Die große Chance einen Albtraum zu beenden

Die große Chance einen Albtraum zu beenden

Die Stimme weg, Tränen in den Augen und vollkommen am Ende mit den eigenen Kräften. Am Montagabend um 22:25 Uhr traf das wohl auf den größten Teil aller Hertha-Fans zu. Das Team der Berliner hatte soeben mit einem Riesenspiel in der Relegation in Hamburg den Klassenerhalt gesichert. Ein Kraftakt einer Mannschaft, deren Charaktere zum Teil die Spiele ihrer Karriere absolvierten.

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(Photo by Joern Pollex/Getty Images)

Es war das passiert, was sich ein jeder im blau-weißen Trikot gewünscht hatte – Hertha produzierte Szenen für die Ewigkeit. Eine Initialzündung für die nächste Saison ist möglich. Die Fans und der Verein haben die einmalige Chance, aus einem schier endlos laufenden Albtraum zu erwachen. Eine Einordnung, was dieser Klassenerhalt bedeutet.

Drei Jahre Albtraum – die Chance zu erwachen

Ich vermute, dass viele Menschen einen Albtraum haben, der sich in irgendeiner Form gerne in schlechten Nächten in den Schlaf schleicht und einen das Leben erschwert. Bei mir zum Beispiel gibt es das sich gerne wiederholende Szenario, dass mir Menschen, die mir lieb sind, sagen, dass sämtliche Prüfungen aus Schul – und Unizeiten nachträglich als ungültig erklärt wurden und mir dementsprechend auch die Abschlüsse wieder entzogen wurden. Was mir diese Träume sagen sollen, weiß ich nicht, darum geht es jetzt glücklicherweise aber auch nicht. Als Hertha-Fan erwacht man gerade zum dritten Mal aus einem Albtraum, der sich seit drei Jahren in feiner Regelmäßigkeit wiederholt. Die Sommerpause ist wieder einmal des Herthaners bester Freund.

In den letzten drei Jahren ist so viel rund um Hertha BSC passiert, dass ein Buch nötig wäre, um all das aufzuzählen und einzuordnen. Wieder einmal gelingt der Klassenerhalt und wieder einmal in einer hochdramatischen Art und Weise. Während man 2020 unter Bruno Labbadia fast schon unspektakulär über dem Strich blieb und sich letztendlich im Tabellenmittelfeld stehend in die Sommerpause verabschiedete, war das Szenario 2021 von der Spannung und Dramatik her kaum zu toppen. Die Corona-bedingte Pause, sechs Spiele in wenigen Wochen und am Ende ein feierndes Team um Pal Dardai. Doch was dieses Jahr passieren sollte, ist definitiv unvergleichbar und hätte knapper kaum sein können. Wieder einmal kann die Hertha im buchstäblich letzten Moment dem Tod von der Klinge springen.

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(Photo by Joern Pollex/Getty Images)

Doch was in den jeweiligen Momenten Freude und Erleichterung bringt und eine Form von Glückseligkeit, die sich nicht einmal der aktuelle DFB-Pokalsieger erkaufen kann, freisetzt, folgt erst auf eine dramatische und nervenaufreibende Leidenszeit. Da sind wir wieder beim Albtraum. Die Zeit, in der man nachts wach wird bzw in der das Team in der Sommerpause ist, scheint die genießbarste Zeit auf Erden zu sein. Sobald man die Augen schließt und die Mannschaft in die Saison startet, geht der Schrecken von vorne los. Doch das Potential und die Chance sind da, dass man dieses Mal keine Angst vor einem Albtraum haben braucht.

Hertha BSC braucht Ruhe und Führung   

Um das möglich zu machen, braucht Hertha BSC vor allem Ruhe. Sämtliche Nebenkriegsschauplätze müssen geklärt werden. Aktuell wird der Verein in seinen Grundfesten erschüttert und treibt relativ führungslos daher. Nach dem Spiel gegen den HSV wurde bekanntgegeben, dass Finanzvorstand Ingo Schiller seine Koffer packen würde. Damit zieht der zweite große Chef nach Carsten Schmidt zum Ende dieser Saison die Reißleine. Die Tage von Präsident Werner Gegenbauer sind gezählt, sein Rücktritt scheint ebenfalls beschlossene Sache. Auch das Präsidium steht auf der Kippe. Zusätzlich wird ein neuer Trainer gesucht und viele Vertragssituationen von Personalien im sportlichen Bereich, wie Marcel Lotka, Kevin-Prince Boateng und vielen weiteren Akteuren sind bisher ungeklärt. Weiterhin ist der starke Mann Sportvorstand Fredi Bobic, dem ein Gegenspieler oder zumindest eine ernsthafte Kontrollinstanz im Verein fehlt.

(Photo by Boris Streubel/Getty Images)

Vereinslegenden wie Pal Dardai, Zecke, Michael Hartmann und zuletzt Arne Friedrich wurden unwürdig aus dem Verein entlassen bzw. getrieben. Auch das Verhältnis zur Ultraszene ist nach den vielen Auseinandersetzungen in dieser Saison nicht komplett geklärt. Ebenso muss eingehend besprochen werden, wie man sich zukünftig gegenüber dem Investor Lars Windhorst und seiner Tennor-Holding verhalten möchte. Die Mitgliederversammlung am Sonntag wird richtungsweisend sein, was die Führung des Vereins betrifft. Ein riesen großer Scherbenhaufen muss aufgefegt werden. Und eigentlich nicht nur den dieser Saison. Sondern den der letzten drei Jahre. Denn Transfer-Altlasten wie Dodi Lukebakio, Eduard Löwen oder Deyovaisio Zeefuik gilt es ebenso zu klären.

Man muss sich in gewisser Weise eingestehen, dass die legendären Tagebücher von Jürgen Klinsmann Einblicke gewehrt haben, die anscheinend wirklich zutreffend waren. Mittlerweile wurde zu großen Teilen in die damals geforderte Richtung gehandelt. Weiterhin befindet sich der Verein in einem Umbruch. Ebenso der Kader. Am Ende werden nur wenige Spieler den dritten Umbruch im Verein überlebt haben. Auf die handelnden Personen und insbesondere Fredi Bobic kommt ein Berg an Arbeit zu. Doch nun ist Sommerpause und sie haben die Zeit, all die Baustellen anzugehen. Was das alles für Hertha BSC bedeutet, wird in den nächsten Tagen und Wochen eingeordnet werden.

Ein Genuss legendärer Erlebnisse – Und die Jahre der Mahnung

In der Retrospektive wird man in einigen Wochen, Monaten und Jahren auf die Zeit schauen und wieder einmal unvergessliche Szenen und Erlebnisse ausgraben und besprechen. Es werden schlechte dabei sein, das ist klar. Drei Derbys zu verlieren, nagt am Selbstverständnis eines Jeden, der es mit der Hertha hält. Die schwarze Zeit mit Tayfun Korkut als Trainer. Die Geschichten um Pal Dardai und Arne Friedrich wirken bis heute unfair und machen betroffen. Doch beide sind dank ihrer Vergangenheit mit Hertha positiv verbunden. Dardai war vor wenigen Wochen im Amateurstadion zu Besuch um seinen Sohn Bence im U17-Halbfinale gegen den VfB Stuttgart spielen zu sehen. Arne Friedrich kommentierte den Klassenerhalt auf Twitter mit blau-weißen Herzen.

Der Saisonendspurt hat sich in die Köpfe eingebrannt. Ob es der Befreiungsschlag gegen Hoffenheim war, der frenetische Jubel im Olympiastadion nach dem 2:0 gegen den VfB Stuttgart, die drei verpassten Matchbälle oder junge Spieler, wie Marcel Lotka, Oliver Christensen oder Linus Gechter, die sich für die Hertha begeistern konnten und einen riesigen Beitrag zum Klassenerhalt leisteten. Die Leistungsexplosion längst aufgegebener Leistungsträger, wie Kevin-Prince Boateng und Marvin Plattenhardt, die das Rückspiel gegen den HSV auf phänomenale Art und Weise an sich rissen und ein Tor für die Ewigkeit schossen.

