Hertha BSC – FC Augsburg: Drei Thesen zum Spiel

Hertha BSC – FC Augsburg: Drei Thesen zum Spiel

Nach der bitteren Derbyniederlage gegen Union Berlin geht es für Hertha im kommenden Spiel gegen den FC Augsburg vor allem um die Versöhnung mit den eigenen Fans. Gleichzeitig könnte man sich bei einer Niederlage im schlimmsten Fall auf dem Relegationsplatz wiederfinden. Doch direkte Duelle gegen Konkurrenten gewannen die Blau-Weißen diese Saison bereits.

Im Spiel gegen den FC Augsburg müssen die Berliner nach der Derbyniederlage vor allem ihre Fans wieder froh stimmen. Verzeihen werden sie der Mannschaft die Niederlage wohl auch bei einem Sieg noch nicht, aber eine erneute Pleite könnte die Stimmung vollends zum Kippen bringen.

Aber auch tabellarisch geht es für Hertha um vieles. Mit Platz 14 liegen die Berliner nur einen Platz vor dem kommenden Gegner, FC Augsburg. Bei einer Niederlage könnten die Hertha im schlimmsten Fall bis auf einen Relegationsplatz abrutschen.

In unserer neuen Rubrik “Drei Thesen zum Spiel” möchten wir aufzeigen, worum es in den jeweiligen Duellen geht. Vorab: Keine der Thesen muss eintreffen. Es handelt sich um Vermutungen, die keine Allgemeingültigkeit haben, jedoch aufgrund verschiedener Aspekte durchaus realistisch sind.

These 1: Verliert Hertha gegen Augsburg, sinkt das Schiff – und der Kapitän

Zum Start unserer neuen Rubrik gibt es gleich mal eine gewagte These. Doch: Die Stimmung ist nach der Derbyniederlage im Keller – Hertha ebenso, wenn sie das Spiel verlieren. Fredi Bobic ist als harter Hund in der Branche bekannt. Pal Dardai “hätte eigentlich fliegen müssen”, sagte er noch zu Beginn diesen Monats in einem DAZN-Interview.

Damit spielte Bobic auf die drei Niederlagen zu Beginn der Saison an, aber auch auf den emotionalen Auftritt von Dardai, “ich hänge nicht an meinem Sitz, ich helfe gerade aus”, sagte Dardai nach dem 0:5 gegen den FC Bayern. Bobic sah die Worte Dardais als Fehler an – einen zweiten wird Bobic vermutlich nicht verzeihen. Zumal ein Rausschmiss Dardais bei einer möglichen Niederlage gegen Augsburg durch die Derbyniederlage öffentlich sicher zu rechtfertigen wäre.

(Photo by Frederic Scheidemann/Getty Images)

Ist ein Dardai-Rausschmiss wahrscheinlich? Nein. In diesem Geschäft ist jedoch nichts auszuschließen, bleibt die sportliche Entwicklung aus. Mit einer Niederlage gegen den FCA wären es bereits drei Pleiten in den letzten vier Spielen gewesen – nur einen Punkt hätte man in diesem Zeitraum geholt. Mit 13 Punkten nach 13 Spielen würde die Luft für Dardai zumindest sehr dünn werden – schließlich wollte dieser bis Weihnachten “über 20 Punkte” gesammelt haben.

Jetzt unsere Podcast-Folge mit Hertha-Präsident Werner Gegenbauer hören, in der wir u.a. über die bislang mangelhafte Kommunikation zwischen Verein und Investor sprechen!

These 2: Ein Spiel der Langeweile

Die blau-weißen Fans erwarten eine Reaktion. Wie sie es schon so oft getan haben. Die Berliner Mannschaft steht überraschend oft in Erklärungsnot. Doch die Erfahrung zeigt: Den ersehnten Offensiv-Fußball kann und wird Hertha BSC nicht zeigen.

Liebend gerne würden die Fans hinter dem offensiven Spiel der Mannschaft ein fundiertes System erkennen – doch es bleibt, wie es ist: Fußballerisch eine graue Maus. Zugegeben, die Mannschaft ist von Bobic gar nicht darauf ausgelegt, offensiv zu glänzen. Auch deshalb hat man einen Cunha oder einen Cordoba abgegeben. Dardai selbst stand noch nie für offensive Ästhetik.

(Photo by John MacDougall – Pool/Getty Images)

Doch in ganz wenigen Spielminuten zeigt Hertha immer wieder, dass sie es eigentlich können. Und so fragt man sich: Warum eigentlich nicht immer so? Die Frage bleibt leider weiter unbeantwortet.

