Herthaner im Fokus: Hertha BSC – VfB Stuttgart

Herthaner im Fokus: Hertha BSC – VfB Stuttgart

Nach der lästigen Länderspielpause empfing unsere Hertha den Aufsteiger VfB Stuttgart. Am 20. Todestag des Herthaner Fanbeauftragten Carsten Grab sollte vor 4.000 Zuschauern an die starke Leistung gegen Bayern München angeknüpft und der verpatzte Heimauftakt gegen Eintracht Frankfurt vergessen gemacht werden. Doch gerade die erste Hälfte wirkte wie eine Kopie der Frankfurt-Partie, sodass auch das dritte Spiel im „für Pauline“-Trikot verloren ging.

Wir schauen auf einige ausgewählte Herthaner bei dieser 0:2-Heimpleite.

Mathew Leckie / Dodi Lukébakio – Pfui und hui

Mit Mathew Leckie auf der linken Außenbahn hatte Bruno Labbadia eine Überraschung in der Startelf aus dem Hut gezaubert. Wurde zuletzt mangels Außenspielern eher auf ein 4-3-1-2 (oder auch 4-4-2 mit Raute) gesetzt, bewegte man sich so wieder in gewohnteren Gefilden und spielte zu Beginn in einem 4-3-3.

Doch der Down Under-Coup von Labbadia schlug fehl. Bereits in der achten Minute ließ sich Mathew Leckie vom Stuttgarter Außenstürmer Tanguy Coulibaly so schlicht düpieren, dass neben dem Herthaner Außenpfosten wohl auch Peter Pekarik angesichts derartiger defensiver Unterstützung auf seiner rechten Seite das Zittern bekam.

In der Folge konnte Leckie weder offensiv noch defensiv auf sich auffällig machen. Insbesondere im letzten gegnerischen Drittel konnte er in keinster Weise sein Tempo einsetzen, anspruchsvolle Passstaffetten waren von ihm ohnehin nicht zu erwarten. Bezeichnend eine Szene in der 35. Minute, als Lucas Tousart mit einem seiner langen, hohen Seitenwechsel Leckie in aussichtsreicher Position fand, dieser aber das Dribbling scheute, abdrehte und die Kugel schlussendlich über Umwege zu Innenverteidiger Boyata schob.

Folgerichtig musste der Australier in der Halbzeitpause in der Kabine bleiben und wurde von Dodi Lukébakio ersetzt. Der Belgier hätte wohl auf der rechten Seite ohnehin die Nase vorn, war aber in den zurückliegenden Wochen mit der belgischen Nationalelf zu drei Länderspielen geflogen, ohne dabei zu seinem Debüt zu kommen.
Mit Dodi Lukebakio auf dem Feld wich Hertha in das defensivere 4-2-3-1 ab. Matheus Cunha zog vom linken Flügel auf die Zehn, während Maxi Mittelstädt aus dem Zentrum verschwand und fortan den linken Mittelfeldspieler gab.

Foto: IMAGO

Und der Belgier brachte direkt mehr Tempo und Zug zum Tor ins Spiel. Im Gegensatz zu Leckie traute er sich ins Eins-gegen-Eins, wenngleich auch das nicht immer zum Erfolg führte. Auch das Anlaufen gestaltete Lukébakio deutlich aggressiver und konnte so in der 53. Minute Gregor Kobel, den Keeper der Stuttgarter, gehörig unter Druck setzen, sodass dieser den Herthaner nur noch anschießen konnte. Von Lukébakio sprang der Ball zu Matheus Cunha, der vielleicht etwas zu überhastet abschloss, sodass Kobel parieren konnte.

In der Folge konnte Lukébakio einige Male über rechts gefährliche Situationen erzeugen. Im Zusammenspiel mit dem eingewechselten Deyovaisio Zeefuik gelangen ihm innerhalb von einer Minute zwei vielversprechende Angriffe, von denen Cunha den zweiten in der 66. Minute aus wenigen Metern unter Bedrängnis nur knapp übers Tor setzte.

Mit dem zweiten Gegentor in der 68. Minute war der Wille der Hertha dann größtenteils gebrochen. Auch die Hereinnahme von Krzysztof Piątek als zweitem Stoßstürmer in einem 4-1-3-2 ab der 78. Minute konnte nicht mehr für Torgefahr sorgen.

Der Schachzug mit Mathew Leckie ging leider nicht auf. Hatte der Australier bei seinem Hertha-Debüt vor drei Jahren noch einen Doppelpack gegen die Schwaben erzielt, blieb er dieses Mal gänzlich ungefährlich. Anders Dodi Lukébakio, der sich in der Offensive auch mal etwas zutraute und mit großen Schritten den Außenverteidiger des VfB anlief. Auch wenn die Dribblings und Hereingaben nicht zu einem Tor führten, war Hertha in der zweiten Halbzeit durch den Belgier deutlich aktiver und gefährlicher.

Wenn Hertha mit Außenstürmern spielt, ist Lukébakio zurzeit die beste Option. Auf der linken Seite hat man mit Javairo Dilrosun einen ähnlichen Spielertypen, der aber leider sehr verletzungsanfällig ist. Alternativ kann auch Matheus Cunha über links für Furore sorgen. Dahinter wird es allerdings etwas dünn.

Dodi Lukébakio jedenfalls scheint sich über rechts doch etwas wohler zu fühlen, als neben Jhon Córdoba oder Krzysztof Piątek als wuseliger zweiter Stürmer im Zentrum. Gerade das ordentliche Zusammenspiel mit Deyovaisio Zeefuik wird Bruno Labbadia bezüglich der Wahl des Systems in den nächsten Spielen ins Grübeln bringen.

Deyovaisio Zeefuik – Mehr Konzentration!

Bereits in der 20. Minute wurde der niederländische U21-Nationalspieler für den verletzten Peter Pekarik eingewechselt und übernahm dessen Position als Rechtsverteidiger.

Dem wuseligen Coulibaly auf Stuttgarter Seite konnte Zeefuik mit seinem Tempo etwas den Wind aus den Segeln nehmen. Dafür ging in der Offensive in der ersten Hälfte im Zusammenspiel mit Mathew Leckie nichts zusammen.
Das besserte sich nach dem Seitenwechsel, als Zeefuik mit Lukébakio einen aktiveren und wendigeren Mitspieler vor sich fand, der sich immerzu für den Pass auf außen anbot und den Rechtsverteidiger auch mit in seine Vorstöße einband. So führten zwei starke Kombinationen auf Herthas rechter Seite im Ergebnis zu einer guten Chance für Matheus Cunha in der 66. Minute.

Foto: IMAGO

Kurz darauf zeigte Zeefuik aber wieder sein unkonzentriertes Gesicht. In der 68. Minute verursachte er einen völlig unnötigen Ballverlust, den Gonzalo Castro nutzte, um den Ball nach vorne zu treiben. Über einige unglückliche Hertha-Umwege landete der Ball schließlich wieder bei Castro, der aus etwas mehr als 20 Metern den Ball trocken ins untere linke Ecke setzte.
Völlig zurecht ärgerte sich Zeefuik maßlos über seine Unkonzentriertheit, die in eine gute Hertha-Phase hinein im Endeffekt die Entscheidung in diesem Spiel herbeiführte.

Zu allem Überfluss musste der Niederländer in der 78. Minute angeschlagen ausgewechselt werden. Es bleibt zu hoffen, dass Deyovaisio Zeefuik nicht allzu lang ausfällt, insbesondere da mit Peter Pekarik auch ein zweiter etatmäßiger Rechtsverteidiger in Halbzeit eins bereits verletzt vom Feld musste.

Trotz der Unkonzentriertheiten, die sich Zeefuik noch zu häufig erlaubt, schafft er es mit seinem enormen Tempo regelmäßig die gegnerischen Stürmer abzukochen. Auch im Angriff ist er mit seiner Schnelligkeit und seinem Offensivdrang gerade im Zusammenspiel mit Lukébakio eine gute Option. In Hinblick auf das vermutlich eher konterlastige Spiel gegen RaBa Leipzig wie auch deren temporeiche Offensive wäre seine schnelle Genesung umso wünschenswerter.

