Herthaner im Fokus: SC Freiburg – Hertha BSC

Herthaner im Fokus: SC Freiburg – Hertha BSC

Mit einer 1:4-Niederlage in Freiburg verabschiedet sich Hertha BSC in die Mini-Winterpause. Die Niederlage an sich wäre kein Problem. Doch die sich wiederholenden Leistungseinbrüche des Teams, die lustlose bis patzige Haltung einzelner Spieler aber auch taktische Fehleinschätzungen des Trainerteams lassen nach dem Freiburg-Spiel leider nur eine Schlussfolgerung zu: Hertha hat ein systematisches Problem.

Nach dem Spiel unserer Hertha gegen Mönchengladbach ging ein lautes Entspannungsseufzen durch das ganze Fanlager. Denn erstens hatte Hertha gegen eine Mannschaft aus dem oberen Tabellendrittel eine solide Leistung gebracht und zweitens war klar, dass nun ausschließlich Spiele gegen Mannschaften aus dem unteren Tabellendrittel anstehen. Zeit zum Punkten also. Doch zumindest der Anfang in diese Serie der vermeintlich leichteren Spiele ist erschreckend schlecht verlaufen. Nach einem fußballerischen Tiefpunkt-Spiel gegen Mainz (0:0) folgte nun eine krachende Niederlage gegen Freiburg, nach der sich die Verantwortlichen im Verein Grundsatzfragen stellen sollten. Eine Einzelbewertung der Spieler fällt nach dem Spiel schwer, weil aus blau-weißer Sicht nur wenige positive Momente gab. Dafür gab es einige Spieler, die besonders negativ auffielen.

Javairo Dilrosun – Warum nicht von Anfang?

Der Niederländer wurde in der Halbzeit für einen enttäuschenden Matheus Cunha eingewechselt. Dilrosun war der einzige Herthaner, der am heutigen Sonntag Lust auf Fußball hatte. Er setzte einige schnelle Läufe und Dribblings über die Außen an und sorgte am Anfang der zweiten Halbzeit dafür, dass nochmal kurz Hoffnung aufkam. Denn Dilrosun flankte kurz nach Wideranpfiff nach einem schönen Dribbling über die linke Seite an den langen Pfosten, wo Dodi Lukebakio stand und nur noch den Fuß hinhalten musste.

Foto: IMAGO

Auch in der Folge war Dilrosun flexibel unterwegs, zeigte sich auf beiden Seiten anspielbar und suchte als einziger Herthaner immer wieder Eins-gegen-Eins-Situationen. Schon gegen Union war Dilrosun maßgeblich nach seiner Einwechslung für den Erfolg verantwortlich. Eine der strategischen Fragen, die sich Labbadia gefallen lassen muss, ist, warum der Niederländer derzeit nicht stets von Anfang an spielen darf.

Matheus Cunha – Setzen, sechs!

Es passiert eigentlich selten, dass Trainer ihre eigenen Spieler nach einem Spiel – auch bei schlechter Leistung – öffentlich in die Pflicht nehmen. Doch nach Cunhas Leistung und seiner Auswechslung zur Halbzeit erklärte Bruno Labbadia nach dem heutigen Spiel, dass der Brasilianer „unterirdisch“ gespielt und er ihn deswegen frühzeitig heruntergenommen habe.

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Recht hatte er. Nur: Labbadia hat auch selbst ein wenig zu verantworten, dass Cunha so schlecht ins Spiel kam. Denn das Freiburg-Spiel war ein neuer Beweis dafür, dass Cunha sich nicht als Außenspieler eignet. Der 21-Jährige kam in den ersten etwa 20 Minuten auffällig oft über links. Und in einer solchen Situation verlor auch viel zu einfach den Ball, setzte dann nicht ausreichend nach, woraus eine Flanke resultierte, die dann – nach ebenso schlechter Manndeckung in der Innenverteidigung – zum 0:1 führte.