Auch der FC Augsburg ist nicht für ansehnlichen Fußball bekannt – schon gar nicht in dieser Saison. Und so wird es ein Hin- und Hergekicke, das überwiegend im Mittelfeld stattfindet. Torszenen werden selten sein, der Schiedsrichter wird viele Nickligkeiten pfeifen und passend dazu erstrahlt der Himmel in seinem schönsten grau.

These 3: Ein Spiel der Langeweile – doch die Hertha gewinnt!

Ja, es gab sie mal: Die erfolgreichen Zeiten bei Hertha BSC. Und die älteren Fans werden sich an den Hertha-Fluch erinnern – wann immer Hertha die Möglichkeit hat, ganz nach oben in die Tabellenregion zu kommen, verlieren sie. Doch es geht auch andersherum.

Wann immer Hertha in dieser Saison gegen direkte Konkurrenten spielte und die untere Tabellenregion drohte, gewannen die Berliner. Etwa am vierten Spieltag gegen den VfL Bochum, am fünften gegen Greuther Fürth oder achten, gegen Eintracht Frankfurt.

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(Photo by Thomas Eisenhuth/Getty Images)

Schon in der letzten Saison bewiesen die Berliner, dass sie “Abstiegsspiele” gewinnen können. Und so wird es auch dieses mal sein – denn irgendwie stolpert ein Berliner den Ball bei grauen Wetter und Nieselregen eben doch hinein.

[Titelbild: Photo by John MacDougall – Pool/Getty Images]

Hertha BSC – Borussia Mönchengladbach: Kann Hertha eine Serie starten?

Hertha BSC – Borussia Mönchengladbach: Kann Hertha eine Serie starten?

Gegen die Eintracht aus Frankfurt zeigte Hertha BSC die bisher beste Saisonleistung. Doch kann das gegen die Borussia bestätigt werden? Gladbach ist schwach in die Saison gestartet – das kann gut oder schlecht für die Berliner Mannschaft sein.

Im Vorfeld der Partie haben wir mit Gladbach-Expertin Yvonne Marjan über die neue Ausrichtung unter Trainer Adi Hütter, den Entwicklungsstand und Luca Netz gesprochen.

Ein ähnlicher Ansatz?

Hoch anlaufen, vehement pressen, Passwege zustellen und den Gegner zu langen Bällen zwingen, samt eines schnellen Umschalt- und Konterspiels: Gegen Eintracht Frankfurt besinnten sich die Berliner Mannschaft auf Tugenden, die ihr in den vergangenen Jahren gut zu Gesicht stand.

Hertha spielte zumeist dann stark, wenn sie die Gegner tief in der eigenen Hälfte pressten und bei Ballgewinn in der eigenen Spielhälfte schnell umschalteten. Nun trifft Hertha auf ein angeschlagenes Gladbach – das eben jenen Spielstil ebenfalls favorisiert.

Angeschlagenes und verändertes Gladbach

Auch Gladbach spielte in den vergangenen Jahren ein laufintensives, pressingstarkes Spiel, samt schnellen Pässen in die Spitze, bei eigenem Ballgewinn. Und das durchaus erfolgreich. Nunmehr sitzt Adi Hütter auf der Trainerbank – und so richtig scheint die Mannschaft noch nicht in Fahrt gekommen zu sein.

Die deutlichste Änderung im Gladbacher-Spiel zeigt sich in der Defensive. Spielten die Fohlen in den vergangenen Jahren zumeist in einer Viererkette, greift man nun auf drei Innenverteidiger und zwei defensiven Schienenspielern zurück. „Unser Problem war in der vergangenen Saison die Flut auf Gegentoren“, weiß Gladbach-Expertin Yvonne Marjan. Dies abzustellen, sei das erste Ziel von Hütter gewesen. So kassierten die Fohlen in acht Spielen lediglich elf Gegentreffer.

(Photo by Frederic Scheidemann/Getty Images)

Doch birgt das auch seine Schattenseiten. Denn gleichzeitig schossen die Fohlen nur zehn Tore. „Dadurch leidet erst einmal das Spielerische und es fehlt an Torgefahr“, stellt auch Yvonne fest. Doch steckt die Gladbacher Mannschaft voller individuell starker Spieler. So scheint es nur eine Frage der Zeit zu sein, bis sie anfangen zu zünden.

So nennt Yvonne etwa Jonas Hofmann, der diese Saison bereits drei Mal einnetzte. Auch Breel Embolo und Lars Stindl sind für ihre offensiven Stärken bekannt. Doch für wichtiger erachtet Yvonne gegenwärtig den erst 20-jährigen Kouadio Krone, „der sich ganz klar zu einem Schlüsselspieler entwickelt“, wie sie sagt.

Mit dem zehnten Tabellenplatz aber werden die Gladbacher alles andere als zufrieden sein und gegen Hertha womöglich offensiver aufgestellt sein.

