Hertha BSC – FC Bayern München: Drei Schlüsselduelle

Hertha BSC – FC Bayern München: Drei Schlüsselduelle

Das bisherige Motto von Hertha BSC in dieser Saison war „Gut gespielt, (zu) wenig Punkte“. Lange erhielt die Mannschaft von Sandro Schwarz Lob für ihr Auftreten, selbst wenn es am Ertrag häufig mangelte. In den letzten beiden Spielen gegen die Aufsteiger Schalke und Bremen stagnierte jedoch auch die Leistung, am Ende reichte es zumindest gegen die Gäste aus Gelsenkirchen zum ersten Heimsieg der Saison, inklusive Willy Kangas Premierentor. Der kommende Gegner aus dem Süden der Republik kommt daher zu einem eher ungünstigen Zeitpunkt, auf der anderen Seite hat Hertha kaum etwas zu verlieren.

Auf welche Schlüsselduelle es ankommt und wie man gegen Bayern München zu Punkten kommen kann, wollen wir in diesem Artikel diskutieren.

Oliver Christensen vs. Eric Maxim Choupo-Moting

Der Kader des deutschen Serienmeisters ist gespickt mit absoluten Topstars. Dass am Ende ausgerechnet der bisherige Ersatzspieler Eric Maxim Choupo-Moting zu einer der absoluten Schlüsselfiguren der laufenden Saison wird, dürfte den Großteil der geneigten Fußballfans überraschen. Der Deutsch-Kameruner konnte in bisher 13 Spielen mit 8 Toren und 3 Vorlagen glänzen, und dass bei gerade einmal 613 Einsatzminuten in Bundesliga, DFB-Pokal und Champions League zusammen. Anders formuliert: Choupo-Moting erzielt alle gut 57 Minuten einen Scorer, was den Zahlen eines Weltklassestürmers entspricht. Das wohl beeindruckendste an dieser Statistik ist jedoch, dass jede einzelne dieser Torbeteiligungen in den letzten vier Wochen erfolgte. Es dürfte schwierig sein, einen anderen Spieler zu finden, der zurzeit solch eine Form aufweist.

Choupo-Moting

(Photo by Christof Stache/AFP via Getty Images)

Ihm gegenüber steht mit Olli Christensen der jüngste Stammtorhüter in der Bundesliga. Fredi Bobic bestätigte unter der Woche in einem Sky exklusiv Interview noch einmal, dass man mit dem Dänen ein gewisses Risiko eingegangen ist. Und dieser bestätigt das in ihn gesetzte Vertrauen bis jetzt mit soliden Leistungen. Auch wenn hier und da mal eine unsichere Situation, wie zum Beispiel der Ausflug gegen Antony Modeste gegen Dortmund oder das späte verschuldete Gegentor im Freiburg-Spiel, dabei ist, hat Christensen die Mannschaft schon das ein oder andere Mal im Spiel gehalten. Im Gegensatz zum vergleichsweise unsicheren Alexander Schwolow (derzeit an Schalke verliehen) strahlt der 24-jährige Nationalspieler eine gewisse Stabilität und Ruhe aus, von der auch die Verteidiger vor ihm profitieren.

Ein Blick auf die Zahlen zeigt allerdings auch: 17 Gegentore in 12 Spielen und bisher nur einem Spiel ohne Gegentor bieten durchaus Luft nach oben, wobei dafür natürlich nicht nur der Torhüter alleine verantwortlich ist. Oliver Christensen trifft mit Eric Maxim Choupo-Moting auf einen äußerst formstarken und somit auch selbstbewussten Stürmer. Falls Hertha gegen die Bayern Punkte mitnehmen will, ist eine überdurchschnittliche Leistung und etliche gewonnene Privatduelle des Schlussmanns gegen den Mittelstürmer der Münchner notwendig.

Lucas Tousart vs. Joshua Kimmich

Herthas wichtigste Zone unter Sandro Schwarz und dessen Art Fußball spielen zu lassen ist zweifelsohne das Mittelfeld. Durch eine aktive Zweikampfweise und Ballgewinne im mittleren Drittel des Spielfeldes sowie daraus resultierende Gegenstöße soll einerseits Gefahr vom eigenen Tor gebannt und andererseits selbst in Abschlusssituationen gekommen werden. Und genau dafür ist Lucas Tousart ein eminent wichtiges Puzzleteil.

