Doch davon war im Spiel nicht viel zu sehen. Nach einer unkreativen und recht ereignisarmen ersten Halbzeit verpatzte Bruno Labbadias Elf den zweiten Durchgang nach allen Regeln der Kunst und versagte eklatant auf ganzer Linie.
Wir schauen auf einige ausgewählte Herthaner bei dieser in allen Belangen enttäuschenden 0:1-Auswärtsniederlage.
Omar Alderete – Wieso Weshalb Warum?
Gegen die sieglosen Gäste aus Gelsenkirchen hatte Omar Alderete zu Beginn des Jahres noch ziemlich gut ausgesehen, sich so seine Startelfnominierung verdient und gezeigt, warum Bruno Labbadia ihn recht überraschend Jordan Torunarigha vorgezogen hatte.
Seine Zweikampfstärke mit dem richtigen Timing und der ordentliche Spielaufbau aus kreativeren und häufig vertikalen Bällen belebte das Hertha-Spiel.
Doch alles, was Omar Alderete gegen Schalke 04 ausgezeichnet hatte, ließ er nun in Bielefeld vermissen. Schon nach elf Sekunden (!) setzte er übermotiviert zu einem Roulette-Trick an und hatte Glück, dabei gefoult zu werden, um nicht direkt einem fatalen Ballverlust nacheilen zu müssen. In Sekunde 40 folgte direkt der erste unbedrängte Fehlpass ins Bielefelder Mittelfeld und ließ für das Spiel schon nichts Gutes erahnen.
Konnte Alderete in der ersten Hälfte trotz Unkonzentriertheit und Tollpatschigkeit noch einige Zweikämpfe für sich entscheiden und manche seiner langen Bälle bei Jhon Córdoba anbringen, ging es nach der Pause rapide bergab. Schon mit dem unbedrängten Fehlpass ins Seitenaus bei erstem eigenen Ballbesitz zeigte sich, dass die erste Hälfte hier wohl ein schlechtes Omen gewesen war.
(Photo by Stuart Franklin/Getty Images)
In der 48. Minute war Alderete dann mit dem Kopf wohl schon wieder beim Rausrücken, als er an einem in den Strafraum gespielten Ball dermaßen vorbeisäbelte, dass der völlig freie Bielefelder Sergio Córdova komplett überrascht war und den Ball schlussendlich nur an den rechten Außenpfosten setzen konnte.
Auch in der Folge kam der Innenverteidiger in keinen Zweikampf mehr, auch im Aufbau funktionierte nicht mehr viel und es häuften sich die langen Ball, die anders als in Halbzeit Eins nicht mal mehr den Stürmer ins Kopfballduell schickten, sondern direkt beim Gegner landeten. So scheint nach den mäßig konstanten Leistungen des Paraguayers als Torunarigha-Ersatz im November das Spiel gegen Schalke nur ein (positiver) Ausrutscher gewesen zu sein und der Sommerneuzugang noch zu sehr mit seiner Inkonstanz zu kämpfen.
Kaum vorzustellen, dass Omar Alderete nach dieser maximal unglücklichen Leistung im nächsten Spiel wieder in der Startelf steht. So dürfte also Eigengewächs Jordan Torunarigha zurückkehren und versuchen, seine unsicheren Auftritte nach der Corona-Erkrankung abzuschütteln und der Hertha-Abwehr wieder die Stabilität zu verleihen, wie er dies in der Rückrunde der letzten Saison unter Labbadia schon getan hatte.
Mattéo Guendouzi – Auf Tauchstation
Wie in den letzten Spielen ließ sich Mattéo Guendouzi zu Beginn im Aufbau im Wechsel mit Lucas Tousart zwischen die Innenverteidiger oder auf die freie linke Seite fallen, trieb den Ball dann mit großen Schritten den Blick über das Feld schweifend durch die eigene Hälfte und suchte seine Anspielstation.
Doch mit der Zeit wurde Guendouzi wie auch seine Mitspieler immer unauffälliger und erlaubte sich in der Offensive viele Unkonzentriertheiten, stemmte sich aber auch nicht gegen diesen unglückbringenden Verlauf. Bezeichnend auch ein Missverständnis mit Peter Pekarik in der 32. Minute, als den beiden ein Doppelpass misslang und Guendouzi gestisch relativ unmissverständlich klarmachte, dass er sich selbst nicht für den Schuldigen hielt.
(Photo by Stuart Franklin/Getty Images)
In der zweiten Halbzeit war von Guendouzi dann eigentlich gar nichts mehr zu sehen. Hertha gab den Spielaufbau komplett auf und kloppte die Bälle eigentlich nur noch hinten raus in die Bielefelder Abwehrkette. Von Vladimir Darida und Guendouzi war in dieser Phase kaum etwas zu sehen.
Erst in der Nachspielzeit, als Hertha schon eine unsägliche Halbzeit hinter sich hatte, riss Guendouzi das Spiel noch einmal an sich und zeigte einen Hauch kämpferischen Willens, den man zuvor komplett vermisst hatte. Auch wenn der junge Franzose ein Neuzugang und nur zur Leihe bei Hertha ist, muss er sich hinterfragen, wo dieser Wille weite Teile der ersten und die komplette zweite Hälfte gewesen war.
Bezeichnenderweise verendete in der letzten Aktion des Spiels seine Hereingabe in der 97. Minute nach starkem Dribbling dann auch recht kläglich in den Armen des Bielefelder Torwarts. Dieser Hertha-Auftritt hätte aber auch einfach kein Unentschieden verdient gehabt.
Natürlich ist es vermessen, Mattéo Guenduozi eine Führungsrolle aufzwingen zu wollen. Trotzdessen darf man auch von ihm Kampf und Willen erwarten, wenn es mal nicht so läuft. Guendouzi wird mit seiner spielerischen Klasse dennoch auch weiter eine wichtige Stütze im Hertha-Spiel bleiben und es bleibt zu hoffen, dass sich in der Mannschaft langsam aber sicher Wortführer finden, die das Team in einer solchen Phase in Spielen aufrütteln und mitreißen kann – sei es Guendouzi oder (gern auch) jemand anderes.
Nach dem verletzungsbedingten Ausfall von Matheus Cunha stellte sich schon vor Spielbeginn die Frage, ob sich Jessic Ngankam nicht langsam aber sicher einen Startelf-Einsatz verdient hatte. Bruno Labbadia vertraute zunächst aber auf die erfahrenere und defensivstärkere Variante Maxi Mittelstädt.
Nach dem harmlosen ersten Durchgang war es dann aber soweit und Jessic Ngankam ersetzte Marvin Plattenhardt, sodass Maxi Mittelstädt auf die Position des Linksverteidigers rückte und Ngankam über die linke Seite in der Offensive mehr Betrieb machen sollte.
(Photo by Stuart Franklin/Getty Images)
Doch wie so häufig blieb der Wunsch Vater des Gedanken. Ngankam kam in eine verunsicherte Hertha-Mannschaft, die gerade im Begriff war, sich ihrem Schicksal hinzugeben und ließ sich von dieser Atmosphäre anstecken. So fiel er in dem ohnehin schwachen Hertha-Spiel zunächst nur durch Ballverluste und Fehlpässe auf und ließ dann in der 56. Minute in Koproduktion mit Mittelstädt nach schwacher Zweikampfführung Ritsu Doan passieren, der Alexander Schwolow zu einer Parade zwang. Zu allem Überfluss verletzte sich Jessic Ngankam kurz danach und musste in der Folge schon in der 65. Minute das Feld wieder verlassen.
Kurze Zeit später wurde mit Luca Netz ein weiterer Nachwuchsspieler gebracht, der zuletzt gegen Schalke sein Bundesliga-Debüt feiern durfte. Etwas überraschend ordnete sich Netz nicht auf seiner angestammten Linksverteidiger-Position ein, sondern spielte den offensiven Part auf der linken Seite, während hinter ihm weiterhin Maxi Mittelstädt sein Glück versuchte.
Auch an Luca Netz ging die spürbare Verunsicherung der Mannschaft nicht spurlos vorbei. Sein Einsatz begann direkt mit einem ziemlich unnötigen Hackenfehlpass, der ihm in der Folge noch etwas nachhing, was sich in zwei, drei schwächeren defensiven und offensiven Aktionen zeigte.
Das 17-jährige Toptalent biss sich aber ins Spiel und traute sich mehr als seine Vorgänger auf der linken Seite. In der 83. Minute brach er nach Zusammenspiel mit Dodi Lukébakio bis zur Grundlinie durch, versuchte sich im Dribbling und konnte so wenigstens eine Ecke herausholen – die gefährlichste Hertha-Aktion von der linken Seite in den gesamten 90 Minuten.
