Herthaner im Fokus: von Punkt zu Punkt

Herthaner im Fokus: von Punkt zu Punkt

Nach einer turbulenten Woche mit einigen außersportlichen Themen ging es am Sonntagnachmittag im Olympiastadion wieder ausschließlich um Fußball. Na ja, fast: die Ostkurve zeigte zahlreiche Spruchbänder, unter anderem gegen Investor Lars Windhorst und Sonntagsspiele. Auf dem Platz war außerdem nicht gerade ein Fußball-Feuerwerk zu bestaunen. Trotzdem zeigte sich erneut, was sich seit Saisonbeginn unter Sandro Schwarz entwickelt. Hertha BSC ist wieder ein Team, das Charakter zeigt und schwer zu schlagen ist.

Warum es trotzdem erneut nicht für drei Punkte reichte, versuchen wir uns anhand einiger individueller Leistungen anzuschauen.

Nur Herthas Rechtsaußen treffen – Ejuke sammelt Scorerpunkte

Ein wohl wichtiger Grund ist weiterhin die fehlende Torgefahr in der Sturmspitze. „Macht er so weiter, werden auch ihm irgendwann die Tore gelingen“, schrieben wir noch nach dem letzten Heimspiel gegen Bayer Leverkusen über Wilfried Kanga. Gegen Hoffenheim konnte sich der 24-Jährige wieder einmal nicht für seine Mühe belohnen.

(Foto: Martin Rose/Getty Images)

Dabei hätte es in der 8. Spielminute endlich soweit sein können. Zwar setzte sich Kanga gegen Vogt durch und hatte freie Schussbahn, leider flog sein Abschluss weit über den Kasten von Torhüter Baumann. Die Durststrecke des neuen Stürmers wird langsam aber sicher problematisch. Vorne treffen nur die Rechtsaußen: Dodi Lukebakio (3 Treffer) und Marco Richter (2 Treffer) sind die einzigen Angreifer, die bisher in dieser Saison Tore erzielten. Ansonsten waren nur Suat Serdar (2 Treffer) und Lucas Tousart (1 Treffer) als Mittelfeldspieler erfolgreich.

Auch für Chidera Ejuke will es mit dem Toreschießen noch nicht klappen. Dafür ist er mit der dritten Torvorlage im dritten Spiel Herthas bester Vorlagengeber. Sein intelligenter Steckpass auf den Formstarken Dodi Lukebakio zum 1:1 war gegen Hoffenheim nicht seine einzige auffällige Szene. Der Linksaußen wird immer wichtiger für das Team von Sandro Schwarz. Trotzdem muss Herthas Sturm in den kommenden Wochen deutlich entscheidender im Torabschluss werden, um die wichtigen Siege zu holen.

Herthas Mittelfeld nicht entscheidend, Sunjic mit Schwächen

Herthas Mittelfeld war weniger präsent als in den letzten Saisonspielen. Suat Serdar konnte dem Spiel nicht seinen Stempel aufdrücken, konnte keinen einzigen Torschuss abgeben und wurde in der 72. Minute ausgewechselt. Auch Lucas Tousart war etwas unauffälliger als noch in den letzten Partien. Der Franzose war im Mittelfeld bei Hertha jedoch erneut der stärkste Spieler, schoss zwei Mal aufs Tor und gewann 75 Prozent seiner Zweikämpfe.

(Foto: Martin Rose/Getty Images)

Weniger positiv in Erscheinung getreten ist am Sonntag Ivan Sunjic. Im 4-3-3 System als einziger Sechser eingesetzt war der „Zerstörer“ erneut dafür verantwortlich, das gegnerische Spiel zu unterbrechen. Er zeigte sich dabei gewohnt fleißig und laufstark (11,7 Kilometer), gewann jedoch weniger Zweikämpfe (56 Prozent) als noch im Spiel gegen Mainz (70 Prozent).

Doch gerade im Aufbauspiel und im Ballbesitz zeigt er Schwächen. In mehreren Situationen verursachte er Ballverluste, was zu teilweise gefährlichen Gegenangriffen führte. Insbesondere in der Ballbehandlung war er nicht präzise genug, legte sich Bälle zu weit vor oder hatte Schwierigkeiten bei der Ballannahme und Ballmitnahme. Der 25-Jährige ist zwar ein nützlicher Spieler für das Spiel der „Blau-weißen“, zeigte jedoch am Sonntag auch deutlich, welche Schwächen er noch hat.