Zwei Spielweisen, aber drei Punkte werden nur einmal vergeben

Wie Hertha agieren wird, kann gegenwärtig nur gewürfelt werden. Viele Fans werden hoffen, dass sie an die Spielweise wie gegen Frankfurt anknüpfen wird. Doch ist Pal Dardai auch Liebhaber davon, die gegnerische Mannschaft erst ab der Mittellinie anzulaufen und viel Raum in der eigenen Hälfte zu überlassen. Um hinten dich zu stehen und mit langen Bällen nach vorne Akzente zu setzen. Entscheidend wird sein, wie Dardai aufstellen wird.

Gegen Gladbach könnte sich ein bissiges Mittelfeld als gewinnbringend erweisen. Mit laufstarken Spielern, die das Gladbacher Umschaltspiel schon im Ansatz zerstören und die keinen Zweikämpfen aus dem Weg gehen. Das Dreiermittelfeld aus Santiago Ascacibar, Vladimir Darida und Suat Serdar brachte genau diese Tugenden in Frankfurt auf den Platz und dürfte daher wohl wieder starten.

(Photo by Alex Grimm/Getty Images)

Vorstellbar ist aber auch, dass Edel-Joker Ekkelenkamp in die Startelf rückt. Auch Jovetic und Maolida sind Optionen – das System Gladbachs wäre dann gespiegelt und man würde mit einem spielstarken Mittelfeld schnell in die offensive vordringen wollen.

„Ich nehme Hertha als sehr unangenehmen Gegner war“, sagt Yvonne. So sei nie klar, was einen erwartet. Unrecht hat sie damit nicht. Dennoch ist sie optimistisch: „Sorge habe ich zwar nicht, aber eine gewisse Anspannung ist schon da. Unterschätzen wird man Hertha auf keinen Fall – darf man auch nicht“, sagt sie.

Und Luca Netz?

Im Sommer musste Hertha mit Luca Netz einen bitteren Abgang hinnehmen. Das Eigengewächs verließ Berlin für vier Millionen Euro Richtung Mönchengladbach. Das ehemalige Berliner Top-Talent scheint in Gladbach angekommen zu sein. „Er hat sich schnell in das Team integriert und hat gezeigt, dass er durchaus eine Verstärkung sein kann“, sagt Yvonne.

(Photo by Frederic Scheidemann/Getty Images)

Auch offensiv sehe sein Spiel gut aus. In sechs Spielen konnte er bisher eine Vorlage liefern. Doch ist Konkurrent Bensebaini inzwischen wieder im Mannschaftstraining. Ist er wieder vollends fit, glaubt Yvonne, dass Netz für ihn weichen muss. „Ich sehe seine Zeit erst in der nächsten Saison“, sagt sie.

Ihre Hoffnung für das Spiel ist, dass sich Hertha nicht hinten reinstellt. „Wenn beide Teams mit der selben Spielidee ins Duell gehen, wie am letzten Spieltag, wird es unterhaltsam“, sagt sie. Für das Spiel wünscht sie sich zwar ein 2:0 für Gladbach, „ich fürchte aber fast, dass wir das erste Unentschieden der Saison für die Hertha sehen werden: 1:1“, sagt sie. Nehmen wir.

Titelbild: Clemens Bilan – Pool/Getty Images

Hertha gegen Fürth: Aus Drei mach Sechs

Hertha gegen Fürth: Aus Drei mach Sechs

Hertha muss nach dem verkorksten Saisonstart dringend punkten. Das Spiel gegen Greuther Fürth wird wegweisend sein – geht der Blick für die Berliner nach oben oder nach unten? Doch auch die Kleeblätter stehen schon jetzt mit dem Rücken zur Wand. Es könnte eine Schlammschlacht werden.

Für das Spiel am Freitagabend haben wir uns mit Fürth-Experte Michael Fischer ausgetauscht. Dieser ist Sportredakteur bei den Nürnberger Nachrichten und dort zuständig für die ständige Berichterstattung zum “Kleeblatt”.

Trotz Sieg gegen Bochum ein schlechter Saisonstart

Nur drei Punkte aus vier Spielen – das ist für Hertha zu wenig. Selbst das ausgesprochene Ziel einer ruhigen Saison mit Platz in der Mittelfeldtabelle scheint gegenwärtig schwierig zu erreichen. Viel eher wird sich so mancher Fan auf eine ähnlich turbulente Spielzeit wie die Vergangene eingestellt haben. Das Spiel gegen Greuther Fürth ist demnach immens wichtig, um die Mittelfeldplätze nicht aus den Augen zu verlieren – und um nicht final im Abstiegskampf dieser so frühen Saison anzukommen.