Tousart

Photo by Martin Rose/Getty Images

Der von Jürgen Klinsmann verpflichtete Rekordtransfer scheint in seiner mittlerweile dritten Saison bei Hertha endlich richtig angekommen zu sein. Er geht auf dem Feld voran, macht Meter, gewinnt einen Zweikampf nach dem anderen und gibt dem Spiel der Alten Dame eine Struktur, die in den letzten Jahren regelmäßig fehlte. Mit bereits drei Saisontoren (zweimal in der Liga und einmal im Pokal) entdeckte der Franzose zuletzt zudem eine neue Torgefahr. In seiner Kernkompetenz, dem Gewinnen von Zweikämpfen, befindet Tousart sich im ligaweiten Vergleich auf Platz 17. Daneben ist er unter den besten drei Prozent in Hinblick auf geklärte Bälle – und das europaweit.

Sein Gegenpart bei den Münchnern heißt Joshua Kimmich und gehört seit Jahren zu den Besten seiner Zunft. Der ehemalige Stuttgarter ist der unumstrittene Strippenzieher im Spiel des Champions-League-Siegers von 2020. Er befindet sich im europäischen Vergleich bei den jeweils besten Prozent in Hinblick Assists, schuss-kreierende Aktionen, progressive Pässe und abgefangene Bälle. Kimmich ist somit sowohl defensiv als auch offensiv der treibende Motor der Bayern und dazu emotionaler Leader auf dem Platz. Der Mittelfeldspieler muss für ein erfolgreiches Spiel der Blau-Weißen so gut wie möglich neutralisiert werden. Genau das wird höchstwahrscheinlich Aufgabe von Lucas Tousart sein. Sollte dem Herthaner dies gelingen, erhöht sich zumindest die Möglichkeit, dass die Gastgeber nicht als Verlierer aus der Partie gehen.

Dodi Lukebakio vs. Alphonso Davies

Auf der von Hertha aus gesehen rechten Außenbahn könnte es im kommenden Spiel durchaus zu dem einen oder anderen Blitzerfoto kommen. Mit Dodi Lukebakio (Platz 33) und Alphonso Davies (Platz 3) treffen zwei der schnellsten Spieler der Bundesliga aufeinander. Der 22-jährige Außenverteidiger der Gäste schaltet sich dabei gerne in das Offensivspiel seiner Mannschaft ein. Er gehört mit über drei erfolgreichen Dribblings pro 90 Minuten zum besten Prozent Europas in dieser Kategorie, auch seine expected Assists und schuss-kreierenden Aktionen stellen Spitzenwerte dar. Lukebakio wird somit auch defensiv gefordert sein, um Jonjoe Kenny so gut es geht zu unterstützen. Spätestens seit dem überragenden Sprint des Belgiers in Richtung des eigenen Tores gegen RB Leipzig und dem damit schon sicher geglaubten verhinderten Gegentor ist klar, dass der Rechtsaußen in dieser Saison Fußball nicht nur offensiv versteht.

Lukebakio

Photo by Cathrin Mueller/Getty Images

Auf der anderen Seite könnten sich durch die Spielweise Davies gerade die Räume öffnen, die Herthas Flügelflitzer so liebt. Mit bereits fünf Treffern in der Liga führt Lukebakio die teaminterne Torschützenliste deutlich an. Der obligatorische Hinweis auf dessen Dreierpack gegen die Bayern noch zu Düsseldorfer Zeiten erfolgt hiermit ebenfalls. Jedes Tor des Außenstürmers würde für das Ziel der Hauptstädter, vielleicht wenigstens einen Punkt im in dieser Saison erstmals ausverkauften Olympiastadion zu behalten, Gold wert sein. Es ist klar, dass alles andere als eine Niederlage für Hertha extrem wertvoll wäre, um die Abstiegsränge über die lange Winterpause zu vermeiden. Und somit zumindest etwas Ruhe im finanziell geplagten Verein aus Charlottenburg einkehren zu lassen.

