Herthaner im Fokus: VfL Wolfsburg – Hertha BSC

Herthaner im Fokus: VfL Wolfsburg – Hertha BSC

Nein, es war kein schönes Spiel, welches sich am Samstagnachmittag in Wolfsburg zugetragen hatte. Doch hält man es mit der “alten Dame” aus Berlin, wird einem das “wie” aufgrund des Endergebnisses einigermaßen egal gewesen sein. Mit 2:1 haben die Blau-Weißen die Begegnung mit dem VfL Wolfsburg in nahezu letzter Minute für sich entschieden, sodass man nach den Niederlagen der Konkurrenz mit immerhin fünf Punkten auf den Relegationsrang etwas aufatmen kann. Es folgen Herthaner, die wir in den siegreichen 90 Minuten besonders beobachtet haben.

Maxi Mittelstädt – Chance genutzt?

Das Trainerteam wartete am Samstag mit einigen Überraschungen in der Startelf auf, so gab unter anderem Maximilian Mittelstädt nach knapp zwei Monaten sein Comeback in Herthas Anfangsformation. Mehr Dampf über die linke Seite versprach man sich von dieser Entscheidung, da Aushilfskapitän Marvin Plattenhardt diesem Anspruch zuletzt nicht genügte. Der Plan sollte aufgehen.

Foto: Stuart Franklin/Bongarts/Getty Images

“Wir haben gespürt, dass  Maxi dran war, weil er klasse trainiert hat in den letzten Wochen. Er war wirklich richtig frisch. Und so hat er auch gespielt. Er hat ein überragendes Spiel gemacht. Auf der linken Seite war richtig Leben drin”, war Jürgen Klinsmann gegenüber dem Berliner Kurier angesichts der Leistung Mittelstädts voll des Lobes. Mehr Zug nach vorne hatte im Vergleich zum Bayern-Spiel von den Außenverteidigern gebraucht und vor allem da war der Unterschied zwischen Plattenhardt und Mittelstädt zu erkennen. Herthas Eigengewächs war vor allem im ersten Durchgang der heimliche Spielmacher seiner Mannschaft – nahezu jeder Angriff wurde über ihn eingeleitet. Mittelstädt forderte die Bälle und stand im Vergleich zu Lukas Klünter auffällig hoch, um das Spiel anzukurbeln.

Auch die Zahlen belegen, welch großen Einfluss der 22-Jährige auf die Begegnungen genommen hatte: mit 85 Ballkontakten sammelte Mittelstädt mit Abstand die meisten bei Hertha, hinzu kommen drei Torschussvorlagen und ein direkter Assist. Diesen sammelte der Linksverteidiger beim 1:1-Ausgleichstreffer, den er per Ecke für Jordan Torunarigha aufgelegt hatte. Mittelstädt betrieb großen Aufwand, um ein ständiger Faktor zu sein: er lief die fünftgrößte Strecke aller Herthaner, verzeichnete die viertmeisten intensiven Läufe und niemand in blau-weiß zog so viele Sprints wie er an. Es war auffällig, wie oft Mittelstädt bis an den gegnerischen Strafraum oder in die Tiefe lief, um eine weitere Anspielstation zu bieten oder den Ballbesitz einfach nur etwas länger in der gegnerischen Hälfte halten zu können. Besonders im ersten Durchgang war der Druck immens, den Mittelstädt auf Wolfsburg ausübte. In der zweiten Hälfte flachte das Spiel des Außenverteidigers etwas ab, allerdings ohne aufkommende Nachlässigkeiten, denn auch defensiv überzeugte der Abwehrspieler: eine positive Zweikampfbilanz, neun Ballsicherungen, vier Tackles, zwei klärende Aktionen und drei abgefangene Bälle sprechen auch hier eine klare Sprache.

Eine insgesamt mehr als ordentliche Vorstellung Mittelstädts, der seine Startelfchance eindeutig genutzt hat und in dieser Form kaum wegzudenken ist. Der Konkurrenzkampf zwischen ihm und Plattenhardt geht also in die nächste Runde.

Ascacibar vs. Skjelbred – blau-weiße Doppelgänger?

Aufgrund des kurzfristigen Ausfalls von Vladimir Darida (erkältet) und dem Mangel an Alternativen hatte sich das Trainerteam dazu entschieden, Per Skjelbred gegen Wolfsburg starten zu lassen. Dieser hatte gegen den FC Bayern noch auf der Bank sitzen müssen, da Neuzugang Santiago Ascacibar ihm den Platz als alleiniger Sechser in Herthas System abgerungen hatte. Ohnehin war bei der Verpflichtung des Argentiniers klar, dass man ihn und den routinierten Norweger nur selten zusammen auf dem Platz sehen würde, teilen sich die beiden Mittelfeldzerstörer doch sehr viele Attribute. Doch wie hat es gegen Wolfsburg ausgesehen?

Foto: Stuart Franklin/Bongarts/Getty Images

Nun, wirklich schockierende Ergebnisse kamen bei diesem Feldversuch nicht heraus. Tatsächlich mutet das Spiel von Ascacibar und Skjelbred recht identisch an, nur in Nuancen sind Unterschiede zu erkennen. Für das Spiel als solches war aber positiv festzuhalten, dass Hertha mit solch zwei akribischen Arbeitern im Mittelfeld ein würdiges Gegengewicht zu Wolfsburgs Schlager, Guilavogui und Arnold bildete. Sowohl Ascacibar als auch Skjelbred wiesen eine positive Zweikampfbilanz auf, hinzu kommen auch sonst ziemlich ähnliche Werte: Ascacibar fünf Ballsicherungen, Skjelbred drei; Ascacibar vier Tacklings, Skjelbred drei; ein zu eins klärende Aktionen. In der Laufdistanz lag der junge Argentinier rund einen halben Kilometer vor Herthas Nummer drei. Zwar betrieben beide großen Aufwand, um Wolfsburgs Mittelfeld in Schacht zu halten und in einigen Phasen des Spiels klappte dies auch gut, doch ist ihnen anzukreiden, dass der Sechserraum vor Herthas Sechszehner zu oft ungedeckt blieb, sodass Wolfsburg dort hineinstoßen konnte – so entstanden gefährliche Schussgelegenheiten für Arnold und Guilavogui. Vor allem Ascacibar steht in diesen Szenen noch zu tief und verteidigt mit im Strafraum als dass er den Rückraum deckt.

Wirkliche Unterschiede zwischen den beiden ließen sich im Spiel mit dem Ball ausmachen: Skjelbred war durchschnittlich höher als Ascacibar positioniert, sodass er zu mehr Szenen in der Wolfsburger Spielhälfte kam – so auch in der 90. Minute, als der 32-Jährige den Ball noch einmal nach vorne trug und ihn zu Marko Grujic spielte, der den Ball, welcher dann seinen Weg ins Tor fand, in den Strafraum legte. Unterm Strich fällt es schwer, große Unterschiede in dem Spiel von Ascacibar und Skjelbred auszumachen. Beide haben ihre Stärken im Spiel gegen den Ball, im Erobern von Bällen, im laufen, kämpfen und beißen – Skjelbred wirkt mit Ball am Fuß nur noch selbstverständlicher, was aufgrund seiner großen Erfahrung und dass er bereits so lange bei Hertha spielt, aber nicht wirklich verwundert. Gegen ein ebenso kampfstarkes Mittelfeld, wie die “Wölfe” es haben, hat es einen Mehrwert, beide spielen zu lassen – gegen andere Gegner würden sich aber ein etwas spielstärkeres Element empfehlen.

Alexander Esswein – wieder eine ernsthafte Alternative?

