Nachdem Hertha BSC in den letzten Wochen drei Matchbälle im Kampf um den Klassenerhalt verspielt hatte, steht man nun genau da, wo man niemals hinwollte, am Abgrund. Es fehlt nicht mehr viel. Gegen den Hamburger SV zeigten 76.000 Fans im ausverkauften Olympiastadion, was ihnen der Fußball, die beiden Vereine und die Bundesligazugehörigkeit bedeuten. Doch lediglich die vielen Zuschauer*Innen zeigten sich an diesem Abend erstligatauglich. Auf dem Rasen präsentierten sich zwei klassische Zweitliga-Mannschaften.
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Magath experimentiert mit Personal und System
Dass mit Santiago Ascacibar ein wichtiger Baustein der Achse, die sich bei Hertha im Schlussspurt der Saison gebildet hatte, gelbgesperrt fehlen würde und ersetzt werden müsse, war im Vorfeld klar. Doch Anstatt ihn 1:1 zu ersetzen, was in Anbetracht des restlichen Kaders möglich gewesen wäre, baute Felix Magath auch das System um. In einem 4-2-2-2-System, also in der Tayfun-Korkut-Gedächtnis-Formation, stellte er die Mannschaft auf.
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Der mit einer Gehirnerschütterung und einem Nasenbeinbruch ausfallende Torhüter Marcel Lotka wurde durch Oliver Christensen ersetzt. Er war damit der dritte Torhüter, den die Berliner in dieser Saison aus Verletzungsgründen einsetzen mussten. Im Vergleich zum Spiel in Dortmund blieb gegen den HSV die verteidigende Viererkette unberührt. Marvin Plattenhardt, Marc Oliver Kempf. Dedryck Boyata und Peter Pekarik sollten wie üblich den Ball vom Tor fernhalten. Im zentralen Mittelfeld ersetzte Niklas Stark nach einigen Erkältungstagen den gesperrten Santi Ascacibar. Daneben Lucas Tousart, der im Vergleich der kreativere Spieler ist. Davor sollten auf den Außen Maximilian Mittelstädt und Suat Serdar agieren. Im Sturm setzte Magath auf eine Doppelspitze um Ishak Belfodil und Jungspund Luca Wollschläger. Davie Selke fiel weiterhin mit muskulären Problemen aus.
Wir schauen in unserer heutigen Analyse auf die schwache Innenverteidigung, den ebenso schwachen Sturm, den dritten Torhüter der Saison, die Kämpfer in dieser schweren Situation, einen Streit von Alphatieren, der letztendlich genickbrechend ist und was noch ein letzten Fünkchen Hoffnung bietet.
Marc Oliver Kempf und Dedryck Boyata: Die gute Form ist weg
Das Innenverteidiger-Duo zeigte gegen den Hamburger SV aus welchem Grund auch immer eine Leistung, die an alte Korkut-Zeiten erinnerte. Beide waren stark überfordert mit den eigentlich ebenso zahnlosen Angriffen der Hanseaten.
Marc Oliver Kempf rutschte häufig in seine gefährlichen Aktionen ab, die ihn in der Vergangenheit schon negativ ausgezeichnet haben. Er hatte die meiste Zeit über deutliche Schwierigkeiten bei seinen Aktionen. Auch wenn er zwei Bälle klären und zwei weitere abfangen konnte, lieferte er kaum entlastende Momente. Dass er 44 Mal am Ball war und 34 seiner 38 Pässe beim richtigen Mann unter kamen, hat leider nichts mit Aktionen zu tun, die ein sehenswertes Angriffsspiel einleiten würden. Vielmehr handelte es sich um ideenloses Hintenrumgespiele mit seinen verteidigenden Kollegen. Immerhin brachte er drei von fünf langen Bällen an den Mann. Nennenswert für Aufsehen konnte er aber auch damit nicht sorgen. Ein neuer Unsicherheitsfaktor, der sich zwischendurch stabilisiert hatte.
Auch der Hertha-Kapitän Dedryck Boyata zeigte wieder altbekannte Schwächen. Auch er ging oft ungestüm zu Werke, ließ Kommunikation vermissen, lief viel dem Gegner hinterher und hatte in der 49. Minute sogar noch Glück bei seinem unnötigen Foul gegen Miro Muheim. Wäre sein Fuß bei der Aktion ein wenig höher oder tiefer gewesen, hätte sogar ein Platzverweis gedroht. So war der Belgier mit der gelben Karte gut bedient. Im Angriffskuddelmuddel des HSV schaffte er es oft noch irgendwie seine Füße dazwischen zu kriegen und schlimmeres zu verhindern. Er klärte fünf Bälle, fing vier weitere ab. Allerdings gewann er lediglich einen von drei Zweikämpfen. Eine schwache Quote, die er aber auch nicht zu verbessern im Stande war, da er kein Interesse an diesen Aktionen hatte. Wie Kollege Kempf hatte er massig Ballaktionen. 50 waren es bei ihm, 36 Pässe spielte er. 28 fanden den Mitspieler, auch hier wieder eher die Nebenmänner in der Verteidigung. Es war eine schwache Leistung eines untergehenden Kapitäns.
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Ishak Belfodil: Allein auf weiter Flur
Bayerns Trainer Julian Nagelsmann sagte vor einigen Monaten, Ishak Belfodil sei einer der unterschätztesten Stürmer der Bundesliga. Unter ihm hatte der Algerier einst ein prächtiges Jahr in Hoffenheim gespielt. Und auch bei Hertha zeigte er in dieser Saison oft seine Klasse. Immerhin kam er auf fünf Bundesliga-Treffer. Bei Herthas spielerisch nicht vorhandener Offensive ist das tatsächlich eine beachtliche Ausbeute. Ihn zeichnen Technik und Wille aus und beides zeigte er auch in diesem Spiel. Technisch war er der beste Herthaner, kämpfte um die Bälle, wusste sie zu behandeln und zu verwerten. Doch er war dabei allein auf weiter Flur. Das übliche Problem, dass er sich die Bälle aus der Tiefe oder von den Außen holen musste, bestand weiterhin und konnte unter der gesamten Saison nur sehr selten abgestellt werden. Die 44. Minute hätte sein goldener Moment werden können, als er Plattenhardts Flanke mit einem feinen Kopfball ins rechte Eck verwandelte. Leider stand er hauchzart im Abseits. In seinen 80 Minuten war er engagiert und motiviert, letztendlich aber glücklos.
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Sehenswert war seine Aktion in der 61. Minute, als er sich ein Herz nahm und die Verteidiger Vuskovic und Schonlau auf der rechten Seite stehen ließ und mit Haken sich in den Strafraum dribbelte. Doch wie viele andere Spieler an dem Abend hatte auch er Probleme mit dem nassen Rasen und rutschte weg, was die Situation zusätzlich erschwerte. Trotzdem zwang er mit einem Schuss aufs rechte Eck Torhüter Heuer Fernandes zu einer Parade. Insgesamt gewann er allerdings auch nur zwei seiner sieben Dribblings. Doch die Mannschaft suchte ihn, 43 Aktionen hatte er. 16 Bälle verteilte er, zwölf kamen an. Seine 75 Prozent Passquote zeigen seine technischen Fähigkeiten und die hohe Konzentration, mit der er zu Werke ging. Doch auch er verlor 19 Mal den Ball und wurde mit zunehmender Spieldauer deutlich müder. Im Endeffekt sollten ihm und Stevan Jovetic im Rückspiel alle Freiheiten gelassen werden, um offensiv etwas zu Stande zu bringen.
Oliver Christensen: Einer für die Hertha-Zukunft
Oliver Christensen hatte gegen den HSV seinen ersten Profi-Einsatz für Hertha BSC. Viele Verletzungen und ein sich festgespielter Marcel Lotka hatten diesen Einsatz bisher verhindert. Und dafür, dass sein erster Einsatz in so einer Drucksituation stattfand, machte er seine Sache gut. Die Hamburger zwangen ihn zwar auch nur selten zu Paraden, doch das, was er auf sein Tor bekam, wurde von ihm verwertet. Dass ein Spieler, der noch nie auf diesem Niveau gespielt hatte, weiche Knie oder Anlaufschwierigkeiten haben würde, war klar. Doch auch die wusste er zu unterbinden.
