Peter Pekarík – eine Insel von Konstanz bei Hertha BSC

Peter Pekarík – eine Insel von Konstanz bei Hertha BSC

Torhüter, instabile Innenverteidiger-Duos oder formschwache Offensivkräfte: Hertha BSC hatte in der laufenden Saison schon viele verschiedene Problemzonen. Die Position des Rechtsverteidigers gehörte bisher nicht dazu. Das hat vor allem mit Peter Pekarík zu tun.

Eigentlich war er ja nur noch als Back-Up und Übergangslösung eingeplant. Einen neuen Einjahresvertrag hatte Peter Pekarík im letzten Sommer noch einmal unterschrieben, nachdem er sich gegen Saisonende plötzlich wieder in Herthas Stammelf gespielt hatte. Und obwohl der Slowake nach dem Bundesliga-Restart durchaus ansprechende Leistungen abgeliefert hatte, sollte Pekarík eigentlich Stück für Stück ins zweite Glied rücken und Neuzugang Deyovaisio Zeefuik seine Rolle hinten rechts in der Berliner Abwehrkette überlassen.

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So oder so ähnlich dürften die Pläne von Herthas Verantwortlichen im letzten Sommer gewesen sein, als sie die ‚Baustelle Rechtsverteidiger‘ gedanklich als erledigt abhakten. Ein halbes Jahr später ist Pekarík für Hertha wichtig wie lange nicht mehr: Nachdem er im letzten Jahr von Pál Dárdais erster Amtszeit genau wie unter dessen Nachfolgern Ante Covic, Jürgen Klinsmann und Alexander Nouri kaum eine Rolle gespielt hatte, ist er in der aktuellen Saison Herthas Feldspieler mit den fünftmeisten Spielminuten, nur zwei Mal stand der 34-Jährige nicht in der Startelf.

Die Gründe für diese überraschende Entwicklung sind vielfältig. Ein Teil liegt sicher darin begründet, dass Deyovaisio Zeefuik bisher nicht die erhoffte Verstärkung ist und war. Nachdem es zu Saisonbeginn tatsächlich so aussah, als würde Ex-Trainer Labbadia den jungen Niederländer peu à peu aufbauen, wurde Zeefuik nach seiner Gelb-Roten-Karte gegen RB Leipzig de facto aussortiert. Seine weiteren Kurzauftritte überzeugten ebenso wenig, Zeefuik wirkte nicht griffig und konzentriert genug, beinahe allen seiner Aktionen fehlte die Spannung.

Mister Zuverlässig schlägt zurück

Der wichtigste Faktor ist aber Pekarík selbst, der mit seinen Leistungen verblüfft. Jahrelang als einer der torungefährlichsten Bundesliga-Spieler überhaupt verschrien, hat er in den letzten zwölf Monaten wettbewerbsübergreifend vier Tore erzielt – doppelt so viele wie in den sieben Jahren Hertha zuvor.

Der Expected-Goals-Wert gibt die Wahrscheinlichkeit an, mit der ein Abschluss auch tatsächlich im Tor landet

Wenn man in dieser Saison einen Blick auf die Expected-Goal-Statistiken wirft, wird eines klar: Was die von ihm ausgehende Torgefahr angeht, ist Pekarík mitnichten einer der schwächeren Bundesliga-Rechtsverteidiger. In diesem Ranking liegt er unter anderem auch vor Stefan Lainer und Lars Bender – obwohl deren Mannschaften im Allgemeinen deutlich offensiver als Hertha agieren. Diese Weiterentwicklung hätte ihm wohl kaum einer zugetraut, gerade in seinem mittlerweile hohen Fußballer-Alter von 34 Jahren.

Parallel zu seinem entdeckten Torriecher hat Pekarík aber nicht seine Zuverlässigkeit verloren. Mitnichten agiert der Rechtsverteidiger sorglos oder risikoreich. Seine Passquote von 81,4% ist im Liga-Vergleich einer der besten Werte. Nicht umsonst hat er sich den Spitznamen „Mister Zuverlässig“ verdient. Pekarík ist Herthas Tiefkühlpizza: Immer da, wenn er gebraucht wird, und man weiß, was man bekommt.

Gleichzeitig darf man aber auch keine Wunderdinge von ihm erwarten. Im Spielaufbau der Blau-Weißen nimmt er meistens keine allzu wichtige Rolle ein, das zeigt auch die Anzahl der von ihm gespielten ‚Progressive Passes‘, die unter dem Liga-Schnitt liegt.

Neben dem Spiel mit dem Ball gehört vor allem das Verteidigen zu Pekaríks Aufgabengebiet. Meistens tut er das ganz unaufgeregt, unauffällig und solide. Auffällige Fehler unterlaufen ihm auch aufgrund seiner Erfahrung nur selten, sein Zweikampfverhalten ist ein guter Mix zwischen abwartend und aggressiv.

Bei aller angenehmen Unauffälligkeit, mit der der Slowake Ruhe in Herthas Defensivverbund bringt, muss man aber auch feststellen, dass Pekarík kein exzellenter Verteidiger (mehr) ist. Weder gewinnt er viele Tacklings, noch kann er besonders viele Bälle klären. Zum Vergleich: Maximilian Mittelstädt liegt in beiden Statistiken deutlich vor dem 34-Jährigen – und das, obwohl ‚Peka‘ deutlich mehr Minuten gespielt hat.

Wie geht es weiter?

Im kommenden Sommer läuft Pekaríks Vertrag bei Hertha aus, ob das Arbeitspapier ein weiteres Mal verlängert wird, ist nicht klar. In jedem Fall wird man sich in Berlin nach Verstärkungen umsehen – die auch eine Verjüngung gegenüber Pekarík darstellen sollten, um dem Slogan ‚Die Zukunft gehört Berlin‘ wieder gerechter zu werden.

Gleichzeitig hat man mit Lukas Klünter und Deyovaisio Zeefuik noch zwei andere Rechtsverteidiger mit Steigerungspotenzial im Kader, der Transferfokus dürfte also eher in die Richtung eines gestandeneren Spielers gehen.

(Photo by Clemens Bilan – Pool/Getty Images)

Und wer weiß? Vielleicht gibt es im Zuge dessen auch eine teilweise Abkehr von der Big-City-Transferpolitik der letzten Jahre, mehr in Richtung der erfolgreichen Wechselgeschäfte, die bei Hertha vor dem Windhorst-Einstieg vollzogen wurden.

Ein Blick auf die obigen Grafiken lässt schnell erkennen, dass man sich wohl außerhalb der Bundesliga wird umschauen müssen. Die Spieler der direkten Konkurrenten sind für Hertha entweder nicht zu haben oder schlicht nicht gut genug.

Drei mögliche Kandidaten für die Pekarík-Nachfolge

Im Zuge dessen könnte der Blick wie schon in der Vergangenheit in die Ligen der deutschen Nachbarländer schweifen und so auch Clinton Mata wieder ein Thema bei Hertha BSC werden. Schon letztes Jahr war der 28-Jährige vom FC Brügge mit Hertha in Verbindung gebracht worden. Der Angolaner ist insbesondere defensiv solide, aber auch im Kombinations- und Aufbauspiel bringt Mata einiges mit. Neben der Rechtsverteidigerposition kann er auch als Innenverteidiger spielen. Unklar ist allerdings, ob er Brügge überhaupt verlassen möchte.