So oft war Alexander Esswein bereits abgeschrieben, manchmal vergisst man fast, dass der 29-Jährige noch Teil des Hertha-Kader ist. Bei seiner Einwechslung gegen Wolfsburg hat der schnelle Außenbahnspieler durchaus bewiesen, weshalb man ihn weiterhin auf der Rechnung haben sollte.

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Es war die 76. Minute, in der wohl viele Hertha-Anhänger verdutzt auf die Anzeigetafel blickten: das Trainerteam nahm Javairo Dilrosun vom Feld und brachte dafür Esswein in die Partie. Untergangsfantasien, Galgenhumor und großes Unverständnis füllten die Social-Media-Plattformen – auch weil es Dilrosun war, der für Esswein gehen musste und nicht der insgesamt recht glücklos gebliebene Marius Wolf. Nein, das Trainterteam entschied sich für Dilrosun und das nüchtern betrachtet zurecht, denn was hatte der junge Niederländer gegen Wolfsburg wirklich zustande gebracht? Zwar zeigte in ein paar Dribblings, welch Potenzial in ihm schlummert, doch waren diese meist unter “brotlose Kunst” einzuordnen. Keine einzige Torschussvorlage und ein völlig verunglückter Abschluss machten einen insgesamt enttäuschenden Auftritt rund. Das große Potenzial Dilrosuns ist unbestritten, doch lieferte der 21-Jährige sowohl gegen den FC Bayern als auch gegen die “Wölfe” wenig Argumente dafür, dass man ihn jede Partie 90 Minuten lang machen lassen sollte.

Das Potenzial Essweins ist ungemein kleiner, doch schaffte er in rund 15 Minuten das, was Dilrosun zuvor nicht gelungen war: eine Torschussvorlage. Eingesetzt von Grujic sprintete er die linke Seite entlang und spielte einen punktgenauen Ball auf Dodi Lukebakio, der den Ball im Fallen aber nur noch auf Torhüter Koen Casteels brachte. Der Wille, seine Einsatzzeit vollends auszunutzen und sich dem Trainer für weitere Spiele zu empfehlen, war Esswein wirklich anzusehen. Er versuchte, sich in jeden Zweikampf zu werfen und noch irgendwie ein Faktor zu sein. Beinahe wäre es noch mit einer Torvorlage geworden. Blickt man völlig neutral auf seine Leistung, hat Esswein als Joker überzeugt. Ja, er mag wesentlich geradliniger und technisch limitierter als ein Dilrosun sein, aber – wie man es im Englischen gerne sagt – he gets the job done. Vielleicht sollte man Esswein doch noch nicht abschreiben, denn in dieser Form wird er auch noch ein paar weitere Male eingewechselt werden.

Was aus Herthas einstigen “Juwelen” wurde (Teil 1)

Was aus Herthas einstigen “Juwelen” wurde (Teil 1)

Bereits seit Jahrzehnten gilt Hertha BSC als herausragende Talentschmiede, schließlich fanden hier die Karrieren von Namen wie Jerome & Kevin-Prince Boateng, Ashkan Dejagah, Sejad Salihovic oder Nico Schulz ihren Anfang. Auch heute noch schafft es die blau-weiße Jugendakademie, vielversprechende Talente herauszubringen, wie das aktuell prominenteste Beispiel: Arne Maier. Doch nicht alle zunächst “gehypten” Namen schaffen es letztendlich auch, einen großen Fußabdruck im Profi-Fußball zu hinterlassen. Hier ist Teil 1 der Auflistung von verschiedenen Karrierewegen, die Herthaner Eigengewächse nahmen.

Anstoß für diesen Artikel ist der jüngst erschienene Kommentar beim Berliner Kurier. In diesem heißt es, die neue Ausrichtung unter Investor Lars Windhorst und Trainer/Aufsichtsratmitglied Jürgen Klinsmann würde den Weg für Eigengewächse verbauen. Große Namen und Summen würden verhindern oder es zumindest massivst erschweren, dass sich Talente wie Sidney Friede (nun bei Wehen Wiesbaden unter Vertrag), Palko Dardai, Maurice Covic (ausgeliehen nach Italien), Florian Baak oder Muhammed Kiprit bei den Profis durchsetzen können.

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Hierzu muss konstatiert werden, dass sich die genannten Namen allerdings auch vor dem “Richtungswechsel” des Vereins und der Installation von Windhorst & Klinsmann nicht durchgesetzt hatten – und das in zwei bis drei Profi-Jahren und unter zwei verschiedenen Cheftrainern (Pal Dardai und Ante Covic). Es greift also zu kurz, nur die Zeit unter Klinsmann zu betrachten. Sicherlich gilt es weiterhin, mehr als nur ein Auge auf die eigene Jugend zu haben, doch Durchlässigkeit als Selbstzweck funktioniert nicht. Bringen Eigengewächse nicht das benötigte Niveau/Potenzial mit sich, wäre es unlogisch, diese dennoch krampfhaft in den Profi-Kader zu integrieren. Es bleibt abzuwarten, wie sich die genannten Spieler noch entwickeln, doch ist festzuhalten, dass es wohl nicht am aktuellen Trainerteam liegt, dass sie sich bei den Profis (noch) nicht durchsetzen. Sollten sie den Verein im Winter oder kommenden Sommer letztendlich doch verlassen, wird der Aufschrei nichtsdestotrotz groß sein.

Denn man kennt es ja: sobald ein Eigengewächs den Verein verlässt, ohne vorher 50 Spiele für die Profis absolviert zu haben, schreien viele Fans, die Verantwortlichen seien “blind”, würden der Jugend nicht vertrauen und nicht langfristig genug denken. Es gilt: verlässt ein Talent den Verein, das in den Jugendmannschaften auf sich aufmerksam gemacht hat, liegt der Fehler erst einmal beim Verein, der das Potenzial desjenigen falsch eingeschätzt habe. Doch stimmt das? Hat Hertha in den letzten Jahren grobe Fehleinschätzungen bei Eigengewächsen vorgenommen, die dann bei anderen Vereinen auf sich aufmerksam machten? Schauen wir nach.

Bigalke, Morales, Holland

Um nicht zu weit zurückzublicken, behandeln wir für diese Artikel-Reihe die Herthaner Eigengewächse ab dem Jahrgang 1990. Zu eben jenem gehören Sascha Bigalke, Fabian Holland und Alfredo Morales. Die heute allesamt 29-Jährigen tummeln sich aktuell zwischen Liga eins und drei Deutschlands. Alle drei wachen auch Junioren-Nationalspieler: Bigalke und Holland für Deutschland, Morales für die USA. Die Karrierewege der gebürtigen Berliner verliefen jedoch durchaus unterschiedlich.