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Die Rot-Hosen liefen den Dänen immer wieder extrem an, er schaffte es die Situationen allesamt zu lösen. Er konnte 14 von 34 Pässen an den Mann bringen. 41 Prozent sind nicht viel, aber eine akzeptable Quote für einen Torhüter, der ständig unter Druck gesetzt wird. Zusätzlich wurde er zu zwei Paraden gezwungen, auch war sein Stellungsspiel einwandfrei. Bei weiteren Spielen bekommt auch Christensen die nötige Routine um dauerhaft auf einem Bundesliga- oder Zweitliganiveau mithalten zu können. Also egal in welche Richtung sich die Personalie Marcel Lotka entwickelt, auf der Torhüter-Position scheint die Hertha aktuell keine allzu großen Baustellen zu haben.
Lucas Tousart und Peter Pekarik: Immerhin mit Kampf und Leidenschaft
Sie sind sicherlich nicht die größten Zauberer am Ball, aber sie sind Kämpfer. Sie stellen sich gegen alles, was ihnen in den Weg kommt, ignorieren den entstehenden Schmerz und teilen auch selbst sehr gerne aus.
Lucas Tousart ackerte und mühte sich ab, ging in enorm viele Zweikämpfe. 13 seiner 20 Duelle gewann er. Er war praktisch überall zu sehen und wirkte, als würde er den Part seines sonstiges Partners Ascacibar einfach mitmachen. Am Ball war er über 50 Mal. 78 Prozent angekommener Pässe – 21 von 27 – sind ebenfalls eine sehenswerte Quote. Er ging zusätzlich in fünf Tacklings und lief über 11,7 km. Drei von drei Dribblings beendete er erfolgreich. Doch das sind zwar alles schöne Zahlen und die Leistung Tousarts darf man auch durchaus loben, doch was nützt es wenn auch er letztendlich keinen Funken Offensivpower ausstrahlt? Trotzdem einer der besten Herthaner auf dem Feld. Beim Treffer konnte er Ludovit Reis nicht mehr an der abrutschenden Flanke hindern. Ihm da aber eine wirkliche Mitschuld zu unterstellen, wäre hart.
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Dauerbrenner Peter Pekarik ackerte ebenfalls über die volle Distanz. Mit 65 Aktionen war er einer der aktivsten Herthaner, gewann fünf seiner sieben Zweikämpfe. Und spielte 23 von 31 erfolgreichen Pässe. Viermal versuchte er es mit langen Bällen. Zwei kamen immerhin an. Außerdem fing er vier Bälle ab, doch auch 13 Ballverluste musste der nimmermüde Pekarik hinnehmen. In der 57. Minute konnte er den Pass auf der Außenbahn von Vorlagengeber Mulheim auf den Torschützen Ludovit Reis nicht verhindern. Zusätzlich hatte er großes Glück, dass bereits vor seinem Handspiel in der 32. Minute, welches einen Elfmeter zu Folge gehabt hätte, bereits der Hamburger Maximilian Rohr mit der Hand am Ball war.
Kevin Prince Boateng und Felix Magath: Kriegt euch (für Hertha) ein!
Während die Mannschaft mit jedem Spiel dem Abstieg näher entgegentaumelt, scheint nun wieder einmal ein Nebenschauplatz im Verein eröffnet zu sein. Die Kabinenfehde zwischen Kevin Prince Boateng und Felix Magath könnte durchaus schlimmeres angerichtet haben, als zunächst angenommen.
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Und sie passt ins Bild. Felix Magath ist kein wirklicher Teil dieses Hertha-Teams, er wirkt nahezu so, als wäre ihm das Ergebnis seiner Arbeit gar nicht mal so wichtig. Mittlerweile hält er sich an Minihoffnungen und einfachen Glücksmomenten fest. Ihm fehlen sämtliche Argumente, die er in fehlenden Spielern, wie Santiago Ascacibar sucht. Seine Experimente mit jungen Spielern mögen gut gemeint sein, helfen im Abstiegskampf allerdings nicht weiter. Luca Wollschlägers Einsatz war ähnlich fragwürdig wie Julian Eitschbergers im Derby gegen Union Berlin. Seine Wechsel gegen Hamburg verpufften entweder relativ wirkungslos (Stevan Jovetic, Marco Richter, Myziane Maolida) oder sorgten in Form von Linus Gechter zunächst für extreme Unsicherheit in der Defensive. Möglicherweise wäre Vladimir Darida die sichere Wahl gewesen.
Boateng dagegen, der zumindest in der ersten Halbzeit noch motivierte und gestikulierte, saß spätestens ab der zweiten Hälfte gefrustet auf der Bank ohne jene Coaching-Elemente zu verkörpern, die ihn in dieser Saison ausgezeichnet haben. Will man die Hypothek aus dem Hinspiel in Hamburg noch umbiegen, braucht man ein intaktes Team und keine Alphatierschlacht. Aktuell scheinen individuelle Interessen aber größer zu sein.
Santiago Ascacibar und Davie Selke: Das letzte Fünkchen Hoffnung
Wenn die Hoffnungen von Hertha wirklich auf Santiago Ascacibar und Davie Selke liegen, brennt es wirklich. Ascacibar wird im Rückspiel ziemlich sicher seine Position im defensiven Mittelfeld zurückbekommen. Davie Selke wird ebenfalls große Chancen auf ein paar Minuten haben, sofern er fit ist. Beide stehen für Kampf und Leidenschaft. Beide motivieren, betreiben Psychotricks ob mental oder körperlich und beide können genauso individuelle Momente kreieren.
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Aber das alles ist ein viel zu großes Fragezeichen. Aktuell bietet wenig Hoffnung, wenn die beiden in der Lage sein sollten, das Spiel der Mannschaft an sich zu reißen oder mit ihren Stärken den HSV vor ernsthafte Probleme zu stellen, gleicht das möglicherweise einem Wunder. Die Hoffnung bleibt trotzdem.
Der Abstieg naht – doch die Hoffnung bleibt bis zur aller letzten Sekunde
Diese Mannschaft kann es nicht. Sie ist weder spielerisch, körperlich noch psychisch dazu in der Lage ein großes Spiel in ihre Richtung zu lenken. Das hat sie in dieser Saison in drei Derbys, in drei Matchball-Spielen und gegen den HSV eindrucksvoll bewiesen. Ein vollkommen schief zusammengestellter Kader konnte von keinem Trainer in dieser Saison so aufgestellt werden, dass er ernsthaft wettbewerbsfähig ist. Unter Pal Dardai noch am ehesten, doch der ist bekanntlich seit einigen Monaten raus. Der Abstieg in die Zweitklassigkeit steht bevor, da braucht man sich nichts vormachen.
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Doch am Montag sitzen wir wieder alle zusammen vor den TV-Geräten, lieben und hassen diesen Verein, verzweifeln oder jubeln oder stehen in Hamburg im Block und feuern die Mannschaft an. So lange auch nur der kleinste Funken Hoffnung besteht, müssen die Fans und die Mannschaft dran glauben und gemeinsam für den Klassenerhalt arbeiten.
Das Finale der Europa League ist vorbei – an dieser Stelle herzlichen Glückwunsch an Eintracht Frankfurt und seine Fans – die Relegation steht an. Also vom Himmel zur Hölle. Es geht um eines der beiden wichtigsten Spiele der jüngeren Vereinsgeschichten für Hertha BSC und den Hamburger SV. Das Relegations-Hinspiel wird am heutigen Abend im Berliner Olympiastadion ausgetragen und die beiden größten Städte Deutschlands elektrisieren. Für das Spiel haben wir drei Thesen aufgestellt.
