Herthaner im Fokus: Es brennt lichterloh

Herthaner im Fokus: Es brennt lichterloh

Zwei Punkte für Hertha aus fünf Bundesliga-Spielen im Jahr 2022, dazu das Aus im Pokal. Die neueste Niederlage gegen die Spielvereinigung aus Fürth war nicht nur ernüchternd, sie schlägt vor allem Alarm und das sehr laut. Wir analysieren das niederschmetternde 1:2, welches Hertha knietief im Abstiegskampf versinken lässt.

Fragen über Fragen

Es sind tiefgehende Probleme, die wieder einmal eiskalt offenbart wurden. Nur der VfB Stuttgart steht in der Rückrundentabelle noch schlechter da als Hertha BSC und auch in der gesamten Tabelle sind es gar nicht so viele Punkte, die die Vereine voneinander trennen.

Zum Spiel der Hertha in Fürth stellen sich viele Fragen. Welche, die sich bereits in den letzten Spielen gestellt haben, doch es kommen nach der Niederlage gegen den Tabellenletzten weitere hinzu. Wieder stellte Tayfun Korkut die Mannschaft im 4-2-2-2 auf, welches immer mehr seine Schwächen zu offenbaren zeigt.

Aber es hilft ja nichts. Wir wollen die Fangemeinschaft nicht allein lassen und schauen uns an, woran es gegen Fürth gehapert hat, welche Spieler aktuell mehr mit ihrem Frust zu kämpfen haben, welche Baustellen sich Tayfun Korkut mittlerweile selbst leistet und ja, wir tun es, wir suchen auch nach diesem Spiel die kleinsten positiven Dinge neben den vielen negativen Punkten heraus.

Vladimir Darida: Die Einstellung stimmt, der Ertrag nicht

Daridas Interview unmittelbar nach dem Spiel sprach Bände. Er konnte sich die Leistung in Fürth nicht erklären, verfiel in Floskeln, wirkte nahezu hilflos. Der Tscheche ist in seinem Alter und auch nach Dienstjahren einer der erfahrensten Spieler bei Hertha und hatte viele schwere Zeiten mitgemacht, aber aktuell wirkt auch er verzweifelt. Und das ist in der jetzigen Situationen höchst dramatisch.

Immerhin war er im Spiel ein Antreiber, versuchte viel zu kämpfen und das Offensivspiel anzukurbeln. Doch den ersten dunklen Moment hatte er nach nur wenigen Sekunden, als er in einem heftigen Pressball mit Paul Seguin verwickelt war. Herthas allgemeinen Pech und einer schlecht gestaffelten Abwehr war es geschuldet, dass die Fürther mit dem schnellsten Bundesligator in dieser Saison nach nur 26 Sekunden bereits auf die Siegerstraße einbiegen konnten.

hertha
(Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Darida selbst versuchte sich als Ballverteiler, immerhin kamen 87 Prozent seiner Bälle bei den Mitspielern an. Doch viel zu häufig waren es kurze Bälle, die kaum für Entlastung oder gar einen goldenen Moment in der Offensive sorgen konnten. Wieder lief er mit 13,45 km die längste Strecke aller Akteure auf dem Feld. Zusätzlich konnte er mit einer feinen Flanke vor das Tor in der 82. Minute das Tor von Linus Gechter vorbereiten. Doch seine Statistiken lesen sich okay, mehr aber auch nicht.

Überall fehlte ihm das Glück, die Präzision, er wirkte oft überhastet, zu oft wurden seine Schüsse und Flankenversuche geblockt. Bei seiner Erfahrung sollte man erwarten können, dass er mehr als nur sein Standardrepertoir anbieten kann, doch das ist bei Vladimir Darida leider nicht vorhanden gewesen.

Maximilian Mittelstädt: Kampf, Unglück und tiefer Frust

Auch er ließ mit seinen Aussagen nach dem Spiel im TV-Interview tief blicken. Es fehlt an allen Ecken und Enden. Die Mannschaft schien mit dem Druck des Publikums nicht klargekommen zu sein. Thesen, über die man reden kann, doch sie dürfen keine Ausrede für die Leistung sein.

Maximilian Mittelstädt, der mit seinen 99 Ballaktionen wieder einmal der aktivste Berliner war, war auch in gewisser Weise ein Sinnbild für das Spiel der Hertha gegen den Tabellenletzten. Bemüht, mit vielen Pässen, aber auch immerhin mit 14 zum Teil haarsträubenden Fehlpässen in völlig unnötigen Situationen.

hertha
(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Er versuchte sich regelmäßig in der Offensive, kam zu einem Torschuss selbst, bereitete vier weitere vor, aber auch er konnte in keiner Weise Druck für den Lucky Punch aufbauen. Sein Handspiel in der 69. Minute, welches zum Elfmeter führte, war unglücklich, aber nun einmal existent. Sein anschließender Ausraster gegen Schiedsrichter Daniel Schlager war ob der frustrierenden Situation allzu verständlich nur leider nicht zielführend.

Mittelstädt wollte, das ist ohne Zweifel, doch er konnte nicht. So wie das gesamte Team.

Linus Gechter: Der Sonnenstrahl am stark bewölkten Himmel

Wenn ein 17-jähriges Talent, welches gerade seinen sechsten Profieinsatz absolviert, bester Herthaner auf dem Platz ist, dann sollte dem gesamten Trainerteam und auch der gesamten Mannschaft bewusst sein, dass hier gehörig etwas schiefläuft.

