Interview Andrew Ullmann (FDP) „Stufenweise Wiedereröffnung der Stadien verantwortbar“

Interview Andrew Ullmann (FDP) „Stufenweise Wiedereröffnung der Stadien verantwortbar“

Die vergangenen Monate haben uns Herthafans einiges abverlangt. Nach einer Chaos-Saison kam es zur Corona-Pause, es folgte die Wiederaufnahme des Spielbetriebs – ohne Zuschauer. Tolle Hertha-Spiele, wie den Derby-Sieg, konnten wir nur am Fernseher miterleben. Wenn Mitte September die Liga wieder startet, könnte das so weitergehen. Denn Großveranstaltungen sind bis Ende Oktober untersagt. Doch es kommt Bewegung in die Sache: Die DFL hat ein Konzept zur Wiedereröffnung der Stadien vorgelegt. Und auch in der Politik gibt es BefĂŒrworter.

Hertha BASE sprach mit dem FDP-Bundestagsabgeordneten Prof. Dr. Andrew Ullmann. Ullmann ist Klinikprofessor fĂŒr Infektiologie und sitzt im Gesundheitsausschuss des Bundestages – er kennt sich aus mit dem Coronavirus. Im Interview erklĂ€rt er, wie aus medizinischer Sicht Fußballspiele wieder mit Fans stattfinden könnten.

Hertha BASE: Herr Ullmann, Sie wohnen in WĂŒrzburg, sind Klinikprofessor fĂŒr Infektiologie und seit 2017 Bundestagsabgeordneter fĂŒr die FDP. Im Bundestag kĂŒmmern Sie sich normalerweise um gesundheitspolitische Themen. KĂŒrzlich forderten Sie in einer Pressemitteilung aber, dass Spiele im Profifußball wieder mit Zuschauern stattfinden sollen. Was hat Sie zu dieser Forderung bewegt? Der inzwischen feststehende Aufstieg der WĂŒrzburger Kickers, infektiologische Beurteilungen oder politische Strategien?

Prof. Dr. Ullmann: Ich habe mich sehr ĂŒber den Aufstieg gefreut, bin auch Dauerkartenbesitzer bei den Kickers. NatĂŒrlich war ich etwas traurig, dass der Aufstieg nicht gemeinsam mit den Fans in der Stadt gefeiert werden konnte. Meine Forderung nach den Zuschauern im Stadion ist aber politischer Natur. Ich habe mich kĂŒrzlich mit einigen Fraktionskollegen unterhalten, sie fragten mich, wie ich aus medizinischer Sicht mögliche Lockerungen bei Großveranstaltungen bewerten wĂŒrde.

HB: Inzwischen sind die meisten Corona-Maßnahmen ja wieder zurĂŒckgeschraubt worden. Die EinschrĂ€nkungen fĂŒr Großveranstaltungen gelten allerdings noch, werden in den LĂ€ndern allerdings unterschiedlich ausgelegt. Gleichzeitig breitet sich das Coronavirus in anderen Teilen der Welt teils ungebremst aus. Meinen Sie wirklich, man sollte alle Maßnahmen zurĂŒckfahren?

Prof. Dr. Ullmann: Der Lockdown hat nicht nur einen wirtschaftlichen, sondern auch einen gesellschaftlichen Schaden hinterlassen. Aufgrund der KontaktbeschrĂ€nkungen haben die Menschen teilweise wie in Einzelhaft gelebt – wochenlang. Es gab familiĂ€re Stresssituationen. Da ich fest von einer zweiten Infektionswelle ausgehe, finde ich es wichtig, dass wir den Menschen jetzt in den Bereichen, die Spaß und Freude bringen, wieder Luft zum Atmen geben.

Foto: IMAGO

HB: Erwiesen ist es nicht, aber es gibt die Theorie, dass einige Europapokalspiele im Februar und MĂ€rz sogenannte „Superspreading Events“ gewesen sein könnten. Wie könnte Ihre Forderung nach Zuschauern im Stadion trotzdem umgesetzt werden?

Prof. Dr. Ullmann: Wir brauchen ein absolut schlĂŒssiges Konzept, weil wir nach wie vor sehr vorsichtig sein mĂŒssen und keine Ausbruchsituationen im Sinne von Superspreader-Events verursachen dĂŒrfen. Nach den heutigen Zahlen muss es eine stufenweise Wiedereröffnung der Stadien geben. Das wĂ€re verantwortbar. Ich könnte mir beispielsweise vorstellen, dass man zunĂ€chst 25 bis 30 Prozent der ursprĂŒnglichen Besucher zulĂ€sst. Vielleicht könnte es ein Losverfahren geben, bei dem die Zuschauer per Mail einen Platz zugewiesen bekommen. Fest steht, dass wir den Abstand im Stadion brauchen. Wenn es keinen großen Ausbruch in Deutschland gibt und die erste Stufe eine Zeit lang gut funktioniert, könnte man ja irgendwann auf 50 Prozent der Zuschauer erhöhen. Im Fanblock, also auf den StehplĂ€tzen wird es sicherlich schwierig sein, den Abstand einzuhalten. Aber auch hier könnten provisorische AbsperrungsbĂ€nder eingezogen werden.

HB: Im Stadion lĂ€sst sich der Abstand vielleicht noch irgendwie realisieren. Aber die wirklich engen und „gefĂ€hrlichen“ Kontakte gibt es doch vor und nach dem Spiel in der U-Bahn, am Bierstand oder in der Schlange vor dem Stadion. Ist der Blick ins Stadion daher nicht etwas zu kurz gedacht?

