Taktiktafel: Reicht ein Sechser im Hertha-Mittelfeld?

Taktiktafel: Reicht ein Sechser im Hertha-Mittelfeld?

Neue Saison, neues Format auf Hertha BASE! Wir wollen euch von nun an regelmäßig Spielsituationen, v. a. aus individual- und gruppentaktischer Sicht, detailliert vorstellen und dann anschließend gemeinsam mit euch auf unserem Discord-Server diskutieren. Achtung, es wird nerdig!

19:7 Torschüsse – allein 11:1 in der 1. Halbzeit – sprechen eine deutliche Sprache: Union ist zurecht Stadtmeister und sportlich aktuell die Nummer 1 in der Stadt. Aber darum soll es nicht gehen. Wir wollen die entscheidenden Szenen aus dem Spiel Revue passieren lassen (auch wenn es schmerzt) und mit Braunschweig vergleichen.

Hertha und das Problem auf der Sechs

Mit Blick auf die durchschnittliche Position der Spieler (Quelle: www.sofascore.com) sieht man, dass sowohl Davie Selke, der in dem Spiel komplett abgemeldet war (9 Ballberührungen in 55 Minuten), als auch Serdar ganz schön tief stehen und somit nicht den nötigen Druck auf Union ausüben konnten. Unser Neuzugang Ivan Šunjić hingegen, steht ganz schön hoch und somit haben die beiden Unioner Stürmer je ein eins-gegen-eins gegen Marc Oliver Kempf und Filip Uremović.

Wie schon bei drei Toren in Braunschweig (2:2; 65:11 min, 3:2; 90:40 min, 4:4; 117:06 min – wie kann man in der 118. Minute bei 3:4-Führung als ZDM im gegnerischen Strafraum stehen?) wurde die Sechser-Position teilweise kläglich in der Defensive von Šunjić – bzw. in der Rotation mit den anderen 6ern/8ern – bespielt und bot dem Gegner große Lücken. Jetzt kenne ich natürlich nicht die taktische Ausrichtung und jede einzelne Rolle unseres Dreier-Mittelfeldes (selbst Kevin-Prince Boateng hat sich teilweise im Spielaufbau in die Kette zurückfallen lassen). Sollte Šunjić eine spieleröffnende bzw. offensivere Rolle zugesprochen bekommen haben, muss der Sechser-Raum von einem anderen Spieler gesichert werden. Aber das wurde er leider nicht dauerhaft und konsequent in den ersten zwei Pflichtspielen:

0:1 Union: sollten Sechser Einwürfe ausführen?

Einwurf von Jonjoe Kenny auf Šunjić (30:35) – Suat Serdar im zentralen defensiven Mittelfeld. Hier liegt der erste Fehler: warum bietet sich Šunjić an der Seitenauslinie an, warum nicht Prince, Dodi Lukébakio oder Uremović?

Bayern-Trainer Julian Nagelsmann verbietet seinen Sechsern, Einwürfe durchzuführen: „Dann ist eine entscheidende Position nicht besetzt. Der Nachteil beim Einwurf ist sowieso schon, dass man auf dem Platz immer ein Mann weniger ist als der Gegner. Demnach sollten dann die relevanten Positionen besetzt sein.“

Sheraldo Becker presst Šunjić, der lange Ball auf Selke folgt. Ballverlust nur fünf Sekunden nach dem Einwurf. Genki Haraguchi kann Richtung zweitem Ball laufen, Serdar versucht Ball abzufangen, hat dennoch keine Chance – hier hätte Šunjić den ehemaligen Herthaner verfolgen müssen. Klatschpass von Haraguchi auf Paul Jaeckel (30:44) und sieben Ballkontakte später erfolgt die Flanke von Becker auf Torschütze Jordan Siebatcheu.

0:2 Union: Hertha fehlt die nötige Balance

Langer Ball von Union-Keeper Frederik Rönnow in den Sechser-Raum, wo niemand in den Zweikampf mit Haraguchi geht (49:00) – Kempf zieht sogar noch zurück, gewinnt danach ein Glück den zweiten Ball, der jedoch bei Union landet, die sich dann mit One-Touch-Fußball bis zum Tor spielen. 15 Sekunden von Rönnow bis zum Tor.

Jetzt will ich mich nicht auf Šunjić einschießen, denn auch er hat Union unter Druck gesetzt (14 Pressingsituationen, 1 Tackling, 1 abgefangener Ball). Gewisse Laufwege und Positionierungen – er steht bspw. in der 8. Minute als (Flügel-)Stürmer im Strafraum, während die Restverteidigung nur aus Kenny besteht – müssen aber definitiv schnell verbessert werden, solange Schwarz explizit mit formal einem Sechser spielt.

Zwar standen Lucas Tousart und Šunjić schon 135 Minuten in drei Spielen gemeinsam auf dem Feld – Gegentore hat das nicht gerade verhindert (2:2, 3:2, 4:4 in Braunschweig, 1:0, 2:0 Nottingham, 1:0, 2:0 West Brom). Natürlich kann man auch fünf Sechser auf das Feld stellen – wenn der Raum jedoch gerade nach Ballverlusten und Kontern nicht besetzt ist, birgt das eine riesige Gefahr. Im Spiel bei Union haben Serdar, Šunjić und Prince teilweise als Kette verschoben und hatten keine Tiefenstaffelung als Absicherung – der Raum vor Kempf und Uremović war frei für Zuspiele (wie schon zu Beginn erwähnt).