Gechter musste regelmäßig in der Verteidigung brenzlige Situation klären, wie in der 18. Minute, als er den Fehler des in dieser Minute schwach agierenden Alexander Schwolow mit einer Klärungsaktion auf der Linie retten musste. Im Verlauf des Spiels war er 71 Mal am Ball, musste drei Schüsse der Fürther blocken und war im Vergleich zum routinierten Mannschaftskapitän Niklas Stark eindeutig der sicherere Mann.

(Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Insbesondere weil Niklas Stark durch seine frühe gelbe Karte gehandicapt und viel damit beschäftig war, die Mitspieler zu ordnen, musste Gechter eine ganze Menge an spielerischen Situationen erledigen. Mit 11,92 km lief er wahnsinnig viel für einen Verteidiger, was aber auch mit seinen ständigen Läufen in den gegnerischen Strafraum zu erklären ist. Er versuchte es oft mit langen Bällen. Mit mäßigen Ertrag im Endeffekt. Zehn seiner 18 Versuche fanden den Mitspieler.

In der 82. Minute konnte er seine Leistung mit seinem ersten Profitor der Karriere krönen. Es half dem Team nicht mehr nennenswert. Doch auch nach diesem Tor war er der erste, der die Mitspieler antrieb, weiter zu kämpfen. Es wäre schön, diese Leistungen bald in Verbindung mit besseren Ergebnissen zu sehen.

Stevan Jovetic: Wut und Frustration in Person

Der Montenegriner ist einer der besten Spieler der Mannschaft und auch einer der erfahrensten. Doch Mitspieler in der aktuellen Verfassung hatte er wahrscheinlich noch nie oder nur selten. Wie schon gegen den VfL Bochum leistete sich Jovetic extrem viele Alleingänge. Er zeigte sich mit vielen Aktionen, versuchte zunächst auch seine Mitspieler in Szene zu setzen, verlor mit der Zeit aber an Geduld.

53 Mal war er am Ball, acht Torschüsse waren sein Beitrag in der Offensive. In der 49. Minute war es Keeper Linde, in dem er seinen Meister fand, wenige Minuten später setzte er einen Flachschuss an den Außenpfosten, in der 79. Minute verzog er sogar fünf Meter vor dem Tor stehend und setzte den Ball am Tor vorbei. Er und Marco Richter versuchten in der zweiten Halbzeit, das Spiel in der Offensive komplett an sich zu reißen.

(Photo by Boris Streubel/Getty Images)

Jovetic gewann zusätzlich 75 Prozent seiner Zweikämpfe, was für einen Offensivspieler eine beachtliche Quote ist. Doch auch er musste mit elf Fehlpässen oft den Angriff aufs gegnerische Tor abbrechen. Mit 11,47 km war er zusätzlich sehr agil. Doch das Spiel und das fehlende Engagement seiner Mitspieler ließ ihn völlig verzweifeln.

Seine Frustration hilft seiner Konzentration und seinem Spiel leider kaum weiter, da er sich schnell in überhasteten Situationen verheddert und das Angriffsspiel der Hertha damit genauso zum Erliegen bringt. Es ist eine vergleichbare Situation wie du von Matheus Cunha in der vergangenen Saison. Hoffentlich kann Jovetic seinen (verständlichen) Ärger in Zukunft besser kanalisieren.

Marco Richter: Mit dem Kopf durch die Wand

Viele Fans fragen sich, warum Marco Richter aktuell so wenige Einsatzzeiten bekommt. Es scheint an mangelnder taktischer Disziplin und schwachen Trainingsleistungen zu liegen. Auch gegen Fürth saß er zunächst nur auf der Bank. Zur zweiten Halbzeit kam er für den schwachen und wirkungslosen Myziane Maolida und riss das Angriffsspiel der Hertha zusammen mit Stevan Jovetic an sich.

Er kam zu fünf Torschüssen, war schnell unterwegs und versuchte in der Offensive, seine Mitspieler oft mit einzubinden. Immerhin kamen 15 seiner 16 Pässe bei den Mitspielern an. Doch so sehr er das Ruder rumreißen und dem Spiel seinen Stempel aufdrücken wollte, so übermotiviert wirkte er zum Teil auch.

(Photo by Joosep Martinson/Getty Images)

Eine Mischung aus Übermotivation und purem Frust bewirkt ein Spiel, dass man gut mit der berühmten Metapher „Mit dem Kopf durch die Wand“ beschreiben könnte. Er war gefährlich, aber nie zwingend genug. Meist folgten gewaltvolle Abschlüsse, denen klar die Präzision fehlten, wie in der 55. Minute, als er auf der linken Seite im Strafraum in guter Position war, um den Ball für einen Mitspieler aufzulegen. Er wählte die brutale Variante und versuchte sich an einem wuchtigen Volley aus viel zu spitzen Winkel, den er ans Außennetz setzte.

Marco Richter ist immer eine Alternative für die Offensive. Er sollte im Normalfall den Vorzug vor Maolida erhalten, ein frustrierter Richter hilft der Mannschaft allerdings nur bedingt weiter. Auch diese Baustelle sollte schleunigst geschlossen werden.

Fazit: Es geht um den Klassenerhalt und um nichts weiter

In Berlin türmt sich ein Gewitter auf und es muss viel passieren, damit dieses einfach nur vorbeizieht. Aber das Risiko, dass es sich demnächst über dem Olympiagelände kräftig entlädt, ist sehr groß. Es gibt kaum noch positive Argumente, die die Mannschaft aktuell auf ihrer Seite hat und die Unruhe rund um den Verein macht das Ganze nicht besser.