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Seinen insgesamt ordentlichen Auftritt rundete Netz durch Einleitung einer Schusschance von Krzysztof Piątekin der Nachspielzeit ab.
Ngankam konnte seine zuletzt stärkeren Joker-Auftritte nicht bestätigen und fällt nun möglicherweise auch noch aus – ein völlig gebrauchter Tag, der für ihn schon vorbei war, bevor es richtig angefangen hatte. Luca Netz spielt zwar nicht die Sterne vom Himmel, fiel aber gegenüber seinen Konkurrenten auf der linken Seite unter keinem Aspekt ab und dürfte somit bald weitere Minuten bekommen – ob wieder im linken Mittelfeld oder auf seiner Stammposition als Linksverteidiger, wo derzeit weder Marvin Plattenhardt noch Maxi Mittelstädt vorzeigbare Leistungen abliefern.
Kampfgeist – VERMISST – Bitte um Hinweise und Mithilfe
In Prä-Corona-Zeiten schallte es gerne mal durchs Olympiastadion: „Wie unser Gegner heißt ist scheißegal, denn wir wollen gewinnen – jedes Mal! Jeder singt so laut wie er nur kann, wir sind Herthas zwölfter Mann!“ Die erste Zeile dieses Herthaner Fangesanges kann sich momentan zweifelsohne nicht auf die Mannschaft beziehen. Wie schon die gesamte Saison über fehlte der Hertha-Elf gestern der Biss, der Wille, die „Mentalität“, der Kampfgeist oder wie man es sonst nennen mag.
Schon von Anpfiff weg gab es unnötige Ballverluste und einen kopflosen und unkonzentrierten Aufbau – und das äußerte sich direkt in der Körpersprache. Als sich nach etwa fünfzehn Minute zeigte, dass man Bielefeld wohl nicht herspielen würde, hingen die Köpfe mit jeder missglückten Aktion minütlich tiefer. Da hätte der Elfmeter für Bielefeld nach vermeintlichem Foul von Niklas Stark an Fabian Klos perfekt ins Bild gepasst, doch der Schiedsrichter kassierte die Entscheidung nach ellenlangen vier Minuten Korrespondenz mit dem VAR wieder, sodass sich das anbahnenden Unheil in die zweite Hälfte verschob.
Dann aber war es nicht mehr zu übersehen. Nach dem üblen Bock von Omar Alderete direkt nach der Halbzeit bahnte sich ein Bielefelder Tor immer mehr an. Das Mittelfeld wurde kampflos hergeschenkt. Die eigenen Defensive prügelte den Ball weg wie ein Sechstligist im Pokal, der in der Nachspielzeit noch das Unentschieden halten möchte. Alle Zweikämpfe, die nicht in letzter Linie geführt wurden, gingen verloren, das Stellungsspiel wurde schludrig, der Spielaufbau fahrig bis non-existent.
Und Bielefeld wurde zu Chancen eingeladen. In der 54. Minute konnte Lucas Tousart den Ball noch in höchster Not per Grätsche aus der Gefahrenzone entfernen. Auch Doans Schuss in der 56. Minute wurde noch glücklich überstanden.
Und in dieser Phase war (wieder einmal) kein Herthaner zu sehen, der die anderen wachrüttelt und anführt. Etwas auszunehmen ist dabei Alexander Schwolow, der schon die ganze Saison sowohl lautstark als auch von der Körpersprache her die richtige Einstellung an den Tag legt. Von der Torwart-Position fällt es aber naturgemäß schwer, die Mannschaft mitzureißen, soweit nicht einige Spieler auf dem Feld solche Ansagen aufnehmen und verkörpern.
Doch bei den Hertha-Spielern findet sich kein Wortführer, auch niemand der in solchen Momenten mit Leistung und Kampf vorangeht. Am ehesten kann man dieses Bemühen noch Lucas Tousart zugutehalten, der sich dafür aber im Gespräch mit seinen Teamkollegen auffallend zurückhält. Das Tor in der 64. Minute fiel dann folgerichtig. Während Jessic Ngankam an der Seitenlinie behandelt wurde, schafften die restlichen zehn Spieler es nicht, einen Einwurf zu verteidigen. Schon wieder ein Einwurf – man erinnere sich an das 2:1 der Freiburger.
(Photo by Stuart Franklin/Getty Images)
Passend zur Leistung des Tages gingen Lucas Tousart und Omar Alderete gemeinsam zum Kopfball, behinderten sich gegenseitig, sodass der Ball von Tousarts Kopf zu Reinhold Yabo verlängert wurde. Der stellte seinen Körper hin, ließ Peter Pekarik daran abprallen und netzte dann zu seinem ersten Bundesliga-Tor ein. Ob man hier auf Foulspiel entscheiden kann, tut mit Hinblick auf Herthas Leistung insgesamt und auch in dieser Situation eigentlich nichts zur Sache.
Auch in der Folge hatte man zu keiner Zeit das Gefühl, dass Hertha noch zum Ausgleich kommen könnte. Kein Aufbäumen in der Mannschaft zu sehen. Bielefeld überließ Hertha in den letzten Minuten zwar noch einmal den Ball, wirklich gefährlich wurde es bis auf den abgepfiffenen Zufallstreffer von Piątek aber nicht mehr
Das Team ist keine Mannschaft, man sieht kein wirkliches Zusammenspiel. Auch ein funktionierendes taktisches Offensiv-Konzept ohne Alleinunterhalter Cunha, an dem sich die Spieler festhalten und aufrichten könnten, fehlt. Ein Team bildet sich nur über Zeit. Aber Zeit hatte diese Mannschaft jetzt schon – und noch immer hat sich kein Führungsspieler hervorgetan oder sich eine Geschlossenheit entwickelt.
Jhon Córdoba, der in Hälfte Eins noch einige Male zeigen konnte, dass er als Zielspieler in Labbadias System mehr taugt als sein polnischer Sturmkumpane. Blieb in der zweiten Halbzeit mangels Anspielen komplett unsichtbar. Der Kolumbianer kam nach der Einwechslung von Krzysztof Piątek häufiger über links und agierte noch unsichtbarer als vorher. Baute wie das gesamte Team mit fortschreitender Spielzeit immer weiter ab und konnte so seine ordentliche Leistung aus dem Schalke-Spiel nicht bestätigen.
Krzysztof Piątek, der nach seiner Einwechslung für den verletzten Jessic Ngankam in der 65. Minute im Rahmen des grauenhaft schlechten Offensivspiels noch so etwas wie Gefahr ausstrahlte. Traf nach einem abgefälschten Mittelstädt-Abschluss zum vermeintlichen Ausgleich. Nachdem der insgesamt wenig überzeugende Schiedsrichter noch auf Abseits entschieden hatte (war es nicht), konnte der VAR ein Handspiel Piąteks ausfindig machen, sodass das Tor regelkonform aberkannt wurde. Hertha hatte aber bei aller Liebe den Ausgleich in keinster Weiser verdient. Kurz später kam Piątek noch zu zwei Schusschancen, die aber das Tor nicht mehr ernsthaft gefährdeten.
Dodi Lukébakio, der nach dem verletzungsbedingten Cunha-Ausfall als Kreativspieler der Herthaner Offensive besonders im Fokus stand – und wieder einmal nicht abliefern konnte. Weder konnte Lukébakio die Offensive mit klugen Seitenverlagerungen steuern noch die Bielefelder Abwehr mit Tempodribblings vor Probleme stellen. Lukébakios Formtief nimmt trotz der unzweifelhaft vorhandenen Anlagen beängstigende Ausmaße an.
Maxi Mittelstädt, der Cunha auf dem linken Flügel vertrat und naturgemäß nicht ersetzen konnte. Das war auch nicht zu erwarten, nichtsdestotrotz hätte offensiv mehr von ihm kommen müssen. Immerhin konnte er sich in der ersten Hälfte mit zwei Ball-Rückeroberungen auszeichnen. Im zweiten Durchgang rückte er für Marvin Plattenhardt auf die Linksverteidigerposition, wurde dort von Gegenspieler Ritsu Doan immer wieder vor Probleme gestellt und reihte sich so nahtlos in die schwer enttäuschende Leistung der Hertha ein.
[Titelbild: (Photo by Stuart Franklin/Getty Images]
Nach einem bitteren Jahresende hat Hertha sein erstes Spiel des Jahres 2021 gegen Schalke 04 mit 3:0 gewonnen. Viel wichtiger als jede Einzelbewertung von Spielern sind die drei Punkte – Hertha löst sich von der Abstiegszone und zeigte, dass es auch einen qualitativen Abstand zum Tabellenkeller gibt. Ein Lob gilt ausdrücklich Bruno Labbadia, der insbesondere mit seinen Umstellungen im Mittelfeld wichtige Weichen gestellt hat.