Ein weiteres Problem von Hertha: sowohl beim Spiel in Braunschweig als auch gegen Union hat das Team zwei Gegentore im Abstand von 4:36 Minuten (Union) und 2:41 Minuten (Braunschweig) bekommen, weil der Raum am Mittelkreis nicht gut besetzt war. Zwar will ich nie wieder die “Hintenrumscheiße” der letzten Jahre sehen – die auch Gefahren birgt, wenn ein gefühlt sicherer Pass abgefangen wird (wie es vor dem 1:0 von Hertha in Braunschweig mit dem verstolperten Ball von Kempf hätte passieren können), jedoch braucht das Team noch eine bessere Balance zwischen Ballsichern und Offensivaktionen.

Unterstützen wir Sandro und das Team dabei!

Und jetzt freuen wir uns auf die Diskussion zur Frage: #FCUBSC: reicht ein Sechser im Mittelfeld?

(Titelbild: Martin Rose/Getty Images)

Herthaner im Fokus: Der Derby-Fluch hält an

Herthaner im Fokus: Der Derby-Fluch hält an

Liebe Leserinnen und liebe Leser, lasst uns kurz einmal in die Vergangenheit schauen. Erinnert ihr euch an den 9. April dieses Jahres? Damals fand der 29. Spieltag der letzten Bundesliga-Saison statt und Hertha BSC wurde im eigenen Stadion sang– und klanglos von enorm starken Unionern überrannt. Am Ende stand eine auch in der Höhe vollkommen gerechtfertigte 1:4-Niederlage und man hing im tiefen Abstiegsschlamassel fest. Beim Blick auf die Startelf des damaligen Spiels fällt auf, dass die einzigen Akteure, die auch beim Derby am 1. Spieltag der neuen Saison in der Startelf standen, Myziane Maolida und Marc-Oliver Kempf waren. Mit Sandro Schwarz steht ein neuer Trainer mit neuer Philosophie, neuem Auftreten und neuer Spielidee an der Seitenlinie und generell hat sich seitdem vieles getan. Doch etwas ist geblieben. Eine spielerische und taktische Überforderung, eine unerklärliche Gelähmtheit einzelner Akteure und die spürbare Angst vor dem Versagen. Es ist mittlerweile ein Mysterium, dass es kaum einer Hertha-Mannschaft gelingt, diese Dinge abzulegen. Sehr wahrscheinlich stecken die Probleme also in noch unergründeten Ecken. Aber nun erst einmal zum Spiel.

Selbes System, selbe Mannschaft, aber einer fehlt

Sandro Schwarz stellte wie schon in Braunschweig die Mannschaft in einem 4-3-3-System auf. Die personelle Aufstellung war fast gänzlich dieselbe. Im Tor stand die dänische Nummer 1 Oliver Christensen. Kapitän Marvin Plattenhardt als Linksverteidiger und Jonjoe Kenny als Rechtsverteidiger auf den Außen. Vor der Verteidigung agierten Ivan Sunjic, Kevin-Prince Boateng und Suat Serdar. In der Offensive sollten Myziane Maolida über links, Dodi Lukebakio über rechts und Davie Selke als üblicher Neuner für die Tore sorgen. Eine Änderung nahm Schwarz allerdings vor und die sorgte für Aufsehen und scheint kein Thema für nur ein Spiel zu sein.

(Photo by Mark Thompson/Getty Images)

Der in Braunschweig unglücklich agierende Marc-Oliver Kempf durfte gegen Union Berlin als Abwehrchef fungieren. Ihn an die Seite gestellt wurde Filip Uremovic. Der kroatische Neuzugang kam also zu seinem Bundesliga-Debüt. Dedryck Boyata, der über Jahre die Rolle des Abwehrchefs einnahm, bekam also die Quittung für seine schlechte Leistung in Braunschweig und wohl auch im Training und wurde nicht einmal mehr für den Spieltags-Kader berücksichtigt.

In unserer Analyse schauen wir heute auf unseren Torhüter, die unsichere Verteidigung, das Führungsspieler-Vakuum und wer sich Hoffnungen auf die Startelf machen kann.

Oliver Christensen: Dankbare Bälle, aber auch viel Pech

Der neue Stammtorhüter der Hertha leistete gegen Union Berlin eine viel bessere Arbeit als zuletzt in Braunschweig. Er zeigte mehr Ruhe und mehr Sicherheit. Gute Paraden gegen die Unioner Offensive belegen das. Insbesondere gegen Ryerson, der einen starken Tag erwischte und die Verteidigung vor viele Probleme stellte. Von eben jenem Ryerson wurde Christensen in der 27. Minuten zu einer Glanzparade gezwungen. Sieht man die Situation sehr kritisch, muss man vielleicht sogar sagen, dass Christensen diesen Ball auch haben muss. Zumindest war es ein dankbarer Ball um sich als Torhüter sehenswert auszeichnen zu können. In der Vergangenheit konnte sich nicht jeder Herthaner zwischen den Torpfosten so auszeichnen. Insgesamt wurde er zu fünf Paraden gezwungen, zweimal konnte er den Ball in brenzliger Situation klären. Eine weitere Unioner Großchance vereitelte er direkt nach Beginn der zweiten Halbzeit, als er einen Kopfball von Becker zur Ecke lenken konnte.