Matheus Cunha – Einer alleine für Alles

Matheus Cunha wollte seine erstmalige Nominierung für die brasilianische Nationalelf bestätigen und seinen Motivationsschub von der Reise zur Seleção gegen die Stuttgarter auf den Rasen bringen. So setzte er bereits in der zweiten Minute engagiert einem langen Ball bis zur Torauslinie nach und konnte das Spielgerät so im Feld halten, wobei der Angriff in der Folge versandete.

Cunhas Motivation zeigte sich auch in einem recht aggressiven Anlaufverhalten. Der Brasilianer scheute kein Duell und sah in der 15. Minute nach zwei Fouls innerhalb von einer Minute eine überharte Gelbe Karte von Schiedsrichter Harm Osmers, der gerade in der ersten Hälfte eine sehr exklusive Zweikampfauslegung an den Tag legte.

In der ersten Hälfte konnte Cunha über die linke Seite kommend das ein oder andere Mal seinen Gegenspieler aussteigen lassen und in gefährlicher Position zur Hereingabe kommen. Leider blieb er dabei entweder an einem Verteidigerbein oder Keeper Kobel hängen oder fand mit seiner Flanke einfach keinen Mitspieler. Entsprechend zog er in Cunha-Manier auch hin und wieder von der Seite in die Mitte, um einen Pass in die Tiefe oder auf die rechte Seite zu spielen. Dabei fand er mehrmals auch Vladimir Darida auf rechts, der seinerseits aber so gar nichts mit dem Ball anfangen konnte und weder einen Schuss noch eine vernünftige Flanke aus dem Fußgelenk schütteln konnte.

Nach der Pause wurde Cunha von der linken Seite ins Zentrum auf die Zehn beordert, Mittelstädt übernahm dafür die offensive linke Außenbahn. Nun aus dem Zentrum kommend, versuchte Herthas Nummer Zehn in der Offensive den Regisseur zu geben. Wie schon in den Spielen zuvor gelang ihm dies nur mäßig. In der 53. Minute konnte er seine Bewacher abschütteln und Jhon Córdoba in Szene setzen, der sich gegen seine Gegenspieler durchsetzen konnte, den Ball aber knapp neben das Tor schoss.

Foto: IMAGO

Im Zentrum war Cunha immer direkt mit mehreren Gegenspielern konfrontiert. Hat er auf außen meist nur den Außenverteidiger zum Gegner und bei erfolgreichem Dribbling zunächst mal nur Wiese vor sich, stehen ihm in der Mitte ohnehin schon mehrere Verteidiger auf den Füßen. Wenn er nun den ersten oder auch den zweiten mit schnellen Dribblings umgangen hat, wartet meist nur der nächste Abwehrspieler auf ihn und macht ihm den Ball streitig. Cunhas dribblinglastiges Spiel kommt so auf den außen häufig besser zur Geltung, wenn er sich mit Tricks oder Tempowechseln an seinem Gegenspieler vorbeidribbelt und direkt Platz für einen Angriff hat. Im Zentrum fehlt ihm dann häufig die Gesamtübersicht oder auch die Handlungssschnelligkeit, um es mit mehreren Gegenspielern aufzunehmen oder auch das Spiel auf einen freien Mitspieler im Mittelfeld zu verlagern.

Cunhas zentralere Position brachte ihn neben der verdichteten Stuttgarter Zentrale aber auch häufiger in Abschlussposition als noch in Halbzeit eins. In Minute 53 hatte er so die Riesenchance allein knapp vor Keeper Kobel, nachdem dieser von Lukébakio angelaufen und zu einem Pressschlag gezwungen wurde. Auch in der 66. Minute konnte Cunha nach einer Hereingabe von Lukébakio von der Torauslinie beinahe den Anschlusstreffer markieren und zielte den Ball aus der Luft nehmend nur knapp über das Gehäuse.

Als mit dem 0:2 in der 68. Minute der Sack praktisch zu war, schwanden mit Herthas auch Cunhas Angriffsbemühungen zusehends und man ergab sich schließlich dem Schicksal.

Cunhas Stärke ist und bleibt das Eins-gegen-Eins. Wie diese Saison zeigt, kann er diese Waffe in der Zentrale häufig nicht gewinnbringend ausspielen, wenn er es schnell mit zwei oder drei Gegenspielern zu tun hat. Für solche Fälle braucht er Unterstützung aus dem Mittelfeld, um mit Passkombinationen oder Spielverlagerungen auch in der Zentrale etwas Raum zu schaffen. „Den Ball auf Cunha und der macht das schon“ ist eine Taktik, die gegen gut gestaffelte Bundesliga-Teams (nicht mehr) erfolgsversprechend ist. Das fehlende Bindeglied zwischen Defensive und Offensive zeigt sich gerade auch am Beispiel des alleingelassenen Matheus Cunha deutlich.

Jhon Córdoba – Stürmer (27), Kolumbianer sucht … vernünftiges Anspiel

Der kolumbianische Neuzugang durfte wie schon gegen den FC Bayern als Stoßstürmer beginnen und sollte seinen Körper einsetzen, um lange Bälle festzumachen, weiterzuverteilen und generell die gegnerische Abwehr aufzuwühlen.

So konnte er in der ersten Hälfte auch die ein oder andere Kopfballablage bei Cunha platzieren und diesen über die linke Seite auf die Reise schicken. In der 32. Minute zeigte er auch seinen Torinstinkt, als er einen umherflippernden Ball direkt nahm, aber über das Tor schoss.

Ohne wirkliche Idee im Spielaufbau sah sich Hertha meist gezwungen, das Spiel mit langen Bällen zu eröffnen. Dabei wurden allerdings meist die schnellen Außen gesucht, die aber in etwaigen Kopfballduellen regelmäßig den kürzeren zogen. Lange Bälle auf Córdoba waren dabei insgesamt eher die Seltenheit, der Kolumbianer konnte bei diesen undankbaren Anspielen aber auch selten etwas mit dem Ball anfangen oder ihn sichern.

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In der zweiten Halbzeit zeigte die Chance in der 53. Minute dann welches Potenzial Hertha sich mit Córdoba eingekauft hatte. Nach einem Anspiel an die Sechzehner-Kante von Matheus Cunha behauptete sich Córdoba mit dem Rücken zum Tor gegen zwei Abwehrspieler, drehte sich um sich selbst und schloss aufs kurze, linke Ecke ab. Der Ball strich knapp am Tor vorbei, aber die Szene zeigte, zu was Córdoba in der Lage ist, wenn er vernünftige Zuspiele bekommt. Ein Stürmer, der auf körperliche Ebene jedem Verteidiger das Leben schwer macht und auch ohne Probleme in der Lage ist, zwei Abwehrspieler zu binden, schafft Räume für die restlichen Offensivakteure. Gegen Bremen beispielsweise zeigte Jhon Córdoba auch schon, dass er in solchen Situationen auch das Auge für den freien Mitspieler hat.

Der technisch feine Kombinationsspieler mag Córdoba nicht sein, er erweitert Herthas Offensiv-Repertoire aber enorm.

Einzig und allein – auch hier zeigte sich die Kreativlosigkeit, die Herthas Aufbau- und Angriffsspiel prägte. Die vernünftigen Anspiele auf Córdoba ließen sich an einer Hand abzählen – ein Problem, dass auch Krzysztof Piątek nur allzu gut kennt. Aus Herthas Mittelfeld kommen einfach nicht genug Vorstöße. Gegen eine Fünferkette wie die der Stuttgarter reichen drei ordentliche Offensivspieler, die noch nicht allzu eingespielt sind und in Kombination und Rotation noch Steigerungspotenzial haben, einfach nicht aus.

Nichtsdestotrotz zeigt Córdoba, warum man ihn geholt hat. Ein körperlich präsenter Stürmer, der sich in jeden Zweikampf wirft, den Gegner nervt und ihm alles abverlangt. Zur Not kann man ihn auch mal mit einem hohen Ball anspielen, sofern sich dann Abnehmer in seiner Nähe aufhalten.

Jhon Córdoba bereichert Herthas Offensive um eine effektive Facette. Jetzt muss Hertha es nur noch schaffen, seine Qualitäten auch sinnvoll einzusetzen.