Die Statistiken beruhen auf den Angaben von fbref.com und bundesliga.com

[Titelbild: Reinaldo Coddou H./Getty Images]

Hertha BSC – FC Schalke 04: Drei Thesen

Hertha BSC – FC Schalke 04: Drei Thesen

Nach einer Starken, jedoch nicht belohnten Aufholjagd gegen Leipzig geht es für die Hertha im Olympiastadion gegen den FC Schalke 04. Beide Mannschaften wollen sich aus dem Tabellenkeller verabschieden und sicherlich nicht weiter abrutschen. Es heißt Königsblau gegen Hauptstadtblau – und die Weiterführung einer alten Rivalität.

Unsere drei Thesen zum Spiel gegen den FC Schalke 04

These 1: Kein Unentschieden

Man kann davon ausgehen, dass beide Mannschaften sich mit einem Unentschieden nicht zufriedengeben werden. Hertha hat nach Leipzig eine sieglose Serie von sechs Partien zwar mit weitaus mehr Unentschieden, doch schon gegen Leipzig wollte Schwarz diese Serie nicht fortführen. Mit zwei Punkten mehr steht Hertha tabellarisch dazu besser da – ob die gute Stimmung rund um Schwarz und seinen Spielstill anhält nach einer Niederlage gegen Schalke? Man mag es bezweifeln. Wenn bei der Hertha der Haussegen nach einer Niederlage schiefhängt, so brennt es in Gelsenkirchen schon lichterloh.

Frank Kramer musste seinen Hut nehmen, ob der neue Trainer die Wende schafft? (Photo by Dean Mouhtaropoulos/Getty Images)

Trainer Frank Kramer wurde nach einer 1:5-Klatsche gegen Hoffenheim fünf Tage vorm Bundesligaspieltag gefeuert. Schalke steht mit fünf Niederlagen in Folge in der Krise. Sportdirektor Rouven Schröder gilt bei Fans immer mehr als ein Mann für Trainerverschleiß. Thomas Reis, Ex-Bochum Trainer, wird medial als Nachfolger gehandelt, hat aber noch einen Vertrag in Bochum. Der Sportvorstand sah vor Kramers Entlassung die Hertha als einen machbaren Gegner. Die Königsblauen Spieler wollen sicherlich einen guten ersten Eindruck hinterlassen bei ihrem neuen Trainer und die eigenen Fans von der Niederlagenserie erlösen. Ein Sieg muss her.

These 2: Schwarz und das Team mit “Urvertrauen”

„Das Urvertrauen ist riesig.“ Dieser Satz von Trainer Sandro Schwarz ging durch die nationale Sportpresse und wenn man die letzten Partien des Mainzers betrachtet, sieht man es der Mannschaft ebenso an. Man kann als Hertha-Fan mit Platz 15 sicherlich nicht von Euphorie-Ausbrüchen sprechen. Doch gegenüber der letzten Saison stürzt man nicht mehr in einen Strudel aus Gegentoren nach einem Rückstand. Man schafft es, sich zurückzukämpfen, bis zum Schluss noch auf den Ausgleich oder Sieg zu preschen und in manchen Spielen sogar dominierenden, ansehnlichen Fußball zu spielen. Von den Spielerleistungen ganz abgesehen, welche man als Fan erfreut wahrnimmt.

Stimmung auf dem Platz und auf der Tribüne stimmt in Leipzig (Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Schwarz hat es geschafft, rund ums Olympiagelände eine Art positive Grundstimmung zu schaffen und dies auf die Mannschaft zu übertragen, von einem teils defensivmotivierten Lukebakio, einem nicht fehlerfreien, aber leidenschaftlichen Christensen zu einem glücklosen, aber torgefährlichen Ejuke. Schwarz und die Mannschaft werden mit diesem Urvertrauen ins Spiel gehen, dass es nicht nur eine Pressephrase darstellt.