Foto: IMAGO

Doch was gibt den Hertha-Anhängern Hoffnung für das Spiel gegen die Kleeblätter? Ehrlicherweise relativ wenig. Bis auf die erste erste halbe Stunde gegen Köln spielte Hertha bisher ernüchternd. Die Defensive wackelt wie eh und je und auch das offensive Spiel wirkt weiterhin ideenlos und ohne Zug zum Tor. Doch: Aufsteiger Fürth kämpft gegenwärtig mit ähnlichen Problemen. So haben sie in dieser Saison gemeinsam mit Hertha elf Gegentore kassiert – Tiefwert in der Liga. Und auch das offensive Spiel mit lediglich zwei Toren kann den Hertha-Fans Hoffnung geben.

Hertha droht gegen Fürth ein K(r)ampfspiel

Es ist weiterhin schwer zu prognostizieren, wie Hertha spielen wird. Zwar trainierten Selke, Piatek und Plattenhardt nach ihren Verletzung in dieser Woche erstmals wieder. Doch auch wenn es für das Spiel gegen Fürth reichen sollte, werden sie Zeit brauchen, bis sie wieder bei 100 Prozent sind. Ein Fragezeichen steht noch hinter dem Einsatz von Marton Dardai – dieser würde wohl durch den jungen Linus Gechter ersetzt werden, der gegen Bochum sein Profidebüt feierte. Auch beim Leader Boateng hat es bisher nie zu den vollen 90 Minuten gereicht. Selbst die Formation scheint noch nicht klar – Hertha könnte mit startete mit einer Fünfer- oder Viererkette auflaufen.

So kann bisher auch kaum prognostiziert werden, ob Hertha versuchen wird, das Spiel zu machen oder – so wie gegen Aufsteiger Bochum – versuchen wird, hinten stabil zu stehen und auf Chancen zu lauern. Doch auch wenn Fürths Abwehr ähnliche Probleme wie die der Berliner hat – solche Einladungen wie gegen Bochum, als Serdar zwei Mal in aller Ruhe einnetzen konnte, wird es wohl nicht wieder geben.

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Zu erwarten ist, dass es von beiden Mannschaften ein vorsichtiges Spiel wird, wissen Beide doch um ihre Anfälligkeit in der Defensive. Wie so oft bei Hertha ist das wenig attraktiv – doch scheut Dardai das große Risiko. In Anbetracht der Abwehr, kann man ihm das vermutlich nicht vorwerfen.

Eine andere These ist, dass es nicht zur erwarteten Schlammschlacht kommt. So könnten besonders die Neuzugänge noch nicht vom Hertha-Blues infiziert sein. Suat Serdar scheint es bisher zumindest noch nicht und agiert mit zielstrebigen Pässen in die Tiefe und klugen raumgewinnenden Laufwegen. Ähnliches erhofft man sich von Ekkelenkamp, der gegen Fürth zum Einsatz kommen könnte. Vorne könnte dann etwa Maolida als flinker und wendiger Abnehmer der Pässe bereit stehen.

Junge, unerfahrene, aber kämpferische Kleeblätter

Auch Fürth-Experte Michael Fischer glaubt eher an ein Kampfspiel, „weil beide Mannschaften nicht gerade vor Selbstbewusstsein strotzen“, wie er sagt. Seine Mannschaft sieht er in einem 4-4-2 antreten. Mit dieser Formation ist die Mannschaft aufgestiegen und „das spielstarke Mittelfeld war das Herzstück des Erfolges“, sagt Michael. Mit Sechser Anton Stach und Zehner Sebastian Ernst haben die Kleeblätter jedoch zwei Stützen des Mittelfelds verloren. Paul Seguin und Julian Green (beide Achter) seien laut Michael bisher noch kein gleichwertiger Ersatz. „Beide kämpfen noch ein bisschen mit dem Tempo und der Robustheit in Liga Eins“, sagt er. Hier könnten vor allem die bissigen Ascacibar und Boateng dem Fürther Mittelfeld gehörig Druck machen.

Neben dem Mittelfeld brillierten in der Aufstiegssaison laut Michael vor allem die Außenverteidiger, etwa der zu Hoffenheim abgewanderte David Raum. 15 Assists steuerte er in der Aufstiegssaison bei. „Oft hat man mit den vier Mittelfeldspielern eine Seite überladen und dann die Seitenverlagerung gewählt, wo die Außenverteidiger dann Räume hatten und die Stürmer in der Mitte dann verwandelten“, sagt er.

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Am letzten Spieltag gegen Wolfsburg hätten die Kleeblätter aber etwas für sie untypisches gemacht. So stellten sie als zweite Sturmspitze neben Hrgota den am Deadline-Day verpflichteten Hünen Itten auf. Er soll als Wandspieler fungieren, „um nicht so viel Energie im Spielaufbau zu verschwenden und keine gefährlichen Ballverluste nahe des eigenen Tores zu provozieren“, wie Fürths Trainer, Stefan Leitl, sagt. Laut Michael sei das bisher jedoch nur mäßig erfolgreich gewesen.