Wie eingangs bereits erwähnt stellen sich viele Fragen. Was ist Tayfun Korkuts Plan? Hat er Alternativen für das System? Ist er in der Lage, Spielern wie Suat Serdar oder Jurgen Ekkelenkamp die gewünschten Positionen auf dem Platz zu geben, die sie für ihr Spiel benötigen? Erreicht er überhaupt die Mannschaft? Gelingt es ihm Marco Richter und Stevan Jovetic wieder mehr mit dem Team zu verbinden?

Die Mannschaft wirkt nicht homogen, nicht wie ein Team. Das mussten Vladimir Darida und Maximilian Mittelstädt in ihren Sky-Interviews nach dem Spiel praktisch still und heimlich zugeben. In Berlin brennt der Baum. Noch ist Zeit ihn zu löschen, doch die nächsten Aufgaben sind alles andere als einfach und lassen das Vertrauen in die zuständigen Verantwortlichen nach und nach schwinden.

(Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Herthaner im Fokus: Brustlöser in Bochum

Herthaner im Fokus: Brustlöser in Bochum

Nach einer chancenlosen Partie gegen Bayern München und einem ernüchternden Deadline Day galt es für Hertha BSC, die Länderspielpause zu nutzen und gegen den VfL Bochum die ersten Punkte dieser Saison einzufahren, um einen Katastrophenstart zu vermeiden. Das gelang immerhin. Spielerisch bot Hertha aber über die gesamten 90 Minuten magere Kost. Es wird wohl eine lange Saison…

Wir blicken auf einige Herthaner bei diesem wichtigen 3:1-Auswärtssieg.

Dennis Jastrzembski – DJ der leisen Töne

Der 21-jährige Leihrückkehrer war sicherlich die große Überraschung in der Hertha-Startelf gegen Bochum. Auf der linken Seite der Fünferkette erhielt er den Vorzug vor dem formschwachen Maxi Mittelstädt; Marvin Plattenhardt fehlte verletzt. Jastrzembski ist als gelernter Außenstürmer dabei sicherlich auch die offensivstärkere Option. Aber eben auch eine defensiv wackligere und so überraschte es kaum, dass die ersten Angriffsversuche der Bochumer über seine linke Seite kamen und direkt in einem gelbwürdigen Foul nach nicht einmal zwei Minuten mündeten.

Foto: IMAGO

In der Folge bekam Jastrzembski häufiger Unterstützung in der Defensivarbeit von Lucas Tousart, der dafür in der Mitte etwas mehr Platz anbieten musste. Auch Marco Richter half, der in potenziellen Umschaltmomenten dann ab und an selbst vorne fehlte.

Offensiv präsentierte sich Jastrzembski etwas beweglicher als die beiden Linksverteidiger-Alternativen Maxi Mittelstädt oder Marvin Plattenhardt. Er blieb aber trotz einiger zaghafter Anläufe insgesamt ohne Durchschlagskraft und entscheidende Ideen. Mit einem seiner weiten Einwurf leitete er immerhin das 2:0 durch Suat Serdar ein.

“Jatze” weder fatal, noch berauschend

Zur Halbzeit wurde Jastrzembski gegen Maxi Mittelstädt ausgetauscht, um defensiv mehr Sicherheit zu bewirken und die bis dato eher unverdiente 2:0-Führung über die Zeit zu bringen.

Alles in allem ein okayer Auftritt vom jungen Außenstürmer auf ungewohnter Position. Die defensiven Problemen waren erwartbar, werden in der Bundesliga von spielstärkeren Mannschaften aber auch deutlich härter bestraft.

Ob Pál Dárdai am Freitag im Olympiastadion gegen Fürth Jasztrembski wieder das Vertrauen schenkt und gegen den vermeintlich schwächsten Gegner auf mehr Offensivpower setzt, bleibt abzuwarten. Sein Auftritt war weder besonders berauschend, noch besonders fatal. Kontrahent Mittelstädt hat sich allerdings in Hälfte Zwei auch nicht aufdrängen können. Und da Plattenhardt nach wie vor verletzt ist, könnte diese ungewöhnliche Besetzung der linken Außenposition gegen Fürth seine Fortsetzung finden.

Suat Serdar – Der Goal-aus-dem-Nichts-Getter

Wie schon gegen Köln begann Suat Serdar für Hertha in Bochum als rechter Part eines Dreiersturms. Wie schon gegen Köln funktionierte das überhaupt nicht. Serdar bekam keine Bälle, weil Hertha das anfängliche Pressing der Bochumer kaum auflösen konnte. Darüber hinaus kamen Lucas Tousart und Vladimir Darida im Zentrum nicht wirklich ins Spiel. In der Folge hing eigentlich die gesamte Offensive in der Luft.

Dem Herthaner Mittelfeld fehlte ein Ballverteiler, ein Box-To-Box-Spieler, der das Spiel aufzieht und den Ball auch mal nach vorn treibt – also ein Spieler wie Serdar, der eigentlich auch für genau diese Aufgaben geholt worden war. Das sah wohl auch Pál Dárdai so und stellt Hertha Mitte der ersten Hälfte auf ein 3-5-2 um. Serdar bot er so zentraler auf einer Achterposition auf, um genau dieses Defizit zu beheben.