Im Anschluss fiel der Brasilianer eigentlich nur noch durch Fouls, verlorene Zweikämpfe und Schiedsrichterbeschwerden auf. Auf Twitter hat sich Cunha mittlerweile bei den Fans für die schlechte Leistung erklärt. Es wird spannend zu sehen sein, wie der Brasilianer aus der Weihnachtspause kommen wird, denn aktuell ist klar: Cunha befindet sich seit Wochen in einem Formtief und darunter leidet das Hertha-Spiel brutal.

Maxi Mittelstädt – Gleichbleibend harmlos

Unter der Woche war zu lesen, dass Labbadia auf der linken Außenbahn ein „Kopf-an-Kopf-Rennen“ zwischen Maxi Mittelstädt und Marvin Plattenhardt sieht. Am heutigen Sonntag durfte Mittelstädt mal wieder von Anfang an starten. Als Hertha-Fan muss man Maxi einfach mögen – er ist ein Hertha-Urgestein und einfach ein bodenständiger, ruhiger und sympathischer Typ.

Mit Blick auf seine Leistungen muss man spätestens nach dem Freiburgspiel allerdings festhalten, dass ihm der endgültige Durchbruch bei Hertha einfach nicht gelingen will. Bis auf einen Torabschluss hatte Maxi keine einzige gefährliche Szene, setzte sich nie auf der Außenbahn durch, seine wenigen Flankenversuche kamen nicht an, zudem verlor er einfach zu viele Zweikämpfe. Auch hier muss sich Labbadia die Frage gefallen lassen, wie er zu seiner Einschätzung eines Zweikampfes kommt. Denn in den vergangenen Wochen hatte Plattenhardt zumindest ordentliche Leistungen gezeigt.

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Labbadia sollte sich bei seinen Personalentscheidungen vielleicht weniger von den Trainingsleistungen leiten lassen, sondern mehr von den Matchleistungen – siehe Matthew Leckie. Seit nun schon längerer Zeit ist festzuhalten, dass dieser Konkurrenzkampf zwischen Mittelstädt und Plattenhardt keinen von beiden wohl sonderlich pusht – sonst kämen bessere Leistungen bei herum. Und so langsam muss auch auf der Linksverteidiger-Position die Frage gestellt werden, ob hier genug Qualität vorhanden ist.

Und dann war da noch:

Die Innenverteidiger: Eigentlich hatte man das Gefühl, dass sich Herthas Innenverteidigung mit Jordan Torunarigha und Dedrick Boyata stabilisiert hat. Nach den Spielen gegen Union, Gladbach und Mainz hatte man wieder ein ausgedehnteres Sicherheitsgefühl bei gegnerischen Angriffen. Doch auch Torunarigha und Boyata machten am Sonntag wieder Fehler und schenkten dem Gegner sprichwörtlich Tore. Beim ersten Gegentreffer steht Hertha zu fünft gegen zwei Freiburger, die Flanke fliegt trotzdem, das Tor fällt trotzdem. Und beim zweiten Gegentreffer legt Jordan das Tor für Freiburg per technischem Fehler auf.

Krzysztof Piatek: Allein wegen seiner beiden Tore im Derby fällt es einem als Hertha-Fan schwer, drastische Maßnahmen gegen den dauerhaft schlecht spielenden Polen zu fordern. Aber sein wir ehrlich: Piatek war auch gegen Freiburg wieder kein Faktor in Herthas Spiel. In der zweiten Halbzeit nahm er eine Flanke gefährlich per Kopf ab – das war’s.

Fazit: Ein erschreckend schlechter Jahresabschluss

Beängstigend ist, dass Freiburg nicht einmal eine wirklich starke Leistung brauchte, um Hertha mit 4:1 zu besiegen. Eigentlich reichte den Breisgauern ein bisschen Robustheit im Mittelfeld, den Rest erledigte Hertha mit Fehlpässen und falschem Stellungsspiel. Auch die Fakten zur Tabellensituation sind alarmierend: Hertha hat nach 13 Spielen drei Punkte vor der Relegationszone und befindet sich mal wieder im Abstiegskampf, im Pokal ist man seit Runde eins nicht mehr dabei. Hertha hat inzwischen die drittmeisten Gegentore der Liga kassiert, auch im Pokalspiel gegen aufgestiegene Zweitliga-Braunschweiger kassierte man fünf Tore.