Vladimir Darida – Das erfrischende Element
Etwa in der Mitte der 1. Halbzeit blendete der TV-Sender Sky erstmals die realtaktischen Formationen beider Mannschaften ein. Die Anfangsphase des Spiels gegen Schalke war aus Hertha-Sicht noch recht holprig – auch weil Schalke insbesondere über den genesenen Mark Uth einige spannende Konter fuhr.
In der Taktik-Analyse konnte man sehr gut sehen, wie Labbadia das Mittelfeld umgebaut hatte. In der defensiven Zentrale war Lucas Tousart tätig, der zwar immer noch zu wenige Akzente nach vorne setzt, aber – und das hat Herthas Siel heute extrem geprägt – weniger Zweikämpfe verliert als Niklas Stark. Cunha kam bei Kontern zwar zumeist über die linke Seite, hielt sich die meiste Zeit allerdings ebenfalls im Zentrum vor Tousart auf, was ebenfalls stabilisierend wirkte.
Der erfrischendste Faktor war jedoch Vladimir Darida, der laut Real-Taktikanalyse in den ersten 20 Minuten Herthas offensivster Spieler war. Eigentlich ist das keine gute Idee, müsste man meinen – schließlich schießt Darida als offensiver Mittelfeldspieler sehr wenige Tore. Doch der tschechische Nationalspieler wirkte extrem belebend in der Spitze – er legte sowohl das 2:0 für Jhon Cordoba als auch das 3:0 für Krzysztof Piatek mit einem genialen Pass auf und war zwischendurch immer wieder an Strafraumaktionen beteiligt.
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Einziges Manko mal wieder: Der Tscheche hat wieder einmal nicht selbst getroffen, insbesondere in der letzten Spielminute war er etwa 13 Meter vorm Tor in eine gute Schussposition geraten, die er mit seinen technischen Fähigkeiten eigentlich nutzen müsste. Sein letztes Tor erzielte der Tscheche gegen den SC Freiburg im Dezember 2019. Aber auch ohne eigene Torgefahr glänzt Darida durch seine starke Laufleistung (heute knapp 12,5 Kilometer) und somit damit, dass er ständig anspielbar ist.
Matteo Guendouzi – Herthas neues Gehirn
In der oben genannten realtaktischen Formation war die Rückennummer 8 von Matteo Guendouzi halblinks vor Tousart eingezeichnet. Doch im Gegensatz zu Darida hatte die Taktik-Analyse beim Franzosen recht wenig Aussagekraft, denn Guendouzi war gefühlt überall. Vor dem eigenen Strafraum holte er sich viele wichtige zweite Bälle und transportierte diese in die Offensive. Die Passquote von knapp 92 Prozent (mit u.a. zwei Schlüsselpässen) zeigt, wie sicher sich der junge Franzose schon in seiner Rolle fühlt.
Besonders erfreulich ist zudem, dass Guendouzi sich immer wieder am gegnerischen Strafraum in Pressing-Situationen einmischt, Überzahl-Situationen schafft und auch dort viele wichtige zweite Bälle holt. Bei einer solchen Situation landete der Ball dann in der 36. Spielminute bei Guendouzi. Anstatt blind aufs Tor zu hämmern, nahm er sich kurz Zeit, um zu schauen, wie der Schalker Torwart Fährmann stand und zirkelte den Ball klug wie unhaltbar ins rechte Eck. Auf diese Weise hatte er zuletzt schon gegen ‘Gladbach getroffen.
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In den englischen Medien war rund um Guendouzis Wechsel zu Hertha viel von seiner Unbeherrschtheit zu lesen, teils wurde ihm Disziplinlosigkeit vorgeworfen. Am Samstagabend hätte der Franzose viele Anlässe zum Kontrollverlust gehabt, weil die Schalker ihn oft abräumten – Guendouzi blieb ruhig und spielte weiter. Ein rundum toller Fußballspieler – es wird sehr schwer, ihn ab der kommenden Saison zu ersetzen.
Jhon Cordoba – Druck, Druck, Druck
Einige Wochen musste Hertha im Sturm zuletzt mit Piatek beginnen, weil Jhon Cordoba sich im Spiel gegen Augsburg verletzt hatte. Bis auf wenige Glanzmomente konnte die Hertha-Offensive in diesen Spielen keinen dauerhaften Druck auf den Gegner entfalten. Heute war das – auch wegen Cordoba – anders.
Bestes Beispiel war die Entstehung des 1:0 durch Guendouzi, das nur entstehen konnte, weil der Kolumbianer einen Flanken-Einwurf von Plattenhardt auf Cunha ablegte. Cordoba ist in den meisten Offensiv-Aktionen von Hertha einfach irgendwie beteiligt. Nicht alles gelingt ihm, aber durch die reine Quantität seiner Strafraumaktionen ist er ein wichtiger Faktor in Herthas Offensivspiel. Durch seine Robustheit und Präsenz ist er ein eigentlich kaum wegzudenkender Pfeiler des Berliner Angriffsspiels.
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Sein eigenes Tor, das 2:0, zeigt eine weitere Qualität des Kolumbianers: Sein Stellungspiel. Während Krzysztof Piatek bei vielen Kontern zuletzt ein schlechtes Timing hatte und sich beispielsweise nicht richtig fallen ließ, um in gute Schusspositionen zu kommen, tat Cordoba heute genau das: Darida kam über außen in die Box, legte zurück auf den Fünf-Meter-Raum, wo Cordoba nur noch einschieben musste.
Und dann waren da noch…
Luca Netz: Das Spiel gegen Schalke lief seit 86 Minuten und war entschieden, da machte sich an der Seitenlinie ein sichtlich aufgeregter junger Mann für seinen ersten Bundesliga-Einsatz bereit: Das 17-jährige Hertha-Eigengewächs Luca Netz wurde von seinem Trainer auf der linken Außenverteidiger-Position eingesetzt. Der Spielstand und die kurze verbleibende Spieldauer lassen keine ausführliche Bewertung zu. Doch kurz vor Schluss zeigte Netz, dass er sich nicht nur in der Defensive wohlfühlt, als er mit einem beachtlichen Sturmlauf in den Schalker 16er eindrang, dann aber den Querpass in die Mitte nicht mehr hinbekam. Dass Netz in Deutschlands U18-Mannschaft in 15 Spielen vier Tore erzielte, belegt, dass Hertha einen offensivorientierten Linksaußen in petto hat.
Krzysztof Piatek: Irgendwie ist dieser Mann ein Phänomen. In der 78. Spielminute eingewechselt, brauchte der Pole heute ganze fünf Ballkontakte, um gefühlt zwei Tore zu erzielen. Dass das zweite Tor nicht zählte, liegt wohl nur daran, dass im Kölner VAR-Keller ein neues Elektronenmikroskop ausprobiert wurde. Bei Piateks Torquote (saisonübergreifend für Hertha in 29 Spielen acht Tore, dabei einige nach Einwechslungen) wäre es eine Dummheit ihn in der aktuellen Transferphase abzugeben. Dass er aber so gar nicht zur Spielweise der anderen offensiven Herthaner passt, bleibt ein Problem.
Fazit – Hertha mal kein Aufbaugegner
Viele Hertha-Fans hatten vor diesem Spiel nur eines: Angst. Nach peinlich schlechten Spielen gegen Mainz und Freiburg war Hertha für Schalke eigentlich der perfekte Aufbaugegner, um eine Mega-Negativserie zu stoppen. Doch aufgrund einer geschickten Umstellung im zentralen Mittelfeld, aber auch von individuellen Verbesserungen und somit weniger Fehlern hat Hertha dieses Fiasko verhindern können. Es folgen Spiele gegen Bielefeld, Köln und Hoffenheim. Normalerweise – ein Adverb, das bei Hertha leider recht wenig Anwendung findet – sollte Hertha aus diesen Spielen mindestens vier Punkte holen. Der Start ins neue Jahr ist zumindest schon einmal geglückt. der Kelch, gegen Schalke zu verlieren, ging fast schon überraschend an Hertha vorbei.
Mit einer 1:4-Niederlage in Freiburg verabschiedet sich Hertha BSC in die Mini-Winterpause. Die Niederlage an sich wäre kein Problem. Doch die sich wiederholenden Leistungseinbrüche des Teams, die lustlose bis patzige Haltung einzelner Spieler aber auch taktische Fehleinschätzungen des Trainerteams lassen nach dem Freiburg-Spiel leider nur eine Schlussfolgerung zu: Hertha hat ein systematisches Problem.