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Eine andere Option könnte der Schweizer Silvan Hefti werden. Aktuell ist der 23-jährige Spieler bei den Young Boys, zuvor war er bereits zwei Jahre lang Kapitän des FC St. Gallen. Womöglich könnte Teamkollege Fabian Lustenberger also ein paar gute Worte für Hertha einlegen. Mit bereits über 170 Erstliga-Spielen verfügt er trotz seines Alters schon über einige Erfahrung und könnte nach Kevin Mbabu und Jordan Lotomba schon der dritte Rechtsverteidiger in drei Jahren werden, der von Bern aus in eine Top-Fünf-Liga wechselt.

Hefti verteidigt gegenüber Pekarík etwas aktiver und aggressiver, aber nicht kopflos. Auch in Ballbesitz ist er etwas agiler als der Slowake, sucht Eins-gegen-Eins-Situationen – und kann sehr gute Flanken schlagen. In der Saison 2019/2020 legte er beim FC St. Gallen insgesamt sieben Tore auf und erzielte drei selbst.

Foto: IMAGO

Auch mit Jonas Svensson könnten sich die Hertha-Verantwortlichen beschäftigen. Der 27-jährige Norweger spielt aktuell in Alkmaar, im Sommer läuft aber sein Vertrag aus, der Spieler möchte die Eredivisie verlassen.

Mit seinem hohen Endtempo und generellen Spielweise erinnert er eher an Zeefuik als Pekarík, ist dabei aber deutlich weiter in seiner Entwicklung als der Niederländer: Mit 27 ist er gestandener Profi, deutlich routinierter und auch abgebrühter. Durch seine geringe Körpergröße (1,70 Meter) hat er eine Schwäche in Kopfballduellen, ist aber insbesondere am Ball ein guter Spieler.

[Titelbild: Photo by ODD ANDERSEN/AFP via Getty Images]

Sami Khedira – endlich Ruhe und Konstanz?

Sami Khedira – endlich Ruhe und Konstanz?

„Ich will spielen, ich will Verantwortung übernehmen, ich will etwas erreichen“ – das waren die ersten Worte Sami Khediras bei seiner offiziellen Vorstellung als Hertha-Neuzugang. Der ehemalige Weltmeister und Champions-League-Sieger soll in Berlin helfen, in einer führungslos wirkenden Mannschaft wieder eine neue Hierarchie aufzubauen.

Italien-Experte Christian Bernhard von u.a. der Süddeutschen Zeitung und DAZN beantwortete unsere Fragen zu Sami Khediras Zeit bei Juventus Turin.

Zumindest ein leicht unwohles Gefühl dürfte dem einen oder anderen Hertha-Fan der Transfer von Sami Khedira bereiten. Ein abgehalfterter Star, der seine beste Zeit wohl hinter sich hat? Das hat starke Big-City-Club-Vibes, die in den vergangenen anderthalb Jahren immer wieder aus Medien und Vereinsumfeld zu vernehmen waren.

In der aktuellen Saison hatte Khedira vor seinem Wechsel zu Hertha kein Spiel bestritten, in den letzten Jahren wurde er immer wieder massiv von Verletzungen ausgebremst. Schreit nach dem nächsten Missverständnis, der nächsten Katastrophe – oder?

Khediras Rolle(n) bei Juventus

Je genauer man sich mit der Verpflichtung Khediras auseinandersetzt, desto mehr positive Aspekte lassen sich aber für Hertha aus diesem Transfer herausziehen. Das startet bei den Modalitäten, zu denen Khedira nach Berlin kommt: Für den 33-Jährigen verlangte Juventus keine Ablöse mehr, sein Vertrag läuft erstmal nur bis zum Saisonende, minimales Risiko für den Verein.

Sportlich gesehen ist Khediras Position im zentralen Mittelfeld sicher nicht die, auf der Hertha am dringendsten Bedarf an Verstärkungen hat. Mit Guendouzi, Tousart, Darida, Löwen und Ascasíbar stehen schon einige Kandidaten für diese Position bereit. Trotzdem könnte Khedira Herthas Spiel nochmal eine neue Facette verleihen:

(Photo by Valerio Pennicino/Getty Images)

Christian Bernhard sagt dazu: „Khedira hatte besonders unter Maurizio Sarri eine wichtige Rolle inne, weil er auf dem Feld für die Stabilität und Balance der Mannschaft wichtig war. Seine Erfahrung und Gabe, Spiel-Situationen gut zu lesen und zu antizipieren, machten ihn zu einem wichtigen Element für Sarri. Unter Massimiliano Allegri hatte er noch eine etwas dynamischere Rolle, dort kamen seine Offensivfähigkeiten mehr zum Tragen, weil er sich immer wieder gut mit in das Offensivspiel einschaltete.“

Herthas Mittelfeld sucht die innere Mitte

Stabilität und Balance – Punkte, die Hertha in der bisherigen Saison schmerzlich vermisste. Das Mittelfeld, welches sich in den meisten Saisonspielen aus Vladimir Darida, Mattéo Guendouzi und Lucas Tousart zusammensetzte, wirkte nur selten ausbalanciert. Auch Stabilität ging dem Hertha-Spiel weitestgehend ab, man erinnere sich an die Hinrunden-Auftritte gegen den FC Bayern oder Borussia Dortmund. “Vogelwild” nannte Dardai seine Mannschaft nach dem Frankfurt-Spiel.

Auch Fähigkeiten im offensiven Bereich ließ Herthas Mittelfeld in dieser Saison erschreckend oft vermissen. Vladimir Darida erwischte einige, wenige Gala-Tage (im Hinspiel gegen Bremen oder gegen Schalke), aber abgesehen davon vermisste Hertha offensiv strukturgebende Mittelfeldspieler häufig schmerzlich.

In den ersten beiden Spielen seiner zweiten Amtszeit als Cheftrainer setzte Dárdai wieder auf „sein“ altbewährtes 4-2-3-1. Die Position, auf der Khedira in jüngster Vergangenheit am häufigsten zum Einsatz kam, ist in diesem System aber nicht vorhanden. „Unter Sarri kam er letzte Saison meist in einem 3er-Mittelfeld auf einer der Achter-Positionen, meist halblinks, zum Einsatz. Auch unter Allegri hat er meistens auf der Acht gespielt”, so Christian.

Nach seiner Einwechslung gegen den FC Bayern ließ sich aber schon erahnen, was der Plan mit Khedira in Herthas neuem Spielsystem sein könnte. Khedira wird wohl meistens auf einer der beiden Sechser-Positionen auflaufen. Dárdai sagte nach der Partie gegen Bayern auch, dass er von dort mit seiner Routine und Erfahrung auch ein wichtiger Bezugspunkt für Herthas Innenverteidiger werden könnte.

Endlich ein Anführer?

Neben seinen sportlichen Qualitäten dürfte genau diese Erfahrung ein zentraler Bestandteil von Herthas Entscheidung gewesen sein, Khedira zu verpflichten. Im Laufe der Jahre hat der 33-Jährige Seite an Seite mit dem einen oder anderen Weltklasse-Spieler gekickt und zudem auch bewiesen, dass er sich auch in einer Mannschaft voller Stars seinen Platz sichern kann. In seinen Jahren bei Juventus Turin führte er die italienische alte Dame sogar einige Male vertretungsweise als Kapitän auf den Platz.