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(Photo by Joern Pollex/Getty Images)

Der Abschied vom langjährigen Herthaner Niklas Stark, der nicht wie verdient gewesen im Olympiastadion stattfand, sondern in abgespeckter, aber nicht minder emotionaler Art und Weise vor den mitgereisten Fans in Hamburg. Die Geschichten wurde geschrieben und nun gilt es sie in irgendeiner Form einzuordnen und zu verstehen.

Es darf selbstverständlich kein „Weiter so“ geben. Das wird es auch nicht, das zeigen die vielen personellen Konsequenzen in den letzten Stunden. Die letzten drei Jahre müssen ein Mahnmal sein. Nicht nur für Hertha, sondern für den gesamten deutschen Fußball. Erfolg lässt sich nicht einfach so kaufen. Mit keinem Geld der Welt. Es gehören gut arbeitende Menschen dazu, die auch mit den vielen Millionen etwas sinnvolles anstellen und daran ist der Verein seit dem Einstieg von Lars Windhorst krachend gescheitert. Beinahe so deutlich, dass der Abstieg kaum noch abzuwenden gewesen wäre. Nach 34 Spieltagen hätte sich kein Mensch beschweren können, wenn es dazu gekommen wäre. Es gilt mit Bedacht und klaren und freien Köpfen zu handeln. Keiner fordert Wunderdinge. Schon gar nicht, dass nächste Saison das Ziel Europa ausgerufen wird. Wenn man sich in den sozialen Medien so umschaut, reicht eigentlich schon eine entspannte, ja fast schon langweilige Mittelfeld-Saison. Und daran sollte man sich orientieren. Es geht nicht um den Wunsch und das Image eines windigen Investors, der von dem Geschäft rein gar keine Ahnung hat. Es geht um die vielen, zehntausenden Fans, die mit dem Verein durch jedes noch so übel lodernde Feuer gehen und ihm die Treue bis in alle Ewigkeiten schwören. Ein Verein und die Fans müssen gemeinsam wachsen, die Ansprüche ebenso. Und das braucht Zeit. Die Sinnkrise und Selbstfindungsphase des Vereins ist noch lange nicht vorbei, doch mit dem Klassenerhalt konnte ein großer Schritt in die richtige Richtung gegangen werden, um diese Phase irgendwann zu beenden.

Aufwachen und die Chancen nutzen

Die Chancen für einen Neuanfang sind da, nie waren sie größer und sie dürfen dieses Mal nicht vergeben werden. Die Reaktionen der Spieler nach dem Spiel zeigen, was solche Abstiegsschlachten psychisch mit Menschen machen. Ein weiteres Jahr in diesen Tabellengefilden wäre schwerer denn je. Fredi Bobic und co. müssen nun einen schlagkräftigen Kader zusammenbauen um Hertha nächste Saison ein ruhiges Jahr zu schenken und einen gesicherten Weg in die Zukunft zu ebnen.

Nur dann gelingt es endgültig aus einem jahrelangen Albtraum zu erwachen.

[Titelbild: RONNY HARTMANN/AFP via Getty Images]

Das Problem mit Profiverträgen für Jugendspieler

Das Problem mit Profiverträgen für Jugendspieler

In der vergangenen Woche unterzeichnete Youngster Linus Gechter seinen ersten Profivertrag bei Hertha BSC. Der 18-jährige Innenverteidiger ist wahrscheinlich DIE Entdeckung bei der „Alten Dame“ in diesem Jahr. Nachdem mit Lazar Samardzic (2020 zu RaBa Leipzig) und Luca Netz (2021 zu Mönchengladbach) die letzten beiden Eigengewächse sehr früh wechselten, war die Befürchtung groß, dass auch der nächste Nachwuchsstar den Verein für eine vergleichsweise kleine Ablöse verlässt. Doch warum musste Hertha Spieler wie Samardzic und Netz eigentlich trotz bestehendem Vertrag so einfach ziehen lassen, obwohl man sie gerne behalten hätte?

Disclaimer: Wir haben keinen Einblick in die Interna oder Verträge der Spieler. Es kann natürlich sein, dass die genaue Rechts- und Vertragslage anders aussah, als wir sie hier beschreiben. Dieser Artikel stützt sich auf die allgemeinen (verbands-)gesetzlichen Regelungen zum Thema von Verträgen bei Jugendspielern.

Toptalente bei Hertha – der Sprung zu den Profis klappt oftmals nicht

Hertha BSC bildet schon seit Jahren regelmäßig gute und sehr gute Jugendspieler aus. Vor allem die „Goldene Generation“ des Jahrgangs 1999, die im Jahr 2018 den ersten deutschen Meistertitel der A-Junioren für Hertha gewonnen hat, sorgte für viel Aufsehen. In der Bundesliga oder einer anderen Top-Liga konnte sich von ihnen jedoch keiner von ihnen nachhaltig durchsetzen. Der bis heute prominenteste Spieler ist wahrscheinlich Arne Maier, der in diesem Jahr nach Augsburg verliehen ist und noch immer auf den wirklich großen Durchbruch wartet. Auch Jessic Ngankam (momentan an Fürth verliehen) und Dennis Schmarsch (spielt beim FC St. Pauli) konnten bisher nur bedingt Spuren hinterlassen. Andere gepriesene Talente wie Muhammed Kiprit und Palko Dardai spielen im Ausland oder unterklassigen Ligen.

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(Photo by Lukas Schulze/Getty Images)

Groß war daher die Freude bei den Fans, als man mit Lazar Samardzic (Fritz-Walter-Medaille in Bronze 2019) und Luca Netz (Fritz-Walter-Medaille in Bronze 2020) in den Folgejahren erneut einige der Toptalente Deutschlands im eigenen Verein hatte. Vielleicht würde es ja diesmal anders laufen als mit der „Goldenen Generation“ und der Sprung der Youngster zu den Profis endlich mal klappen. Doch die Chance dazu sollte sich nicht einmal ergeben: Beide wechselten in zwei aufeinanderfolgenden Sommern zu größeren Vereinen, bevor sie versuchten sich bei Hertha endgültig durchzusetzen.

Trotz bestehender Verträge bei den Blau-Weißen lag es nicht in der Macht der Verantwortlichen, Netz und Samardzic zu halten und man musste beide für vergleichsweise geringe Ablösesummen ziehen lassen. Dass man es in diesem Jahr geschafft hat, Rohdiamant Gechter langfristig zu binden, dürfte die Fans von Hertha BSC daher sehr glücklich stimmen.

Die Gesetzeslage in Deutschland bezüglich der Verträge Minderjähriger

Doch warum genau konnten Netz und Samardzic so einfach wechseln? Durften sie als minderjährige Nachwuchsspieler keine langfristigen Profiverträge unterschreiben, die Hertha im Falle eines Wechselwunsches eine stärkere Position gegeben hätten? Gemäß §106 des BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) ist ein Minderjähriger ab dem 7. Geburtstag sogenannt „beschränkt geschäftsfähig“. Er darf daher mit Hilfe von Sonderregeln Geschäfte tätigen und dementsprechend auch Verträge abschließen.

Eine dieser Sonderregeln findet sich in §107 BGB: So bedarf es für den Abschluss eines Vertrages grundsätzlich der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters. Dies sind im Normalfall die Eltern des Minderjährigen. Sobald diese einem Vertragsschluss zustimmen bzw. genehmigen, steht der Wirksamkeit dieses Vertrages quasi nichts im Weg. Die Art des Vertrages und der wirtschaftliche Umfang spielen dabei keine Rolle. Eine minderjährige Person dürfte mit der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters theoretisch ein Haus kaufen, eine Megajacht mieten oder ein Arbeitsverhältnis abschließen.