Und dann war da noch:

Maxi Mittelstädt, der wie zuletzt häufiger überall auf dem Feld im Einsatz war. In Hälfte Eins begann er noch als linker zentraler Mittelfeldspieler in Herthas 4-3-3, konnte aber kaum kreative Akzente setzen oder raumöffnende Pässe verzeichnen. Nach dem Pausentee übernahm er die gewohntere Position im linken Mittelfeld in einem 4-2-3-1, wo der Verbund Marvin Plattenhardt – Maxi Mittelstädt offensiv aber kein kreatives Feuerwerk zünden konnte und sich Mittelstädt in Flanken verlor, die den ersten Gegenspieler nicht überstanden. Ab der 66. Minute fand sich Herthas Eigengewächs schließlich nach Plattenhardts Auswechslung für den Rest des Spiels auf der Linksverteidiger-Position wieder.
Maxi Mittelstädt lief damit auch im vierten Spiel über die volle Spielzeit auf. Trotz wechselhafter Leistungen ein gewaltiger Schritt nach vorne für den Berliner – Stammspieler.

Eduard Löwen, der Hertha-Rückkehrer, der ab der 78. Minute den angeschlagenen Zeefuik als Rechtsverteidiger ersetzte. Löwen wollte auf dieser ungewohnten Position – konnte aber nicht so richtig und versuchte sich an einigen halbgaren Flanken. Die Spielzug ‘Eduard Löwen auf Gregor Kobel’, Keeper der Stuttgarter, dürfte aber wohl der häufigste der letzten Minuten gewesen sein.

Unser Mittelfeld, das wie schon in den letzten Spielen erhebliche Kreativitäts- und Spielaufbauprobleme aufzeigte. Nach Arne Maiers Leih-Abgang und dem coronabedingten Ausfall des französischen Neuzugangs Matteo Guendouzi fehlt ein Balltreiber, ein Verbindungsglied zwischen Abwehr und Angriff, ein Initiatior, ein Lenker des Spiels. Vladimir Darida war wie schon gegen Frankfurt mit dieser Rolle sowohl über halbrechts kommend als auch später auf der Zehn überfordert und konnte einige Male in vielversprechender Position die Kugel weder zum Mitspieler noch aufs Tor bringen. Auch Lucas Tousart kam in der ersten Hälfte kaum in die Zweikämpfe, versuchte sich später reinzubeißen und brachte auch einige Male seine präzisen hohen Seitenwechsel in die Spitze auf den Rasen, blieb insgesamt aber doch blass.
Hier liegt zurzeit bei Hertha der Hase im Pfeffer. Möglicherweise finden sich die vielen Neuzugänge in näherer Zukunft besser zusammen und bringen das Hertha-Spiel ins rollen. Die Hoffnungen ruhen dabei aber wohl vor allem auf Arsenal-Leihgabe Guendouzi. Werd schnell fit, Junge!

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Herthaner im Fokus: Hertha BSC – Eintracht Frankfurt

Herthaner im Fokus: Hertha BSC – Eintracht Frankfurt

Nach dem erfolgreichen Auftakt gegen enttäuschende Bremer eröffnete unsere Hertha am Freitagabend zuhause gegen Eintracht Frankfurt den zweiten Spieltag der Bundesliga-Saison. In Sondertrikots  „für Pauline“ als Aufruf zur Stammzellenspender-Registrierung bei der DKMS stand das erste Flutlichtspiel vor 4.000 Fans im Olympiastadion und für beide Teams die Aussicht auf eine Nacht an der Tabellenspitze an. Die Frankfurter behielten nach einer erschreckend harm- und ideenlosen ersten Berliner Hälfte schlussendlich mit 1:3 die Oberhand.

Wir schauen auf einige ausgewählte Herthaner bei dieser Pleite zum Heimauftakt.

Maxi Mittelstädt – Kategorie Uff

Nach dem doch recht erfolgreichen Auftritt gegen Werder Bremen inklusive einer Torvorlage wähnte man sich mit Maxi Mittelstädt auf der Linksverteidiger-Position gegen Frankfurt gut aufgestellt, zumal auf Frankfurter Seite mit Almamy Touré ein eher defensiv orientierter Konterpart die Außenbahn beackerte.

So schaltete sich Mittelstädt schon früh in die Offensive ein und konnte in der 16. Minute mit einem harmlosen Fernschuss-Versuch den ersten Torschuss der Partie verbuchen. Aber schon direkt im Gegenzug offenbarten sich defensive Schwächen, als Mittelstädt im Duell mit André Silva unter einem langen Ball hindurchsegelte und Silva dabei derart aus den Augen verlor, dass Jordan Torunarigha helfend einschreiten musste. Auch in der Folge war Mittelstädt immer mehr in der Defensive gefordert, konnte dabei aber in schöner Regelmäßigkeit dem eher limitierten Dribbler Almamy Touré kaum etwas entgegensetzen und fiel größtenteils durch fragwürdiges Stellungsspiel und unglückliche Zweikampfführung auf. Insgesamt mag es da auch noch etwas an der Abstimmung mit Lucas Tousart gefehlt haben, Mittelstädt war aber keineswegs gegen einen übermächtigen Gegner auf sich alleingestellt. So war es dann auch folgerichtig, dass sowohl der Angriff, der zum Elfmeter vor dem 0:1 führte, als auch der Freistoß zum 0:2 über die rechte Frankfurter Angriffsseite und somit in Mittelstädts Wirkungsbereich entstanden.

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Zwar konnte sich das Berliner Eigengewächs in der Offensive hin und wieder präsentieren und so beispielsweise mit einem Pass in den Rückraum der Frankfurter Abwehrreihe die große Chance zum Ausgleich von Dodi Lukébakio in der 32. Minute vorbereiten, er blieb aber in der Defensive insbesondere in Halbzeit eins derart überfordert, dass man glücklich sein konnte, Filip Kostic bis zu dessen Verletzung auf der anderen Seite des Feldes zu wissen.

In der zweiten Halbzeit konnte der 23-Jährige nach der Hereinnahme von Arne Maier und den sich zurückziehenden Frankfurtern defensiv etwas verschnaufen und sich wieder etwas gestaltend ins Offensivspiel einschalten, wo er bei Ballbesitz nun plötzlich regelmäßig Lucas Tousart in Linksaußen-Position vor sich fand. Die beiden kombinierten sich einige Male bis auf Strafraumhöhe an der Auslinie, wirklich gefährlich wurde es dabei dann aber auch nicht.

In der 67. Minute musste Maier verletzungsbedingt das Feld wieder verlassen und Maxi Mittelstädt rückte für ihn auf die Position im rechten zentralen Mittelfeld, während der eingewechselte Marvin Plattenhardt als Linksverteidiger auf den Platz kam. Mit Maiers Auswechslung ging der gewonnene Spielwitz etwas verloren und auch Mittelstädts bescheidene Leistung setzte sich auf der neuen Position fort. Teils unerklärliche Fehlpässe konnten von wenigen offensiv nennenswerten Aktionen wie der Flanke von halbrechts auf Niklas Stark in der 88. Minute nicht ausgeglichen werden.

In der Defensive war Hertha in Halbzeit zwei kaum noch gefordert, umso bitterer, dass Sebastian Rode in der 71. Minute mit dem ersten Frankfurter Angriff seit dem Seitenwechsel das 0:3 erzielte. Nach einer kurzen Klärungsaktion von Jordan Torunarigha hatten sich die Berliner zu siebt im Strafraum verschanzt, ohne den an der Sechzehnerkante lauernden Sebastian Rode auf dem Schirm zu haben. Mittelstädt traf dabei noch am wenigsten Schuld, die Szene stand dennoch sinnbildlich für die fehlende Absprache und Abstimmung im just neu formierten Mittelfeld aus Niklas Stark, Lucas Tousart und ihm.

Insgesamt ein sehr unglücklicher Auftritt von Maxi Mittelstädt, der in der ersten Hälfte einige Male zu spät kam und viele gefährliche Frankfurter Angriffe über seine Seite rollen ließ. Auch im zentralen Mittelfeld konnte er bei der anvisierten Aufholjagd nicht mehr viel bewirken, was sich insbesondere im Kontrast zum dynamischen und spielfreudigen Arne Maier zeigte.

Mittelstädt ist natürlich keine Rolle in schaltender und waltender Funktion in der Zentrale zugedacht, auf der Linksverteidiger-Position ist sein gerade gewonnener Stammplatz aber schon wieder in Gefahr. Wenn Bruno Labbadia eher auf defensive Stabilität setzt – und davon ist nach neun Gegentoren in den letzten drei Spielen in Anbetracht der kommenden Gegner auszugehen – kann sich Mittelstädt schnell auf der Bank wiederfinden und dem defensiv solideren, offensiv etwas unagileren Marvin Plattenhardt beim Flanken zusehen.