Prof. Dr. Ullmann: NatĂŒrlich muss es nicht nur im Stadion ein gutes Hygienekonzept geben. Deswegen plĂ€diere ich auch dafĂŒr, dass zur Umsetzung der neuen NormalitĂ€t in Stadien Round Tables in allen betroffenen Landkreisen gebildet werden. Da mĂŒssen die Vereine, die GesundheitsĂ€mter aber auch der ÖPNV mit am Tisch sitzen und das Konzept ganzheitlich durchdenken.

Foto: IMAGO

HB: Inzwischen sind ja auch die GrundzĂŒge eines Hygienekonzeptes fĂŒr Bundesligastadien mit Zuschauern der DFL bekannt. Sie sind aber eher dafĂŒr, dass die Hygienemaßnahmen vor Ort, also am Spielort geplant werden?

Prof. Dr. Ullmann: Es kann und sollte schon ein zentrales Hygienekonzept geben, das aber regional angepasst werden sollte. Je nach Infektionsgeschehen und den örtlichen Gegebenheiten sind in manchen Stadien vielleicht strengere Maßnahmen nötig als in anderen. In Berlin sollte sich beispielsweise unbedingt U- und S-Bahn an dem Konzept beteiligen. In kleineren StĂ€dten gibt es keine U-Bahn, dafĂŒr stehen die Menschen vor dem Stadion enger zusammen und sollten hier mehr getrennt werden.

HB: Die Maskenpflicht steht ja zurzeit in der Diskussion. Fußballspiele finden im Freien statt, wĂŒrden Sie bei einer möglichen Öffnung der Stadien trotzdem fĂŒr eine Maskenpflicht beim Fußball plĂ€dieren?

Prof. Dr. Ullmann: Nein, ich denke, dass das nicht möglich sein wird. Allerdings möchte ich festhalten, dass ich fĂŒr eine Beibehaltung der Maskenpflicht im Einzelhandel und ÖPNV bin. Viel wichtiger wĂ€re fĂŒr mich ein grundsĂ€tzliches Alkoholverbot.

HB: Das mĂŒssen Sie bitte erklĂ€ren.

Prof. Dr. Ullmann: Auch wenn bei SARS-CoV-2 die Infektion wohl auch ĂŒber Aerosole möglich ist, geht von der Tröpfcheninfektion wohl immer noch die grĂ¶ĂŸte Gefahr aus. Die Abstandsregeln sind daher sehr wichtig, auch im Freien. Alkohol enthemmt und verleitet die Menschen dazu, Regeln zu vernachlĂ€ssigen.

Foto: IMAGO

HB: Ein eigenes Hygienekonzept liegt ja inzwischen auch von Union Berlin vor. Der Verein will alle Fans ins Stadion lassen, allerdings nur, wenn sie einen PCR-Test vorweisen können, der jĂŒnger als 24 Stunden ist. Union will diese Tests selbst bezahlen. Was halten Sie davon?

Prof. Dr. Ullmann: GrundsĂ€tzlich finde ich es gut, dass jetzt kreative Ideen bekannt werden. Man kann sich durchaus ĂŒberlegen, einem solchen Versuchsballon mal eine Chance zu geben. Aus medizinischer Sicht ist das mit den Tests aber schwierig. Es ist durchaus vorstellbar, dass Menschen mit einem zunĂ€chst negativen PCR-Test 24 Stunden spĂ€ter trotzdem infektiös sind. Außerdem hört sich das Ganze sehr teuer an und ich sehe die Gefahr, dass TestkapazitĂ€ten an ihre Grenzen kommen. Aber was wir jetzt brauchen sind gute Ideen, RealitĂ€tsinn und Mut. Denn es ist die falsche Annahme, dass wir bald wieder zur alten NormalitĂ€t auch in Stadien zurĂŒckkehren können, es wird eine neue NormalitĂ€t geben, die wir uns erst noch schaffen mĂŒssen.

HB: Können wir davon ausgehen, dass die FDP-Fraktion in diesem Bereich nach der Sommerpause tÀtig wird?

Prof. Dr. Ullmann: Wir arbeiten derzeit schon an einigen VorschlĂ€gen, die sich mit dem Umgang weiterer AusbrĂŒche aber auch mit der PrĂ€vention beschĂ€ftigen.

Foto: Andrew Ullmann

Zur Person:
Andrew Ullmann wurde 1963 in Los Angeles geboren. Anfang der 70er-Jahre zog er mit seiner Familie dann aber nach Deutschland, machte in Nordrhein-Westfalen Abitur und studierte in Bochum Medizin. Einen Teil seiner medizinischen Ausbildung bewĂ€ltigte er in New York und an der Harvard Medical School. 2008 habilitierte er an der Uni-Klinik Mainz, 2012 folgte er einem Ruf als UniversitĂ€tsprofessor fĂŒr Infektiologie an die Uni-Klinik WĂŒrzburg. Seit 2003 ist Ullmann FDP-Mitglied.

In den vergangenen Jahren intensivierte er seine Parteiarbeit in der FDP Bayern, seit 2013 ist er Mitglied des Landesfachausschusses fĂŒr Gesundheit in Bayern und auch des Bundesfachausschusses. 2015 wurde er zum Vorsitzenden der FDP in WĂŒrzburg gewĂ€hlt. 2017 folgte der Einzug in den Bundestag ĂŒber die Landesliste der FDP Bayern. Ullmann ist auch Fußballfan: Er ist Dauerkarteninhaber bei den WĂŒrzburger Kickers.