Eine Hertha-Abwehr, die sich noch bilden muss

Ein weiterer Neuzugang, der am Sonntag Schwierigkeiten hatte, war Filip Uremovic. Der Kroate konnte leider keine gute Leistung zeigen. Er fiel immer wieder durch kleinere Unsportlichkeiten auf, hatte eine schwache Zweikampfquote (50 Prozent) und trug Mitschuld an den Gegentreffer. Der 25-Jährige rückte zu langsam auf, sodass die Abseitsfalle nicht zuschlagen und Kramaric einnetzen konnte. Auch bei der Beinahe-Elfmeter-Situation kurz nach Spielbeginn sah er alles andere als souverän aus. Insgesamt eine deutlich schwächere Leistung des Innenverteidigers als noch im Spiel gegen Mainz vor der Länderspielpause.

(Foto: Martin Rose/Getty Images)

So war es nicht überraschend, dass er zur Halbzeit ausgewechselt wurde. Für ihn kam ein weiterer Neuzugang und feierte sein Debüt für Hertha BSC. Agustín Rogel zeigte in seinen ersten 45 Minuten in der Bundesliga eine ordentliche Leistung, verteidigte höher als Uremovic in der ersten Halbzeit. Insbesondere durch seine imposante körperliche Präsenz machte er auf sich aufmerksam. Ob er mit seiner Leistung zum Startelfkandidat im nächsten Spiel gegen Freiburg wird, bleibt abzuwarten. Immerhin wird er eine echte Alternative für Cheftrainer Sandro Schwarz sein.

Auf der linken Innenverteidiger-Seite wird Marc-Oliver Kempf gesetzt bleiben. Er zeigte sich am Sonntag erneut als Abwehrchef, konnte einige Situationen souverän entschärfen und sogar kurz vor der Halbzeit sehenswert eine Riesenchance der Hoffenheimer klären. Am Ende sprechen die Ergebnisse unabhängig von der individuellen Besetzung für Herthas Abwehr. Mit nur zehn Gegentreffern aus acht Spielen ist man, zusammen mit Köln, Dortmund und Gladbach, auf Platz 5 der besten Defensiven der Liga. Nicht schlecht für ein Team, das vergangene Saison mit 71 Gegentoren die zweitschlechteste Abwehr war und zum gleichen Saisonzeitpunkt bereits 21 Gegentreffer kassiert hatte.

Christensen – Gute Leistung fast schon Normalität

Auch wenn es für viele mittlerweile selbstverständlich klingen mag: dass Oliver Christensen bisher ein sicherer Rückhalt und ein solider Keeper ist, ist bemerkenswert. Es gab wenig Garantien, dass der 23-Jährige in seiner allerersten Saison als Nummer eins bei Hertha BSC überzeugen würde. Dafür war der Keeper noch ein ungeschriebenes Blatt, konnte lediglich in der Relegation gegen Hamburg sein Können unter Beweis stellen.

(Foto: Martin Rose/Getty Images)

Im Spiel gegen die TSG aus Hoffenheim zeigte sich der Däne wieder einmal sehr solide. Das Tor von Kramaric hätte er nicht verhindern können, dafür stand der Kroate zu frei. Alle weiteren Szenen, in denen er gefordert wurde, konnte er souverän und unaufgeregt lösen. Der junge Torhüter wirkte so, als würde er bereits seit mehreren Spielzeiten in der Bundesliga spielen.

Seine mitspielende Art, ohne sich grobe Fehler zu erlauben und unnötig Gefahr zu erzeugen, bleibt für Herthas Spiel erfrischend. Der Däne könnte diese Saison eine der positivsten Überraschungen werden. Angesichts seines Alters und seiner fehlenden Erfahrung werden im Laufe der Saison mit Sicherheit auch Fehler und Unsicherheiten auftreten. Christensen verdient sich jedoch aktuell das Vertrauen, die unumstrittene Nummer eins bei Hertha zu sein.

Hertha von Punkt zu Punkt

Das 1:1 geht am Ende in Ordnung, insbesondere wenn man die Schlussphase der Partie und die in dieser Phase größeren Chancen auf Seiten der Gäste im Blick behält. Auch die „expected goals“ Statistik spricht eine klare Sprache:  0,96 für Hertha gegen 1,60 für die TSG. Dieser Punktgewinn ist kein schlechtes Ergebnis gegen in dieser Hinrunde starke Hoffenheimer. Trotzdem bleibt ein bitterer Beigeschmack, da die „alte Dame“ weiterhin auf der Stelle tritt. In der Tabelle ist keine Befreiung möglich, der Abstand zu den Abstiegsplätzen bleibt zu gering.