Lucas Tousart – Un nouvel espoir

Auch Lucas Tousart durfte in der unveränderten Startelf wieder auf der Position im linken zentralen Mittelfeld im neuen 4-3-1-2-System der Hertha ran.

Tousart kam neben dem defensiv orientierten Abräumer Niklas Stark dabei im Aufbau eine Toni Kroos-Rolle zu, indem er sich hinter den aufgerückten Maxi Mittelstädt auf die Linksverteidiger-Position fallen ließ und von da den Ball nach vorne bringen sollte. Nach wenigen gelungenen Anspielen in die Spitze zu Beginn, ließen die Offensivbemühungen immer mehr nach und Tousart sah sich mit Defensivaufgaben konfrontiert. Dabei war er in einer zweikampfschwachen und zögerlichen Hertha-Mannschaft der auffälligste Zweikämpfer, der keinem Duell aus dem Weg ging und den Großteil dieser für sich entscheiden konnte. Neben der Zweikampfstärke und dem generellen kämpferischen Einsatz konnte Tousart nach dem 0:1 im direkten Gegenzug den gefährlichen Angriff über Vladimir Darida einleiten, der nach dem weiten Seitenwechsel des Franzosen rechts im Strafraum den Ball auf Matheus Cunha zurücklegen wollte, wo der Brasilianer dann aber nicht mehr zum Abschluss kommen konnte.

In der 37. Minute ging Tousart etwas unaufmerksam mit dem Fuß zu einem halbhohen Ball, in den sich der Frankfurter Rode bereits in bekannter Manier mit allem, was er hat, reingeworfen hatte, sodass Herthas Mittelfeldspieler ihn mit dem Fuß am Kopf erwischte. Keine schmerzhafte Sache, die gelbe Karte war eventuell etwas zu hart, der Freistoß aber sicherlich richtig. Aus der Freistoßflanke von Daichi Kamada fiel dann in der Mitte das 0:2 durch Bas Dost. In der 45. Minute langte der Mittelfeldmann tief in der Frankfurter Hälfte ordentlich gegen André Silva zu und hatte etwas Glück, nicht verfrüht den Gang in die Duschen antreten zu müssen.

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In der zweiten Hälfte hatte Tousart dann wohl Wiedergutmachung geschworen und war deutlich höher auf dem Feld zu finden. Das lag zum einen an den tiefer stehenden Frankfurtern, zum anderen auch an Spielmacher Maier, der zur Pause für Darida eingewechselt wurde und größtenteils den Spielaufbau übernahm, sodass Tousart offensivere Räume besetzen und dort Gegenspieler binden konnte. So war der französische Neuzugang teilweise vor Maxi Mittelstädt vorne an der linken Außenbahn anzufinden.

Auch sonst zeigte Tousart etwas Zug zum Tor, zwang Kevin Trapp nach einem Offensivausflug von Torunarigha in der 53. Minute mit seinem Nachschuss zu einer Parade. In der 81. Minute brachte er eine Flanke von Dodi Lukébakio volley aufs Tor, der Ball war aber etwas zu unplatziert und schwach, um Trapp ernsthafte Probleme zu bereiten.

Beim dritten Gegentor in der 71. Minute schob Tousart nach der Klärungsaktion von Torunarigha mit zur linken Seite heraus, schuf so eine Überzahl auf der Seite und hatte dadurch aber dem freien Rode am Sechzehner Raum verschafft. Hier hätte in Absprache entweder Lucas Tousart oder Niklas Stark den Rückraum abdecken müssen. So waren beide in anderen Räumen mit Mitspielern in der Überzahl – hilft nur nichts, wenn dann der freie Mann den Ball bekommt.

Über die gesamte Spielzeit war Tousart körperlich sehr präsent, giftig und konsequent in den Zweikämpfen. Er konnte viele starke Ballgewinne verbuchen und mit seiner Körpersprache vorangehen. Trotzdem war er in der ersten Hälfte wie seine Mittelfeldkollegen im Aufbau überfordert und konnte das Spiel offensiv nicht in die richtigen Bahnen lenken.

In Hälfte zwei sah man dann im Zusammenspiel mit Arne Maier, wie sich Bruno Labbadia den Spielaufbau und das Offensivspiel seiner Mannschaft vorgestellt hatte. Nur musste der verletzungsanfällige Maier schon nach 21 Minuten mit bandagiertem Knie wieder vom Platz und so zeigt sich, warum Hertha noch immer auf der Suche nach einem zentralen Mittelfeldspieler mit Offensivdrang ist. Ein solcher ist Tousart nämlich eben nicht. Dafür defensiv sehr stark, offensiv brauchbar und mit seiner Körpersprache und dem Einsatzwillen nach einer gewissen Eingewöhnungszeit auch sicher ein so dringend gesuchter und benötigter Leader für das junge Hertha-Team.

Dedryck Boyata & Jordan Torunarigha – Kapitän Dedo über Bord, Jordan übernimmt das Steuer

Die Labbadia-Erfolgs-Innenverteidigung um Neu-Kapitän Dedryck Boyata und seinen kongenialen Partner Jordan Torunarigha durfte wie auch schon gegen Bremen von Beginn an ran. Und die beiden kompromisslosen Zweikämpfer waren von Beginn an gefordert.

Schon in der neunten Minute konnte André Silva über die rechte Abwehrseite an Niklas Stark vorbei durch Boyata hindurch in den Berliner Strafraum eindringen, wo Jordan Torunarigha wie so oft in höchster Not klären konnte. Dabei verletzte sich sein Gegenspieler Filip Kostic unglücklich am Knie und musste in der Folge ausgewechselt werden. Auch in der 16. Minute war Torunarigha zur Stelle, als Mittelstädt einen hohen Ball im Duell gegen Silva unterschätzt hatte.

Der nächste Ball in die Spitze auf den portugiesischen Stürmer der Eintracht führte in der 28. Spielminute zum Laufduell in welchem der Frankfurter nur auf die Bewegung Boyatas wartete, um geistesgegenwärtig den Ball vorbeizuspitzeln und sich vom Belgier abräumen zu lassen. Ein sehr plumpes Einsteigen des Berliner Kapitäns, was man leider auch in der vergangenen Saison schon das ein oder andere Mal beobachten konnte. Den fälligen Strafstoß verwandelte Silva in der 30. Minute zur Frankfurter Führung.

Auch beim 0:2 sah die Herthaner Innenverteidigung nicht besonders glänzend aus. Beim Freistoß noch Boyata zugeteilt, konnte sich Dost durch einen leichten Schieber von diesem absetzen und zum Kopfball hochsteigen. Torunarigha versuchte noch zu retten, was nicht mehr zu retten war, sah gegen den niederländischen Riesen aber auch kein Land und konnte im Luftduell eigentlich nur noch zusehen, wie der Ball links im Tor einschlug.

Hatten die beiden Abwehrspieler in Hälfte eins noch dem glücklosen Mittelfeld den Spielaufbau überlassen, nahm sich Torunarigha von der linken Innenverteidiger-Position in der zweiten Halbzeit in altbekannter Manier immer häufiger selbst dessen an. Gemeinsam mit Maier auf halbrechts hatten die Berliner plötzlich zwei zuvor ungenutzte Waffen auf dem Weg nach vorne.

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So kam nach dem ersten Lúcio-esken Ausflug von Herthas Nummer 25 in Minute 52 der Ball per Flanke beinahe zu ihm zurück und nach Trapps notwendiger Faustabwehr zu Tousart, der den Frankfurter Schlussmann zu einer Parade zwang. Auch in der Folge konnte Torunarigha mit einigen klugen vertikalen Pässen die Frankfurter Reihen durchbrechen und gefährliche Aktionen einleiten.

Als auch das nicht mehr half, wurde es dem Berliner Urgestein zu bunt und er begab sich in Minute 77 einmal mehr selbst nach vorne, überlief die gesamte Frankfurter Defensivabteilung bis in den Strafraum, legte von der Grundlinie zurück und ließ Hinteregger keine andere Chance als den Ball vor Jhon Córdoba ins eigene Netz zu setzen.