Christensen war wach und bei Standards präsent, wie bei Trimmels Freistoß in der 80. Minute. Immer wieder versuchte er das Spiel der Hertha einzuleiten, 18 seiner 23 Pässe fanden den Mitspieler, acht seiner 13 Versuche lange Bälle bei seinen Kollegen unterzubringen, waren erfolgreich. Bei den Gegentoren trifft Christensen keinesfalls eine Hauptschuld, allerhöchstens zum Teil. Beim 0:1 durch Siebatcheu könnte man ihm ein schlechtes Stellungsspiel unterstellen, als er zu sehr auf die kurze Ecke spekulierte. Beim 0:2 wirkte er zu zögernd. Ein entschiedenes Rauskommen hätte womöglich einen Sieg im Zweikampf mit Becker bedeutet. Beim 0:3 sah er auf der Linie unglücklich aus. Doch eins vereint diese drei Gegentore. Bei allen schlief die komplette Verteidigung. Die schlief allerdings häufiger als nur die drei Mal. Und wenn am Ende der Kette Christensen nicht gewesen wäre, hätte das Spiel schon viel früher entschieden sein können.

(Photo by ODD ANDERSEN/AFP via Getty Images)

Die Absprache mit seinen Kollegen funktioniert noch nicht reibungslos, was angesichts der noch jungen Saison aber verständlich ist. Es wäre schön und vor allem sehr wichtig, sehr bald eine Stamm-Innenverteidigung zu haben. Bekanntlich war das letzte Saison die größte Baustelle der Hertha. Es ist oft gemein, Vergleiche zu ziehen, doch sieht man sich die Unterschiede zwischen Oliver Christensen und Marcel Lotka an, fällt auf, dass der Däne aktuell eher den ruhigen Akteur gibt und weniger den des Wachrüttlers. Dabei wird letzterer gerade dringend gebraucht.

Dedryck Boyata: Dramatischer Abstieg eines Führungsspielers

In Köpenick war er nicht nur nicht in der Startelf. Nein, der Belgier war nicht einmal im Kader. Laut Sandro Schwarz eine Konsequenz aus den Eindrücken vom Spiel in Braunschweig und der Trainingswoche. Es könnte also durchaus sein, dass das Spiel gegen die Löwen Dedryck Boyatas letztes Spiel im Dress der Hertha gewesen ist. Der Absturz des Innenverteidigers konnte schneller kaum gehen. Nach zwei Jahren wurde ihm die Kapitänsbinde abgenommen und nun wurde ihm auch der Rang als Abwehrchef abgelaufen. Sportlich hat Schwarz genug Argumente auf seiner Seite. Zumindest dann, wenn Marc-Oliver Kempf tatsächlich eine Reaktion im Training zeigte.

(Photo by Martin Rose/Getty Images)

In den letzten Jahren war Boyata trotz gelegentlicher Aussetzer einer der besten Verteidiger von Hertha BSC. Sein Standing im Team war extrem hoch, die Mannschaft wählte ihn nicht grundlos zweimal zum Kapitän. Doch er hatte zunehmend mit sich selbst zu kämpfen, zuletzt kamen Wechselgerüchte auf. Nachdem Boyata also noch die gesamte Vorbereitung mitgemacht hatte, steht sein Verbleib in Berlin nun mehr denn je auf der Kippe. Es droht der nächste Führungsspieler zu gehen. Es stellt sich die Frage, wie Sandro Schwarz und Fredi Bobic dieses Führungsvakuum angehen möchten. Insbesondere, wenn auch noch Maximilian Mittelstädt verkauft werden sollte. In der Innenverteidigung gibt es aktuell keinen, der auf diesem Niveau Boyatas Führungsrolle ausfüllen könnte.

Marc-Oliver Kempf: Kein Abwehrchef

Auch nicht Marc-Oliver Kempf. Der war in Köpenick zwar bemüht und gab sich nicht auf. Doch die Rolle Boyatas wird er Stand jetzt nicht ausfüllen können. Dafür hat auch er zu viel mit sich selbst und seinem riskanten Spiel zu tun. Immerhin konnte er sechsmal in teilweise höchster Not klären. 68 Mal war er am Ball. Doch viel zum Aufbauspiel konnte er nicht beitragen. Ganze elf Fehlpässe stehen in seiner Statistik, alles andere als sicher. Nur 45 Prozent, als neun von 20 Zweikämpfen konnte er für sich entscheiden. Beim ersten Gegentreffer war Siebatcheu zu schnell für ihn. Er konnte den Stürmer nicht mehr am Kopfball hindern. Ebenso war er beim 0:2 gegen den schnellen Becker zu langsam. Sein Klärungsversuch sah einigermaßen spektakulär aus, retten konnte er allerdings nichts mehr.

(Photo by ODD ANDERSEN/AFP via Getty Images)

Wir wissen nicht, wie die Spieler im Training drauf sind und was sie dort zu bieten haben. Doch auch wenn Kempf wohl eine gute Reaktion auf seine schwache Leistung in Braunschweig zeigte, konnte er diese leider nicht im Derby bestätigen. Und irgendwo sollte auch dieser Punkt in der Bewertung zählen. Es steht noch viel Arbeit für das Trainerteam an. Eine echte Hierarchie in der Verteidigung scheint es nicht mehr zu geben. Möglicherweise müssen die Karten gänzlich neu gemischt werden.
Doch immerhin …

Filip Uremovic: Kleiner Lichtblick, aber noch überfordert

… einer konnte die Situation zumindest etwas für sich nutzen. Neuzugang Filip Uremovic zeigte sich engagiert, konnte mehrmals klären. Allein schon nach wenigen Sekunden, als er Rani Khediras Torschuss blockte. Insgesamt blockte er drei Bälle und klärte drei weitere. Vier Tacklings gelangen ihm und zweimal konnte er einen Unioner durch einfaches Ablaufen vom Ball trennen. Insgesamt war er 61 Mal im Ballbesitz und konnte 90 Prozent, also 43 von 48 Pässen bei seinen Mitspielern unterbringen. Offensiv versuchte er es zum Beispiel in der Nachspielzeit. Sein Kopfball war allerdings letztendlich zu ungefährlich.