Das Olympiastadion wird zum Hexenkessel
Sie wird wieder zuschlagen. Die Macht des Olympiastadions. Das Stadion wird ausverkauft sein, die Fans beider Lager werden für eine enorme Stimmung sorgen und das Stadion zu einem Hexenkessel verwandeln und einen entscheidenden Einfluss auf das Spiel haben. Es handelt sich um zwei extrem leidgeprüfte Fangruppen von Vereinen, mit riesiger Tradition und Strahlkraft. Die Aufgabe der Mannschaften wird es sein, die Stimmung auf das eigene Spiel zu übertragen.
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Das Team, welches das gelingt, steht dem Sieg deutlich näher. Um sich durch die Stimmung aber nicht lähmen zu lassen, gilt es einen freien und fokussierten Kopf zu bewahren und das Spiel als Geschenk und Chance anzunehmen. Trotz der schlechten Saison könnten einzelne Herthaner zu Legenden aufsteigen und bis in alle Ewigkeiten als große Retter angesehen werden.
Das Endergebnis wird mehr als nur eine Tendenz zeigen
Das Hinspiel der Relegation wird das entscheidende Spiel. Der Sieger wird mit mindestens zwei Toren Vorsprung, eher drei Toren Vorsprung den Platz verlassen. Angetrieben von der Stimmung und sich in einen Rausch spielend wird die in Führung gehende Mannschaft einen Zusammenbruch des Gegners ausnutzen und mit Leidenschaft das Spiel an sich reißen und für ein klares Ergebnis sorgen. Die beiden Mannschaften werden spielerisch und mental perfekt eingestellt sein, doch Nuancen und kleinste Fehler werden entscheidend sein.
Herthas individuelle Klasse wird entscheidend sein
Die Mannschaft, die eben jene Nuancen und Fehler nutzen wird, ist Hertha BSC. Die Teamleistung ließ in dieser Saison über die meiste Zeit zu wünschen übrig, erst in den letzten Wochen wuchs die Mannschaft zu einem Team zusammen und bildete eine Achse. Gegen die Hamburger werden individuelle Momente entscheidend sein. Kevin Prince Boateng wird Steckpässe spielen, Ishak Belfodil, Stevan Jovetic und Suat Serdar werden mit dem Ball und ihrer individuellen Klasse für enorme Torgefahr sorgen. Vladimir Darida, Dedryck Boyata und Peter Pekarik werden mit ihrer Erfahrung für Ruhe und Stabilität in der Defensive sorgen. Hertha wird zeigen, wer seit neun Jahren Bundesligist ist und wer seit vier Jahren Zweiligist.
Hertha BSC muss zehn Jahre nach dem legendären Abstiegsdrama in der Relegation gegen Fortuna Düsseldorf wieder nachsitzen. Und das gegen den Hamburger SV. Mehr Drama, mehr Spannung und mehr Traditionen gehen eigentlich kaum. Gegen Borussia Dortmund musste die Mannschaft von Felix Magath eine 1:2-Niederlage hinnehmen und vergab damit den dritten und letzten Matchball im Kampf um den direkten Klassenerhalt. Während die Stuttgarter im Fernduell gegen den 1. FC Köln wiederum mit 2:1 siegten, sich für eine starke Aufholjagd in den letzten Spielen belohnten und den Klassenerhalt perfekt machten, half eine einmal mehr engagierte, letztendlich aber einfach zu schwache Vorstellung im Signal-Iduna-Park nicht mehr, um die rettenden Punkte bzw. den einen einzigen Punkt zu sammeln.
Vier Änderungen in der Hertha-Startelf
In Dortmund stellte Felix Magath die Mannschaft im üblichen 4-2-3-1-System auf. Allerdings änderte er sein Team auf vier Positionen, möglicherweise allein wegen der Belastungssteuerung, warten doch nun noch zwei weitere Partien am Donnerstag und den folgenden Montag, die möglicherweise beispielsweise für Kevin-Prince Boateng noch einmal kräftezehrende Spiele werden könnten. Eben jener Boateng saß, nachdem er in den letzten Wochen stets in der Startelf zu finden war, lange Zeit in Dortmund nur auf der Bank. Er wurde von Jurgen Ekkelenkamp ersetzt, der zuletzt kaum zum Einsatz kam.
Außerdem kam es zu drei weiteren Änderungen in der Startelf. Auf der Linksverteidiger-Position kam der wiedergenesene Marvin Plattenhardt zum Einsatz. Der von der TSG Hoffenheim umworbene Marton Dardai, der ihn gegen Mainz noch positionsfremd vertreten hatte, war gegen den BVB auf Grund muskulärer Probleme nicht einmal im Kader. Der Rest der Verteidigung bestand aus der mittlerweile sich als Stammabwehr etablierten Truppe um Marcel Lotka im Tor, Kapitän Dedryck Boyata und Marc Oliver Kempf in der Innenverteidigung und Peter Pekarik als Rechtsverteidiger. Lucas Tousart und Santi Ascacibar wieder davor als Doppelsechs.
In der Offensive verzichtete Magath neben Boateng auch auf Vladimir Darida, der durch Maximilian Mittelstädt ersetzt wurde. Marco Richter saß nach seinem erkältungsbedingten Fehlen zunächst auf der Bank. Mittelstädt sollte sich um die linke Seite kümmern, während Suat Serdar wieder auf die rechte Seite ging. Für den Sturm wurde Davie Selke nicht mehr rechtzeitig fit. Ishak Belfodil vertrat ihn.
In unserer heutigen Analyse schauen wir auf Führungsfiguren, das Potential, welches auf der Bank schlummerte, eine unnötige gelbe Karte und was mit einer stabilen Abwehr in der Relegation möglich ist.
Ishak Belfodil: Er hätte mehr Vertrauen verdient gehabt
Dass gegen den BVB kein Offensivfeuer abgefackelt werden würde, war im Vorfeld natürlich jedem klar. Auch, dass es nicht zu dem atemberaubenden Schlagabtausch kommen würde, den die Mannschaften im Hinspiel geboten haben. Ishak Belfodil gelang es trotzdem eine gewisse Präsenz zu zeigen und stets Gefahr auszustrahlen. Dass er wie so oft in dieser Saison den Ball aber eher defensiv bekam oder zu weit auf den Außen, ist leider sein Schicksal, was der allgemeinen schwachen Offensive der Hertha geschuldet ist.
Gegen den BVB hatte der Algerier seinen goldenen Moment in der 18. Minute. Die Einladung des ausgestreckten Fußes von Dan-Axel Zagadou nahm er dankend an. Nach der Sichtung der Videobilder wurde zurecht auf Elfmeter entschieden. Ishak Belfodil verwandelte sicher per Flachschuss in die linke Ecke. Insgesamt hatte er wieder 33 Aktionen, verteilte viele Bälle. 18 seiner 24 Pässe kamen bei seinen Mitspielern unter. Für einen Offensivspieler sind 75 Prozent eine starke Quote. Sein Zweikampfverhalten ließ mit 25 Prozent siegreicher Aktionen allerdings stark zu wünschen übrig. Immerhin lief er über 10,21 km und war – gegenteilig dazu was man von ihm erwarten würde – extrem kommunikativ, motivierte seine Mitspieler, forderte Konzentration und wirkte zum Teil wie ein Spieler, der einen gewissen Stil eines Führungsspielers verkörperte.
Auch wenn ein fitter Davie Selke in den letzten Wochen für viel Gefahr sorgen konnte, hat Belfodil einmal mehr gezeigt, dass er ein Spieler ist, der in diesem Kader viel öfter einen Startelf-Einsatz verdient gehabt hätte. Am Ende hilft es nicht sich an vergebenen Chancen gegen Bielefeld und Mainz festzubeißen, aber wer weiß, was ein Ishak Belfodil, dem man mehr Vertrauen geschenkt hätte, hätte ausrichten können.