Und da Profiverträge zwischen Spielern und Vereinen im Grunde genommen auch nur Arbeitsverträge darstellen, dürfte auch ein minderjähriger Spieler ein langfristiges Arbeitspapier bei einem Fußballklub abschließen, solange die Eltern oder ein entsprechender anderer gesetzlicher Vertreter dem Ganzen zustimmt. Die Gesetzeslage ließe ein solches Vorgehen in Deutschland also zu.

Verbandsregeln von DFB und FIFA im Verhältnis zu den staatlichen Gesetzen

Das genaue Verhältnis vom Verbandsrecht des DFB und der FIFA zum allgemeinen vom Staat gesetzten Recht und dem Europarecht ist äußerst komplex. Im Rahmen dieses Beitrags wird daher nur auf die folgenden, stark vereinfachten Grundsätze eingegangen: Die vom Gesetzgeber erlassen Regelungen stellen meist nur den „äußersten Rahmen“ der Regeln unseres Zusammenlebens dar. Private Akteure (egal ob natürliche oder juristische Personen) sind vielfach in der Lage, strengere Normen als die vom Gesetz geforderten aufzustellen.

So ist beispielsweise der Verkauf von starkem Alkohol grundlegend erst an volljährige Personen (sprich ab dem 18. Geburtstag) gestattet. Ein Kioskbesitzer könnte theoretisch dennoch beschließen, dass er seine alkoholischen Produkte erst an Personen ab dem 21. Lebensjahr verkauft. Ob dies auf seinen Umsatz bezogen eine gute Idee von ihm ist, mag dahinstehen und ist schlussendlich seine Entscheidung. Er kann allerdings von niemandem gezwungen werden, seine alkoholischen Produkte an einen 19-jährigen zu veräußern. Daher kann der DFB als Verein strengere Vorschriften als die allgemeinen Regeln des BGB aufstellen.

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Des Weiteren ist der DFB aufgrund des Grundrechts der Vereinigungsfreiheit gem. Art. 9 des Grundgesetztes im Rahmen der sog. „Verbandsautonomie“ berechtigt, innerhalb des Verbands Sonderregeln aufzustellen. Die DFL (und damit Hertha BSC) wiederum hat sich im Rahmen diverser Vereinbarungen, unter anderem des „Grundlagenvertrag zwischen DFB und DEL e.V.“ den Regelungen des DFB unterworfen.

Aufgrund dieser Verbandsautonomie ist es dem DFB beispielsweise gestattet, die Teilnahme an seinen Wettbewerben an gewissen Regeln wie dem Lizensierungsverfahren der Profiklubs zu knüpfen. Er kann seine Mitglieder zu bestimmten Verhaltensweisen, wie zum Beispiel einem sportlichen Verhalten auf dem Spielfeld, anweisen und das Nichtbefolgen unter Strafen stellen. Gleichzeitig muss der DFB sich als Mitglied der FIFA den Regeln ebenjener unterordnen. Aus diesem Grund müssen die Mitgliedsvereine der DFL Regeln wie die Abstellungspflicht für Länderspiele akzeptieren und dürfen Nationalspieler die Reise zu den entsprechenden Spielen nicht verwehren.

Das „3+2“-Modell der Profivereine

Einige mögen sich jetzt fragen, was die ganze Thematik denn mit Profiverträgen für Jugendspieler zu tun hat. Die Antwort ist sehr simpel: Der DFB hat in §22 Nr. 7.1 seiner Spielordnung (der sich die Vereine wie oben bereits beschrieben unterordnen müssen) geregelt, dass mit minderjährigen Spielern lediglich Förderverträge abgeschlossen werden dürfen. Aufgrund von §22 Nr. 1 der Spielordnung ist die Laufzeit eines Vertrags mit einem Spieler unter 18 Jahren zusätzlich auf maximal drei Jahre beschränkt. Für alle volljährigen Spieler beträgt die maximale Laufzeit hingegen fünf Jahre.

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Herthas frischester Profi: U19-Kapitän Mesut Kesik, der im Sommer zu den Profis stoßen wird. (Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

Die gängige Praxis der deutschen Profivereine ist daher, das sogenannte „3+2“-Modell zu nutzen. Dies bedeutet, dass mit dem Spieler ein dreijähriger Fördervertrag mit der Option auf einen zweijährigen Anschlussvertrag ab Eintritt in die Volljährigkeit geschlossen wird. Mit Blick auf die Regeln des BGB zum Minderjährigenschutz (siehe oben) ist dieses Vorgehen wie bereits auch dargestellt auch zulässig, solange der gesetzliche Vertreter diesem Vertrag zustimmt.Es ist stark zu vermuten, dass sich Hertha BSC ebenfalls dieses Modelles bedient. Mit den Spielern der Akademie wird also mit Eintritt in die U15 bzw. U16 ein solcher Fördervertrag inkl. Anschlussvertrag unterschrieben, der sie im Regelfall bis zum Saisonende der Saison, in der sie 20 Jahre alt werden an den Verein bindet.

Damit wäre jedoch noch immer nicht geklärt, warum Hertha Spieler wie Netz und Samardzic bereits kurz nach ihrem 18. Geburtstag ziehen lassen musste. Bei zwei Jahren verbleibender Vertragszeit haben Verein üblicherweise die Karten in der eigenen Hand und können eine deutlich höhere Ablösesumme verlangen, als dies bei einer einjährigen Restlaufzeit der Fall wäre.

Der Bruch des DFB mit den FIFA-Regeln

Hier kommt jedoch das Reglement der FIFA ins Spiel, welches im Falle einer Kollision mit den Verbandsregeln des DFB den Vorzug erhalten würde. Das bedeutet konkret: Die FIFA stellt in Artikel 18.2 ihres Regelwerkes eindeutig klar: „Für Spieler unter 18 Jahren beträgt die maximale Laufzeit eines Vertrags drei Jahre. Klauseln mit längerer Laufzeit werden nicht anerkannt.“

Dies hat zur Folge, dass das „3+2“-Modell streng genommen einen Rechtsbruch gegenüber den Regeln der FIFA darstellt, da der zweijährige Anschlussvertrag als eine “Klausel mit längerer Laufzeit“ zu interpretieren ist. Dies ist dem DFB, der DFL und den Vereinen natürlich bewusst. Die Nachwuchskicker haben demzufolge ein starkes Instrument an der Hand, um einen Wechsel kurz nach Eintritt in die Volljährigkeit zu forcieren.

Sollte ein Verein auf Erfüllung des zweijährigen Anschlussvertrages bestehen, könnte ein Jugendspieler diesen vermutlich mit großer Erfolgsaussicht im Rahmen eines Rechtsstreits beseitigen können. Um ein solches Szenario und die Erschaffung eines Präzedenzfalls zu vermeiden, nehmen die Vereine in diesem Fall lieber Abstand von diesem fragwürdigen Vertragskonstrukt und lassen die Spieler für eine vergleichsweise geringe Ablöse ziehen.

Perspektive bieten statt angreifbare Verträge abschließen

Der Grund für Erzwingung der Wechsel von Spieler wie Samardzic und Netz findet sich also recht klar im Reglement des Fußballweltverbandes. Die Vereine haben dadurch rechtlich eher wenig Macht über den Verbleib ihrer ausgebildeten Talente. Im Sinne des Schutzes der minderjährigen und von allen Seiten leicht beeinflussbaren Jugendspieler vermutlich eine sinnvolle Regelung, um einer Übervorteilung durch die Vereine entgegen zu wirken. Dass dadurch andere Vereine oder von finanziellen Interessen getriebene Eltern und Berater in eine starke Verhandlungsposition rücken, ist leider die Kehrseite der Medaille.