Auch die eher schwache erste Halbzeit ist eine unangenehme Überraschung nach der Länderspielpause. Positiv bleibt, dass die Entwicklung der letzten Spieltage weitergeht. Gerade mental scheint sich das Team von Sandro Schwarz gut zurecht zu finden. Erneut ließ sich die Mannschaft nicht vom Gegentreffer aus dem Konzept bringen, kämpfte sich zurück und zeigte gerade in der zweiten Halbzeit den klaren Willen, das Spiel zu gewinnen.

„Am Schluss werden wir sehen, was der Punkt wert ist“, formulierte es Niklas Stark einmal, in einer deutlich schwierigeren Lage als die jetzige. Hertha holt sich Schritt für Schritt die Punkte, die für den Klassenerhalt gebraucht werden. Dabei dürfen die Blau-Weißen das Siegen aber nicht verlernen. In den nächsten Wochen kommen Gegner (Freiburg, Leipzig, Bremen, Schalke), gegen die ein Remis eindeutig zu wenig wäre.

(Titelbild: Martin Rose/Getty Images)

 

Herthaner im Fokus: Gerechte Punkteteilung

Herthaner im Fokus: Gerechte Punkteteilung

Auch mal einen dreckigen Sieg einfahren. Drei Punkte, ab nach Hause und gut ist es. Am Ende redet schließlich keiner mehr drüber, woher die Punkte kommen, die am Ende den Klassenerhalt bedeuten. Hertha BSC stand am Freitagabend ganz kurz davor, eben jenen dreckigen Sieg einzufahren. Doch am Ende war man zu passiv, zu ängstlich und zu zögerlich und musste mit dem Schlusspfiff den bitteren Mainzer Ausgleichstreffer hinnehmen. Ein Remis, was sich wie eine Niederlage anfühlt und mit dem man beim Blick auf die Tabelle nicht allzu viel anfangen kann. Und dabei spielte man gar keine schlechte erste Halbzeit und ging verdient durch den Kopfballtreffer von Lucas Tousart in Führung. Doch die über weite Strecken druckvolle und überlegende Leistung in der ersten Halbzeit konnte nach dem Seitenwechsel nicht bestätigt werden. Das Team zog sich zurück, ließ sich auf zahlreiche Zweikämpfe und vor allem Fouls ein, konnte offensiv praktisch keine Akzente mehr setzen und verfiel zum Teil in eine Passivität zurück, die sich alle Beteiligten als endgültig abgestellt gewünscht hätten.

Sandro Schwarz mit dem üblichen System und nur einer Änderung  

Im mittlerweile üblichen 4-3-3-System von Trainer Sandro Schwarz ändert sich, wie hinreichend bekannt, selten etwas. Bei seiner Rückkehr zum 1. FSV Mainz 05 sollte es in der Startelf nur zu einer Änderung kommen. Den erkrankten Suat Serdar ersetzte Schwarz positionsgetreu durch Jean-Paul Boetius. Ein Ex-Mainzer für einen Ex-Mainzer. Weitere Änderungen nahm er gegenüber dem 2:2 gegen Bayer 04 Leverkusen eine Woche zuvor nicht vor.

(Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

Im Tor stand Oliver Christensen, Linksverteidiger war wieder Kapitän Marvin Plattenhardt, die Innenverteidigung bestand aus Marc-Oliver Kempf und Filip Uremovic und die rechte Seite beackerte Jonjoe Kenny. Im Dreiermittelfeld spielten Ivan Sunjic, Lucas Tousart und der bereits erwähnte, in die Startelf rotierte Jean-Paul Boetius. In der Offensive sollten wieder Chidera Ejuke und Dodi Lukebakio auf den Außen und Wilfried Kanga im Mittelsturm für Torchancen sorgen.

In unserer Analyse schauen wir heute auf die Linksverteidiger, den Torschützen, eine Offensivkraft, die weitere Fortschritte macht und auf die Innenverteidigung, die allerhand zu tun hatte.