Zwei LĂ€nder, zwei Welten – Fußballende in Frankreich

Zwei LĂ€nder, zwei Welten – Fußballende in Frankreich

Die französische Ligue 1 ist beendet – dies wurde am 30.04.2020 offiziell. Knapp eine Woche spĂ€ter gab die DFL bekannt, dass die Bundesliga noch in diesem Monat wieder starten soll. Deutschland und Frankreich trennen weder Ozean noch riesengroße Distanz, trotzdem könnte die aktuelle Lage in beiden professionellen Fußballligen unterschiedlicher nicht sein. Woran das liegt, wie die Ligue 1 beendet wurde und was die Konsequenzen fĂŒr Vereine und Fans sind wollen wir uns heute anschauen.

Wir wagen den Blick raus aus der Hauptstadt und rĂŒber nach Frankreich. Dort lebt unser Ansprechpartner fĂŒr französischen Fußball, der Olympique-Lyonnais-Experte IdĂšr, der uns seine EindrĂŒcke schildern wird. Er ist Redakteur beim Blog „Coeur de Gones“ und beantwortete bereits im Januar unsere Fragen zu Lucas Tousart. Auch um Herthas Neuzugang wird es heute gehen, denn mit dem Ende der Ligue 1 ist noch lange nicht alles um seine Situation geklĂ€rt.

IdĂšrs Antworten gab er uns auf Französisch. Die Zitate sind also frei von unserem Redakteur Chris ĂŒbersetzt.

Ausgangssperren und Trainingsverbot

Dass Frankreich deutlich hĂ€rter als Deutschland von Covid-19 betroffen ist, ist bekannt. WĂ€hrend in Deutschland schon die ersten Fußballspieler wieder in kleinen Gruppen auf dem Platz standen, galten (und gelten immer noch) im Nachbarland strenge Ausgangssperren und Kontaktverbote. An Kleingruppentraining war vergangene Woche gar nicht zu denken, denn wie auch der Rest der Bevölkerung mĂŒssen die Spieler noch konsequent Zuhause bleiben und können nur zum Einkaufen das Haus verlassen.

Hertha-Neuzugang Tousart nahm die Ausgangssperre an seinen Geburtstag Ende April mit Humor.

„Jeder bleibt Zuhause“, beschreibt IdĂšr, „Ab dem 11. Mai wird voraussichtlich die strenge Ausgangssperre enden, die seit dem 17. MĂ€rz in Frankreich besteht. Aber Mannschaftssportarten sowie Versammlungen von mehr als zehn Personen werden verboten bleiben. Es ist schwierig zu wissen, wie unter diesen UmstĂ€nden wieder trainiert werden soll. Die Mehrheit der Vereine sollte aber im Juni wieder mit dem Training loslegen.“

Wie auch in Deutschland zeigten trotz Ausgangssperre die meisten Fangruppen große SolidaritĂ€t und unterstĂŒtzten ihre Mitmenschen durch verschiedene Aktionen. IdĂšr erzĂ€hlt: „Das Engagement der Fangruppen in Lyon fĂŒr bedĂŒrftige Personen besteht bereits seit vielen Jahren. Es gab zuletzt einige Spenden unserer Fangruppen an den KrankenhĂ€usern der Stadt. Auch der Verein hat durch seine Stiftung zur Finanzierung der Krankenpflege beigetragen. Dass nicht alles öffentlich wurde, freut mich: BedĂŒrftigen Personen zu helfen, sollte keine TrophĂ€e sein, sondern eine SelbstverstĂ€ndlichkeit.“

Politik am Ursprung fĂŒr das Saisonende

In dieser Ă€ußerst schwierigen Lage war auch Uneinigkeit in den VereinsfĂŒhrungen zu spĂŒren, es fehlte ein klares Konzept fĂŒr eine schnelle Wiederaufnahme. Es war von Streitigkeiten zwischen VereinsprĂ€sidenten zu hören, von fehlender Geschlossenheit. Nach einigen Wochen Unklarheit war es dann am 28. April soweit. Premierminister Édouard Philippe verkĂŒndete in einer Rede vor der Nationalversammlung, dass die professionellen Fußballmeisterschaften erst im September wieder starten wĂŒrde und eine Wiederaufnahme im Juni oder Juli nicht möglich sei.

Am 30.04.2020 gab die LFP die Entscheidung bekannt. (Foto: Franck Fife / AFP/ Getty Images)

Mit dieser Entscheidung der Politik war bereits jegliche Hoffnung, die Saison 2019/2020 noch zu Ende zu spielen, dahin. TatsĂ€chlich ging es nur noch darum zu entscheiden, in welcher Form die Saison abgeschlossen werden wĂŒrde.

Zwei Tage spĂ€ter tagte der Verwaltungsrat der LFP (“Ligue de Football Professionnel”, Französisches Pendant der DFL) und die Ligasaison war offiziell beendet. Der Paris Saint-Germain ist Meister, auch Absteiger und internationale Teilnehmer sind klar. Allen Vereinen drohen durch die fehlenden TV-Einnahmen Verluste in Millionenhöhe, die Existenz einiger Vereine muss durch eine Riesenanleihe seitens der LFP (224,5 Millionen Euro) gesichert werden.

