Herthaner im Fokus: Herz und Leidenschaft reichen nicht

Herthaner im Fokus: Herz und Leidenschaft reichen nicht

Hertha BSC schafft im mittlerweile dritten von vier Spielen zum Bundesliga-Start nicht, etwas Zählbares mitzunehmen. Angesichts des anspruchsvollen Programms in gewisser Weise verschmerzbar. Fans, Experten, aber vor allem Spieler und Trainerteam wissen den Start einzuordnen, weshalb in Berlin weiter ungestört gearbeitet werden kann.

Gegen Borussia Dortmund kam eine Mannschaft ins Berliner Olympiastadion, die sich zum Saisonbeginn schwergetan hat, weshalb sich Herthas Team mit seinem Offensivspiel nicht zu verstecken brauchte. Im mit 62.142 gut gefüllten, aber bei Weitem nicht ausverkauften Olympiastadion, in dem Frank Zander mal wieder die Hymne “Nur nach Hause” live performte, wurde der BVB allerdings seiner Favoritenrolle gerecht, erarbeitete sich zahlreiche Chancen und konnte dank des ersten Tors von Antony Modeste im schwarz-gelben Trikot nach 32 Minuten als Sieger vom Platz gehen.

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(Photo by RONNY HARTMANN/AFP via Getty Images)

Sandro Schwarz stellte sein Team wieder im 4-3-3-System auf und änderte zum Teil gezwungenermaßen, zum Teil gewollt auf drei Positionen das Personal. Das Tor sollte wieder Oliver Christensen hüten, auf der linken Seite der Verteidigung ersetzte Kapitän Marvin Plattenhardt Maximilian Mittelstädt, der sich mit seinem unglücklichen Auftritt in Mönchengladbach beim Trainer zunächst nicht für weitere Startelfeinsätze empfehlen konnte. In der Innenverteidigung ersetzte Marton Dardai den gesperrten Filip Uremovic, neben ihm verteidigte Abwehrchef Marc Oliver Kempf. Als Rechtsverteidiger lief wieder Jonjoe Kenny auf. Im defensiven Mittelfeld agierte der in den vergangenen zwei Spielen als Kapitän aufgelaufene Lucas Tousart, vor ihm Suat Serdar und der für Ivan Sunjic in die Startelf rotierte Jean-Paul Boetius. In der Offensive vertraute das Trainerteam wieder auf Chidera Ejuke und Dodi Lukebakio auf den Flügeln und Wilfried Kanga in der Sturmspitze.

In unserer Analyse schauen wir heute auf die etwas alleingelassene Offensive, zwei Enttäuschungen, ein Duo für die nächsten Spiele und die getätigten Wechsel.

Chidera Ejuke und Dodi Lukebakio: Ohne sie geht’s nicht

Die beiden Außenspieler machen aktuell einfach Spaß. Viel zu lange mussten Hertha-Fans auf geeignete Flügelspieler im Team der Hertha warten. Doch noch gelingt es ihnen nicht, ihre guten Leistungen auch in Zählbares umzumünzen. Gegen die Dortmunder gelang es Ihnen neben ihrer Schnelligkeit noch ein wenig mehr Flexibilität einzubringen, in dem sie sich auf ihren Flügelseiten abwechselten. Chidera Ejuke spielte sogar sein erstes Spiel für Hertha BSC über die komplette Distanz.

Der Nigerianer war mit Wucht, Wendigkeit und Schnelligkeit unterwegs, setzte zu ganzen zehn Dribblings an, von denen er acht erfolgreich beendete. Allgemein war Ejuke 64 Mal am Ball. Er verteilte 39 davon, 32 fanden den Adressaten. Er ging in 16 Zweikämpfe, von denen er neun für sich entscheiden konnte. Der 24-Jährige versuchte, so gut es ging, das Offensivspiel anzukurbeln und in die Hände bzw. an die Füße zu nehmen.

(Photo by Martin Rose/Getty Images)

Mit Hilfe der zu kurz klärenden Dortmunder Verteidigung konnte er bereits in den frühen Anfangsminuten die erste große Chance der Hertha einleiten. Jonjoe Kennys Schuss lenkt der am jenen Samstagnachmittag glänzend aufgelegte Gregor Kobel um den Pfosten. Doch in der 21. Minute sah man auch bei Ejuke, Kanga und Lukebakio, dass die Abstimmung noch nicht optimal funktioniert. Die Überzahlsituation gegen die Dortmunder Verteidigung vertändelten sie leichtfertig. Generell musste sich Ejuke den Verteidigern zu häufig geschlagen geben. Ganze 20 Ballverluste musste er hinnehmen.

Dodi Lukebakio war gegen den BVB bemüht, aber weniger gefährlich und spritzig als noch eine Woche zuvor gegen Mönchengladbach. Auch er musste 16 Ballverluste verzeichnen, hatte im Vergleich zu seinem Partner Ejuke mit 38 Aktionen deutlich weniger Beteiligungen am Spiel und konnte auch nur einen Torschuss beitragen. Immerhin beendete er vier seiner sechs Dribblings erfolgreich, konnte sieben seiner dreizehn Zweikämpfe für sich entscheiden und spielte zwölf von neunzehn Pässen erfolgreich. So fungierte er immerhin in einigen Situationen als Ballverteiler. Der Belgier zeigte trotz fehlenden Glücks aber eine engagierte Leistung. Nach 75 Minuten musste er Platz machen für Marco Richter.

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(Photo by RONNY HARTMANN/AFP via Getty Images)

Ihnen zusprechen muss man, dass die Verteidigung der Dortmunder zu den Besseren der Liga gehört. Nicht jede Partie können sie ihr Spiel entfalten. Wichtig wird allerdings in den nächsten Wochen sein, dass ihre Mühe belohnt wird. Doch dafür muss gearbeitet und das Glück erzwungen werden. Ohne die beiden Spieler erlahmt das Offensivspiel aktuell zu sehr, durch das Zentrum funktioniert nur selten etwas und die verteidigenden Gegner können sich immer mehr auf die beiden Schlüsselfiguren der Berliner einstellen. Wilfried Kanga ist bemüht, doch auch ihm fehlt noch sehr das Glück im Abschluss oder überhaupt die Chance sich in gefährliche Positionen zu spielen. Herthas Mittelstürmer hängt aktuell noch zu sehr in der Luft.

Jean-Paul Boetius: Enttäuschendes Startelfdebüt für Hertha

Der niederländische Neuzugang durfte nach zwei Einwechslungen sein erstes Spiel von Anfang an absolvieren und ersetzte Ivan Sunjic. Doch die Spieler der Borussia konnten Boetius praktisch durchgehend kaltstellen.

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(Photo by Martin Rose/Getty Images)

Er konnte gegen Dortmund weder für produktiven Ballbesitz sorgen, noch die Offensive mit seiner Kreativität unterstützen. Dinge, die dringend nötig gewesen wären, um das Angriffsspiel flexibler zu gestalten. Insgesamt spielte er 23 Pässe, von denen 15 ankamen. Die Hälfte seiner sechs Zweikämpfe konnte er für sich entscheiden. Doch 14 Ballverluste sprechen eine deutliche Sprache. Auch defensiv gelang es ihm nicht eine Hilfe für das Team zu sein. Ein enttäuschendes Startelfdebüt endete nach 55 Minuten, als er für Stevan Jovetic ausgewechselt wurde.

Marc Oliver Kempf und Marton Dardai: Ein Duo mit Zukunft

Marton Dardai durfte sich auf seinen ersten Startelfeinsatz in dieser Saison freuen. Er ersetzte den gesperrten Filip Uremovic. Der Youngster und Marc Oliver Kempf zeigten, dass sie in der Lage sind, die Abwehr zusammenzuhalten, auch wenn der BVB oftmals auch an sich selbst scheiterte. Kempf avanciert immer mehr zum Abwehrchef. Gegen Dortmund spielte er eines seiner besten Spiele im Dress der Hertha.

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Er entschied fünf Tacklings für sich, klärte drei Bälle zum Teil in höchster Not, blockte vier Dortmunder Versuche und lief noch dazu dreimal dem Gegner den Ball ab. Er gewann acht seiner vierzehn Zweikämpfe. Für Kempfs Verhältnisse eine durchaus vernünftige Quote. Die wichtigste Aktion hatte er in der 72. Minute, als er nach Bellinghams Schuss den Ball hinter den bereits geschlagenen Oliver Christensen von der Linie kratzte. Kempf versuchte so gut es ging den Spielaufbau zu gestalten. Er spielte 32 von 34 Pässen erfolgreich zu seinen Mitspielern und versuchte sich mit zahlreichen langen Bällen, von denen immerhin vier ankamen. Doch ihm muss man eine Mitschuld am Gegentreffer zusprechen. Zum wiederholten Mal war er nicht nahe genug an seinem Gegenspieler – in diesem Fall Modeste – und konnte ihn entscheidend am Kopfball hindern. Nach 80 Minuten machte er aus taktischen Gründen Platz für Davie Selke.

