Kann Nouri nach dem Köln-Debakel noch bleiben?

Kann Nouri nach dem Köln-Debakel noch bleiben?

Herthas Ex-Trainer Pal Dardai sagte während seiner Amtszeit immer mal wieder, dass wenn nur drei bis vier Spieler in einer Partie Normalform erreichen, er das auf seine Kappe nehme – dann muss etwas in der Trainingssteuerung und/oder Spielvorbereitung falsch gelaufen sein. Am Samstagnachmittag gegen den 1. FC Köln erreichte wohl nicht ein einziger Hertha-Spieler so etwas wie “Normalform”. Nein, die 0:5-Heimniederlage war ein Kollektivversagen und kam einem Offenbarungseid gleich. So wäre es nicht zielführend, in diesem Artikel, der sich normalerweise mit den Spielerleistungen auseinandersetzt, auf einzelne Berliner Kicker zu blicken. Stattdessen richtet sich der Fokus auf Trainer Alexander Nouri.

“Heute sag’ ich besser nix”, gab sich Manager Michael Preetz bezüglich der Frage, ob es mit Alexander Nouri weitergehen wird, vor den Berliner Medien äußert wortkarg. Auch die Vereinsführung wird sich nun intensive Gedanken über die Zukunft des Berliner Trainerstuhls machen müssen. Das 0:5-Debakel gegen einen Konkurrenten im Abstiegskampf war der Super-GAU und fühlte sich wie das prototypische letzte Spiel eines Trainers an – ein Spiel, in dem sich die Mannschaft aufgab, absolut niemand auf dem Feld seine genaue Aufgabe kannte, einfachste Dinge nicht mehr funktionierten und auch kaum bis gar keine Impulse von der Trainerbank kamen. Genau für so einen Auftritt musste Ex-Trainer Ante Covic seinen Hut nehmen: das 0:4 gegen den FC Augsburg am 12. Spieltag. Auch am 24. November implodierte das Team und zerfiel in seine Einzelteile – nur sind diese mittlerweile fußballerisch so heruntergewirtschaftet und verunsichert, dass auch das nicht mehr reichen wird, um in einem Bundesliga-Spiel zu bestehen. Es gehen einem so allmählich die Antworten auf all die Probleme aus.

Nouris Ratlosigkeit gibt zu denken

Eben auch Alexander Nouri selbst, der das Auftreten seiner Mannschaft als “unerklärlich” bezeichnete und auf die in seinen Augen so exzellente Trainingswoche verwies. Ähnlich ratlos wirkte Pal Dardai zum Ende seiner Ära, wenn er Dinge sagte, wie “da müssen sie den lieben Gott fragen”. Es lässt einen fürchten, wenn der Cheftrainer (!) keine Erklärungsansätze für die miserable Vorstellung auf dem Platz aufzeigen kann. Wer, wenn nicht er?

Foto: Maja Hitij/Bongarts/Getty Images

Auf der Pressekonferenz kritisierte Nouri die fehlenden Tugenden seiner Mannschaft: “Sei es sich zu helfen, Präsenz in den Zweikämpfen zu zeigen, Geschlossenheit, Teamspirit.” Und ja, das Team wirkte absolut leblos, nahm Zweikämpfe im Laufe des Spiels gar nicht mehr richtig an und hatte in jeder (!) läuferischen Disziplin das Nachsehen. Das Gebilde war so fragil, das es nach dem ersten frühen Gegentreffer bereits in sich zusammenfiel und nicht wieder aufgebaut werden konnte. Es stellt sich nun halt die Frage, weshalb das so ist. Weshalb die Mannschaft absolut keine Grundlage für ihr Spiel mehr hat und bei Rückschlägen kaum in der Lage ist, wieder aufzustehen. Und diese Frage richtet sich an das Trainerteam, das nun immerhin seit drei Monaten hier ist und eine komplette Winterpause zur Vorbereitung auf die Rückrunde hatte.

Zum Vergleich: Kölns Trainer Markus Gisdol trat sein Amt eine Woche vor Jürgen Klinsmann an. Seitdem hat der Übungsleiter seiner Mannschaft eine klare Spielphilosophie – mit und gegen den Ball – eingeimpft und vor allem die Basics wieder abrufen lassen. Das Ergebnis: 19 Punkte aus elf Partien – Punkteschnitt von 1,73. Ein Verein, der ebenfalls im Abstiegkampf seinen Trainer gewechselt hat, ist Fortuna Düsseldorf. Auch Neu-Coach Uwe Rösler hat seinem Team einen klaren Plan mit auf den Weg gegeben und auch hier schlägt sich das in positiven Ergebnissen um: in fünf Partien wurden acht Punkte geholt und zudem deutlich besserer Fußball als unter Friedhelm Funkel gespielt. Beide Beispiele zeigen, wie ein Trainereffekt auf dem Spielfeld aussehen kann.