Ermittlung der Abschlusstabelle durch Leistungsindex

Zur Ermittlung der Abschlusstabelle gab es mehrere Optionen. Nach einer Wahl innerhalb der LFP wurde die Punktezahl der Vereine anhand eines Leistungsindexes berechnet, welcher auf die Anzahl der in allen gespielten Spielen erzielten Punkte basiert. Eine Lösung die zwar vergleichsweise fair ist, jedoch noch lange nicht alle Vereine zufriedenstellt.

„Amiens steigt in der Ligue 2 ab, obwohl sie noch theoretisch 30 Punkte zur Rettung holen könnten“, schildert uns unser Experte. „In der Ligue 2 hingegen werden Clermont, Troyes und Ajaccio den Aufstieg nicht schaffen, obwohl nur wenige Punkte zu den AufstiegsplĂ€tzen fehlten. Diese Entscheidung ist fĂŒr einige vorteilhaft, fĂŒr viele anderen ein großer Nachteil. Dass die benachteiligten Vereine eine EntschĂ€digung fordern, ist fĂŒr mich nachvollziehbar.”

Lyon PrÀsident Aulas mit lautem Protest gegen die Entscheidung der Politik und Liga. (Foto: REMY GABALDA / AFP/Getty Images)

Bei einer anderen Lösung hĂ€tte ein Verein den geringen Abstand zu den europĂ€ischen PlĂ€tzen aufholen können: ausgerechnet der Olympique Lyonnais. Lyons PrĂ€sident Jean-Michel Aulas, der dafĂŒr bekannt ist, die Interessen seines Vereines öffentlich vehement und nicht immer sehr objektiv zu verteidigen, gab zuletzt zahlreiche Interviews, um sich lautstark zu beschweren. Er sprach von einer verfrĂŒhten Entscheidung, von einer Benachteiligung, und drohte mit rechtlichen Schritten.

Wie die Chancen einer solchen Klage aussehen, schĂ€tzt IdĂšr so ein: „Dass die Gremien Ihre Entscheidung Ă€ndern scheint mir eher kompliziert zu sein: Die Regierung hat bei dieser Entscheidung mitgewirkt, es wurde abgestimmt und die VertrĂ€ge mit den TV-Anbietern wurden beendet.“ OL habe höchstens Chancen Schadensersatz zu erhalten.

Offene Fragen um Pokalfinalen und Champions League

Trotzdem betont Aulas, dass die Entscheidung der Regierung und der Fußballliga verfrĂŒht sei und dass man noch immer die Entscheidung Ă€ndern könne. Dabei sprach er den Plan der UEFA an, die laufende Champions-League-Saison in der ersten Augustwoche fortsetzen zu wollen. Die französischen Vereine (OL und PSG), die noch im Rennen sind, hĂ€tten demzufolge einen riesigen Nachteil gegenĂŒber ihren Gegnern. TatsĂ€chlich wĂŒrden französische Vereine im August dann etwa fĂŒnf Monate lang keine Spiele bestritten haben und wĂ€ren somit nur bedingt wettbewerbsfĂ€hig.

Lucas Tousart als TorschĂŒtze gegen Juventus in der Champions League. (Foto: Franck Fife / AFP / Getty Images)

FĂŒr IdĂšr ist das weitere Geschehen in der Champions League nur Nebensache: „Dieses RĂŒckspiel gegen Juventus Turin scheint mir im Moment aktuell nicht die erste Sorge von OL zu sein.“ Lyon steht auch noch im Ligapokalfinale gegen Paris Saint-Germain und könnte durch einen Sieg theoretisch doch noch die Qualifikation zur Europa League erreichen. Wann und ob dieses Finale gespielt werden wird, steht aber ebenfalls noch in den Sternen.

„NatĂŒrlich hoffen die Gremien, dass die Finalspiele Anfang August gespielt werden können. Der vorlĂ€ufige Spielplan fĂŒr die kommende Saison ist noch lange nicht entschieden und in dieser Gesundheitskrise sind die Wahrheiten von heute noch lange nicht die von morgen.“, sagt IdĂšr dazu und spricht auch das Problem der Planungssicherheit an. „(
) die Vereine, die theoretisch noch einen Sieg im Pokalfinale holen könnten, werden allerdings deutlich frĂŒher als August wissen mĂŒssen, ob sie dadurch auch ein Ticket fĂŒr die Europa League ziehen. Diese Final-Spiele werden meiner Meinung nach niemals gespielt werden, oder zumindest nicht rechtzeitig.”

UEFA muss Tousart-Fall klÀren

Eine der großen offenen Fragen ist außerdem, was mit Spielern passiert, deren VertrĂ€ge im Sommer auslaufen oder fĂŒr die bereits, wie bei Lucas Tousart, ein Wechsel feststeht. Sollten noch Spiele im Pokal oder in der Champions League anstehen, stellt sich noch die Frage, ob diese Spiele mit oder ohne diese Spieler erfolgen. Besonders fĂŒr diejenigen mit auslaufenden VertrĂ€gen ist die Lage zum Teil sehr beunruhigend. In vielen Vereinen bekommen die Spieler von den Verantwortlichen kaum bis keine Informationen und wissen nicht, wie es im Sommer fĂŒr sie weitergeht.