Aber auch qualitativ muss man sich Sorgen machen. Labbadia ist es nicht gelungen, die Mannschaft nach dem harten Umbruch zusammenzuschweißen – nach 14 Pflichtspielen muss es erlaubt sein, zu diesem Fazit zu kommen. Labbadia nach nicht einmal einem Jahr des Amtes zu entheben, würde die Situation wahrscheinlich noch weiter destabilisieren. Aber mit 1,18 Punkten pro Spiel hat er den schlechtesten Punkte-pro-Spiel-Wert seit Otto Rehhagel. Es liegt vieles im Argen.

[Titelbild: Christian Kaspar-Bartke/Getty Images]

Vorschau: SC Freiburg – Hertha BSC: Von wegen Favorit

Vorschau: SC Freiburg – Hertha BSC: Von wegen Favorit

Und plötzlich war es dann eigentlich doch gar nicht mehr so schlimm, dass man aktuell nicht ins Stadion darf. Waren auch schon, mit Ausnahme des Derbysieges, die vorangegangenen Heimspiele nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig, unterbot Hertha das bisher Dargebotene am Dienstagabend nochmal um einiges. Statt mit breiter Brust gegen ein Mainz 05, das mitten im Abstiegskampf steckt, aufzutreten, war die Alte Dame trotz der Rückkehr von Matheus Cunha komplett ideenlos, sodass das Ergebnis tatsächlich noch das mit Abstand beste am Spiel war. Dass es auch anders geht, hat die Mannschaft in dieser Spielzeit bereits des Öfteren bewiesen. Umso unerklärlicher ist es, wie eine derartige Leistung zustande kommen kann. Konnte man die dürftige Punkteausbeute bisher noch mit der Stärke der Gegner erklären, zählt diese Ausrede nun nicht mehr. Hertha muss jetzt anfangen, Siege einzufahren. Der nächste Versuch startet am Sonntagnachmittag gegen den SC Freiburg.

Im Vorfeld der Partie gegen den SC haben wir mit Freiburg-Experte Mischa, unter anderem bekannt durch seinen Blog zerstreuung-fussball.de, gesprochen, der uns unter anderem erklärt, wie die Breisgauer nach schwachem Saisonstart wieder in die Spur fanden.

Der ewige Fluch der guten Tat

Mit Robin Koch und Luca Waldschmidt hat der SC Freiburg im Sommer zwei Nationalspieler verloren. (Quelle: THOMAS KIENZLE/AFP via Getty Images)

Papiss Demba Cissé, Maximilian Philipp, Caglar Söyüncü, Matthias Ginter… Die Liste der Spieler, die in Freiburg aus-oder auf hohem Niveau weitergebildet wurden, um dann von finanziell potenteren Vereinen abgeworben zu werden, könnte noch eine Weile fortgesetzt werden. Im zurückliegenden Transferfenster kamen die beiden Nationalspieler Robin Koch und Luca Waldschmidt hinzu. Gerade der Abgang des Defensivspezialisten fällt laut Mischa ins Gewicht: „Koch war sicher der schwierigste Abgang. Das sah man insbesondere zu Saisonbeginn. Es fehlt körperliche Präsenz in der Defensive.“

Doch wie auch schon in den vergangenen Jahren scheint es Freiburg wieder gelungen zu sein, die Abgänge durch Spieler aus den eigenen Reihen sowie Neuverpflichtungen aufzufangen. So ist der im Vorjahr an Union Berlin ausgeliehene Keven Schlotterbeck ein Stabilisator in der Abwehrkette: „Seit er zentral in der Dreierkette spielt, steht man wieder etwas besser.“ Im Gegensatz zu Schlotterbeck, legte man für einen anderen Akteur eine nicht gerade unbeachtliche Summe von rund 10 Millionen Euro auf den Tisch. Der Franzose Baptiste Santamaria wurde ins Breisgau gelotst. Zu ihm macht Mischa den Vergleich mit einem Freiburger aus, der vor einigen Jahren den Weg an die Spree gefunden hat: „Santamaria erinnert manchmal an Darida: Immer der laufstärkste Spieler, gut in den Zweikämpfen, ist aber kein Abräumer, sondern auch technisch stark.“  