Den Ausbildungsvereinen wie Hertha bleibt jedoch ein anderes Mittel, die Spieler zu halten: Durch das Aufzeigen einer klaren Perspektive und einer aktiven Einbindung in den Profikader. Sofern der Spieler die Aussicht auf eine sportlich zielführende Weiterbildung im Ausbildungsvereine sieht, gibt es für ihn deutlich weniger Gründe zu wechseln, als wenn er die Befürchtung hat nicht auf die Einsatzzeiten zu kommen, die gerade für einen jungen Spieler so eminent wichtig sind. Und nach den Entwicklungen der Talente rund um die „Goldene Generation“ kann es durchaus nachvollziehbar sein, dass Samardzic und Netz ungeachtet der finanziellen Gründe auch einen sportlichen Anreiz hatten, Hertha BSC zu verlassen.

(Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

Es liegt damit in der Verantwortung der sportlichen Leitung, des Managements und auch der Trainer, Talente an den Verein zu binden und eine Perspektive aufzuzeigen. Bei Linus Gechter und auch Spielern wie Marton Dardai war dieses Vorgehen anscheinend mit Erfolg gekrönt. Es bleibt zu hoffen, dass der Staff rund um Fredi Bobic und Pablo Thiam (Leiter der Akademie) diesen Weg weiter ebnet und ausbaut. Denn nur in diesem Fall werden sich die kommenden Toptalente für ein langfristiges Engagement auch über den 18. Geburtstag hinaus bei Hertha BSC begeistern können.

Wer sich für viele weiteren Themen der rechtlichen Grundlagen rund um die Bundesliga bzw. Profifußball generell interessieret, dem kann ich übrigens diesen Beitrag auf der Website der Bundeszentrale für politische Bildung wärmstens empfehlen.

[Titelbild: Frederic Scheidemann/Getty Images]

Herthaner des Monats (Feb 2022): Linus Gechter

Herthaner des Monats (Feb 2022): Linus Gechter

Der Februar 2022 war ein weiterer ernüchternder und siegloser Monat aus Hertha-Sicht. Ein Monat, in dem die Schwächen des Kaders einmal mehr gnadenlos offensichtlich wurden. Immerhin einer konnte den Februar dennoch nutzen, um sich sportlich nachhaltig zu empfehlen: Linus Gechter ist Hertha BASE-Herthaner des Monats.

Ein Monat der Premieren für Gechter

Es war ein Monat der Premieren für den am 27. Februar 18 Jahre alt gewordenen Gechter. Nicht alle waren schön, doch als Mensch und Sportler werden ihn alle weiterbringen. Da wäre zum Beispiel sein erster verursachter Foulelfmeter in der Fußball-Bundesliga, im Spiel gegen den SC Freiburg. Für einen Verteidiger immer eine bittere Erfahrung, das Gefühl zu haben, an einem Gegentor durch ein Foul- oder Handspiel Schuld zu sein. Zur Wahrheit bei Gechters erstem verursachten Strafstoß gehört aber auch, dass der Pfiff sich als Fehlentscheidung herausstellte.

Eine bedeutend schönere Premiere feierte er da zwei Wochen vorher, mit seinem ersten Bundesliga-Tor gegen Greuter Fürth. Bei vielen Teams ist es Brauch, dass junge Spieler nach ihrem ersten Tor ein Mannschaftsessen ausgeben oder zumindest einen Kasten Bier in die Kabine stellen.

Doch für den Umstand, dass Gechter sein erstes Bundesliga-Tor mit gerade einmal 17 Jahren nicht in aller Euphorie und mit den mitgereisten Fans feiern konnte, sondern den Ball aus dem Tor holte um schnell weiter zu spielen, muss ihm eigentlich jeder einzelne Mitspieler ein Abendessen spendieren. War es schließlich Gechter, der Hertha mit zwei auf der Linie geklärten Bällen überhaupt erst im Spiel hielt. Am Ende sollte allerdings auch sein Tor nichts mehr an der Niederlage ändern.

“Mit 17 ins kalte Wasser geworfen und gut abgeliefert”

Drei seiner vier Startelfeinsätze im deutschen Oberhaus hatte Gechter im Februar, die Tendenz zeigt für ihn in die richtige Richtung. Dass mit Marton Dardai, Dedryck Boyata, Marc Oliver Kempf und Niklas Stark reihenweise Innenverteidiger ausfielen, begünstigte seine Einsätze zwar. Er erwies sich trotz seines jungen Alters jedoch als absolut würdiger Vertreter.

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(Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

Auch von den Fans gibt es dafür Wertschätzung. „Für sein Alter sehr abgeklärt in seinen Aktionen und geht im richtigen Moment auch mal mit Ball am Fuß in die gegnerische Hälfte, wenn der Aufbau von hinten nicht geht“, lobt Twitter-User @a_sucrow. Für @nikkristoffer war beeindruckend, dass Gechter dem Druck standhielt, als er durchspielen musste, schon allein, weil Tayfun Korkut keine Alternative zur Verfügung hatte: „Gechter hat keine Chance bekommen und wäre bei schlechten Leistungen wieder raus gewesen, sondern musste praktisch spielen und sich der Situation annehmen.“ – „Mit 17 ins kalte Wasser geworfen und hat gut abgeliefert“, fasst es @mr_taylor83 zusammen.

Gechter erstmal wieder in der zweiten Reihe?

„Er ist motiviert, gibt extrem viel und hat trotz seines Alters eine echt gute Ballbehandlung und Übersicht“, sagt @HAUherthabsc zum Spiel Gechters. Auch Führungsqualitäten lässt er im jungen Alter durchblicken, wie @princeofbel_in findet: „Er war direkt da, als er in die Startelf geworfen werden musste, springt für unsere beiden Kapitäne ein und man wird das Gefühl nicht los, dass er mit 18 bessere Führungsqualitäten als unsere anderen Innenverteidiger hat. Macht er weiter so, ist er bald unverzichtbar.“ @BscJessy wirft außerdem neben Gechter den Namen Marcel Lotka ins Rennen, der als nomineller fünfter Torwart gegen den SC Freiburg spielte: „Für ihr Alter haben sie einen super Einstand gehabt. Das macht Lust auf mehr.“

(Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Trotz der zuletzt ansprechenden Leistungen wird sich Gechter in den kommenden Woche sicherlich auch wieder auf der Bank wiederfinden. Die weiteren Innenverteidiger kommen von Sperren, Verletzungen und Corona-Erkrankungen zurück und nicht selten setzen Trainer im Kampf gegen den Abstieg primär auf Erfahrung. Doch Gechter hat sich als Alternative empfohlen und gezeigt, dass er bereit für die Bundesliga ist.

[Titelbild: Christian Kaspar-Bartke/Getty Images]

Herthaner im Fokus: Es brennt lichterloh

Herthaner im Fokus: Es brennt lichterloh

Zwei Punkte für Hertha aus fünf Bundesliga-Spielen im Jahr 2022, dazu das Aus im Pokal. Die neueste Niederlage gegen die Spielvereinigung aus Fürth war nicht nur ernüchternd, sie schlägt vor allem Alarm und das sehr laut. Wir analysieren das niederschmetternde 1:2, welches Hertha knietief im Abstiegskampf versinken lässt.

Fragen über Fragen

Es sind tiefgehende Probleme, die wieder einmal eiskalt offenbart wurden. Nur der VfB Stuttgart steht in der Rückrundentabelle noch schlechter da als Hertha BSC und auch in der gesamten Tabelle sind es gar nicht so viele Punkte, die die Vereine voneinander trennen.

Zum Spiel der Hertha in Fürth stellen sich viele Fragen. Welche, die sich bereits in den letzten Spielen gestellt haben, doch es kommen nach der Niederlage gegen den Tabellenletzten weitere hinzu. Wieder stellte Tayfun Korkut die Mannschaft im 4-2-2-2 auf, welches immer mehr seine Schwächen zu offenbaren zeigt.