Ob Lucas Tousart noch einmal im OL Trikot spielen wird ist unklar. (Foto: Franck Fife / AFP / Getty Images)

Auch fĂŒr Herthas Neuzugang wĂ€re es bitter, das RĂŒckspiel gegen Juventus Turin zu verpassen. Schließlich war Tousart der TorschĂŒtze zum 1:0-Sieg im Hinspiel und damit maßgeblich daran beteiligt, dass Lyon noch gute Karten fĂŒrs Weiterkommen hat. Unsere Frage, ob der Mittelfeldspieler jetzt am 1. Juli wie vereinbart in Berlin ankommt, kann unser Lyon-Experte leider nicht abschließend beantworten. Auch das sei noch nicht abschließend geklĂ€rt. „Auch hier sorgt die Tatsache, dass nicht alle nationalen Meisterschaften dieselbe Entscheidung getroffen haben, fĂŒr Komplikationen. Die UEFA wird das entscheiden mĂŒssen, aber tatsĂ€chlich wissen wir nicht wie lange Tousart noch fĂŒr Lyon auflaufen darf.“

„Wir hoffen, dass wir Lucas entsprechend der Leihvereinbarung zum 1. Juli bei uns begrĂŒĂŸen können“, sagte Michael Preetz dazu. Fakt ist: Lucas Tousart ist bei Hertha BSC unter Vertrag und lediglich an Lyon ausgeliehen. Sollte die UEFA keine Ausnahmeregelung finden, wĂŒrde im Zweifel die Leihvereinbarung entscheidend sein, und Lyon mĂŒsste ab dem 1. Juli auf den Mittelfeldspieler verzichten.

Fanreaktionen in Frankreich

Doch wie ist die Fanreaktion bei OL und in Frankreich? GrundsĂ€tzlich zeigt sich bei vielen Fans VerstĂ€ndnis fĂŒr den Saisonabbruch, doch auch hier gehen die Meinungen auseinander: „Auf der einen Seite ist das UngerechtigkeitsgefĂŒhl: Warum sollten wir nĂ€chste Saison nicht europĂ€isch spielen, obwohl wir noch in der Champions League im Rennen sind und im Ligapokalfinale stehen (
)? Auf der anderen Seite sehen es die Lyon-Fans auch nĂŒchtern: Wenn wir keine so unregelmĂ€ĂŸige Saison, mit sehr schlechten Ergebnissen gegen schwĂ€chere und bloß durchschnittlichen gegen stĂ€rkere Teams gespielt hĂ€tten, wĂ€ren wir jetzt nicht in dieser Lage.“

(Photo by Franck Fife / AFP / Getty Images)

Auch der Start in Deutschland lĂ€sst die Fans in Frankreich nicht kalt. In sozialen Netzwerken schauen einige SehnsĂŒchtig zur Bundesliga, andere hingegen fĂŒrchten ein Nachteil fĂŒr die französische Liga. Wir haben IdĂšr gefragt, was er davon hĂ€lt:

„Es ist sicherlich ein Risiko, wieder die Bundesliga zu starten. Was wird man sagen, wenn in einem Monat 20 Prozent der Bundesligaspieler am Coronavirus erkrankt sind? Man wird sagen, es sei verrĂŒckt gewesen wieder loszulegen. Aber wenn alles gut geht und keiner krank wird, werden Fans in Frankreich den Gremien sagen: „Seht ihr? In Deutschland haben Sie wieder gespielt und alles ist gut gelaufen!” Man wird erst im Nachhinein sehen, wer von Deutschland oder Frankreich am Ende mit der Entscheidung richtig liegt.“

Seiner Meinung nach werden vor allem ökonomische GrĂŒnde entscheidend sein. Eines scheint aber international gleich zu bleiben – keiner scheint große Lust auf Geisterspiele zu haben: „(
) Ich glaube nicht an Fußball ohne Zuschauer. Die Entscheidung, mit leeren RĂ€ngen zu spielen, kann fĂŒr mich nur eine Übergangslösung sein.“

Die Sehnsucht nach NormalitÀt

Die Sehnsucht nach NormalitÀt

Ja, es gibt – insbesondere aktuell – unendlich viel wichtigere Dinge, als Fußball. Ja, die Herrschaften Watzke, Seifert, Rummenigge etc. ĂŒberhöhen die Rolle des Fußballs mit ihren jĂŒngsten Aussagen auf absurde Art und Weise. Ja, die Vehemenz, mit der die DFL seit Wochen fordert, so bald wie möglich trotz nach wie vor geltender Abstandsregelungen Fußballspiele stattfinden zu lassen und Fußballer damit zu modernen Gladiatoren werden lĂ€sst, verschlĂ€gt jedem Normaldenkenden die Sprache. Und obwohl man sich aufgrund all dieser AbsurditĂ€ten eigentlich immer weiter vom Fußball entfernen sollte, tut die Aussicht, wohl frĂŒhestens im nĂ€chsten Jahr wieder Spiele im Stadion verfolgen zu können, einfach nur weh.