Ein Spieler, der es Darida in diesem Sommer gleichtat und ebenfalls von Freiburg nach Berlin wechselte, ist Alexander Schwolow, dessen Abgang aus Freiburg einige unglückliche Umstände nach sich zog: „Hier sollte eigentlich Flekken der Ersatz sein, doch der zog sich vor dem ersten Pokalspiel eine größere Verletzung zu. Man konnte kurzfristig noch Müller aus Mainz ausleihen. Er fiel weniger auf. Aber es gibt doch einen sehr großen Kontrast zu Schwolow. Immer wieder lässt Müller den Ball nach vorne prallen. In dieser Disziplin war Schwolow herausragend. Er fing Bälle oder wehrte sie sauber zur Seite ab.“, ordnet Mischa ein.

Nach Holperstart wieder in der Spur

Streichs Umstellungen brachten den SC wieder in die Erfolgsspur. (Photo by INA FASSBENDER/POOL/AFP via Getty Images)

Für den schlechten Saisonstart (sechs Punkte nach acht Spieltagen) sieht Mischa jedoch auch andere Gründe als die genannten Abgänge: „Das Auftaktprogramm war gar nicht so leicht, wie man es vielleicht gedacht hat. Bremen war zu dem Zeitpunkt recht gut drauf.

Niederlagen gegen Leverkusen, Dortmund und Leipzig, Unentschieden gegen Union, Wolfsburg und Bremen und ein Sieg gegen Stuttgart schienen okay. Auch weil die Leistungen alle in Ordnung gingen. Dann kam aber die erste Halbzeit gegen Mainz 05 und da war die Konterabsicherung katastrophal. Man lag früh 0:3 zurück, hätte aber auch mehr Tore kassieren können.“

Nach der Niederlage gegen den FSV berappelten sich die Freiburger jedoch eindrucksvoll und holten aus den vergangenen vier Partien acht Zähler. Gerade die Umstellungen von Christian Streich sieht Mischa hierfür als Hauptgrund: „Nach dem Spiel gegen Mainz stellte Streich auf ein 3-4-3 um und legte wieder einen größeren Fokus auf das Spiel gegen den Ball und den Umschaltmoment. Das hat gut funktioniert. Gegen Augsburg war es immerhin stabil. Gegen Gladbach war es auch offensiv herausragend. Freiburg hat gegen die Borussia mit 4,02 den zweithöchsten xG-Wert in dieser Saison überhaupt erspielt. Nur die Bayern gegen Schalke waren da noch besser. Die Chancenverwertung war in einigen Partien ein Problem. Erst gegen Schalke wurde das wieder etwas besser.“

Hertha zum Siegen verdammt

Während man vor dem Spiel gegen Mainz noch davon sprach, dass die kommenden Spiele allesamt welche seien, in denen Hertha qua der Favoritenstellung und der Tatsache, dass es nur noch gegen Teams ginge, die unter Hertha stünden, unbedingt gewinnen müsse, sehen die Vorzeichen jetzt anders aus. Der SC befindet sich gerade in aufsteigender Form und konnte insbesondere gegen Gladbach spielerisch auf ganzer Linie überzeugen. Hertha vor diesem Hintergrund die klare Favoritenrolle zuzuschieben, wäre daher vermessen. Dass das Team von Bruno Labbadia dennoch ohne Wenn und Aber gewinnen muss, das hat es sich aufgrund der katastrophalen Darbietung gegen Mainz selbst zuzuschreiben. Wie Hertha mit diesem Druck umgehen kann, wird sich am Sonntag zeigen.