Folgerichtig, dass Serdar dann in Minute 37 nach einem schönen Ballgewinn von Niklas Stark mit seiner ersten Aktion des Spiels von der Achterposition aus den Ball aufnahm, Richtung Tor zog, schließlich mit einem Haken drei Bochumer Verteidiger stehen ließ und mit einem schönen Abschluss von der 16er-Linie ins lange Eck auf 1:0 stellte.

Foto: IMAGO

Die Bochumer waren angesichts des bisherigen Spielverlaufs zurecht konsterniert. Und ihr Unglück steigerte sich noch, als sich die Bochumer Hintermannschaft in der 43. Minute nach einem Einwurf Jastrzembskis derart dilettantisch anstellte, dass der Ball plötzlich unbegleitet im Fünfer frei vor Serdar lag und dieser nur noch einzuschieben brauchte.

So stand der 24-Jährige plötzlich unverhofft mit einem Doppelpack da, der sich nach Herthas Offensivvortrag in Hälfte eins eigentlich so gar nicht angedeutet hatte.

Schluss mit den Serdar-Experimenten

In der zweiten Hälfte konzentrierte sich Hertha gegen Bochum auf das Verteidigen dieses Vorsprungs. So tauchte auch Serdar wie die meisten seiner Kollegen weitestgehend ab und verrichtete vorrangig seine defensiven Aufgaben. Hertha konnte dadurch allerdings kaum einmal für Entlastung sorgen und der Bochumer Druck erhöhte sich umso mehr, als Simon Zoller in der 59. Minute zum Anschluss traf. Schlussendlich rettete eine weitere Einzelaktion von Myziane Maolida die glanzlosen, so wichtigen drei Punkte.

Nachdem das Experiment Serdar auf Rechtsaußen bereits zum zweiten Mal so gar keine Früchte trug, dürfte sich der ehemalige Gelsenkirchener gegen Greuther Fürth hoffentlich auf seiner angestammten Position im zentralen Mittelfeld wiederfinden. Die Fürther dürften als Tabellenletzter im Auswärtsspiel in Berlin wohl größtenteils auf eine stabile Defensive und Herthas fehlende Kreativität setzen, um Punkte aus der Hauptstadt zu entführen.

Entsprechend könnte Serdar die wichtige Rolle als Taktgeber und Ballverteiler zukommen. Darüber hinaus darf er gern auch in Einzelaktionen seine Torgefahr wieder aufblitzen lassen. Denn das sich Hertha gegen die Fürther Defensive reihenweise schön durchkombiniert, ist nach den letzten Spielen nicht zu erwarten.

Myziane Maolida – Ein Ballkontakt reicht

Der französische Neuzugang kam zwei Wochen nach seinem Deadline Day-Transfer erwartungsgemäß noch nicht von Beginn an zum Einsatz. In der 57. Minute war es dann aber soweit, Pál Dárdai erhoffte sich von dem Wechsel offensive Entlastung und brachte Myziane Maolida gegen Bochum so zu seinem Hertha-Debüt.

Zu einem denkbar undankbaren Zeitpunkt, denn Hertha hatte sich in Hälfte zwei immer weiter zurückgezogen, das Offensivspiel mehr oder weniger eingestellt und sah sich zunehmendem Bochumer Druck ausgesetzt.. Und so hing Maolida neben Belfodil erst einmal in der Luft und schaute seinen Teamkollegen beim unzureichenden Klären von Hereingaben zu.

Als endlich einmal ein Ball seinen Weg in die Bochumer Hälfte fand, nahm Maolida mit seinem gefühlt (und möglicherweise tatsächlich) ersten Ballkontakt in der 78. Minute Tempo auf, zog dribbelnd von rechts ins Zentrum Richtung Tor, schüttelte den offensichtlich angeschlagenen Armel Bella-Kotchap ab und wurde auch von den übrigen Bochumer Abwehrspielern nicht attackiert. Diese Chance ließ sich Maolida nicht nehmen und schloss aus zentraler Position 16 Meter vor dem Tor mit seinem schwachen linken Fuß ins rechte untere Eck ab.

Hertha Bochum
Foto: xSebastianxRäppold/MatthiasxKochx/IMAGO

Damit war der Deckel drauf. Die Partie verflachte in der Folge. Maolida durfte sich noch einige Male in Laufduelle stürzen und in der letzten Minute beinahe ein spektakuläres Distanztor von Lucas Tousart bestaunen. VfL-Keeper Manuel Riemann konnte seinen Annahme-Patzer aber auf der Linie noch ausbügeln.

Wie macht sich Maolida gegen tiefstehende Gegner?

Aus Maolidas Sicht ist ihm sein Debüt dank des Treffers gelungen. Abseits des Treffers war ehrlicherweise aber noch nicht so viel zu sehen, was insbesondere an dem Mangel an Zuspielen lag. In den knapp 30 Minuten auf dem Platz bekam er aber kaum einen Ball und war in der Offensive spätestens seit der Auswechslung Belfodils völlig allein auf weiter Flur.

Und so wird es spannend, wie er sich präsentieren kann, wenn Hertha nicht auf Konter setzt, sondern gegen einen kompakt verteidigenden Gegner das Spiel machen muss. Dribblingstärke, offensives Kombinationsspiel und Abschlussstärke kann er vermutlich schon beim Heimspiel gegen den neuen Tabellenletzten Greuther Fürth am Freitagabend unter Beweis stellen. Sollte es nicht für die Startelf reichen, wird er wohl wieder als Joker zum Zug kommen. Und so hoffentlich an den ordentlichen ersten Eindruck aus dem Bochum-Spiel anknüpfen.