These 3: 4-4-2 hält mit Jovetic & Kanga seinen Einzug

Etwas, was nach der Niederlage in Leipzig positiv hängen blieb, war die Umstellung auf das 4-4-2 mit dem Sturmduo aus Jovetic und Kanga. Unabhängig von Insiderberichten zeigte sich Trainer Sandro Schwarz sichtlich begeistert nach der taktischen Umstellung und seinem neuen Sturmduo. „Es hat mir gut gefallen. Sie haben sich beide sehr gut bewegt – gegen den Ball und mit dem Ball.“, erklärte Schwarz kurz nach der Niederlage. Dass Schwarz nach drei Gegentoren und der Unentschiedenserie umstellt, überrascht nicht.

Stevan Jovetic nach seinem ersten Saisontor gegen Leipzig (Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Die Umstellung in der zweiten Halbzeit gegen Leipzig sorgte sichtlich für mehr Torgefahr. Jovetic, welcher seine spielerische Klasse und Erfahrung gegen Leipzig zeigte und sich mit dem ersten Saisontreffer belohnen konnte, sorgte stetig zwischen den Linien für gefährliche Szenen. Sein Gegenpart in Person von Kanga stellt dabei den wuchtigen Stoßstürmer da. Der Franzose, welcher mit seiner Physis eher tiefstehend Verteidiger rauszieht und sich via Kopfball gefährlich positioniert, wartet zwar auf seinen ersten Saisontreffer, konnte aber mit seinen Lattentreffer gegen Leipzig zeigen, dass er seinem Debüttor für Hertha immer näher kommt.

[Titelbild: Maja Hitij/Getty Images]

Hertha BSC – SC Freiburg: Drei Thesen

Hertha BSC – SC Freiburg: Drei Thesen

Nach all den Vorkommnissen der letzten zwei Wochen kann man durchaus fast vergessen, dass hier und da auch Fußball gespielt wird bei Hertha BSC. Und mit dem kommenden Gegner aus Freiburg wartet eine nicht gerade einfache Aufgabe. Dabei wären drei Punkte mit Blick auf die Tabelle wichtig, anderenfalls würde man den Anschluss ans Tabellenmittelfeld vorläufig verlieren.

Unsere drei Thesen zum Spiel gegen den SC Freiburg

These 1: Fanszene meldet sich erneut zu Wort

Am liebsten würde man sich rein aufs Sportliche konzentrieren. Doch die Causa Windhorst ist momentan leider einfach zu groß, als dass man darum herumkommen könnte. Ähnliches wird sich auch die aktive Fanszene in der Ostkurve denken. Nachdem bereits im letzten Spiel mehrere Banner und Plakate gegen den (Noch-)Investor präsentiert wurden, dürfte sich das im kommenden Heimspiel wiederholen.

Windhorst Banner

Am Mittwoch bot Lars Windhorst der Vereinsführung von Hertha BSC an, die seit 2019 erworbenen Anteile zurückzukaufen – und das zum damals gezahlten Preis. Eine Forderung, die so grotesk wie unrealistisch ist. Dementsprechend werden die Fans darauf nicht schweigen und den ein oder anderen deutlichen Spruch in Richtung des Mehrheitsanteilseigners äußern.

These 2: Rogel liefert gute Argumente für weitere Einsätze

Nachdem sich Filip Uremovic im vergangenen Spiel gegen die TSG Hoffenheim verletzt hat und zu Pause ausgewechselt werden musste, feierte Neuzugang Agustin Rogel sein Debüt im Herthatrikot. Mittlerweile steht fest, dass Uremovic auch für die nächsten Spiele ausfallen wird. Dementsprechend stelle Sandro Schwarz auf der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen die Breisgauer klar, dass Rogel starten wird. Der 1,91 m große Uruguayer lieferte in der vergangenen Partie eine mehr als solide Leistung ab. Er wirkte ruhig, konzentriert und abgeklärt, vor Augen bleibt beispielsweise sein starker Zweikampf gegen Georginio Rutter. Gegen die Gäste am Sonntag wird Rogel diese Qualität bestätigen und erneut positiv auffallen. Und damit weitere Argumente für weitere Spielminuten sammeln, selbst nach der Rückkehr von Uremovic.