Titelbild: TOM WELLER/POOL/AFP via Getty Images

Podcast #123 Leckie mio

Podcast #123 Leckie mio

Wir besprechen das grausame Spiel gegen Mainz und versuchen Gründe dafür zu finden, warum die Leistung unserer Mannschaft so zu wünschen übrig ließ.

Wir wünschen euch ganz viel Spaß mit der Folge und freuen uns über eure Kommentare.

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(Photo by Matthias Kern/Getty Images)

Podcast #122 Erde an Schwitzky

Podcast #122 Erde an Schwitzky

Leider haben sich unsere Befürchtungen zu Lehmann bewahrheitet und darüber müssen wir natürlich in dieser Folge sprechen. Außerdem geht es um die News der Woche, um die richtige Richtung bei Hertha und den Punkt in Gladbach.

Wir wünschen euch ganz viel Spaß mit der Folge und freuen uns über eure Kommentare.

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(Photo by LEON KUEGELER/POOL/AFP via Getty Images)

Herthaner im Fokus: Borussia Mönchengladbach – Hertha BSC

Herthaner im Fokus: Borussia Mönchengladbach – Hertha BSC

Nach einem 1:1-Unentschieden gegen Borussia Mönchengladbach steht Hertha mit zwölf Punkten vorerst auf dem 11. Tabellenplatz. Nach in der Saison teils sehr schwankenden Leistungen – insbesondere in der Defensive – war das Spiel gegen die Borussen vor allem eines: stabil. Und so steht im heutigen Rückblick die geschlossene Mannschaftsleistung im Vordergrund. Bis auf eine hervorstechende Ausnahme: Matteo Guendouzi.

Die Innenverteidigung – Boyata und Torunarigha sorgen für Sicherheit

61. Spielminute: Der Mönchengladbacher Patrick Herrmann taucht plötzlich alleine vor Alexander Schwolow auf, Herthas Keeper zögert eine Sekunde zu lang, Herrmann nutzt dies und hebt den Ball elegant in Richtung Tor. Doch kurz vor der Torlinie rettet Dedrick Boyata und schlägt den Ball ins Seitenaus. Diese Szene zeigt ganz gut, wie man sich als Herthafan im Spiel gegen Borussia Mönchengladbach mit der eigenen Defensive fühlte: sicher und stabil.

(Photo by Sascha Steinbach – Pool/Getty Images)

Selbst als ‘Gladbach nach dem Rückstand in der zweiten Hälfte noch mehrere schlagkräftige Stürmer brachte (Plea, Thuram, Stindl) und einem schon aufgrund der Namen Angst und Bange wurde, stand die blau-weiße Innenabwehr gut. Boyata, der mit knapp 62 Prozent Herthas zweitbeste Zweikampfquote hat, klärte insbesondere in der Luft viele wichtige Bälle gegen Breel Embolo und wirkte auch im Spielaufbau klug mit. Aber auch Jordan Torunarigha machte ein gutes Spiel. Besonders erfreulich ist wie gut beide zusammenpassen. Während der Belgier insbesondere bei hohen Bällen viel abräumt, kann Jordan das Spiel schon vor dem Strafraum extrem gut lesen und fängt auf diese Weise zahlreiche tiefe Pässe ab – eine sehr wichtige Eigenschaft gegen eine Mannschaft wie ‘Gladbach, die mehrere Spieler hat, die genau diese tiefen, gefährlichen Bälle spielen können.

Auch sehr erfreulich war das kluge Zweikampfverhalten: Während in den ersten Spielen dieser Saison gefühlt in jedem Spiel ein blöder Foulelfmeter dabei war, standen die Verteidiger heute in allen kniffligen Szene gut da. Die Gladbacher monierten viel – letztlich waren aber alle wichtigen Zweikämpfe im Strafraum sauber. Kurzum: Herthas Defensive war am heutigen Nachmittag nur ein einziges Mal unsortiert und fing sich dann auch den Ausgleich. Aber seien wir ehrlich: Gegen einen Champions League-Achtelfinalisten ist das völlig okay.