Marvin Plattenhardt und Maximilian Mittelstädt: Hertha hat ein Konkurrenz-Problem

Irgendwie ist es wie immer in den letzten Jahren. Hertha hat zwei solide Linksverteidiger, die ihre Stärken haben. Aber die genauso ihre Schwächen haben. Man weiß, was man bekommt. Hertha hat Marvin Plattenhardt und Maximilian Mittelstädt. Und beide bekamen im Spiel gegen Mainz ihre Einsatzzeiten. Marvin Plattenhardt bekam als Kapitän selbstverständlich wieder den Vortritt, doch es sollte sich im Laufe des Spiels zeigen, dass es gut war, dass Mittelstädt auf der Bank als Alternative saß. Zuletzt fehlte der ja bekanntlich öfter mal im Kader der Hertha.

Marvin Plattenhardt spielte ein relativ solides, aber nicht sonderlich auffälliges Spiel. Offensive Akzente konnte er praktisch keine setzen. Ihm gelang es nicht, die Offensive mit seinen scharfen Flanken in Szene zu setzen, er konnte selbst keine Abschlüsse erarbeiten und hatte eher mit seinem direkten Gegenspieler Edimilson Fernandes zu tun.

(Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

Insgesamt war Plattenhardt 47 Mal am Ball. Er spielte zwölf erfolgreiche Pässe, was bei 21 aber auch nur eine Erfolgsquote von 57 Prozent bedeutet. Als Linksverteidiger nur 57 Prozent der Zweikämpfe zu gewinnen, ist ebenfalls keine Leistung, die großartig hilfreich ist. Zusätzlich leistete er sich wieder 18 Ballverluste – viel zu viel. Immerhin entschied er zwei Tacklings für sich und konnte in der Defensive zwei Aktionen klären. Seine gelbe Karte in der 48. Minute wurde zurecht mit gelb bestraft. Ob der VAR-Einsatz in diesem Fall wirklich nötig war, ist fraglich. Auch wenn der Einsatz in der Zeitlupe schmerzhaft aussah, war zu erkennen, dass es sich nicht um ein rot-würdiges Foul handelte. Trotzdem musste er nach 55 Minuten für Maximilian Mittelstädt Platz machen.

(Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

Und der wirkte wie üblich auch deutlich spritziger als sein Konkurrent. Aber beim Blick auf die Statistik sieht man, wie ähnlich die beiden sich in ihren Leistungen sind. Er war 38 Mal am Ball. Hatte mit 62 Prozent erfolgreicher Pässe zumindest eine etwas bessere Zahl erarbeiten können. Er gewann fünf von neun Zweikämpfen, aber leistete sich neben acht Fehlpässen, auch 14 Ballverluste. Das ist, wie bei Plattenhardt, natürlich auch dem extrem intensiven Spiel in der zweiten Halbzeit verschuldet. Er setzte zu drei Dribblings an, von denen er zwei erfolgreich beenden konnte. Auch er konnte, wie die gesamte Hertha-Mannschaft in der zweiten Halbzeit, keine Offensiv-Akzente setzen.

So ganz schlau wird man aus den beiden Linksverteidigern nicht. Seit Jahren überreichen sie sich gegenseitig den Staffelstab, ohne sich nachhaltig durchsetzen zu können. Einen echten Konkurrenzkampf gibt es zwischen ihnen nicht.

Lucas Tousart: Der führende Fast-Matchwinner

Fast wäre er der Matchwinner des Kampfes in Mainz gewesen. Der Franzose belohnte sich für seine bisher sehr starke Saison und nickte nach 30 Minuten nach einer feinen Vorlage von Chidera Ejuke aus zentraler Position ins Tor ein. Eine ähnliche Chance hatte er bereits in Augsburg, als er sträflich frei zum Abschluss mit dem Kopf kam, diese aber nicht nutzen konnte.

(Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

Seine Werte ließen gegen die Mainzer zwar rein zahlenmäßig etwas zu wünschen übrig, allerdings hielt wie üblich insbesondere Ivan Sunjic ihm den Rücken frei. Insgesamt war er an 39 Ballaktionen beteiligt und spielte zehn von 19 Pässe erfolgreich. Während er allerdings nur 58 Prozent seiner Zweikämpfe gewinnen konnte, rettete ihn Sunjic (70 Prozent) ein ums andere Mal. Die schwächeren Werte sind allerdings auch dem verschuldet, dass Tousart sich immer mehr ins Offensivspiel integriert. Defensiv rettete er sechs Mal unter Druck stehend im Strafraum, zwei Fouls musste er ziehen, selber zwei einstecken. Mit zwei Tacklings beackerte er seine Gegner. Wie üblich war er auch einer der lauffreudigsten Spieler der Herthaner. 11.58 km spulte der 25-Jährige ab. Nur Ivan Sunjic (11,72 km) lief mehr.