„Auch, weil die Raumbesetzung für die zweiten Bälle nicht optimal war“, wie er sagt. Gegen Hertha jedoch, könnte das besser funktionieren. Die Offensive ist nicht für ein Fehler provozierendes Pressing bekannt – schon gar nicht ohne Selke. Auch die zweiten Bälle landen zu selten bei der Hertha, hier ist ein hohes Fußball-IQ, schnelles Denken, Handeln und Entschiedenheit von Nöten, was den Berlinern aktuell nicht unbedingt nachgesagt wird.

Fürth versucht sich gegen Hertha im Kontern

Angst vor den Berlinern hat Michael auf jeden Fall nicht. Das Spiel gegen Bochum hat er nebenbei laufen gelassen und „überzeugt hat mich das so gar nicht“, sagt er. Er prognostiziert, dass seine Fürther zunächst darauf bedacht sein werden, nicht wieder in einen frühen Rückstand zu geraten. Ligaübergreifend kassierte man acht Mal in Folge das 0:1. „Man wird wohl eher auf die Chance nach schnellem Umschalten aus sein“, sagt er. Zumindest sei das im Training diese Woche geübt worden. Da Hertha nun auch nicht für das offensive Feuerwerk bekannt ist, könnte es wohl doch auf die befürchtete Schlammschlacht hinaus laufen.

Jedoch ist das auch nur zweitrangig, insofern zumindest das Ergebnis stimmt, etwa wie gegen Bochum. „1:2“ tippt Michael, womit er Hertha endgültig in den Abstiegskampf befördern würde. Tipp des Hertha-Base-Redakteurs: Ein genauso dreckiges 3:1 wie gegen Bochum – und ein Platz in der Sonne im unteren Mittelfeld.

[Titelbild: IMAGO]

Davie Selke – die letzte Chance

Davie Selke – die letzte Chance

Nach seiner glücklosen Leihe zum Absteiger SV Werder Bremen ist Davie Selke nun wieder zurück bei der alten Dame. Im Training und in den Testspielen zeigt der drahtige und große Stoßstürmer, was er angekündigt hat: Sich im blau-weißen Trikot endlich durchzusetzen zu wollen. Mit Jhon Córdoba und Krzyszof Piatek hat er namhafte Konkurrenz. Wo steht Selke und wie stehen seine Chancen?

Selke sammelt erste Argumente

Anders als von vielen blau-weißen Fans zunächst vermutlich erhofft, bereitet sich der 26-jährige Davie Selke im brandenburgischen Neuruppin mit Hertha BSC auf die erste Bundesliga vor – statt mit Werder Bremen auf die zweite Liga. Etwa zwölf Millionen Euro hätten die Bremer für Selke zahlen müssen, hätten sie die erste Klasse gehalten – nicht wenige Hertha-Fans trauern den Millionen vermutlich nach. Nun ist es aber so, wie es ist und Selke zeigt sich im Trainingslager bisher von vielen seiner guten Seiten.

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Mit Stand vom 12. Juli absolvierte Hertha inzwischen drei Testspiele – alle wurden gewonnen, jedes Mal stand Selke in der Startelf (vor Jhon Córdoba, Krzyszof Piatek fehlt noch verletzt) und jedes Mal traf er. Fünf Treffer erzielte Davie Selke in den drei Testspielen insgesamt. Bisher hält er, was er verspricht: „Ich weiß gar nicht, ob ich in meiner Karriere schon mal so fit war, wie ich aktuell bin“, sagte der fleißige Stoßstürmer im Neuruppiner Trainingslager. Während der Sommerpause habe er viele Extraschichten eingelegt.

Auch Trainer Pál Dárdai scheint es zu freuen, dass er Selke wieder im Team hat. Schließlich hatte der Stürmer unter dem Ungar seine erfolgreichste Saison im blau-weißen Trikot: Zehn Tore schoss Selke unter Dárdai. Vier weitere legte er als Assist auf. „Ich würde ihn nie abschreiben. Davie ist ein feiner und fleißiger Junge, der hier funktioniert hat“, weiß Dárdai.

Die Mentalität soll kommende Saison entscheiden

Die ersten Trainingseindrücke scheinen gut, seine Quoten in den bisherigen Testspielen ebenfalls. An Leidenschaft und Einsatz mangelte es Selke sowieso nie – seine Einstellung stimmte immer. Eben das könnte nun zu seinem großen Vorteil werden: Favorisiert Hertha in der kommenden Saison doch Spieler, deren Wille und Mentalität stimmen. Der Verein will als Einheit auftreten. Fußballerisch talentierte, aber charakterlich schwierige Spieler wie Dodi Lukebakio und Matheus Cunha stehen auch deshalb wohl auf dem Abstellgleis.