Gestoppt werden konnte Torunarigha schließlich nur durch ein Foul von Kamada in der 84. Minute, nach welchem er nur noch humpelnd in beschränktem Aktionsradius unterwegs war.

Ganz im Gegensatz zu dieser Energieleistung des Berliner Eigengewächses präsentierte sich Dedryck Boyata ungewohnt ungenau und unkonzentriert. Nach den zwei unglücklichen Aktionen zu den Gegentoren in der ersten Hälfte verlor er in der 88. Minute als letzter Mann den Ball an Aymen Barkok, der glücklicherweise alleine vor Schwolow knapp rechts vorbei zirkelte.

Auch sonst ist Boyata nicht der Schlüsselspieler für den Spielaufbau, dafür aber umso wichtiger in der Zweikampfführung und körperlichen Präsenz in der Defensive. Gegen die starken und großen Frankfurter Stürmer sah er gestern ein ums andere Mal etwas ungelenk und zögerlich aus.

Abhaken. Solche Tage gibt es. Boyata und Torunarigha haben oft genug bewiesen, wie stark sie als Abwehrduo speziell im Zweikampf sind. An einem normalen Tag sollte man sich diesbezüglich keine Sorgen machen müssen. Und wenn sich Torunarigha ein Herz fasst, den riskanten Pass spielt oder direkt das Tempo anzieht und in die gegnerische Hälfte vorstößt, hat die Hertha eine offensive Option mehr im Spielaufbau. Sofern sich daneben noch ein kreativer Ballträger in die Spitze findet, der selbst auch etwas Torgefahr ausstrahlen kann, sollte auch die zuletzt so gelobte Offensive wieder Zugang zum Spiel finden.

Und dann war da noch:

Alexander Schwolow, der bei den Gegentoren chancenlos war und sich im Spiel kein Mal wirklich auszeichnen konnte, dafür nach dem Spiel im Interview deutliche Worte für die schwache erste Halbzeit fand und zurecht die fehlende Körperlichkeit der Herthaner „Schülermannschaft“ anprangerte.

Matheus Cunha, der sich in den ersten fünf Minuten zwei Mal kurz zeigte, dann völlig abtauchte, um in der starken Herthaner Phase zu Beginn der zweiten Hälfte wieder einige gefährliche Angriffe auf das Frankfurter Gehäuse zu fahren. Der Neu-Nationalspieler Brasiliens hätte in der 72. Minute im Anschluss an das 0:3 nach einem Frustfoul gegen Martin Hintereggers Schienbein eher Rot statt Gelb sehen müssen.

Krzysztof Piątek, der mal wieder kaum Anspiele bekam und völlig in der Luft hing. Die wenigen halbwegs brauchbaren hohen Bälle konnte er nicht verarbeiten und zog im Zweikampf mit den Hünen in der Frankfurter Innenverteidigung stets den Kürzeren. Der Pole musste zur Halbzeit raus und wurde von Jhon Córdoba ersetzt, der seinerseits von den zielstrebigeren Angriffen Herthas zu Beginn der zweiten Hälfte profitieren konnte, sich das ein oder andere Mal erfolgreich als Wandspieler einsetzte. So kam er in der 62. und 65. Spielminute auch gefährlich vors Frankfurter Tor und ließ in der 77. Minute nach starkem Sololauf von Torunarigha einschussbereit Martin Hinteregger den Vortritt zum 1:3-Endstand.

Deyovaisio Zeefuik, der zur Halbzeit für den offensiv unauffälligen aber defensiv soliden Peter Pekarik kam und mehr Druck nach vorne entwickeln sollte. Der niederländische U21-Nationalspieler zeigte sich dann auch ab und an in der Frankfurter Hälfte, ohne dabei besonders gefährlich zu werden, blieb defensiv trotz teils unkonventioneller Zweikampfführung fehlerlos, konnte dem Spiel aber insgesamt keine neue Wendung mehr geben.

Arne Maier, der nach neuerlich öffentlich geäußerten Wechselabsichten in der zweiten Hälfte für Vladimir Darida ins Spiel kam, um als Bindeglied zwischen Abwehr und Angriff zu fungieren und den Ball auch mal zu den Stürmern gelangen zu lassen. Er führte sich direkt dynamisch ein und ließ in seiner ersten Aktion zwei pressende Frankfurter in der Berliner Hälfte verdutzt stehen. Maier initiierte einige vielversprechende Angriffe und zeigte exakt auf, was der Hertha in der ersten Hälfte noch abging, musste aber tragischerweise schon 21 Minuten nach seiner Einwechslung verletzt vom Platz.

[Titelbild: IMAGO]

Herthaner im Fokus: Ajax Amsterdam – Hertha BSC

Herthaner im Fokus: Ajax Amsterdam – Hertha BSC

Am Dienstag stand der zweite Test der diesjährigen Sommervorbereitung an. Nach Viktoria Köln wartete nun mit Ajax Amsterdam ein renommierter Name auf unsere Hertha. In der Johan Cruijff ArenA zu Amsterdam konnten sogar über 5.000 Zuschauer das Spiel live vor Ort verfolgen und den Spielern schon einen kleinen Ausblick auf die Stimmung in zukünftigen Spielen vor corona-gerechtem Publikum geben.

Wir blicken auf die auffälligsten Herthaner in diesem internationalen Härtetest.

Alexander Schwolow – Hand und Fuß – Licht und Schatten

Der Neuzugang vom SC Freiburg durfte sich auch im zweiten Testspiel von Anfang an beweisen und in der ersten Hälfte gegen das international vertretene Ajax Amsterdam auf mehr Arbeit als gegen Drittligist Viktoria Köln hoffen.

Und so kam bereits in der dritten Minute nach einem Freistoß von halbrechts per Kopfballverlängerung ein Amsterdamer frei am Fünfmeterraum zum Kopfball, setzte diesen aber knapp rechts am Tor vorbei, sodass Alexander Schwolow nicht eingreifen musste.

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In der zwölften Minute war Herthas Keeper dann allerdings chancenlos. Der durch Krzysztof Piątek abgefälschte Freistoß von Zakaria Labyad trudelte ins rechte Eck zur Führung für die Niederländer.

In der Folge war „Schwolli“ größtenteils per Fuß gefordert – im Spielaufbau. Weil sich die Herthaner Viererkette sowie die beiden Sechser Lucas Tousart und Vladimir Darida mit Ball am Fuß äußerst schwer taten, folgte häufig zwangsläufig der Pass zurück zum Torwart, der seinerseits ebenfalls kaum Anspielstationen vorfand und das Leder entsprechend oft auf die weite Reise schicken musste. Dabei ging meistens spätestens der zweite Ball verloren, häufiger mussten die Balljungen auch ausschwärmen, um die Spielbälle vom angrenzenden Parkplatz zurückzuholen. Das war man in der letzten Saison so oder ähnlich auch von Rune Jarstein gewohnt gewesen.

Die große Stunde des ehemaligen Freiburgers schlug schließlich in der 25. Minute als er nach einer halbhohen Hereingabe von links den Schuss des heranrauschenden Stürmers aufs kurze Ecke mit einer starken Fußabwehr vereiteln konnte.

Der rechte Fuß des 28-Jährigen stand also heute im Fokus und zeigte dabei Licht und Schatten. Im Spielaufbau wurde er zu häufig allein gelassen und musste sich mit dem langen Hafer zufriedengeben. In seiner Haupttätigkeit, dem Tore verhindern, klappte das Ganze allerdings schon hervorragend und bewies, dass sich Hertha nach den schwächeren Auftritten von Rune Jarstein in der Vorsaison auf der Torhüterposition verstärkt hat.

Tousart / Darida vs. Ascacíbar / Maier – Doppelsechs-Duo-Duell

Herthas Doppelsechs-Besetzung steht weiter unter Beobachtung. Wie schlägt sich Neuzugang Lucas Tousart, wie das zuletzt lange verletzte Talent Arne Maier? Auch Santiago Ascacíbar kam verletzungsbedingt unter Bruno Labbadia erst zu einem Bundesliga-Einsatz über drei Minuten. Und dann gibt es da nach wie vor die Gerüchte um einen neuen Zentrumsspieler…

Hertha-Coach Labbadia ließ Tousart in der ersten Hälfte diesmal mit dem wiedergenesenen Vladimir Darida anstelle seines Vertreters Niklas Stark auflaufen, in Halbzeit zwei durften sich Arne Maier und Santiago Ascacíbar in der gleichen Zusammensetzung zusammenfinden, wie schon gegen Viktoria Köln.