Matteo Guendouzi – Was für ein Fußballspieler!

Schaut man sich die blau-weißen Social Media-Foren nach dem heutigen Gladbach-Spiel an, fällt immer wieder ein Name: Matteo Guendouzi. Der Franzose hat sich in seinen wenigen Spielen für Hertha von Spiel zu Spiel gesteigert und hatte heute somit seinen stärksten Auftritt im blau-weißen Trikot.

Dabei imponierte der französische Jungnationalspieler nicht nur mit seinem technisch brillanten Tor, bei dem er den Ball ohne langes Zögern mit feinster Schusstechnik aus 16 Metern unhaltbar ins obere rechte Eck zimmerte. Noch viel wichtiger ist, dass Guendouzi diese seit wenigen Monaten zusammenspielende Mannschaft inzwischen wie ein echter Spielregisseur taktet. Er gewinnt viele wichtige, kleine Zweikämpfe im Mittelfeld und leitet den Ball schnell an Herthas schnelle Außenspieler weiter.

Insbesondere das Zusammenspiel mit Vladimir Darida hat sehr gut funktioniert – wobei man zwischen den beiden schon einen Qualitätsunterschied erkennt. Darida ist ein gestandener Bundesligaspieler, der durch seine Laufstärke eigentlich immer anspielbar ist. Aber im Gegensatz zu Guendouzi sind beim Tschechen auch des Öfteren Fehlpässe oder Aktionen dabei, die das Tempo verschleppen. Zum Vergleich: Darida brachte nur 66% seiner Pässe zum Mitspieler, bei Guendouzi waren es 91%.

(Photo by Sascha Steinbach – Pool/Getty Images)

In einer Szene kurz vor Schluss zeigte Guendouzi zudem, dass er auf dem besten Weg ist, sogar zu dem „Leader“ zu werden, den Hertha dringend benötigt: Der eingewechselte Jessic Ngankam ging nach einer Balleroberung nicht schnell genug in die Außenposition – Guendouzi hatte keinen Anspielpartner. Der Franzose gab Ngankam (übrigens beide etwa gleich alt) das anschließend deutlich zu verstehen und erklärte ihm, welcher Laufweg sinnvoller gewesen wäre. Nachricht an Michael Preetz: Bitte für einen Verbleib des Franzosen kämpfen!

Niklas Stark – Immer stärker

Erinnert ihr euch noch an das Heimspiel gegen Köln im Februar, als es schon zur Halbzeit 0:3 stand? Niklas Stark machte damals eines seiner schwächsten Spiele im Hertha-Trikot. Wenn man sich den Niklas Stark aus den vergangenen beiden Spielen (Union und Gladbach) anschaut, könnte man meinen, dass wir hier über zwei verschiedene Spieler sprechen.

Foto: IMAGO

Unter Labbadia ist Stark zu einem klassischen „Sechser“ geworden – früher nannte man diese Position „Vorstopper“. Der gebürtige Franke holt sich viele Bälle in der Abwehr ab und übergibt sie an die spielintelligenten Regisseure Guendouzi und Darida. Besonders erfreulich war heute, dass Stark gerade in der ersten Hälfte auch einige Akzente nach vorne setzte. In der 15. Spielminute beispielsweise tauchte er im Strafraum auf und flankte gefährlich in Richtung Dodi Lukebakio.

Das wichtigste ist jedoch die Arbeit gegen den Ball und vor allem dort zeigte der Vizekapitän seine Stärken. Stark war stets hellwach und eng am Gegenmann, sodass er einige Konter bereits frühzeitig stoppte – besonders gegen die schnellen Gladbacher extrem wichtig. Zwei Tacklings, ein abgefangener Ball, vier Klärungsaktionen und ein abgeblockter Schuss – so die guten Zahlen von Stark, der sich wohl endgültig festgespielt hat. Niklas, davon gerne noch mehr in den nächsten Spielen.