These 3: Mindestens ein Herthaner feiert seine Torpremiere

Mit bisher lediglich acht Toren stellt Hertha gemeinsam mit dem VfL Bochum die bisher torärmste Offensive der Liga (wenn auch mit einem Spiel weniger). Dies lässt sich unter anderem damit begründen, dass sich bisher nur Dodi Lukebakio, Marco Richter, Suat Serdar und Lucas Tousart in die Torschützenliste eintragen konnte.

Tousart und Lukebakio

Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images

Chidera Ejuke und Wilfried Kanga hingegen warten noch auf ihren ersten Treffer. Beide Spieler haben ihren unbestreitbaren Wert für Herthas Offensivspiel, doch am eigenen Erfolg mangelt es noch. Gegen die Gäste aus Baden-Württemberg erleben wir allerdings eine Torpremiere. Ob das die genannten Offensivspieler oder nicht doch einer der beiden Innenverteidiger nach einem Standard sein werden, überlassen wir eurer Wahl.

Titelbild: Martin Rose/Getty Images

Hertha BSC – Eintracht Braunschweig: Drei Thesen

Hertha BSC – Eintracht Braunschweig: Drei Thesen

Endlich geht sie los, die neue Pflichtspielsaison. Startschuss ist traditionell die 1. Runde des DFB-Pokals, in der Hertha nach Braunschweig zur Eintracht fährt. Der Kader weist noch die ein oder andere Baustelle auf, insbesondere auf der Abgangsseite muss definitiv noch etwas passieren. Doch der Pflichtspielauftakt kümmert sich recht wenig um die Transferpläne von Fredi Bobic, daher kommen hier unsere ersten drei Thesen der Saison.

These 1: Der Schwarz-Fußball wird erkennbar, aber unausgereift sein

Mit der ersten These haben wir es uns ehrlicherweise sehr einfach gemacht. Der neue Chefcoach Sandro Schwarz ist mit der klaren Aufgabenstellung nach Berlin gekommen, die Art des Fußballspielens bei Hertha einmal komplett umzukrempeln. Statt defensiv abwartendem Fußball ist für die Zukunft eine pressing-orientierte und aktive Spielweise gefragt. Eine Systemumstellung, an die sich viele Akteure der Blau-Weißen erst noch gewöhnen müssen, insbesondere was das direkte und vertikale Umschaltspiel angeht.

Sandro Schwarz

Photo by Cameron Smith/Getty Images

In den Testspielen ließ sich die Herangehensweise bereits gut erkennen, doch gerade defensiv stimmte vieles noch nicht. Es ist daher davon auszugehen, dass man auch gegen Braunschweig sieht, wie Hertha in Zukunft auftreten will. Die Unsicherheiten werden jedoch noch vergleichsweise ausgeprägt vorhanden sein.

These 2: Derry Scherhant bekommt Spielminuten

Klassischerweise fahren jeden Sommer ein paar hoffnungsvolle Nachwuchstalente mit ins Trainingslager. Einer von ihnen war in diesem Jahr der 19-jährige Derry Scherhant, welcher erst vor zwei Jahren zu Hertha stieß. Für einen Nachwuchskicker in der Akademie der Alten Dame eine durchaus ungewöhnliche Entwicklung. Scherhant trumpfte insbesondere in der Rückrunde unter Ante Covic bei Herthas U23 ordentlich auf, kam vergangene Saison auf 24 Torbeteiligungen in 34 Spielen.

Während der Sommervorbereitung kam der Stürmer auf vergleichsweise viele Einsatzminuten, erzielte gegen Nottingham das einzige Tor für die Berliner. Insofern wäre es nicht verwunderlich, wenn Scherhant sich das Privileg verdient haben sollte, mit nach Niedersachsen zu fahren und je nach Spielverlauf eventuell sogar auf seine ersten paar Minuten im DFB-Pokal zu kommen.

These 3: Hertha gewinnt das „Best of 3“

Für den Hauptstadtklub, der in dieser Woche sein 130-jähriges Bestehen feiert, ist der Gegner kein Unbekannter. Bereits 2018 und 2020 traf man in der ersten Runde des Pokals auf Braunschweig. Während Hertha vor vier Jahren unter anderem dank eines äußerst sehenswerten direkten Volleys von Neu-Kapitän Marvin Plattenhardt mit 1:2 gewinnen konnte, verlor man in der vorletzten Saison in einem spektakulären Spiel mit 5:4. Ex-Unioner Martin Kobylanski besiegelte mit einem Dreierpack das frühe Ausschneiden der blau-weißen Gäste, spielt mittlerweile aber bei 1860 München.