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Der erste der drei, der sein Glück abseits von Hertha suchte, war Sascha Bigalke. Der quirlige Spielmacher, dem in seinen jungen Jahren ein durchaus schwieriger Charakter nachgesagt wurde, gehörte dem Berliner Profi-Kader seit 2008 drei Jahre an, kam in der Zeit allerdings – auch aufgrund drei Mittelfußbrüchen – auf nur vier mickrige (no pun intended) Einsätze, sodass es ihn 2011 im Alter von 21 Jahren zur SpVgg Unterhaching zog. Bei dem Drittligisten avancierte Bigalke unverzüglich zum Leistungsträger und heuerte 2012 beim 1. FC Köln an, der damals in der zweiten Bundesliga spielte. Auch dort konnte der zentrale Mittelfeldspieler durchaus auftrumpfen, ehe ihn ein Kreuzbandriss aus der Bahn warf. Wirklich auf die Füße sollte Bigalke nach dieser schweren Verletzung erst einmal nicht mehr zurückfinden – es folgte nur noch ein einziger Einsatz für den “Effzeh”, ehe der Berliner 2014 nach Unterhaching zurückkehrte. Doch auch dort machten ihm Verletzungen zu schaffen, sodass er zwischen 2015 und 2016 sogar ein Jahr ohne Verein dastand. Ins Fernsehen sollte er es dennoch schaffen. “Alle guten Dinge sind drei”, dachten sich Bigalke und Unterhaching und gingen 2016 eine erneute Zusammenarbeit ein, die bis heute anhält. In mittlerweile knapp 200 Einsätzen für die Oberbayern gelangen Bigalke 48 Tore und 78 Vorlagen, also insgesamt 126 direkte Torbeteiligungen – eine überragende Quote, aber halt in der dritten und vierten Liga zusammengesammelt. Sicherlich wäre für den heute 29-Jährigen mehr drin gewesen, doch nach all den Verletzungen und einer einjährigen Arbeitslosigkeit wird er einfach nur froh sein, auf professionellem Niveau spielen zu können und das volle Vertrauen seines Vereins zu genießen.

Auch Alfredo Morales entschied sich ab einem gewissen Punkt gegen eine Zukunft bei seinem Heimatverein – 2013 war dies der Fall, als der zentrale Mittelfeldspieler zum FC Ingolstadt wechselte und damit lieber in der zweiten Liga blieb, als mit Hertha zusammen aufzusteigen und Erstligafußball zu erleben. Eine durchaus verständliche Entscheidung des damals 23-Jährigen, denn Morales hatte unter Trainer Jos Luhukay insgesamt nur neun Einsätze verbuchen können, gehörte also zu den Egänzungsspielern des Kaders und hätte in der ersten Liga vielleicht keine besseren Aussichten gehabt. Etwas verwundert waren die Fans dennoch, da Morales all seine neun Spiele in der Rückrunde absolviert hatte, also zunehmend wichtiger für das Team wurde und im Begriff war, eine wichtige Rolle bei Hertha einzunehmen. Nun gut, seinen Wunsch, absoluter Stammspieler zu werden, erfüllte er sich mit diesem Wechsel zumindest. Ganze fünf Jahre spielte Morales für die “Schanzer” und war sowohl in vier Zweitliga-Spielzeiten wie auch der einen im deutschen Oberhaus (2015/16) Stammkraft. 150 Pflichtspieleinsätze sammelte der Schulweltmeister von 2007 (wusstet ihr eigentlich, was “Chicharito” bedeutet?!), ehe er 2018 eine neue Herausforderung suchte und bei Fortuna Düsseldorf unterschrieb. Bei dem Bundesligisten gehört Morales zum erweiterten Kreis der Stammspieler, ohne im besonderen Maße auf sich aufmerksam zu machen. Ein etwas unterdurchschnittlicher Bundesligaspieler scheint aus dem Herthaner Eigengewächs geworden zu sein, das im September 2019 das letzte seiner bislang 16 Länderspiele für die USA absolviert hatte.

Foto: Alex Grimm/Bongarts/Getty Images

Zwar ist aus Fabian Holland kein Nationalspieler geworden, eine solide Karriere legt der heute 29-Jährige aber dennoch hin. Ganze zwölf Jahre war der Linksverteidiger Teil von Hertha BSC, ehe man ihn 2015 fest an den SV Darmstadt 98 abgab. In seiner Zeit bei der “alten Dame” hatte Holland mit mehreren Verletzungen zu kämpfen, vor allem aber mit Herzrhythmus-Störungen (Wolff-Parkinson-White-Syndrom), wegen denen er 2010 am Herzen operiert werden musste. Die meiste Zeit war der gebürtige Berliner Teil von Herthas U23, nur 2012/13 war Holland ein ernstzunehmender Part der Profis (18 Einsätze in Liga zwei). Da Holland nicht über die Rolle des Ergänzungsspieler hinauskam, ließ er sich 2014 zu den Darmstädtern ausleihen. Bei den Hessen wurde er auf Anhieb Stammspieler, sodass sie ihn ein Jahr später fest verpflichteten und seitdem konstant auf ihn setzen. Seit nunmehr sechs Spielzeiten trägt der Abwehrspieler das Trikot der “Lilien”, mittlerweile sogar deren Kapitänsbinde. Sicherlich ist aus Holland kein Star geworden, das war aber auch nicht zu erwarten. So will man meinen, er habe das bestmögliche aus seinem Potenzial und Verletzungsschicksal gemacht. Kapitän und Leistungsträger bei einem deutschen Zweitligisten zu sein, ist aller Ehren wert.

Radjabali-Fardi und Neumann

Mit deutlich mehr Talent als Holland, aber auch mit einer eindeutig tragischeren Laufbahn versehen – Shervin Radjabali-Fardi. Mit 17 Jahren galt der Linksverteidiger noch als eines der größten Talente des deutschen Fußballs. Damals – 2008 -gewann Radjabli-Fardi als Kapitän von Herthas B-Jugend die deutsche Meisterschaft und wurde daraufhin mit bronzenen Fritz-Walter-Medaille ausgezeichnet. Jugend-Nationalspieler war er bereits seit der U15 gewesen und sollte es bis zur U21 bleiben. Es schien alles für eine große Karriere zu sprechen und auch die ersten Schritte im Profi-Fußball schienen zu gelingen. Der gebürtige Berliner wurde von Profi-Trainer Lucien Favre mit ins Trainingslager genommen und am 17. Juli 2008 im Europapokal-Spiel gegen FC Nistru Otaci aus Moldawien erstmals eingewechselt – mit nur 17 Jahren und zwei Monaten ist Radjabali-Fardi bis heute der jüngste Spieler, der jemals in einem Pflichtspiel für Hertha auflief. Der erste Profi-Einsatz verdrehte dem noch jungen Spieler allerdings den Kopf. Die vielen Schulterklopfer ließen in dem Außenbahnspieler voreilige Zufriedenheit aufkommen.

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“Ich glaube, mein Fehler war es, zu denken, dass der nächste Schritt von allein kommen würde. Vielleicht war ich einfach noch zu jung”, erklärte Radjabali-Fardi in einem Interview aus 2013. Eine Leihe (2011/12) zu Zweitligist Alemannia Aachen sollte ihm den Kopf waschen, denn dort entwickelte sich der heute 28-Jährige zum Stammspieler. Als es bei der Rückkehr nach Berlin hieß, mit der gewonnen Reife und Spielpraxis anzugreifen, ließ sein Köpfer Radjabali-Fardi im Stich – ein Kreuzbandriss, der ihn die gesamte Vorbereitung unter Trainer Jos Luhukay kostete und im darauffolgenden Winter letztendlich das Aus bei seinem Ausbildungsverein bedeuten sollte. Hertha plante nicht mehr mit seinem Eigengewächs, das einfach nicht die gewünschte Entwicklung genommen hatte. “Das ist unglaublich schade, weil Shervin hoch veranlagt ist“, sagte Manager Michael Preetz damals. 2013 schloss sich der Berliner mit iranischen Wurzeln Hansa Rostock an, wo seine Karriere neu angekurbelt wurde. In seinem ersten Jahr bei dem Drittligisten war Radjabali-Fardai unabdingbarer Stammspieler, absolvierte ganze 36 Spiele. Auch in seiner zweiten Spielzeit bei Hansa startete er als Stammkraft, doch dann der Schock: am 4. Spieltag riss erneut sein Kreuzband. Erst am 29. Spieltag konnte er sein Comeback feiern, nur um sich am 37. Spieltag die Achillessehne zu reißen. Von dieser so bitteren Saison sollte sich seine Karriere nicht mehr erholen. Nach der Saison 2014/15 trennten sich die Wege von Rostock und Radjabali-Fardi, der danach für keinen einzigen Verein mehr auflaufen sollte. Karriereende mit Mitte 20. Erst wollte der Kopf nicht, dann die Beine. Ein tragisches Ende für einen so vielversprechenden Spieler.