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 „Das Wichtigste ist, miteinander Mentalität zu zeigen. Dann bist du manchmal besser als Mannschaften, die mehr Qualität besitzen. Du musst brennen“, sagte Manager Fredi Bobic kürzlich über die neue Berliner Marschroute. Die Vorzeichen stehen für Davie Selke bei Hertha demnach sehr gut. Doch hat er noch zwei Probleme: Jhon Córdoba und Krzyszof Piatek.

Wie wird Hertha in der nächsten Saison spielen?

Allen voran mit Jhon Córdoba hat Selke einen sehr ähnlichen Spielertyp, gegen den er sich durchsetzen muss. Beide sind klassische Strafraumstürmer. Córdobas Vorteil ist, dass er die Bälle im Halbfeld des Gegners deutlich besser festmachen und verteilen kann. Selke unterscheidet sich von Córdoba hingegen in seinem starken Anlaufverhalten und seinem dynamischen Pressing – was Dárdai allerdings nicht oft spielen lässt. Krzyszof Piatek ist ein gänzlich anderer Spielertyp, er ist ein klassischer Knipser vor dem Tor – im Spielaufbau jedoch nur schwer mit einzubeziehen.

Foto: xMatthiasxKochx/IMAGO

Gegenwärtig ist es völlig unklar, wie Hertha spielen wird. Zwischenzeitlich sah es ob der Transfers so aus, als würde Hertha in einem 4-3-3 spielen – also lediglich mit einer Spitze. Das gaben auch die bisherigen Testspiele her. Inzwischen erhärten sich aber die Gerüchte, dass Javairo Dilrosun und Dodi Lukebakio den Verein wohl verlassen werden, entweder per Verkauf oder als Leihe. Damit würden Hertha die Flügelspieler fehlen und eine Formation mit zwei Spitzen, etwa ein 4-4-2 mit enger Mittelfeld-Raute oder defensiv ausgerichteten Spielern, wie etwa Mittelstädt oder Zeefuik auf den Flügeln im Mittelfeld, scheint nicht unwahrscheinlich. Auch ist ein 3-4-3 (mit zwei laufstarken Außenverteidigern und drei Innenverteidigern) wie Deutschland es bei der EM spielte, scheint möglich. Dieses System ließ Dardai im Endspurt der letzten Spielzeit öfter spielen.

Doch ist es noch extrem früh, um einen klaren Trend der Formation zu erkennen. Auch weil der August laut Bobic viel Bewegung in den Transfermarkt bringen wird – vermutlich auch bei Hertha. Selke tut aber gut daran, sich darüber nicht verrückt zu machen – und sich weiter mit starken Leistungen im Training und in den Testspielen zu beweisen. Es ist seine letzte Chance bei Hertha – es wird spannend zu sehen sein, ob ihn das beflügelt oder eher lähmt.

[Titelbild: xSebastianxRäppold/MatthiasxKochx/IMAGO]

Kaderanalyse 2020/2021 – Herthas offensive Flügelspieler

Kaderanalyse 2020/2021 – Herthas offensive Flügelspieler

Endlich ist die Alptraum-Saison 2020/2021 vorbei. Nach einer hochemotionalen Schlussphase gab es doch noch ein „Happy End“ für Hertha BSC. Diese verrückte Spielzeit haben wir sehr ausführlich in unserer Saisonrückblick-Podcastfolge besprochen. Doch jetzt wollen wir uns der Kaderanalyse widmen. Dabei gehen wir nicht nur auf die abgelaufene Saison ein, sondern werfen auch einen Blick nach vorne. Welche Kaderstellen müssen Bobic, Dufner, Friedrich und co. noch dringend bearbeiten? Wo hat man Bedarf, welche Spieler werden wohl den Verein verlassen?

Im nächsten Teil unserer Kaderanalyse widmen wir uns den offensiven Flügelspielern der Hertha. Bekanntlich wurde die Kaufoption für Nemanja Radonjic nicht gezogen, hinter den Kulissen arbeitet man wohl aber dennoch an einem Transfer des 25-jährigen Flügelstürmers. Auch in seinem zweiten Jahr konnte Dodi Lukebakio nicht vollends überzeugen. Und was passiert mit dem jungen Javairo Dilrosun?

Flügelfokus unter Dardai

Vieles deutet darauf hin, dass Hertha BSC in der kommenden Saison vornehmlich in einem 4-3-3 auflaufen wird. Dafür wurde mit Suat Serdar ein spielstarker „Achter“ verpflichtet, der das Mittelfeld im Offensivspiel gefährlicher gestalten soll. Arne Maier kehrt nach seiner Leihe zu Arminia Bielefeld nach Berlin zurück. Lucas Tousart scheint gesetzt zu sein.