Doch im entscheidenden Moment konnte auch Tousart nicht nahe genug am Mann sein. Beim Gegentor in der vierten Minute der Nachspielzeit war er zu passiv, konnte seine Gegenspieler gleich zweimal nicht in den Griff kriegen und an Vorlage und Abschluss hindern und damit auch nicht den Titel des Matchwinners einfahren.

Chidera Ejuke: Wieder Zählbares, aber noch viel Luft nach oben

Chidera Ejuke kann Spaß machen, zeigt immer wieder sein enormes Potential, macht auf dem Feld Dinge, zu denen viele nicht in der Lage sind und trotzdem schlägt er zu wenig Ertrag raus. Gegen die Mainzer war der Nigerianer 83 Minuten dabei, ehe er durch Peter Pekarik ersetzt wurde, der zu dem Zeitpunkt als Verstärkung kam, um die Führung über die Zeit zu bringen.

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(Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

43 Mal war der 24-Jährige am Ball, spielte 20 erfolgreiche Pässe. Insgesamt kamen 74 Prozent seiner Bälle bei den Mitspielern an, eine starke Quote für einen Offensivspieler. Doch beim Blick auf seine Zweikampfwerte sieht man wieder die Probleme. Nur zwei von acht (25 Prozent) konnte er für sich entscheiden. Viermal versuchte sich Ejuke an Dribblings, kein einziges konnte er erfolgreich beenden. Seine individuellen Aktionen landen zu häufig beim Gegner – insgesamt leistete sich Ejuke 19 Ballverluste – seine Mitspieler dagegen weiß er in Szene zu setzen. Wie in der 30. Minute, als seine Flanke auf Tousart sehenswert seinen zweiten Saisonassist bedeutete.

Zusätzlich war er der Hauptprotagonist der größten Hertha-Chance des Spiels in der 41. Minute. Nachdem er von Lukebakio im Strafraum halbrechts angespielt wurde, versuchte er es mit einem Schlenzer aufs lange Eck. Torhüter Robin Zentner rettete sein Team sehenswert. Insgesamt ein Spiel, das zeigt, wie wichtig Chidera Ejuke für Hertha sein kann, aber auch was offenlegt, wo die Schwächen des Linksaußen sind.

Filip Uremovic, Marc-Oliver Kempf, Marton Dardai: Innenverteidiger mit viel Risiko und viel Glück

Verletzungsbedingt bekamen gegen Mainz drei Innenverteidiger ihre Chance. Sandro Schwarz baute zunächst auf sein Stamm-Innenverteidiger-Duo, bestehend aus Filip Uremovic und Marc-Oliver Kempf.

Filip Uremovic spielte das Spiel über die voll Distanz und leistete eine solide Arbeit. Wie üblich zeigte er sich körperbetont, risikoreich und nachdem er sich in den letzten Spielen öfter den ein oder anderen heftigeren Aussetzer leistete, konnte er gegen Mainz wieder eine gefestigtere Leistung zeigen. Defensiv hatte er aller Hand zu tun.

(Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

50 Ballaktionen hatte der Kroate, seine Passquote von 81 Prozent ist sehr sehenswert. er gewann sechs von sieben Zweikämpfen – 87 Prozent – und zog nur ein Foul. Sechs Mal klärte er im Strafraum, lief zahlreiche Bälle ab, tackelte und wusste eine klare Präsenz zu zeigen. Insgesamt ein sehr zufriedenstellender Auftritt des Neuzugangs, der auch nötig war, da er spätestens ab der 2. Halbzeit den Abwehrchef stellen musste.

Was aufgrund des gesundheitlichen Zustands von Marc-Oliver Kempf leider nötig war. Der 27-jährige Abwehrchef knickte in der 9. Minute bei seiner Lieblingsdisziplin, Blocken, übel um und musste behandelt werden. Zur Pause verabschiedete er sich. Eine schwere Verletzung scheint aber nicht vorzuliegen, zumindest gab es bereits Entwarnung.

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(Photo by Martin Rose/Getty Images)

Möglicherweise auch eingeschränkt durch seine Verletzung wirkte Kempf in seinem Spiel etwas behäbiger und tat sich schwerer als zuletzt. Er hatte 30 Ballaktionen, brachte 78 Prozent seiner Pässe beim Mitspieler unter und konnte drei von fünf, also 60 Prozent, seiner Zweikämpfe für sich entscheiden. Er leistete sich fünf Ballverluste, tat sich aber insbesondere in Laufduellen schwer, wie in der 37. Minute gegen Karim Onisiwo. Sein Glück, dass der Österreicher den leichten Kontakt als Anlass nahm, sich fallen zu lassen. In der strittigen Situation entschied Schiedsrichter Willenborg zurecht darauf, keinen Elfmeter zu geben.