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Auch Sebastian Neumann hat seine Fußballschuhe aufgrund von anhaltenden Verletzungsproblemen an den Nagel hängen müssen, aber immerhin erst mit 28 Jahren. Diese Entscheidung fiel vor erst knapp einer Woche. Doch der Reihe nach: auch Neumann wurde 1991 in Berlin geboren und wechselte in jungen Jahren in die Hertha-Akademie. Dort entwickelte sich der Innenverteidiger zum Profi, der 2010/11 unter Trainer Markus Babbel seine ersten Gehversuche im Männerbereich (elf Einsätze in Liga zwei) hatte. Nachdem der Hauptstadtverein in dieser Spielzeit wieder in die Bundesliga aufstieg, blieb wenig Platz für Neumann, der nach lediglich zwei Einsätzen im deutschen Oberhaus abgegeben wurde. Bei seinem neuen Klub, dem damaligen Drittligisten VfL Osnabrück, avancierte der Abwehrmann auf Anhieb zum Stammspieler. 2014 erfolgte dann der Wechsel zum VfR Aalen und auch dort machte Neumann auf sich aufmerksam, sodass ihn nur ein Jahr später Zweitligist Würzburg verpflichtete. In seinen beiden Jahren (das zweite in Liga drei) war der Berliner ebenfalls Leistungsträger und erneut wurde der Versuch gewagt, in der 2. Liga Fuß zu fassen – dieses Mal beim MSV Duisburg. Neumann konnte das Trikot der “Zebras” in zwei Jahren jedoch nur zehn Mal überstreifen. Grund hierfür waren anhaltende Verletzungsprobleme, vor allem eine Hüftverletzung setzte ihn außer Gefecht. Seine ganze Karriere hatte Neumann mit körperlichen Problemen zu kämpfen, seit Januar 2015 spielte er wegen einer Herzmuskel-Erkrankung sogar mit einem eingesetzten Defibrillator. Im Januar diesen Jahres dann die Entscheidung, die Karriere zu beenden. Eine Karriere, die ebenfalls vielversprechend begann – immerhin sammelte Neumann elf Einsätze für die deutsche U21-Nationalmannschaft – doch aufgrund von Verletzungen leider nie ihr volles Potenzial ausschöpfen sollte.

Herthaner im Fokus: Hertha BSC – SC Freiburg

Herthaner im Fokus: Hertha BSC – SC Freiburg

“Endlich” will der Hertha-Fan schreien – endlich haben die Blau-Weißen wieder gewinnen können. Nach zuletzt sieben sieglosen Spielen infolge konnte mit dem 1:0-Heimerfolg gegen den SC Freiburg der Bann gebrochen werden. Der satte Distanzschuss von Vladimir Darida entschied ein umkämpftes wie fußballerisch armes Spiel, das auch mit einer Punkteteilung hätte enden können – aber der geneigte Hertha-Fan wird sich nicht beschweren, dass es doch noch zum Treffer des Tages kam. Die Einzelkritik zu einer engagierten, jedoch verkrampften Mannschaftsleistung.

Vladimir Darida – der Matchwinner

Selten war der Titel des “Matchwinners” wohl so verdient wie im Fall der Leistung von Vladimir Darida gegen den SC Freiburg. Quasi im Alleingang befreite er seine Mannschaft, die vor und nach seinem sehenswerten Distanztreffer nicht wirklich wusste, wie sie die Freiburger Defensive knacken sollte.

Foto: Maja Hitij/Bongarts/Getty Images

Die starke Leistung des Tschechen ist allerdings nicht allein auf seinen Treffer zurückzuführen. Auch darüber hinaus zeigte Darida eine gute Vorstellung, die ihn auch unter Trainer Jürgen Klinsmann unentbehrlich machen wird. Das fängt bereits mit seiner Arbeit gegen den Ball an, denn auch gegen seinen Ex-Verein präsentierte sich Darida äußerst engagiert und diszipliniert. Einmal mehr lief er mehr als jeder andere Spieler auf dem Feld, dieses Mal waren 13,2 Kilometer – erneut ein großartiger Wert. Kein Herthaner verbuchte mehr erfolgreiche Tacklings (vier), zudem fing er einen Ball ab und klärte eine Aktion. Hinzu kommen vier Ballsicherungen und eine 66%ige Zweikampfquote.

Auch im Spiel mit dem Ball war der 29-Jährige von großer Bedeutung. Er legte vier Chancen auf – so viele wie kein anderer Herthaner. Generell war sein Passspiel am Samstagnachmittag eines der besseren: 81,6% seiner Zuspiele kamen an, sogar 80% in der gegnerischen Hälfte. Darida war zusätzlich Spitzenreiter seiner Mannschaft, was Ballkontake anging: 66 Mal war der zentrale Mittelfeldspieler am Ball, Nebenmann Grujic nur 49 Mal.

In der 57. Minute war es dann soweit – der Auftritt des Vladimir Daridas. Er selbst stieß mit dem Ball in die Freiburger Hälfte, spielte einen klugen Doppelpass mit Davie Selke und schloss aus gut 20 Metern unhaltbar für SC-Keeper Mark Flekken ab – der letztendliche Siegtreffer eine Willensleistung der Nummer sechs. Sicherlich gab es Phasen in der Partie, in der Herthas Mittelfeldzentrale die Dominanz abhanden ging, jedoch auch, weil Darida und Grujic nur zu zweit waren. Der Tscheche versuchte zumindest alles in seiner Macht stehende, um der Partie seinen Stempel aufzudrücken. Mission erfolgreich!

Karim Rekik – bald wieder der Alte?

Das erste Mal seit dem 4:0-Sieg gegen den 1. FC Köln am 29. September hat Hertha wieder die Null gehalten. Ein Faktor dafür war die wirklich ordentliche Leistung von Karim Rekik, der bereits gegen Eintracht Frankfurt leicht verbessert auftrat und sein seit dem Saisonbeginn anhaltendes Formtief eventuell überwinden könnte.

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So war es dieses Mal Rekik, der den unsicheren Nebenmann – in diesem Fall Dedryck Boyata – kompensieren musste. Sein belgischer Kollege erwischte keinen allzu starken Tag und brauchte lange, um in der Begegnung anzukommen. Rekik allerdings war von der ersten Minute an konzentriert und hielt seinen Wirkungsbereich sauber. Der niederländische Innenverteidiger sicherte vier Bälle, klärte ganze sechs Aktionen und blockte zwei Schüsse ab. Rekik war – und das ist bei seiner Saison wirklich keine Selbstverständlichkeit – über 90 Minuten auf der Höhe des Geschehens. Vor allen Dingen bei hohen Bällen und Standardsituationen, die in den Berliner Strafraum geschlagen wurden und Hertha in den vergangenen Wochen große Probleme bereiteten, war der 25-Jährige hellwach.