Viel mehr, als 90 Minuten

Die Posse um Dietmar Hopp, WM-Vergaben nach Katar und Russland, Leugnung von Rassismus im Fußball, RB Leipzig: Die Reihe an Aufregern, mit denen man sich als Fußballfan seit Jahren herumschlagen muss, könnte endlos fortgesetzt werden. Doch gerade in diesen Zeiten wird klar, dass man, bei all der berechtigten Kritik an den beschriebenen VorgĂ€ngen, einfach nicht ohne den Fußball kann. Dabei geht es um viel mehr, als nur die 90 Minuten im Stadion. Es ist das Gruppenerlebnis, das diesen Sport zu etwas ganz besonderem macht. In Zeiten von Social Distancing wird man sich erst bewusst, wie besonders so ein normaler Spieltag ist. Ein jeder hat mindestens ein Hobby, in dem er komplett aufgeht. Aber wenn man dieses Hobby mit einer Gruppe von Freunden teilt, steigert dies das GlĂŒck ins Unermessliche.

Die Sehnsucht nach dem ganz normalen Samstag

(Photo by Matthias Kern/Bongarts/Getty Images)

All dies wird nun vorerst auf unbestimmte Zeit nicht mehr möglich sein. Und wie so oft wird man sich der Einzigartigkeit des vormals normalen Samstags erst bewusst, wenn man ihn nicht mehr genießen kann. Nun, da Treffen mit mehr als einer Person untersagt sind, lernt man erst zu schĂ€tzen, was fĂŒr ein Privileg es ist, sich in der vollen Bahn voll schwitzender, stinkender, alter MĂ€nner mit seinen Leidensgenossen ein paar Bierchen hinter die Binde zu kippen, um das bevorstehende Trauerspiel unserer „Alten Dame“ irgendwie ertrĂ€glich zu machen. Jetzt, wo Großveranstaltungen bis mindestens Ende Oktober untersagt sind, entfacht sich plötzlich absurderweise eine regelrechte Sehnsucht, dieser TrĂŒmmertruppe beim Versuch, Fußball zu spielen, zuzusehen. Sogar ein Spiel gegen Leipzig, Hoffenheim oder Wolfsburg scheint plötzlich ein reizvoller Gedanke, wenn man doch nur einmal wieder zu den KlĂ€ngen von Frank Zanders Stimme den Schal in den Himmel recken und sich die Seele aus dem Leib singen kann. Und dann wĂ€ren da natĂŒrlich noch die 90 Minuten, die durch das Miteinander im schlimmsten Fall ertrĂ€glicher und im besten Fall schlichtweg einzigartig werden.

Geteiltes GlĂŒck ist doppeltes GlĂŒck

So gibt es unzĂ€hlige Erlebnisse, die allein nicht annĂ€hernd die Bedeutung fĂŒr mich hĂ€tten, die sie nun haben, da ich sie mit meinen Freunden teilen konnte. Wenn ich an das Freistoßtor von Ronny im Heimspiel gegen Union denke, denke ich nicht daran, wie sich der Ball hinter der Mauer senkt. Ich denke daran, wie mein Kumpel und ich uns in die Arme fallen und wie Kleinkinder, denen man ihr Spielzeug wegnimmt, hemmungslos zu weinen beginnen. Wenn ich auf den Sieg gegen Hoffenheim am letzten Spieltag der Saison 2011/2012 zurĂŒckschaue, der uns letztlich in die Relegation gerettet hat, ist es nicht Raffael, wie er auf das leere Tor zulĂ€uft, der mir als erstes in den Kopf schießt. Es ist mein lĂ€ngster Freund seit Kindheitstagen, wie er in dem Moment, als unsere Nummer 10 den Ball vom letzten Hoffenheimer Mann erobert, Richtung Stadiongraben rennt, als wĂŒrde er das Tor selbst machen wollen und wir, als der Ball die Linie ĂŒberquert, synchron vor schierer Erleichterung zusammensacken.

Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=q1zuqyBYxxk

Derselbe Freund machte mir die Schmach, nachdem wir rund anderthalb Wochen spĂ€ter in DĂŒsseldorf den Gang in die zweite Liga besiegelten, um einiges ertrĂ€glicher, weil ich in der Schule nicht der Einzige war, der sich den teils mitleidsvollen, teils hĂ€mischen Blicken der MitschĂŒler stellen musste.

Das Europa League-Spiel in Bilbao war nicht deshalb so besonders, weil man Hertha endlich mal wieder im Duell mit einem namenhaften europÀischen Verein begutachten konnte. Sondern weil damit ein einzigartiges Wochenende mit tollen Menschen und viel zu viel Wein einherging.

Das Warten lohnt sich

UnabhĂ€ngig von der aktuellen Debatte, ob die Bundesliga in Form von Geisterspielen zĂŒgig wieder den Spielbetrieb aufnehmen soll, oder nicht, machen diese Geschichten eines klar: Wie so ziemlich alle schönen Erlebnisse werden Momente erst dann einzigartig, wenn man sie mit Freunden teilen kann. Ob der Jubel ĂŒber ein Tor, das man sich gemeinsam via Skype-Konferenz mit seiner Stadion-Truppe anschaut, derartige HochgefĂŒhle auslöst, wie ein Last-Minute-Sieg im Stadion oder in der Kneipe, darf bezweifelt werden.

Bis es wieder zu solchen Momenten kommen kann, wird es noch eine ganze Weile dauern. Aber wenn ich mir heute vorstelle, wie breit mein Grinsen sein wird, wenn ich um 13:30 am Bahnsteig auf meine Freunde treffe, wir zusammen ins Stadion fahren und uns nach Abpfiff stundenlang abwechselnd ĂŒber Herthas UnfĂ€higkeit und den VAR aufregen, dann weiß ich, dass sich das Warten lohnt.

[Titelbild: Matthias Kern/Bongarts/Getty Images]

Der Intensivpatient Bundesliga – Wie könnte es weitergehen?

