Herthaner im Fokus: Hertha BSC – Viktoria Köln

von Aug 15, 2020

Es geht wieder los. Endlich! Endlich? Die Aussicht auf weitere Bundesligaspiele vor leeren Rängen lässt anders als in bisherigen Sommerpausen nicht unbedingt das Wasser im Munde zusammenlaufen, doch die Welt dreht sich weiter und König Fußball regiert noch immer. So stand am Freitagnachmittag auch für unsere Hertha in Vorbereitung auf die Saison 2020/21 das erste (externe) Testspiel an. Gegner im Amateurstadion war die Viktoria aus Köln.

Und wie immer heißt Vorbereitung und Transferphase auch neue und altbekannte Gesichter auf dem Platz begrüßen – einige haben wir für euch bei diesem Damenduell in den Fokus genommen.

Deyovaisio Zeefuik – Die Lösung auf rechts?

Der niederländische Rechtsverteidiger kam in der Sommerpause nach längerem Hickhack vom FC Groningen und soll die bisherige Schwachstelle in der Viererkette beheben. Und nach zaghaften Anfangsminuten zeigte „Deyo“ auch wofür man ihn geholt hat. Im Zusammenspiel mit Dodi Lukébakio schaltete sich der Abwehrmann mehrmals mit in die Offensive ein und konnte mit seiner Schnelligkeit den Kölner Linksverteidiger vor Probleme stellen.

Foto: IMAGO

Zwar fehlte ihm bei seinem Flankenversuch in der 15. Minute noch ein wenig die Übersicht, doch schon in Minute 29 wurde es nach einem Doppelpass mit Lukébakio gefährlich bis ihn schlussendlich ein eigener Stolperer stoppte. Zwei Zeigerumdrehungen später war der Niederländer schon wieder am rechten Kölner Strafraumeck unterwegs und brachte mit einem schönen Pass in den Rückraum Krzysztof Piątek in Position, der sich aber ein wenig festlief. Schnurstracks nahm sich „Deyo“ selbst der Sache an, setzte nach und konnte die Chance am Leben erhalten, wenngleich Piąteks anschließende Flanke auf Jessic Ngankam zu ungenau kam.

Vor defensive Aufgaben wurde Zeefuik zu keiner Zeit gestellt, da werden naturgemäß ganz andere Kaliber auf ihn zukommen. Aber die angekündigten Offensivläufe, die Hertha in der letzten Post-Lazaro-Saison so vermisst hat, blitzten schon jetzt immer wieder auf und wurden im Laufe der Halbzeit immer koordinierter und vielversprechender. Trainer Bruno Labbadia war mit seinem neuen Rechtsverteidiger durchaus zufrieden, monierte aber das Zusammenspiel mit Lukébakio: “Das lag aber zum Teil auch an Dodi, weil er sich nicht gut bewegt und zu wenige Räume aufgemacht hat. Hinten hat Deyo seinen Laden im Griff, das Spiel nach vorn müssen wir entwickeln.”

Der Mann hat jedenfalls Lust auf Ausflüge und dabei reden wir nicht vom Sonntagspicknick. Es wird spannend, wie er sich in den nächsten Wochen und in der Bundesliga präsentieren kann.

Ondrej Duda – Neuer Trainer, Altes Glück?

Nach der starken Vorsaison kam Ondrej Duda in der Spielzeit 2019/20 nicht mehr wirklich zum Zug und „floh“ im Winter vor Renovator Klinsmann, der bei seiner „Fußballidee“ keine Verwendung mehr für den Slowaken fand, zum englischen Abstiegskandidaten Norwich City. Nachdem Norwich schließlich auch rechnerisch sicher den Gang in die englische Zweitklassigkeit antreten musste, kam Duda vorzeitig von der Leihe zurück, um rechtzeitig mit Hertha in die Vorbereitung zu starten und sich unter dem für ihn neuen Trainer Labbadia präsentieren zu können.

Foto: IMAGO

Und so durfte er in der zweiten Halbzeit im 4-2-3-1 die Zehnerposition übernehmen und war dabei einer der auffälligsten Spieler. Anders als seine Kollegen in Halbzeit eins suchte er auch mal vor dem Sechzehner den Abschluss und war dabei in bester Duda-Manier in Minute 55 nach einem kleinen Haken und in der 83. Minute mit einem Volley nach abgewehrter Flanke äußerst gefährlich.

Auch sonst war der 25-Jährige überall präsent, holte sich Bälle wahlweise zwischen den Innenverteidigern oder auf der Linksaußen-Position ab und suchte immer wieder schnell den Weg in die Spitze, was in der 77. Minute mit dem Hackenpass auf Javairo Dilrosun im Strafraum fast zum Erfolg führte. Dessen Hackenverlängerung auf Daishawn Redan versiegte aber irgendwo in den Kölner Abwehrbeinen. Auch bei Duda sah Labbadia noch Verbesserungsbedarf – “Ondrej muss noch ein Stück präsenter werden und das Spiel im vorderen Drittel noch mehr leiten – und noch mehr Tempowechsel drin haben” – allerdings verbuchen wir das mal unter den Motivationstricks.

Denn insgesamt hinterließ Duda einen sehr ordentlichen Eindruck und zeigte sich in passabler Frühform. Es bleibt zu hoffen, dass Labbadia anders als Klinsmann Verwendung für den Hertha-Topscorer 2018/19 findet und Duda sich weiter mit Lust und Laune dem Konkurrenzkampf um die offensiven Positionen stellt. Vielleicht lässt sich ja einer der Teamkollegen dazu bewegen, Duda für zehn geschossene Tore eine frische Rolex in Aussicht zu stellen.