Auch im Aufbauspiel war Verlass auf Rekik, der 92% seiner Pässe zum Mitspieler brachte und sich auch lange Bälle zutraute (zum Vergleich: Rekik schlug acht lange Bälle, von den sogar fünf ankamen, Boyata spielte hingegen nicht einen einzigen). Es war eine insgesamt zufriedenstellende Leistung Rekiks und das ist nach den letzten Wochen eine wirklich positive Nachricht. Sicherlich wurde Herthas Innenverteidigung von der Freiburger Offensive nicht allzu sehr gefordert, aber das hatte Rekik in den letzten Wochen ja auch nicht von individuellen Fehlern und Einladungen für den Gegner abgehalten. In dieser Verfassung ist ein Stammplatz tatsächlich gerechtfertigt.

Dodi Lukebakio & Javairo Dilrosun – Mehr gearbeitet als gespielt

Es gibt so Tage, da läuft’s einfach nicht. Bälle verspringen, Schüsse haben nicht die gewohnte Härte. Solche Formschwankungen erleben meist Spielertypen wie Dodi Lukebakio und Javairo Dilrosun – schnelle Dribbler, die auf ihre Technik und ihren Spielwitz angewiesen sind. Beide Flügelspieler waren am Samstag nicht gut aufgelegt, spielerisch wollte ihnen nicht viel gelingen. Doch anstatt abzutauchen, bissen sich die beiden Offensivspieler in die Partie.

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Hertha-Fans machten große Augen, als sie die von Trainer Jürgen Klinsmann ins Rennen geschickte Aufstellung sahen. Nicht nur, dass er mit Davie Selke und Vedad Ibisevic zwei klare Sturmspitzen aufstellte, mit Dilrosun und Lukebakio gesellten sich darüber hinaus noch zwei sehr offensive Flügelspieler hinzu. Das damit versprochene Offensivspektakel wurde es leider nicht, auch weil Herthas Flügelachse nie so wirklich ins Spiel fand. Während Dilrosun zumindest noch mit ein paar sehr dynamischen Läufen über die linke Seite überzeugte, die aber auch nichts einbrachten, war Lukebakio kaum zu sehen. Zusammen kamen die beiden Außenbahnspielern auf gerade einmal 61 Ballkontakte, also weniger als Vladimir Darida (66) und Karim Rekik (62).

Zwei Schüsse (einer ungefährlich aufs Tor, einer vorbei) und keine Torschussvorlage seitens Dilrosun, zwei Schüsse (einer ohne Gefahr, einer vorbei) und ebenfalls kein Vorlage seitens Lukebakio – nein, es war nicht ihr Tag. Und doch hatten beide einen Wert für ihre Mannschaft, da sie im Spiel gegen den Ball auffällig engagiert und intelligent auftraten. Dilrosun, wie auch Lukebakio nicht für seine ausgezeichnete Defensivarbeit bekannt, gewann die Mehrzahl seiner Zweikämpfe, tackelte dreimal erfolgreich (nur Darida war besser) und fing einen Ball ab. Auch Lukebakio half seinem Hintermann Lukas Klünter tatkräftig, indem er sechs Bälle sicherte, starke drei Bälle abfing und immer wieder die intensiven Läufe wie Sprints von Gegenspieler Christian Günter mitmachte. So gelang es Hertha, das Freiburger Flügelspiel, welches immens wichtig für deren Torproduktion ist, oftmals einzudämmen. So war es zwar offensiv eine nahezu wirkungslose Vorstellung von Dilrosun und Lukebakio, doch sollte ihre wichtige Defensivarbeit nicht vergessen werden. Ein weiterer Beleg dafür, welch verbesserte Mentalität Klinsmann und sein Trainerteam der Mannschaft eingeimpft haben.

Rune Jarstein – Noch etwas wackelig

Nachdem Herthas Nummer eins seine Rotsperre abgesessen hat, durfte Jarstein gegen den SC Freiburg zurück zwischen die Pfosten. Bei seiner Rückkehr nach zwei Partien sah der Norweger allerdings nicht immer glücklich aus und braucht anscheinend noch ein wenig Zeit, um wieder bei 100% anzukommen.

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Sicherlich war es auch kein dankbares Spiel für einen Torhüter: kalt-nasses Wetter und ein Gegner, der einen nicht allzu oft prüft (in der Partie kamen nur zwei Freiburger Schüsse direkt aufs Tor) und vor allem mit Standards operiert, bei denen man als Keeper ja oftmals gar nicht mehr eingreifen kann. Und dennoch sah Jarstein in einigen Szenen etwas unglücklich aus. So war vor allem sein Spielaufbau sehr fehlerhaft, immer wieder missglückten ihm die Abschläge, sodass diese beim Gegner oder in der eigenen Hälfte landeten. So brachte der 35-Jährige seine Mannschaft immer mal wieder in Bedrängnis und zwang z.B. Darida in der 12. Minute zu einem Foul.

In der 59. Minute hatte sich Jarstein bei einem Eckball verschätzt und gerade noch die Fingerspitzen an die Hereingabe bekommen, um damit schlimmeres zu verhindern. Ansonsten sah der Schlussmann bei den gegnerischen hohen Bällen souverän aus, fischte insgesamt drei Breisgauer Flanken aus der Luft. Durch Paraden konnte sich Jarstein mangels Freiburger Torschüssen nicht auszeichnen. So war es ein etwas wackeliger Auftritt des Keepers.

Ein Abend, der bleibt

Ein Abend, der bleibt

Das emotionale Weiterkommen im DFB-Pokal gegen Dynamo Dresden kann dem Verein einen unschätzbaren Auftrieb geben. Und auch wenn nicht, wird dieser intensive Abend in den Gedächtnissen bleiben. Ein Kommentar.

Wenn wir uns auf diesem Blog nach Spielen melden, dann meist mit einer Einzelkritik. Dazu werden Statistiken gebolzt, individuelle und mannschaftstaktische Aspekte analysiert und versucht, in den Kontext des Spiels einzubinden. Doch nicht nach diesem Mittwochabend, nicht nach solch einem unfassbaren Stück Fußball.

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So könnte man sicherlich kritisch hinterfragen, warum es Hertha mit 63% Ballbesitz, 55% gewonnen Zweikämpfen und 28 zu 13 Schüssen (zwölf zu drei aufs Tor) nicht geschafft hat, den Tabellenvorletzten der zweiten Liga zu Hause souverän zu schlagen und wieso es stattdessen drei Gegentore, zwei Rückstände, 120 Minuten und ein Elfmeterschießen gebraucht hat, um die Sachsen niederzuringen. Auch könnten Einzelaktionen wie Starks Einsteigen vor dem Elfmeter zum 2:2 oder Krafts misslungenem Abwehrversuch des Tores zum 2:3 nun zerpflückt werden. Dass Hertha am Mittwochabend nicht alles richtig gemacht und es einmal mehr an der miesen Chancenverwertung und mangelhaften Abwehrarbeit gekrankt hat, ist wohl unstrittig.

So hat sich die Partie im ersten Durchgang wie eine Kopie des letzten Ligaspiels gegen Hoffenheim angefühlt, in welchem sich Hertha ebenfalls nicht für eine starke Anfangsphase mit Toren belohnt und anschließend den Faden verloren hatte. Ruhephasen wären grundsätzlich in Ordnung, würden sie, wie aktuell bei den Blau-Weißen, nicht mit Sicherheit in Gegentoren münden. So auch gegen Dresden geschehen.