Aber es hilft ja nichts. Wir wollen die Fangemeinschaft nicht allein lassen und schauen uns an, woran es gegen Fürth gehapert hat, welche Spieler aktuell mehr mit ihrem Frust zu kämpfen haben, welche Baustellen sich Tayfun Korkut mittlerweile selbst leistet und ja, wir tun es, wir suchen auch nach diesem Spiel die kleinsten positiven Dinge neben den vielen negativen Punkten heraus.

Vladimir Darida: Die Einstellung stimmt, der Ertrag nicht

Daridas Interview unmittelbar nach dem Spiel sprach Bände. Er konnte sich die Leistung in Fürth nicht erklären, verfiel in Floskeln, wirkte nahezu hilflos. Der Tscheche ist in seinem Alter und auch nach Dienstjahren einer der erfahrensten Spieler bei Hertha und hatte viele schwere Zeiten mitgemacht, aber aktuell wirkt auch er verzweifelt. Und das ist in der jetzigen Situationen höchst dramatisch.

Immerhin war er im Spiel ein Antreiber, versuchte viel zu kämpfen und das Offensivspiel anzukurbeln. Doch den ersten dunklen Moment hatte er nach nur wenigen Sekunden, als er in einem heftigen Pressball mit Paul Seguin verwickelt war. Herthas allgemeinen Pech und einer schlecht gestaffelten Abwehr war es geschuldet, dass die Fürther mit dem schnellsten Bundesligator in dieser Saison nach nur 26 Sekunden bereits auf die Siegerstraße einbiegen konnten.

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(Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Darida selbst versuchte sich als Ballverteiler, immerhin kamen 87 Prozent seiner Bälle bei den Mitspielern an. Doch viel zu häufig waren es kurze Bälle, die kaum für Entlastung oder gar einen goldenen Moment in der Offensive sorgen konnten. Wieder lief er mit 13,45 km die längste Strecke aller Akteure auf dem Feld. Zusätzlich konnte er mit einer feinen Flanke vor das Tor in der 82. Minute das Tor von Linus Gechter vorbereiten. Doch seine Statistiken lesen sich okay, mehr aber auch nicht.

Überall fehlte ihm das Glück, die Präzision, er wirkte oft überhastet, zu oft wurden seine Schüsse und Flankenversuche geblockt. Bei seiner Erfahrung sollte man erwarten können, dass er mehr als nur sein Standardrepertoir anbieten kann, doch das ist bei Vladimir Darida leider nicht vorhanden gewesen.

Maximilian Mittelstädt: Kampf, Unglück und tiefer Frust

Auch er ließ mit seinen Aussagen nach dem Spiel im TV-Interview tief blicken. Es fehlt an allen Ecken und Enden. Die Mannschaft schien mit dem Druck des Publikums nicht klargekommen zu sein. Thesen, über die man reden kann, doch sie dürfen keine Ausrede für die Leistung sein.

Maximilian Mittelstädt, der mit seinen 99 Ballaktionen wieder einmal der aktivste Berliner war, war auch in gewisser Weise ein Sinnbild für das Spiel der Hertha gegen den Tabellenletzten. Bemüht, mit vielen Pässen, aber auch immerhin mit 14 zum Teil haarsträubenden Fehlpässen in völlig unnötigen Situationen.

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(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Er versuchte sich regelmäßig in der Offensive, kam zu einem Torschuss selbst, bereitete vier weitere vor, aber auch er konnte in keiner Weise Druck für den Lucky Punch aufbauen. Sein Handspiel in der 69. Minute, welches zum Elfmeter führte, war unglücklich, aber nun einmal existent. Sein anschließender Ausraster gegen Schiedsrichter Daniel Schlager war ob der frustrierenden Situation allzu verständlich nur leider nicht zielführend.

Mittelstädt wollte, das ist ohne Zweifel, doch er konnte nicht. So wie das gesamte Team.

Linus Gechter: Der Sonnenstrahl am stark bewölkten Himmel

Wenn ein 17-jähriges Talent, welches gerade seinen sechsten Profieinsatz absolviert, bester Herthaner auf dem Platz ist, dann sollte dem gesamten Trainerteam und auch der gesamten Mannschaft bewusst sein, dass hier gehörig etwas schiefläuft.

Gechter musste regelmäßig in der Verteidigung brenzlige Situation klären, wie in der 18. Minute, als er den Fehler des in dieser Minute schwach agierenden Alexander Schwolow mit einer Klärungsaktion auf der Linie retten musste. Im Verlauf des Spiels war er 71 Mal am Ball, musste drei Schüsse der Fürther blocken und war im Vergleich zum routinierten Mannschaftskapitän Niklas Stark eindeutig der sicherere Mann.

(Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Insbesondere weil Niklas Stark durch seine frühe gelbe Karte gehandicapt und viel damit beschäftig war, die Mitspieler zu ordnen, musste Gechter eine ganze Menge an spielerischen Situationen erledigen. Mit 11,92 km lief er wahnsinnig viel für einen Verteidiger, was aber auch mit seinen ständigen Läufen in den gegnerischen Strafraum zu erklären ist. Er versuchte es oft mit langen Bällen. Mit mäßigen Ertrag im Endeffekt. Zehn seiner 18 Versuche fanden den Mitspieler.

In der 82. Minute konnte er seine Leistung mit seinem ersten Profitor der Karriere krönen. Es half dem Team nicht mehr nennenswert. Doch auch nach diesem Tor war er der erste, der die Mitspieler antrieb, weiter zu kämpfen. Es wäre schön, diese Leistungen bald in Verbindung mit besseren Ergebnissen zu sehen.

Stevan Jovetic: Wut und Frustration in Person

Der Montenegriner ist einer der besten Spieler der Mannschaft und auch einer der erfahrensten. Doch Mitspieler in der aktuellen Verfassung hatte er wahrscheinlich noch nie oder nur selten. Wie schon gegen den VfL Bochum leistete sich Jovetic extrem viele Alleingänge. Er zeigte sich mit vielen Aktionen, versuchte zunächst auch seine Mitspieler in Szene zu setzen, verlor mit der Zeit aber an Geduld.

53 Mal war er am Ball, acht Torschüsse waren sein Beitrag in der Offensive. In der 49. Minute war es Keeper Linde, in dem er seinen Meister fand, wenige Minuten später setzte er einen Flachschuss an den Außenpfosten, in der 79. Minute verzog er sogar fünf Meter vor dem Tor stehend und setzte den Ball am Tor vorbei. Er und Marco Richter versuchten in der zweiten Halbzeit, das Spiel in der Offensive komplett an sich zu reißen.

(Photo by Boris Streubel/Getty Images)

Jovetic gewann zusätzlich 75 Prozent seiner Zweikämpfe, was für einen Offensivspieler eine beachtliche Quote ist. Doch auch er musste mit elf Fehlpässen oft den Angriff aufs gegnerische Tor abbrechen. Mit 11,47 km war er zusätzlich sehr agil. Doch das Spiel und das fehlende Engagement seiner Mitspieler ließ ihn völlig verzweifeln.

Seine Frustration hilft seiner Konzentration und seinem Spiel leider kaum weiter, da er sich schnell in überhasteten Situationen verheddert und das Angriffsspiel der Hertha damit genauso zum Erliegen bringt. Es ist eine vergleichbare Situation wie du von Matheus Cunha in der vergangenen Saison. Hoffentlich kann Jovetic seinen (verständlichen) Ärger in Zukunft besser kanalisieren.