Maximilian Mittelstädt: Viel Einsatz, wenig Ertrag
Es tat gut, einen fitten und motivierten Maximilian Mittelstädt mal wieder von Anfang an spielen zu sehen. Er wurde zwar nach 65 Minuten für Fredrik-André Björkan ausgewechselt, doch er bemühte sich über die gesamte Zeit der Partie seinen Stempel aufzudrücken. Dortmunds Emre Can machte ihm als direkter Gegenspieler allerdings auch das Leben schwer. Immer wieder kam es zu Zweikämpfen, aber immerhin ging – Vorsicht Floskel – Mittelstädt immer dahin, wo es wehtut.
Insgesamt hatte der Ex-Juniorenspieler 35 Aktionen, konnte zwölf seiner 18 Pässe positiv gestalten und gewann zusätzlich 67 Prozent seiner Zweikämpfe. Maximilian Mittelstädt wurde in seiner Karriere meistens als Linksverteidiger eingesetzt, immer wieder waren die Kritikpunkte, dass er defensiv zu viele Defizite habe, die verhindern würden, ihn als einen guten Verteidiger zu bezeichnen. Als Schienenspieler war und ist Mittelstädt immer eine Alternative, doch an beiden Enden fehlt leider eine Menge. Denn auch offensiv hat er Defizite, beispielsweise eine zu geringe Durchsetzungskraft und zu wenig Torgefahr.
Doch im Zusammenspiel mit der restlichen Offensive kann er durchaus noch zu einer interessanten und wichtigen Konstante werden. Und sei es nur als Einwechselspieler, wie gegen Stuttgart, wenn er als einer der wenigen fitten Spieler auf dem Platz noch mit einer Torvorlage glänzen kann.
Santiago Ascacibar: Dämliche gelbe Karte
Santiago Ascacibar war in dieser Saison extrem wichtig für die Hertha, ein Lautsprecher auf dem Feld, immer mit großem Einsatz und jemand, der für Kampf und Leidenschaft stand. Dass er ein Hitzkopf ist und auch gerne mal etwas härter auspackt, weiß man. Oftmals spielt er an der Grenze der Legalität und doch war es auch sein Verdienst, dass Dortmund fast die gesamte erste Halbzeit keine Chancen kreieren konnte.
Auch als Ballverteiler schafft es der Argentinier sich in seinen 88 Minuten Spielzeit in Szene zu setzen. 65 Prozent seiner 18 Pässe fanden die Mitspieler, leider gewann er nur zwei seiner sieben Zweikämpfe, zog zwei Fouls und war unglücklicher Part des Handspiels von Marvin Plattenhardt, welches zum Elfmeter für Borussia Dortmund in der 68. Minute führte, als der Ball von seinem angelegten Arm an den ausgestreckten Arm seines Mitspielers prallte. Ansonsten zog Ascacibar zwei Fouls, grätschte, tackelte und klärte zweimal den Ball in der Defensive.
Unrühmlicher Höhepunkt war seine unnötige gelbe Karte vor dem Elfmeter der Dortmunder, als er Schiedsrichter Tobias Stieler zum wiederholten Male zu sehr auf die Pelle rückte, um die VAR-Bilder sehen zu können. Eine dämliche Aktion, die der Schiedsrichter mit der gelben Karte bestrafte. Die fünfte gelbe Karte der Saison, weshalb Ascacibar äußerst unnötig im Hinspiel gegen den HSV fehlen wird.
Kevin Prince Boateng und Stevan Jovetic: Die individuelle Klasse wird für Hertha wichtig sein
Kevin-Prince Boateng und Stevan Jovetic sind Spieler, die eine Mannschaft auf ein anderes Niveau heben können und dem Spiel eine gehörige Portion Struktur und Torgefahr einimpfen können. Doch dafür müssen sie auch fit sein und ihre Leistung länger als nur über ein paar Minuten abrufen können. Beide kamen erst nach 88 Minuten ins Spiel.
Boateng wurde, nachdem er in den letzten Wochen Lenker und Denker im Mittelfeld war, aber gegen Mainz auch leistungstechnisch abtauchte, mit der Bank bedacht. Einerseits wirkte er nach den vielen Einsätzen in letzter Zeit müde und überspielt, andererseits könnte Magath bereits die Relegation im Hinterkopf gehabt haben und wollte ihn dafür ein wenig schonen. Selbst wenn er nur clevere Fouls zieht, denn mehr konnte Boateng gegen Dortmund letztendlich auch nicht ausrichten, hat er einen gewissen Einfluss auf die Mannschaft. Die Hoffnung ist groß, dass er gegen den HSV, einen Gegner, der etwa auf Augenhöhe mit Hertha BSC ist, wieder die kreativen und denkenden Zügel in der Hand hat.
Im Gegensatz zu Boateng erspielte sich Stevan Jovetic sogar noch eine Torchance. Sein Torschuss aus halblinker Position ans Außennetz in der zweiten Minute der Nachspielzeit sorgte zwar für ein Aufhorchen, konnte im Endeffekt aber nichts mehr am Spielende ändern. Stevan Jovetic ist mit sechs Treffern Herthas bester Torschütze in dieser Bundesliga-Saison. Es wären mehr möglich gewesen, doch der Montenegriner hatte viel zu viel mit seinem Körper zu tun. Wenn er gegen den HSV fit sein sollte und mehr als eine halbe Stunde Spielzeit bekommen würde, kann er zu einer enormen Waffe werden. Doch auch die psychische Komponente könnte bei ihm spannend werden. Leider hat man im Laufe der Saison zu oft sehen müssen, wie schnell er in Frustration abrutscht, wenn seine Offensivaktionen nicht fruchten.
Dedryck Boyata und Marc Oliver Kempf: Kommunikativ und guter Abwehrverbund
Die Innenverteidigung hat sich mittlerweile gefunden. Die wohl allergrößte Baustelle unter vielen Baustellen dieser Saison konnte also spät zumindest provisorisch geschlossen werden. Beide agierten wieder über 90 Minuten in Dortmund und waren bei Leibe nicht für die Niederlage verantwortlich.
Dedryck Boyata klärte zehn Bälle aus dem Strafraum und machte es den Dortmundern wahnsinnig schwer Chancen zu kreieren. Es war spannend zu sehen, wie der BVB sich praktisch in Handball-Manier um den Strafraum herumspielen müsste, aber keine Lücke fand, weil die Abwehr um Boyata hervorragend im Verbund mauerte. Der Belgier spielte eines seiner besseren Spiele für die Hertha. Er gewann all seine Zweikämpfe, brachte 16 seiner 19 Bälle bei seinen Mitspielern unter, auch wenn das natürlich viele Sicherheitsbälle waren, da das Offensivspiel der Hertha zugegebenermaßen jetzt nicht gerade glühte.
Zwei Tacklings, einen weiteren Schuss geblockt und vor allem Erling Haaland das Leben in seinem letzten Spiel für Borussia Dortmund das Leben schwer gemacht. Kein schlechter Auftritt vom Kapitän, der auch kommunikativ dazugelernt zu haben scheint. Zumindest war er kommunikativer und motivierender als in den meisten seiner Spiele. Gut so, denn ein Kapitän, der dieses Amtes würdig ist, wird gegen den HSV in der Relegation dringend gebraucht.
Marc Oliver Kempf war wie immer wach und agil, verzichtete aber – wie schon gegen Mainz – auf wilde Harakiri-Aktionen. Er spielte zwar gewohnt körperbetont, doch auch er wagte es nicht, dem disziplinierten Abwehrverbund mit einer unnötigen Aktion Schaden zuzufügen. Er spielte für seine Verhältnisse gar besonnen. In seinem Spiel kam er in acht Zweikämpfe. Immerhin gewann er fünf davon. Er konnte zusätzlich einen Schuss blocken und klärte drei Aktionen. Zusätzlich fing er zwei Bälle von den Dortmundern ab.