(Photo by Boris Streubel/Getty Images)

„Khedira war besonders für die jungen Juve-Mittelfeldkollegen ein Orientierungspunkt. So hat Rodrigo Bentancur, der seit vergangener Saison ein wichtiger Faktor im Juve-Spiel ist, erzählt, dass er sich Khedira als Beispiel genommen hat, als es darum ging, seine Torgefahr aus dem Spiel heraus zu steigern. Er beobachtete Khediras Timing und Abläufe für das offensive Miteinschalten sowie die Läufe in den gegnerischen Strafraum genau. Bentancur bezeichnete Khedira diesbezüglich als ‚bestes Beispiel'”, berichtet uns Christian.

Es braucht nicht allzu viel Vorstellungskraft, dass der Weltmeister von 2014 auch für die vielen jungen und talentierten Spieler in Berlin zu einer Art Mentor werden könnte. Im Optimalfall könnte er auch auf Spieler wie Lucas Tousart oder Santi Ascasíbar einen positiven Einfluss haben. Khedira hat im Fußball alles gesehen und erlebt, quasi jeden relevanten Titel gewonnen, Drucksituationen sind ihm alles andere als fremd.

Khedira scheint also tatsächlich in vielerlei Hinsicht ein guter Transfer für Hertha zu sein. Auch seine Persönlichkeit unterscheidet sich von vielen der Spieler, mit denen Hertha im Zuge der Windhorst-Millionen immer wieder in Verbindung gebracht wurde: „Khedira wurde aufgrund seiner Professionalität und ruhigen Art in Turin sehr geschätzt.“

Verletzungsgeschichte und fehlende Spielpraxis als Wehrmutstropfen

Leise Zweifel bleiben trotzdem. Die Einwechslung Khediras beim 0:1 gegen die Bayern war sein erster Pflichtspieleinsatz seit Juni 2020, das letzte Spiel über volle 90 Minuten ist sogar schon fast anderthalb Jahre her. Für Hertha wird es darum gehen, ihn zunächst mit kürzeren Einsätzen wie gegen die Bayern wieder spielfit zu bekommen, ohne dabei zu schnell vorzugehen und die nächste Verletzung zu riskieren.

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Während in den letzten Jahren auch immer wieder Verletzungen die Pläne Khediras durchkreuzten, wurde er im Vorlauf der aktuellen Saison bei Juventus schlichtweg im Zuge des Umbruchs aussortiert: „In dieser Saison waren nicht-sportliche Vertragsgründe ausschlaggebend, dass er unter Andrea Pirlo nicht zum Einsatz kam. Juve wollte sich im vergangenen Sommer im Rahmen der Kader-Verjüngerung und des Umbruchs unter Pirlo von ihm trennen. Sein hohes Gehalt und seine Verletzungsanfälligkeit haben bei diesen Überlegungen wohl auch eine Rolle gespielt. Als er auch nach der Sommer-Transferperiode noch in Turin war, entschied der Verein, ihn nicht in den Spielkader aufzunehmen. Mittrainiert hat er aber die gesamte Saison, auch bei den Video- und Taktik-Einheiten war er mit dabei. Was ihm fehlt, ist klarerweise der Wettkampfrhythmus, aber Trainingseinheiten hat er genug in den Beinen.“

Als Juventus sich zu Saisonbeginn äußerst inkonstant und wackelig präsentierte, forderten Medien und Fans eine Rückkehr Khediras in die Mannschaft von Andrea Pirlo – was noch einmal verdeutlicht, was für ein hohes Standing der Ex-Stuttgarter beim italienischen Serienmeister der vergangenen Jahre genoss.

Würde man sagen: „Pál, khe dir a Mittelfeldspieler aussuchen“ – es wäre gar nicht mal so unwahrscheinlich, dass Dárdai mit Khedira im Gepäck wieder auftauchen würde. Vieles spricht nämlich für den 77-fachen deutschen Nationalspieler, auch wenn eine gewisse Skepsis vorerst bleiben wird.

[Titelbild: IMAGO]

Nemanja Radonjic – mit 37 km/h von Marseille nach Berlin

Nemanja Radonjic – mit 37 km/h von Marseille nach Berlin

Ganz so teuer wurde dieses Jahr die Winter-Shoppingtour bei Hertha BSC nicht. 78 Millionen Euro gab man vergangene Wintertransferperiode für neue Spieler aus, darunter Matheus Cunha, Lucas Tousart, Santiago Ascacibar und Krzysztof Piatek. Dieses Mal gab die „alte Dame“ deutlich weniger Geld aus: Sami Khedira und Nemanja Radonjic sollten die dringend notwendigen Verstärkungen für die Rückrunde darstellen. Wir werfen einen Blick auf den deutlich weniger prominenten Serben, der aus dem krisengebeutelten Olympique de Marseille per Leihgeschäft kommt.

Dabei konnten wir auf die Eindrücke eines echten „OM“-Kenners zählen. Boris (auf Twitter @Marsilien) twittert seit einigen Jahren in deutscher Sprache über den südfranzösischen Verein. Er hat uns dabei geholfen, den jungen Serben besser einzuschätzen.

Radonjic in Marseille – Enttäuschte Erwartungen

Wirklich glücklich wurde Nemanja Radonjic in Marseille nie, wo er ab der Saison 2018/2019 spielte. Warum erklärt uns Boris: „Er kam als vermeintliches Riesentalent aus Belgrad, mit guten Referenzen als Flügelspieler der sowohl Tore als auch Assists schießen kann. Ich denke mal die Idee dahinter war einen Ersatz für (Florian) Thauvin zu haben, der eigentlich einen Wechsel in 2019 in Aussicht hatte.“

Foto: GERARD JULIEN/AFP via Getty Images

„Er hat sich aber nicht so richtig als Ersatz behaupten können“, musste unser Experte feststellen. „Zwar hat er eine gewisse Torgefährlichkeit zeigen können, besonders in schnellen Kontersituationen, aber seine Leistung im Spielaufbau hat Mängel aufgezeigt. Er kam auch dementsprechend zu sehr wenigen Assists. „ Tatsächlich konnte er in der verkürzten Spielzeit 2019/2020 in 21 Einsätzen nur eine Torvorlage abgeben, dafür immerhin fünf eigene Treffer erzielen.

So richtig rund lief es in der laufenden Saison auch nicht. Was ihm vorgeworfen wurde, verrät uns unser Experte: „Es mag hart klingen, aber am meisten wurde seine mangelnde Spielintelligenz kritisiert. Er ist noch ein bisschen unvollkommen, vergisst ein wenig seine Spielpartner. Seine Dribbelstärke und seine Schnelligkeit werden ihm oft zum Verhängnis, weil er oft versucht alleine durchzuziehen, anstatt im richtigen Moment zu passen.“

Allerdings muss Boris auch feststellen: „Die ganze Mannschaft hatte regelmäßige Probleme mit der Offensive, er war nicht der Einzige der es schwer hatte, unsere Stürmer zu finden.” Viel heftiger wurden die hochbezahlten Stars wie Florian Thauvin oder Dimitri Payet kritisiert, die ebenfalls immer wieder enttäuschten.