Der Intensivpatient Bundesliga – Wie könnte es weitergehen?

Seit fast einem Monat ruht inzwischen der Ball. Das Coronavirus hat sich in den vergangenen Monaten rasant in Deutschland verbreitet. Allerdings: Aufgrund der EinschrĂ€nkung des sozialen Lebens sind die Infektionszahlen zuletzt aber langsamer gestiegen. Und so stellt sich fĂŒr uns Fußballfans automatisch die Frage: Wann und vor allem wie geht die Bundesliga wieder los? Experten haben sich zu diesem Thema bereits geĂ€ußert. Fazit: Unter bestimmten Voraussetzungen wĂ€re eine Wiederaufnahme des Spielbetriebs machbar. Welche das sein könnten und warum dahinter eine viel grĂ¶ĂŸere, moralische Frage steht, lest ihr hier.

Hinweis: Unser Autor Benjamin Rohrer ist weder Virologe noch Epidemiologe, sondern hauptberuflich Journalist, der sich hauptsĂ€chlich mit gesundheitspolitischen Themen befasst. Der folgende Artikel ist daher keine Fachexpertise mit wissenschaftlichem Anspruch, sondern vielmehr eine journalistische Analyse zu den bislang zu diesem Thema diskutierten Denkmodellen.

Schauen wir uns zunĂ€chst die Lage an: In Deutschland gibt es derzeit (Stand: 8. April) etwa 110.000 amtlich registrierte CoronafĂ€lle. Die Sterblichkeit liegt hierzulande derzeit (!) bei knapp unter zwei Prozent. Das grĂ¶ĂŸte Problem bei der BekĂ€mpfung des Virus ist nach wie vor, dass es so neu ist: Es gibt keinen Impfstoff, keine in Studien erprobten Arzneimittel und auch ĂŒber die Ausbreitungsweise weiß die Wissenschaft bislang nur in AnsĂ€tzen etwas. Deswegen ist klar: Es gibt nur zwei Auswege aus der Coronakrise. Der erste wĂ€re ein massentauglicher Impfstoff. Die Impfstoffforschung, -zulassung und –produktion ist komplex; Wissenschaftler rechnen daher erst im Laufe des nĂ€chsten Jahres mit einem einsetzbaren PrĂ€parat. Der zweite Ausweg wĂ€re die sogenannte HerdenimmunitĂ€t, also die Infektion von etwa zwei Dritteln der Bevölkerung. Dieses Szenario sollte so lange wie nur möglich hinausgezögert werden, weil sonst unser Gesundheitswesen zusammenbrechen könnte.

Was heißt das alles fĂŒr die Bundesliga? ZunĂ€chst einmal ist klar, dass das normale, gesellschaftliche Leben, wie wir es kannten, so lange nicht wiederkommt, bis eins der oben beschriebenen Szenarien eintrifft. Somit dĂŒrfte auch klar sein, dass das von uns allen geliebte Fußballerlebnis im Stadion, mit ein paar Bierchen vor der Partie, einer Anreise mit den Öffis und anschließendem Kneipengang lange nicht wiederkehren wird. Die DFL-Mitgliederversammlung hat die Zwangspause der 1. und 2. Liga vorerst verlĂ€ngert bis zum 30. April. Ziel ist weiterhin, die Saison bis zum 30. Juni zu beenden. Am 17. April wollen die Club-Chefs ein weiteres Mal ĂŒber die aktuelle Lage beraten.

Aber unter welchen Voraussetzungen wĂ€re ein weiterer Ligabetrieb ĂŒberhaupt denkbar? Basierend auf den Aussagen einiger Experten, mĂŒssten die folgenden Punkte beachtet werden.

1. Geisterspiele

Selbst bei einer Lockerung des Kontaktverbotes ist es sehr wahrscheinlich, dass Großveranstaltungen weiterhin untersagt bleiben. Noch haben sich weder die Bundesregierung noch die Landesregierungen dazu geĂ€ußert, wie es nach dem 20. April weitergeht. Aber der Heinsberger Karneval und die Spekulationen um das Spiel zwischen Atalanta Bergamo und dem FC Valencia zeigen, dass Großveranstaltungen ein potentieller Infektionsherd sein können. Deswegen kann davon ausgegangen werden, dass auch die Bundesliga vorerst ohne Zuschauer weitergeht.

2. Kontaktverbot fĂŒr Bundesligaspieler

WĂ€hrend der Rest der Gesellschaft in den kommenden Monaten voraussichtlich wieder etwas mehr zusammenrĂŒcken darf, wĂŒrde fĂŒr die Bundesligaspieler wohl ein striktes Kontaktverbot erhalten bleiben mĂŒssen. Der Virologe Prof. Alexander KekulĂ© hat gesagt, es mĂŒsste eine „Blase“ um die Profifußballer herum aufgebaut werden. Oberstes Ziel muss es sein, massenweise Infektionen innerhalb der Liga zu vermeiden. Alle externen, möglichen Infektionsquellen mĂŒssten daher eliminiert werden – die Spieler, Trainer und Betreuer mĂŒssten somit jeglichen Kontakt mit der Außenwelt vermeiden. Ähnliches soll sich laut Medienberichten im australischen Rugby anbahnen, fĂŒr die rund 500 Spieler auf eine einsame Insel geparkt werden sollen, um dort zu trainieren und zu spielen.