Nach dem Spiel unserer Hertha gegen Mönchengladbach ging ein lautes Entspannungsseufzen durch das ganze Fanlager. Denn erstens hatte Hertha gegen eine Mannschaft aus dem oberen Tabellendrittel eine solide Leistung gebracht und zweitens war klar, dass nun ausschließlich Spiele gegen Mannschaften aus dem unteren Tabellendrittel anstehen. Zeit zum Punkten also. Doch zumindest der Anfang in diese Serie der vermeintlich leichteren Spiele ist erschreckend schlecht verlaufen. Nach einem fußballerischen Tiefpunkt-Spiel gegen Mainz (0:0) folgte nun eine krachende Niederlage gegen Freiburg, nach der sich die Verantwortlichen im Verein Grundsatzfragen stellen sollten. Eine Einzelbewertung der Spieler fällt nach dem Spiel schwer, weil aus blau-weißer Sicht nur wenige positive Momente gab. Dafür gab es einige Spieler, die besonders negativ auffielen.
Javairo Dilrosun – Warum nicht von Anfang?
Der Niederländer wurde in der Halbzeit für einen enttäuschenden Matheus Cunha eingewechselt. Dilrosun war der einzige Herthaner, der am heutigen Sonntag Lust auf Fußball hatte. Er setzte einige schnelle Läufe und Dribblings über die Außen an und sorgte am Anfang der zweiten Halbzeit dafür, dass nochmal kurz Hoffnung aufkam. Denn Dilrosun flankte kurz nach Wideranpfiff nach einem schönen Dribbling über die linke Seite an den langen Pfosten, wo Dodi Lukebakio stand und nur noch den Fuß hinhalten musste.
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Auch in der Folge war Dilrosun flexibel unterwegs, zeigte sich auf beiden Seiten anspielbar und suchte als einziger Herthaner immer wieder Eins-gegen-Eins-Situationen. Schon gegen Union war Dilrosun maßgeblich nach seiner Einwechslung für den Erfolg verantwortlich. Eine der strategischen Fragen, die sich Labbadia gefallen lassen muss, ist, warum der Niederländer derzeit nicht stets von Anfang an spielen darf.
Matheus Cunha – Setzen, sechs!
Es passiert eigentlich selten, dass Trainer ihre eigenen Spieler nach einem Spiel – auch bei schlechter Leistung – öffentlich in die Pflicht nehmen. Doch nach Cunhas Leistung und seiner Auswechslung zur Halbzeit erklärte Bruno Labbadia nach dem heutigen Spiel, dass der Brasilianer „unterirdisch“ gespielt und er ihn deswegen frühzeitig heruntergenommen habe.
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Recht hatte er. Nur: Labbadia hat auch selbst ein wenig zu verantworten, dass Cunha so schlecht ins Spiel kam. Denn das Freiburg-Spiel war ein neuer Beweis dafür, dass Cunha sich nicht als Außenspieler eignet. Der 21-Jährige kam in den ersten etwa 20 Minuten auffällig oft über links. Und in einer solchen Situation verlor auch viel zu einfach den Ball, setzte dann nicht ausreichend nach, woraus eine Flanke resultierte, die dann – nach ebenso schlechter Manndeckung in der Innenverteidigung – zum 0:1 führte.
Im Anschluss fiel der Brasilianer eigentlich nur noch durch Fouls, verlorene Zweikämpfe und Schiedsrichterbeschwerden auf. Auf Twitter hat sich Cunha mittlerweile bei den Fans für die schlechte Leistung erklärt. Es wird spannend zu sehen sein, wie der Brasilianer aus der Weihnachtspause kommen wird, denn aktuell ist klar: Cunha befindet sich seit Wochen in einem Formtief und darunter leidet das Hertha-Spiel brutal.
Maxi Mittelstädt – Gleichbleibend harmlos
Unter der Woche war zu lesen, dass Labbadia auf der linken Außenbahn ein „Kopf-an-Kopf-Rennen“ zwischen Maxi Mittelstädt und Marvin Plattenhardt sieht. Am heutigen Sonntag durfte Mittelstädt mal wieder von Anfang an starten. Als Hertha-Fan muss man Maxi einfach mögen – er ist ein Hertha-Urgestein und einfach ein bodenständiger, ruhiger und sympathischer Typ.
Mit Blick auf seine Leistungen muss man spätestens nach dem Freiburgspiel allerdings festhalten, dass ihm der endgültige Durchbruch bei Hertha einfach nicht gelingen will. Bis auf einen Torabschluss hatte Maxi keine einzige gefährliche Szene, setzte sich nie auf der Außenbahn durch, seine wenigen Flankenversuche kamen nicht an, zudem verlor er einfach zu viele Zweikämpfe. Auch hier muss sich Labbadia die Frage gefallen lassen, wie er zu seiner Einschätzung eines Zweikampfes kommt. Denn in den vergangenen Wochen hatte Plattenhardt zumindest ordentliche Leistungen gezeigt.
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Labbadia sollte sich bei seinen Personalentscheidungen vielleicht weniger von den Trainingsleistungen leiten lassen, sondern mehr von den Matchleistungen – siehe Matthew Leckie. Seit nun schon längerer Zeit ist festzuhalten, dass dieser Konkurrenzkampf zwischen Mittelstädt und Plattenhardt keinen von beiden wohl sonderlich pusht – sonst kämen bessere Leistungen bei herum. Und so langsam muss auch auf der Linksverteidiger-Position die Frage gestellt werden, ob hier genug Qualität vorhanden ist.
Und dann war da noch:
Die Innenverteidiger: Eigentlich hatte man das Gefühl, dass sich Herthas Innenverteidigung mit Jordan Torunarigha und Dedrick Boyata stabilisiert hat. Nach den Spielen gegen Union, Gladbach und Mainz hatte man wieder ein ausgedehnteres Sicherheitsgefühl bei gegnerischen Angriffen. Doch auch Torunarigha und Boyata machten am Sonntag wieder Fehler und schenkten dem Gegner sprichwörtlich Tore. Beim ersten Gegentreffer steht Hertha zu fünft gegen zwei Freiburger, die Flanke fliegt trotzdem, das Tor fällt trotzdem. Und beim zweiten Gegentreffer legt Jordan das Tor für Freiburg per technischem Fehler auf.
Krzysztof Piatek: Allein wegen seiner beiden Tore im Derby fällt es einem als Hertha-Fan schwer, drastische Maßnahmen gegen den dauerhaft schlecht spielenden Polen zu fordern. Aber sein wir ehrlich: Piatek war auch gegen Freiburg wieder kein Faktor in Herthas Spiel. In der zweiten Halbzeit nahm er eine Flanke gefährlich per Kopf ab – das war’s.
Fazit: Ein erschreckend schlechter Jahresabschluss
Beängstigend ist, dass Freiburg nicht einmal eine wirklich starke Leistung brauchte, um Hertha mit 4:1 zu besiegen. Eigentlich reichte den Breisgauern ein bisschen Robustheit im Mittelfeld, den Rest erledigte Hertha mit Fehlpässen und falschem Stellungsspiel. Auch die Fakten zur Tabellensituation sind alarmierend: Hertha hat nach 13 Spielen drei Punkte vor der Relegationszone und befindet sich mal wieder im Abstiegskampf, im Pokal ist man seit Runde eins nicht mehr dabei. Hertha hat inzwischen die drittmeisten Gegentore der Liga kassiert, auch im Pokalspiel gegen aufgestiegene Zweitliga-Braunschweiger kassierte man fünf Tore.
Aber auch qualitativ muss man sich Sorgen machen. Labbadia ist es nicht gelungen, die Mannschaft nach dem harten Umbruch zusammenzuschweißen – nach 14 Pflichtspielen muss es erlaubt sein, zu diesem Fazit zu kommen. Labbadia nach nicht einmal einem Jahr des Amtes zu entheben, würde die Situation wahrscheinlich noch weiter destabilisieren. Aber mit 1,18 Punkten pro Spiel hat er den schlechtesten Punkte-pro-Spiel-Wert seit Otto Rehhagel. Es liegt vieles im Argen.
Nach einem 1:1-Unentschieden gegen Borussia Mönchengladbach steht Hertha mit zwölf Punkten vorerst auf dem 11. Tabellenplatz. Nach in der Saison teils sehr schwankenden Leistungen – insbesondere in der Defensive – war das Spiel gegen die Borussen vor allem eines: stabil. Und so steht im heutigen Rückblick die geschlossene Mannschaftsleistung im Vordergrund. Bis auf eine hervorstechende Ausnahme: Matteo Guendouzi.