Auch im Aufbauspiel schaltete sicher der Innenverteidiger ein und brachte mit 75 Prozent gelungener Pässe eine gute Quote zustande. Insgesamt war er an 26 Aktionen beteiligt. Klarer Wehrmutstropfen war allerdings sein praktisch nicht vorhandenes Zweikampfverhalten in der 84. Minute, als er dem flinken und einschießenden Youssoufa Moukoko zu viel Platz ließ. Trotz allem ein sehr disziplinierter Auftritt von Kempf, an dem es gegen den HSV anzuknüpfen gilt.
Marcel Lotka und Davie Selke: Verletzungen zur Unzeit
Davie Selke verletzte sich unter der Woche im Training. Zunächst hieß es, dass seine muskulären Probleme auskuriert seien und man mit ihm in Dortmund planen würde, kurz vor dem Spiel war allerdings klar, dass der Ex-Bremer nicht zur Verfügung stehen würde. Was das für die Relegation bedeutet, ist noch nicht klar. Möglicherweise wollte Magath auch hier auf Nummer sicher gehen und ihn für die wichtigen Spiele schonen. Ein fitter Davie Selke wäre in solchen emotionsgeladenen Spielen immens wichtig. Auch wenn Ishak Belfodil spielerisch der bessere Spieler ist, beweist Selke eine Arbeitsmoral, die ihres Gleichen sucht. Und bekanntlich besitzt auch er eine Gabe, nämlich das Spielen mit der Psyche der Gegner. Hoffen wir, dass er bis Donnerstag fit wird.
Marcel Lotka krachte in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit ziemlich fies im Flug mit dem Gesicht mit dem Pfosten zusammen. Nach einer Behandlungspause ging es weiter für den Torhüter. Nach dem Spiel wurde berichtet, dass sich der junge Keeper einen Nasenbeinbruch und eine Gehirnerschütterung zugezogen hatte. Eine Hiobsbotschaft zur Unzeit. Die erste Frage ist natürlich, warum er überhaupt weiterspielen durfte. Der Umgang mit Kopfverletzungen im Fußball ist bekanntlich extrem bedenklich, auch hier wäre Fingerspitzengefühl dringend notwendig gewesen. Auf der Bank machte sich bereits Ersatztorwart Oliver Christensen bereit.
Nun stellt sich auch die Frage, ob Lotka am Donnerstag einsatzbereit ist. Wie schwer sind die Verletzungen, wie hoch ist das Risiko einen Torhüter mit gebrochener Nase und einer Maske im Gesicht spielen zu lassen? Er ist ein extrem wichtiger Mann für die Hertha. Motiviert, baut auf und kommandiert und hat eine Ausstrahlung, die man in der aktuellen Situation dringend benötigt. Es passt leider in das gesamte Bild der Hertha-Saison, dass solch eine Verletzung ausgerechnet jetzt die Pläne durchkreuzt.
Nachsitzen gegen den HSV – Noch hat Hertha es in der eigenen Hand
Nach 34 Spieltagen muss man klar konstatieren, dass die Hertha sich über das Jahr hinweg nicht als bundesligataugliche Mannschaft präsentiert hat. Nicht nur auf, sondern auch neben dem Platz. Über die Gründe wird gesprochen und geschrieben werden. Auch wenn die Mannschaft mehrere Matchbälle hatte und extrem viele Momente durchlebt hatte, die für eine direkte Rettung gereicht hätten, steht die Mannschaft im Endeffekt verdient auf dem 16. Rang. Die zweitschlechteste Verteidigung, der drittschlechteste Sturm, ein Torverhältnis von 37:71, 19 Niederlagen und regelmäßige Offenbarungseide, sprechen eine deutliche Sprache und lassen keinen anderen Schluss zu.
Dass es am Ende noch zu so einem Abstiegsshowdown und Fernduell gegen den VfB Stuttgart – der wohlgemerkt ebenso wenig verdient die Klasse gehalten hat – kommen würde, ist einzig und allein der einzigen richtigen Entscheidung Fredi Bobics in dieser Saison zu verdanken. Die Einstellung von Felix Magath und Mark Fotheringham war der letzte Strohhalm und er hat einigermaßen gewirkt. Die Relegation gegen den Hamburger SV wird dramatisch werden, sie wird sich einbrennen in die Köpfe aller Beteiligten und aller Fans. Jeder hat noch die Bilder von 2012 vor Augen. Egal wie die Relegation ausgehen wird, es wird sich vieles verändern rund um Hertha BSC. Man hat es in der eigenen Hand den Mega-Crash zu verhindern. Der 1. FC Köln hat in dieser Saison gezeigt, wie man ein Relegationsdrama in positive Energie umwandeln kann und sich ein Jahr später für einen Europa-Cup qualifiziert.
Gegen den HSV könnte es in alle Richtungen gehen, da Felix Magath bereits seit Wochen über dieses Ereignis spricht, kann man immerhin davon ausgehen, dass die Mannschaft auf den Gegner vorbereitet sein wird. Zusätzlich schwört sich das Team im Trainingslager ein. Es ist angerichtet, etwas Wichtiges zu schaffen. Es sind die wohl wichtigsten Spiele der letzten zehn Jahre. Seit dem Aufstieg 2013 war die Hertha nicht mehr so einer großen Druck-Situation ausgesetzt. Es ist höchstens noch vergleichbar mit der Situation vor einem Jahr. Damals konnten Pal Dardai, Admir Hamzagic und Zecke die Mannschaft praktisch auf ein Turnier einstellen. Es ist ihnen gelungen. Hoffen wir nun, dass es das Team noch einmal annimmt. Doch egal was geschieht, nach drei Jahren freiem Fall darf es bei Hertha kein „Weiter so“ geben. Es muss schonungslos analysiert und gehandelt werden.
Ein fast ausverkauftes Olympiastadion. Prächtige Sonnenuntergangsatmosphäre, ein Spiel und Ziel wie gemalt für einen großen Abend, der Fans, Spieler und Stadt miteinander hätte verschmelzen lassen können. Es sollte nicht dazu kommen. Gegen den 1. FSV Mainz 05 verliert Hertha BSC letztendlich verdient mit 1:2. Ein Spiel, welches fast schon wieder ein Spiegelbild der gesamten Saison war.
Hertha wieder im 4-2-3-1, aber ungewöhnlich besetzt
Im üblichen 4-2-3-1 stellte Felix Magath das Team zum wiederholten Male auf. Aufgrund des Ausfalls des nicht mehr für die Partie rechtzeitig fit gewordenen Marvin Plattenhardts, stellte Felix Magath Marton Dardai als Linksverteidiger auf. Ein zunächst undefinierbarer Faktor, schließlich hatte das Innenverteidigertalent bisher nicht auf dieser Position gespielt und war wie so viele im Hertha-Team positionsfremd. Weshalb Maximilian Mittelstädt zum wiederholten Male nicht starten durfte, muss hinterfragt werden.
Im Tor stand wieder einmal Marcel Lotka, ansonsten sollte auch der Rest der Verteidigung bestehen bleiben. Auf rechts Peter Pekarik, in der Innenverteidigung Kapitän Dedryck Boyata und Marc Oliver Kempf. Vor der Verteidigung agierten auf der Doppelsechs Santiago Ascacibar und Lucas Tousart. Kevin-Prince Boateng war wie in den letzten Partien im offensiven Mittelfeld zu finden, im Sturm Davie Selke. Auf der rechten Seite des Mittelfelds musste der erkältete Marco Richter ersetzt werden. Vladimir Darida sollte dies tun. Der Tscheche wurde also wie Suat Serdar wie so häufig positionsfremd eingesetzt.
In unserer heutigen Analyse schauen wie auf die verschiedenen positionsfremden Spieler, die hervorragend die katastrophale Kaderplanung dokumentieren. Auf einen kämpfenden Innenverteidiger, die Stürmer und eine schwer zu greifende Art von Hoffnung auf den Klassenerhalt.