Marton Dardai dagegen spielte über die gesamte Spielzeit. Zugegeben, seine Leistung kam nicht an die von Kempf ran, doch er unterstützte in der Defensive mutig und engagiert. Insgesamt rettete er in der Defensive dreimal. Im Aufbauspiel brachte er sich mit 30 erfolgreichen Pässen gut ein. Generell war er mit 53 Aktionen sehr aktiv. Seine Zweikampfleistung ließ arg zu wünschen übrig. Nur einen seiner drei konnte er für sich entscheiden. Und auch er leistete sich einen Schnitzer, der beinahe bestraft wurde. In der 25. Minute unterlief ihm ein übler Fehlpass, der schnelle Gegenangriff mitsamt Torschuss von Antony Modeste ging nur knapp nicht in die Torstatistik ein.

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(Photo by Martin Rose/Getty Images)

Dennoch, Marton Dardais und insbesondere Marc-Oliver Kempfs Leistungen, lassen sich sehen. Die Dortmunder waren ihnen zwar extrem häufig überlegen, aber zeigen sie diese Leistungen gegen Mannschaften, mit geringerer Offensivpower, kommt die noch mehr benötigte Sicherheit auch in deren Spiel an.

Marvin Plattenhardt: Ein großes Fragezeichen

Nach dem er verletzungsbedingt zuletzt zwei Spiele ausgefallen war und Maximilian Mittelstädt ihn nicht von seinem Stammplatz verdrängen konnte, durfte Marvin Plattenhardt wieder als Linksverteidiger auflaufen. Zurecht, schließlich ist er der Kapitän der Mannschaft. Aber dieser Punkt scheint auch das einzige valide Argument zu sein, weshalb er in der Hierarchie über Mittelstädt steht. Zugegeben, auch Mittelstädt brillierte nicht, doch passt er nachweislich wesentlich besser ins System von Sandro Schwarz. Marvin Plattenhardt hatte gegen Borussia Dortmund enorme Probleme. Insbesondere im Defensivbereich. Und sein direkter Gegenspieler war niemand Geringeres als sein ehemaliger Mitspieler Marius Wolf. Ein – mit Verlaub – Fußballer mit, abseits seiner Dynamik, beschränkten Fähigkeiten. Jemand, der von einem soliden Bundesligaverteidiger zumindest phasenweise unter Kontrolle gekriegt werden sollte. Doch Plattenhardt erstarrte regelrecht in einigen Aktionen vor Verzweiflung, weil er kaum Licht in der Verteidigung und Aufbauspiel sah.

(Photo by Martin Rose/Getty Images)

Mit 71 Ballberührungen war der WM-2018-Teilnehmer einer der aktivsten Herthaner. Immerhin konnte er das Angriffsspiel dank seiner Stärke – Flanken – ein wenig ankurbeln. Vier Torschüsse bereitete er vor. Doch für viel Gefahr konnte er nicht sorgen. Immerhin schaffte er defensiv vier Klärungsaktionen und entschied zwei Tacklings für sich. Doch 17 Ballverluste auf so einer wichtigen Position sind ein Hilferuf. Plattenhardt ist es nicht gelungen, die Ausstrahlung eines Kapitäns zu verkörpern, für Sicherheit zu sorgen oder voranzugehen. Er schwimmt zu sehr mit, weil er aufgrund von Verletzungen und der eigenen Leistung viel zu viel mit sich selbst beschäftigt ist. Ein Umstand der vor der Saison bekannt hätte sein müssen.

Allgemein muss sich der Verein bezüglich der Position des Linksverteidigers stark selbst hinterfragen. Wie kann es sein, dass man über zwei Linksverteidiger verfügt, die sich seit etwa sieben Jahren in feiner Regelmäßigkeit abwechseln, nie aber so etwas wie einen Konkurrenzkampf beginnen? Auch Verpflichtungen, die jenen provozieren hätten können, schlugen fehl. Fredrik André Björkan verlässt nach nur einer halben Saison aufgrund fehlender Qualität wieder den Verein.

Kevin Prince Boateng, Marco Richter und Stevan Jovetic: Die Wechsel sorgen für Erfrischung

Sandro Schwarz wechselte während der Partie viermal. Bis auf Davie Selke konnten sie auch auf sich aufmerksam machen. Sie brachten Frische und Torgefahr mit und wurden gezielt, intelligent und nahezu ohne Verzweiflungstaten ins Spiel gebracht. Gerade Stevan Jovetic gelang es, wie schon in den Spielen zuvor, das Offensivspiel an sich zu reißen. Doch auch er scheiterte am starken Gregor Kobel. Man merkt Jovetic die Spielfreude an und sieht, welche Qualitäten noch in ihm stecken. Gegen Dortmund kam der letztjährige mit sechs Toren teaminterne Torschützenkönig nach 55 Minuten für Boetius in die Partie. Es kommt auf den körperlichen Zustand Jovetics an, wie viele Minuten er in der Lage ist, in den nächsten Wochen abzuspulen. Jede Sekunde, die er auf dem Feld steht, kann helfen. Bleibt zu hoffen, dass er entspannt bleibt und nicht wie letzte Saison in Frust verfällt.

(Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

Kevin-Prince Boateng wurde nach 75 Minuten für Suat Serdar eingewechselt. Sein Beitrag war vor allem das Zerstören der Dortmunder Offensive. In seinen paar Minuten zog er vier Fouls. Er pushte seine Mitspieler, wusste das Spiel in der Schlussphase anzuheizen und war immerhin noch zehnmal am Ball. Er spielt neun Pässe, von denen sieben den Mitspieler fanden. Auch wenn er offensiv nichts ausrichten konnte, merkt man ihn die Lust und Leidenschaft an. Sein Herz brennt für Hertha. Doch wie bei Jovetic stellt sich jedes Spiel die Frage, wie viel der Körper noch mitmachen kann. Allein bei seinen Kurzeinsätzen verzichtet er auf lange Läufe. Seine Qualitäten erfrischen das Spiel der Hertha enorm. Doch für die Punkte kann er allein nicht mehr sorgen.

(Photo by Martin Rose/Getty Images)

Für Marco Richter hätte es zum großen „Ausgerechnet-Moment“ kommen können. Es wäre eine beinahe kitschige, aber so wunderschöne Geschichte gewesen. Nach 75 Minuten betrat er das Spielfeld für Dodi Lukebakio. Der vor wenigen Wochen vom Hodentumor genesene Richter betrat unter tosenden Applaus das Spielfeld und hatte in der 79. Minute die Möglichkeit seinen Nachmittag zu vergolden. Doch Richters Schuss aus der Distanz wurde einmal mehr vom hervorragend reagierenden Kobel an die Latte gelenkt. Marco Richter zeigte, wie viel er dem Offensivspiel geben kann. Es kann allen Beteiligten nur guttun, wenn er für einen gewissen Konkurrenzkampf in der Offensive sorgt. Bei seinem Kurzauftritt war er neunmal am Ball, spielte drei von vier erfolgreichen Pässen und gewann 60 Prozent seiner Zweikämpfe. Es war toll ihn wieder auf dem Platz stehen zu sehen.

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Die wichtigen Spiele für Hertha kommen jetzt

Der Saisonstart ist, betrachtet man die Punkteausbeute, misslungen. Nur ein Punkt aus vier Spielen, ein Torverhältnis von 2:6, Derbyniederlage und das Aus im Pokal beim Tabellenletzten der 2. Bundesliga. Hertha steht nach vier Spieltagen auf einem direkten Abstiegsplatz. Doch ohne es schönreden oder nach Ausreden suchen zu wollen – die Niederlage gegen Dortmund hätte aufgrund des Chancenwuchers der Gäste viel höher ausfallen können – ist bis auf das Pokal-Aus nicht mit viel mehr zu rechnen gewesen. Im Gegenteil, der Punkt gegen Eintracht Frankfurt muss als Bonus gewertet werden.

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Und die Fans, Spieler und Trainer scheinen genau das auch zu erkennen. Die Mannschaft musste im Sommer den dritten Umbruch in den letzten Jahren hinnehmen, ist noch in manchen Teilen in der Findungsphase, doch zeigt in vielen Bereichen mittlerweile Fortschritte. Herthas Konkurrenten sind in diesem Jahr nicht Union Berlin, Eintracht Frankfurt, Borussia Mönchengladbach oder Borussia Dortmund. Die wichtigen Spiele, in denen gepunktet werden muss, folgen jetzt. In Augsburg kann die Mannschaft nächsten Sonntag beginnen die Tabelle von hinten aufzurollen und den Fans, die sie seit Wochen großartig unterstützen, etwas zurückgeben. Nun zählen keine Ausreden mehr.