Für eine 4-3-3-Formation sind spielstarke Außenspieler unabdingbar. Sie müssen auch ohne klassischen „Zehner“ stark genug sein, per Dribbling an ein oder zwei Gegenspielern vorbei zu kommen und den Stürmer mit Flanken oder präzisen Pässen vor den Fünfmeter-Raum füttern. Wie steht es um die offensiven Außenspieler, die Hertha aktuell im Kader hat?

Mathew Leckie – er wird nicht vermisst werden

Trotz seiner überwiegenden Rolle als Reservist, hat sich der Australier nie lauthals beschwert. Er gilt als Musterprofi, der keine Unruhen in einen Verein bringt. Pal Dardai ist das bekanntlich sehr wichtig. Auch deshalb – vor allem aber wegen der Schnelligkeit von Mathew Leckte – wird Dardai ihn insgesamt 17 Mal in der Bundesliga eingesetzt haben. Doch spielerisch in Szene gesetzt hat er sich dabei nie.

hertha flügelspieler
Foto: IMAGO

Das bekräftigt auch seine Startelf-Quote von nur mageren 15 Prozent. In seinen 17 Einsätzen, die wenigsten von Beginn an, schoss er kein Tor und legte lediglich eines auf. Und viel mehr ist über ihn eigentlich auch nicht sagen, außer: Inzwischen ist Mathew Leckie in seine Heimat gewechselt, zum Melbourne City FC. Menschlich sicher ein wichtiger Teil der Mannschaft, wird man ihn rein sportlich wohl weniger vermissen.

Dodi Lukebakio – kriegt er noch eine Chance?

Hertha hat mit Dodi Lukebakio und Javairo Dilrosun lediglich zwei etatmäßige Außenspieler in den eigenen Reihen. Damit könnte Lukebakio eine noch letzte Chance bekommen. Womöglich gelingt noch ein kostengünstiger Transfer von Nemanja Radonjic und sicher wird Hertha generell noch auf der Suche nach einem oder zwei Außenspielern sein. Doch mindestens vier Spieler braucht es auf den Außenbahnen, tritt man mit einem 4-3-3 an. Auch in etlichen anderen Spielsystemen sind mindestens vier offensive Außenspieler im Kader Pflicht. Besser wären gar fünf Spieler. Ein Abgang Lukebakios scheint demnach unrealistisch, auch wenn sportlich vieles dafür spricht.

Denn auch in seinem zweiten Jahr konnte sich Dodi Lukebakio nicht nachhaltig positiv empfehlen. Es sind altbekannte Probleme, die einen Durchbruch verhindern. Seine fehlende Spannung zeigt sich auf dem Spielfeld zu oft, seine mangelnde Defensivarbeit ist weiterhin ein Problem. Bekanntlich ist Dardai ein Freund von Spielern, die auf dem Platz arbeiten, kämpfen und leidenschaftlich sind. Taktische Disziplin ist ihm sehr wichtig. Vor allem auch die unnötige gelb-rote Karte im so wichtigen Spiel gegen Schalke, hat Dardai (zurecht) auf die Palme gebracht.

hertha flügelspieler
Foto: SVEN SIMON/ Ralf Ibing/firo Sportphoto/pool/IMAGO

Hertha braucht in der kommenden Saison Konstanten, keine Unsicherheitsfaktoren. Kontinuierlich wäre es, dem launigen Außenspieler noch eine dritte und letzte Chance zu geben. Sein Talent blitzte auch in der vergangenen Saison auf. Fünf Tore und fünf Vorlagen in 29 Spielen – in einer spielerisch verkorksten Saison – bestätigen das. Und auch die Hertha-Verantwortlichen werden wissen, dass Lukebakio weiterhin Potenzial hat, sich zu steigern. Doch wie lange reicht die Geduld noch?

Mit 13 Millionen Euro hat Lukebakio auch keinen geringen Marktwert. Und so konstant es wäre, ihn zu behalten – so könnte sich auch ein kostengünstiger Spieler finden lassen, der weitaus weniger Unsicherheiten verkörpert und dessen Leistungen nicht so sehr schwanken. Gerüchte gibt es bisher keine – doch der Transfermarkt ist noch lange auf.

Javairo Dilrosun – der verletzte Wunderknabe

Wie Lukebakio konnte auch Javairo Dilrosun sein ungeheures Talent zu selten zeigen. Das liegt weniger an schwankenden Leistungen, als vielmehr daran, dass der schüchterne Niederländer häufig von Verletzungen geplagt ist. Vornehmlich auch deshalb kam er in der vergangenen Saison lediglich auf zwölf Bundesliga-Einsätze. Selten spielte er jedoch von Beginn an, weil er nach seinen Verletzungen immer wieder leicht herangeführt wurde. In den zwölf Spielen schoss er kein Tor, steuerte aber immerhin zwei Vorlagen bei.