Dodi Lukebakio – Wir müssen reden!

Dodi, wir müssen reden! Grundsätzlich ist Dodi Lukebakio einer der besten Offensivspieler, die Hertha in den vergangenen Jahren verpflichtet hat. Schon die bloßen Zahlen belegen das: In dieser Saison machte er bereits zwei Tore und legte drei Treffer auf. Im vergangenen Jahr machte er in 30 Ligaspielen sieben Tore und legte weitere sieben auf.

Hinzu kommt, dass der Belgier extrem schnell ist und gerade bei Gegenangriffen auf den Außenpositionen Herthas wichtigste Anspielstation ist. Leider nur ist Lukebakios Spiel viel zu volatil. Es gibt Phasen im Spiel, da tut sich der Belgier komplett raus, bietet sich nicht an, läuft mit hängendem Kopf über den Platz und wirkt auch in Zweikämpfen demotiviert. So auch gegen Gladbach gesehen, am Samstagnachmittag wollte Lukebakio kaum etwas gelingen. Nur 61% seiner Pässe kamen beim Mitspieler an, kein Dribbling wurde gewonnen. Hinzu kamen gewisse Schwächen gegen den Ball, einmal mehr hörte man Trainer Labbadia zahlreiche Anweisen und Aufforderungen in Richtung des Belgiers brüllen.

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Auch Labbadia hat Dodis Motivation und seinen Einsatz bereits thematisiert – es wird Zeit, dass Lukebakio dauerhaft mehr PS auf die Straße bringt – das Potenzial ist ohne Zweifel vorhanden. Sonst könnte womöglich ein fabrikfrischer Flitzer an ihm vorbeiziehen: Jessic Ngankam (siehe weiter unten).

Und dann war da noch:

Alexander Schwolow: Ein gutes Spiel vom ehemaligen Freiburger. Alleine wegen seiner Rettungsaktion in der 42. Minute sei der Torwart hier erwähnt. Mit einem Arm wehrte Schwolow einen heftigen Schuss des Gladbachers Wolf ab. Schwolow fing viele Flanken ab und leite einige Gegenangriffe klug ein. Bis auf das oben genannte zögerliche Herauskommen gab es keine Fehler, beim Gegentreffer war er chancenlos.

Der Nachwuchs (Redan und Ngankam): Viel Zeit hatten Daishawn Redan und Jessic Ngankam nicht, um sich im heutigen Spiel anzubieten. Und trotzdem nutzten beide die ihnen zur Verfügung stehenden Spielminuten. Ngankam zeigte sich oft und auf beiden Seiten anspielbereit und sorgte insbesondere in Gladbachs Drangphase für Entlastung. Bei Ngankams Hackentrick kurz vor Schluss im Gladbacher Strafraum wurde es auf einmal sehr brenzlig – es folgte leider ein Fehlpass. Der Niederländer Redan hatte noch weniger Zeit auf dem Platz, sorgte aber ebenfalls fast für einen Paukenschlag, als er direkt von Schwolow bedient wurde und alleine in Richtung Tor marschierte – auch hier leider ohne Happy End.

Fazit

Der erhoffte Sieg gegen ein Spitzenteam blieb leider aus. Hertha fing sich nach dem schönen Führungstreffer völlig berechtigt einen Gegentreffer ein. Wichtig ist aber: Zu keinem Zeitpunkt hatte man – wie etwa gegen Dortmund – das Gefühl, dass diese Mannschaft zusammenbricht und nicht wettbewerbstauglich ist. Ganz im Gegenteil: Gladbach biss sich an einer starken Defensive die Zähne aus. Auch die Einstellung stimmte: Mit etwa 116 Kilometern lief Hertha etwa zwei Kilometer mehr als die Borussia und auch in den Zweikampf- und Passwerten lag Hertha nur knapp hinter Gladbach. Es folgen Spiele gegen Mannschaften aus dem unteren Tabellendrittel. Hertha muss dann abliefern.

[Titelbild: Sascha Steinbach – Pool/Getty Images]