Bereits unter Klinsmann ging es bergab

Nun sind solche Vergleiche natürlich immer schwierig, weil jeder Verein anders tickt, jede Mannschaft anders anzupacken ist und jeder Trainer einen anderen Ansatz hat, aber es ist schlicht auffällig, wie planlos Hertha erst unter Jürgen Klinsmann und nun unter Alexander Nouri agiert. Sicherlich war es ein absolut legitimer Ansatz, in den ersten Wochen, in denen das neue Trainerteam übernahm, vor allem die Defensive zu stabilisieren (diese war unter Ante Covic schließlich eines der größten Probleme). Als Beobachter nahm man diese sehr pragmatische Herangehensweise zunächst einmal hin, da sie anfangs für Punkte sorgte. So wurden in den fünf Hinrundenspielen unter Klinsmann/Nouri noch acht Punkte geholt.

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Wie gesagt: die Fans akzeptierten den eingeschlagenen Weg, weil im Abstiegskampf nun einmal nichts wichtiger ist, als Punkte einzufahren. Werder Bremen beispielsweise hätte sicherlich gerne die Ausbeute von Hertha. Der Ansatz: hinten sicher stehen und vor hilft uns der liebe Gott. Für alle gab es jedoch die Prämisse, dass nach den ersten Wochen des gegenseitigen Beschnupperns und Pragmatismus’ in der Wintervorbereitung taktisch aufgestockt werden müsse. Es war klar ersichtlich, dass das reine Defensivkonzept sich nicht über die restliche Saison tragen würde und daher auch eine Idee mit dem Ball entwickeln werden muss. Nach sieben Pflichtspielen in 2020 ist mittlerweile sehr klar: es gibt diese Idee weiterhin nicht. Im Trainingslager wurde es komplett verpasst, den taktisch nächsten Schritt zu gehen und den Spielern irgendwelche spielerischen Lösungen an die Hand zu geben. Am offensichtlichsten war dies wohl gegen Mainz 05 (1:3), als man in der Rolle des Heimteams versagte, die damals schlechteste Defensive der Liga vor irgendwelche Probleme zu stellen. Gegen die Mainzer und zuvor im Pokalspiel gegen Schalke 04 (2:3) wurde jedoch auch ersichtlich, dass auch das Defensivkonzept mittlerweile massive Risse bekommen hatte und langsam auseinanderbröckelte. In den vergangenen vier Pflichtspielen hat Hertha zwölf Gegentreffer kassiert – in den fünf Ligaspielen vor der Winterpause waren es nur drei gewesen.

Nach rund zweieinhalb Monaten unter Klinsmann war die Mannschaft quasi wieder an ihren Ursprungspunkt vor dem Trainerwechsel angekommen. Der Trainereffekt war verpufft und nichts nachhaltig implementiert worden. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Alexander Nouri unter Klinsmann bereits große taktische Verantwortung trug und große Teile des Trainings leitete. In den Spielen war deutlich die Handschrift des Ex-Bremen-Trainers zu erkennen: defensiv (oft in einer Dreierkette) sehr tief stehen, kaum hohes Anlaufen und offensiv möglichst auf chaotische Umschaltmomente und individuelle Klasse setzen. Doch was sich bei Werder nach einer Zeit aufbrauchte und bei Nouris nächster Station, dem FC Ingolstadt gar nicht erst funktionieren sollte, sollte auch bei Hertha allmählich keine (low hanging) Früchte mehr tragen.

Nouri wirkt überfordert

Da konnte auch der knappe 2:1-Sieg gegen SC Paderborn beim Nouri-Debüt als Herthas Cheftrainer kaum darüber hinwegtäuschen, dass die Mannschaft in den letzten Wochen wieder massiv in Qualität eingebüßt hatte. Der Auswärtsdreier beim Tabellenletzten war nicht Ausdruck einer guten Leistung, vielmehr war man auch in dieser Partie die spielerisch verunsichertere Mannschaft und konnte sich bei einem Tor nach Eckstoß und der individuellen Klasse von Neuzugang Matheus Cunha bedanken, dass man als Sieger vom Platz ging. Gegen einen individuelle weitaus schlechter besetzten Gegner hat es halt irgendwie gereicht, aber auch die Partie gegen Paderborn war ein weiteres Beispiel für Herthas große Hilflosigkeit der letzten Wochen.

Die Krönung des ganzen war nun der Auftritt gegen den 1. FC Köln. Es wäre nicht einmal zielführend, jedes der fünf Gegentore isoliert zu analysieren. Alle Kölner Tore waren Ausdruck des Berliner Offenbarungseides. Es wurden immer wieder leichtfertig Bälle verloren, dieselben Räume offen gelassen, Zweikämpfe nicht geführt, Gegenspieler sträflich freigelassen – es war rundum ein Bundesliga-unwürdiger Auftritt der Blau-Weißen, der mit nichts anderem als solch einem Kantersieg zu bestrafen war. Sicherlich wird hierbei auch die schlechte Tagesform der Berliner eine Rolle gespielt haben, aber man erinnere sich an den Satz von Pal Dardai. Nouri hat in der Vorbereitung auf das Spiel und auch während der 90 Minuten massive Fehler begangen und wirkt somit überfordert, vielleicht schon gar nicht mehr tragbar.

