunder. Die Hoffnung bleibt trotzdem.

Der Abstieg naht – doch die Hoffnung bleibt bis zur aller letzten Sekunde

Diese Mannschaft kann es nicht. Sie ist weder spielerisch, körperlich noch psychisch dazu in der Lage ein großes Spiel in ihre Richtung zu lenken. Das hat sie in dieser Saison in drei Derbys, in drei Matchball-Spielen und gegen den HSV eindrucksvoll bewiesen. Ein vollkommen schief zusammengestellter Kader konnte von keinem Trainer in dieser Saison so aufgestellt werden, dass er ernsthaft wettbewerbsfähig ist. Unter Pal Dardai noch am ehesten, doch der ist bekanntlich seit einigen Monaten raus. Der Abstieg in die Zweitklassigkeit steht bevor, da braucht man sich nichts vormachen.

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Doch am Montag sitzen wir wieder alle zusammen vor den TV-Geräten, lieben und hassen diesen Verein, verzweifeln oder jubeln oder stehen in Hamburg im Block und feuern die Mannschaft an. So lange auch nur der kleinste Funken Hoffnung besteht, müssen die Fans und die Mannschaft dran glauben und gemeinsam für den Klassenerhalt arbeiten.

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