Von Chaosclub zu Chaosclub

Auch deshalb hinterlässt Radonjic trotz wenigen Einsatzminuten keine schlechten Erinnerungen in Marseille. Im Training sei er „nie schlecht aufgefallen, ich würde sagen dass er ziemlich spielfreudig ist und stets motiviert war“, sagt Boris. „Spielerisch wird er wohl keinen größeren Eindruck hinterlassen, aber er war den Leuten irgendwie sympathisch, er ist so eine Frohnatur. Ich denke mal, dass sich die Leute an ihn erinnern werden. Und er hat doch immerhin das eine oder andere Tor geschossen (sein Meisterwerk ist wahrscheinlich ein Siegestreffer in der Schlussminute gegen Brest).“

Wohl ein Highlight einer eher durchwachsenen Zeit in Marseille – sein Last-Minute Treffer gegen Brest

Radonjic spielte in der Hinrunde zwölf Partien in der Liga (zwei Tore, eine Vorlage) und zwei in der Champions League. Obwohl der 24-Jährige zuletzt wieder zum Einsatz kam und auch in der letzten Partie gegen Monaco treffen konnte, entschied er sich für den Neustart in Berlin. Dabei wird zusätzlich zur suboptimalen sportlichen und finanziellen Lage möglicherweise die Eskalation der Situation in Marseille zwischen Clubführung und Fans eine Rolle gespielt haben.

Mittlerweile befindet sich „OM“ in einer derart chaotischen Situation, dass selbst Hertha Fans in der Saison 2019/2020 schockiert wären. Am Wochenende stürmten Anhänger gewaltsam das Vereinszentrum und Anfang dieser Woche warf Trainer Vilas-Boas völlig überraschend das Handtuch. Was das angeht ist der serbische Nationalspieler also bestens gerüstet für seine Zeit in Berlin: mit großen Chaosclubs kennt er sich nun aus.

Radonjic – der nächste Serbe in der Hauptstadt

Hertha BSC und serbische Nationalspieler: da war doch was. Tatsächlich dürften einige Hertha-Fans noch schöne Spielszenen mit Marko Pantelic oder Gojko Kacar in emotionaler Erinnerung haben. In jüngerer Vergangenheit war es Marko Grujic, der als Serbe für Hertha BSC auf dem Platz stehen durfte. Letzterer soll tatsächlich auch eine Rolle im Transfer von Nemanja Radonjic gehabt haben.

Herthas Neuzugang erklärte, er sei sofort mit dem Ex-Herthaner in Kontakt getreten. „Marko war tatsächlich der Erste, den ich angerufen habe, nachdem klar war, dass Hertha Interesse hat (lacht). Er hat mir in unserem Gespräch nur das Beste über den Club und die Stadt erzählt, was mich in meinem guten Gefühl bestätigt hat!“, erzählte der 24-Jährige im Interview mit Hertha BSC.

Bis zum Sommer darf der junge Serbe für die „alte Dame“ zunächst auflaufen. Besonders teuer wird dieser Deal für Hertha BSC erstmal nicht. Die Leihgebühr ist wohl (auch mit Einsatz-Boni) unter einer Million geblieben und die Kaufoption sollte in dieser Höhe (12 Millionen Euro) eher eine Sicherheit für „OM“ darstellen. Hertha wird, sollte der junge Serbe überzeugen, am Ende der Spielzeit mit dem französischen Club sicherlich neu verhandeln. Eine ähnlich hohe Kaufoption gab es auch im Leihgeschäft mit Marius Wolf. Auch diese wurde nicht gezogen.

Was für ein Spielertyp ist Radonjic?

Das neue Umfeld scheint für den Serben jedenfalls nicht beunruhigend zu wirken: „Es ist für mich inzwischen auch nichts Neues mehr, an einen anderen Ort zu ziehen und dort anzukommen – daher denke ich, dass ich mich auch schnell an eine tolle Stadt wie Berlin gewöhnen kann und werde!“ Tatsächlich hat der 24-Jährige bereits einige Stationen in Europa hinter sich. Außerdem spielte er in der Champions League und bestritt 20 A-Länderspiele mit Serbien (4 Treffer).

Foto: Srdjan Stevanovic/Getty Images

Boris erwähnte bereits seine Schwächen, aber auch seine Stärken: Dribbelstärke, Torgefahr und Schnelligkeit. Letzteres sprach Radonjic in der Pressekonferenz selbst an, und erwähnte, dass er in Marseille bei Leistungstests im Training mit 37 Kilometer pro Stunde geblitzt wurde. Was Hertha sicher besonders helfen wird: der Flügelspieler ist beidfüßig und kann sowohl auf der favorisierten linken wie auch auf der rechten Außenbahn spielen.

Trotz der enttäuschenden Zeit in Marseille traut Boris dem Serben in Berlin etwas zu: „Es kann sich alles ändern, wenn er sich mit seinen Kollegen bei Hertha besser verträgt. Und ich meine auch, dass die Bundesliga ein besseres Spielfeld für solche Stürmerprofile ist, er wird wahrscheinlich nicht so eingeengt wie es in Frankreich der Fall ist.“

Dabei helfen könnte ihm seine Physis. Anders als sein Konkurrent auf der rechten Seite Dodi Lukebakio kann sich Radonjic durchaus auch körperlich durchsetzen. Das kann in der Bundesliga besonders wertvoll werden. So sieht es auch Arne Friedrich: „Er ist ein kleiner Bulle und hat die Robustheit für die Bundesliga”, und wenn Jemand über Robustheit sprechen kann, dann ist das sicherlich Herthas neuer Sportdirektor.

Nemanja Radonjic – für Hertha kein Risiko-Transfer

Obwohl er im Vergleich zu Sami Khedira für deutlich weniger Gesprächsstoff sorgt, sind die Chancen des Serben in den nächsten Wochen in der Startelf zu landen, deutlich größer. Dabei hilft ihm die personelle Situation bei Hertha BSC. Der verletzungsanfällige Javairo Dilrosun, der formschwache Dodi Lukebakio und der noch sehr junge Jessic Ngankam stellen seine stärkste Konkurrenz dar. Hertha hat schon seit dem Sommer 2020 zu wenig Optionen auf den Außenbahnen. Eine solche Alternative haben die Berliner jetzt mit dem Flügelstürmer endlich holen können.

So entschied sich Hertha also doch gegen die sehr teuren Alternativen. Eine Verpflichtung von Milot Rashica (an den Hertha Gerüchten zufolge interessiert war) hätte ähnliche Dimensionen eingenommen, wie vergangenen Winter ein Transfer von Matheus Cunha. Die Berliner gehen also eher einen Schritt zurück. Dieser Transfer erinnert eher an Zeiten vor den Tennor-Millionen. Doch genau das könnte der richtige Weg sein.

Schließlich stecken die Hauptstädter tief im Abstiegskampf und müssen mit Pal Dardai erstmal bis zum Sommer die Wende schaffen. Herthas Spiel wird in dieser Phase wohl nicht mehr revolutioniert werden. Mit Radonjic will man keinen Hurra-Fußball spielen, sondern so schnell wie möglich aus der roten Zone der Tabelle raus. Dabei könnten schnelle und robuste Spieler wie er möglicherweise noch sehr wertvoll werden.

Partygänger oder Instagram-Icon?