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Die Fehlerkette begann bereits mit der taktischen Herangehensweise und Startelfstellung. Nouri ließ erneut ein 3-5-2-System auflaufen, welches sich als völlig falsche Wahl herausstellen sollte. Herthas Außenspieler, Maxi Mittelstädt und Marius Wolf, ließen durchgängig zu große Räume in ihrem Rücken frei, in die Köln konsequent spielte und dadurch immer wieder zu gefährlichen Szenen wie auch letztendlich Toren kam. Zum einen ist es die Aufgabe eines Trainers, solch offensichtliche Defizite im Vorfeld des Spiels bereits durch Studieren des Gegners auszuschließen und sein Team nicht ins offene Messer rennen zu lassen. Nun war das Kind aber bereits in den Brunnen gefallen und dann ist es zum anderen die Pflicht des Coaches, während des Spiel zu reagieren und umzustellen. Es ist unerklärlich, weshalb Nouri die Dreier/Fünferkette nicht im Spiel noch auflöste und auf die stabilere Viererkette umstellte – das verdient die Bezeichnung “fahrlässig”. Selbst unter Pal Dardai, dem oftmals fehlende taktische Flexibilität vorgeworfen wurde, gab es in dessen letzter Spielzeit situativ Anpassungen an das Spielgeschehen. Auch hier lässt erkennen, wie sämtliche Basics bei Trainer wie Mannschaft verloren gegangen sind.

Apropos Basics: es war erschreckend, wie sich Hertha von Köln den Schneid hat abkaufen lassen. In sämtlichen körperlichen Aspekten des Spiels waren die Berliner unterlegen, auch in Sachen Handlungsschnelligkeit und Entschlossenheit war es ein Klassenunterschied. Das machte sich auch im Herthaner Offensivspiel bemerkbar. Herthas Vorstöße ließen einmal mehr sämtliche Systematik und Dynamik vermissen. Es gab keinerlei Abläufe, keine zentrale Idee und offensichtlich wurde sich nicht damit auseinandergesetzt, was die Schwachstellen der Kölner Defensive sind, die gegen den FC Bayern noch vier und in den vorausgegangenen vier Rückrundenspielen insgesamt zehn Gegentore kassiert hatten. Wie schon gegen Mainz wirkte Herthas Offensive absolut hilflos darin, den eigenen Ballbesitz von knapp 60% produktiv zu nutzen. Offensichtlich wurde der Angriffsabteilung nicht mehr mitgegeben als “macht mal, zur Not regelt es schon die individuelle Klasse von Cunha und Piatek”. Anders lässt sich diese Konzeptlosigkeit nicht erklären. Das Ergebnis: ein einziger Torschuss in der gesamten Partie.

Nouris eigenartige Personalentscheidungen

Taktische Herangehensweise und In-Game-Coaching Nouris verdienen also schon einmal die Note “mangelhaft”, aber auch die Personalentscheidungen des Trainer wirkten aus der Luft gegriffen. Wenn Nouri offensichtlich ein Trainer ist, der seinen Offensivspielern möglichst wenig taktische Fesseln anlegen will und auf selbstständige Entscheidungsfindung setzt, ist es fast schon paradox, dass er mit Javairo Dilrosun (seit zwei Spielen nicht im Kader) und Dodi Lukebakio (gegen Paderborn Bankdrücker, gegen Köln 45 Minuten gespielt) die zwei stärksten Instinktfußballer des Kaders nahezu konsequent ignoriert und stattdessen Mittelstädt und Wolf die offensiven Außenbahnen bespielen lässt. Diese dann in einer Doppelrolle, mit der sie offensiv wie defensiv überfordert sind. Ein Salomon Kalou und Ondrej Duda würden übrigens sehr gut in ein Angriffsspiel passen, das auf Einzelaktionen setzt, aber das ist nochmal ein ganz anderes Thema. Bei Dilrosun muss man im Verein sogar aufpassen, ob man ihn durch die aktuelle Personalpolitik im Sommer nicht sogar ganz verliert.

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Ebenso mutete es mehr als irritierend an, dass Marko Grujic gegen Köln erneut eine Startelfchance erhielt. Der 23-jährige Serbe steht in der laufenden Saison komplett neben sich und zeigt seit längerer Zeit völlig inakzeptable Leistungen. Bei dessen Behäbigkeit und Phlegma ist es schon beinahe witzig, dass Nouri dessen Startelfnominierung damit begründete, gegen Köln mehr “Körperlichkeit” im Mittelfeld haben zu wollen. In diesem Unfall von Spiel auf einzelne Spielerleistungen ist natürlich nicht ganz fair, aber es lässt sich zweifellos festhalten, dass Grujic auch in dieser Begegnung keinen positiven Einfluss auf seine Mannschaft hatte und zwei Gegentreffer sogar selbst einleitete. Hier muss die Frage gestellt werden, warum Vladimir Darida, der nach seiner Einwechslung gegen Paderborn noch maßgeblich am Sieg beteiligt war, nicht von Anfang an spielte. Auch dass Karim Rekik seit zwei Spielen wieder zur Startelf gehört, lässt sich nicht erklären. Jordan Torunarigha hat sich ohne Zweifel in der Rückrunde als bester Innenverteidiger nach Dedryck Boyata herauskristallisiert und so muss man sich fragen, was er verbrochen hat, um nun wieder das Nachsehen gegen den in dieser Saison so schwachen Rekik hat. Auch gegen Köln sah Rekik in vielen Szenen unkonzentriert und fehlerbehaftet aus.