(Photo by Martin Rose/Getty Images)

Herthaner im Fokus: Hertha scheitert an sich selbst

Herthaner im Fokus: Hertha scheitert an sich selbst

Zwei Handelfmeter gegen sich bekommen, einen maximal unnötigen Platzverweis kassiert und am Ende gegen einen schlagbaren Gegner mit 0:1 verloren. Nach dem 3. Spieltag der Fußball-Bundesliga sieht es für die Hertha alles andere als rosig aus. Und doch ist die Stimmung nicht so schlecht, wie es die Punkteausbeute vermuten lässt. „Heute fühl ich mich nicht unbedingt als Verlierer“, sagte beispielsweise Abwehrchef Marc Oliver Kempf nach dem Spiel im Interview bei DAZN. In Berlin scheint eine neue Erwartungshaltung eingekehrt zu sein, die aktuell definitiv hilfreich ist, denn in Aktionismus zu verfallen und radikale Konsequenzen zu fordern wäre so früh in der Saison fehl am Platz. Gegen Borussia Mönchengladbach zeigte sich das Team von Sandro Schwarz wieder gut geordnet, mit Zug zum Tor und vor allem wach. Man konnte stückweise sogar von den nächsten Fortschritten sprechen. Doch eine starke Teamleistung fiel am Ende individuellen Fehlern zum Opfer.

Eine Achse bei Hertha findet sich

Sandro Schwarz scheint eine Startelf gefunden zu haben für die Hertha. Gegen Borussia Mönchengladbach stellte er dasselbe Personal wie schon gegen Eintracht Frankfurt auf. Im Tor Oliver Christensen, die Verteidigung davor bestand aus Maximilian Mittelstädt, Marc Oliver Kempf, Filip Uremovic und Jonjoe Kenny. Im zentralen Mittelfeld agierten erneut Ivan Sunjic, Lucas Tousart, der wieder als Kapitän auflief und Suat Serdar, der sich mittlerweile als einer der stärksten Dribbler der Liga bezeichnen darf. In der Offensive vertraute Schwarz auf Chidera Ejuke auf links, Dodi Lukebakio auf rechts und Wilfried Kanga im Mittelsturm.

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Eine tolle Nachricht war die Rückkehr von Marco Richter in den Kader. Nach überstandenem Hodentumor durfte er zumindest wieder auf der Bank Platz. In unserer heutigen Analyse schauen wir auf eine spannende Entwicklung in der Offensive, die Entwicklung der Führungsspieler, einen Torwart, der sich endlich auszeichnen konnte und leider auch die immer wiederkehrenden individuellen Fehler.

Dodi Lukebakio: Auf und neben dem Platz wichtiger denn je

Kaum zu glauben, aber es ist wahr. Dass Dodi Lukebakio nochmal ein wichtiger Spieler werden würde für die Hertha, hätte vor einem Jahr und schon gar nicht nach seiner durchwachsenen Leihe nach Wolfsburg niemand gedacht. Mittlerweile gibt der Belgier sogar Interviews, spricht über das Team, lobt seine Mitspieler und zeigt, wie wichtig ihm die neue Mission ist. Mit Sandro Schwarz hat er möglicherweise den richtigen Förderer gefunden, der an den entscheidenden Stellschrauben zu drehen wusste. In Mönchengladbach war Lukebakio Herthas gefährlichster Spieler in der Offensive.

(Photo by Lars Baron/Getty Images)

Er gab vier Torschüsse ab und konnte dabei auf ein ganzes Repertoire seiner Stärken zurückgreifen und von neuen profitieren. Bereits in der 4. Minute zeigte er seine Bissigkeit, ging direkt in den Zweikampf und nutze gegen die mitlaufenden Verteidiger seine Schnelligkeit. Einzig am Abschluss haperte es in dieser Szene. In der 43. Minute konnte er – von Ivan Sunjic gut in Szene gesetzt – seine spielerische Klasse zeigen und ins Dribbling gegen die Verteidigung gehen. Doch auch hier war sein Abschluss das Manko. In der 56. Minute versuchte er es Wilfried Kanga mit ins Spiel zu nehmen, doch sein Pass auf den Sturmkollegen wurde von der Verteidigung der „Fohlen“ zur Ecke geklärt. Eine der wenigen Chancen, in der man Lukebakio eher einen Abschluss als die Ballabgabe zugestehen wollte.

Ansonsten macht der Rechtsaußen seine Sache gut. 9,36 km Laufleistung sind für den manchmal faulen Lukebakio eine gute Strecke. Vor allem weil es immer mehr Szenen zu verzeichnen gibt, in denen er mit nach hinten arbeitet. Insgesamt war er 35 Mal am Ball und konnte acht seiner zwölf Pässe bei den Mitspielern unterbringen. Seine Zweikampfstatistik fällt mit vier von elf gewonnen Situationen etwas ab. Zusätzlich konnte er drei von sechs Dribblings erfolgreich durchführen. Dodi Lukebakio wirkt aktuell wie ausgewechselt. Einziges Thema scheint aktuell die Chancenverwertung zu sein. Doch bemüht er sich weiterhin so wie zuletzt in Mönchengladbach oder gegen Eintracht Frankfurt ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis wirklich Zählbares bei rauskommt. Es wäre ihm und Hertha zu wünschen, dass im Laufe der Saison aufkommender Druck nicht zu Rückfällen in alte Zeiten führen würde.

Filip Uremovic und Maximilian Mittelstädt: Individuelle Blackouts schaden Hertha

Es ist schwierig zu greifen. Das Team konnte in Mönchengladbach eine gute Leistung abliefern. „Doch irgendwas ist immer“, wagt man als Herthaner fast schon zu sagen. Auch Filip Uremovic und Maximilian Mittelstädt spielten eine akzeptable Partie. Doch am Ende stehen sie als Verlierer der Partie da. Ihre individuellen Fehler machten zunichte, was das Team gemeinsam aufbaute. Doch beim Weg nach Oben heißt es natürlich auch Rückschläge zuzulassen und daraus zu lernen.

Filip Uremovic spielte bis zur 69. Minute in der Innenverteidigung neben Marc-Oliver Kempf. Und er machte seine Arbeit nicht schlecht. Er gewann 80 Prozent seiner Zweikämpfe (vier von fünf), war 40 Mal am Ball und damit einer der aktiveren Akteure und musste sich auch mit seiner Passstatistik nicht verstecken. 30 seiner 34 Versuche kamen bei den Mitspielern an, also 88 Prozent. Somit hatte der Kroate auch einen gewissen Anteil am Spielaufbau. Zwei lange Bälle kamen in der Offensive an, hinten hielt er mit einer Klärung und einer Aktion, in der er dem Gegner den Ball ablief, den Strafraum sauber.

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Was er sich allerdings vor der Ausführung des Elfmeters von Alassane Plea dachte, bleibt sein Geheimnis. Seine unnötige Störungsaktion wurde zurecht mit gelb bestraft. Der folgende Platzverweis nach seinem Handspiel in der 69. Minute war unglücklich, aber auch folgerichtig. Uremovic leistete der Mannschaft damit einen Bärendienst. Immerhin konnte der zweite Elfmeter von Oliver Christensen vereitelt werden. Doch solche Geschichten sind nicht förderlich für das Team und gelten schnellstmöglich abgestellt. Die Konsequenz aus dem Platzverweis ist eine neue Belegung der Innenverteidiger-Position. Marc Oliver Kempf scheint sich zunächst festgespielt zu haben als Abwehrchef. Der ehemalige, Dedryck Boyata, steht bekanntlich kurz vor einem Wechsel nach Brügge. Der logische Ersatz wird also Marton Dardai sein.

Auch Maximilian Mittelstädt zeigte im Großen und Ganzen wieder eine ordentliche Partie. Er lief 10,15 km und damit eine der weiteren Strecken der Berliner. Er ging in sieben Zweikämpfe, von denen er vier gewann. Ackerte wo es möglich war, entschied drei Tacklings für sich, klärte zwei Bälle, blockte Schüsse und lief zweimal dem Gegner den Ball ab. Die Statistiken zeigen also, dass Mittelstädt eine vollkommen akzeptable Partie absolvierte. Zusätzlich kamen von 29 Versuchen 25 erfolgreiche Pässe.

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(Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

Doch Mittelstädt schafft es seit Jahr und Tag seine eigenen starken Leistungen selbst zu zerstören. Seine Fehleranzahl versaut dem Eigengewächs zu oft das Ansehen und dem gesamten Team die Punkteausbeute. Es ist nicht so, dass Mittelstädt keinen Einsatz zeigt, dahingehend ist er top. Doch Blackouts wie das Handspiel nach 32 Minuten – und da ist es egal, dass der Angriff auf einer Fehlentscheidung des Schiedsrichters basierte – oder auch sein recht plumpes Einsteigen in der 86. Minute gegen Florian Neuhaus, bei dem er durchaus Glück hatte, dass Schiri Jöllenbeck weiterspielen lassen hat, sorgen zu oft für verzweifeltes Kopfschütteln.