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Wer den einen oder anderen Fan-Kommentar aus Marseille über Radonjic liest, dürfte sich etwas wundern. Ein Running-Joke scheint zu sein, dass der Serbe besonders feierwütig ist. Die Wahrheit sieht etwas anders aus, wie uns Boris erzählt. „Als er kam, hatte er eine Reputation als Partytyp, weil er in seiner Jugend deswegen vom Nachwuchszentrum von AS Rom geflogen ist. Es gab in Marseille zwar keine Vorfälle, aber er hat irgendwie diese Reputation behalten.“

Hertha-Affine Instagram-Nutzer:innen dürften auch gespannt sein: „Leute haben sich auch über ihn lustig gemacht, weil er auf Instagram einschlägige Frauenfotos geliked hat“, meint unser Experte. „Und dazu passend wäre auch dieses bizarre Video im US-Rapper/ModeIcon Style, das er im letzten Sommer gepostet hat. Ich kann mir vorstellen, dass er in Berlin bestimmt neuen Stoff für seinen Instagram-Account finden wird.”

Auf dem Platz wird Nemanja Radonjic Hertha BSC sofort weiterhelfen müssen. „Ich verspreche mir Tore und Torvorlagen”, hieß es von Arne Friedrich. Eine Garantie gibt es dafür natürlich nie. Ob Nemanja Radonjic wie sein Landsmann Marko Pantelic „die alte Dame“ langfristig prägt, ist vielleicht unwahrscheinlich. Das braucht Hertha BSC aber aktuell gar nicht primär.

Am Ende sind nicht die großen Namen, sondern die Zusammenstellung und die Breite des Kaders entscheidend. Hertha hat dringend einen fitten, schnellen und international erfahrenen Spieler gebraucht, der auf den Außenbahnen mit einer gewissen Sorglosigkeit für Entlastung sorgen kann. Genau einen solchen Spieler haben sich die Hauptstädter jetzt mit Nemanja Radonjic ins Boot geholt.

*Titelbild: IMAGO

Marton Dardai – Zwischen Bundesligadebüt und Regionalligaunterbrechung

Marton Dardai – Zwischen Bundesligadebüt und Regionalligaunterbrechung

Beim Auswärtsspiel gegen Augsburg dürfte Marton Dardai erstmals in das Rampenlicht der Bundesliga treten und sein Profidebüt feiern. Zwar kam er erst in den letzten Minuten des Spiels auf den Platz, ein besonderer Moment in seiner Fußballerkarriere wird es aber trotzdem gewesen sein. Wir werfen einen genaueren Blick auf die letzten Monate, den Spielstil und die aktuelle Situation des 18-jährigen Sohns von Ex-Trainer Pal Dardai.

Ein turbulentes Jahr

Auch für Marton Dardai wird das Jahr 2020 turbulent gewesen sein. Das vermutlich nicht nur weil er, wie viele andere mit den Umständen der Corona-Pandemie konfrontiert wurde, sondern auch weil sportlich für ihn Einiges passierte. Zu Jahresbeginn durfte Dardai zum ersten Mal für die U23 in der Regionalliga auflaufen. Zuvor hatte er anderthalb Jahre sehr erfolgreich bei der U19 gespielt. Dort führte er das Team teilweise als Kapitän auf den Platz und löste sein Ticket für die Teilnahme an der U17-Europameisterschaft mit der deutschen Jugendnationalmannschaft.

In den Jugendwettbewerben wurde im Frühjahr der Spielbetrieb eingestellt und bei Herthas Bundesliga-Mannschaft übernahm Bruno Labbadia im April den Trainerposten. Als der Trainingsbetrieb langsam wieder in Kleingruppen aufgenommen wurde, bildete das Team rund um Labbadia auch eine Gruppe mit acht Jugendspielern, die sich das Trainerteam mal genauer anschauen wollte. Darunter auch Marton Dardai.

Foto: IMAGO

In den letzten neun Bundesligapartien der Saison saß Dardai dann sechsmal auf der Bank und gehörte nun zum erweiterten Kader der Profis. Er scheint also einen positiven Eindruck bei Labbadia hinterlassen zu haben, denn dieser ermöglichte ihm den rasanten Aufstieg von der U19 (über die U23) zu den Profis in nur wenigen Monaten. Die Sommervorbereitung machte Dardai dann ebenfalls bei der ersten Mannschaft mit und trainierte auch in den letzten Monaten bei nahezu jeder Einheit unter Labbadia mit. Spielpraxis sammelt er hingegen bei der zweiten Mannschaft. Dort steht er regelmäßig mit seinem älteren Bruder Palko auf dem Platz. Marton Dardai zeigte gute Trainingsleistungen und hat sich laut Labbadia in einigen Bereichen zuletzt auch noch individuell verbessert. So kam es nun am siebten Spieltag zu seinem Debüt, das der Cheftrainer als „eine logische Folge“ (kicker) sieht.

Ruhig und Spielstark

Marton Dardai spielt am liebsten auf der linken Innenverteidigerposition und lief dort auch die meiste Zeit in den Jugendmannschaften auf. Auf dem Spielfeld ist er sehr weit für sein Alter (18 Jahre) und im Jugendbereich dürfte er auch immer wieder die Rolle des Kapitäns einnehmen. Er kann ein Team anführen und scheut sich nicht davor, es mit lauten Kommandos anzuleiten. Auch mit seiner Spielweise zeigt er sich sehr reif. Gegen den Ball löst er Situationen zumeist sehr souverän und glänzt mit gutem Stellungsspiel. Sein Zweikampfverhalten war in den U-Mannschaften nicht allzu auffällig, aber über die letzten Monate hat er vor allem körperlich nochmal zugelegt. Er wirkt zudem selten nervös, sondern strahlt in den meisten Situationen eine große Ruhe aus und hat ein gutes Kopfballspiel.

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Seine größte Stärke ist aber sein Spielaufbau mit seinem überdurchschnittlich guten linken Fuß. Der zweitjüngste Dardai-Sohn zeigt stets eine gute Übersicht und findet seine Mitspieler fast überall auf dem Feld. Er kann gute linienbrechende Schnittstellenpässe, aber auch lange Bälle hinter die letzte Kette spielen. Genauso liegen ihm Verlagerungen und schnelle Pässe in den Lauf. Sein Passspiel kann den Spielaufbau einer Mannschaft enorm beleben. Typisch für ihn ist außerdem, dass er gegen tiefstehende Jugendmannschaften auch gerne mal etwas weiter vorne auftauchte und aus der zweiten Reihe abzog.

Insgesamt lässt sich Marton Dardai als ein sehr ruhiger und spielstarker Innenverteidiger beschreiben.

Es ist kompliziert

Auch wenn das Bundesliga-Debüt anderes vermuten lässt, ist die Situation für Marton Dardai bei den Profis nicht leicht. Auf seiner Position hat er mit Omar Alderete und Jordan Torunarigha zwei Spieler vor sich, die zuletzt zu überzeugen wussten und wohl den Platz in der linken Innenverteidigung zunächst unter sich ausmachen werden. Ob er in naher Zukunft zu weiteren, eventuell auch längeren Einsätzen kommen wird, hängt dabei also unter anderem von der Verletzungssituation und Faktoren, die er selbst nicht beeinflussen kann ab. Das weiß auch Bruno Labbadia und meint: „Sein Bundesliga-Debüt war jetzt nur der kleine Anfang. Der weitere Weg wird noch ein Stück dauern.“

Foto: IMAGO

Erschwerend kommt für Dardai und die anderen Talente nun noch hinzu, dass die Saison in der Regionalliga unterbrochen wurde. Die für Talente und ihre Entwicklung so wichtige Spielzeit wird für den 18-Jährigen also vorerst wegfallen. Insgesamt also keine einfachen Umstände für den jungen Innenverteidiger. Der erste Einsatz unter Labbadia lässt sich so auch als eine Art Motivationsanschub für die schwierigen nächsten Wochen und Monate sehen. Für Dardai gilt also weiterhin: geduldig sein und hart arbeiten. Sollte die Profimannschaft in den nächsten Monaten konstanter gute Ergebnisse einfahren, wird es Bruno Labbadia sicherlich auch leichter fallen, den jungen Spielern mehr Spielzeit zu geben.