Kobylanski

Photo by Martin Rose/Getty Images

Nun folgt also das dritte Spiel innerhalb von fünf Jahren und wahrscheinlich wird es kein schönes. Hertha wird sich trotz defensiver Unsicherheiten am Ende jedoch aufgrund des Qualitätsunterschieds in den Kadern knapp durchsetzen. Und damit das gestreckte „Best of 3“ gewinnen.

[Titelbild: ANDERSEN/AFP via Getty Images]

 

Vorstellung von Sandro Schwarz – Aufbruchstimmung

Vorstellung von Sandro Schwarz – Aufbruchstimmung

Neue Saison, neuer Trainer, neues Glück. Nach dem Tanz auf der Rasierklinge und spät gelungenen Klassenerhalt in der vergangenen Saison soll in der kommenden Spielzeit alles anders werden. Auf seiner Antritts-Pressekonferenz hat sich der künftige Cheftrainer von Hertha BSC, Sandro Schwarz, gemeinsam mit Geschäftsführer Fredi Bobic den Medien gestellt. Und dabei einen guten ersten Eindruck hinterlassen.

Unser Artikel zum Startschuss der Sommervorbereitung.

Eine bewegte jüngere Vergangenheit – auf beiden Seiten

Wenn man die Erlebnisse der letzten Wochen und Monate von Sandro Schwarz und Hertha BSC mit einem gemeinsamen Wort beschreiben müsste, wäre „intensiv“ vermutlich eine ziemlich gute Wahl. Während der Hauptstadtklub in den letzten drei Jahren von einer Chaossaison in die andere taumelte, erlebte Schwarz ein ganz persönliches Abenteuer mit Höhen und Tiefen. Im Herbst 2020 hat er mitten zur Corona-Hochzeit in Russland bei Dinamo Moskau angeheuert und dort eine Mannschaft aus dem Tabellenmittelfeld der Liga zu einem Spitzenteam geformt. Mit Start des unsäglichen Angriffskrieges in der Ukraine begann eine emotional schwierige Zeit für Schwarz, er entschied sich jedoch bis Saisonende bei seiner Mannschaft zu bleiben.

Seit Anfang Juni war dann klar, dass Sandro Schwarz neuer Cheftrainer bei Hertha wird. Zu Beginn kritisch beäugt, kristallisierte sich relativ schnell heraus, dass er womöglich genau der Trainer sein kann, den die krisengebeutelten Blau-Weißen gebrauchen können. „Ich freue mich jetzt hier zu sein und bin seit Samstag in Berlin“, stellte sich der neue Übungsleiter lächelnd und dennoch fokussiert vor. Urlaub habe er kaum gehabt, in den letzten zwei Wochen hätte es viele Gespräche mit Mitarbeitenden gegeben. Auch eine Besichtigung der Trainingsplätze und Infrastruktur auf dem Gelände rund um den Schenckendorffplatz stand schon auf dem Plan. Schwarz wirkt trotz fehlender Pause ziemlich ausgeruht, strahlt von Beginn an Zuversicht und eine gewisse Vorfreude aus.

Wunschlösung auf dem Trainerstuhl

Dass es einen Neustart auf der Trainerposition benötigt, stand schon seit längerer Zeit fest. Bereits im letzten Sommer galt Pal Dardai keinesfalls als Wunschlösung von Fredi Bobic. Dies zeigte sich in der Kommunikation von Trainer und Manager auch recht schnell öffentlich. Die anschließenden Lösungen mit Tayfun Korkut und Felix Magath waren jeweils von vornherein bis Saisonende begrenzt. Bobic bestätigte dies auf der Pressekonferenz auch noch einmal selbst: „Für mich war frühzeitig klar, dass wir nach einem neuen Trainer suchen werden.“