Die Innenverteidigung – Boyata und Torunarigha sorgen für Sicherheit
61. Spielminute: Der Mönchengladbacher Patrick Herrmann taucht plötzlich alleine vor Alexander Schwolow auf, Herthas Keeper zögert eine Sekunde zu lang, Herrmann nutzt dies und hebt den Ball elegant in Richtung Tor. Doch kurz vor der Torlinie rettet Dedrick Boyata und schlägt den Ball ins Seitenaus. Diese Szene zeigt ganz gut, wie man sich als Herthafan im Spiel gegen Borussia Mönchengladbach mit der eigenen Defensive fühlte: sicher und stabil.
(Photo by Sascha Steinbach – Pool/Getty Images)
Selbst als ‘Gladbach nach dem Rückstand in der zweiten Hälfte noch mehrere schlagkräftige Stürmer brachte (Plea, Thuram, Stindl) und einem schon aufgrund der Namen Angst und Bange wurde, stand die blau-weiße Innenabwehr gut. Boyata, der mit knapp 62 Prozent Herthas zweitbeste Zweikampfquote hat, klärte insbesondere in der Luft viele wichtige Bälle gegen Breel Embolo und wirkte auch im Spielaufbau klug mit. Aber auch Jordan Torunarigha machte ein gutes Spiel. Besonders erfreulich ist wie gut beide zusammenpassen. Während der Belgier insbesondere bei hohen Bällen viel abräumt, kann Jordan das Spiel schon vor dem Strafraum extrem gut lesen und fängt auf diese Weise zahlreiche tiefe Pässe ab – eine sehr wichtige Eigenschaft gegen eine Mannschaft wie ‘Gladbach, die mehrere Spieler hat, die genau diese tiefen, gefährlichen Bälle spielen können.
Auch sehr erfreulich war das kluge Zweikampfverhalten: Während in den ersten Spielen dieser Saison gefühlt in jedem Spiel ein blöder Foulelfmeter dabei war, standen die Verteidiger heute in allen kniffligen Szene gut da. Die Gladbacher monierten viel – letztlich waren aber alle wichtigen Zweikämpfe im Strafraum sauber. Kurzum: Herthas Defensive war am heutigen Nachmittag nur ein einziges Mal unsortiert und fing sich dann auch den Ausgleich. Aber seien wir ehrlich: Gegen einen Champions League-Achtelfinalisten ist das völlig okay.
Matteo Guendouzi – Was für ein Fußballspieler!
Schaut man sich die blau-weißen Social Media-Foren nach dem heutigen Gladbach-Spiel an, fällt immer wieder ein Name: Matteo Guendouzi. Der Franzose hat sich in seinen wenigen Spielen für Hertha von Spiel zu Spiel gesteigert und hatte heute somit seinen stärksten Auftritt im blau-weißen Trikot.
Dabei imponierte der französische Jungnationalspieler nicht nur mit seinem technisch brillanten Tor, bei dem er den Ball ohne langes Zögern mit feinster Schusstechnik aus 16 Metern unhaltbar ins obere rechte Eck zimmerte. Noch viel wichtiger ist, dass Guendouzi diese seit wenigen Monaten zusammenspielende Mannschaft inzwischen wie ein echter Spielregisseur taktet. Er gewinnt viele wichtige, kleine Zweikämpfe im Mittelfeld und leitet den Ball schnell an Herthas schnelle Außenspieler weiter.
Insbesondere das Zusammenspiel mit Vladimir Darida hat sehr gut funktioniert – wobei man zwischen den beiden schon einen Qualitätsunterschied erkennt. Darida ist ein gestandener Bundesligaspieler, der durch seine Laufstärke eigentlich immer anspielbar ist. Aber im Gegensatz zu Guendouzi sind beim Tschechen auch des Öfteren Fehlpässe oder Aktionen dabei, die das Tempo verschleppen. Zum Vergleich: Darida brachte nur 66% seiner Pässe zum Mitspieler, bei Guendouzi waren es 91%.
(Photo by Sascha Steinbach – Pool/Getty Images)
In einer Szene kurz vor Schluss zeigte Guendouzi zudem, dass er auf dem besten Weg ist, sogar zu dem „Leader“ zu werden, den Hertha dringend benötigt: Der eingewechselte Jessic Ngankam ging nach einer Balleroberung nicht schnell genug in die Außenposition – Guendouzi hatte keinen Anspielpartner. Der Franzose gab Ngankam (übrigens beide etwa gleich alt) das anschließend deutlich zu verstehen und erklärte ihm, welcher Laufweg sinnvoller gewesen wäre. Nachricht an Michael Preetz: Bitte für einen Verbleib des Franzosen kämpfen!
Niklas Stark – Immer stärker
Erinnert ihr euch noch an das Heimspiel gegen Köln im Februar, als es schon zur Halbzeit 0:3 stand? Niklas Stark machte damals eines seiner schwächsten Spiele im Hertha-Trikot. Wenn man sich den Niklas Stark aus den vergangenen beiden Spielen (Union und Gladbach) anschaut, könnte man meinen, dass wir hier über zwei verschiedene Spieler sprechen.
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Unter Labbadia ist Stark zu einem klassischen „Sechser“ geworden – früher nannte man diese Position „Vorstopper“. Der gebürtige Franke holt sich viele Bälle in der Abwehr ab und übergibt sie an die spielintelligenten Regisseure Guendouzi und Darida. Besonders erfreulich war heute, dass Stark gerade in der ersten Hälfte auch einige Akzente nach vorne setzte. In der 15. Spielminute beispielsweise tauchte er im Strafraum auf und flankte gefährlich in Richtung Dodi Lukebakio.
Das wichtigste ist jedoch die Arbeit gegen den Ball und vor allem dort zeigte der Vizekapitän seine Stärken. Stark war stets hellwach und eng am Gegenmann, sodass er einige Konter bereits frühzeitig stoppte – besonders gegen die schnellen Gladbacher extrem wichtig. Zwei Tacklings, ein abgefangener Ball, vier Klärungsaktionen und ein abgeblockter Schuss – so die guten Zahlen von Stark, der sich wohl endgültig festgespielt hat. Niklas, davon gerne noch mehr in den nächsten Spielen.
Dodi Lukebakio – Wir müssen reden!
Dodi, wir müssen reden! Grundsätzlich ist Dodi Lukebakio einer der besten Offensivspieler, die Hertha in den vergangenen Jahren verpflichtet hat. Schon die bloßen Zahlen belegen das: In dieser Saison machte er bereits zwei Tore und legte drei Treffer auf. Im vergangenen Jahr machte er in 30 Ligaspielen sieben Tore und legte weitere sieben auf.
Hinzu kommt, dass der Belgier extrem schnell ist und gerade bei Gegenangriffen auf den Außenpositionen Herthas wichtigste Anspielstation ist. Leider nur ist Lukebakios Spiel viel zu volatil. Es gibt Phasen im Spiel, da tut sich der Belgier komplett raus, bietet sich nicht an, läuft mit hängendem Kopf über den Platz und wirkt auch in Zweikämpfen demotiviert. So auch gegen Gladbach gesehen, am Samstagnachmittag wollte Lukebakio kaum etwas gelingen. Nur 61% seiner Pässe kamen beim Mitspieler an, kein Dribbling wurde gewonnen. Hinzu kamen gewisse Schwächen gegen den Ball, einmal mehr hörte man Trainer Labbadia zahlreiche Anweisen und Aufforderungen in Richtung des Belgiers brüllen.
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Auch Labbadia hat Dodis Motivation und seinen Einsatz bereits thematisiert – es wird Zeit, dass Lukebakio dauerhaft mehr PS auf die Straße bringt – das Potenzial ist ohne Zweifel vorhanden. Sonst könnte womöglich ein fabrikfrischer Flitzer an ihm vorbeiziehen: Jessic Ngankam (siehe weiter unten).
Und dann war da noch:
Alexander Schwolow: Ein gutes Spiel vom ehemaligen Freiburger. Alleine wegen seiner Rettungsaktion in der 42. Minute sei der Torwart hier erwähnt. Mit einem Arm wehrte Schwolow einen heftigen Schuss des Gladbachers Wolf ab. Schwolow fing viele Flanken ab und leite einige Gegenangriffe klug ein. Bis auf das oben genannte zögerliche Herauskommen gab es keine Fehler, beim Gegentreffer war er chancenlos.
Der Nachwuchs (Redan und Ngankam): Viel Zeit hatten Daishawn Redan und Jessic Ngankam nicht, um sich im heutigen Spiel anzubieten. Und trotzdem nutzten beide die ihnen zur Verfügung stehenden Spielminuten. Ngankam zeigte sich oft und auf beiden Seiten anspielbereit und sorgte insbesondere in Gladbachs Drangphase für Entlastung. Bei Ngankams Hackentrick kurz vor Schluss im Gladbacher Strafraum wurde es auf einmal sehr brenzlig – es folgte leider ein Fehlpass. Der Niederländer Redan hatte noch weniger Zeit auf dem Platz, sorgte aber ebenfalls fast für einen Paukenschlag, als er direkt von Schwolow bedient wurde und alleine in Richtung Tor marschierte – auch hier leider ohne Happy End.