[Titelbild: IMAGO]

Omar Alderete – mehr als nur ein Rekik-Ersatz?

Omar Alderete – mehr als nur ein Rekik-Ersatz?

Etwas überraschend kam es am Deadline-Day auch in Herthas Innenverteidigung noch zu Veränderungen. Karim Rekik wechselte zum Europa-League-Sieger nach Sevilla, als Ersatz verpflichtete Hertha den paraguayischen Nationalspieler Omar Alderete aus Basel.

Basel-Experte und Opta-Mitarbeiter Chris Eggenberger beantwortete unsere Fragen zu Omar Alderete.

Alderete bringt Wucht mit

HERTHA BASE: Was sind deiner Meinung nach Alderetes größte Stärken?

Chris: „Alderete hatte in der letzten Saison eines der, wenn nicht das beste Kopfballspiel aller Verteidiger in der Schweizer Super League. Er gewann 71% seiner Kopfballduelle, zweitbester Wert aller Verteidiger der Liga. Seine Zweikampfquote von 64% war Bestwert aller regelmäßig eingesetzten FCB-Spieler. Zudem verzeichnete er die Bestwerte für Ballgewinne und Klärungsaktionen pro Spiel beim FC Basel.“

Neben Dedryck Boyata und Jordan Torunarigha bekommt Hertha demnach also einen dritten, sehr zweikampfstarken Spieler für die eigene Innenverteidigung. Für Trainer Bruno Labbadia dürfte das eine Erleichterung darstellen. Karim Rekik schien in seinen letzten Einsätzen für Hertha BSC insbesondere in diesem Bereich fehleranfällig, obwohl Zweikampfverhalten und Kopfballstärke eigentlich zu den wichtigsten Qualitäten eines Innenverteidigers zählen.

Und in welchen Bereichen liegen seine Schwächen? Wo ist noch Verbesserungsbedarf vorhanden?

„Arbeiten muss er meiner Meinung nach noch am einfachen Passspiel, er hatte in der letzten Saison nur 77% Passquote. Er nimmt gerne Risiken in Kauf, zum Beispiel bricht er gerne im Aufbauspiel mit dem Ball ins Mittelfeld und spielt viele Pässe ins finale Platzdrittel, was beim in vielen Spielen hoch stehenden FC Basel ein Vorteil war. Man hat manchmal das Gefühl, er will zu sehr nicht den einfachen Querpass spielen, was ihn in einer besseren Liga fehleranfällig machen könnte.“

Auch das kennt man bei Hertha mittlerweile gut – von Torunarigha, bei dem Vorstöße bis tief in die gegnerische Hälfte genauso zur Tagesordnung gehören. Trotzdem lag Torunarighas Passquote in der vergangenen Saison mit 85% deutlich höher. Herthas Eigengewächs scheint seine Vorstöße mittlerweile eher gezielt einzusetzen, wie Alderete sich bei Hertha einfügt, wird man sehen.

Foto: IMAGO

Kann Alderete Hertha sofort weiterhelfen, oder braucht er erst noch eine Eingewöhnungszeit?

„Beim FC Basel stand Alderete vom 1. Spieltag an in der Startelf und war von dieser auch schnell nicht mehr wegzudenken. Dafür war er von Anfang an individuell zu gut. In Basel hatte er 2019/20 aber auch die komplette Vorbereitung absolviert. Nun in der schon laufenden Saison zur Hertha zu stoßen, dürfte nicht ganz so einfach sein, fußballerisch traue ich es ihm aber absolut zu. Aufgrund des vollen Terminplans und der Verletzung von Torunarigha wird er Spielzeit bekommen, eine langsame Heranführung an die Bundesliga würde ihm aber sicher helfen.“

Dass Alderete schon im kommenden Spiel gegen den VfB Stuttgart in der Startelf steht, ist eher unwahrscheinlich. In der Nacht von Dienstag zu Mittwoch gab der Paraguayer noch sein Pflichtspieldebüt als Nationalspieler und stößt damit erst kurz vor dem Spiel gegen den VfB erstmals zum Kader. In den darauffolgenden Spielen dürfte er aber zu einer realistischen Option werden – Torunarigha ist verletzt, Niklas Stark könnte dann wieder ins Mittelfeld vorrücken und Alderete den linken Innenverteidiger neben Kapitän Boyata geben.

„In einem Interview hat Alderete erzählt, dass er in Basel viel Zeit mit seinem paraguayischen Teamkollegen Blas Riveros verbrachte. Auch aufgrund der Sprachbarriere, die immer noch da zu sein scheint, dürften Cordoba und Ascacibar für ihn wichtig sein für die Eingewöhnung.“

Kartensammler Alderete

Alderete hat erst eine Saison in Europa gespielt – hältst du die Ablöse von 6,5 Millionen Euro trotzdem für einen fairen Preis?

„Alderete hat in der Europa League mit Basel auf sich aufmerksam gemacht und war ein unverzichtbarer Teil der besten Defensive in der Schweizer Liga. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Hertha nicht der einzige Interessent an ihm war. Ich traue ihm absolut zu, in ein paar Jahren Stammspieler bei einem überdurchschnittlichen Bundesligateam wie der Hertha zu sein. Daher geht ein Preis im mittleren einstelligen Millionenbereich meiner Meinung nach absolut in Ordnung. Wenn er sein Potenzial irgendwann einmal voll erreicht, liegt auch ein lukrativer Transfer zu einem Topklub in Europa im Bereich des Möglichen.“

In 54 Pflichtspielen für Basel handelte sich Alderete 13 gelbe Karten ein, dazu kommen noch drei Platzverweise. Ist der Paraguayer auf dem Platz ein Heißsporn oder hat er die Karten eher einem ungestümen Zweikampfverhalten zu verdanken?

„Die Antwort liegt wohl irgendwo zwischen Heißsporn und dem Zweikampfverhalten. Die gesamte Basler Mannschaft war in der vergangenen Saison anfällig für Karten. Bei der hohen Abseitslinie der Basler war bestimmt auch das eine oder andere taktische Foul dabei, das zu einer Gelben führte. Alderete muss aber sicher noch an seiner Coolness arbeiten, zwei seiner Platzverweise kassierte er zum Beispiel in den Schlussminute in Ligaspielen, die Basel verlor.“

Wirklich aussagekräftig dürfte Alderetes Karten-Statistik wohl aufgrund der Basler Spielweise nicht sein – und auch die mangelnde Coolness könnte eine positive Seite haben: Hertha fehlen insbesondere auf dem Platz Leader, die die Mannschaft mitreißen – und dabei eben vielleicht auch ab und zu über die Stränge schlagen.