Es bleibt festzuhalten, dass Filip Uremovic und Maximilian Mittelstädt dem Team viel gutes beifügen können. Doch um dauerhafte Leistungsträger zu werden, müssen dringend die individuellen Aussetzer abgestellt werden

Oliver Christensen: Die Chance sich auszuzeichnen

Gegen Hamburg in der Relegation nur sehr wenig zu tun gehabt, im Pokal und Derby sieben Gegentore kassiert und gegen Frankfurt auch keinen Ball auf das Tor bekommen – Oliver Christensen hatte noch nicht so viele Möglichkeiten sich auszuzeichnen. Insbesondere nach haltbaren Gegentoren kamen erste Diskussionen auf, in denen die Nummer-1-Qualitäten des Dänen angezweifelt wurden. Außerdem würde ihm nach der Degradierung Rune Jarsteins ein echter Herausforderer fehlen. Doch in Mönchengladbach wurde Christensen das ein oder andere Mal auf die Probe gestellt und konnte die Chance nutzen, sich ein wenig auszuzeichnen. Auch wenn bei weitem nicht alles klappte.

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(Photo by Martin Rose/Getty Images)

Den persönlich goldenen Moment im Spiel hatte Christensen in der 70. Minute, als er den schwach geschossenen Elfmeter von Jonas Hofmann hielt. Doch von „schwach geschossen“ zu sprechen und damit Christensens Leistung abzuwerten, wäre ungerecht. Der Torhüter hätte genauso gut in die andere Richtung springen können. In dem Fall wäre die Qualität von Hofmanns Schuss uninteressant gewesen und man hätte lediglich von „verladen“ gesprochen. In diesem Sinne ist die Aktion Christensens gar nicht hoch genug einzuordnen. Auch beim Elfmeter von Plea in der 34. Minute war er in die richtige Ecke unterwegs. Doch der Schuss des Franzosen war zu stark. Christensen wurde im Laufe der Partie auf verschiedene weisen getestet. Bereits nach drei Minuten musste er einen Ausflug aus den Strafraum machen und per Kopf klären. Die kurz aufkommenden Sascha-Burchert-Erinnerungen konnte er nach Hofmanns Distanzschuss aber schnell zum Schweigen bringen, da er schnell genug zurück im Strafraum und zur Stelle war.

Insgesamt hatte der 23-Jährige einiges zu tun. Dreimal wurde er zu Paraden gezwungen, eine der größten Aktionen von ihm sollte ihm in der 17. Minute gelingen. Ivan Sunjics missglückter Klärungsversuch mutierte zur Torchance, der Gladbacher. Christensen reagierte hervorragend auf der Linie. Den Abpraller konnte Thuram nicht im Tor unterbringen. Er schoss den am Boden liegenden Torhüter an. Zuvor konnte Christensen von Glück sprechen, als Kempf den Versuch von Plea in der siebten Minute an den Pfosten lenkte. Christensen wäre vermutlich geschlagen gewesen. Auch wenn er sich mittlerweile mehrfach auszeichnen konnte, zeigte Christensen erhebliche Schwächen in der Strafraumbeherrschung und bei Standards. So zum Beispiel in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit, als er eine Freistoß-Hereingabe nicht unterbinden konnte. Es kam mehr zur Kollision mit Nico Elvedi, als dass er den Ball klären konnte.

Noch scheint nicht alles perfekt zu sein im Berliner Tor. Doch angesichts eines gehaltenen Elfmeters kann man Christensen zumindest zu einer deutlichen Leistungssteigerung gratulieren.

Lucas Tousart: Der Anführer etabliert sich

Der Franzose war bis zur 83. Minute dabei, ehe er Davie Selke Platz machte. Und der Kapitän auf Zeit ackerte wie jedes Spiel, zeigte Einsatz und Leidenschaft und wurde wieder einmal seinem Amt gerecht. Gegen Borussia Mönchengladbach lief er mit 10,49 km die längste Strecke aller Berliner. Sein Zusammenspiel mit Suat Serdar funktioniert immer besser und auch in der Zusammenarbeit mit Ivan Sunjic und Jean-Paul Boetius kann man immer mehr Fortschritte erkennen. Lucas Tousart brachte sich als Box-to-Box-Spieler sowohl defensiv als auch offensiv ein. Offensiv versuchte er sich zweimal an Abschlüssen. Sein wuchtiger Schuss aus 20 Metern in der 15. Minute verfehlte letztendlich aber sein Ziel deutlich. Insgesamt war er 35 Mal am Ball, spielte 22 Pässe von denen 17 ankamen und gewann 57 Prozent seiner Zweikämpfe. Defensiv setzte er zu drei erfolgreichen Tacklings an und eigentlich hätte sein Zweikampf in der 32. Minute auch als gewonnen in die Statistik eingehen müssen. Doch Schiri Jöllenbeck entschied zu Unrecht auf Foul. Nicht nur, dass Hertha damit eine aussichtsreiche Chance genommen wurde, der folgende Angriff der Mönchengladbacher sollte zum unglücklichen Handelfmeter führen.

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(Photo by Lars Baron/Getty Images)

Auf Lucas Tousart ist aktuell in allen Belangen Verlass. Als Anführer etabliert er sich zunehmend. Er baut seine Mitspieler auf, kommuniziert mit Ihnen und vor allem dem Schiedsrichter. Dinge, die in den letzten Jahren verloren gegangen waren. In Berlin stellt sich die Frage, wann ein Kapitän eigentlich ein Kapitän ist? Nur, weil er die Binde trägt oder kann man die Funktion eines Kapitäns ohne diese durchführen? Diese Frage muss Sandro Schwarz beantworten, sobald gewisse Spieler wieder einsatzbereit sind.

Und nun? Nicht von Taktik und System abweichen – irgendwann folgen die Punkte

Im Pokal bereits ausgeschieden und nur ein Punkt aus drei Spielen. Vor der Saison war um ehrlich zu sein aber auch nicht mit mehr zu rechnen. Das Auftaktprogramm ist extrem hart. Nächste Woche kommt Borussia Dortmund nach Berlin. Im schlimmsten Fall könnten es dann auch die ersten vier Bundesligaspiele sein, die nicht gewonnen werden konnten. Aber zum aktuellen Zeitpunkt geht es darum noch nicht. Die bisherigen Gegner sind nicht die Kragenweite, der Punkt gegen Eintracht Frankfurt kann sogar als Bonus gesehen werden. Und auch wenn die Ergebnisse nicht stimmen, kann man der Mannschaft keine großen Vorwürfe machen. Die Einstellung passt, die Leistung ebenfalls. Aktuell scheitert man vor allem durch individuelle Aussetzer.

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(Photo by Lars Baron/Getty Images)

Doch Sandro Schwarz Handschrift ist schon deutlich zu erkennen. Im Vergleich zur Vorsaison sind einige Schritte getan worden. Insbesondere an Spielern wie Dodi Lukebakio und Lucas Tousart ist das hervorragend zu erkennen, die unter Schwarz aufblühen. Bleibt die Mannschaft und das Trainerteam auf ihrem Kurs, werden schon bald Punkte folgen. Zusätzlich schließt bald das Transferfenster, Störfeuer, wie die um Rune Jarstein und Dedryck Boyata können gelöscht werden und das Team findet sich immer mehr. In Berlin herrscht also trotz der schwachen Punkteausbeute eine Ruhe, die es in den letzten drei Jahren so nicht gegeben hat. Sie kann nur hilfreich sein.

(Photo by Lars Baron/Getty Images)

Hertha BSC – Borussia Mönchengladbach: Drei Thesen

Hertha BSC – Borussia Mönchengladbach: Drei Thesen

So langsam aber sicher kommt man in der neuen Saison an, den dritten Spieltag eröffnet unsere „Alte Dame“ heute um 20:30 auswärts bei Borussia Mönchengladbach. Nach dem Pokalaus und der klaren Niederlage im Derby, konnte Hertha BSC gegen Frankfurt eine Leistungssteigerung zeigen. Wird sich der Trend gegen die „Fohlen“ fortsetzen oder kommt doch der Rückfall in alte Muster?

Unsere drei Thesen zum Spiel in Gladbach.

These 1: Marco Richters Kaderrückkehr steht über dem sportlichen Ergebnis

Gut, vielleicht ist die erste These etwas übertrieben, denn am Ende kommt es im Fußball-Business nun mal auf das sportliche Ergebnis an. Doch es wird dennoch deutlich, dass Fußball halt nicht alles ist und Dinge wie die Gesundheit schlussendlich über allem thronen. Und so mag um ca. 22:20 Uhr vermutlich zum Großteil über den Ausgang des Spiels gesprochen werden, doch ein Grund zur Freude wird so oder so bestehen. Dass Marco Richter bereits gut fünf Wochen nach seiner Hodenkrebs-Diagnose wieder im Bundesliga-Kader stehen wird, hätten die meisten sicher nicht gedacht. Umso schöner ist es, dass der deutsche U-Nationalspieler seine Krankheit anscheinend so gut überstanden hat.

Wir freuen uns, dass du zurück bist, Marco!