Bobic

Photo by Martin Rose/Getty Images

Und auch wenn es mehrere Kandidaten gegeben hätte, wäre die Entwicklung wohl sehr deutlich in Richtung Schwarz gegangen. Aufgrund der Arbeit des gebürtigen Mainzers in Moskau ist Bobic sicher: „Ja, genau jetzt für diesen Zeitpunkt, für diese Situation bei Hertha BSC ist er der richtige Mann.“ Und führt weiter aus: „Ich brauche jemanden der 100 Prozent Überzeugung hat, diese nicht einfache Aufgabe hier bei der Hertha zu übernehmen.“ Zumindest überzeugt scheint Schwarz tatsächlich zu sein, laut eigener Aussage wäre er auch im Falle eines Abstiegs in die zweite Liga zum Hauptstadtklub gekommen.

Endlich ein klares Konzept

Das von Sandro Schwarz ausgerufene Saisonziel sieht auf den ersten Blick erst einmal recht ungewöhnlich aus: „Wenn unsere Zuschauer und Fans unabhängig vom Trikot sehen, dass es eine Hertha-Mannschaft ist, dann ist es eine erfolgreiche Saison.“ Bei genauerem Hinsehen ist dies jedoch genau das Ziel, welches Hertha BSC braucht. Im Vordergrund soll die sportliche Entwicklung stehen und nicht der Tabellenplatz. Realistisch betrachtet darf Europa eh keineswegs der Anspruch sein, dass man nicht absteigen darf, ergibt sich logischerweise von selbst.

Doch wie genau soll der sportliche Weg denn aussehen? Woran soll man die Mannschaft der „Alten Dame“ erkennen? „Es ist mir wichtig, dass wir sehr aktiv sind, dass wir eine sehr gute Struktur in der Arbeit gegen den Ball haben und dort auch mutig sind in unserer Verteidigung sind“, erläutert Schwarz. Nach vorne solle dann sehr zielstrebig gespielt werden. Und auch abseits des Spielerischen verfolgt der ehemalige Mainzer Coach eine klare Philosophie: „Wir wollen auch außerhalb des Platzes sehr geschlossen als Mannschaft auftreten“. Nachdem bei Hertha seit 2019 sieben verschiedene Trainer mit teils unterschiedlichen oder auch überhaupt nicht vorhandenen Konzepten tätig waren, könnte Schwarz die Grundlage für eine bessere Zukunft legen. Der konsequente Plan und die erkennbare Idee des neuen Übungsleiters sind ein elementarer Bestandteil dessen, wofür Hertha in Zukunft stehen soll.

Die Arbeitsweise von Sandro Schwarz

Um diesen Weg bestreiten zu können, wartet viel Arbeit auf den Chefcoach. Und auch dafür verfolgt er einen klaren Prozess: „Unser Anspruch ist es, vom ersten Tag sehr intensiv und fleißig zu sein. Nicht groß zu reden, sondern wirklich mit einer hohen Leistungsbereitschaft zu arbeiten.“ Zu Beginn der Sommervorbereitung stehen dabei klassischerweise die athletischen Grundlagen im Vordergrund, ehe es anschließend nach und nach an die taktischen Feinheiten geht.

hertha

(Photo by Boris Streubel/Getty Images)

Grundsätzlich verfolgt Sandro Schwarz in seiner Arbeit einen sehr strukturierten Ansatz: „Ich bin ein sehr ordnungsliebender Mensch und ich bin der Überzeugung, dass eine gewisse Struktur Energie und Vertrauen gibt.“ Dies gelte sowohl fußballerisch als auch abseits des Feldes. Im Training sei vor allem eine hohe Wiederholungsrate der einzelnen Abläufe geplant. Dennoch will Schwarz seinen Schützlingen fußballerische Kreativität lassen und stellt klar: „Wir müssen den Jungs die Gewissheit geben wie das Spiel zu funktionieren hat, wie wir spielen wollen und dann aber auch es laufen zu lassen und die Freiheit zu geben“

Unterstützt wird er in seiner Arbeit dabei von Daniel Fischer, Volkan Bulut und Tamas Bodog, mit denen er zum Teil schon in Moskau zusammengearbeitet hat. Andres Menger und Vedad Ibisevic, über den Schwarz lobende Wort fand, sowie die bisherigen Athletiktrainer rund um Henrik Kuchno und Hendrik Vieth bleiben Hertha BSC erhalten.