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Wie taktisch variabel ist Alderete? In welchen Systemen kann er eingesetzt werden, und auf welchen Positionen?

„In Basel hat man ihn eigentlich nur als Innenverteidiger gesehen, meistens zur Linken seines IV-Kollegen Eray Cömert in einer Viererkette. Das sehe ich auch als seine stärkste Position, viel taktische Variabilität musste er in Basel nicht zeigen. In der Theorie sollte ihm als Linksfuß auch die linke Position einer Dreierkette liegen, dafür fehlt mir bei ihm aber aktuell noch die Qualität im Passspiel und etwas Tempo. In der Mitte einer Dreier- oder Fünferkette könnte er hingegen funktionieren, er könnte dann auch seine Vorstöße ins Mittelfeld einbringen.“

Wenn Hertha in Zukunft also auch mal mit drei Innenverteidigern auflaufen möchte, könnte Alderete als zentraler Innenverteidiger auflaufen – links dürfte in solch einer Konstellation wohl Torunarigha die Nase dank seiner Qualitäten mit dem Ball und auch seines Tempos vorn haben. Aber auch im Zentrum wäre er wohlmöglich nicht die erste Wahl, mit Boyata stünde dort auch eine andere Alternative bereit.

Der schwierige Übergang in die Bundesliga

Erst ein Jahr hat Alderete in Europa gespielt, jetzt wechselt er von einer doch eher kleineren Liga in die Bundesliga, eine der größten der Welt. Wird die Umstellung (höheres Niveau und Tempo) ihm eher Probleme bereiten oder passt er sich schnell an neue Gegebenheiten an?

„Ich habe das Gefühl, dass der Unterschied zwischen der Schweizer Super League und den Top-Ligen in den letzten Jahren recht stark gewachsen ist, so konnte sich z.B. ein Marek Suchy, den Alderete in Basel ersetzte, beim FC Augsburg nicht durchsetzen. Auch Kasim Adams, 2018 für 8 Millionen von Bern nach Hoffenheim, konnte sich noch nicht durchsetzen. Mit Manuel Akanji gibt es aber absolut auch noch positive Beispiele. Bei Alderete sehe ich eigentlich keine Gefahr, ich schätze ihn zum Beispiel stärker ein als Adams.

In der Bundesliga wird er Risiken in seinem Spielstil minimieren müssen und gegen schwächere Gegner muss auch sein Passspiel besser werden. Er hat auf jeden Fall die Fähigkeiten, sich an die Bundesliga anzupassen, meiner Meinung nach auch recht schnell. Er wird aber wie jeder andere unerfahrene Spieler Fehler machen.“

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Gibt es ein Spiel von Alderete, dass dir besonders im Gedächtnis geblieben ist?

„Eher einzelne Aktionen als Spiele. Zum Beispiel in der 90. Minute im Spitzenspiel gegen YB, als er nach einem Foul Gelb sah und dann im Frust den Ball wegschlug und Gelb-Rot sah. Aus positiver Sicht kommt mir sein “Lieblingstrick” in den Sinn, den Ball einmal über den Gegner lupfen und ab die Post nach vorne. Das ist als Innenverteidiger gefährlich, aber wenn’s funktioniert ein Highlight.“

(Die genannten Daten stammen von sofascore.com)

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Herthas U23 – Wie schlägt sich Berlins Zukunft?

Herthas U23 – Wie schlägt sich Berlins Zukunft?

Während die erste Bundesliga bisher nur zum dritten Spieltag fortgeschritten ist, spielte die Truppe von Andreas „Zecke“ Neuendorf in der Regionalliga bereits gegen neun verschiedene Gegner aus dem Nordosten Deutschlands. Zeit für einen Blick auf den Saisonstart, den Kader und einige Einzelspieler der U23.

Noch läuft nicht alles

Bei der zweiten Mannschaft von Hertha BSC hat sicherlich die Weiterentwicklung der Jugendspieler Vorrang gegenüber dem sportlichen Erfolg. Dennoch wollen wir hier einen kurzen Blick auf die gesamtmannschaftliche Lage in der Anfangsphase der Regionalligasaison werfen.  Schaut man auf die Ergebnisse der ersten neun Spiele bis zur Länderspielpause, deutet sich ein recht durchwachsener Saisonbeginn an. Drei Siege, drei Niederlagen und drei Remis bei einem Torverhältnis von elf geschossenen zu viertzehn kassierten Toren konnte die U23 verbuchen. Anders als in der vergangenen Saison, in die man mit sechs Siegen aus den ersten sieben Spielen sehr erfolgreich gestartet war, glich die Anfangsphase dieser Saison eher einem Auf und Ab. Denn den zwei siegreichen ersten Spielen folgte eine Phase aus sechs Spielen in denen man sieglos blieb, darunter auch eine 2:5-Niederlage gegen den Berliner AK. Zuletzt konnte man sich wieder etwas fangen und die Spiele vor der Unterbrechung etwas erfolgreicher gestalten. Dennoch läuft in einigen Bereichen noch nicht alles wie gewünscht.

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Ein paar mögliche Ursachen und Umstände dafür, dass bei der Mannschaft von Andreas „Zecke“ Neuendorf noch nicht alles optimal läuft, lassen sich aber herausarbeiten. Ein Grund dafür mag sicherlich der Umbruch im Kader sein, der in diesem Jahr besonders groß war. Insgesamt sieben Spieler aus der U19 sind nun fester Bestandteil der zweiten Mannschaft und müssen sich teilweise erst an den Männerfußball in der Regionalliga gewöhnen. In der verkürzten Vorbereitung fehlte außerdem Zeit, um sich als Team besser zusammenzufügen und das Zusammenspiel zu verbessern. Das Resultat: in der Mannschaft fehlt es an Abstimmung und man ist auf dem Platz noch nicht so gut aufeinander eingespielt. Ganz ähnliche Probleme also wie in der Profimannschaft von Bruno Labbadia.

Dass viele junge Spieler die Vorbereitung nicht in der zweiten Mannschaft mitmachten, sondern zunächst bei den Profis trainierten und teilweise eher spontan zum Team stoßen, mag ein weitere Ursache für dieses Problem sein. Darunter litt auch das Offensivspiel der Mannschaft, bei dem viel Wert auf gut abgestimmte und schnelle Kombinationen gesetzt wird. Man zeigte zwar fast nie eine schlechte Leistung, doch die aus den vergangenen Jahren bekannte offensive Wucht und Dominanz konnte man bis jetzt kaum zeigen. Trotz mehr Ballbesitz blieb man oft zu ungefährlich und zeigte sich defensiv wiederum anfällig. Die Länderspielunterbrechung könnte der zweiten Mannschaft hier jetzt entgegenkommen. Zwar muss man auch einige Spieler für die Jugendnationalmannschaften abstellen, jedoch ist die Zahl der Spieler hier deutlich geringer als beim Team von Bruno Labbadia. So kann man die Trainingszeit gut nutzen, um besser als Team zusammenzuwachsen und die Abstimmung zu verbessern, sodass man in der Tabelle wieder etwas nach oben klettert.