(Photo by ODD ANDERSEN/AFP via Getty Images)

Doch auch er musste bei den ersten beiden Gegentoren feststellen, dass es ihm deutlich an Tempo fehlt, um gegen schnelle Gegenspieler bestehen zu können. Im Gesamtgefüge war Filip Uremovic ein kleiner Lichtblick, der in brenzligen Situation allerdings noch schnell überfordert war. Die Kommunikation mit seinen Mitspielern ist noch nicht ausgereift. Trotzdem scheint er jemand zu sein, der den Konkurrenzkampf in der Innenverteidigung oder auch auf der Position des Rechtsverteidigers ankurbeln könnte. Gerade auf der rechten Außenposition scheint es nötig zu sein, denn …

Jonjoe Kenny: Maximal Überfordert

… ein weiterer Neuzugang, nämlich Jonjoe Kenny, tat sich im Derby sehr schwer und war des Öfteren maximal überfordert. Zwar konnte auch er ein paar Punkte für sich sammeln, wie fünf Aktionen, die er klären konnte. Insgesamt war Kenny 80 Mal am Ball und damit einer der aktivsten Herthaner, allerdings fabrizierte er dramatische 26 Ballverluste. Von ihm ging keine Sicherheit aus. Dank einiger Tacklings konnte er immerhin acht von 13 Zweikämpfen gewinnen. 37 seiner 55 Pässe kamen beim Mitspieler an, zu wenig für einen Spieler auf seiner Position. Auch Versuche die Offensive in Szene zu setzen schlugen häufig fehl. Nur einer von acht langen Bällen kam beim Mitspieler an. Immerhin konnte er in der 60. Minuten mit einer Flanke für Wilfried Kanga für etwas Torgefahr sorgen. Doch defensiv machte ihm insbesondere Unions Ryerson das Leben enorm schwer. Mehrmals kam er gegen den Norweger zu spät oder setzte zu einer schlechten Grätsche ins Lehre an.

(Photo by ODD ANDERSEN/AFP via Getty Images)

Aktuell ist Jonjoe Kenny einer der größten Verlierer der unsicheren Verteidigung. Möglicherweise kann er zu einer festen Größe wachsen, dazu ist aber allgemeine Abwehrsicherheit gefordert. Zudem ist er nicht darum zu beneiden, Boateng und Lukebakio, die beide defensiv kaum Unterstützung liefern, als Zuarbeiter auf seiner Spielseite zu haben. Urgestein Peter Pekarik oder Filip Uremovic sitzen ihm im Nacken und könnten nach zwei sehr schwachen Spielen den Briten auf seiner Position ablösen.

Das Mittelfeld: Einfallslos, langsam und kein Bindeglied

Das Dreiergespann, bestehend aus Abräumer Ivan Sunjic und Kevin-Prince Boateng und Suat Serdar blieb gegen Union extrem blass. Noch vor wenigen Tagen wurde insbesondere Ivan Sunjic für sein Spiel in Braunschweig gelobt. Doch kaum trifft man auf einen Gegner, dessen Qualitäten etwas höher anzusetzen sind, steht man vor Problemen. Zumindest scheint es so.

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(Photo by Martin Rose/Getty Images)

Die drei wurden zunehmen kaltgestellt. Kevin-Prince Boateng ist aus körperlichen Gründen kaum in der Lage, Extrawege zu gehen und als wirkliches Bindeglied zwischen Sturm und Abwehr zu wirken. Suat Serdar versucht es zu häufig mit Solo-Aktionen. Seine Dribblings gehen meistens ins Leere oder in die Beine von Gegenspielern. Durch ihre Limitierungen waren sie auch nicht in der Lage die Offensive in Szene zu setzen. Davie Selke und Myziane Maolida hingen komplett in der Luft, Dodi Lukebakio konnte erst nach den verschiedenen Wechseln aufspielen. Das Spiel der Hertha wirkt momentan ideenlos und sehr statisch. Um sich ein endgültiges Urteil dazu bilden zu können, ist es allerdings noch zu früh. Das Dreiergespann jetzt schon wieder auseinanderzureißen würde die nächste große Baustelle im Team eröffnen. Womöglich kann hier der wohl festzustehende Neuzugang Jean-Paul Boetius Abhilfe schaffen.

Dodi Lukebakio: Mr. Derby arbeitet zu wenig

Ein kleiner, netter Fakt gefällig? Dodi Lukebakio ist Mr. Derby. Der Belgier hat mittlerweile drei Tore in Berliner Derbys erzielt und ist damit der torgefährlichste Spieler dieser Duelle, Sheraldo Becker ist ihm dicht auf den Fersen. Immerhin eine nette Statistik, die sich Herthaner schönreden können.