Marton Dardai, Vladimir Darida, Suat Serdar: Verschenkt auf ihren Positionen
Alle drei Spieler sind auf ihren heimischen Positionen hervorragende Fußballer, die jedes Team bereichern können. Marton Dardai war als Linksverteidiger allerdings ein weiteres interessantes Positionsexperiment, welches sich ein Hertha-Trainer in dieser Saison wagte. Weil Marvin Plattenhardt aufgrund seiner muskulären Probleme nicht rechtzeitig fit wurde, sollte Dardai in die Bresche springen. Wieder einmal verzichtete Magath auf Mittelstädt als Linksverteidiger, den er erst nach über einer Stunde für Suat Serdar als linken Mittelfeldspieler einwechselte.
Bevor Marton Dardai angeschlagen ausgewechselt werden musste, spielte das Hertha-Talent immerhin 78 Minuten. Und er machte seine Arbeit in ungewohnter Rolle auch gar nicht schlecht. In der Defensive half er mit drei geklärten Aktionen, wagte vier Tacklings, fing zwei weitere Bälle gegen die Mainzer ab. Sechs seiner acht Zweikämpfe gewann er. 75 Prozent sind für einen Außenverteidiger eine sehr gute Quote. 64 Prozent, also 14 von 22 Pässen kamen beim Mitspieler an. Beim Gegentreffer zum 0:1 in der 25. Minute war er zu offensiv ausgerichtet, konnte keinen Druck mehr auf Silvan Widmer ausüben, dessen Hereingabe zum Schuss wurde und den schwer patzenden Marcel Lotka bezwang. Er zeigt sobald er spielt sein Talent, doch seine Qualität kann Dardai vor allem in der zentralen Defensive ausschöpfen. Aufgrund seiner Stärken am Ball wäre er sogar eine Option für das defensive Mittelfeld, aber auf den Außen ist der Mann einfach verschenkt.
Selbiges gilt für Vladimir Darida und Suat Serdar, die seit Beginn der Saison unter allen Trainern in vielen Spielen positionsfremd agieren mussten. Mit Peter Pekarik stand letztendlich ein einziger gelernter Flügelspieler auf dem Feld. Noch dazu ein alternder, der kaum Dynamik ins Spiel bringen kann. Ein kapitaler Fehler Fredi Bobics in der Kaderplanung.
Beide bemühten sich wie immer um gute Einflüsse ins Spiel der Hertha. Darida verteilte viele Bälle, immerhin kamen 27 seiner 35 Pässe an. Allerdings ist seine Zweikampfquote von 44 Prozent ausbaufähig. Offensivpower konnte er praktisch keine aufbauen. Er war an keiner Torchance beteiligt. Konter über ihn verpufften aufgrund seines geringen Tempos und fehlenden Technik.
Ähnliches muss man über Suat Serdar sagen, der ehe er in der 67. Minute Maximilian Mittelstädt weichen musste, ziemlich blass blieb. Auch er gewann nur 40 Prozent seiner Zweikämpfe. Immerhin kamen neun seiner zwölf Pässe an, doch auch ihm gelang es kaum Szenen in der Offensive zu kreieren, daran änderte auch sein Schlenzer in der 30. Minute nichts.
Marc Oliver Kempf: Der Kampf und die Leidenschaft sind da – aber reicht das?
Marc Oliver Kempf durfte wieder über die vollen 90 Minuten spielen, ehe er kaputt und leer auf dem Rasen des Berliner Olympiastadions zusammensackte. Es liegt natürlich vor allem an seinem körperbetonten und extrem risikoreichen Spiel, aber oftmals wirkt er wie der einzige Spieler auf dem Platz, der sich wirklich mit der kompletten Härte und Leidenschaft gegen eine Niederlage zu stemmen scheint.
Auch seine Zahlen sprechen zum Teil für ihn. Er konnte sechs Aktionen der Mainzer klären, fing weitere sechs Bälle ab. Achtmal ging er als Sieger aus Zweikämpfen. Damit gewann er 80 Prozent dieser, was für einen Innenverteidiger eine starke Quote ist. 22 seiner 31 Pässe fanden den Mitspieler. Doch trotz seiner 71 Prozent Passquote musste er auch zwölf Ballverluste hinnehmen, die sich gegen die Mainzer glücklicherweise nicht rächten.
Er scheint einer der wenigen zu sein, die mit freiem Kopf spielen. Die Frage ist, ob das im nächsten Spiel gegen eine wesentlich stärkere Dortmunder Offensive reicht?
Davie Selke, Ishak Belfodil, Luca Wollschläger: Zu viel Arbeit für das bisschen Ertrag
Herthas Offensivbemühungen gegen die 05er waren über Strecken sicherlich vorhanden, aber alles andere als wirklich torgefährlich. Wie schon über die gesamte Saison muss der Zufall beim Kreieren von Chancen ordentlich mithelfen. Und möglicherweise würden die Torchancen von eiskalten Stürmern auch ausgenutzt.
Doch die 5. Spielminute sprach Bände. Nachdem Davie Selke in aussichtsreicher Position vor dem Strafraum den Ball von Kevin-Prince Boateng bekam, hätte er sich durchaus noch ein paar Meter vorspielen können. Doch sein vollkommen überhasteter und letztendlich auch qualitativ schwach geschossener Ball rauschte deutlich am Tor vorbei. Es hätte die Eröffnung eines großartigen Fußballspiels werden können. Natürlich, das was Selke gut kann, kann man ihm nicht absprechen. Er reibt sich auf, ackert, nervt Gegenspieler und Schiedsrichter. Ihm gelang es zumindest Ansatzweise für Torgefahr zu sorgen, doch genau das ist die Aufgabe eines Stürmers und es sollte nicht zu Staunen führen. Doch leider tut es das in diesem Jahr bei Hertha BSC.
Er gewann 41 Prozent seiner Zweikämpfe, zog sechs Fouls, verlor zusätzlich elf Mal den Ball. Auch ein Davie Selke hatte schon für bessere Zahlen gesorgt. Immerhin konnte er sein Torekonto auf vier erhöhen. Den Elfmeter zum Ausgleich in der letzten Sekunde der ersten Halbzeit verwandelte er eiskalt. Doch auch dieses Tor konnten die Berliner nicht für eine Initialzündung oder einen Weckruf für die 2. Halbzeit nutzen. Selke ist sicherlich nicht schuld an dieser Saison, er hängt sich rein wo es nur geht, aber er ist eben auch ein Symptom dieser schwachen Mannschaft. Es ist im Endeffekt bezeichnend für Selke, dass sein Tor in der 89. Minute wegen eines unnötigen Stoßes gegen Aaron aberkannt wurde. Eine extrem harte, aber wahrscheinlich richtige Entscheidung.
Ishak Belfodil und Luca Wollschläger durften ab der 67. Minute bzw 88. Minute ebenfalls noch mitwirken. Während dem Algerier rein gar nichts Zählbares gelingen sollte, konnte der Jungspund in der 89. Minute mit einem Pfostenschuss aufhorchen lassen. Nachdem er sich in Bielefeld nicht traute zu schießen, tat er es gegen die Mainzer. Es war die richtige Entscheidung, Robin Zentner im Tor hätte keine Chance gehabt, doch bekanntlich ist das Glück des Tüchtigen. Vielleicht klappt es ja beim nächsten Versuch.
Die Hoffnung war wieder da und ist es immer noch – Zurecht?
Hertha BSC galt für viele Fans nach der Entlassung von Tayfun Korkut als sicherer Absteiger. Zu schwach, zu tief im Schlamassel, zu wenig Team. Die Hoffnung auf eine Rettung war sehr gering. Und spätestens nach dem schrecklichen Debakel im Derby wollte man sich von allen Hoffnungen auf den Klassenverbleib verabschieden. Doch Felix Magath und Mark Fotheringham haben dem Team Leben eingehaucht. Sie haben die Mannschaft auf ihre geringsten Stärken reduziert, die mit einfachem Fußball Punkt um Punkt sammeln sollte.