Erwartbare Inkonstanz

Der kleinere Leistungseinbruch soll hier aber auch gar nicht größer gemacht werden, als er war. In einer Krise befindet sich die Mannschaft keineswegs und eine gewisse Inkonstanz war sogar zu erwarten. Denn die Mannschaft ist das jüngste Team der Liga und gleicht in vielen Teilen eher einer U21 als einer U23. So ist nach dieser ersten Saisonphase unter den zehn Spielern mit den meisten Einsatzminuten nur ein Spieler gewesen, der älter als 21 ist. Und das ist der 30-jährige Kapitän Tony Fuchs. 16 Spieler aus dem Kader sind 19 Jahre alt oder jünger. Ein so junges Team darf Fehler machen. 

Umso erstaunlicher ist es, dass man weiterhin nahezu jeden Gegner, was die Ballbesitz und Passzahlen angeht, dominiert. Und das gegen Spieler, die zum Teil zehn Jahre älter und körperlich deutlich weiter und robuster sind. Nur an offensiver Durchschlagskraft und Effizienz vor dem Tor mangelt es dem Team aktuell ein wenig. Aber auch das ist wenig überraschend, da der Toptorschütze der letzten Saison, Muhammed Kiprit, zum Drittligisten Uerdingen wechselte und Jessic Ngankam, Spieler mit den meisten Scorerpunkten in der letzten Saison, zuletzt vor allem bei den Profis zu finden war. Nachrückende Spieler benötigen meist etwas Zeit, um sich an das gesteigerte Niveau zu gewöhnen. Geduld ist gefragt und die bringt Trainer „Zecke“ Neuendorf mit.

Auffällige Einzelspieler

Abgänge und Umbruch bedeuten auch es gibt einige neue Gesichter, die sich nun in der Mannschaft von Zecke Neuendorf zeigen können. Wir wollen nun einen kurzen Blick auf einige Einzelspieler werfen, die über die letzten Wochen aufgefallen sind oder neu im Team sind.

Jonas Michelbrink

Michelbrink ist einer von nur drei Spielern, die bisher in jedem Spiel der Saison auf dem Platz standen. Diese Zeit nutzte er gut und machte mächtig auf sich aufmerksam. Michelbrink spielt in der U23 auf der Zehn und war in der letzten Saison Stammspieler in der U19. Dort stand er aber immer ein wenig im Schatten von Lazar Samardzic. Nun nutzte der 19-Jährige seine Chance und konnte besonders zu Saisonbeginn seine Stärken fantastisch auf den Platz bringen. Der gebürtige Hannoveraner bringt eine tolle Technik sowie eine gute und vor allem enge Ballführung mit. Das macht ihn für seine Gegenspieler schwer zu greifen und er kann sich auch im dicht besetzten Zentrum mit Ball am Fuß behaupten.

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Außerdem verfügt er über eine gute Übersicht. Immer wieder gelingt es ihm mit seinem starken rechten Fuß seine Mitspieler gut einzusetzen und Gefahrensituationen zu kreieren. Wenn sich die Gelegenheit bietet, setzt Michelbrink auch gerne mal zu einem Dribbling an. Wie zum Beispiel am dritten Spieltag beim Auswärtsspiel gegen Chemie Leipzig als er mit einem tollen Dribbling an seinem Gegenspieler vorbeiging und so von links in den Strafraum eindringen konnte. Kurz vor dem Tor legte er dann überlegt zu Muhammed Kiprit rüber, der dann zum 1:0 verwandeln konnte.

In den letzten Spielen zeigte Jonas Michelbrink sich nicht mehr ganz so auffällig, gehörte aber definitiv zu den besseren Spielern im Team. Insgesamt ist Michelbrink aber ein Spieler, der das Offensivspiel der U23 mit seiner Kreativität beleben kann und dem zurzeit recht dezimierten Regionalligapublikum mit seinen Aktionen immer wieder ein Raunen entlockt. Schafft er es, sich auch in schwierigen Spielen noch mehr zu zeigen, kann man mit einer tollen Saison bei der U23 von ihm rechnen. Seine gute Leistung wurde nun auch von Cheftrainer Bruno Labbadia honoriert indem er Michelbrink während der Länderspielpause erste Trainingseinheiten bei den Profis mitmachen ließ.

Luca Netz

Netz gilt als eines der größten Talente bei Hertha und sogar in Deutschland. Hinter ihm liegt ein turbulenter Sommer mit einer Verletzung, einer Auszeichnung mit der Fritz-Walter-Medaille und seiner ersten Saisonvorbereitung bei den Profis. Als die Saison bei den dann Profis begann, sammelte Luca Netz seine ersten Einsätze bei der zweiten Mannschaft, um Spielpraxis zu bekommen. Netz ist der einzige Spieler aus dem 2003er-Jahrgang im Team von „Zecke“ Neuendorf und er könnte mit seinen 17 Jahren eigentlich noch bei der U17 spielen.

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Drei Spiele machte der Linksverteidiger bisher in der Regionalliga und konnte seine Qualitäten bereits recht gut einbringen. Er ist ein Linksverteidiger, der sich sehr gerne am Offensivspiel beteiligt und immer wieder tief in der gegnerischen Hälfte zu finden ist. Mit Ball sucht er gerne den direkten Weg in den Sechzehner, auch mal mit einem cleveren Dribbling, oder zur Grundlinie. So kommt er gut in Positionen aus denen er gefährliche Hereingaben ins Zentrum spielen kann. Besonders im Spiel gegen den Chemnitzer FC am 8. Spieltag konnte mehrfach solche Hereingaben von ihm beobachten. Halbherzige Halbraumflanken sieht man also von ihm eher weniger.

Um rechtzeitig wieder auf seine Position im Spiel gegen den Ball zu kommen, verfügt er über das nötige Tempo und ist außerdem recht laufstark. Er muss bei seiner Defensivarbeit aber noch etwas konsequenter werden. Die Regionalliga ist da sicher ein guter Zwischenschritt für ihn, um auch sein Zweikampfverhalten noch zu verbessern.

Ruwen Werthmüller

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Werthmüller kam genau wie Michelbrink dieses Jahr von der U19 zur zweiten Mannschaft von Hertha BSC und stand ebenfalls bisher in jedem Spiel auf dem Platz. Er spielt bevorzugt im Sturmzentrum oder auf der linken Außenbahn. Seine größte Stärke ist sicherlich seine hohe Endgeschwindigkeit gepaart mit einem guten Antritt. So kann er immer wieder zu gefährlichen Tiefenläufen ansetzten und sorgt besonders dann für Gefahr, wenn er mit hoher Geschwindigkeit auf das gegnerische Tor oder die Abwehr zu laufen kann. Wie zum Beispiel am ersten Spieltag, als Lok Leipzig in der Schlussphase noch einmal Druck machte, aber der eingewechselte Werthmüller bei einem Konter denn Ball entscheidend in Richtung des Strafraums trieb und so das entschiedene 3:1 vorbereitete.

Da Hertha jedoch sehr häufig gegen tiefstehende Gegner spielt, kommt es nicht allzu oft zu solchen Situationen. Das Kombinationsspiel und die Technik gehören nicht zu Werthmüllers größten Stärken. So gab es Spiele, in denen er kaum auffiel und wenig Gefahr ausstrahlte. Und auch vor dem Tor muss der Schweizer noch effizienter werden. Unter Trainer Neuendorf erhält die nötige Spielpraxis, um sich in diesen Bereichen noch zu verbessern und weiterzuentwickeln.

[Titelbild: IMAGO]