Zur zweiten Halbzeit wurde Kempf durch Marton Dardai vertreten. Das Eigengewächs hat sich nach einer persönlich schweren letzten Saison mit der Rolle des Ersatz-Verteidigers abgefunden und kann mittlerweile feststellen, dass auch er Einsatzchancen und Minuten erhält. Und er leistete eine solide Arbeit. 31 Mal sah man ihm am Ball. In der intensiven Halbzeit tat er sich schwer im Spielaufbau.

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(Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

Nur sieben von 17 Pässen fanden die Mitspieler. 13 Ballverluste leistete der deutsche U21-Nationalspieler. Defensiv hatte auch er viel zu tun, da die Berliner ab der zweiten Halbzeit das Angriffsspiel praktisch einstellten und sich dem Mainzer Ansturm stellten. Sechsmal klärte er zum Teil in höchster Not, lief drei Bälle seinen Gegenspielern ab und entschied 66 Prozent seiner Zweikämpfe für sich. Zwei Tacklings entschied er für sich. Letztendlich war er einer der Protagonisten des von Sandro Schwarz als “Ringkampf” bezeichneten harten Spiels. Glück hatte er bei der Zweikampf-Bewertung von Schiri Willenborg. Nachdem er in der 64. Minute für sein Foul an Marlon Mustapha die gelbe Karte sah, hatte er Glück in der 76. Minute nicht vom Platz zu fliegen. Sein Einsteigen gegen Danny da Costa wurde allerdings nicht einmal als Foul gewertet. Glück für ihn und Glück für Hertha. Alles in allem zeigte sich Dardai nämlich wach, aktiv und als echte Alternative für die Innenverteidigung.

Eine gerechte Punkteteilung

Was fängt man nun mit dem Punkt an? Einsammeln und zufrieden sein muss wohl die Antwort lauten. Einen Punkt aus Mainz mitzunehmen, ist ein paar Tage nach dem Spiel ein vollkommen akzeptables Resultat. Die Entstehung ist trotzdem ärgerlich. Während die Hertha gerade in der ersten Halbzeit an den guten Leistungen aus den Vorwochen anknüpfen konnte, ließ man es in der zweiten Halbzeit dann doch sehr stark schleifen. Zu gehemmt und ängstlich war das Spiel der „Alten Dame“. Teilweise wirkte es wie ein Rückschritt. Der späte Gegentreffer war hart und bitter, aber aufgrund des Drucks, den die Mainzer ausübten, folgerichtig. Hertha steht nach sieben Spielen auf Platz 13, mit sechs erspielten Punkten. Sich an irgendwelchen theoretischen xG-Werten festzuhalten, die eine bessere Platzierung aussagen, hilft im Endeffekt nicht.

Jetzt, zur Länderspielpause, kann man aber festhalten, dass die Mannschaft ein ganz anderes Auftreten zeigt, als letzte Saison. Die Mannschaft spielt ansehnlichen Fußball, was fehlt, ist die Belohnung in Form von Toren und Punkten. Die Last der letzten drei Jahre wiegt noch immer schwer auf den Verein und einzelne Spieler. Sich von Sieg zu Sieg zu spielen hat vor der Saison niemand erwartet und erwartet jetzt auch keiner. Trotzdem muss man sich dem Risiko und der engen Tabelle bewusst sein. Nach der Länderspielpause müssen weitere Punkte gesammelt werden, um später eine ruhige WM-Pause genießen zu können. Die Qualität scheint da zu sein.

(Titelbild: Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

Herthaner im Fokus: Erleichternder Pflichtsieg

Herthaner im Fokus: Erleichternder Pflichtsieg

Nach zuletzt spielerisch ordentlichen Auftritte gegen starke Gegner mit dürftiger Punkteausbeute stand Hertha gegen den FC Augsburg tabellarisch schon etwas unter Druck. Gegen die bis dato enttäuschenden Augsburger sollten so die ersten drei Punkte eingefahren werden. Knapp 1.300 Hertha Fans begleiteten unsere Alte Dame auf dieser Mission. Um auf diverse Probleme mit digitalen und personalisierten Tickets aufmerksam zu machen, bot eine Berliner Ultra-Gruppierung dabei im Auswärtsblock für 50 Cent eine „traditionelle Eintrittskarte“ zum Anfassen und Sammeln an. (Hertha ist auf diesen Zug bereits aufgesprungen und bietet gegen Aufpreis wieder sogenannte Sammlertickets für Heimspiele an.) Und so konnten die Auswärtsfahrer:innen nach einem verdienten Sieg neben drei Punkten auch die passende Erinnerung mit zurück in die Hauptstadt nehmen.