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(Photo by Martin Rose/Getty Images)

Insgesamt war das Spiel von Dodi Lukebakio in der ersten  Halbzeit nicht vorhanden. Ähnlich wie bei der gesamten Offensive und dem Mittelfeld der Hertha. Er und Kenny konnten sich in keiner Weise ergänzen, das Spiel miteinander bestand praktisch nicht. Erst in der zweiten Halbzeit, beim Stand von 0:3, als Sandro Schwarz mehr dynamische Power einwechselte, konnte auch er sein Spiel entfalten. Nur eines von sechs seiner gefürchteten Tempodribblings konnte er in irgendeiner Form positiv gestalten. Insgesamt war er an 33 Aktionen beteiligt, der Großteil davon in der Schlussphase. Er brachte 71 Prozent, also zehn von 14 Pässen beim Adressaten unter. Sein Tor zum Ehrentreffer in der 85. Minute war sehenswert und zeigte, dass er das Spiel der Hertha durchaus beleben kann, allerdings nur im Zusammenspiel mit ähnlichen Spielertypen, die ihn ebenfalls in Szene setzen können. Ansonsten ist Dodi Lukebakio keine große Hilfe in einem Spiel, in dem vor allem verteidigt werden muss. Diese Form von Einsatz ließ er im Vergleich zum Pokal-Spiel leider vermissen. Das leidige Thema der Konstanz …

Wilfried Kanga und Chidera Ejuke: Hoffnungsvolle Power für die nächsten Wochen

Chidera Ejuke bekam bereits gegen Braunschweig seine ersten Minuten, Wilfried Kanga nun im Derby. Die beiden zeigten, dass sie in der Lage sind, das Angriffsspiel anzukurbeln und vor allem mit ihrem Tempo für Gefahr zu sorgen. Beide halfen ab der 56. Minute mit. Durch den unglücklichen 0:3-Treffer war da das Spiel allerdings schon vor ihrer Einwechslung entschieden. Ejuke setzte zu mehreren Dribblings an. Vier von fünf konnte er erfolgreich beenden. Alle seine Pässe – fünfzehn Stück – kamen an. Vier von fünf Zweikämpfen gewann er. Alles Statistiken, die belegen, dass er ein höheres Niveau als der Durchschnitt im Team hat. Er besitzt mehr Tempo, mehr Kraft und Durchsetzungsvermögen und zeigte viel mehr Engagement als Myziane Maolida, den er ersetzte.

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(Photo by Martin Rose/Getty Images)

Wilfried Kanga war bei seinem Debüt wesentlich besser im Spiel als Davie Selke. Er zeigte sich ballsicher, passsicher – alle seine sechs Pässe kamen an – und nach 60 Minuten konnte er mit einem Schuss aus der Luft nach Flanke von Kenny auch für erste Gefahr sorgen. Zu diesem Zeitpunkt war es die erste Chance der Hertha aus dem Spiel heraus. Beide haben gezeigt, dass sie definitiv Anwärter auf einen Startelf-Platz sind und dem Offensivspiel der Hertha viel mehr Unberechenbarkeit ermöglichen können.

Vermasselter Saisonstart, aber es ist bei weitem nichts verloren

Von einem Zweitligisten aus dem Pokal geworfen, am ersten Spieltag das Derby verloren. Schlechter kann eine Saison eigentlich nicht starten und wir wollen das hier auch überhaupt nicht schönreden. Aber das Pokal-Aus muss man verkraften können, damit muss jede Mannschaft rechnen. Die Derbyniederlage ist gerade für den Kopf und für die Laune ein Problem. Doch wie man an der Reaktion der Hertha-Fans gesehen hat, weiß man diese einzuordnen. Die Anforderungen in Berlin sind mittlerweile andere, als in den letzten drei Jahren.

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(Photo by ODD ANDERSEN/AFP via Getty Images)

Ein Abwärtsstrudel zu Beginn der Saison muss dringend unterbunden werden, wenn man nicht schon in einem ist. Sieht man diese Niederlage sportlich und vergleicht man sie mit einem Spiel gegen einen Gegner, der Union ebenbürtig gewesen wäre, also SC Freiburg, Borussia Mönchengladbach oder Mainz 05, wären Spiel und Ergebnis möglicherweise ähnlich gewesen. So muss vor allem der Kopf freigemacht werden um sich schnell von der Derby-Klatsche erholen zu können. In der Mannschaft hapert es an einfachsten und grundsätzlichen Dingen. Gegen Union fehlte die Kompromisslosigkeit in den Zweikämpfen. Fredi Bobic sagte im „Doppelpass“ bei Sport1, dass es Zeit brauchen würde, bis gewisse Dinge funktionieren. Zusätzlich betonte auch er, dass Dedryck Boyata sportlich aktuell keine Hilfe ist. Es kommen schwere Gegner auf die Hertha zu. Spiele, in denen es nicht leicht wird, zu bestehen. Aber man hat nichts zu verlieren und kann theoretisch befreit aufspielen. Die Mannschaft hat sich noch nicht gefunden, das Selbstverständnis fehlt bisher.

Es bedarf klarer Ansagen und Taten des Trainerteams, damit sich ein schlagkräftiges Team bilden kann. In nahezu allen Mannschaftsteilen gibt es Probleme, aber auch großes Potential diese zu beseitigen. Die Zeiten sind nicht einfach, aber die Saison ist lang und noch ist rein gar nichts verloren. Allgemein tut es Hertha-Spielern, Fans und dem Verein wohl besser, wenn man den Derbys und der Berliner Rivalität nicht mehr Bedeutung schenkt, als sie verdienen. Und schon gar nicht braucht man über jedes Stöckchen aus Köpenick springen, was hingehalten wird. Man muss sich auf sich selbst konzentrieren. Ausschließlich auf sich selbst.