Vielleicht waren diese Personalentscheidungen Nouris nicht spielentscheidend, aber sie waren auch sicherlich nicht zuträglich. Indem der Trainer das Leistungsprinzip außer Kraft setzt, verlieren die Spieler den Halt. Immer wieder betont Nouri, dass alle Spieler herzlich willkommen seien, sich anzubieten und passiert das im Falle von Torunarigha und Darida, sitzen die beiden Spieler in der kommenden Partie dennoch auf der Bank. Das ergibt schlicht keinen Sinn und ist wie Gift für die Teamhierarchie. Die ständigen und zufällig anmutenden Personalwechsel lassen keine Ruhe in den Kader einkehren und lassen die Spieler sicherlich keine Vertrautheit mit dem Trainer aufbauen. Daran scheiterte bereits Ante Covic.

Sollte Nouri bleiben?

Kann man einen Trainer nach solch einem desaströsen Auftritt noch im Amt lassen? Eigentlich nicht. Nouri gehört zu den Architekten dieser katastrophalen Saison, da er bereits unter Klinsmann für die taktische Identität verantwortlich war und es in mittlerweile drei Monaten nicht geschafft hat, der Mannschaft eine Spielphilosophie zu vermitteln. Inzwischen hat die Mannschaft unter ihm sogar die Basics verlernt und so muss ernsthaft in Frage gestellt werden, ob eine Weiterbeschäftigung noch Sinn ergibt. Er scheint die Mannschaft offensichtlich nicht mehr zu erreichen, anders ist ein 0:5 gegen einen Abstiegskampfkonkurrenten nicht zu erklären. Das war kein Ausrutscher, sondern das letzte Loslassen nach den zuletzt so schwachen Vorwochen.

Die Antwort auf all das, also ein Trainerwechsel, würde sehr viel leichter fallen, wenn Nouri nicht bereits der dritte Cheftrainer Herthas der laufenden Spielzeit wäre. Sicherlich ist er nur die Light-Version eines Nachfolgers gewesen, da er bereits zum vorherigen Trainerteam gehörte und in diesem bereits große Kompetenzen hatte und es ist auch durchaus verständlich gewesen, zunächst einmal auf ihn zu setzen, anstatt sofort ein neues Gesicht zu präsentieren. Dieser Versuch hat sich mittlerweile als Fehlschlag herausgestellt. Nouri ist offensichtlich nicht in der Lage, der Mannschaft noch irgendetwas zu vermitteln. Offensiv war dies nie der Fall und mittlerweile ist auch die zunächst noch zusammengeflickte Abwehr davon betroffen. Vielleicht ist es eben doch kein Zufall, dass Nouri vor dem Paderborn-Spiel seine letzten 21 Pflichtspiele als Cheftrainer eines Vereins nicht mehr gewinnen konnte. Es fehlt schlicht die klare Idee und auf diesem Niveau lässt sich auf lange Sicht kein Erfolg mit diesem Weg erlangen.

Es war ein legitimer Ansatz, Nouri als Übergangslösung zu wählen, um im kommenden Sommer einen klaren Cut zu machen. Nun ist aber die Situation eine andere: die Mannschaften hinter Hertha haben wieder angefangen zu punkten, Tabellenplatz 16 ist mit sechs Punkten nicht so weit weg, wie viele vielleicht denken. Es ist nicht davon auszugehen, dass sich die Mannschaft unter Nouri noch einmal aufbäumt und so wäre es fahrlässig, nicht noch einmal auf der Trainerbank zu reagieren – und ja, auch wenn es dann der vierte Übungsleiter dieser Saison ist. Hier müssen die Verantwortlichen ihren Stolz herunterschlucken und sich eingestehen, dass man nicht mit den sportlichen Zielen – dem Klassenerhalt – spielen sollte, nur um im Sommer die “große” Lösung zu präsentieren. Es sind noch elf Spiele in dieser Saison, genug Zeit, um noch einmal hinten reinzurutschen und dann wäre es offiziell zu spät, um noch einmal zu reagieren. Es muss sich eingestanden werden, dass Europa in der kommenden Saison eben doch noch nicht der Anspruch sein kann, weil man nicht den zweiten vor dem ersten Schritt gehen kann. Die Mannschaft muss erst einmal wieder das Laufen lernen – das können die Dardais und Labbadias dieser Welt. Vielleicht besser als jeder andere.