Erneuter Kaderumbruch

Im Gegensatz zum Trainerteam steht der finale Kader derweil noch lange nicht fest. „Es wird wieder Zeit brauchen, bis der Kader komplett ist“, stellt Fredi Bobic klar. Der Markt sei noch relativ träge, insbesondere die Teams aus Südeuropa würden noch etwas Urlaub machen was die Kaderplanung angeht. Es ist als auch dieses Jahr damit zu rechnen, dass die Mannschaft nach Saisonbeginn im August weiter verändert wird und sich eine gewisse Unruhe dadurch nicht vermeiden lassen wird. Dass dies die Arbeit des Trainers erschwert, ist auch Bobic bewusst: „Es ist immer etwas unfair für das Trainerteam.“

Dennoch konnte der Manager heute etwas Einblick in die kommenden Transfers geben. So wird Santiago Ascacibar den Verein bei einem passenden Angebot verlassen dürfen, er wäre bereits während der Rückrunde auf Bobic zugekommen und hätte seinen Wechselwunsch für den Sommer geäußert. Auch Eduard Löwen ist momentan vom Training freigestellt, da er sich in Verhandlungen mit einem Verein befände. Auf der Torwartposition plane man fest mit Oliver Christensen als Stammspieler: „Da haben wir alle ein sehr gutes Gefühl dabei.“ Rune Jarstein ist Stand jetzt als Ersatztorhüter eingeplant, sollten dessen Fitnesswerte in den nächsten Wochen das nicht möglich machen, würde man sich gegebenenfalls auf dieser Position verstärken.

Bezüglich Kevin Prince Boateng konnte Bobic verkünden, dass dieser wohl bleiben wird, es hinge noch an ein paar vertraglichen Kleinigkeiten. Schwarz ist für einen persönliches Austausch mit Boateng sogar vor ein paar Tagen bereits einmal nach Berlin gekommen. Sein Fazit lautet: „Es war ein sehr gutes Gespräch, offen, klar und ehrlich von beiden Seiten aus und ich finde das ist eine gute Basis um weiter sehr gut zusammen zu arbeiten.“

Schwieriger Saisonstart

Dass gearbeitet werden muss, dürfte unzweifelhaft sein. Mit dem Zweitligisten Eintracht Braunschweig im DFB-Pokal und anschließenden Bundesligastart gegen den Stadtrivalen Union Berlin hätte das Auftaktprogramm knackiger kaum sein können. Angesprochen auf das Derby reagiert Schwarz mit der Aussage „Geiles Spiel“, bevor die Frage überhaupt zu Ende gestellt ist. Schon vor dem offiziellen Trainingsauftakt lebt er also vor, mit welcher Einstellung und Mentalität in Zukunft in Berlin-Charlottenburg gearbeitet werden soll.

Braunschweig

Photo by Martin Rose/Getty Images

Gleichzeitig macht er im Laufe der Pressekonferenz mehrmals klar, dass mit Braunschweig noch vor Union ein Gegner wartet, der mitnichten ein Selbstläufer ist. Es wird das bereits dritte Duell der beiden Mannschaften während der ersten Runde des DFB-Pokals in fünf Jahren sein. Mit Blick auf die letzte Begegnung im Sommer 2020, Hertha verlor in einer denkwürdigen Partie mit 4:5, sollte jedem klar sein, dass die von Schwarz gebotene Vorsicht mehr als nur eine Plattitüde ist. Der frische Cheftrainer hat noch sechs Wochen, um die Grundlagen seines Stils in eine vom erneuten Umbruch begleitete Mannschaft einzuarbeiten. Die Aufgabe, sie könnte kaum schwerer sein und dennoch gibt es auf dem Olympiagelände zum ersten Mal seit langem so etwas wie Aufbruchstimmung. Die Saison 2022/23, sie kann kommen.

[Titelbild: THOMAS KIENZLE/AFP via Getty Images]