Marco Richter

Photo by Stuart Franklin/Getty Images

These 2: Wilfried Kanga feiert seine erste Torbeteiligung

Bereits in seinen ersten Minuten gegen Union nach Einwechslung zeigte der aus Bern gekommenen Angreifer, dass er Hertha weiterhelfen kann. Mit seinem robust gebauten Körper dient Kanga als Zielspieler, der lange Bälle verarbeiten und weitergeben kann. Gleichzeitig strahlt er durch Tiefenläufe und ständige Aktivität eine gewisse Torgefahr aus. Gegen Frankfurt durfte er daher von Beginn an spielen und schoss beinahe direkt sein erstes Tor im Hertha-Dress. Heute wird er etwas mehr Glück haben und im dritten Spiel seinen ersten Scorerpunkt erzielen, ob als Tor oder Vorlage lassen wir an dieser Stelle offen.

These 3: Hertha erkämpft sich ein Remis

Der heutige Gegner aus Mönchengladbach ist mit vier Punkten aus zwei Spielen sehr ordentlich in die Saison gestartet. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass man gegen Hoffenheim ca. 70 Minuten in Überzahl war und sich gegen Aufsteiger Schalke 04 durchaus schwertat. Unter Neu-Trainer Daniel Farke will man zum früher gepflegten Ballbesitzfußball zurückkehren, der Kader ist zum überwiegenden Großteil der gleiche wie letztes Jahr. Hertha hingegen möchte seit dieser Saison pressingorientierten Fußball spielen, es treffen also zwei sehr unterschiedliche Spielsysteme aufeinander. Sollten die blau-weißen Gäste die Leistung von Frankfurt bestätigen, ist durchaus ein Punkt drin, da man die „Fohlen“ sicher das ein oder andere Mal im Spielaufbau empfindlich stören und somit selbst gefährlich werden kann.

[Titelbild: Frederic Scheidemann/Getty Images]

Borussia Mönchengladbach – Hertha BSC: Drei Schlüsselduelle

Borussia Mönchengladbach – Hertha BSC: Drei Schlüsselduelle

Nach dem ersten Punktgewinn im Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt will Hertha erstmals in der Saison dreifach punkten. Doch mit Borussia Mönchengladbach empfängt eine formstarke Mannschaft die Herthaner. Wir schauen uns an, auf welche Schlüsselduelle es im Spiel zwischen der Elf vom Niederrhein und der alten Dame ankommen kann.

Genau wie bei Hertha fand bei den “Fohlen” im Sommer ein Trainerwechsel statt. Den insgesamt eher glücklosen Adi Hütter ersetzte Daniel Farke. Und der Ex-Norwich-Coach fügte sich in Mönchengladbach gleich gut ein. Auf das souveräne Weiterkommen im Pokal folgte ein 3:1-Sieg zum Ligaauftakt gegen Hoffenheim, ehe man am letzten Spieltag gegen Schalke die drei Punkte erst in letzter Sekunde hergab. Das Team findet derzeit zurück zu alter Offensivfreude. Besonders auffällig: Farke vertraut seiner ersten Elf ungemein. In seinen beiden ersten Ligaspielen setzte er auf die selben elf Spieler in der Startformation, wechselte jeweils nur zweimal in den Schlussminuten. Hertha BSC und Sandro Schwarz wissen also worauf sie sich einzustellen haben: Einen formstarken Gegner.

Schlüsselduell: Mittelstädt gegen Hofmann

Zum Saisonbeginn nicht einmal Teil des Aufgebots, musste Maxi Mittelstädt gegen Frankfurt gleich in der Startelf ran, weil Kapitän Marvin Plattenhardt verletzt fehlte. Und Mittelstädt war direkt voll auf der Höhe, machte ein gutes Spiel. Dass er auf dem Papier ein Spieler ist, dem das System Schwarz liegen sollte, ist unbestritten. Doch bisher sollte es zwischen dem neuen Trainer und dem Linksverteidiger nicht funken. Ein gutes Spiel gegen Gladbach könnte Mittelstädt einem Stammplatz deutlich näher bringen. Doch mit Jonas Hofmann steht ihm der absolute Unterschiedsspieler der Gladbacher gegenüber.

5,59 schusskreierende Aktionen pro 90 Minuten – Mit diesem Durchschnittswert aus der Saison 2021-22 zählte Hofmann zu den besten 1 Prozent aller Flügelstürmer der Bundesliga. Dabei kam er auf einen Wert von 0,63 expected goals (ohne Elfmeter) + assists – Top 7 Prozent. Seine 3,21 direkt vorgelegten Schüsse sind ebenfalls ein Top-1-Prozent-Wert.

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(Photo by Frederic Scheidemann/Getty Images)

Zahlen, die nicht nur Hofmanns Wert für Gladbach unterstreichen, auch ist er inzwischen wichtiger Teil der deutschen Nationalmannschaft. So wichtig macht Hofmann nicht zuletzt seine Flexibilität, er ist keiner, der an der Außenbahn klebt. Im Gegenteil, immer wieder zieht es ihn ins Zentrum. Es wird also nicht nur an Mittelstädt liegen, ihn in seinen Aktionen zu limitieren. Besonders im eigenen Aufbauspiel muss Hertha ein Auge auf Hofmann haben. 20,9 Mal setzte er in der vergangenen Saison durchschnittlich im Spiel einen Gegner unter Druck – so viel wie kein anderer Gladbacher. 

Ein Tor gelang Hofmann an den ersten beiden Spieltagen bereits. Nun möchte Hofmann, der seine Mitspieler so gut aussehen lassen kann wie kaum ein Zweiter in der Liga, auch erste Assists sammeln. Das zu verhindern, wird für Mittelstädt eine große Aufgabe, für die er die Unterstützung der gesamten Defensive benötigt.

Schlüsselspieler bei Gladbach: Ko Itakura

An kaum einem Spieler hatten die Fans von Schalke 04 in der vergangenen Saison so viel Freude wie an Ko Itakura. Von Manchester City ausgeliehen, hatte der polyvalente Japaner maßgeblichen Anteil an der Zweitliga-Meisterschaft. Doch im Sommer folgte die Trennung, zu hoch war die Kaufklausel. Nutznießer war Mönchengladbach, die die geforderten fünf Millionen an Manchester zahlten.

Und Itakura macht da weiter, wo er in Gelsenkirchen aufgehört hat, nämlich guten Fußball zu spielen, was zuletzt sogar die alten Kollegen zu spüren bekamen. 126 Ballkontakte, neun geklärte Bälle, acht gewonnene Luftzweikämpfe, zwei geblockte Schüsse, eine Zweikampfquote von 64 Prozent und eine Passquote von 89 Prozent: Gegen Schalke war Itakura der beste Gladbacher.

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(Photo by Frederic Scheidemann/Getty Images)

Nicht nur Herthas Sturmreihe um Wilfried Kanga wird es mit Innenverteidiger Itakura zu tun bekommen. Als gelernter Sechser ist er es gewohnt, auch immer mal wieder den Raum vor der Abwehr zu beackern. Itakura ist ein Kämpfer, der seine Mitspieler mitreißt. Ihn muss Hertha stets im Auge haben.

Schlüsselspieler bei Hertha: Dodi Lukebakio

Zwei Tore hat Hertha in der Liga bisher erzielen können. Mit einem geschossenen und einem vorbereiteten war Dodi Lukebakio an beiden beteiligt. Der Leih-Rückkehrer vom VfL Wolfsburg galt lange als Verkaufskandidat, doch ist nun umso wichtiger. Gegen Frankfurt zuletzt war er der offensive Dreh- und Angelpunkt.

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(Photo by Martin Rose/Getty Images)

Und auch gegen Gladbach wird er eine wichtige Rolle einnehmen. Denn sein Gegenspieler ist Ramy Bensebaini, was zum einen verspricht, dass Lukebakio defensiv gefordert sein wird, aber sich ihm offensiv auch Räume bieten werden.

Mit 0,16 expected goals pro Spiel zählte Bensebaini in der letzten Saison nicht nur zu den torgefährlichsten zwei Prozent der Verteidiger in der Liga, auch im Erspielen von Chancen legte der Linksverteidiger (unter Hütter eher linker Innenverteidiger) Top-Werte auf. 1,16 schusskreierende (top-10-Prozent im Ligavergleich) und 0,18 torkreierende Aktionen (top-16-Prozent) standen auf seinem Zettel. Tendenz steigend, denn unter Farke scheint er wieder als reiner Flügelverteidiger gefragt zu sein. Ihn zu verteidigen muss schon vorne bei Lukebakio anfangen und darf nicht erst an Jonjoe Kenny hängenbleiben.

Doch unter dem starken Offensiv-Output Bensebainis leidet mitunter sein defensives Spiel. Bei abgefangenen Bällen zählt er zwar zu den Ligabesten, doch was erfolgreiche Tacklings und klärende Aktionen angeht, ist er im unteren Drittel zu finden. Auch übt Bensebaini auffällig selten Druck aus (10,29-mal pro 90 Minuten, weniger als 60 Prozent auf seiner Position) und das auch noch mit wenig Erfolg (30,7-Prozent Erfolgsquote, schwächste 5 Prozent der Liga). Hier können sich für einen spiel- und formstarken Spieler wie Lukebakio gefährliche Situationen ergeben.