3. Tests, Tests, Tests

Im Vergleich zu anderen LĂ€ndern hat Deutschland sehr frĂŒh angefangen, massiv und in großen Zahlen auf das Coronavirus zu testen. Das hat zur Folge, dass wir ein recht aktuelles und zuverlĂ€ssiges Bild ĂŒber die Ausbreitung der Krankheit haben – und natĂŒrlich, dass wir weitere Infektionen vermeiden können. Denn: Die meisten COVID-19-FĂ€lle verlaufen milde. Es ist wichtig, dass diese Menschen ĂŒber ihre Infektion Bescheid wissen, sich in QuarantĂ€ne zurĂŒckziehen und niemand anstecken. Damit massenweise Infektionen in der Welt des Profifußballs vermieden werden können, mĂŒssten die Spieler also sehr, sehr oft getestet werden. Der Virologe Prof. Christian Drosten von der Berliner CharitĂ© verwendet den Begriff „freitesten“ fĂŒr Ärzte und Pfleger. Das heißt: Nur bei negativen Tests darf das Gesundheitspersonal eingesetzt werden. Denkbar wĂ€re, dass Bundesligaspieler vor jedem Spiel „freigetestet“ werden. Der Virologe KekulĂ© hat durchgerechnet, dass dafĂŒr bis Saisonende alleine im Profifußball etwa 20.000 Tests nötig wĂ€ren. Zu stemmen wĂ€re das. Derzeit werden in Deutschland bis zu 500.000 Tests pro Woche durchgefĂŒhrt.

4. Schutz vor Risikogruppen

Schutz der Risikogruppen. Die Statistiken zeigen, dass insbesondere Ă€ltere und vorerkrankte Menschen an COVID-19 sterben. Diese Bevölkerungsgruppen mĂŒssen daher unbedingt geschĂŒtzt werden. FĂŒr den Profifußball bedeutet das, dass auch Ă€ltere und/oder vorerkrankte Betreuer, Trainer und anderes Personal nicht Teil dieser „Blase“ sein kann und wohl lieber zuhause bleiben sollte.

5. Neuorganisation in den Stadien

Nicht nur auf den TribĂŒnen, sondern auch in den Katakomben der Stadien kommen in der Regel viele Menschen in geringem Abstand zusammen. Man weiß noch nicht alles ĂŒber die Ausbreitung des Coronavirus, aber die lokalen AusbrĂŒche in den Berliner Clubs und bei der Karnevalsparty in Heinsberg zeigen, dass in RĂ€umen, in denen die Luft „steht“ und viele Menschen aufeinander kommen, eine Ausbreitung wahrscheinlich ist. FĂŒr die Bundesliga bedeutet das eine Neuorganisation der AblĂ€ufe vor und nach den Spielen. Man denke nur an die langen Wege, die die Spieler im Olympiastadion eng an eng bis zum Spielfeld zurĂŒcklegen mĂŒssen. Und an die teils eher kleinen Kabinen, in denen sich die Mannschaften aufhalten. All das mĂŒsste „entzerrt“ werden. GrundsĂ€tzlich sind sich die Experten inzwischen auch einig, dass das Tragen von Atemschutzmasken sinnvoll ist. Daher sollte eine Maskenpflicht rund um die Spiele im Stadion gelten. Zudem sollten auch dort die Abstandsregeln eingehalten und oft die HĂ€nde desinfiziert werden.

6. QuarantÀne-Regeln

Das Robert-Koch-Institut empfiehlt fĂŒr Menschen, die im Gesundheitswesen arbeiten, die also wichtig fĂŒr die Aufrechterhaltung des Systems sind, besondere QuarantĂ€neregeln. Damit Kliniken, Arztpraxen und Apotheken im Notfall weiter geöffnet bleiben können, soll das Gesundheitspersonal unter bestimmten, strengen Auflagen weiterarbeiten – selbst wenn ein Kontakt mit einer infizierten Person stattgefunden hat. Es ist klar, dass Bundesligaspieler nicht so „systemrelevant“ sind wie Pfleger oder Ärzte. Allerdings sollte die DFL darĂŒber nachdenken, wie man mit VerdachtsfĂ€llen umgeht. Denn wenn jeder begrĂŒndete Verdachtsfall im Profifußball fĂŒr zwei Wochen in eine zweiwöchige QuarantĂ€ne entsendet wird, kann der Spielbetrieb nach drei Wochen wohl schon wieder gestoppt werden.

Ist das gerecht?

Bei all diesen Regeln stellt sich aber eine andere, viel grĂ¶ĂŸere Frage: Wie erklĂ€rt man dem Rest der Gesellschaft eine solche Sonderbehandlung der Fußballstars? UnzĂ€hlige Betriebe sind durch die Coronakrise gefĂ€hrdet, viele Menschen mĂŒssen jetzt schon auf Teile ihres Gehaltes verzichten. Warum sollte dann gerade fĂŒr Multi-MillionĂ€re eine aufwĂ€ndige „Blase“ geschaffen werden, um deren GeschĂ€ft zu sichern? Zudem sollten sich die DFL-FunktionĂ€re ĂŒber die Konsequenzen Gedanken machen, wenn der oben genannte Plan schiefgeht. Was passiert, wenn sich doch mehrere Spieler infizieren, vielleicht sogar jemand ins Krankenhaus muss? Der Imageschaden fĂŒr den Profifußball wĂ€re groß – so oder so.