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Lucas Tousart zeigte sich von Anfang an engagiert, lief viel von links nach rechts und von rechts nach links, meist mit einem Ajax-Gegenspieler im Schlepptau. Das Aufbauspiel, das wie für Labbadia üblich vorsah, die beiden Außenverteidiger sehr hoch stehen zu lassen und dafür einen der Sechser in eine der freien Positionen auf außen fallen zu lassen, kam trotzdem nicht so richtig in Gang. Herthas Angriff blieb größtenteils unbeweglich und fiel so fast dauerhaft als Anspielstation von hinten heraus aus. Schwolows Versuche, die Stürmer über lange Bälle ins Spiel zu bringen, schlugen meist fehl. Auch Tousart konnte die Ideenlosigkeit im Aufbau nicht wirklich beseitigen, bot sich zwar immer wieder auch an den Seiten an, konnte dann aber seinerseits nur selten einen freien Mitspieler in der Offensive finden.

In der Defensive zeigte er sich wie auch schon gegen Köln unaufgeregt und souverän bis auf die elfte Minute, als er von einem Amsterdamer Doppelpass übertölpelt wurde und Deyovaisio Zeefuik so zum Foulspiel greifen musste, das zum Treffer per Freistoß für Ajax führte. Dahingegen konnte der französische Neuzugang sowohl in der 16. als auch in der 21. Minute starke Ballgewinne verbuchen und seinen Ruf als intelligenten, spielstarken Abräumer bestätigen.

Als er sich in der 34. Minute dann doch einmal so richtig ins Offensivspiel einschaltete, wurde es auch direkt gefährlich. Tousart verfolgte einen hohen Ball, gewann das Kopfballduell und konnte so die Kugel zu Piątek bringen, der seinerseits auf Matheus Cunha verlängern konnte. Dem Brasilianer aber versprang der Ball leicht, sodass die Ajax-Abwehr die Situation bereinigen konnte.

Das Offensivspiel wäre in dieser Konstellation wohl eher eine Sache für Vladimir Darida gewesen. Der tschechische Nationalspieler blieb aber die gesamte Halbzeit unsichtbar und konnte weder defensiv noch offensiv nennenswerte Akzente setzen. Von seinen omnipräsenten Leistungen am Ende der zurückliegenden Saison scheint er noch weit entfernt, auch wenn dem 30-Jährigen zugute gehalten werden muss, dass das defensive Mittelfeld wohl nicht unbedingt zu seinen Fähigkeiten passt und er weiter vorne eingesetzt werden müsste.

Im Halbzeit zwei durften sich dann wieder Arne Maier und Santiago Ascacíbar gemeinsam auf dem Feld tummeln. Und es scheint, als hätten die gemeinsamen Minuten das Zusammenspiel schon ordentlich verbessert.

Der Argentinier hielt sich mit offensiven Ausflügen sehr zurück, räumte aber wie üblich als Staubsauger auf und hielt Maier den Rücken frei. Seine defensiven Künste konnte er eindrücklich in den Minuten 53 und 68 per kompromissloser (sauberer!) Grätsche wie auch in der 71. Minute zeigen, als er einen Schuss auf das Tor wenige Meter vor der Linie klärte.

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Maier dahingegen riss das Spiel an sich und zeigte auf, was in Halbzeit eins gefehlt hatte – ein Taktgeber, der mit seinen Pässen den Raum öffnen kann.

Der Offensivdrang und die Spielfreude waren unübersehbar. Der Spielaufbau funktionierte insgesamt wesentlich besser als in Halbzeit eins, wobei das gesamte Team einen besseren, dynamischeren Eindruck hinterließ. Über Maier lief das Offensivspiel, schon in der 51. Minute dribbelte er stark nach vorne, später leitete er in der 59. Minute den Pfostenschuss von Daishawn Redan ein. Auch in der 64. Minute schickte er Leckie mit einem lässigen Doppelpass zu einer guten Chance in den Strafraum, wo der Australier allerdings noch an einem Abwehrbein scheiterte.

Insgesamt zeigte Maier, was man von einem spielmachenden Sechser erwartet. Im Zusammenspiel mit Ondrej Duda auf der Zehn kamen einige vielversprechende Angriffe zustande, wenngleich es häufig doch noch am letzten Pass haperte und Hertha nicht mit hundertprozentigen Chancen aufwarten konnte. Maier verband, ganz anders als Darida im ersten Durchgang, die Mannschaftsteile aus Defensive und Offensive. Auch das Zusammenspiel mit Ascacíbar funktionierte noch einmal besser als gegen Köln.

Vielleicht hat Hertha seine Doppelsechs nun also schon gefunden?

Vladimir Darida wird sich jedenfalls noch ordentlich steigern müssen. Lucas Tousart gilt als spielstärkerer Abräumer als Ascacíbar – es könnte sich dort also eine kreative Zentrale mit Arne Maier anbieten, die Bruno Labbadia mit Sicherheit in den kommenden Testspielen ausprobieren wird. Der junge Berliner scheint jedenfalls nach seiner langwierigen Verletzung endlich wieder auf dem richtigen Weg gen Topform zu sein. Auch der argentinische Staubsauger Ascacíbar machte seine Sache jetzt zwei Mal sehr ordentlich – ihm könnte nur Neuzugang Tousart oder die anvisierte Neuverpflichtung im Mittelfeld im Wege stehen.

Herthas Zentrale stellt zurzeit noch die größte Baustelle dar. Die Ansätze in Halbzeit zwei und die sichtbare Verbesserung im Zusammenspiel machen aber Hoffnung, dass auch schon mit dem vorhandenen Personal eine mehr als ordentliche Besetzung der Doppelsechs möglich ist.

Spannend bleibt abzuwarten, welcher Zusammensetzung auf dem Herzstück seiner Spielidee Bruno Labbadia in den nächsten Testspielen den Vorzug gibt und welches Duo sich so langsam aber sicher in der Zentrale festspielt.

Jessic Ngankam – Dauergast in der Testspiel-Startelf

Wie schon im ersten Test gegen Viktoria Köln durfte sich Jessic Ngankam von Anfang an auf der linken Angriffsseite neben Matheus Cunha und Dodi Lukébakio im offensiven Dreiermittelfeld beweisen.

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Und er machte seine Sache ordentlich. Im eher statischen Spiel der Hertha belebte er einige Male mit beherzten Dribblingeinlagen die Offensive und konnte so nach schöner Ballverlagerung von Niklas Stark den ersten Abschluss von Hertha-Seite in Minute 26 verzeichnen und eine Ecke herausholen. Nur drei Minuten später kam Hertha wirklich gefährlich vors Tor, nachdem Cunha einen Konter nach links in den Strafraum zu Ngankam verlagerte, dessen Hereingabe aber viel zu ungenau geriet. Auch in der 45. Minute bewies der Herthaner Nachwuchsangreifer noch einmal Übersicht und zog mit einem Dribbling von der linken Seite nach innen und verlagerte das Spiel auf die rechte Seite, wo der Ball schließlich im Zusammenspiel zwischen Lukébakio, Piątek und Zeefuik versandete.

Wenig überraschend, aber dennoch bemerkenswert zeigte sich Ngankam auch immer wieder in der Defensive und unterstütze Plattenhardt mit helfendem Fuß, wo er nur konnte. Gemeinsam hatten die beiden die linke Abwehrseite im Griff.

Jessic Ngankam konnte im eher lahmen Spiel der ersten Hälfte einige Akzente setzen und zeigt so, warum Labbadia ihn offenbar weiterhin als ernsthaften Kandidaten für den Bundesliga-Kader sieht und ihm in der Vorbereitung schon einiges an Spielzeit einräumt. Möglicherweise kann er in etwas veränderter Mittelfeldkonstellation seine Stärken im Eins-gegen-Eins in Strafraumnähe und den wuchtigen Abschluss noch besser ausspielen. Das müssen die nächsten Testspiele zeigen.

Maxi Mittelstädt – Berliner Reinkarnation Willy Sagnols

Der Berliner hatte im ersten Testspiel gegen Köln noch angeschlagen ausgesetzt und wollte nun den Kampf um den Stammplatz links in der Viererkette aufnehmen.