Titelbild: Frederic Scheidemann/Getty Images

Herthaner im Fokus: Eine Leistungssteigerung führt zum ersten Punkt

Herthaner im Fokus: Eine Leistungssteigerung führt zum ersten Punkt

Es geht doch. Hertha BSC schafft es endlich, einem denkwürdigen Tag einen Stempel aufzudrücken und zu punkten – und das verdient. Gegen die Eintracht aus Frankfurt boten nämlich nicht nur die Berliner Fans mit einer wundervollen und sehenswerten Choreographie anlässlich des 130. Geburtstags von Hertha BSC ein Spektakel, sondern auch die Mannschaft konnte mit einer deutlichen Leistungssteigerung phasenweise aufblühen. Die Spieler zeigten eine Reaktion auf den schwachen Auftritt in Köpenick, das Aus im Pokal gegen Braunschweig und in einigen Mannschaftsteilen Fortschritte. Insbesondere in der Offensive. Doch während es vorne mittlerweile besser läuft, zeigen sich in der Defensive weiterhin altbekannte Schwächen. Dennoch ein Spiel, das vorsichtig Mut für die nächsten Wochen macht.

Hertha mit vier Neuen: Sandro Schwarz rotiert auf einigen Positionen

Doch um all das zu ermöglich, rotierte Sandro Schwarz auf einigen Positionen, zum Teil auch gezwungener maßen. Dabei blieb er seinem 4-3-3-System aber treu. Im Tor stand wieder einmal Oliver Christensen, die Verteidigung bestand aus Jonjoe Kenny, der die rechte Seite bespielen sollte und den beiden Innenverteidigern Filip Uremovic und Marc Oliver Kempf. Bis hierhin sollte sich also in der Verteidigung nicht viel ändern im Vergleich zum Derby. Doch auf der Position des Linksverteidigers ersetzte Maximilian Mittelstädt den kurzfristig ausgefallenen Kapitän Marvin Plattenhardt.

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Als Abräumer auf der Sechs durfte wieder Ivan Sunjic ran, vor ihm Suat Serdar und Lucas Tousart, der den bisher schwach und langsam spielenden Kevin-Prince Boateng ersetzte und nach seiner gelb-roten Karte im Relegationsspiel gegen Hamburg erstmals in der Bundesliga wieder spielberechtigt war. Zusätzlich lief der Franzose als Kapitän der Mannschaft auf. Offensiv vertraute Schwarz wieder auf die Dienste Dodi Lukebakios auf der rechten Seite und vor allem den beiden Neuzugängen Chidera Ejuke auf der linken Seite und Wilfried Kanga im Mittelsturm, die Myziane Maolida und Davie Selke ersetzten.

In unserer heutigen Analyse schauen wir auf unseren vielseitigen Sturm, die noch immer Sorgen bereitende Verteidigung und die Führungsspieler im Team.

Dodi Lukebakio: Wenn er will einer der Besten bei Hertha

Der Belgier macht es vor jedem Spieltag spannend. Wie ist seine Form? Wie viel Lust hat er auf das Spiel? Wie viel ist er bereit zu investiere? Auch nach drei Minuten wusste man das nicht so richtig einzuordnen. Eben gelang ihm eine punktgenaue Flanke in den Strafraum auf Suat Serdar, der damit die Hertha früh in Führung köpfen konnte, doch die Art und Weise wie Lukebakio zum Ball eher joggte als rannte, machte zunächst stutzig. Allerdings konnte man es ihm auch nicht verübeln, die Frankfurter Verteidiger machten es ihm zugegebener Maßen auch nicht schwer.

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Doch Dodi Lukebakio lieferte Antworten. Er war einer der besten Herthaner auf dem Platz, wusste sich und seine Mitspieler häufig in Szene zu setzen und machte der Abwehr das Leben schwer. Sein Zusammenspiel mit Jonjoe Kenny ist weiterhin alles andere als ausgereift, doch es wird zunehmend besser. In der Offensive hatte er mit Wilfried Kanga und Chidera Ejuke zwei Mitspieler, die wesentlich vielseitiger und schwerer zu verteidigen sind, als zuletzt Myziane Maolida und Davie Selke. 44 Mal war Lukebakio am Ball, drei Torschüsse gab er ab, drei Schlüsselpässe fügte er hinzu. Sechs Dribblings beendete er erfolgreich.

Seine Vorlage auf Stevan Jovetic per Heber über die gesamte Verteidigung in der 72. Minute hätte einen Treffer verdient gehabt. Zusätzlich gewann er 69 Prozent seiner Zweikämpfe. Keine schlechte Quote für einen Offensivspieler. Zusätzlich brachte er 16 seiner 23 Pässe an den Mann. Auch hierbei sind 70 Prozent für einen Offensivspieler eine vernünftige Quote. Gelingt es ihm noch mehr am eigenen Abschluss zu arbeiten und seine Effizienz auszubauen, kann Dodi Lukebakio für zahlreiche Tore sorgen. Die Hoffnung, den besten Lukebakio bei Hertha noch zu bekommen, könnte höher kaum sein. Es liegt an ihm, diese zu erfüllen.

Suat Serdar: Der Antreiber hat endlich bessere Mitspieler

Dem zentralen Mittelfeldspieler konnte gegen Frankfurt das gegeben werden, was ihn in seinem ersten Jahr bei Hertha meistens fehlte. Starke und mitspielende Kollegen. Zu oft versuchte er es in der Vergangenheit allein mit dem Kopf durch die Wand. Gegen die Hessen spielte sein Kopf wieder einmal eine Rolle. Dieses Mal aber eine sehenswerte. Nach Lukebakios feiner Flanke von der rechten Seite lief er perfekt in den Strafraum und wusste sich gegen Ansgar Knauff durchzusetzen. Das frühe 1:0 sorgte für eine Art Rückkehr der Sicherheit und des Selbstverständnisses im Spiel der Berliner. Serdar war im Laufe des Spiels einer der aktivsten. 56 Mal war er am Ball, vier seiner fünf Dribblings wusste er erfolgreich zu beenden.

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Er konnte 20 seiner 27 Pässe bei den Mitspielern unterbringen, nur seine Zweikampfquote von 43 Prozent ließ etwas zu wünschen übrig, doch seine Kollegen Ivan Sunjic und Lucas Tousart konnten ihn meist den Rücken freihalten oder zur Hilfe kommen. Suat Serdar sprüht aktuell vor Einsatzfreude und hatte es zumindest in jenem Spiel nicht nötig, auf Einzelaktionen zurückzugreifen. Zusammen mit den Offensivspielern konnte er das Angriffsspiel ordentlich ankurbeln, er kam insgesamt zu drei Abschlüssen. Neben seinem Tor war Serdar insbesondere in der 83. Minute im Mittelpunkt, als er in aussichtsreicher Position von Jonjoe Kenny in Szene gesetzt wurde. Doch sein Schuss, der aller Wahrscheinlichkeit nach im Tor gelandet wäre, wurde ausgerechnet vom eigenen Mann, nämlich Stevan Jovetic geblockt. Das Glück ist bekanntlich mit den Tüchtigen. Suat Serdar ist tüchtig und sollte er bei seinem Engagement bleiben, stehen die Chancen gut, dass er den Siegtreffer vielleicht auch mal erzwingen kann.

Lucas Tousart: Der wahre Hertha-Kapitän

Lucas Tousart entwickelt sich immer mehr zu dem Spieler, der einen bei Hertha BSC versprochen wurde. Gegen Eintracht Frankfurt führte er das Team das erste Mal in einem Pflichtspiel als Kapitän auf. Und er verhielt sich auch wie einer. Er kämpfte im Mittelfeld wo es ging, hielt insbesondere Suat Serdar den Rücken frei, bemühte sich der wackligen Innenverteidigung Unterstützung zu bieten und kommunizierte so oft es ging und nötig es war mit seinen Mitspielern und suchte wann immer es nötig oder praktisch war das Gespräch mit dem Schiedsrichter. 11,76 km lief er, Höchstwert auf dem Platz. Allgemein spulte die Mannschaft fünf Kilometer mehr ab, als gegen Union und zeigte auch daran gemessen einen höheren Einsatz.

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38 Mal war der Franzose am Spielgerät, gewann sieben seiner zwölf Zweikämpfe und brachte 18 seiner 26 Pässe beim Mitspieler unter. Wichtig war zudem, wie ballsicher er agierte, er verlor im Zentrum – anders als seine Mitspieler in Halbzeit zwei – kaum Bälle. Zusätzlich brachte er sich defensiv mit zwei erfolgreichen Tacklings ein. Sein großes Manko ist zweifelsohne sein Tempodefizit, was er mit robusten Zweikämpfen ausgleichen muss. Doch mit seiner starken und kämpferischen Haltung ist er des Kapitänsamts absolut würdig. Zumindest vertrat er Marvin Plattenhardt hervorragend und stand ihm in nichts nach. Ein wahrer Kapitän, der auch via Social Media sich sehr glücklich mit seiner Rolle zeigte und auch dahingehend für einen möglichen Konkurrenzkampf sorgen könnte.