Ein neues Selbstbewusstsein

Doch ein Fußballspiel ist manchmal auch einfach nur das, was man daraus nach dem Schlusspfiff macht. Und so dient dieser Kommentar nicht dazu, einmal mehr auf den offensichtlichen Defiziten der Mannschaft herumzuhacken, sondern dazu, die positiven Eigenschaften von Spielern und Trainer ins Flutlicht zu rücken. Oder um es ruppig zu formulieren: nach so einem Fußballfest ist es doch scheißegal, was genau weshalb nicht gepasst hat. Dinge können auch tot-analysiert werden, doch auch für einen Taktikliebhaber wie mir, der oft zur nüchternden Bewertung greift und Sachverhalte faktisch aufarbeiten will, fühlt sich das in dem Kontext dieser Pokalnacht unangebracht an.

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Nein, lasst uns das Positive herausarbeiten, und das ist mit dem Wort “Mut” wohl durchaus passend getroffen. Das hatte bereits mit der Aufstellung begonnen, mit der Ante Covic eine klare Richtung vorgegeben hatte. Mit Dilrosun, Lukebakio, Kalou, Duda, Darida und Wolf hatte Herthas Trainer nahezu alles aufs Feld gestellt, das als “technisch beschlagen” eingestuft werden kann. Covic wollte gegen Dresden Fußball spielen lassen, die individuelle Überlegenheit seiner Mannschaft selbstbewusst präsentieren. Während ein Pal Dardai vor solch einem Spiel noch einen Abnutzungskampf ausgerufen und dem Gegner dann dadurch den Zahn gezogen hätte, dass man eben noch mehr kratzt und beißt, will Nachfolger Covic ganz bewusst das Spielerische in den Fokus rücken und einen individuell schwächeren Gegner lieber dominieren, als sich auf sein Niveau “herunterzulassen”.

Das ist eine erkennbare Entwicklung in der Haltung des Vereins. In den letzten Jahren ein Verfechter des Understatements, präsentiert sich Hertha nun mit breiter Brust. Wenn man Waffen wie Duda und co. hat, wieso diese dann nicht auch benutzen? Hört sich selbstverständlich an, wurde in den vergangenen Jahren jedoch deutlich konservativer gehandhabt.

Blau-weißes Herz

Diese neue Mentalität, die wir bereits Mitte Oktober unter die Lupe genommen haben, hatte sich auch im Spiel gezeigt. “Das war ein unglaubliches Spiel. Ich denke, dass wir die Fans nicht nur verwöhnt haben, aber am Ende sind wir weitergekommen – das zählt. Wir haben nach den Rückschlägen weiter an uns geglaubt und uns immer wieder Torchancen erspielt”, sagte Marko Grujic nach dem Spiel. Und tatsächlich war es beeindruckend zu sehen, wie die Mannschaft trotz des so bescheidenen Spielverlaufs immer wieder zurückkam und sich nicht von der Hoffnung verabschiedete, den Platz noch als Sieger zu verlassen.

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“Wir wissen, was wir nach Rückstand tun müssen, um ein Spiel noch umzubiegen. Auch nach dem 2:3 haben wir den Glauben nicht verloren. Ich bin unheimlich stolz auf die Truppe, auch wenn die Art und Weise des Weiterkommens nicht gut für die Nerven war”, erklärte Covic. Acht Rückstände in elf Pflichtspielen sind zwar eine miserable Bilanz, sorgen in solchen Momenten wohl allerdings für eine gewisse Ruhe. Und so spielte Hertha trotz fortlaufender Rückschläge weiter Fußball, lief unermüdlich an, ließ nie den Kopf hängen – es sollte sich lohnen.

Es war schlichtweg imponierend, welch großes blau-weißes Herz die Mannschaft am Mittwochabend zeigte, mit welch unbedingtem Kampfes- und Siegeswillen sie die widrigen Umstände der Partie einfach nicht akzeptieren wollte. Sinnbildlich dafür stand Jordan Torunarigha, der nach einem Zweikampf aufgrund von Schmerzen zwischendurch kaum noch laufen konnte, jedoch auf dem Platz blieb und den Ball in der 120. Minute zum 3:3 in die Maschen drosch. Es hätte an diesem Abend genügend Gelegenheiten gegeben, den Kopf in den Sand zu stecken, doch anders als in den vergangenen Jahren kapitulierte man nicht. “Es ist nämlich ein immer wiederkehrendes Charakteristikum dieser Mannschaft, sich großen Widerständen gegenüber zu ergeben, anstatt gegen sie anzukämpfen”, schrieb ich im noch im November 2018 – davon war am Mittwoch nichts mehr zu sehen. Stattdessen hat man eine Mannschaft gesehen, die alles für den Sieg geopfert, nie den Glauben verloren und es einfach erzwungen hat.

Ein Sieg, sie alle zu tragen

Und so steht Hertha BSC im Achtelfinale des DFB-Pokals, nachdem man sich gegen einen Zweitligisten durchgesetzt hat. Ganz nüchtern betrachtet klingt dies nach keinem Grund, frenetisch zu jubeln, doch ist dieses Weiterkommen potenziell so viel mehr wert.

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Zum einen, weil Hertha es endlich einmal geschafft hat, den großen Rahmen eines Spiels mit fußballerischem Leben zu füllen und der allgemeinen Wahrnehmung als “graue Maus” nun wirklich nicht gerecht zu werden. Olympiastadion, 70.000 Zuschauer (darunter 35.000 Dresdner, die der Partie eine noch dichtere Atmosphäre schenkten), Flutlicht, K.O.-Spiel – alles stand für einen großen Abend bereit. Und Hertha wusste diese Rahmenbedingungen zu nutzen, indem es einen der spektakulärsten Pokalspiel der letzten Jahre ablieferte. “Die Kulisse war der Wahnsinn – ich glaube, ich habe noch nie vor so vielen Fans gespielt. Das gibt einem unglaublich viel Motivation”, zeigte sich Dodi Lukebakio begeistert.

Es gibt so Spiele, die bleiben einfach in Erinnerung. Diese “Weißt du noch damals, als …?”-Spiele. Hertha produzierte in den vergangenen Jahren nicht allzu viele von diesen Erinnerungen, zumindest nicht in positiver Hinsicht. Doch Partien wie die am Mittwochabend bleiben. Sie werden zu Geschichten, zu Legenden, zu Gründen, die man aufzählt, warum man Anhänger dieses Vereins ist. Fußball ist Theater, Fußball ist Storytelling, und Hertha hat mit dem 8:7 n.E. gegen Dynamo Dresden ein dramaturgisches Meisterwerk auf die Bühne gebracht. Das soll keine unkritische Schönmalerei sein, Hertha hätte das Spiel auch souveräner hinter sich bringen oder sogar verlieren können, doch ein Fußballspiel ist manchmal eben auch einfach nur das, was man nach dem Schlusspfiff daraus macht. Und in Jahren wird man sich nicht an die zahlreichen liegengelassenen Torchancen oder Krafts Patzer erinnern, sondern an Torunarighas Last-Minute-Tor, den Elfmeterkiller und wie laut das Olympiastadion denn tatsächlich werden konnte. Diese Erinnerungen bleiben, alles andere verblasst.

Erfolgreiche Generalprobe fürs Derby

Ein anderer Aspekt ist das bevorstehende Spiel für die “alte Dame”. Das lang ersehnte und medial bereits aufgebauschte Stadtderby mit Union Berlin wirft bereits seit einigen Tagen seinen Schatten voraus und drohte den Fokus aufs Pokalspiel sogar leicht zu verrücken. Doch anstatt sich von der Partie in Köpenick verrückt machen zu lassen, nutzte Hertha die Begegnung mit Dresden dazu, sich für eben jenes Derby einzustimmen.