Marco Richter: Mit dem Kopf durch die Wand

Viele Fans fragen sich, warum Marco Richter aktuell so wenige Einsatzzeiten bekommt. Es scheint an mangelnder taktischer Disziplin und schwachen Trainingsleistungen zu liegen. Auch gegen Fürth saß er zunächst nur auf der Bank. Zur zweiten Halbzeit kam er für den schwachen und wirkungslosen Myziane Maolida und riss das Angriffsspiel der Hertha zusammen mit Stevan Jovetic an sich.

Er kam zu fünf Torschüssen, war schnell unterwegs und versuchte in der Offensive, seine Mitspieler oft mit einzubinden. Immerhin kamen 15 seiner 16 Pässe bei den Mitspielern an. Doch so sehr er das Ruder rumreißen und dem Spiel seinen Stempel aufdrücken wollte, so übermotiviert wirkte er zum Teil auch.

(Photo by Joosep Martinson/Getty Images)

Eine Mischung aus Übermotivation und purem Frust bewirkt ein Spiel, dass man gut mit der berühmten Metapher „Mit dem Kopf durch die Wand“ beschreiben könnte. Er war gefährlich, aber nie zwingend genug. Meist folgten gewaltvolle Abschlüsse, denen klar die Präzision fehlten, wie in der 55. Minute, als er auf der linken Seite im Strafraum in guter Position war, um den Ball für einen Mitspieler aufzulegen. Er wählte die brutale Variante und versuchte sich an einem wuchtigen Volley aus viel zu spitzen Winkel, den er ans Außennetz setzte.

Marco Richter ist immer eine Alternative für die Offensive. Er sollte im Normalfall den Vorzug vor Maolida erhalten, ein frustrierter Richter hilft der Mannschaft allerdings nur bedingt weiter. Auch diese Baustelle sollte schleunigst geschlossen werden.

Fazit: Es geht um den Klassenerhalt und um nichts weiter

In Berlin türmt sich ein Gewitter auf und es muss viel passieren, damit dieses einfach nur vorbeizieht. Aber das Risiko, dass es sich demnächst über dem Olympiagelände kräftig entlädt, ist sehr groß. Es gibt kaum noch positive Argumente, die die Mannschaft aktuell auf ihrer Seite hat und die Unruhe rund um den Verein macht das Ganze nicht besser.

Wie eingangs bereits erwähnt stellen sich viele Fragen. Was ist Tayfun Korkuts Plan? Hat er Alternativen für das System? Ist er in der Lage, Spielern wie Suat Serdar oder Jurgen Ekkelenkamp die gewünschten Positionen auf dem Platz zu geben, die sie für ihr Spiel benötigen? Erreicht er überhaupt die Mannschaft? Gelingt es ihm Marco Richter und Stevan Jovetic wieder mehr mit dem Team zu verbinden?

Die Mannschaft wirkt nicht homogen, nicht wie ein Team. Das mussten Vladimir Darida und Maximilian Mittelstädt in ihren Sky-Interviews nach dem Spiel praktisch still und heimlich zugeben. In Berlin brennt der Baum. Noch ist Zeit ihn zu löschen, doch die nächsten Aufgaben sind alles andere als einfach und lassen das Vertrauen in die zuständigen Verantwortlichen nach und nach schwinden.

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Hertha-Kader im Check: Wer muss gehen, wer darf bleiben?

Hertha-Kader im Check: Wer muss gehen, wer darf bleiben?

Es sind einmal mehr wilde Zeiten in Berlin. Der Verein kommt kaum zur Ruhe und Fredi Bobic baut fleißig am Kader. Doch um entscheidend das Team umzubauen, müssen alte Strukturen aufgerissen und auch Mut bewiesen werden. An der Personalie des derzeit verletzten Kapitäns Dedryck Boyata wird schnell klar, dass bei Hertha BSC kein Spieler unersetzlich ist und jeder sich in der schwierigen Zeit beweisen muss. Fredi Bobic stellte deshalb zuletzt den gesamten Kader auf den Prüfstand. Sämtliche Vertragsgespräche liegen aktuell auf Eis und dabei gibt es eine ganze Menge an Spielern, deren Verträge 2022 bzw. 2023 auslaufen.

Wir haben uns mit den Kandidaten beschäftigt und wägen ab, bei wem eine Vertragsverlängerung sinnvoll wäre, wer in einer anderen Position im Verein passen würde und bei wem ein Transfer das sinnvollste wäre.

Niklas Stark – bis 2022

Niklas Stark ist einer der größten Namen im Team der Hertha. Der 1,90 Meter große Innenverteidiger ist seit 2015 dabei und absolvierte seitdem wettbewerbsübergreifend 189 Pflichtspiele für die Alte Dame. 168 davon in der Bundesliga. Er ist Führungsspieler und hinter Dedryck Boyata Vizekapitän. Der ehemalige Nürnberger ist stets Interviewpartner der Medien und Sprachrohr der Mannschaft. Unter dem ehemaligen Nationaltrainer Joachim Löw durfte er für die deutsche Nationalmannschaft debütieren.

Doch so schön das alles klingen mag, so sehr steht er auch in der Kritik. Seine Leistungen in dieser Saison sind durchwachsen. Sie schwanken zu sehr und auch die in den letzten Monaten sehr zähen Verhandlungen zeigen, dass weder die Verantwortlichen im Verein noch er selbst um jeden Preis eine Verlängerung anstreben. Auch weil der Anspruch von Niklas Stark mittlerweile einer ist, dem Hertha BSC nicht mehr gerecht werden kann. Um möglicherweise wieder Chancen zu bekommen, in der Nationalmannschaft spielen zu können, braucht er einen Verein, der regelmäßig um das europäische Geschäft spielt.

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Der Verein könnte bei einem Abgang weiter am Umbau der Hierarchie in der Mannschaft arbeiten und jüngeren Spielern, wie Marton Dardai und Linus Gechter, mehr Chancen einräumen. Sollte sich Niklas Stark in der Rückrunde nicht entscheidend entwickeln oder die Harmonie aus frühen Jugendnationalmannschaften mit Neuzugang Marc-Oliver Kempf verflogen sein, wäre eine Trennung im Sommer für alle Seiten ein sinnvoller Schritt.

Lukas Klünter – bis 2022

Im Sommer 2018 kam Lukas Klünter vom 1. FC Köln, wo er auf der rechten Abwehrseite, als einer der schnellsten Spieler der Liga, für Aufsehen sorgte. Zwei Millionen Euro zahlte Michael Preetz damals, um dem Team mehr Tempo zu verschaffen und den nach Leverkusen verkauften Mitchell Weiser zu ersetzen.

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Dreieinhalb Jahre später liest sich die Bilanz recht ernüchternd. In 49 Einsätzen in der Bundesliga bereitete er zwei Tore vor. Immer wieder bremsten ihn schwere Verletzungen aus, wie 2018 zu Beginn seines Engagements ein Muskelbündelriss oder zu Beginn der aktuellen Saison, als er sich am 4. Spieltag in Bochum an der Schulter verletzte und erst zur Rückrunde zurückkam. Seine Leistungen sind in nur seltenen Fällen eine Rechtfertigung für die Startelf.

Lukas Klünter wird dieses Jahr 26 Jahre alt und steht somit auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Wenn er das Bedürfnis hat regelmäßige Einsätze zu bekommen, sollte er sich nach einem neuen Verein umschauen. Auch um aus seiner Komfortzone zu kommen.

Kevin-Prince Boateng – bis 2022

Als gebürtiger Berliner und aus der Jugend stammender Herthaner genießt Boateng eine Sonderstellung im Verein, womit er auch gerne kokettiert. Im Sommer 2021 kam er ablösefrei nachdem sich Fredi Bobic bei ihm gemeldet hatte. Neben witzigen Social Media Content, wie Frotzeleien mit Athletik-Trainer Kuchno oder dem damaligen Union-Spieler Kruse, war er für Stimmung und Motivation zuständig. Er freundete sich mit Neuzugängen an, versuchte Davie Selke aus seinem sportlichen Tief zu helfen, motivierte beispielsweise Marco Richter vor dem Spiel gegen Borussia Mönchengladbach, der prompt sehenswert das Siegtor erzielte. Zusätzlich spielt er bei jedem Spiel den Co-Trainer, gibt taktische Anweisungen und unterstützt auch dabei seine Mitspieler.