Maximilian Mittelstädt: Seine Vielseitigkeit wird fast belohnt

Ohne Marvin Plattenhardt hier schlecht schreiben zu wollen, aber gegen Eintracht Frankfurt konnten gleich zwei Spieler Argumente liefern, weshalb Plattenhardt nicht unumstritten ist. Während Lucas Tousart als durchaus geeigneter Kapitän gelten könnte, schaffte es Maximilian Mittelstädt mit seinem ersten Saisoneinsatz Punkte zu sammeln. Der Wurf ins kalte Wasser aufgrund des kurzfristigen Ausfalls des normalerweise gesetzten Linksverteidigers Plattenhardt, tat dem Hertha-Eigengewächs zumindest nicht schlecht. Mit 10,2 gelaufenen Kilometern war er viel unterwegs. 77 Mal war er am Ball und damit einer der aktivsten der Hertha. Er zeigte sich als vielseitiger Linksverteidiger, wirkte wach, engagiert und mutig und vor allem motiviert. Auch er scheint körperlich und spielerisch im Vergleich zur letzten Saison zugelegt zu haben.

Zusätzlich war er kommunikativ, suchte seine Mitspieler, 22 seiner 31 Pässe kamen an. Mit sechs erfolgreichen Tacklings, zwei Klärungen und vier Aktionen, in denen er dem Gegenspieler den Ball ablaufen konnte, lieferte er einen sehenswerten Beitrag in der Verteidigung. Doch auch bei ihm ist das Tempo ein Manko. Ansgar Knauff und er lieferten sich zwar lange einen sehenswerten Zweikampf, doch zweimal musste er den Tempodribbler per Foul stoppen. Beim zweiten Foul in der 34. Minute sah er von Schiri Willenborg zurecht die gelbe Karte. Auch weitere Faride Alidou und Rendal Kolo Muani machten ihm das Leben schwer. Offensiv hatte Mittelstädt die Möglichkeit dem Spiel seinen Stempel aufzudrücken. In der 23. Minute setzte er Wilfried Kanga im Sturm sehenswert in Szene. Hätte der Angreifer seine Torchance vergolden können, hätte also auch Mittelstädt seine erste Torbeteiligung in dieser Saison verzeichnet.

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Insgesamt konnte Mittelstädt deutlich machen, dass er Ambitionen hat, auf mehr Einsätze zu bekommen. Durch seine Vielseitigkeit als Schienenspieler gelingt es ihm mehr als Plattenhardt, Offensive und Defensive im Blick zu halten. Gibt Sandro Schwarz ihm eine ehrliche Chance, ist ein offener Konkurrenzkampf um den Posten des Linksverteidigers möglich.

Wilfried Kanga und Stevan Jovetic: Potential zu gefährlichen Waffen

Wilfried Kanga und Stevan Jovetic sind Spieler, die einer Offensive extrem viel geben können. Beide kurbeln das Offensivspiel an und sind taktisch, spielerisch und technisch in der Lage, für viel Wirbel und Gefahr zu sorgen. Neuzugang Kanga durfte über 70 Minuten agieren und wusste vor allem in der ersten Halbzeit für Gefahr zu sorgen und auch phasenweise zu überzeugen. Allgemein zeigte sich der Franzose ballsicherer und vielseitiger als Konkurrent Davie Selke. Sein Engagement hätte er in der 23. Minute krönen können, als er Mittelstädts gefährlichen Pass im Strafraum empfing. Doch sein Schussversuch misslang – vermutlich wegen einer mangelhaften Rasenstelle – vollkommen. Aus nächster Nähe schoss der Stürmer deutlich über das Tor.

Es hätte das 2:0 sein können, ja vielleicht sogar müssen, womit das Spiel einen spannenden Verlauf hätte annehmen können. Im Zusammenspiel mit dem Rest des Teams gibt es sicherlich noch Luft nach oben, doch der erste Startelf-Einsatz ließ für die Zukunft gutes vermuten. Er gewann die Hälfte seiner Zweikämpfe, außerdem brachte er acht seiner sechzehn Pässe bei den Mitspielern unter. Kanga scheint gute Chancen zu haben, auch beim nächsten Spiel in der Startformation zu stehen. Vielleicht gelingt dann auch noch mehr Zählbares.

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(Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

Stevan Jovetic löste Kanga nach 70 Minuten ab und auch er hatte die Möglichkeit die Hertha auf die Siegesstraße zu bringen. Doch nur zwei Minuten nach seiner Einwechslung scheiterte er, nach sehenswerter Lukebakio-Vorlage, an seiner eigenen Hast und verzog freistehend vor Kevin Trapp. Seine Passqualitäten stellte er in der 83. Minute unter Beweis, als er Jonjoe Kenny auf der rechten Seite mitnahm. Die Hereingabe des Briten und der Abschluss Suat Serdars hätten für den goldenen Moment des Nachmittags sorgen können, doch ausgerechnet Jovetic selbst, der die Aktion kurz zuvor noch einleitete stand im Weg. Der Montenegriner zeigte in den wenigen Minuten wieder viel Qualität, sollte er körperlich in der Lage sein mehr Spielminuten zu absolvieren, wäre er für den Sturm eine enorme Waffe. 

Filip Uremovic und Marc-Oliver Kempf: Solide, aber wenn es schnell wird, brennt es

Das Innenverteidiger-Duo scheint erst einmal zu stehen. Wie schon in Köpenick sollten Filip Uremovic und Marc Oliver Kempf die defensive Zentrale dicht machen. Beide konnten mit soliden Leistungen auf sich aufmerksam machen, hatten aber auch große Schwierigkeiten.

Filip Uremovic war direkt früh gefordert. Bereits in der ersten Minute versuchten die Frankfurter in Person von Mario Götze Gefahr über Standards zu sorgen. Den Freistoß des WM-Helden von 2014 konnte Uremovic vor der Frankfurter Offensive klären. Der Kroate wusste eine solide Partie zu spielen, 16 seiner 18 Pässe kamen beim Mitspieler an, vier von fünf Zweikämpfen entschied er für sich. Sieben Mal klärte der Innenverteidiger zum Teil in höchster Not, drei Bälle schafft er den Gegenspielern abzulaufen. Doch den größten und entscheidenden Fehler beging er kurz nach der Pause. Die Frankfurter setzten ihn in der 48. Minute zu sehr unter Druck. Keine Chance dem Pressing zu entkommen, verlor er den Ball, der schnelle Angriff der Gäste führte zum Ausgleich durch Kamada. Sein Verhalten in dem Moment war alles andere als sehenswert und hilfreich, doch genauso wenig konnten seine Mitspieler ihn in der Situation unterstützen. Ihm also allein den Fehler zuzuschreiben, wäre zu einfach. Allgemein gelang es ihm aber auch nicht den schnellen Sturm der Frankfurter zu stoppen. Insbesondere Randal Kolo Muani, Lucas Alario und Rafael Borré wirbelten die Verteidigung der Hertha extrem durch. Das ein oder andere Tor mehr für die Eintracht wäre in manchen Phasen möglich gewesen. In der 83. Minute machte er nach Wadenkrämpfen Platz für Marton Dardai.

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(Photo by Matthias Kern/Getty Images)

Marc Oliver Kempf spielte unauffälliger als in Köpenick. Eine Tatsache, die bei dem meist aufopferungsspielenden Innenverteidiger besonders, aber keinesfalls schlecht ist. Wie Uremovic spielte er recht solide, gewann vier von sieben Zweikämpfen, lief zwei Bälle ab, klärte zwei weitere Aktionen und brachte 26 seiner 35 Pässe beim Mitspieler unter. Insbesondere mit langen Bällen gelang es ihm ein ums andere Mal das Offensivspiel anzukurbeln. Drei seiner fünf Versuche kamen an. Doch ein allseits bekanntes Problem konnte er nicht abstellen. Durch sein schwaches Stellungsspiel, das dringend von Nöten ist bei seinem Tempodefizit, konnte er der Verteidigung nur selten die notwendige Stabilität geben. Gegen die schnellen Offensivspieler des amtierenden Europa-League-Siegers sah er ein ums andere Mal sehr alt aus. Sowohl im Zusammenspiel mit Uremovic, als auch in den letzten Minuten mit Marton Dardai kamen die selben Fehler zustande.

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Bereits in der ersten Hälfte hätte Alario ins leere Tor einschieben können, in der zweiten Halbzeit konnten Kempf und die gesamte Hintermannschaft von Glück sprechen, dass Kamada, Kolo Muani und Co zu wenig Zielwasser getrunken zu haben schienen. Auch in der für den Schiedsrichter kniffligsten Situation in der 90. Minute, konnten er und Dardai Rafael Borré weder ins Abseits stellen, noch ihn anderweitig verteidigen. Er und Uremovic sind zwei grundsolide Verteidiger, ein spielerisch aktiverer Marton Dardai würde dem Spiel aber wahrscheinlich noch mehr Flexibilität verleihen. Die gute Nachricht für die Verteidiger ist, dass solch ein schneller Angriff nicht jedes Spiel gegen sie aufgestellt sein wird. Nicht jeder Angriff besteht aus Sheraldo Becker, Kolo Muani oder im schlimmsten Fall Sadio Mané. Aber auch für einen Spieler wie Marcus Thuram, der am kommenden Freitag das schwere Brett sein wird, müssen sich Sandro Schwarz und die Verteidigung Gedanken machen.