System – Aufstellung, wechsel dich

Hertha begann in einem 3-4-3 mit Suat Serdar auf dem rechten Flügel und Dennis Jastrzembski auf der linken Schiene.

Anders als vom DAZN-Kommentator vehement behauptet, ist das grundsätzlich erstmal eine eher offensivere Aufstellung als das alternative 3-5-2, in dem sich ein zentraler Mitelfeldspieler mehr um defensive Absicherung kümmern kann. Dazu hatte mit DJ auf der linken Schiene ein gelernter Außenstürmer auch Defensivaufgaben zu verrichten.

Trotzdem lahmte Herthas Offensivspiel total. Das lag in erster Linie daran, dass die laufstarken Sechser Lucas Tousart und Vladimir Darida zwar viel unterwegs waren, aber nicht die richtigen Räume bespielten. So kam der Ball überhaupt nicht ins Angriffsdrittel. Hertha konnte sich häufig schon nicht in der Dreierkette nicht aus dem Bochumer Pressing befreien. Man versuchte sich in langen Bällen, die regelmäßig bei einem Bochumer Spieler landeten.

Foto: xSebastianxRäppold/MatthiasxKochx/IMAGO

So stellte Dárdai zur Mitte der ersten Hälfte auf ein 3-5-2 um und zog Suat Serdar auf die Achterposition zurück. Zwar dominierte Hertha das Spiel auch jetzt nicht und tat sich in offensiven Kombinationen noch immer sehr schwer, fand aber immerhin statt. Und kam so zwar insgesamt unverdient, aber vielleicht auch nicht ganz zufällig zu den zwei Treffern durch Serdar.

Bis auf drei Punkte kann Hertha wenig aus Bochum mitnehmen

Zur Halbzeit musste Dárdai auf den verletzungsbedingten Ausfall von Jordan Torunarigha reagieren. Er brachte den erst 17-jährigen Linus Gechter zu seinem Bundesliga-Debüt. Vielleicht auch deswegen wechselte Herthas Coach zusätzlich noch den defensiv anfälligeren Jastrzembski aus und brachte dafür den erfahreneren Maxi Mittelstädt. Das Team war in der Folge sehr darauf bedacht, das Ergebnis zu sichern und stellte die Offensivbemühungen praktisch ein. Die Bochumer fühlten sich mit dem Ballbesitz zunehmend wohler und so kam es in der 59. Minute, wie es kommen musste und der Anschlusstreffer fiel.

In der Folge wirkte Hertha stark verunsichert und der Ausgleich schien nur noch eine Frage der Zeit. Dárdai reagierte in der 73. Minute, indem er Ishak Belfodil vom Platz nahm und dafür Kevin-Prince Boateng brachte und so auf ein 5-4-1 umstellte. Das wohl defensivstmögliche System brachte nach vorne schließlich überhaupt keine Entlastung mehr. Bis Maolida das Spiel mit seiner Einzelaktion entschied und die Partie vor sich hinplätschernd auf das Ende zuging.

Hertha Bochum
Foto: IMAGO

Dárdai sagte nach dem Spiel im Fernsehinterview, dass das Team in den letzten zwei Wochen mit vielen neuen Systemen und Anweisungen konfrontiert war und er dafür eigentlich zufrieden sei. Der Erfolg mag ihm recht geben, es kann allerdings nicht der Anspruch von Hertha BSC sein, sich mit Einzelaktionen und individuellen Fehlern des Gegners in Bochum zu einem Auswärtssieg zu zittern. Entsprechend muss sich Hertha gegen Greuther Fürth anders präsentieren.

Denn Fürth dürfte in fremdem Stadion deutlich passiver auftreten und Hertha das Toreschießen schwer machen. Anders als die Bochumer wird Fürth wohl auch kaum den Ball übernehmen und sich etwas locken lassen. Es heißt dann für Hertha, spielerische Lösungen zu finden. Woher die innerhalb einer Woche kommen sollen, bleibt eher fraglich. Myziane Maolida zeigte Ansätze, auch Hoffnungsträger Jurgen Ekkelenkamp dürfte wenigstens als Einwechselspieler zu seinem Debüt kommen. Ob das gegen bisher zugegeben ebenfalls sehr schwache Fürther reicht?

Und dann war da noch:

Marco Richter, der viel unterwegs war, offensiv wie seine Teamkollegen aber in der Luft hing. Mangels Anspielen und zur Unterstützung von DJ war Richter auch öfters defensiv zu finden, fehlte bei Ballgewinnen dann für den Umschaltmoment wieder in der Offensive. Nach einer etwas auffälligeren Anfangsphase wurde er immer unsichtbarer, umso mehr Bochum den Ball kontrollierte. Der Wille war deutlich zu erkennen, Laufbereitschaft und Elan stimmen. Sofern Herthas Offensivspiel demnächst etwas Fahrt aufnimmt, könnten auch seine spielerischen Qualitäten zum tragen kommen.

Ishak Belfodil, der im Sturmzentrum kaum Bälle erhielt und mit den wenigen, die ankamen, nicht viel anfangen konnte. Der Algerier wühlte vor dem 2:0 beim Einwurf im gegnerischen Sechzehner (Bochum-Trainer Thomas Reis sah ein „klares Foul“ – nein) und wurde in der 73. Minute der taktischen Maßgabe völliger Defensive geopfert und ausgewechselt. Gegen Fürth dürfte er mangels Alternativen wieder ein Startelfkandidat sein.