Seit dem Derby konnten sieben von neun möglichen Punkten gegen direkte Abstiegskonkurrenten gesammelt werden. Hertha gelang es die Schlüsselspiele fast einwandfrei zu bestreiten. Den Fans wurde lange nicht mehr so große Hoffnung gemacht. In Bielefeld wurde in den letzten Minuten der Sieg aus den Händen gegeben, gegen Mainz schaffte man über die volle Spielzeit nicht einmal in die Nähe des Siegtreffers zu kommen. Auch auf die Schützenhilfe des eigentlich übermächtigen FC Bayern Münchens kann man sich dieser Tage nicht mehr verlassen. Die starke Punkteausbeute aus den letzten Spielen täuscht im Endeffekt nur darüber hinweg, was für eine schwache Saison die Berliner spielen, was die Tabellensituation aber hervorragend zeigt.
Das Spiel gegen Mainz war eigentlich perfekt dafür angerichtet, mit einem einzigen Punkt die Klasse zu halten. Ein fast ausverkauftes Olympiastadion. Dass es auch durch Freikarten dazu kam, geschenkt. Es hätte ein großer Abend werden können, an dem auch Leute, die eben wegen Freikarten ins Stadion gekommen waren, zu echten Fans hätten werden und zukünftig regelmäßig die Mannschaft unterstützen können. So schaffte es die Hertha den Druck nicht stand zu halten und lag nach einer schwachen, nicht bundesligatauglichen Leistung auf dem Rasen.
Auch wenn nach der Niederlage gegen den 1. FSV Mainz 05 Ernüchterung herrscht, hat Hertha BSC alles in der eigenen Hand. Gegen Borussia Dortmund am letzten Spieltag würde ein Punkt für die definitive Rettung reichen. Der VfB Stuttgart muss gegen den 1. FC Köln gewinnen um noch die Chance zu wahren, vom Relegationsplatz zu springen. Felix Magath hatte unter der Woche und auch nach dem Spiel gegen Mainz gesagt, dass er seit Wochen mit einem Relegations-Duell gegen den HSV plane und sich diesbezüglich jetzt sogar darauf vorbereiten würde. Sollte es zu dieser Konstellation kommen, müsste man sich als Herthaner wohl dankbar zeigen, dass man die Chance hat, über zwei weitere Spiele den Abstieg zu verhindern.
Hertha BSC spielt in Bielefeld 1:1. Und man muss angesichts der schwachen Bielefelder Offensive von „nur“ 1:1 sprechen. Die Berliner haben mit dem Remis in Ostwestfalen ihren ersten Matchball im Kampf um den Klassenerhalt vergeben. Doch die Chancen nächstes Jahr in der Bundesliga zu spielen, stehen weiterhin gut, weshalb nach dem Spiel absolut keine Trübsal geblasen, sondern die kämpferische Ausstrahlung der letzten Wochen weiterhin nach außen gezeigt wurde.
Auf der Bielefelder Alm hielt Felix Magath so gut es ging an seiner Startelf fest, die sich mittlerweile festgespielt hat. Im Tor Marcel Lotka, die Viererkette bestehend aus Marvin Plattenhardt, Dedryck Boyata, Marc Oliver Kempf und Peter Pekarik und die davor spielende Doppelsechs um Lucas Tousart und Santiago Ascacibar. Kevin Prince Boateng durfte wieder die Zügel im offensiven Mittelfeld halten, auf der linken Seite agierte Suat Serdar und auf der rechten Seite kam es zum einzigen Wechsel in der Startelf. Marco Richter ersetzte den gelbgesperrten Vladimir Darida, nachdem er selbst seine Gelbsperre abgesessen hatte. Vorne im Sturm vertraute Magath auf die Stärken von Davie Selke.
In unserer heutigen Analyse schauen wir auf die Garanten im Abstiegskampf, eine Hertha-Legende und Magaths gefährlichen Ritt auf der Rasierklinge.
Marvin Plattenhardt und Lucas Tousart: Die einfachen Tugenden müssen es sein
Marvin Plattenhardt und Lucas Tousart zeigen seit Wochen worauf es im Abstiegskampf ankommt. Nicht auf das schöne Spiel, sondern auf das geringste Spiel. Es geht um Einsatzwillen, um kluge Entscheidungen und im Endeffekt auch ganz nüchtern um Standardsituationen. Zusammen waren sie gegen Bielefeld das Duo, welches für den wichtigen Berliner Führungstreffer zuständig war.
Marvin Plattenhardt durfte wie üblich als Linksverteidiger agieren und dabei fast schon als Schienenspieler fungieren, während der auf dem Papier als linker Mittelfeldspieler eingesetzte Suat Serdar immer wieder in die Mitte zog. Gegen Bielefeld reichte über 71 Minuten eine durchschnittliche Leistung, um für Gefahr zu sorgen. Zunächst hätte es in der 23. Minute zur selben Kombination wie schon gegen Stuttgart kommen können. Die hervorragende Flanke Plattenhardts konnte Selke allerdings nicht verwerten. Seinen Kopfball aus kürzester Distanz hielt Torhüter Stefan Ortega stark per Fußabwehr.
Plattenhardt war an 48 Aktionen beteiligt, bemühte sich, gewann zwei seiner vier Zweikämpfe. Sein Aufblühen in den letzten Wochen liegt natürlich vor allem daran, dass er an seinen Stärken aus früheren Tagen anknüpft. Aktuell scheinen seine Leistungen für den Klassenerhalt am Ende zu reichen, doch muss man anmerken, dass die letzten Spiele vor allem gegen individuell schwächere Gegner absolviert wurden. Es wird spannend zu sehen sein, wie sich das Spiel Plattenhardts gegen das scheinbar wiedererstarkte Mainz 05 entfaltet. Aber bekanntlich reicht manchmal schon nur eine gelungene Flanke.
Lucas Tousart war nach 55 Minuten der Nutznießer einer eben solchen gelungenen Flanke. Die Ecke von Marvin Plattenhardt konnte er aus wenigen Metern Entfernung einnicken, nachdem er sich im Strafraum von Patrick Wimmers Deckung befreien konnte. Der Franzose, der die komplette Spielzeit über auf dem Feld ackern durfte, lief wieder einmal seine obligatorischen zwölf km.
Er war 57 Mal am Ball, verteilte diesen so gut es ging. 73 Prozent, also 22 seiner 30 Pässe fanden den richtigen Mitspieler. Eine durchaus vernünftige Quote, die ihn als ballverteilenden Akteur bezeichnen lässt. Wie schon gegen Stuttgart war seine Zweikampfquote nicht die beste. Nur 48 Prozent gewann er – es waren aber meist die entscheidenden. Zweimal zog er ein Foul, auch er selbst wurde zweimal unfair vom Ball getrennt. Er kämpfte und arbeitete, ging gegen seine Gegenspieler dreimal ins Tackling und zeigte seine Motivation, im Abstiegskampf zu helfen. Da scheint jemand in Berlin und im Team angekommen zu sein.
Peter Pekarik: Dauerbrenner und Mr. Hertha BSC
Peter Pekarik spielt mittlerweile seit 10 Jahren in Berlin. Der Slowake gilt als Hertha-Legende. Inklusive des einen Jahres, welches er damals noch in der 2. Bundesliga für die „Alte Dame“ absolvierte, war der Auftritt gegen Arminia Bielefeld sein 200. Liga-Einsatz für Hertha BSC. Wettbewerbsübergreifend kommt er sogar auf 217 Spiele für die Blau-Weißen. Auch am Samstag lief er über 90 Minuten die rechte Seite hoch und runter. Es war bereits sein 25. Einsatz in dieser Saison.