Fazit
Der erhoffte Sieg gegen ein Spitzenteam blieb leider aus. Hertha fing sich nach dem schönen Führungstreffer völlig berechtigt einen Gegentreffer ein. Wichtig ist aber: Zu keinem Zeitpunkt hatte man – wie etwa gegen Dortmund – das Gefühl, dass diese Mannschaft zusammenbricht und nicht wettbewerbstauglich ist. Ganz im Gegenteil: Gladbach biss sich an einer starken Defensive die Zähne aus. Auch die Einstellung stimmte: Mit etwa 116 Kilometern lief Hertha etwa zwei Kilometer mehr als die Borussia und auch in den Zweikampf- und Passwerten lag Hertha nur knapp hinter Gladbach. Es folgen Spiele gegen Mannschaften aus dem unteren Tabellendrittel. Hertha muss dann abliefern.
Nach einer ereignisreichen Woche konnten Hertha-Fans am Freitagabend einen sportlichen und emotionalen Höhepunkt erleben. Mit 3:1 setzte sich Hertha BSC gegen den Stadtrivalen 1. FC Union Berlin durch und holte sich so den Derbysieg. Vom Fahnenmeer über die „Aktion Herthakneipe“-Trikotaktion bis zum Erfolg im Olympiastadion: es war einfach eine sehr gelungene Woche für die Blau-Weißen! Trotzdem wollen wir die immer noch frische Derbysieg-Euphorie einen kurzen Moment lang runterdrehen, um uns wie gewohnt die Leistungen einzelner Herthaner etwas näher anzuschauen.
Peter Pekarik – zweiter Frühling als Torjäger
Den Anfang wollen wir mit dem Spieler machen, der unter Bruno Labbadia so etwas wie einen zweiten (dritten? vierten?) Frühling erlebt. 19 Pflichtspiele unter Bruno Labbadia: drei Treffer und zwei Torvorlagen. Nicht allzu lang ist es her, da galt Peter Pekarik noch mit 150 Bundesligaeinsätzen ohne Treffer als einer der torungefährlichsten Spieler der Bundesliga. Jetzt ist er so torgefährlich wie noch nie in seiner Karriere.
Noch beeindruckender ist allerdings die Tatsache, dass sich der 34-Jährige wider Erwarten bei Hertha gegen mehrere jüngeren Konkurrenten als rechter Verteidiger durchgesetzt hat. Im Derby zeigte sich der dienstälteste Herthaner (im Verein seit 2012) wieder in sehr guter Verfassung und machte ein sehr gutes Spiel. Knapp zwölf Kilometer lief er, ackerte unermüdlich auf seiner rechten Außenbahn und war dort sehr präsent. Obwohl Herthas Spiel insbesondere in Halbzeit eins eher linkslastig war, war er immer wieder zu sehen und hatte einige Aktionen nach vorne. Dazu kamen 94% seiner Pässe an.
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Bereits in der zweiten Minute konnte Pekarik all seine Erfahrung und Ruhe zeigen, als er sekundenlang einen langen Ball von Union abschirmte und einen Abstoß für sein Team herausholte. Durch die taktische Aufstellung in der ersten Halbzeit schaltete er sich öfters in die Offensive mit ein, ohne seine defensiven Aufgaben zu vernachlässigen. In seinen Vorstößen wurde er dabei von Lucas Tousart abgesichert, der sich auf der rechten Seite fallen ließ. Doch die Taktik funktionierte gegen der gut organisierten und kompakten Abwehr der Unioner nicht wirklich. Kein Wunder also, dass Pekariks Treffer erst in der zweiten Halbzeit fiel, nachdem Bruno Labbadia sein Team zurück in ein 4-2-3-1 umgestellt hatte. Auch im bekannten System überzeugte der Slowake und ließ sich auch bei den wenigen Gegenangriffen der Unioner nicht überspielen.
Pekarik weiß wohl am Besten im aktuellen Hertha-Kader, wie wichtig ein Derby für Fans und Umfeld ist. Er zeigte sich dabei stets auf der Höhe und macht es somit seiner Konkurrenz auf seiner Position nicht leicht. Für Hertha ist er momentan wichtiger denn je.
Mattéo Guendouzi – Like a Boss
In einer eher schwachen Partie, in der Hertha erneut große Schwierigkeiten hatte, Chancen zu kreieren, konnte Mattéo Guendouzi positiv herausstechen. Der Franzose zeigte sich von der ersten Minute an hochmotiviert und sehr präsent im Spielaufbau. Dass die linke Seite von Hertha in der ersten Halbzeit deutlich mehr bespielt wurde, als die rechte, lag auch an ihm. Links orientiert holte er sich viele Bälle aus der eigenen Hälfte und aus dem Mittelfeld. Er war immer anspielbar und deutlich bemüht, dem Spiel seinen Stempel aufzulegen, was sich auch am Laufwert zeigte (11,75 Kilometer).
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Die bereits angesprochene Taktik von Hertha in Halbzeit eins sorgte dafür, dass sich Guendouzi oft bei Gegenangriffen von Union Berlin auf der linken Verteidigerposition wiederfand. So musste er beim 0:1 unglücklicherweise im Mittelpunkt stehen, als er nach einer Fehlerkette der Defensive Unions Stürmer Taiwo Awoniyi nicht mehr am Schuss hindern konnte. Das Offensivspiel der Blau-Weißen war trotz der Bemühungen von Arsenals Leihgabe so gut wie wirkungslos, da Union Berlin bestens auf Herthas Taktik eingestellt war.
Das änderte sich in der zweiten Halbzeit nach der taktischen Umstellung. In einer Doppelsechs bzw. Doppelacht übernahm Guendouzi den offensiven Part und überließ die Absicherung meistens Niklas Stark. Dadurch bekam er mehr Raum und zeigte immer mehr seine Qualität. Mit Javairo Dilrosun spielte er zum ersten Mal zusammen. Beide harmonierten zeitweise recht ordentlich, insbesondere in der letzten halben Stunde. Der „vorletzte“ Pass kam bei Herthas Angriffen dabei oft vom Franzosen: erst fand er Matheus Cunha beim 1:1, dann Dilrosun zum 3:1. Auch kurz vor Schluss bereitete er die Großchance des Niederländers vor.
Ab und an agierte der junge Franzose auch im Derby allerdings etwas übereifrig und hätte mit dem einen oder anderen misslungenen Risikopass auch einen gegnerischen Konter einleiten können. Es bleibt aber bei einer soliden Partie von Guendouzi, der sich langsam zum Leader im Mittelfeld entwickelt. Im Kopf bleibt auch sein Jubel vor der leeren Ostkurve, bei dem er mit imaginären Fans abklatschte und ihnen sein Trikot zuwarf. Hertha hat sich für diese Saison mit Guendouzi einen sehr guten Fußballer geholt, der darüber hinaus sofort verstanden hat, wie wichtig ein Derbysieg für Hertha-Fans und im Umfeld ist.
Javairo Dilrosun – eine überraschende Rückkehr
Seine Einwechslung kam etwas überraschend: in den letzten drei Bundesligapartien von Hertha BSC bekam Javairo Dilrosun nicht eine Minute Einsatzzeit. Schon nach 45 Minuten kam er jedoch im Derby rein, genauso wie Krzysztof Piatek. Die fehlende Spielpraxis war in den ersten 15 Minuten des Niederländers deutlich zu spüren: oftmals war er einen Schritt zu spät, traf mehrmals die falsche Entscheidung und war kaum im Spiel eingebunden. Von Minute zu Minute steigerte er sich jedoch und zeigte sich immer besser im Zusammenspiel mit Mattéo Guendouzi und Marvin Plattenhardt. Seine Einwechslung sollte darüber hinaus noch entscheidend werden: an beiden Treffern von Piatek war er unmittelbar beteiligt.
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Dilrosun war bisher in dieser Saison so etwas wie ein Rätsel, doch im Derby konnte er insbesondere in den letzten 30 Minuten wieder zeigen, was ihn als Spieler ausmacht und wie wichtig er für Herthas Spiel werden kann. Trotz Überzahl hatten die Spieler der „alten Dame“ nämlich weiterhin Probleme, sich Großchancen zu erarbeiten, und die kompakte Defensive aus Köpenick zu knacken. Sollten sich diese Probleme auch in den nächsten Spielen zeigen, könnte ein fitter und formstarker Dilrosun eine echte Waffe sein.