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Seiner Hauptaufgabe in der Defensive kam Mittelstädt routinemäßig nach, bügelte beispielsweise in der 66. Minute in einem Laufduell eine etwas zu zaghafte Zweikampfführung von Mathew Leckie aus. Im Spiel nach vorne klebte er nicht mehr so sehr an der Seitenlinie wie noch Marvin Plattenhardt in der ersten Halbzeit und konnte die sich ihm bietenden Räume gefährlicher bespielen. Auffällig oft griff der 23-Jährige dabei zum einem Stilmittel, dass zu Willy Sagnols Zeiten beim FC Bayern Hochkonjunktur hatte. So ergab sich die große Chance für den nachsetzenden Daishawn Redan nach einer abgefälschten Halbfeldflanke.

Diese Tormöglichkeit bestärkte Mittelstädt offenbar in seiner Vorgehensweise, sodass der Linksverteidiger auch in der Folge noch das eine oder andere Mal in bester Willy Sagnol-Manier zur Halbfeldflanke griff und damit gefährliche Chancen kreierte. Auch abseits davon präsentierte er sich im Offensivspiel ideenreicher und kombinationssicherer als zuvor noch Plattenhardt, der allerdings auch keinen spielfreudigen Torunarigha neben sich wusste.

Sehenswert auch noch Mittelstädts technisch versierte Volleyflanke in der 61. Spielminute aus dem eigenen Strafraum die ganze Seitenlinie entlang auf den startenden Redan, der schlussendlich aber im Laufduell den Kürzeren zog.

Maxi Mittelstädt wusste in Halbzeit zwei zu überzeugen. Dabei kamen ihm neben dem aktiveren Hertha-Mittelfeld auch leichte Ermüdungserscheinungen in der Ajax-Abwehr zugute, die er allerdings auch klug ausnutzte. Im engen Kampf um den Stammplatz auf der Linksverteidiger-Position konnte er sich so aber einen kleinen Vorteil gegenüber Plattenhardt erarbeiten.

Und dann war da noch:

Karim Rekik, der  sich in der 44. Minute nach einem zu riskanten Pass von Schwolow sehenswert per Hackentrick gegen zwei Ajax-Stürmer durchsetzen konnte, sonst aber wie der Rest des Hertha-Teams in Halbzeit eins ziemlich ideenlos im Spielaufbau wirkte. Defensiv agierte der Niederländer gemeinsam mit Partner Niklas Stark dabei durchaus solide, in der Offensive verzeichnete er die beste Hertha-Chance in Minute 35, als  Ajax-Keeper Maarten Stekelenburg an einer Ecke von Matheus Cunha vorbeisegelte, Rekik unter Bedrängnis den Ball aber per Aufsetzer über das verwaiste Tor bugsierte.

Deyovaisio Zeefuik, der anders als noch gegen die Kölner keine nennenswerten Akzente in der Offensive setzen konnte – was aber auch an der schwachen Performance von Vordermann Dodi Lukébakio lag. Zeefuik verursachte in der elften Minute zwar den Freistoß, der zum 1:0 führte, bügelte dabei aber eigentlich eher einen vorangegangen Fehler von Tousart aus. In der Defensive zeigte sich der Neuzugang insgesamt wieder grundsolide, obwohl er auch mal die Hacken seines Gegenspielers zu Gesicht bekam.

Rune Jarstein, der in der 52. Minute einen Schuss aus dem Strafraum noch gerade an den Pfosten lenken konnte und im Nachschuss dann den Torschützen zum 1:0 Zakaria Labyad derart bedrohlich angeschaut haben muss, dass dieser den Ball aus wenigen Metern haushoch über das leere Tor jagte.

Jordan Torunarigha, der in der zweiten Hälfte mit seinen punktgenauen, riskanteren Pässen zeigte, was Hertha in der ersten im Spielaufbau gefehlt hatte. Wie üblich ließ er es sich auch nicht nehmen, einige Male das Heft des Handelns selbst in die Hand bzw. in den Fuß zu nehmen und per Dribbling bis tief in die Amsterdamer Hälfte vorzustoßen, um dann einen öffnenden Pass zu spielen. Torunarigha fehlte auch im ersten Testspiel noch – und wie. Aus der Startelf nicht wegzudenken.

Daishawn Redan, der sich wie auch schon gegen Viktoria Köln sehr bemüht und umtriebig zeigte und sich ein paar vielversprechende Angriffe selbst erarbeitete. Dabei vereitelte er per unfreiwilliger Hackenabwehr einen Angriff in der 75. Minute selbst und agierte auch sonst öfters unglücklich in den entscheidenden Situationen. Die beste Hertha-Chance in Durchgang zwei verzeichnete in der 59. Minute dennoch der nimmermüde Stürmer aus der Ajax-Jugend, als er bei einer abgefälschten Flanke aus dem linken Halbraum von Maxi Mittelstädt nachsetzte, tatsächlich vor Ajax-Torwart Stekelenburg an den Ball kam und die Kugel an den Außenpfosten setzte.

Ondrej Duda, der sich wie schon im letzten Test nominell auf der Zehn vergnügen durfte, aber eigentlich überall auf dem Platz anzufinden war und insbesondere mit Javairo Dilrosun und Arne Maier einige schnelle Passkombinationen auf den Rasen zauberte. Seine Volleyabnahme in der 90. Minute nach einer abgewehrten Hertha-Ecke setzte den Schlusspunkt unter die 0:1-Niederlage gegen die Niederländer.

Herthas Aufstellungen

1. Halbzeit: Schwolow – Zeefuik, Stark, Rekik, Plattenhardt – Darida, Tousart – Lukébakio, Cunha, Ngankam – Piątek

2. Halbzeit: Jarstein – Pekarik, Dardai, Torunarigha, Mittelstädt – Ascacíbar, Maier – Leckie, Duda, Dilrosun – Redan

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Herthaner im Fokus: Hertha BSC – Viktoria Köln

Herthaner im Fokus: Hertha BSC – Viktoria Köln

Es geht wieder los. Endlich! Endlich? Die Aussicht auf weitere Bundesligaspiele vor leeren Rängen lässt anders als in bisherigen Sommerpausen nicht unbedingt das Wasser im Munde zusammenlaufen, doch die Welt dreht sich weiter und König Fußball regiert noch immer. So stand am Freitagnachmittag auch für unsere Hertha in Vorbereitung auf die Saison 2020/21 das erste (externe) Testspiel an. Gegner im Amateurstadion war die Viktoria aus Köln.

Und wie immer heißt Vorbereitung und Transferphase auch neue und altbekannte Gesichter auf dem Platz begrüßen – einige haben wir für euch bei diesem Damenduell in den Fokus genommen.

Deyovaisio Zeefuik – Die Lösung auf rechts?

Der niederländische Rechtsverteidiger kam in der Sommerpause nach längerem Hickhack vom FC Groningen und soll die bisherige Schwachstelle in der Viererkette beheben. Und nach zaghaften Anfangsminuten zeigte „Deyo“ auch wofür man ihn geholt hat. Im Zusammenspiel mit Dodi Lukébakio schaltete sich der Abwehrmann mehrmals mit in die Offensive ein und konnte mit seiner Schnelligkeit den Kölner Linksverteidiger vor Probleme stellen.

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Zwar fehlte ihm bei seinem Flankenversuch in der 15. Minute noch ein wenig die Übersicht, doch schon in Minute 29 wurde es nach einem Doppelpass mit Lukébakio gefährlich bis ihn schlussendlich ein eigener Stolperer stoppte. Zwei Zeigerumdrehungen später war der Niederländer schon wieder am rechten Kölner Strafraumeck unterwegs und brachte mit einem schönen Pass in den Rückraum Krzysztof Piątek in Position, der sich aber ein wenig festlief. Schnurstracks nahm sich „Deyo“ selbst der Sache an, setzte nach und konnte die Chance am Leben erhalten, wenngleich Piąteks anschließende Flanke auf Jessic Ngankam zu ungenau kam.