Linus Gechter, der 17-jährige Innenverteidiger, der nach der Pause für den verletzten Jordan Torunarigha ins Spiel kam und sein Bundesliga-Debüt feierte. Schon in der Vorbereitung war Gechter in allen Testspielen bis auf das abschließende gegen Gaziantep eingesetzt worden. Die Nervosität war ihm dennoch anzumerken, beim Gegentreffer sah auch er nicht gut aus. Nichtsdestotrotz ein Meilenstein und ein weiterer vielversprechender Spieler aus der Akademie. Glückwunsch und wir freuen uns auf mehr, Linus!

Foto: xSebastianxRäppold/MatthiasxKochx/IMAGO

Eduard Löwen, der von Hertha an Bochum verliehene „Standardspezialist“, der alle ruhenden Bälle bei den Bochumern zu verantworten hatte. Doch keinen einzigen davon konnte er halbwegs gefährlich an den eigenen Mann oder aufs Tor bringen. In einer Szene köpfte Maxi Mittelstädt nach Freistoßhereingabe des Leih-Herthaners beinahe ein Eigentor – bezeichnend.
Ansonsten lieferte Löwen ein ordentliches Spiel im zentralen Mittelfeld ab. An den Standards muss er aber dringend wieder etwas feilen.

[Titelbild: IMAGO]

Die nächste neue Hertha – Vorstellung der Neuzugänge

Die nächste neue Hertha – Vorstellung der Neuzugänge

Noch im Mai forderte Pál Dárdai, dass es keinen erneuten Umbruch geben dürfe. Zehn Zugänge, 13 Abgänge und einen enttäuschenden Deadline Day später steht Hertha mit einem rundum erneuerten Kader da. Zeit, die Gedanken zu sortieren und sich die neuen unbekannten Spieler einmal anzusehen.

Unser hausinterner Frankreich-Experte Christophe widmet sich demnächst in einem ausführlichen Artikel unserem Deadline Day  Neuzugang Myziane Maolida. Alle weiteren Neuzugänge des Sommers stellen wir hier in einem Kurzporträt vor

Jurgen Ekkelenkamp – Das fehlende Puzzleteil?

Herthas neue Nummer Zehn kam nach einigem Hin und Her von Ajax Amsterdam nach Berlin. Der 21-jährige Jurgen Ekkelenkamp war sich des Längeren mit Hertha über einen ablösefreien Transfer im Sommer 2022 einig, nun stößt er für etwa drei Millionen Euro schon in diesem Sommer zur Mannschaft.

Der Niederländer aus der Ajax-Jugend ist der sechste zentrale Mittelfeldspieler in Herthas Kader, dabei aber deutlich auf die offensiveren Positionen spezialisiert. Er kann als offensiver Achter in einem 4-3-3 oder als Zehner im bei Dárdai beliebten 4-2-3-1 agieren. Dabei ist er allerdings weniger der besonders kreative und dribbelstarke Offensivkünstler, als vielmehr ein passsicherer Ballverteiler, typisch für die Ajax-Schule.

hertha
Foto: xSebastianxRäppold/MatthiasxKochx

Neben seiner Übersicht und Passsicherheit tut sich Ekkelenkamp insbesondere ohne Ball am Fuß durch seine Läufe in den gegnerischen Strafraum vor, um eine weitere Anspielstation zu bieten und die Zuteilung der Defensive durcheinanderzuwürfeln wie es etwa ein Ilkay Gündogan in der letzten Saison bei Manchester City sehr erfolgreich gehandhabt hat. Ekkelenkamp bringt somit auch eine gewisse Torgefahr aus dem Mittelfeld mit und kann durch seine Tiefenläufe Abwehrreihen aufbrechen und Räume für Mitspieler kreieren – beides Dinge, die Hertha in den letzten Jahren beinahe völlig abgingen.

Hertha-Base Redakteur Simon hat in einem Twitter-Thread seine Sichtweise auf den Neuzugang erläutert und mit einigen Spielszenen untermalt:

Dass Jurgen Ekkelenkamp direkt mit der symbolträchtigen Rückennummer Zehn auflaufen wird, zeigt welche Hoffnungen die Verantwortlichen in ihn legen. Gerade nach den vielen Abgängen in der Offensive wird es spannend, ob der niederländische U21-Nationalspieler schnell zum Zug kommt, wie er sich in das Offensivspiel der Mannschaft einbringt und welche taktische Rolle Pál Dárdai ihm zugedenkt. In jedem Fall erweitert Jurgen Ekkelenkamp die offensiven Möglichkeiten der Hertha.

Oliver Christensen – Druck für Schwolow

Nachdem sich Rune Jarsteins Reha nach der schweren Corona-Erkrankung  noch eine Weile in die Länge zieht und Hertha offensichtlich Nils Körber die Rolle der Nummer Zwei nicht zutraut, wurden die Verantwortlichen um Fredi Bobic und Arne Friedrich in der dänischen Liga bei Odense BK fündig. Der 22-jährige Oliver Christensen, dänischer U21-Nationalkeeper, kommt für kolportierte drei Millionen Euro in die Hauptstadt und komplettiert das Torwart-Team.