Danke für Nichts, Jürgen

Danke für Nichts, Jürgen

Vor genau einer Woche erreichte mich die Whatsapp-Nachricht eines mir bekannten Berliner Sportjournalisten. Er könne mir ein paar Anekdoten zu dem „Blender“ Jürgen Klinsmann erzählen, mit dem es laut ihm kein gutes Ende nehmen würde. Damals war die Hertha-Welt noch eine andere und auch wenn ich weiterhin gewisse Zweifel an der Arbeit Klinsmanns hatte, so verwunderten mich diese Aussagen in ihrer Schärfe dann doch. „Naja, wie schlimm können die Geschichten schon sein“, fragte ich mich. Das war am 4. Februar. Sieben Tage später brennt der Verein, nachdem Klinsmann völlig überraschend seinen Rücktritt als Cheftrainer Herthas verkündet hat und mittlerweile muss ich der Nachricht meines Kollegen Recht geben. Ein Versuch der Einordnung.

Der morgendliche Gang auf Twitter gehört mittlerweile zur Alltagsroutine dazu. Ein bisschen über das Tagesgeschehen informieren, über die aktuelle Politik schimpfen – das Übliche halt. Dass am Dienstagmorgen jedoch eine mediale Bombe platzen sollte, mitten im Epizentrum meines Vereins, hätte ich nicht gedacht. Immer mehr Menschen teilten einen Facebook-Link von Jürgen Klinsmanns Account. „Na, welche größenwahnsinnige Zukunftsfantasie hat sich Jürgen dieses Mal ausgedacht, die alle zum Lachen bringt“, hatte ich mir gedacht, doch beim Lesen seines Posts fiel mir die Kinnlade herunter. Klinsmann verkündete, nicht länger Cheftrainer von Hertha BSC zu sein. „(…) Ich bin fest davon überzeugt, dass die Hertha das Ziel – den Klassenverbleib – schaffen wird. (…) Als Cheftrainer benötige ich allerdings für diese Aufgabe, die noch nicht erledigt ist, auch das Vertrauen der handelnden Personen. Gerade im Abstiegskampf sind Einheit, Zusammenhalt und Konzentration auf das Wesentliche die wichtigsten Elemente. Sind die nicht garantiert, kann ich mein Potenzial als Trainer nicht ausschöpfen und kann meiner Verantwortung somit auch nicht gerecht werden“, schreibt „Klinsi“.

Schlechter Stil Klinsmanns

Rumms! Das Aus nach zehn Wochen, nach genau genommen 76 Tagen. Twitter überschlug sich: Panik hier, Häme da, verzweifelte Versuche einer ersten Einordnung dort. Sicherlich lief es zuletzt sportlich nicht mehr so erfolgreich wie im Hinrunden-Endspurt unter Klinsmann: in den letzten fünf Spielen vor Jahresende holte die Mannschaft unter ihm sehr solide acht Punkte, doch in den vier Partien in 2020 nur vier Zähler, zusätzlich das Pokal-Aus auf Schalke. Und klar, die 1:3-Heimniederlage gegen Mainz 05 war enttäuschend. Doch all das konnte doch nicht diesen plötzlichen Rücktritt erklären, oder? Schließlich präsentierte sich Klinsmann in den Tagen nach der Pleite noch gewohnt positiv gestimmt und beteuerte in seinem Facebook-Live vom Montag die gute Entwicklung der Mannschaft. „Die nächsten Spiele werden nicht einfach, aber wir sind insgesamt auf dem richtigen Weg und guter Dinge, dass wir noch mehr Punkte einfahren werden“, so seine Prognose. Wie üblich schien Klinsmann alles locker zu nehmen und gute Stimmung zu verbreiten. Zu dem Zeitpunkt, als er in seinen Laptop grinste, stand seine Entscheidung, zurückzutreten, aber schon fest. „Aaand the Oscars goooeees tooo …“

Doch auch der Verein selbst wurde ob dieser Entscheidung lange im Dunkeln gelassen. Klinsmann verkündete sein Ende als Cheftrainer eigenmächtig auf Facebook und ließ den Hertha-Verantwortlichen gar keine Chance, die Sache einigermaßen souverän über die Bühne zu bringen. „Wir sind von dieser Entwicklung am Morgen überrascht worden. Insbesondere nach der vertrauensvollen Zusammenarbeit hinsichtlich der Personalentscheidungen in der für Hertha BSC intensiven Wintertransferperiode gab es dafür keinerlei Anzeichen“, erklärte Geschäftsführer Sport Michael Preetz ein paar Stunden nach dem Facebook-Beitrag Klinsmanns. Bis dahin ist Klinsmann also schlechter Stil und dem Verein größeres Chaos zu attestieren. Besonders, wenn man erfährt, dass Investor Lars Windhorst bereits Montagabend von Klinsmann über dessen Entscheidung informiert wurde und dieser es obendrein nicht für nötig hielt, mal selbst den Hörer in Hand zu nehmen und die Berliner Verantwortlichen zu informieren. Doch sollte das alles fast nur die Spitze Eisbergs sein, auf den die „alte Dame“ zusteuert. Denn wie mittlerweile klar ist: das Klinsmann-Aus resultierte aus einem scharfen Machtkampf.