Kristof Piatek – vom Problemspieler zum Derbyhelden
Last but not least wollen wir uns mit dem Spieler beschäftigen, der wohl für die größte positive Überraschung bei Hertha-Fans sorgte. Der Pole wurde seit Monaten in Medien und sozialen Netzwerken oftmals kritisiert. Trotz seiner eindeutigen Qualitäten wurden Zweifel groß, dass er nicht zum System von Bruno Labbadia passe. In der laufenden Saison konnte er leider auch nur wenig Argumente für sich sammeln, bekam zunächst wenig Einsätze und fand erst nach der Verletzung von Jhon Cordoba zurück in die Startelf. Es folgten zwei schwache Einsätze gegen Borussia Dortmund und Bayer Leverkusen und im Derby musste er zunächst auf der Bank Platz nehmen.
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Doch um die Kritik, zumindest zeitweise, verstummen zu lassen, suchte sich der polnische Nationalspieler doch das richtige Spiel aus. Nach 45 Minuten wurde er eingewechselt, sein erster Schuss sorgte noch in der 69. Minute nicht gerade für Applaus. Doch dann war das Glück beim 2:1 auf seiner Seite, als sein Schuss unhaltbar für Luthe abgefälscht wurde. Beim 3:1 bewies „il pistolero“ seine wohl größte Qualität: sein absoluter Torriecher vor den Kasten. Auch seine gute Schusstechnik war im Derby gut zu erkennen und kurz vor Schluss hätte Piatek auch noch seinen Hattrick perfekt machen können, als er per Weitschuss den Unioner Keeper prüfte.
Das Offensivspiel der „alten Dame“ war wie bereits angesprochen auch trotz der drei Treffer nicht gerade das gelbe vom Ei. Trotzdem konnte der Pole dabei zwei wichtige Tore im Derby erzielen, die so schnell nicht unter Hertha Fans vergessen werden: er ist schließlich der erste Doppeltorschütze dieser Konfrontation. Sicherlich räumt das nicht alle Zweifel aus dem Weg, es bleibt fraglich, ob sich Piatek langfristig in Labbadias Mannschaft etablieren kann.
Seine Werte sind jedenfalls alles andere als schlecht: in 1.415 Spielminuten für Hertha schoss er immerhin acht Tore und drei Torvorlagen. Sollte er auch in den nächsten Partien seine Tore schießen, wird es auch für die größten Zweifler schwer werden, den Wert des Spielers für Hertha BSC zu verkennen. Nach dem Spiel wurde Krzysztof Piatek noch gefragt, ob er nicht ein Wort auf Deutsch sagen wolle. Seine Antwort, breit grinsend, könnte der perfekte Abschlusssatz unserer Rubrik sein: „Alle zusammen, Hertha!“
Und dann war da noch:
Matheus Cunha: Dass es mit 21 Jahren völlig normal ist, Leistungsschwankungen zu erleben, ist klar. Auch Matheus Cunha ist davon nicht verschont. Im Heimspiel gegen Borussia Dortmund war es noch bester Herthaner auf dem Platz. Wie schon vergangene Woche in Leverkusen jedoch schaffte es der Brasilianer nicht wirklich, dem Spiel seinen Stempel aufzudrücken. Seine Einzelaktion zum 1:1, in der er sich sehenswert durchsetzte und per Weitschuss Union-Keeper Andreas Luthe zum Fehler zwang, war leider seine erste und letzte wirklich starke Aktion dieser Partie. Im nächsten Spiel, gegen Borussia Mönchengladbach, wird Hertha auf seinen besten Torschützen verzichten müssen. Der Brasilianer holte sich seine fünfte gelbe Karte und muss ein Spiel pausieren. Gut möglich, dass er nach dieser Zwangspause mit neuem Elan und Energie zurückkehrt, und wieder ein besseres Gesicht zeigt. Ein Matheus Cunha in Topform ist schließlich nicht zu ersetzen.
Jordan Torunarigha: Zurück von seiner längeren Verletzungs- und Coronabedingten Pause zeigte sich beim 23-Jährigen in der Anfangsphase noch die fehlende Spielpraxis. Etwas ungenau und überhastet agierte der Innenverteidiger, der außerdem beim 0:1 nicht besonders gut aussah. Allerdings wurde er im Verlauf des Spieles immer sicherer, eroberte seine gewohnte Stabilität zurück und profitierte auch von der Überzahl, die ihm etwas mehr Freiheiten nach vorne ermöglichte. Insgesamt eine gelungene Rückkehr für Torunarigha, der beste Chancen hat, seinen Stammplatz zurückzuerobern.
Niklas Stark: Der 25-jährige ist ebenfalls eine Erwähnung wert. Er schaltete sich nur selten im Offensivspiel mit ein und sah beim 0:1 ähnlich wie Torunarigha nicht gut aus. Doch auch er kämpfte sich in die Partie zurück und kam mit dem 4-2-3-1 System in der zweiten Halbzeit deutlich besser zurecht.
Nach der ernüchternden zweiten Hälfte bei der 2:5-Heimpleite gegen Borussia Dortmund galt es für unsere Hertha diesmal beim Drittplatzierten Bayer Leverkusen Wiedergutmachung zu leisten.In einem ereignisarmen Spiel am ersten Adventssonntag blieb wenigstens auch die Defensive fehlerlos, sodass sich Hertha zumindest mal wieder mit einem Punktgewinn in Richtung Derby aufmacht.
Wir schauen auf einige ausgewählte Herthaner bei diesem 0:0 der schlechteren Sorte.
Herthas Viererkette – Geht doch!
Die Berliner Abwehrreihe um Kapitän Dedryck Boyata bekam trotz verheerender zweiter Hälfte gegen Dortmund wieder das Vertrauen von Trainer Bruno Labbadia, sodass Hertha mit unveränderter Startaufstellung gegen Leverkusen begann.
Und siehe da – es geht doch! Ohne haarsträubende Ein-Mann-Abseitsfallen und dafür mit einer disziplinierten koordinierten Abwehrleistung konnte die Defensivabteilung der Hertha dichtmachen und ließ Leverkusen so nicht gefährlich vors Tor kommen. Auch die schnellen Leverkusener Außenspieler konnten Peter Pekarik und Marvin Plattenhardt keine Probleme bereiten. Etwas Gefahr ergab sich nur aus Fernschüssen und ruhenden Bällen, bei denen mit Alexander Schwolow und der nötigen Prise Glück die Null stehen blieb.
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Und über die Kernkompetenz des Verteidigens hinaus, blitzte auch wenige Male offensive Kreativität auf. So leitete Boyata in der achten Minute eine der wenigen Hertha-Chancen durch Dodi Lukébakio mit einem schönen langen Ball ein, wenngleich diese belgische Koproduktion im Endeffekt auch nur in einem ungefährlichen Schüsschen resultieren sollte.
Auch Omar Alderete versuchte sich im Spielaufbau und spazierte in der 26. Minute in der Manier eines Jordan Torunarigha durch die Leverkusener Offensivabteilung und fasste sich schlussendlich ein Herz, um einen etwas zu motivierten Fernschuss weit über das Tor zu setzen. Da hätte es nach dem ordentlichen Raumgewinn vermutlich eher der Pass zum Mitspieler getan.
Aber auch sonst versuchte Alderete zeitweise schöne Schnittstellenpässe durchs Zentrum zu spielen, was allerdings mit der Zeit parallel zu Herthas Angriffsbemühungen immer mehr abnahm. Ehrlicherweise muss auch gesagt werden, dass der Neuzugang vom FC Basel bei seinen Pässen das ein oder andere Mal mit dem Feuer spielte.
In der 75. Minute schließlich ging es für Alderete mit einer augenscheinlichen Muskelverletzung nicht mehr weiter. Dafür durfte sich der mittlere Dárdai-Sohn Márton seine nächsten Bundesligaminuten abholen – und machte das ordentlich und unaufgeregt. Im Spiel gegen den Ball konnte er noch zwei wichtige Ballgewinne verzeichnen, mit dem Ball ließ er sich von pressenden Leverkusenern nicht aus der Ruhe bringen. Erst in der Nachspielzeit ließ er sich an der rechten Außenbahn etwas übertölpeln und wusste sich nur noch mit einem etwas plumpen Foul zu helfen. Und wie es dann halt immer ist, führte der anschließende Freistoß natürlich direkt zur größten Chance der Partie durch Lars Bender. Aber – auch das wurde überstanden und Márton Dárdai konnte seine ordentliche Leistung mit einem Punktgewinn feiern.