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Denn das Pokalspiel konnte durchaus als Generalprobe für den kommenden Samstag angesehen werden: ein individuell schwächerer Gegner, der vor allem über die Leidenschaft ins Spiel findet und von seinen lautstarken Fans angepeitscht wird – das trifft sowohl auf Dresden, als auch auf die “Eisernen” zu. Ich will ganz ehrlich sein, ich hatte meine Zweifel, ob Hertha im Derby an das vermeintliche Feuer der Unioner herankommen wird. Rennen sich ein Dilrosun oder Duda genauso die Seele aus dem Leib wie ein Parensen oder Polter? Gibt Hertha ebenso 110%? Ich bin mir nicht sicher gewesen und da das Derby vermutlich durch Attribute wie Kampf, Wille und Hingabe entschieden wird, sehe ich diese Fragen als entscheidend an.

Am Mittwoch hat mir das Team allerdings eindrucksvoll bewiesen, dass sie diese Attribute auch am Samstag auf den Platz bringen und Union keinen Meter schenken wird. “Das gibt uns so viel, vor allem im Hinblick auf das Derby. Wir haben das Spiel gewonnen, sind im Pokal weiter dabei und freuen uns jetzt auf Union. Das wird ein geiles Spiel, in dem wir Derby-Mentalität zeigen müssen”, sagte Davie Selke nach dem Pokal-Weiterkommen. Diese “Derby-Mentalität” haben die Jungs in blau-weiß auf ganzer Linie bewiesen und somit äußerst gute Voraussetzungen für das Spiel in der Alten Försterei geschaffen. “In zwei Tagen werden wir wieder so fit sein, dass wir bei Union alles geben können, so ein Sieg kann auch beflügeln. Auf das Derby ist jeder heiß. Solche Spiele kitzeln aus einem nochmal ein paar Prozente raus”, so Marius Wolf. Ich habe ebenfalls nicht die Sorge, dass Hertha aufgrund der 120 Minuten in den Beinen zwangsläufig einen spürbaren Nachteil haben muss – stattdessen hoffe ich, dass der Eintracht-Frankfurt-Effekt einsetzt. Bei den Hessen sind seit längerer Zeit trotz immens vieler Spiele kaum Ermüdungserscheinungen zu erkennen, da die Europa-Nächte sie eher beflügeln als belasten. Diesen Antrieb erhoffe ich mir von dem Sieg über Dresden, sodass auch der Abend gegen Union einer ist, der bleibt.

Herthaner im Fokus: Hertha BSC – TSG 1899 Hoffenheim

Herthaner im Fokus: Hertha BSC – TSG 1899 Hoffenheim

Es war eine sehr unglückliche Niederlage von Hertha BSC gegen die TSG Hoffenheim, und doch kann man die verlorenen Punkte nicht einfach mit Pech erklären. Aluminumtreffer und ungünstige Schiedsrichter-Entscheidungen sind nur ein Aspekt des 2:3. Auch die defensiven Fehler und phasenweise schwache Einzelleistungen sorgten dafür, dass man sich nicht belohnen konnte. Und das obwohl es phasenweise ein gutes Fußballspiel der Blau-weißen war und Ante Covic wieder ein gutes Händchen bewies.

In unserer Einzelkritik zum spektakulären Heimspiel haben wir uns wieder Spieler genauer angeschaut, die uns sowohl negativ als auch positiv besonders aufgefallen sind.

Marko Grujic – noch ein langer Weg bis nach Liverpool

Hoch waren die Erwartungen an Marko Grujic, als er im Sommer noch einmal vom FC Liverpool ausgeliehen wurde. Bisher tut sich der Serbe allerdings schwer, diese Vorschusslorbeeren gerecht zu werden. Auch allein im Mittelfeld konnten Vladimir Darida oder Per Skjelbred bis heute mehr auf sich aufmerksam machen. Dabei konnte er in den ersten Spieltagen bereits zwei Mal treffen. Dass der 23-Jährige große Fähigkeiten hat, weiß in Berlin jeder. Am Samstag gegen TSG Hoffenheim allerdings zeigte er seine bisher wohl schwächste Leistung in dieser Spielzeit.

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Und das obwohl er noch vor zwei Wochen den Wunsch äußerte, endlich beim FC Liverpool spielen zu dürfen. Viele Vorstellungen wie am Samstag sollte es dafür nicht geben, denn was in der Bundesliga nicht ausreicht, wird erst recht nicht in der Mannschaft von Jürgen Klopp zu Einsatzzeiten führen. Inbesondere bei seinen Defensivaufgaben war Grujic erneut nicht auf der Höhe.

Die zugegeben sehr starke zentrale der Gäste konnte im Olympiastadion zu oft ungestört agieren und Konter durch das Zentrum konnten frei ausgespielt werden. Grujic ließ seine Gegenspieler mehrmals sträflich frei im Mittelfeld größere Distanzen laufen. Diese konnten dann vor dem Berliner Strafraum angespielt werden und abschließen. So entstanden größere Chancen (z.B. 29. und 30. Minute) und auch das erste Gegentor zum 0:1. Gefühlt den halben Platz konnte Florian Grillitsch ungestört entlangsprinten, um dann auf Jürgen Locadia zu spielen, der die Führung erzielte – Grujic fungierte hier nur als Begleitschutz.

In dieser sowie in einigen anderen Aktionen stand Grujic zu weit weg vom Gegenspieler, was sich auf einem so hohen Niveau wie in der Bundesliga rächt. Da wo ein anderer Spieler sicherlich ein taktisches Foul gezogen oder im Vollsprint die Anspielstation behindert hätte, lief die Leihgabe teilweise nur hinterher. Dabei hätte er seine schwache Leistung kurz vor der Halbzeit noch retten können. Sein Schuss nach guter Vorarbeit von Dodi Lukebakio landete jedoch nur an den Pfosten.

Die Körpersprache, die Präzision und das Stellungsspiel – all diese Aspekte stimmten bei Grujic in der gestrigen Partie überhaupt nicht. Das spiegelt auch seine Zweikampfquote wieder (nur 33% gewonnene Zweikämpfe). Cheftrainer Covic reagierte beim 0:2-Rückstand in der Pause und wechselte Ondrej Duda ein. Angesichts der Leistung des Liverpool-Leihspielers ist es kein Wunder, dass Grujic weichen musste. Zu der Auswechslung sagte Ante Covic: “Ich war der Meinung, dass wir auf der Position etwas ändern mussten. Wir haben zur Pause auch im Grundsatz das System verändert, weil wir im letzten Drittel mehr Zugriff benötigt haben.”

Aktuell scheint beim Serben die Luft ein wenig raus zu sein. Es bleibt zu hoffen, dass der so oft gelobte Mittelfeldspieler schon nächste Woche gegen Union Berlin ein anderes Gesicht zeigt. Dann muss nämlich der Ausfall von Vladimir Darida (gelb-rot Sperre) spielerisch wie läuferisch kompensiert werden.

Dedryck Boyata – Die tragische Figur

Wenn wir bei den schwächeren Einzelleistungen des Spieles sind, müssen wir zum ersten Mal die Leistung von Dedryck Boyata ansprechen. Der Sommer-Neuzugang brachte zuletzt viel Stabilität in die Berliner Defensive und wurde auch von uns viel gelobt. Leider war er eine der “tragischen” Figuren im Spiel gegen die TSG aus Hoffenheim und verletzte sich zudem in der zweiten Halbzeit.