Klinsmann ging es nicht um Hertha

Wie mehrere Medien berichten und Klinsmann mittlerweile in einem fragwürdigen Bild-Interview bestätigt, soll er für die kommende Saison geplant haben, zum in England bereits etablierten Job des „Teammanagers“ aufzusteigen, sprich weiterhin Cheftrainer Herthas zu sein, aber auch deutlich mehr Kompetenzen im Gestalten der Hertha-Zukunft zu erhalten und somit auch deutlich in den Aufgabenbereich von Michael Preetz einzugreifen. „Nach meinen Verständnis sollte ein Trainer die gesamte sportliche Verantwortung tragen. Also auch über Transfers.“ Hinzu sollte eine Gehaltvorstellung kommen, die jeglichen Realitätssinn vermissen ließ. An diesem Punkt wurde es den alten Hertha-Kräften um Preetz und Präsident Werner Gegenbauer zu bunt. Sie verwiesen darauf, dass zunächst einmal der Klassenerhalt gesichert werden müsste, um die sportliche Situation neu zu bewerten und die zukünftige Ausrichtung zu planen. Dieses Machtwort veranlasste Klinsmann, unverzüglich hinzuschmeißen und den Verein – so deutlich muss man es sagen – im Stich zu lassen. „Die Anhänger, die Spieler und die Mitarbeiter sind mir in dieser Zeit natürlich ans Herz gewachsen und deshalb werde ich weiter mit der Hertha fiebern“, heißt es in seiner Rücktrittserklärung. Nein, Jürgen, hier ging es dir nur um dich. Sei ehrlich, du hast dich daran berauscht, doch noch einmal Trainer eines Bundesligisten sein zu dürfen, nachdem dein Ruf durch das Bayern-Intermezzo so gelitten hatte. Du hattest die große Bühne vermisst, wolltest deinen Namen über dem „spannendsten Projekt Europas“ hängen haben und als großer Macher glänzen, der den schlafenden Riesen aus Berlin emporsteigen lässt. Hertha war Mittel zum Zweck, um deinen Namen im deutschen Fußball reinzuwaschen, doch als man dir zum ersten Mal „nein“ sagte, bist du gegangen.

Foto: JOHN MACDOUGALL/AFP via Getty Images

Wer nach zehn Wochen hinschmeißt, weil der Verein sich nicht seinen Allmachtsfantasien hingeben will, dem geht es nicht um die Sache. Nein, hier erkennt man den fehlenden Respekt vor dem Verein Hertha BSC. Anstatt seinen Stolz runterzuschlucken und den Klub, wie versprochen, vor dem Abstieg zu bewahren, bockt Klinsmann lieber rum und stellt sich über diesen. „Wenn ich etwas übernehme, mache ich das nicht halb“, posaunte er bei seinem Amtsantritt im November noch herum. Soviel dazu. Ohnehin entpuppen sich die vielen Aussagen des Sommermärchen-Machers mit dieser Aktion als heiße Luft und Wichtigtuerei. Nein, was hatte Klinsmann mit Hertha nicht alles vor. Dieses Jahr Klassenerhalt, ab nächstem Jahr Europa und irgendwann die Weltherrschaft. Natürlich schreckte man auch als Hertha-Fan bei diesen Aussagen auf, doch irgendetwas in einem freute sich über diese Ambitionen. Lange genug hatte man das Dasein als „graue Maus“ der Liga gefristet, lange genug wurde man für eben jenes kritisiert. Mit Klinsmann schien ein neues Zeitalter angebrochen zu sein, er schien den Verein, der schon viel zu lange in seiner eigenen Suppe schwamm, aufzuwecken. Da störten seine regelmäßigen Ausbrüche des Größenwahns kaum, denn endlich passierte etwas in dem Verein. Alte Strukturen wurden aufgebrochen, neues Personal eingestellt und angefangen, eine neue Mentalität zu etablieren. All das kann man auch machen, wenn man mit ganzem Herzen bei der Sache ist und eben nicht nach zehn Wochen wieder geht. Mein Gott, habe ich mir bei allen Zweifeln einfach nur gewünscht, dass das alles klappt und man das Gegenbeispiel zu einem Hamburger SV, 1860 München oder Hannover 96 werden könnte. Wie blöd ich mir jetzt vorkomme, Klinsmann und seine Rhetorik so lange verteidigt zu haben. „Lasst ihn doch erstmal machen“, „Ist doch gut, dass jetzt mal Schwung reinkommt und neue Wege gegangen werden“ – ich fühle mich peinlich berührt. Weil ich ihm auf den Leim gegangen bin, wie so viele andere auch. Der Sommermärchen-Macher weiß nun einmal um sein Charisma.