(Titelbild: Martin Rose/Getty Images)

Podcast #202 Griffigkeit

Podcast #202 Griffigkeit

Wir müssen in dieser Folge des hertha BASE Podcasts eine erneute Derbyniederlage besprechen. Außerdem hat Hertha BSC einen neuen Ärmelsponsor gefunden und auf dem Transfermarkt scheint es auch langsam konkreter zu werden. Selbstverständlich bekommt ihr auch noch einen Ausblick auf das kommende Spiel gegen die Eintracht aus Frankfurt.

Wir wünschen euch ganz viel Spaß mit der neuen Folge und freuen uns über eure Kommentare. Euer Feedback ist sehr motivierend und freut uns immer am meisten.

Wir würden uns sehr freuen, wenn ihr den Podcast mit euren Freund*innen, der Familie oder Bekannten teilt. Wir freuen uns über alle Hörer*innen.

#hahohe #podcast #herthabsc #bundesliga #herthabase

So ist das Leben eines deutschen Millionärs – Ungleichland (1/3): Reichtum | WDR Doku

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(Photo by ODD ANDERSEN/AFP via Getty Images)

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Drei Thesen zum Derbyauftakt gegen Köpenick

Drei Thesen zum Derbyauftakt gegen Köpenick

Hinter unserer Hertha liegen turbulente Monate. Nachdem wir mit mehr Glück als Verstand in der Relegation den Klassenerhalt klar machten, war bei allen Beteiligten die Puste weg – egal ob Spieler, Management, Gremien oder Fans. Der Verein musste durchschnaufen. Doch viel Auszeit wurde uns nicht gegönnt, denn im Juni stand mit der Präsidentschaftswahl eine enorm wichtige und richtungsweisende Entscheidung für den Verein bevor. Die Wahl von Kay Bernstein als neuen Präsidenten von Hertha BSC löste eine Aufbruchsstimmung im Verein aus, die Hoffnung auf die kommende Saison macht. Mit dem Pokal-Aus in der 1. Runde gegen Braunschweig fühlten sich viele jedoch schnell wieder auf den Boden der Tatsachen geholt.

Dennoch stellen wir euch drei Thesen zum Spiel gegen Union vor, die die Hoffnung weiterleben lassen sollen.

These 1: Union muss sich noch finden

Auch diesen Sommer hat der Verein aus Köpenick wieder auf dem Transfermarkt zugeschlagen. Und wie in den vergangenen zwei Jahre, wirkt die Transferpolitik von Union durchdacht und vielversprechend. Mit Jamie Leweling wurde darüber hinaus ein Spieler verpflichtet, der bei mehreren Bundesligisten auf dem Zettel stand.

Trotz der unbestrittenen Qualität des Kaders muss die Mannschaft – mit elf Zugängen und zwölf Abgängen – noch zueinander finden. Manager Oliver Ruhnert kritisierte das Team nach dem 2:1 Sieg im Pokalspiel gegen Chemnitz scharf: „So wie wir heute gespielt haben, können wir keine Bundesliga spielen” sagte er der Presse im Nachgang. Das könnte besonders auf den Sturm zutreffen, denn mit Taiwo Awoniyi ist Köpenicks bester Angreifer der vergangenen Saison zum Premier League Aufsteiger Nottingham Forest gewechselt.

(Photo by Martin Rose/Getty Images)

Unsere Berliner Mannschaft trifft also auf eine noch nicht perfekt eingespielte Truppe aus Köpenick. Was viele zu Beginn noch als Nachteil einschätzten, könnte sich als Chance herausstellen: Hertha trifft am 1. Spieltag auf den Stadtkonkurrenten, der noch nicht bei 100 Prozent ist.

These 2: Mannschaft & Fans sind wieder eine Einheit

Drei Derbys gab es letztes Jahr zwischen den Berliner:innen und Köpenick. Alle drei entschieden die Unioner:innen verdient und deutlich für sich. Dementsprechend war der Frust unter den Hertha-Fans groß. Beim ersten Derby im November 2021 flog Selkes Trikot, das er selbst in den Auswärtsblock warf, prompt zurück aufs Spielfeld. Nach der Pokalniederlage stattete die aktive Fanszene der Mannschaft einen Besuch beim Training ab und drohte, „die nächste Stufe zu zünden“. Nach der 1:4-Niederlage mussten einige Spieler auf Aufforderung der Ultras ihre Trikots ausziehen. Die Beziehung hatte definitiv bessere Phasen erlebt.

(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Doch nachdem die Mannschaft der Kurve für ein paar Spiele fernblieb, entschied sie sich, vor dem Spiel gegen Mainz geschlossen in die Ostkurve zu gehen. Ein Schulterschluss, der in Hamburg nach dem Klassenerhalt bestätigt wurde und auch nach der Pokalniederlage in Braunschweig anhielt. Als unser Vorsänger Kreisel nach dem Spiel zur Mannschaft ging, vermuteten einige bestimmt schon schlimmes. Doch Kreisel blieb ruhig, machte der Mannschaft Mut fürs Derby und umarmte Selke und Platte zum Schluss. Diese Szenen zeigen, Mannschaft und Fans haben sich gegenseitig verziehen. Genau diese positive Energie ist wichtig und wird beiden die nötige Kraft geben, den Derbysieg zurück nach Berlin zu holen.

These 3: Dodi schießt uns zum Derbysieg

Als Lukebakio im Sommer zurück zur Hertha kam, waren viele skeptisch. Zwar gehörte der Flügelspieler immer zu Herthas stärksten Scorern, jedoch war er nicht konstant genug und arbeitete wenig bis gar nicht nach hinten. Umso überraschter waren die meisten von seiner Leistung gegen Braunschweig. Auf der rechten Seite sorgte Dodi über seine gesamte Einsatzzeit für Gefahr, schoss ein Tor und als er in der Rückwärtsbewegung nach hinten arbeitete, waren auch die letzten Kritiker:innen überzeugt.