Vor defensive Aufgaben wurde Zeefuik zu keiner Zeit gestellt, da werden naturgemäß ganz andere Kaliber auf ihn zukommen. Aber die angekündigten Offensivläufe, die Hertha in der letzten Post-Lazaro-Saison so vermisst hat, blitzten schon jetzt immer wieder auf und wurden im Laufe der Halbzeit immer koordinierter und vielversprechender. Trainer Bruno Labbadia war mit seinem neuen Rechtsverteidiger durchaus zufrieden, monierte aber das Zusammenspiel mit Lukébakio: “Das lag aber zum Teil auch an Dodi, weil er sich nicht gut bewegt und zu wenige Räume aufgemacht hat. Hinten hat Deyo seinen Laden im Griff, das Spiel nach vorn müssen wir entwickeln.”

Der Mann hat jedenfalls Lust auf Ausflüge und dabei reden wir nicht vom Sonntagspicknick. Es wird spannend, wie er sich in den nächsten Wochen und in der Bundesliga präsentieren kann.

Ondrej Duda – Neuer Trainer, Altes Glück?

Nach der starken Vorsaison kam Ondrej Duda in der Spielzeit 2019/20 nicht mehr wirklich zum Zug und „floh“ im Winter vor Renovator Klinsmann, der bei seiner „Fußballidee“ keine Verwendung mehr für den Slowaken fand, zum englischen Abstiegskandidaten Norwich City. Nachdem Norwich schließlich auch rechnerisch sicher den Gang in die englische Zweitklassigkeit antreten musste, kam Duda vorzeitig von der Leihe zurück, um rechtzeitig mit Hertha in die Vorbereitung zu starten und sich unter dem für ihn neuen Trainer Labbadia präsentieren zu können.

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Und so durfte er in der zweiten Halbzeit im 4-2-3-1 die Zehnerposition übernehmen und war dabei einer der auffälligsten Spieler. Anders als seine Kollegen in Halbzeit eins suchte er auch mal vor dem Sechzehner den Abschluss und war dabei in bester Duda-Manier in Minute 55 nach einem kleinen Haken und in der 83. Minute mit einem Volley nach abgewehrter Flanke äußerst gefährlich.

Auch sonst war der 25-Jährige überall präsent, holte sich Bälle wahlweise zwischen den Innenverteidigern oder auf der Linksaußen-Position ab und suchte immer wieder schnell den Weg in die Spitze, was in der 77. Minute mit dem Hackenpass auf Javairo Dilrosun im Strafraum fast zum Erfolg führte. Dessen Hackenverlängerung auf Daishawn Redan versiegte aber irgendwo in den Kölner Abwehrbeinen. Auch bei Duda sah Labbadia noch Verbesserungsbedarf – “Ondrej muss noch ein Stück präsenter werden und das Spiel im vorderen Drittel noch mehr leiten – und noch mehr Tempowechsel drin haben” – allerdings verbuchen wir das mal unter den Motivationstricks.

Denn insgesamt hinterließ Duda einen sehr ordentlichen Eindruck und zeigte sich in passabler Frühform. Es bleibt zu hoffen, dass Labbadia anders als Klinsmann Verwendung für den Hertha-Topscorer 2018/19 findet und Duda sich weiter mit Lust und Laune dem Konkurrenzkampf um die offensiven Positionen stellt. Vielleicht lässt sich ja einer der Teamkollegen dazu bewegen, Duda für zehn geschossene Tore eine frische Rolex in Aussicht zu stellen.

Arne Maier – Jetzt oder Nie

Herthas Top-Talent, das im Winter noch überraschend mit Wechselabsichten in die Schlagzeilen geriet und in der Rückrunde nach längerer Verletzungspause nicht so richtig in Tritt kam, durfte sich in der Startelf an der Seite von Santiago Ascacíbar als offensiver Part der Doppelsechs beweisen.

Im Wechsel mit dem Argentinier schob Arne Maier bei Spielaufbau des Drittligisten aus dem 4-2-3-1 vor bis auf den gegnerischen Sechser, um diesen ordentlich unter Druck zu setzen, sodass Hertha im Pressing teilweise im 4-1-4-1 auf die Kölner Defensivreihen zukam. Schon früh versuchte Maier das Spiel an sich zu reißen, forderte einige Pässe, war ruhig und souverän am Ball und spielte mehrere sehenswerte Seitenverlagerungen in die Spitze, wie in der 14. Minute, als sein gut getimter Ball von Torunarigha nicht gut kontrolliert werden konnte und so die Kölner Abwehr genügend Zeit zum Formieren bekam. Auch später blieb auffällig, dass Ascacíbar und Maier sich sowohl im Pressing als auch im eigenen Spielaufbau häufig abwechselten, wobei dem Herthaner Eigengewächs dabei die „spektakuläreren“, raumbringenderen Pässe überlassen blieben.

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Grundsätzlich funktionierte die Absprache und das Zusammenspiel auf der Doppelsechs ordentlich, Köln geriet aber durch die beiden nicht wirklich unter Druck, was vielmehr aber auch damit zusammenhängen mag, dass Matheus Cunha auf der 10 bis zur 40. Minute einen schwachen Auftritt hinlegte und sowohl offensiv als auch defensiv kaum etwas zustande brachte.

Arne Maier hingegen arbeitet sich so langsam aber sicher wieder an seine Form heran, die ihn vor seiner Verletzung im Frühling 2019 zum Stammspieler bei Hertha machte. Die Verantwortlichen um Michael Preetz, Arne Friedrich und Labbadia scheinen ihm aufgezeigt zu haben, mit ihm weiter geduldig auf seine Topform hinarbeiten zu wollen und in ihm noch immer ein wichtiges Puzzleteil für Herthas Zukunft zu sehen. Zumindest sind keine neuen Abwanderungsgedanken publik geworden, die anderes vermuten lassen.

Nichtsdestotrotz steht Maier vor einer wichtigen Saison. Es liegt an ihm, trotz seines noch jungen Alters jetzt den nächsten Schritt zu gehen und den Talent-Status abzustreifen, um sich bei Hertha zu etablieren und vielleicht auch für größere Vereine interessant zu machen, wie es sein Karriereplan wohl vorsieht. Sofern er verletzungsfrei bleibt, könnte er trotz der großen Konkurrenz im Mittelfeld und den Transfergerüchten um einen weiteren zentralen Mittelfeldspieler genau diesen Schritt gehen und dem Spiel der Hertha neben einem defensiveren Abräumer wie Ascacíbar oder Lucas Tousart offensiv seinen Stempel aufdrücken.

Mit Labbadia hat Arne Maier einen selbsterklärten Förderer der Jugend an der Seitenlinie. Die oft zitierte Tür steht also auf – und Maier muss durch – jetzt oder vielleicht nie.

Und dann war da noch:

Dodi Lukébakio, der mit seinen Dribblings in Halbzeit eins für die meisten der wenigen kreativen Offensivmomente im letzten gegnerischen Drittel sorgte. Das Zusammenspiel mit Neuzugang Zeefuik hakte noch hier und da, dieses Duo sollte man aber aufgrund der immensen Dynamik im Auge behalten. In der 41. Minute drosch er die Kugel nach Vorarbeit von Cunha frei vor Mielitz zum 1:0 ins kurze Eck.

Matheus Cunha, der mit seiner ersten gelungenen Aktion direkt das Tor von Lukebakio vorbereitete. In der Nachspielzeit der ersten Hälfte traf er dann nach Vorlage von Piątek beinahe selbst. Insgesamt dieses Mal trotzdem weniger Genie als Wahnsinn.

Alexander Schwolow, der mit einer nahezu 100 %-igen Passquote bestach. Seine Torwarthandschuhe hätte er für den Einsatz aber zuhause lassen können.

Daishawn Redan, der stets bemühte Stürmer, der sich in der 79. Spielminute nach starkem Labbadiola’schem Pressingballgewinn durch Dilrosun über die Zwischenstation Leckie mit dem 2:0-Schlusstreffer in die Torschützenliste eintragen durfte.

Lucas Tousart, der dritte „Leihrückkehrer“, der defensiv kaum gefordert wurde, offensiv mit einigen Seitenwechseln seine Übersicht bewies und sich kaum anmerken ließ, dass er zurzeit vielleicht doch lieber gegen Juve und ManCity spielen würde. Ein ordentlicher Ersteindruck, auch aufgrund des Faktes, dass der Franzose zuvor vier Monate nicht mehr Fußball gespielt hatte. Sein erwachsenes Spiel und der Drang, auch mal in den gegnerischen Strafraum zu stürmen, gefielen.

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