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Wenn er selbst das Spielfeld betritt, sieht man oft einen enormen Qualitätsanstieg. Er ist nicht mehr der größte Läufer, doch jede Aktion, die er am Ball hat, ist durchdacht und würde der Mannschaft riesig helfen, wären nur weitere Spieler auf seinem fußballerischen und taktischen Niveau im Team. Doch Boatengs Körper ist bei weitem nicht mehr der, den er noch vor ein paar Jahren hatte und ihn zum FC Barcelona oder Eintracht Frankfurt brachte. Von 20 möglichen Bundesligaspielen kommt er in dieser Saison auf zwölf Einsätze. Der längste Auftritt datierte vom 5. Spieltag gegen die Spvgg Fürth, als er eine Stunde durchhielt. Meistens ging es nicht über Kurzeinsätze hinaus.

Sollten sowohl Verein als auch Spieler mit der aktuellen Situation zufrieden sein, wäre eine Vertragsverlängerung um ein weiteres Jahr eine Option. Kevin-Prince Boateng stellt keinen Startelf-Anspruch, wäre für die Team-Chemie aber weiterhin ein Baustein. Aber egal, ob als Bundesligaspieler oder nicht, der Verein sollte sich bemühen, ihn in irgendeiner Form zu binden. Vielleicht wäre auch ein Platz im Trainerteam, wie ihn Vedad Ibisevic schon hat, möglich.

Peter Pekarik – bis 2022

Der Slowake wird im Oktober 36 Jahre alt und ist in seinem 10. Jahr für Hertha BSC. In der Zeit bestritt der Rechtsverteidiger 205 Pflichtspiele für die Berliner. 169 Spiele waren es in der Bundesliga. Nach so einer langen Zeit im Verein gilt Pekarik mittlerweile als Vereinslegende.

Nachdem er über viele Jahre seine Arbeit grundsolide verrichtete, sich nie beschwerte, wenn er für eine Weile auf der Bank Platz nehmen musste und in den letzten Jahren sogar mit Toren für Aufmerksamkeit sorgte, wirkt er zunehmend überfordert mit Gegnern, die auch nur etwas Tempo in ihrem Spiel haben. Doch es ist eher Herthas schwacher Transferausbeute in der Verteidigung zuzuschreiben, dass Pekarik bis heute immer wieder eine Alternative ist.

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(Photo by Boris Streubel/Getty Images)

Laut Fredi Bobic gilt er auch nicht als Lautsprecher im Team. Trotzdem könnte er mit seiner Erfahrung jüngeren Mitspielern weiterhelfen. Hertha braucht dringend einen starken Rechtsverteidiger für die Startelf. Peter Pekarik sollte höchstens nur noch Ersatz sein. Im Optimalfall hört der Routinier im Sommer mit seiner aktiven Karriere auf und bleibt dem Verein in einer anderen Funktion erhalten.


Das Transferfenster ist zu. Wir besprechen im Podcast die letzten Aktivitäten von Hertha BSC auf dem Spielermarkt und werfen nochmal einen Blick auf das Team, welches den Abstieg verhindern soll. Wie sieht unsere Aufstellung aus? Was hätten wir uns noch gewünscht?


Linus Gechter – bis 2022

Der Teenager ist eine der großen Entdeckungen der Hertha in dieser Saison und ein Hoffnungsträger in den stürmischen Zeiten. Seine ersten Auftritte versprechen eine große Zukunft. Dafür braucht er Spiele, Spiele, Spiele. Diese würde er bei Bestätigung seiner Leistungen definitiv bekommen, vor allem wenn Hertha mit einer Dreierkette auflaufen sollte.

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(Photo by Boris Streubel/Getty Images)

Aktuell besitzt er noch einen Jugendvertrag, der per Option um zwei Jahre verlängert werden kann. Das Ziehen der Option gilt als sicher. Allerdings sollten die Verantwortlichen zeitnahe in Vertragsverhandlungen einsteigen, um dem Talent einen geeigneten, langfristigen Vertrag zu geben, nachdem man selbiges beim letzten Talent, Luca Netz, verschlafen hatte.

Nils-Jonathan Körber – bis 2022

In den letzten Jahren konnten sich keine Eigengewächse der Hertha auf der Torhüter-Position durchsetzen. Und danach sieht es auch weiterhin aus. Körber droht der Weg, den auch schon Dennis Smarsch und Marius Gersbeck gegangen sind. Als eigentlich große Talente auf der Torhüterposition, ohne Chance am Stammpersonal vorbeizukommen.

Körber, der in den Jahren bei Osnabrück seine Qualität zeigen konnte, kam für Hertha noch nicht einmal zum Zug. In der Hierarchie der Torhüter befindet er sich aktuell auf Platz vier hinter Alexander Schwolow, Oliver Christensen und Rune Jarstein.

Im Sommer könnte es auf der Position Bewegung geben. Schwolow steht in der Kritik und könnte den Platz als Nummer eins verlieren. Christensen gilt als starker Herausforderer. Fraglich ist, ob Jarstein nach seinen Corona-Nachwirkungen jemals wieder Bundesliga spielen kann. Wenn der Verein Körber einen gerechten Zweikampf mit Christensen ermöglichen würde, wäre eine Verlängerung denkbar.

Allerdings stehen zu viele Konjunktive rund um das Thema Torhüter bei Hertha. Eine Luftveränderung um endlich regelmäßig spielen zu können, wäre für Nils-Jonathan Körber das sinnvollste.

Ishak Belfodil – bis 2022

Der Algerier gehört zu den unterschätztesten Stürmern der Bundesliga. Das ist zumindest die Meinung von Bayern-Trainer Julian Nagelsmann, unter dem Ishak Belfodil in Hoffenheim seine stärkste Saison in der Bundesliga gespielt hatte.

Zunächst wurde er als Paniktransfer abgestempelt und galt als Sinnbild für den unruhigen Transfersommer in Berlin. Fredi Bobic stattete ihn mit einem Einjahresvertrag aus. Belfodil wusste sich für das Vertrauen mit Leistung zu bedanken. Mittlerweile gilt er als einer der besten Spieler der Hertha. Die Zahlen fehlen zwar noch, aber wegzudenken aus dem Berliner Spiel ist er aktuell nicht.

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Insbesondere im Zusammenspiel mit seinen Mitspielern, wie Stevan Jovetic oder Suat Serdar belebt er die Offensive der Herthaner. Eine Verlängerung um mindestens ein weiteres Jahr wäre sowohl für ihn, als auch für die Mannschaft eine schöne Sache und würde allen Beteiligten guttun.

Maximilian Mittelstädt – bis 2023

Maximilian Mittelstädt galt 2015 als großes Talent auf der linken Seite der Hertha. Pal Dardai setzte ihn damals sowohl in der Defensive als auch in der Offensive ein.

Doch die erhofften Leistungsexplosionen blieben aus und aus dem ehemaligen U-Nationalmannschaftsspieler entwickelte sich ein durchschnittlicher Bundesligaspieler. auf der linken Seite wechselte er sich praktisch ohne nennenswerten Konkurrenzkampf mit Marvin Plattenhardt ständig ab. Wettbewerbsübergreifend kommt er auf 128 Spiele für Hertha.

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(Photo by Boris Streubel/Getty Images)

Wäre Mittelstädt nicht aus der Jugend der Hertha und dadurch einen Welpenschutz genießen, wäre er wahrscheinlich schon früher auf dem Abstellgleis gewesen. Er strahlt weder nennenswerte Torgefahr aus, noch durchgehende Sicherheit in der Verteidigung.