Eine Leistungssteigerung sorgt für Zuversicht

Nach dem wilden Kick in Braunschweig und der enttäuschenden Derby-Niederlage folgte nun die erste sehenswerte Vorstellung der Hertha in dieser Saison. Die Mannschaft hat bewiesen, wettbewerbsfähig zu sein, auch wenn man in der Defensive mit viel Glück gesegnet war. Andererseits muss man aber auch von Pech in der Offensive sprechen. Der Aufreger des Spiels ist bis heute natürlich Streitthema in den sozialen Medien. War die Berührung von Christensen an Borré ein straffälliger Elfmeter? War die Entscheidung Willenborgs korrekt? War der Eingriff des VAR korrekt? Es sind Fragen, die überemotionale Fans nicht beantworten können. Selbst geschultes Personal tut sich dabei schwer. Im Sinne des fairen Fußballs scheint es die richtige Entscheidung gewesen zu sein, den Elfmeter zurückzunehmen.

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(Photo by Gerald Matzka/Getty Images)

Auf einigen Szenen des Spiels lässt sich aufbauen. Die Offensive wirkt sehr viel eingespielter und lebhafter als zuletzt, genauso die Verbindung zum Mittelfeld. Die Rollen scheinen klarer verteilt zu werden und für einige Positionen entwickelt sich ein echter Konkurrenzkampf, der dem Team nur guttun kann. Dass hartnäckige Probleme, wie individuelle Aussetzer oder dass man vom Gegner nur so überrannt wird, noch vorhanden sind und nicht innerhalb weniger Tage abzustellen sind, sollte jedem klar sein. Das im Endeffekt leistungsgerechte Unentschieden, die traumhafte Choreographie der Hertha-Fans und eine deutliche Leistungssteigerung hätten für einen zufriedenstellenden Sonntag und eine angenehme folgende Woche sorgen können. Doch Hertha wäre nicht Hertha, wenn es nicht irgendwelche Probleme gäbe. Die Suspendierung Rune Jarsteins, egal weshalb und warum und wem dabei die Schuld zuzuweisen ist, kommt zu Unzeiten.

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Eine Hertha-Legende droht aus dem Verein geworfen zu werden, der Torwarttrainer ist mehr als angezählt und die Torhüter-Position stellt nun wieder eine Baustelle dar. Oliver Christensen benötigt einen Herausforderer, im Optimalfall einen gestandenen Bundesliga-Torhüter. Dieses Problem zu lösen wird nicht einfach werden, aber was ist dieser Tage schon einfach bei Hertha BSC? Bei Hertha sind bis zum Ende der Transferperiode noch viele Personalfragen zu klären, nun wohl oder übel eine weitere.

(Photo by Gerald Matzka/Getty Images)

Hertha BSC – Eintracht Frankfurt: Drei Thesen

Hertha BSC – Eintracht Frankfurt: Drei Thesen

Nach doppelter Enttäuschung zum Einstand in Pokal und Liga steht für Sandro Schwarz am Sonnabend das erste Spiel vor heimischer Kulisse an. Im Olympiastadion trifft Hertha auf den amtierenden Europa-League-Sieger Eintracht Frankfurt. Die Hessen reisen durch die 1:6-Niederlage gegen den FC Bayern zwar als Tabellenletzter an, zeigten aber bereits im Pokal eine ansprechende Form. Wir blicken mit drei Thesen auf das Aufeinandertreffen voraus.

These 1: Schwarz rotiert kräftig

Die Leistung gegen den 1. FC Union stimmte in weiten Teilen nicht. Einmal mehr konnten Herthas Spieler aus der Derby-Atmosphäre nichts ziehen, was sich positiv auf das Spiel auswirkt. Allen voran die Offensivspieler Myziane Maolida und Davie Selke waren zu keinem Zeitpunk ein Faktor. Auch aus dem Mittelfeldzentrum fehlte es an Impulsen.

Doch Trainer Schwarz stehen Alternativen zur Verfügung. Die Neuzugänge Wilfried Kanga und Chidera Ejuke, die gegen Union bereits eingewechselt wurden und gute Ansätze zeigten, sind eine weitere Woche im Training und damit näher dran, sich der Mannschaft und den Anläufen anzupassen.

Hertha-Neuzugang Chidera Ejuke

(Photo by Martin Rose/Getty Images)

Im Mittelfeld hat Lucas Tousart seine Gelb-Rot-Sperre aus dem Relegationsrückspiel gegen den HSV abgesessen. Ende der vergangenen Saison zählte der Franzose zu den Lichtblicken. Dazu ist mit Jean-Paul Boëtius ein weiterer Zugang zum Team gestoßen. Herthas neue Nummer Zehn kennt Schwarz aus gemeinsamen Mainzer Zeiten bestens.

Auch in der Abwehr hat Schwarz Optionen. Auf der Innenverteidiger-Position drängen sich mit Marton Dardai und Linus Gechter zwei Eigengewächse auf. Bei sieben Gegentoren aus zwei Spielen scheint die finale Formation noch nicht gefunden, wenngleich Schwarz mit dem Wechsel von Uremovic für Boyata zwischen Pokal- und Ligaspiel auf dieser Position bereits getauscht hat und ein weiterer Wechsel womöglich zu viele Strukturen aufbrechen würde. Auf rechts ist Routinier Peter Pekarik für den bisher eher überfordert wirkenden Jonjoe Kenny eine Option.

Ein anderes Gesicht zu zeigen, ist nach dem Saisonstart alternativlos. Unsere These: Es wird in Form anderer Gesichter passieren. Schwarz tauscht gegenüber dem Spiel in Köpenick mindestens dreimal in der Startelf.

These 2: Mannschaft zeigt Reaktion

So ernüchternd die bisherigen Spiele waren, Mut macht die klare Ansprache von Trainer Schwarz. Er erkennt die Probleme klar und spricht sie an. “Was Intensität und Zweikampschärfe angeht, war das zu wenig”, benannte er nach Abpfiff der Partie gegen Union gleich die Schwachstellen, kündigte an, nun zunächst an der Basis arbeiten zu wollen.

Im Laufe der Trainingswoche vor dem Spiel gegen Frankfurt zeigte sich Schwarz dann begeistert von seiner Mannschaft. Gerade Intensität und Aggressivität scheinen zu passen. “Wenn ich die Mannschaft so erlebe wie im Training, ist das eine sehr gute Voraussetzung, Spiele erfolgreich zu bestreiten”, glaubt Schwarz.

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(Photo by Mark Thompson/Getty Images)

Der neue Trainer scheint Schwachstellen zu erkennen und mit einer klaren Ansprache auch der Mannschaft zu verdeutlichen. Daher kommt These zwei: Hertha wird gegen Frankfurt gegenüber den vergangenen Spielen eine deutlich bessere Leistung zeigen.

These 3: Boëtius macht`s wie sein Vorgänger

Das Debüt Jurgen Ekkelenkamps vergangene Saison gegen Fürth war absolut vielversprechend. Eingewechselt brauchte er nicht einmal zwei Minuten, um den 1:1-Ausgleich zu erzielen und Hertha sogar noch zu einem Sieg zu führen.

Doch die Beziehung zwischen der Alten Dame und dem talentierten Niederländer sollte keine allzu lange werden. Nach einer Saison war wieder Schluss, Ekkelenkamp zog es noch am letzten Wochenende nach Antwerpen. Zu selten war die Rolle des quirligen Mittelfeldspielers gefragt.

Seinen Platz im Kader nimmt Landsmann Boëtius ein. Eine absolut sinnvolle Verstärkung, bringt der 28-Jährige, dessen ablösefreie Verpflichtung Fredi Bobic als “absoluten Glücksgriff” bezeichnet, doch einiges mit, das Hertha nun weiterhelfen kann.

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Boëtius ist “lauffreudig, auch aggressiv gegen den Ball”, wie Schwarz meint. Aus dem Zentrum heraus kann er zudem das Spielgeschehen mit dem Ball an sich reißen. “Ich habe große Lust auf Hertha und die neue Bundesliga-Saison. Dieses Team hat Potenzial und ich möchte meinen Teil dazu beitragen, dass wir zusammen guten Fußball auf den Platz bringen und den Fans Freude bereiten!”, so Boëtius.

Ob es gleich zu Tor und Sieg reicht, wird sich zeigen. Aber der erste Eindruck von Herthas neustem Neuzugang ist vielversprechend. Daher These drei: Genau wie sein Vorgänger wird Boëtius ein starkes Debüt hinlegen.

Titelbild: Maja Hitij/Getty Images