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(Photo by Martin Rose/Getty Images)

Diese Leistung wird Dodi mit in die Bundesligasaison 22/23 nehmen und Niko Gießelmann beim Derby das Leben schwer machen. Ein starker Pass in die Tiefe von Prince und unser Rückkehrer schießt uns in der 89. Minute zum 1:0 Derbysieg.

(Titelbild: Boris Streubel/Getty Images)

Liebesbriefe an legendäre Derbyhelden

Liebesbriefe an legendäre Derbyhelden

Am Wochenende startet die 60. Saison der Fußball-Bundesliga. Und diese Jubiläumssaison beginnt natürlich für Hertha BSC mit einem absoluten Kracher. Zum Auftakt geht es nach Köpenick zum Derby gegen den 1. FC Union Berlin. In der Vergangenheit gab es legendäre Spiele im Stadion an der Alten Försterei, genauso im Berliner Olympiastadion. Und auch wenn die letzten Derbys für die Alte Dame alles andere als gut endeten, können auch Hertha-Fans auf tolle Erlebnisse gegen den Stadtrivalen zurückschauen. Zeit, den Protagonisten dieser Spiele unsere Liebe zu gestehen.

Sandro Wagner, Maik Franz und Ronny: Wisst ihr noch damals?

Lieber Sandro, lieber Maik, lieber Ronny,

könnt ihr euch an jene Nacht am 3. September 2012 erinnern? Ja es ist schon zehn Jahre her und doch fühlt es sich noch frisch an. Es waren harte Zeiten. Wir waren zuvor in einem nervenaufreibenden Relegationsdrama in Düsseldorf gescheitert und die ersten Wochen der Saison liefen auch nicht so, wie wir es uns wünschten. Jos Luhukay meckerte gar auf einer Pressekonferenz in Frankfurt. Und nun ging es schon am 4. Spieltag nach Köpenick. Wir hatten Druck. Ihr hattet Druck. Wir Fans hatten Sorgen. Wollten wir doch so schnell es geht, wieder zurück in die Bundesliga. In dem Hexenkessel im Stadion an der Alten Försterei ist es für Gegner niemals einfach. Doch ihr habt gezeigt, wer die Nummer 1 in Berlin ist.

Sandro, mit uns war es nicht immer einfach. Strenggenommen hast du dir nie wirklich was zu Schulden kommen lassen, das müssen wir so festhalten. Doch mit uns hat es nie so richtig geklappt, in den drei Jahren damals konntest du leider nicht oft überzeugen, doch in jener Nacht hast du dich unvergesslich gemacht. Als du den Ball im Strafraum von Peer Kluge zugespielt bekommen hast, hast du all dein Selbstbewusstsein und Mut genommen und gebündelt. Du hast es gemacht wie ein Stürmer, wie ein eiskalter Goalgetter, du hast geschossen, du hast getroffen. Du hast gejubelt, ja du hast auch ein wenig die Heimfans provoziert, aber das war okay, so bist du nun einmal. Wir führten plötzlich in Köpenick und für einen Moment war dieser Teil Berlins mucksmäuschenstill. Nie war unsere Liebe heißer, als in diesem Moment.

Lieber Maik, man, was warst du für ein Kämpfer. Irgendwo da draußen wirst du immer noch sein. Du warst damals oft verletzt und hast uns in vielen Situationen bitter gefehlt, doch an jenem Montag hast du gekämpft. Du warst der heiß geliebte Iron-Maik. Du warst nicht der Ballkünstler, du warst der Mann für das Grobe. Du warst der, den man für ein Derby brauchte. Du warst für Derbys geboren. Du warst das Derby. Bis heute schau ich mir liebend gern die Szenen an, als du Unions Stürmer Silvio an der Eckfahne in den letzten Sekunden des Spiels zusammenschreist. Die gelbe Karte für dich war das Zeichen deines unermüdlichen Einsatzes. Du hast gezeigt, wie viel dir das bedeutet, bis heute zeigst du es. Mit uns hat es gepasst, Maik, wir waren füreinander bestimmt in der damaligen Zeit. Es war wundervoll, es war einzigartig und es war eine goldene Liebe, die ewig brennt.

(Photo credit should read ODD ANDERSEN/AFP via Getty Images)

Geliebter Ronny, es war dieses eine wundervolle Jahr. Es war nicht nur diese eine besondere Nacht, ja, sie war eine der intensivsten, genau wie ein halbes Jahr später im winterlichen Treiben im Olympiastadion. Du und dein linker Fuß, das war Liebe. Das war kraftvolle Liebe, ja fast schon brachiale Liebe. Und wir alle gemeinsam, du und dein linker Fuß und wir Fans, wir waren eine unzerstörbare Gemeinschaft. Wir brauchten einander und wir schenkten einander. Wir genossen, wir feierten, wir hatten heiße Momente. Dieses eine Jahr. Ronny, du hast 18 Tore geschossen, 14 weitere vorgelegt. Erinnere dich an jene Nacht in Köpenick. Der Ball lag genau da, wo du ihn haben wolltest. Vor dem Strafraum, relativ zentral. Mit Wucht zimmertest du das Spielgerät in die Maschen. Und erinnere dich an den folgenden Februar. Wie wir gemeinsam im weiten Rund des Olympiastadions gefeiert haben. Gemeinsam lagen wir schon mit 0:2 gegen die Köpenicker zurück. Und dann bist du zur Ecke angetreten und hast den Ball auf deinen Kumpel Adrian Ramos geflankt, der das machte, was er immer tat. Ein Tor erzielen. Und Ronny, dann sollte ein weiterer Höhepunkt unserer Liebe folgen. Als du in der 86. Minute einen deiner vielen Freistößen mit Kraft und Gefühl verwandelt hast, ist in uns allen etwas explodiert, was mehr als grenzenlose Liebe war. Du feiertest mit uns zusammen. Du jubeltest, wir jubelten, du stürztest im zusammengefegten Berliner Schnee und verletztest dich an der Hand. Für uns, für dich, für Hertha BSC. An diesem Abend, in jener Nacht waren wir nicht nur dein linker Fuß, wir waren nicht nur deine verletzte Hand, wir waren alle eins. Eins mit dir. Geliebter Ronny.