Medial wurde bereits über eine Leihe von Dilrosun spekuliert. Aber auch er könnte davon profitieren, dass es kaum offensive Außenspieler im Verein gibt. Es ist ähnlich wie bei Lukebakio – will man nicht alles wieder auf den Kopf stellen, muss auch er gehalten werden. Lediglich einer von ihnen könnte verkauft werden. Wenn jedoch Beide gehalten werden und Lukebakios Leistungen auch in der kommenden Saison so stark schwanken, könnte Dilrosun davon profitieren.

hertha flügelspieler
Foto: IMAGO

Um auf den offensiven Außenbahnen gefährlich zu sein, hilft es, zwei inversive Spieler auf den Positionen zu haben. Sollte Radonjic noch verpflichtet werden, könnte er auf der linken Außenbahn nach innen ziehen und mit seinem starken rechten Fuß den Torabschluss suchen. Ähnlich wie Dilrosun, der bekanntlich einen starken linken Fuß hat – und dann von der rechten Seite aus agieren könnte. Zudem scheint es bei Dilrosun realistischer zu sein, dass er sein Potenzial voll ausschöpfen kann, als bei Lukebakio. Denn an seiner Einstellung scheitert sein Spiel bisher nicht – dafür muss er aber verletzungsfrei bleiben.

Nemanja Radonjic – der launige Wirbelwind

Lange sah es in der vergangenen Saison nicht danach aus, als würden die Hertha-Verantwortlichen Nemanja Radonjic verpflichten. Erst im Schlussabschnitt, allen voran nach der Quarantäne, zeigte er, was in ihm steckt. Doch die Kaufoption in Höhe von zwölf Millionen Euro war den Verantwortlichen zu teuer – spekuliert wird aber, dass Hertha weiterhin an ihm interessiert ist, zu kostengünstigeren Konditionen. Und auch Radonjic bekannte sich nach der Saison zu Hertha und lies verlauten, dass er gerne in Berlin bleiben würde.

Zu Beginn ist er vor allem dadurch aufgefallen, sich zu oft zu verzetteln – ihm fehlte im letzten Drittel die Durchschlagskraft. Dennoch war er in seinen zwölf Einsätzen einer der wenigen aus dem Berliner Kader, der es auch mal mit zwei oder drei Gegenspielern aufnehmen konnte. Dadurch riss er immer wieder Lücken in die gegnerische Abwehr – und konnte am Ende der Saison ein Tor und zwei Vorlage verbuchen. Sein Mut war in den letzten Saisonspielen von großem Wert.

Foto: xMatthiasxKochx/IMAGO

Doch wie es oft so ist mit den spielstarken Kreativen – mit seiner Einstellung zeigte er sich nicht immer von seiner besten Seite. Oft war man bei ihm an Cunha erinnert. Denn wenn etwas nicht klappte, wirkte Radonjic zunehmen frustriert und gelangweilt. Etwas, dass Dardai nicht leiden kann. Und sich Hertha in der kommenden Saison eigentlich nicht mehr leisten will.

Das Genie, welches er hingegen zeigte, würde eine Verpflichtung – zu einem einstelligen Millionenbetrag – aber rechtfertigen. Inzwischen kennt er die Stadt und das Team, seinen Leistungen wird das sicher helfen. Sicher wären nicht wenige Hertha-Fans enttäuscht, ihn in der kommenden Saison auf den Außen wirbeln zu sehen.

Fazit – Hertha braucht neuer Flügelspieler

Davon ausgehend, dass Hertha in der kommenden Saison mit fünf offensiven Außenspielern starten wird, scheint die Lage für die Verantwortlichen knifflig. Verkauft man Lukebakio oder Dilrosun, müssen direkt fünf neue (Radonijic mitgezählt) gekauft werden – eher unwahrscheinlich. Selbst wenn nur einer von Beiden gehen sollte, müssen dennoch vier neue geholt werden. Insbesondere wenn Lukebakio verkauft wird und der verletzungsanfällige Dilrosun bleibt.

Bleiben jedoch beide und kommt Radonjic, müssten lediglich zwei neue Spieler für die Außenbahnen geholt werden. Dann könnte man für einen auch tiefer in die Tasche greifen. Sollten die Transfers einschlagen und die Spieler frei von Verletzungen bleiben, bietet sich in der Winterpause – oder auch nach der Saison – immer noch die Gelegenheit, etwa Lukebakio abzugeben. Fest steht aber: Hertha hat hier dringenden Bedarf.

[Titelbild: IMAGO]