Foto: Matthias Kern/Bongarts/Getty Images

Doch gerade inm ersten Durchgang konnte er in der starken Phase der Hoffenheimer nicht die gewohnte Sicherheit ausstrahlen. In der 30. Minute hätte er durch einen voreiligen und dadurch zu kurz greifenden Klärungsversuch im Strafraum bereits ein Gegentreffer verursachen können. Beim 0:1 durch Jürgen Locadia stand er ein paar Schritte zu weit weg vom Gegenspieler und wurde bei dessen Schuss unglücklich getunnelt, sodass Rune Jarstein im Kasten keine Abwehrchance hatte. Auch seine Zweikampfwerte blieben unterdurchschnittlich, der Belgier gewann nur die Hälfte seiner Duelle (im Vergleich gewann Karim Rekik 73 % seiner Zweikämpfe).

Obwohl es nicht sein Tag war: ein Mentalitätsproblem hat Boyata sicher nicht. Dies zeigte sich ganz besonders kurz nach Wiederanpfiff zur zweiten Halbzeit, als er den Ball in gefährlicher Position verlor und einen sehr gefährlichen Angriff für den Gegner zuließ. Mit aller Kraft lief er hinterher und konnte den Schuss von Skov abblocken. Trotzdem zeigte auch diese Szene, dass der 28-jährige Innenverteidiger nicht wirklich auf der Höhe des Geschehens war.

Es passiert jedem Spieler gelegentlich eine schwache Partie zu spielen und für Dedryck Boyata ist es wohl die erste schwächere Leistung, seitdem er im Hertha-Trikot Pflichtspiele absolviert. Es bleibt zu hoffen, dass dieses Spiel aus Gesundheitsgründen nicht zu teuer für ihn wird. Wie die Berliner Morgenpost berichtet, hat er Beschwerden in der Leistengegend, eine MRT-Untersuchung soll am Montag folgen. Da Boyata allerdings in den letzten Jahren immer wieder für längere Zeit aufgrund von Muskelproblemen ausfallen musste, ist auch an dieser Stelle eine längere Pause nicht auszuschließen.

Lukebakio – Per Traumtor zum Stammspieler?

Bereits gegen Werder Bremen war Dodi Lukebakio nach seiner Einwechslung einer der auffälligsten Spieler und konnte durch eine starke individuelle Szene einen Punkt an der Weser retten. Gegen Hoffenheim stand der Rekordtransfer von Hertha von Beginn an in der Startelf und wusste in den ersten gut 20 Minuten der Hauptstädter zu überzeugen. Dribbelstark und gefährlich, mit guten Sprints in die Spitze (wie zum Beispiel in der 16. Minute) und intelligenten Läufen – Lukebakio war in der Berliner Offensive omnipräsent und bildete mit Marius Wolf auf der anderen Seite eine sehr ansehnliche Flügeloffensive.

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Sein Fallrückzieher zum zwischenzeitlichen 1-2 war nicht nur ein wunderbarer Treffer, sondern auch ein Hoffnungsschimmer, welcher der gesamten Mannschaft und den Fans neuen Schwung gab. Ein Tor, das gute Technik und einen stark ausgeprägten Torriecher verkörpert. Auch wenn bei ihm nicht immer alles funktionierte, war er hochmotiviert und mit guter Mentalität unterwegs.

Eine Szene, die gerade diesen unbedingten Willen zeigt, konnte man in der 60. Minute sehen. Ein guter Angriff von Hertha wurde eingeleitet und der Ball kam zum Flügelstürmer, der in aussichtsreicher Position einige Möglichkeiten zur Weiterverarbeitung hatte. Sein Pass in die Spitze misslang jedoch völlig, was ihn aber selber am meisten ärgerte. Lukebakio warf sich kurz hin und schlug vor Ärger auf dem Boden, bevor er aber gleich wieder aufstand und weiter lief. Dieser kurze Frust-Moment, obwohl er wenige Minuten zuvor ein Traumtor erzielen konnte, ist auch ein Anzeichen dafür, dass der junge Belgier hohe Ansprüche an sich und sein Team hat.

Besonders viel lief der Belgier mit 9,98 Kilometer nicht. Allerdings nutzte er die ihm gebotenen Räume sinnvoll, konnte 69 intensive Läufe und 23 Sprints aufweisen. Marius Wolf, der ebenfalls ein gutes Spiel zeigte, lief ganze 11,69 Kilometer und wies sogar 80 intensive Läufe auf. Mit vier Torschüssen, einer Torschussvorlage und einer beachtlichen 87-prozentigen Passquote kann sich die Statistik von Dodi Lukebakio sehen lassen.

Der Wille, die Körpersprache und die einzigartigen Momente wie beim 1:2 – es passt momentan beim Stürmer, der langsam seine Ablösesumme vergessen lässt. Das, was ihm auch gegen Hoffenheim fehlte, ist die Präzision. Insbesondere seine Flanken sind ausbaufähig, gleiches gilt für flache Hereingaben in den Strafraum. Wenn auch diese besser ankommen, könnte er den Hertha Fans noch viel Freude bereiten. Über ein paar weitere Fallrückzieher-Tore im Olympiastadion wird sich wohl auch keiner beschweren. Sein Cheftrainer bringt es ganz gut auf dem Punkt: “Er ist ein Spieler, der für die Überraschungsmomente sorgt – aber manchmal auch für zwei graue Haare.”

Duda und Kalou – Wechsel kann Covic

Wer die gute Leistung der beiden Joker Ondrej Duda und Salomon Kalou am Samstagnachmittag lobt, muss auch A wie Ante Covic sagen. Jokertore entwickeln sich fast schon zu einer Art Leitmotiv bei Hertha BSC in dieser Hinrunde. Dieses Mal war es Salomon Kalou, der seinen Treffer nach Einwechslung erzielen konnte. In der 64. Minute kam er für den verletzten Boyata ins Spiel und brauchte für sein erstes Saisontreffer nur etwa fünf Minuten.

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Bei der Hereingabe von Vladimir Darida fackelte er nicht lange und bezwang aus kurzer Distanz den Hoffenheim Schlussmann Oliver Baumann. Damit baut der 34-Jähriger seine Torbilanz im Hertha-Trikot aus (53 Tore). Noch drei Treffer und er würde Marko Pantelic einholen. Dieser steht aktuell mit 56 Toren auf Patz neun der ewigen Hertha-Torschützenliste. Kalou war nach seiner Einwechslung ein Aktivposten. Er konnte in seiner relativ kurzen Einsatzzeit drei Torschüsse abgeben und einen vorbereiten und zeigte sich in guter Verfassung.

Das Tor durch den Ivorer wurde sehenswert von Ondrej Duda eingeleitet, der zur Halbzeit für Marko Grujic eingewechselt wurde. Durch ein sehr intelligentes und gut getimtes Abspiel in den Lauf von Vladimir Darida zeigte der Slowake endlich wieder, was ihn letzte Saison so wertvoll für die „alte Dame“ gemacht hatte. In Ansätzen war in der zweiten Halbzeit viel Gutes vom 24-Jährigen zu sehen, der sehr präsent war und viele interessante Pässe spielte. Seine Passquote blieb dabei mit 84 % sehr gut und er war deutlich öfter am Ball (31 Mal) als Marko Grujic in der ersten Halbzeit (17 Mal).

Trotz der Niederlage wird die positiv verlaufene Einwechslung beiden Spielern mit großer Wahrscheinlichkeit gut tun. Die bereits angesprochene Sperre von Vladimir Darida könnte Ondrej Duda im Derby gegen Union Berlin eine Einsatzgarantie geben. Sollte „Number 10“ dort ein starkes Spiel machen, könnte er das Ruder wieder umdrehen. Offensive Optionen auf der Bank wird Ante Covic auch in den nächsten Spielen genug haben. Wir können hoffen, dass dabei die Jokertore auch wieder zum Sieg für Hertha führen.