Foto: IMAGO

Keeper-Analyst Sascha hat in einem Twitter-Thread die Stärken und Schwächen des Berliner Neuzugangs aufgezeigt (als dieser noch beim HSV im Gespräch war):

Dem Dänen wird also viel Potenzial attestiert. Er könnte somit nach kurzer Eingewöhnungszeit direkt in einen Zweikampf mit Alexander Schwolow treten, dessen unglückliche Debütsaison sich fortzusetzen scheint. So sah Schwolow bei den Toren zum 1:1 der Wolfsburger wie auch beim 2:0 in München nicht gut aus.

Schon in der letzten Saison hatte Chefcoach Pál Dárdai Schwolow wegen fehlenden Spielglücks auf die Bank beordert und Rune Jarstein bis zu dessen Corona-Erkrankung zur Nummer Eins gemacht. Zwar hieß es damals, die Zukunft gehöre Schwolow – angesichts der Ankunft des jungen hungrigen Konkurrenten könnte diese aber schon bald wieder vorbei sein.

Ishak Belfodil – Das Experiment

Mit Ishak Belfodil zauberte Hertha für die Offensive einen alten Bekannten aus der Bundesliga aus dem Hut, der dennoch etwas aus dem Blickfeld geraten war.

Der Algerier konnte in bisher 74 Bundesliga-Spielen 20 Tore und sieben Vorlagen erzielen – klingt soweit ganz ordentlich. Davon entfallen aber bereits 16 Tore und fünf Vorlagen auf seine stärkste Saison 2018/2019 bei Hoffenheim, gleichbedeutend mit einer Ausbeute von vier Toren und zwei Vorlagen in den übrigen 46 Spielen – ausbaufähig.

Der 29-Jährige hatte zu seiner Hoffenheimer Zeit mit Andrej Kramaric ein kongeniales Duo gebildet, verpasste dann aber wegen einer schweren Knieverletzung die gesamte Spielzeit 2019/2020, erkrankte anschließend an Corona und wurde im letzten Jahr vom neuen Coach und Ex-Herthaner Sebastian Hoeneß kaum noch berücksichtigt.

Foto: xSebastianxRäppold/MatthiasxKochx/IMAGO

Belfodil soll laut Pál Dárdai der Ersatz für Jhon Córdoba sein, ähnelt ihm in seiner Spielweise aber eigentlich kaum. Während Córdoba für den Prototyp bulliger Stürmer steht, ist Ishak Belfodil ein eher mitspielender Stürmer, der das Kombinationsspiel sucht, auch mal auf die Außen ausweicht, selbst Vorlagen geben kann, aber trotzdem einen ordentlichen Abschluss hat.

Mit einer Ablöse von 500.000 Euro geht man mit der Verpflichtung kaum ein finanzielles Risiko ein. Fraglich bleibt aber, ob Belfodil nach seiner schweren Verletzung und der langen Leidenszeit wieder das Level seiner starken Saison erreichen kann oder ob eher jene Saison ein Ausreißer nach oben war. Ein Eins-zu-Eins-Ersatz für Jhon Córdoba ist der Algerier mitnichten, er kann aber gerade im Zusammenspiel mit einem zweiten Stürmer Akzente in der Offensive setzen und ist als Option für die Kaderbreite in Ordnung.

Marco Richter – Herthas neuer Wirbelwind

Der 23-jährige Offensivallrounder kam vom FC Augsburg zu Hertha. Dabei ist er höchstwahrscheinlich insbesondere für die offensiven Außen rechts wie links eingeplant. Wenngleich sein übliches Einsatzgebiet die Außenpositionen sind, so ist er dennoch kein klassischer Flügelspieler.

Richter klebt nicht an der Linie, dribbelt sich dann bis zur Grundlinie durch und bringt reihenweise butterweiche Flanken in den Fünfer. Vielmehr stößt er gerne selbst neben einem zentralen Stürmer über die Halbpositionen vor, zieht zielstrebig zum Tor und sucht schnell den Abschluss. Trotz dieser latenten Torgefahr kam Richter beim FCA in vier Saisons allerdings noch nicht über vier Saisontore hinaus. Auch mit seinen Dribblings kann er durchaus mal den ein oder anderen Gegenspieler stehen lassen, um selbst zum Schuss zu kommen oder einen Mitspieler einzusetzen.

Foto: xkolbert-press/ChristianxKolbertx/IMAGO

In seinem Spielstil gleicht er somit trotz unterschiedlicher körperlicher Anlagen Dodi Lukébakio, der insgesamt etwas dribblingslastiger allerdings seinerseits häufig zu kopflos die falschen Entscheidungen traf. Richter bringt darüber hinaus mit einer gewissen Wucht in Zweikampf, Dribbling und Torschuss eine Komponente mit, die Lukébakio häufig abging.

Ebenso war an den ersten Spieltagen bei seinen Kurzeinsätzen Galligkeit, Einsatzwillen und Ehrgeiz zu erkennen, den die Mannschaft in den letzten Jahren so schmerzlich vermissen ließ. Bleibt zu hoffen, dass Richter nicht wie so manch anderer Neuzugang in den Hertha-Trott verfällt, sondern die Mannschaft mit seinem Elan mitreißen kann. Angesichts der weiteren Abgänge von Dodi Lukébakio und Javairo Dilrosun praktisch konkurrenzlos auf dem Flügel sollte Richter das nun in Zukunft häufig in der Startelf zeigen können.