Aber die Leistungen der letzten Wochen lassen aufhorchen und hoffen. Er scheint sich in den Monaten der Krise aus der Komfortzone begeben zu haben und zeigt mit seinem aktiveren Spielstil mehr Einsatz und Führungsstärke. Kann er diese Form in der Rückrunde bestätigen, sollte Fredi Bobic mit ihm Gespräche über eine Vertragsverlängerung führen.

Marvin Plattenhardt – bis 2023

2014 kam der Linksverteidiger vom 1. FC Nürnberg und arbeitete sich mit starken Leistungen von der 2. Mannschaft der Hertha bis in die deutsche Nationalmannschaft. 2017 gewann er mit einem aufstrebenden Team den Confederations-Cup, 2018 war er im Kader der deutschen Mannschaft bei der Weltmeisterschaft in Russland. Beim ersten Gruppenspiel gegen Mexiko kam er sogar zum Einsatz.

Mittlerweile hat er 199 Pflichtspiele für Hertha BSC absolviert. Doch wie bei Maximilian Mittelstädt stagnierten seine Leistungen zum Teil über Jahre. Seit der Weltmeisterschaft 2018 ist er praktisch durchgehend im Formtief. Die Zeiten in den er einer der gefürchtetsten Freistoßschützen der Liga war und Vereine aus England zweistellige Millionenbeträge boten, sind lange vorbei.

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Er ist kein Führungsspieler und bietet der Mannschaft aktuell nichts, um sie voranzubringen. Trotz der schwachen Jahre von Hertha betonte der 30-Jährige öfter wie glücklich er in Berlin ist und dass er sich ein Karriereende bei Hertha durchaus vorstellen könnte. So sympathisch solche Aussagen sein mögen, so sehr zeugen sie auch von einer viel zu großen Komfortzone, in der sich Plattenhardt seit Jahren befindet. Für beide Seiten wäre es das Beste, sich im Sommer zu trennen.

Vladimir Darida – bis 2023

Seit seinem Wechsel vom SC Freiburg 2015 hat der Tscheche Höhen und Tiefen bei Hertha durchgemacht. Über 174 Mal lief er wettbewerbsübergreifend für Hertha BSC auf. Mal war er unumstrittener Stammspieler, mal litt er unter langfristigen Verletzungen, aktuell unter einem Formtief. Als Pferdelunge und Laufwunder hat Darida in den vergangenen Jahren einen bleibenden Eindruck hinterlassen und sogar den Bundesliga-Rekord mit den meisten Kilometern Laufleistung pro Spiel gebrochen.

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Doch trotz seines Alters und seiner langjährigen Teamzugehörigkeit ist Vladimir Darida kein Lautsprecher oder Führungsspieler, was auch Fredi Bobic schon kritisch angesprochen hatte. Bei den technischen Schwierigkeiten und der geringen Funktion für den Spielaufbau ist Darida keine Hilfe für die Startelf. Sollte sich Darida aber mit der Rolle des Ersatzspielers zufrieden geben und sich beispielsweise als eine Art Mentor um jüngere Spieler kümmern, spricht nichts dagegen, ihn bis 2023 zu behalten.

Sollte der 31-Jährige aber den Anspruch haben regelmäßig zu spielen, wäre ein Wechsel ratsam. Das Standing in der Bundesliga und im Ausland hätte er allemal. Aber auch er würde charakterlich für eine Position innerhalb des Vereins nach seiner aktiven Spielerkarriere in Frage kommen.

Stevan Jovetic – bis 2023

Sein Wechsel im letzten Sommer hat sich bezahlt gemacht. Mit fünf Toren ist er zusammen mit Marco Richter der torgefährlichste Spieler im Team. Ein großes Problem ist aktuell die daraus resultierende Abhängigkeit vom 32-jährigen Stürmer. Denn bisher konnte er in lediglich 11 der 20 Bundesligapartien mitwirken. Der Montenegriner ist extrem verletzungsanfällig.

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Doch ähnlich wie bei Ishak Belfodil und Kevin-Prince Boateng hebt sich seine Leistung vom Durchschnitt der Mannschaft ab. Ist er fit und in Form, ist er eine absolute Waffe und kann einem Spiel seinen Stempel aufdrücken. Bei ihm steht man aktuell nicht unter Zeitdruck. Man sollte abwarten, wie sich seine Leistungen und der Körper in den nächsten eineinhalb Jahren entwickeln. Am Ende der nächsten Saison würde Jovetic auf die 34 Jahre zugehen.

Schön wären sowohl ein schönes Ende des Kapitels, als auch eine Verlängerung, sollte es sich für alle Beteiligten dann noch lohnen.

Davie Selke – bis 2023

Der mittlerweile 27-jährige Mittelstürmer lässt seit Jahren Bundesliganiveau vermissen. Auch die Leihe an seine alte Wirkungsstätte nach Bremen endete alles andere als erfolgreich.

In der aktuellen Saison kommt er auf wettbewerbsübergreifend 17 Einsätze, viele davon nur über wenige Minuten. Auch wenn man ihm Motivation und Einsatz nicht absprechen kann, fehlt ihm Qualität in Technik und Torabschluss. Erst zwei Saisontore sind ihm gelungen, eins davon im Pokal gegen den unterklassigen SV Meppen.

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Es ist bekannt, dass Fredi Bobic den ehemaligen U-Nationalmannschaftsspieler verkaufen möchte. Sollte nicht ein unerwarteter Qualitätsanstieg geschehen, wird das im Sommer 2022 auch geschehen.

Jonas Michelbrink – bis 2023

Mit seinen 20 Jahren gilt Jonas Michelbrink noch als Talent und genießt Welpenschutz. Bisher kam er unter Pal Dardai am Ende der Saison 2020/2021 zu zwei Kurzeinsätzen. Ansonsten spielt der Nachwuchsspieler regelmäßig für die 2. Mannschaft.

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Eine Verlängerung wäre denkbar, wenn man ihn für ein bis zwei Jahre verleihen würde, um ihm Spielpraxis zu ermöglichen. In einem Team, das kein stabiles Gerüst verfügt, dürfte er aktuell keine Chance auf Einsatzzeiten haben.

Rune Jarstein – bis 2023

Der Norweger kam in der Saison 2013/2014 zunächst als Ersatztorwart für Thomas Kraft. 2015 verdrängte er diesen und blieb über fünf Jahre Herthas unumstrittener Stammkeeper. Seine Leistungen zählten zwischenzeitlich zu den besseren der Liga.

2020 wurde er als Nummer eins von Alexander Schwolow abgelöst, den er in der Rückrunde unter den zurückgekehrten Pal Dardai wiederum verdrängte. Mit 179 Spielen für Hertha gehört er ins Regal der Torwartgrößen Christian Fiedler und Gabor Kiraly, die ebenfalls über viele Jahre das Tor in Berlin hüteten.

(Photo by TOBIAS SCHWARZ/AFP via Getty Images)

Doch seine schwere Corona-Infektionen und die folgenden Nachwirkungen setzten ihm schwer zu und machen seit Monaten ein Comeback unmöglich. Mittlerweile befindet er sich im Aufbautraining, doch es darf bezweifelt werden, dass er jemals zu alter Form zurückkehrt.

Als mittlerweile 37-Jähriger befindet er sich im Spätherbst der Karriere. Als dritter Torhüter könnte er seinen Mitspielern den Rücken freihalten. Eine mögliche Anstellung nach seiner Karriere wurde schon häufiger besprochen. Sollten alle Beteiligten sich eine Zusammenarbeit vorstellen, wäre er 2023 ein Kandidat für den Posten des Torwarttrainers.

[Titelbild: Maja Hitij/Getty Images]