hertha

(Photo credit should read JOHN MACDOUGALL/AFP via Getty Images)

Vedad Ibisevic, Matheus Cunha, Krzystof Piatek: Die Erinnerungen bleiben für immer

Oh Vedad, my Vedad. Bzw. Oh Captain, my captain. Denn das warst du. Du warst der Boss, du warst der Anführer, du warst unser Kapitän. Mit dir an unserer Seite fühlten wir uns über Jahre sicher. Du und dein graumeliertes Haar, du und deine spielerische Ruhe, du und deine Lust auf den Krawall mit Gegenspielern und Schiedsrichtern. Du hast dich für uns eingesetzt, du hast alles investiert, du hast so viel gegeben, wir haben versucht dir diese Liebe zurückzugeben. Bis heute gehören wir zusammen und schwelgen in gemeinsamen Erinnerungen. Der damalige Abend. Du warst der Herbergsvater dieser Truppe, die sich nach einer brachialen Sturm und Drang Phase auf dem Transfermarkt gefunden hatte. Du bist geblieben, du wolltest den gemeinsamen Aufstieg, du hättest den gemeinsamen Abstieg mitgemacht. Und an jenem Abend, einem vorsommerlichen Mai-Tag, führtest du uns zu einem fulminanten Derby-Sieg. Du zeigtest, mit wem zu rechnen war. Du wolltest uns zeigen, wie sehr die Liebe und Kraft noch in dir brennt. Du zeigtest den jüngeren den Weg. Du warst es, der uns in der zweiten Halbzeit nach einer langen Geduldsprobe in Führung brachte, du hast deinen Mitspielern die Chancen und Tore aufgelegt. Du hast Dodi Lukebakio geschickt, du hast Matheus Cunhas am Vorabend der Geburt seines Kindes einen Dribbeltanz ermöglicht, gemeinsam habt ihr im leeren Olympiastadion gefeiert. Damals waren wir an den Bildschirmen dabei, wir feierten, wir brannten für euch. Irgendwie waren auch wir dabei. Zumindest in deinem Herzen.

hertha

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Matheus Cunha, was war das für eine heiße Zeit mit dir. Du hast Erinnerungen an alte Zeiten mit Marcelinho aufgefrischt. Wir waren verliebt. Nicht nur in die Vergangenheit, vielmehr in die Gegenwart und hoffentlich Zukunft. Du hast uns so viel bedeutet. Du hast eine Form von Spaß nach Berlin gebracht, den wir so lange nicht kannten. Du hast die Gegner zum Tanz aufgefordert, du hast gedribbelt, brilliert, ein Tor erzielt, du hast Spaß gehabt und Liebe verbreitet. Am Abend wurdest du Vater, du wolltest direkt nach deiner Auswechslung ins Krankenhaus zu deiner Frau. Wir wären sofort mitgekommen, hätten wir gedurft. Ein wahres Derby-Baby sollte zur Welt kommen. Doch Matheus, so heiß diese Liebe war, so kurz war sie. Wir waren zu klein für dich. Du wolltest in die weite Welt, du wolltest mehr und Neues kennenlernen. Und Matheus, das war okay. Wir haben dich in positiver Erinnerung, vielleicht denkst du auch ab und an noch an uns. Die Geburt deines Kindes wirst du immer damit verbinden, vielleicht sehen wir uns eines Tages wieder.

hertha

(Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

Krzystof, es ist kompliziert mit uns. Aber auch wir schätzen einander. Wir hatten im Winter 2020 große Lust aufeinander. Gemeinsam wollten wir unseren Spaß haben, wir wollten die große weite Welt erkunden, wir wollten einander wachsen und uns lieben. Doch es war schwierig mit uns. Aber lieber Krzystof, auch wenn es nicht immer einfach zwischen uns war, hatten wir diese eine Nacht. Diesen einen besonderen Moment im Olympiastadion. Als wir gemeinsam zu Derbyhelden werden wollten. Wir konnten wieder einmal nicht anwesend sein, doch wir haben dir genau zugeschaut. Wir haben deinen Kampf, deine Leidenschaft und deine Qualitäten bewundert, wir wollten mehr von dir. An jenem Abend hast du uns gezeigt, was möglich gewesen wäre mit uns. Wir haben das gesehen, wofür wir hofften bestimmt zu sein. Du erzieltest zwei tolle Tore. Du machtest uns zu Derbysiegern, du selbst wurdest zur Legende. Deshalb geliebter Krzystof, egal wie das zwischen uns endet, wir bereuen nichts. Du bist in unseren Herzen.