Arne Maier – Jetzt oder Nie

Herthas Top-Talent, das im Winter noch überraschend mit Wechselabsichten in die Schlagzeilen geriet und in der Rückrunde nach längerer Verletzungspause nicht so richtig in Tritt kam, durfte sich in der Startelf an der Seite von Santiago Ascacíbar als offensiver Part der Doppelsechs beweisen.

Im Wechsel mit dem Argentinier schob Arne Maier bei Spielaufbau des Drittligisten aus dem 4-2-3-1 vor bis auf den gegnerischen Sechser, um diesen ordentlich unter Druck zu setzen, sodass Hertha im Pressing teilweise im 4-1-4-1 auf die Kölner Defensivreihen zukam. Schon früh versuchte Maier das Spiel an sich zu reißen, forderte einige Pässe, war ruhig und souverän am Ball und spielte mehrere sehenswerte Seitenverlagerungen in die Spitze, wie in der 14. Minute, als sein gut getimter Ball von Torunarigha nicht gut kontrolliert werden konnte und so die Kölner Abwehr genügend Zeit zum Formieren bekam. Auch später blieb auffällig, dass Ascacíbar und Maier sich sowohl im Pressing als auch im eigenen Spielaufbau häufig abwechselten, wobei dem Herthaner Eigengewächs dabei die „spektakuläreren“, raumbringenderen Pässe überlassen blieben.

Foto; IMAGO

Grundsätzlich funktionierte die Absprache und das Zusammenspiel auf der Doppelsechs ordentlich, Köln geriet aber durch die beiden nicht wirklich unter Druck, was vielmehr aber auch damit zusammenhängen mag, dass Matheus Cunha auf der 10 bis zur 40. Minute einen schwachen Auftritt hinlegte und sowohl offensiv als auch defensiv kaum etwas zustande brachte.

Arne Maier hingegen arbeitet sich so langsam aber sicher wieder an seine Form heran, die ihn vor seiner Verletzung im Frühling 2019 zum Stammspieler bei Hertha machte. Die Verantwortlichen um Michael Preetz, Arne Friedrich und Labbadia scheinen ihm aufgezeigt zu haben, mit ihm weiter geduldig auf seine Topform hinarbeiten zu wollen und in ihm noch immer ein wichtiges Puzzleteil für Herthas Zukunft zu sehen. Zumindest sind keine neuen Abwanderungsgedanken publik geworden, die anderes vermuten lassen.

Nichtsdestotrotz steht Maier vor einer wichtigen Saison. Es liegt an ihm, trotz seines noch jungen Alters jetzt den nächsten Schritt zu gehen und den Talent-Status abzustreifen, um sich bei Hertha zu etablieren und vielleicht auch für größere Vereine interessant zu machen, wie es sein Karriereplan wohl vorsieht. Sofern er verletzungsfrei bleibt, könnte er trotz der großen Konkurrenz im Mittelfeld und den Transfergerüchten um einen weiteren zentralen Mittelfeldspieler genau diesen Schritt gehen und dem Spiel der Hertha neben einem defensiveren Abräumer wie Ascacíbar oder Lucas Tousart offensiv seinen Stempel aufdrücken.

Mit Labbadia hat Arne Maier einen selbsterklärten Förderer der Jugend an der Seitenlinie. Die oft zitierte Tür steht also auf – und Maier muss durch – jetzt oder vielleicht nie.

Und dann war da noch:

Dodi Lukébakio, der mit seinen Dribblings in Halbzeit eins für die meisten der wenigen kreativen Offensivmomente im letzten gegnerischen Drittel sorgte. Das Zusammenspiel mit Neuzugang Zeefuik hakte noch hier und da, dieses Duo sollte man aber aufgrund der immensen Dynamik im Auge behalten. In der 41. Minute drosch er die Kugel nach Vorarbeit von Cunha frei vor Mielitz zum 1:0 ins kurze Eck.

Matheus Cunha, der mit seiner ersten gelungenen Aktion direkt das Tor von Lukebakio vorbereitete. In der Nachspielzeit der ersten Hälfte traf er dann nach Vorlage von Piątek beinahe selbst. Insgesamt dieses Mal trotzdem weniger Genie als Wahnsinn.

Alexander Schwolow, der mit einer nahezu 100 %-igen Passquote bestach. Seine Torwarthandschuhe hätte er für den Einsatz aber zuhause lassen können.

Daishawn Redan, der stets bemühte Stürmer, der sich in der 79. Spielminute nach starkem Labbadiola’schem Pressingballgewinn durch Dilrosun über die Zwischenstation Leckie mit dem 2:0-Schlusstreffer in die Torschützenliste eintragen durfte.

Lucas Tousart, der dritte „Leihrückkehrer“, der defensiv kaum gefordert wurde, offensiv mit einigen Seitenwechseln seine Übersicht bewies und sich kaum anmerken ließ, dass er zurzeit vielleicht doch lieber gegen Juve und ManCity spielen würde. Ein ordentlicher Ersteindruck, auch aufgrund des Faktes, dass der Franzose zuvor vier Monate nicht mehr Fußball gespielt hatte. Sein erwachsenes Spiel und der Drang, auch mal in den gegnerischen Strafraum zu stürmen, gefielen.

[Titelbild: IMAGO]

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ÜBER DEN AUTOR

Yannik Dönnebrink

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