Stevan Jovetic – Erfahren wie talentiert, aber auch fragil

Mit Stevan Jovetic wurde ein echter Bobic-Transfer an Land gezogen. Einst ein großer Name, zuletzt aber in der Versenkung verschwunden – und natürlich von der LIAN Sports Group vertreten.

Vor acht Jahren war Jovetic sowas wie das nächste große Ding und wechselte damals nach einigen starken Saisons bei der AC Florenz für 26 Millionen Euro zu Manchester City, die schon damals ein Starensemble waren und am Ende der Saison die Meisterschaft holen sollten. Damals auch mit im Kader der Citizens übrigens ein gewisser Dedryck Boyata. Über Inter Mailand, den FC Sevilla und die AS Monaco kam der Montenegriner nun diesen Sommer nach Berlin und möchte nun beweisen, dass er das Tore schießen über all die Jahre und Stationen nicht verlernt hat.

Foto: IMAGO

Der 31-Jährige ist ebenfalls nicht der „typische“ Strafraumstürmer, sondern in der Offensive variabel einsetzbar, technisch stark, ordentlich im Dribbling und Abschluss und kann so durchaus Alleinunterhalter sein. Auch ihm könnte es aber noch besser liegen, einem Zielspieler im Sturmzentrum zuzuarbeiten bzw. um diesen herum als kreierender Part der Offensive zu agieren.

Doch dafür müsste er verletzungsfrei bleiben – seine Verletzungshistorie auf transfermarkt.de füllt bereits zwei Seiten. In den letzten vier Jahren absolvierte Jovetic lediglich 61 Spiele, blieb aber immerhin in der letzten Saison vergleichsweise verletzungsfrei.

Insofern kam es leider nicht ganz überraschend, als sich der Montenegriner nach 20 Minuten im Bayern-Spiel mit Wadenproblemen auswechseln lassen musste. Es bleibt zu hoffen, dass er schnell fit wird und dann gesund bleibt, um die kreative Lücke zu füllen, die die Abgänge von Matheus Cunha, aber auch Dodi Lukébakio und Javairo Dilrosun gerissen hat. Sein Spielwitz hat Hertha bereit gut getan – man will ihn nicht lange missen.

Suat Serdar – Schon nicht mehr wegzudenken

Schon frühzeitig festgemacht wurde der Transfer von Suat Serdar. Der ehemalige deutsche Nationalspieler soll die zentrale Rolle im Hertha-Spiel ausfüllen, die in den letzten Jahren behelfsweise mit den Leihspielern Marko Grujic und Matteo Guendouzi besetzt wurde. Als Strippenzieher und Taktgeber im Hertha-Mittelfeld soll Serdar das Spiel der Hertha denken und lenken.

Und in der Vorbereitung klappte das nach kurzer Zeit schon erstaunlich gut. Serdar ließ dabei insbesondere immer wieder Torgefahr aufblitzen, wenn er sich selbst dribbelnd ins letzte Gegnerdrittel vorwagte oder sich in Tornähe an einigen schönen Kombinationen mit Mitspielern versuchte.

Foto: nordphotoxGmbHx/xTreese/IMAGO

Daneben ließ er als Box-To-Box-Spieler seine Qualitäten in der Schaltzentrale aufblitzen. Seine dynamischen Antritte, das gute Auge und die Offensivläufe ließen hoffen, dass Hertha die kreative und verbindende Stelle im Zentrum endlich ordentlich und nachhaltig besetzt hat.

Umso überraschender, dass Pál Dárdai ihn im ersten Saisonspiel gegen den 1. FC Köln als Rechtsaußen beginnen ließ. Serdar fand auf der ungewöhnlichen Position überhaupt nicht ins Spiel und konnte keine Impulse setzen. Diese positionsfremde Aufstellung aus Mangel an Alternativen wurde zwar in den folgenden beiden Spielen korrigiert, Serdar konnte das Spiel aber nicht derart an sich reißen wie noch in der Vorbereitung. Die Verunsicherung der Mannschaft färbte in Teilen auf ihn ab und weckte vermutlich Erinnerungen an die letzte Saison Serdars in Gelsenkirchen.

Nichtsdestotrotz konnte er bereits andeuten, warum Hertha ihn geholt hat. Sofern sich die Mannschaft in den nächsten Spielen wieder etwas stabilisiert, wird Serdar seine Qualitäten zeigen können. Schon jetzt ist er aus Herthas zentralem Mittelfeld nicht mehr wegzudenken.

Rückkehrer Boateng und Quasi-Neuzugänge

Heimkehrer Kevin-Prince Boateng wurde von uns in der Vorbereitung bereits mit einem ausführlichen Porträt bedacht. Mit seiner Erfahrung und Mentalität ist er ein wichtiger Führungsspieler in der Mannschaft. Ob sein Körper mitmacht und er sportlich mithalten kann, steht auf einem anderen Blatt.

Neben Dennis Jastrzembski kehrte auch Davie Selke von seiner Leihe zurück. Nach starker Vorbereitung, die wir zum Anlass genommen haben, ihn noch einmal genauer zu beleuchten, verletzte er sich im Spiel gegen Bayern und fällt vorerst aus.

Obwohl Pál Dárdai im Mai noch davon sprach, dass man nicht erneut einen großen Umbruch vornehmen dürfe, stehen am Ende der Transferphase zehn Zugänge 13 Abgängen gegenüber. Ob damit jetzt die geforderte Mentalität und geschlossene Mannschaftsleistungen erreicht werden können, bleibt abzuwarten.

[Titelbild: IMAGO]