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Insgesamt zeigte sich die Abwehrkette deutlich stabilisiert gegenüber der zweiten Halbzeit gegen Borussia Dortmund. Zur Wahrheit gehört aber ebenso, dass Bayer Leverkusen Herthas Defensive auch nicht vor die ganz großen Prüfungen gestellt hat. Nichtsdestotrotz wurde eine ordentliche Leistung gezeigt, auf der man grundsätzlich aufbauen kann. In der Offensive dürfen gerade die beiden Außenverteidiger gerne etwas mehr Akzente setzen. Klar ist aber, dass gegen ein spielstarkes Leverkusen das Augenmerk auf der Defensive lag und Hertha endlich einmal wieder ohne Gegentor bleiben wollte. Und das ist geglückt.
Zwar muss Bruno Labbadia seine Viererkette mit der neu gefundenen Stabilität im Derby am Freitag voraussichtlich wieder umbauen, sofern Alderete mit einer Muskelverletzung tatsächlich ausfällt. Dann sollte allerdings auch Jordan Torunarigha wieder einsatzbereit sein, der sich mittlerweile wieder im Mannschaftstraining befindet und so die Stammbesetzung in der Innenverteidigung wieder komplettieren könnte. Und das Eigengewächs dürfte für die Partie gegen Union Feuer und Flamme sein. Genau der richtige Zeitpunkt also für ein Comeback. Ob mit oder ohne Jordan – wir sind heiß, Union kann kommen!
Niklas Stark – Auf Nummer sicher
Kennern der Szene mittlerweile als „menschliche Stützräder“ bekannt, steht Niklas Stark für die sichere Nummer in der Defensive und arbeitet als Staubsauger im defensiven Mittelfeld. Gegen Bayer Leverkusen agierte er dabei relativ unauffällig – üblicherweise kein schlechtes Zeichen auf dieser Position.
So konnte er der spielstarken Leverkusener Zentrale immer wieder auf den Füßen stehen und hat diese dadurch nicht zur Entfaltung kommen lassen. Hier und da wurde auch mal ein sinnvolles Foul zur Störung des Spielflusses eingestreut.
Doch so solide der defensive Auftritt Starks geriet, so viel Luft nach oben blieb in seinen offensiven Aktionen. Wenn sich der Nationalspieler in die Offensive einschaltete, missrieten seine Abspiele derart, dass diese im Ansatz gefährlichen Situationen in der ersten Hälfte völlig verpufften.
Auch in der eigenen Hälfte zeigte Stark, dass er sich zurzeit ohne Ball wohler fühlt als mit. Als er in der 32. Minute von zwei Mann unter Druck geriet, konnte er sich nicht befreien, geschweige denn das Leder auf die Tribüne kloppen und ermöglichte Kerem Demirbay so, einen Flatterball auszupacken, den Alexander Schwolow glücklicherweise relativ unproblematisch über die Latte lenkte.
(Photo by Lars Baron/Getty Images)
Bezeichnend schließlich eine Szene in der 68. Minute, als Stark zunächst einen Ball nach aufmerksamem Einsteigen gewinnen konnte, im Angesicht des Drucks von zwei Gegenspielern im Umkreis von fünf Metern aber keinen geraden Pass mehr an den Mitspieler brachte und so den Ball direkt wieder verlor.
Auch wenn Niklas Stark es wieder einmal ordentlich gemacht hat, keimt zaghaft der Wunsch auf, die Position vor der Abwehr mit einem etwas spielstärkeren Sechser zu besetzen, der auch die Offensive bereichern kann. Und siehe da, mit Lucas Tousart steht ein passender Spielertyp eigentlich auch schon zur Verfügung. Der Franzose hatte in den ersten Spielen der Saison defensiv weitestgehend überzeugt, aber im Gegensatz zu Stark auch einige sehenswerte Spielverlagerungen an den Mann gebracht. Tousart stand nach einer kleineren Knieverletzung nun zum zweiten Mal wieder im Hertha-Kader, scheint aber noch nicht wieder auf absolutem Top-Niveau angekommen zu sein und blieb so noch einmal 90 Minuten auf der Bank.
Das könnte aber schon im Derby gegen Union Berlin anders sein und eine französische Doppelsechs gemeinsam mit Mattéo Guendouzi dem Spiel unserer Hertha eine neue Note hinzufügen.
Mattéo Guenduozi – Die ordnende Hand
Herthas Arsenal-Leihe lieferte in seinem erst dritten Spiel von Beginn an wieder eine überzeugende Partie ab.
Der Franzose besticht mit einer beeindruckenden Ruhe am Ball. Diese Ballsicherheit auch bei gegnerischem Pressing bringt eine Selbstverständlichkeit ins Zentrum, die zu Saisonbeginn noch schmerzlich vermisst wurde. Zwar wirkt Guendouzi mit seiner demonstrativen Ruhe manchmal geradezu sorglos, blieb dabei gestern aber trotzdem fehlerlos und konnte sich einige Male sehenswert aus Pressingsituationen befreien und offene Räume bespielen. So brachte er gute 83% seiner Pässe zum Mitspieler – zum Vergleich: bei Stark waren es nur 44%, bei Cunha 60%.
(Photo by INA FASSBENDER/AFP via Getty Images)
Etwas auffällig ist dabei, dass seine raumbringenden Chipbälle das Spiel regelmäßig auf die rechte Seite verlagerten. Das ist aber ganz einfach in Herthas Aufstellung begründet. Der nominelle Offensivspieler für die linke Seite, Matheus Cunha, bewegt sich eher im Bereich der Zehnerposition. Marvin Plattenhardt hielt sich dagegen gestern offensiv extrem zurück und wagte nur seltenst Ausflüge in die Leverkusener Hälfte. So konnte das Spiel über die Außen also nur über die rechte Seite initiiert werden.
Die ordnende Hand von Mattéo Guendouzi tut Hertha extrem gut. Schon jetzt ist er die erhoffte Verstärkung – und kann gemeinsam mit seinen Kollegen sicherlich noch eine Schippe drauflegen. Vielleicht demnächst neben dem spielstarken Abräumer Tousart?
Mit seiner buddhistischen Ruhe am Ball ist Mattéo Guendouzi jedenfalls schon in kürzester Zeit zum Schlüsselspieler in Herthas – Vorsicht – Zen-trale geworden.
Und dann war da noch:
Alexander Schwolow, der in der ersten Halbzeit bei Demirbays Flatterball auf dem Posten war und sich auch von Leon Baileys Versuch nicht übertölpeln ließ. In der zweiten Hälfte bekam er wie auch Lukas Hradecky auf Leverkusener Seite kaum mehr zu tun. Im Zuge eines intensiven Blickduells mit dem Spielgerät wünschte er sich Lars Benders Kopfball erfolgreich um den Pfosten herum und hielt so den Kasten in der Nachspielzeit sauber.
Matheus Cunha, der von Beginn an überhaupt nicht ins Spiel fand. Verzettelte er sich zunächst noch in Dribblings gegen zu viele ihm auf den Füßen stehende Gegenspieler, entschied sich der Brasilianer später auch in seinen anderen Offensiv-Aktionen für zu umständliche Lösungen und die sonst ab und an eingestreuten genialen Momente blieben aus. Ein Zusammenspiel mit den Sturmpartnern Krzysztof Piątek und Dodi Lukébakio fand kaum statt. Wenn sich einmal Räume öffneten, kamen die Pässe Cunhas nicht an. Ein gelinde gesagt durchwachsener Auftritt, der bereits in der 30. Minute mit der gelben Karte noch garniert wurde. Anscheinend haben auch Fußballgötter mal einen schlechten Tag.
Krzysztof Piątek, der wieder einmal sehr unglücklich agierte. Die alte Leier – er bekommt keine Bälle in Abschlusssituationen, allerdings kommt auch sonst im Spiel deutlich zu wenig von ihm. Immerhin sah das Anlaufen und damit die Arbeit gegen den Ball ganz brauchbar aus. Offensiv war das aber wieder einmal sehr dünn. Bälle festmachen und weiterverteilen wird wohl nicht mehr seine Stärke. Aber auch sein Kombinationsspiel ist zurzeit einfach nicht das Gelbe vom Ei. So konnte er Herthas Spiel in keiner Szene irgendwie weiterhelfen. Der Pole wurde folgerichtig in der 70. Minute gegen Jessic Ngankam ausgetauscht, der ebenfalls viel arbeitete, aber auch kaum in Erscheinung trat. In der Nachspielzeit köpfte er den Ball zum einzigen Berliner Abschluss der zweiten Hälfte etwas zu unplatziert aufs Tor – hätte das Eigengewächs in der Situation durchgelassen, wäre der besser postierte Cunha zum Abschluss gekommen.
Hendrik Herzog, der sich in der Nachspielzeit nach lautstarken Protesten wohl als erster Hertha-Zeugwart in der Vereinsgeschichte den gelben Karton abholte.
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