In der Rückrunde hatte er nur am 19. Spieltag gegen den VfL Wolfsburg auf Grund einer Corona-Infektion gefehlt. Seitdem Felix Magath an der Seitenlinie das sagen hat, spielte der Rechtsverteidiger alle Spiele durch. Erstaunlich für einen 35 jährigen. Es ist natürlich auch ein riesen Großer Mangel im Kader der Hertha, dass man uneingeschränkt auf die Leistungen Pekariks angewiesen ist, doch der zeigt eben jene auch mit seiner üblichen Verlässlichkeit.
Zwar hat er mit dem Alter deutlich an Schnelligkeit eingebüßt, ist weniger wendig, tut sich oftmals im direkten Duell schwer, doch auch auf der Alm lief er stolze 11,5 km. Er gewann vier seiner neun Zweikämpfe, brachte 67 Prozent, also 22 von 33 Pässen an den Mann und behielt nach 24 Minuten die Übersicht, als er Davie Selke in Szene setzte, dessen Flachschuss auf das rechte Toreck aber von Ortega gehalten wurde.
Das Gegentor in der ersten Minute der Nachspielzeit muss aber auch er sich ankreiden lassen. Seine Zweikampfhaltung war in dieser Situation viel zu passiv. Die Folge war, dass ihm Joakim Nilsson entlief, der die Flanke von Robin Hack sehenswert einköpfte. Generell stand dieses Duell unter keinem guten Stern für Pekarik. Nach 58 Minuten hatte er Glück, dass Schiedsrichter Deniz Aytekin den Kontakt Pekariks an Nilssons Ferse nach VAR-Eingriff nicht als Foul wertete. Es wäre allerdings auch eine sehr harte, aber eben nicht falsche Entscheidung gewesen.
Fredrik André Bjørkanund Maximilian Mittelstädt: Zu kompliziert
Fredrik André Bjørkan und Maximilian Mittelstädt haben gegen Arminia Bielefeld praktisch mit ihren eigenen Aktionen gezeigt, weshalb es aktuell richtig ist, dass Felix Magath auf Marvin Plattenhardt setzt.
Bjørkan kam nach 71 Minuten für eben jenen Plattenhardt. Sein Auftritt war solide, mehr aber auch nicht. Die Bielefelder machten es ihm eigentlich nicht schwer, doch einfaches zustellen, ließ den Norweger schnell ins Schwitzen kommen. Immerhin gewann er zwei seiner vier Zweikämpfe und konnte elf von dreizehn Pässen an den Mann bringen. Doch der Großteil der Pässe waren eher sichere Bälle über wenige Meter.
In der Defensive fing er immerhin noch drei Bälle ab. Gerade in der Offensive gelang ihm allerdings einfach zu wenig. Er brachte zu wenig Tempo ins Spiel, agierte zu kompliziert, traute sich im eins gegen eins zu wenig und schien zu viel nachzudenken. Immer wieder konnte er sich auf der linken Seite durchsetzen, brach dann allerdings seine Aktion ab oder brauchte zu lange den Anspielpartner zu finden. Sein Auftritt verpuffte letztendlich wirkungslos.
Maximilian Mittelstädt kam erst nach 85 Minuten für Suat Serdar ins Spiel. Felix Magath sieht Mittelstädt weniger auf der linken Seite in der Verteidigung, sondern mehr eine Position weiter vorne. Doch leider zeigte Mittelstädt in den wenigen Einsatzminuten, warum er die meiste Zeit seiner Karriere eher hinten eingesetzt wird.
Die offensive Routine fehlte ihm bei der riesigen Möglichkeit in der 88. Minute zusammen mit Luca Wollschläger. Auch sein Eckball kurz vor Schluss war ein schwacher Versuch nochmal in der Offensive etwas auszurichten. Mittelstädt ist in dieser Saison klar zum Führungsspieler herangewachsen und hat persönlich und spielerisch einen großen Schub gemacht, doch im Abstiegskampf geht es letztendlich um andere spielerische Aspekte, die ihm aktuell einen Stammplatz und Einsatzminuten kosten.
Luca Wollschläger vs. Ishak Belfodil: Magaths gefährlicher Tanz auf der Rasierklinge
Felix Magath ist dafür bekannt bei seinen Stationen immer wieder jungen Spielern Chancen zu geben. Gegen Leverkusen durfte Marten Winkler Einsatzminuten sammeln, im Derby gegen Union Berlin feierte Julian Eitschberger sein Profidebüt in der Verteidigung, Anton Kade kam unter dem neuen Trainergespann auch schon dreimal zum Einsatz. Gegen Bielefeld kam ein weiterer Jungspund zu seinem Profidebüt. Der 19-jährige Stürmer Luca Wollschläger, der gegen den VfB Stuttgart in der letzten Woche bereits auf der Bank saß, bekam auf der Alm seine ersten zwölf Bundesligaminuten
Und er zeigte sich engagiert, lief viel, machte Bälle fest und ließ ohne Zweifel sein enormes Potential aufhorchen. Als Wollschläger in der 78. Minute für Davie Selke eingewechselt wurde und zuvor mit Niklas Stark, Fredrik André Bjørkan und Linus Gechter drei defensive Spieler bereits aufs Feld kamen, war die Devise relativ klar. Die knappe 1:0-Führung sollte über die Zeit gebracht werden. Um auf die letzten Minuten noch ein wenig Schwung in den Sturm zu bringen, setzte Magath auf das Talent Wollschlägers.
In der 88. Minute hätte Wollschläger dieses Vertrauen direkt mit einem Tor zurückzahlen und seinem Trainer mit dieser risikoreichen Entscheidung Recht geben können. Die riesige Möglichkeit zum 2:0 vergaben er und Maximilian Mittelstädt relativ kläglich. Vermutlich wäre ein Schuss aufs Tor direkt durch Wollschläger die richtige Entscheidung gewesen. So kam es wie es kommen musste. Wenige Minuten später erkämpfte sich Bielefeld den späten Ausgleich.
Die Kritik soll dabei keinesfalls an Luca Wollschläger und Maximilian Mittelstädt gehen. Eher an Felix Magath. Warum wird in einem solchen Spiel auf einen 19-jährigen Debütanten gesetzt und nicht auf einen erfahrenen Stürmer wie Ishak Belfodil, der über das gesamte Spiel nur auf der Bank saß? Wenn Belfodil nicht in Magaths System passt oder er ihm möglicherweise charakterliche Defizite unterstellt, warum ist er dann im Kader? Wie gesagt, wenn Wollschläger trifft, ist Magath der gefeierte Jugendförderer, so hat er sich leider verzockt. Der Treffer wäre wahrscheinlich der wichtigste der Saison gewesen.
Konzentration und Party gegen Mainz
Die Hertha hat den Matchball vergeben, allerdings wäre man auch bei einem Sieg auf Grund des Remis des VfB Stuttgarts gegen den VfL Wolfsburg nicht gänzlich gerettet gewesen. Die Situation im Abstiegskampf hat sich für die Berliner keinesfalls verschlechtert, sie ist genau gleich geblieben. Gegen den FSV Mainz 05 kann die Mannschaft aus eigener Kraft den Klassenerhalt feiern. Der VfB Stuttgart muss am folgenden Tag beim FC Bayern München antreten. Sollten die Bayern nach ihrem Meistertitel und der Niederlage in Mainz das Spiel ernst nehmen, dürfte dem Klassenerhalt am nächsten Wochenende nichts mehr im Wege stehen.
Doch schöner, als auf der Couch in der Liga zu bleiben, wäre eine bundesligataugliche Leistung im 18:30-Uhr-Spiel am Samstag. Das Spiel gegen die Mainzer wird enorme Konzentration und höchste Disziplin erfordern. Im entscheidenden Spiel der Saison brauch es keine personellen oder taktischen Experimente, die Leitlinie der letzten Wochen sollte nicht verlassen werden. Ein gut gefülltes und lautes Olympiastadion wird wie gegen den VfB Stuttgart entscheidend beim Klassenerhalt mithelfen. Es ist alles angerichtet. Ein Sieg gegen Mainz und einer großen Party und der endgültigen Versöhnung mit den Fans steht nichts mehr im Wege.
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