Der Machtkampf mit Windhorst

Stattdessen fühlt es sich so an, als wenn einem mehrere Teller mit Spaghetti Bolognese, auf die man sich riesig gefreut hatte, runtergefallen und man versteinert auf seinen Küchenboden voller Scherben und verteiltem Essen blickt, weil man nicht weiß, wo man überhaupt anfangen soll. Denn was bleibt? Klinsmann hat in seiner Zeit als Cheftrainer etliche (verdiente) Spieler wie Salomon Kalou und Ondrej Duda vom Hof gejagt, weil sie angeblich nicht sein Konzept (was auch immer das beinhaltet) gepasst haben sollen. Ganze Räumlichkeiten des Vereinsgeländes wurden nach seinen Vorstellungen umgestaltet. Zudem wurden 75 (!) Millionen Euro im Winter für Neuzugänge ausgegeben, die allesamt angegeben haben, auch wegen des Namens Klinsmann nach Berlin gewechselt zu sein. Insgesamt vier Spieler hat man hinzugeholt und sieben abgegeben – alles auf Klinsmanns Wunsch hin. All das, damit er nach fünf Spielen im Jahr 2020 hinschmeißt und damit seinem Egoismus freien Lauf lässt. Klinsmann hat einen absoluten Scherbenhaufen hinterlassen.

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Dass man sich ihm zunächst so ausgeliefert hatte, kann der Vereinsführung sicherlich negativ ausgelegt werden und erhält durch die Windhorst-Komponente noch eine weitere Dimension. Der Investor, der im zurückliegenden Sommer für 225 Millionen Euro 49,9 Prozent der Anteile der Hertha BSC KGaA erworben hatte, hatte Klinsmann als seinen engen Vertrauten bei Hertha installiert – erst als Aufsichtsratsmitglied, dann als Cheftrainer. Die beiden befanden sich stets im engen Austausch – so verwundert es auch nicht, dass Windhorst vor den Hertha-Verantwortlichen vom Klinsmann-Aus wusste. Auch wenn Preetz immer wieder betonte, wie lange er und Klinsmann sich bereits kennen und über etwaige Möglichkeiten der Zusammenarbeit diskutierten, so ist festzuhalten, dass Klinsmann ein Windhorst-Mann ist. Wie Klinsmann mit dem Klub in nur zehn Wochen umspringen durfte und dass er nahezu keinen Stein auf dem anderen ließ, ist somit der feste Beweis für den bereits riesigen Einfluss Windhorts. All das, vor dem man im Vorfeld bei solch einem Investor gewarnt wird, scheint sich bewahrheiten. Schritt für Schritt wird versucht, Einfluss auf die sportlichen Geschicke des Vereins zu nehmen und seine eigenen Leute in das Projekt einzubauen. „Wir sind nicht Spielball, sondern Treiber dieser Entwicklung“, beteuerte Präsident Gegenbauer auf der Mitgliederversammlung im November letzten Jahres. Durch die Ereignisse der letzten Monate lässt sich diese Aussage mehr als nur anzweifeln. Womöglich ist den Verantwortlichen durch den nimmersatten Machthunger Klinsmanns endlich klar geworden, dass Lars Windhorst alles andere als ein stiller Teilhaber ohne eigene Vorstellungen ist. Aktuell zeichnet sich ein deutlicher Machtkampf zwischen dem „alten“ Hertha-Lager und den neuen Mächten ab. Öffentlich wird zumindest das Bild vermittelt, momentan eher gegen- als miteinander zu arbeiten.

Auch Preetz gibt ein schlechtes Bild ab

Natürlich muss auch die Personalie Michael Preetz noch kritisch aufgegriffen werden. Sieht man die einstige Entscheidung, Jürgen Klinsmann als Übungsleiter zu installieren, als reine Trainerwahl an, hat Herthas Geschäftsführer einmal mehr aufs falsche Pferd gesetzt – in der laufenden Saison nach Ante Covic sogar zum zweiten Mal. Funkel, Babbel, Skibbe, Rehhagel, Luhukay, Covic und Klinsmann – bis auf Pal Dardai sind sämtliche Trainer unter Preetz gefloppt oder haben sich nicht nachhaltig halten können. Einzig die ungarische Vereinsikone hat eine Ära prägen können und auch hier ließ sich nicht von der Weitsicht Preetz‘ reden, da dieser Dardai zunächst als reinen Feuerwehrmann installierte und es sich als überraschender Glücksfall hinausstellte, dass er viereinhalb Jahre lang insgesamt erfolgreich arbeitete. Dardai war einst die letzte Patrone von Preetz, der sich nach der vergangenen Saison entschied, dass die Entwicklung unter Dardai nicht steil genug voranschritt. Dafür gab es sicherlich stichhaltige Argumente und auch ich selbst glaube nach wie vor, dass Dardai seinen Zenit bei Hertha erreicht hatte. Entscheidet man sich aber bewusst dafür, den eigenen Trainer „ohne große Not“ vor die Tür zu setzen, um nun den nächsten Entwicklungsschritt einzuläuten, dann muss man auch liefern – sprich eine große Lösung mit Signalwirkung präsentieren.

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Letztendlich wurde es Ante Covic, den man aufgrund seines Stallgeruches als Wunschlösung präsentierte. Schnell wurde jedoch klar, dass die große Bundesliga-Bühne mit all ihren Aufgabenbereichen eine Nummer zu groß für den einstigen U23-Trainer Herthas war. Nach nur vier Monaten und zwölf Ligaspielen trennte man sich von Covic, der offensichtlich überfordert war. Es ist einer der wichtigsten Aufgaben des Managers, den richtigen Trainer auszuwählen, doch einmal mehr hatte Preetz in dieser Hinsicht versagt. Es sollte zu seinen Kompetenzen gehören, so etwas wie den Fall Covic vorauszuahnen und sich dementsprechend von Anfang an für einen anderen Trainer zu entscheiden. Stattdessen war die Berliner Schnauze einmal mehr größer als die Realität, denn Preetz lief mit der Entscheidung für Covic mit Ansage in die Kreissäge und hatte den Verein somit einmal mehr in den Abstiegskampf geführt – der Moment, in dem man sich verzweifelt an Klinsmann wandte und erneut einen Schritt näher an den Abgrund trat. Die ganze Causa Klinsmann hätte mit einer vernünftigen Trainerwahl im vorangegangenen Sommer verhindert werden können, so ist man aber Opfer seiner eigenen Taten geworden. Einmal mehr hat Preetz alle Warnsignale ignoriert und mangelndes taktisches Geschick bewiesen.

Es gibt zwei Lesarten des Machtwortes der Hertha-Verantwortlichen. Entweder hat Michael Preetz dem Größenwahn Klinsmanns Einhalt geboten und noch schlimmeres verhindert, oder aber er hat nur seine eigene Haut gerettet. Preetz ist schließlich schon öfter nachgesagt worden, sich krampfhaft an seinen Posten zu klammern und nichts zuzulassen, dass ihn in seiner Bedeutung für den Verein schwächen könnte. So wird es kein Zufalle gewesen sein, dass “Performance-Manager” Arne Friedrich erst mit dem Amtsantritt Klinsmann im Verein untergebracht wurde. Friedrich ist eine Identifikationsfigur des Vereins, die man viel früher hätte binden können, doch besteht die Möglichkeit, dass Preetz dies aktiv geblockt hat. Das mag Kaffeesatzleserei sein, aber ein anderes Bild wird von Preetz nicht vermittelt. Am Donnerstag (11.30 Uhr) wird es eine Pressekonferenz mit Preetz, Präsident Werner Gegenbauer und Investor Lars Windhorst geben, die eventuell noch mehr Aufschluss gibt. Präsentiert man sich als Einheit oder gibt man einmal mehr ein katastrophales Gesamtbild ab?

Was bleibt?

Jürgen Klinsmann, der sein Engagement im nachhinein als „Himmelfahrtskommando“ bezeichnet hat, soll sich übrigens bereits auf dem Weg in die kalifornische Wahlheimat befinden. Der Enkeltrick bei der Berliner „alten Dame“ hat nicht geklappt. Was bleibt, ist ein teurer und nach seinen Wünschen zusammengewürfelter Kader mit einigen unzufriedenen weil unfair behandelten Spielern, ein kompletter Betreuerstab ohne genaue Zukunft und eine taktisch heruntergewirtschaftete Mannschaft, die außer solidem Verteidigen nichts neues dazugelernt hat. Also nichts. Oder eigentlich sogar weniger als nichts. Hinzukommt nämlich noch ein massiger Imageschaden für Hertha (also eigentlich beide Seiten), der es dem Verein immens schwermachen wird, in Zukunft Verhandlungen mit Spielern und Trainern zu führen. Also danke für nichts, Jürgen. Das „HaHoHe“ am Ende deines Facebook-Posts hättest du dir sparen können, denn ein Herthaner warst du nie und wirst du auch nie sein. Es ist nämlich absolut unvorstellbar, dass er wie angekündigt noch einmal als Aufsichtsratsmitglied fungieren wird. Nach dieser Aktion ist keine weitere Zusammenarbeit denkbar. Das blau-weiße Tischtuch ist zerschnitten. Um es noch einmal zusammenzufassen: Klinsmann kam, erhielt ohnehin schon mehr Kompetenzen als andere Bundesliga-Trainer, durfte im Winter mehr Geld als jeder (!) andere Verein der Welt ausgeben, schmeißt dann nach fünf Spielen in 2020 hin, weil er verrückterweise nicht die Vereinsführung übernehmen durfte, verkündet unabgesprochen sein Ende per Facebook und erdreistet sich dann auch noch, nicht einmal einen Tag später per Interview nachzutreten. Das ist so schäbig, da fehlen einem die Worte.

Und Hertha? Der Verein hat sich in den letzten Monaten so oft der Lächerlichkeit preisgegeben, dass ich schon gar nicht mehr mitzählen kann. Es ist seit längerem einfach nur beschämend, Fan dieses Vereins zu sein und so langsam verliere ich auch die Lust daran. Früher war man den anderen zumindest egal, nun ist man die Lachnummer der Liga. Alles, was man sich in den letzten Jahren so mühsam aufgebaut hat, scheint man sich innerhalb von wenigen Monaten mit Arsch eingerissen zu haben. Die nächsten Entscheidungen müssen sitzen, sonst wird dieser Klub unter dem Druck des eigenen Anspruches kollabieren. In der Windhorst-Spirale kann es nur nach oben oder unten gingen, aber Mittelmaß ist keine Möglichkeit mehr.