Wir blicken auf einige Herthaner beim so wichtigen ersten Saisonsieg.

Jonjoe Kenny – Der neue Peter Pekarik

Der britische Neuzugang ist der einzige Feldspieler Herthas, der in dieser Spielzeit noch keine Minute verpasst hat. Still und heimlich hat er so mit Peter Pekarik die Dauerlösung der letzten Jahre vergessen gemacht – und erinnert doch an ihn. Wie der Slowake verrichtet auch Kenny eher unauffällig seine defensiven Arbeiten und schaltet sich dosiert in die Offensive ein. So auch gegen Augsburg, wo er einige Tiefenläufe anbot oder bei Hereingaben von links auch mal auf den zweiten Pfosten nach innen oder an die Strafraumkante nachrückte und so etwas Unordnung in die Augsburger Defensive brachte.

In der 34. Minute gelang ihm nach einem abgewehrten Ball aus dem Rückraum der erste halbwegs gefährliche Berliner Abschluss. Mitte der zweiten Hälfte bot sich ihm gar die große Gelegenheit, halbrechts im Strafraum die Führung auszubauen. Sein Abschluss rauschte aber am langen Eck vorbei. Auch am Ende der Partie blieb Kenny noch wach und bewies in der 93. Minute Übersicht. Nach dem Beinahe-Eigentor Filip Uremovics legte Kenny den Ball lang in den Lauf von Davie Selke, der wiederum den passiven Augsburger Verteidiger links liegen ließ und sich zum entscheidenden Tor aufmachte.

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(Photo by Martin Rose/Getty Images)

Defensiv stellte Augsburg Herthas Rechtsverteidiger zugegebenermaßen kaum vor Probleme. Und doch wurden diese erkennbar. Der 25-Jährige leistet sich hin und wieder technische Unsauberkeiten, Unkonzentriertheiten im Stellungsspiel und eine zu passive Zweikampfführung. Gegen den FCA wurde dies noch nicht bestraft. Spannend wird es aber gegen spielstärkere Gegner. Dann dürfte auch Dodi Lukébakios unterstützende Defensivarbeit wieder vermehrt in den Fokus rücken, der sich in dieser Saison zwar durchaus bemüht, aber doch meist defensiv etwas zu naiv zeigt.

Alles in allem ist Hertha auf der rechten Defensivseite aber solide besetzt. Das drohende Überalterungsproblem und damit eine mittlerweile jahrelange Baustelle ist vorerst beseitigt. Neubesetzung Jonjoe Kenny ähnelt in seiner Spielweise dabei erstaunlich dem langjährigen Dauerbrenner Peter Pekarik. Und dürfte die leidige Diskussion über Herthas rechte Abwehrseite damit hoffentlich ad acta legen.

Herthas Flügelspieler – Endlich Flügel, aber kein Grund für Hertha abzuheben

Wie schon in den letzten Partien setzte Hertha-Coach Sandro Schwarz in der Startformation wieder auf die beiden dribbelstarken Flügelspieler Chidera Ejuke und Dodi Lukébakio. Und wie schon in den letzten Partien fanden beide gut ins Spiel. In mittlerweile gewohnter Manier stellten die beiden Außen ihre Gegenspieler im Eins-gegen-Eins regelmäßig vor Probleme, konnten die Aktionen aber schlussendlich nicht in Zählbares ummünzen. Es fehlt noch zu häufig an der gewinnbringenden Anschlussaktion, sei es ein Abschluss oder Pass in die Gefahrenzone.

Ejuke war in der 35. Minute mit einem Schlenzer aufs lange Eck schon nah dran. Sein Gegenüber Lukebakio wirkt insgesamt zwar noch zielstrebiger in seinen Aktionen, kam gegen die Augsburger aber zu selten in gute Abschlusspositionen. Dafür hatte er dann das nötige Quäntchen Glück bei seinem Kopfballaufsetzer zum Führungstreffer in der 57. Minute aus zentraler Position nach Plattenhardts Hereingabe von der linken Seite.

(Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

Der Spielwitz der beiden Dribbelkünstler blitzte auch im Zusammenspiel mit dem eingewechselten Jean-Paul Boëtius einige Male auf. So etwa bei einem schlussendlich missglückten Hackenpass-Angriff kurz nach der Führung.

“Ausgerechnet” Marco Richter

In der 69. Minute kam schließlich Marco Richter gegen seinen Jugendverein in die Partie. Bereits in der letzten Woche hatte er gegen Dortmund bei seinem Comeback nach Hodenkrebs-Erkrankung beinahe für die Geschichte des Spieltags gesorgt. Doch seine Abnahme von der Strafraumkante klatschte nur gegen die Querlatte.

Gegen Augsburg kam Richter in einer Phase in die Partie, in der diese etwas vor sich hin plätscherte. Hertha riskierte nichts, der FCA wirkte ideenlos. Richter konnte das Spiel zwar nicht an sich reißen, zeigte sich aber typisch giftig. Der 24-Jährige war viel unterwegs und in ständiger Bereitschaft. Und so überraschte es nicht, dass er sich in der Nachspielzeit nach dem langen Ball auf Selke auf den weiten Weg aus der eigenen Hälfte in den gegnerischen Strafraum machte, um den Konter zum 0:2 zu veredeln und seine „Ausgerechnet“-Geschichte fertig zu schreiben.

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(Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

Hertha hat plötzlich Optionen in der Offensive

Lukébakio ist nach wie vor in guter Form. Ejuke zeigt weiterhin gute Ansätze. Und mit Richter steht eine zusätzliche Alternative bereit, die nach überstandener Erkrankung und dem Torerfolg nun mit ordentlich Rückenwind in die kommenden Wochen geht.

Sandro Schwarz’ Idee, über die dribbelstarken Außen die gegnerische Abwehrkette aufzubrechen, bleibt sichtbar und im Vergleich zu Herthas Offensivansatz der letzten Jahre spektakulär. Es dürfte dafür weiterhin das Duo aus Lukébakio und Ejuke gesetzt sein, die ihre Sache bisher gut machen, wenngleich ein wenig mehr Ertrag dabei rumspringen könnte.

(Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

Spannend ist aber, dass man mit Richter und demnächst auch Jessic Ngankam zwei Alternativen in der Hinterhand hat, die deutlich abschlussorientierter, zentraler, wuchtiger und direkter agieren und dem Offensivspiel so eine komplett neue Ausrichtung geben können.

In den nächsten Wochen wird sich zeigen, ob die beiden vorerst gesetzten Flügelzauberer anfangen, Mittelstürmer Wilfried Kanga mit Flanken und Zuspielen zu finden. Oder ob es diesem sogar eher hilfreich sein könnte, wenn die wuchtigen Richter und Ngankam mit vorne ins Zentrum ziehen, die genannten drei die gegnerische Innenverteidigung beschäftigen und aus einem agilen zentralen Mittelfeld, etwa um Boëtius, gefüttert werden.

Nachdem die Außen jahrelang eine Problemzone waren, hat Hertha plötzlich wieder Möglichkeiten auf den Flügeln.

Und dann war da noch…

Arne Maier, der eine sehr unauffällige Leistung auf Augsburger Seite an den Tag legte. Das Ex-Hertha-Juwel verspielte in der 43. Minute einen der aussichtsreichsten Augsburger Angriffe vorschnell durch einen überhasteten Abschluss, bei dem er auch noch einen im Abseits stehenden Teamkollegen anschoss. Bezeichnend.

Marvin Plattenhardt, der offensiv wie defensiv eine eher unauffällige Leistung darbot. In Hälfte Zwei hatte er mit dem eingewechselten Ruben Vargas so seine Probleme. Seine zum Ende der letzten Saison unerwartet wiedergefundene Standardstärke ist auf ähnlich wundersame Weise wieder verflogen. Trotzdem bereitete der Hertha-Kapitän das 0:1 durch Lukébakio mit einer scharfen Halbfeldflanke vor und rechtfertigte so seine Aufstellung.

Filip Uremovic, der sich einige Male im Zweikampf leicht übertölpeln ließ und in einer dieser Situationen mit etwas Pech schon in der 23. Minute die rote Karte für eine Notbremse hätte sehen können. In der Nachspielzeit fabrizierte er beinahe ein Eigentor. So leitete er aber indirekt das entscheidende 2:0 ein. Mit Neuzugang Agustín Rogel und Youngster Linus Gechter nach überstandener Mandel-OP stehen in den nächsten Spiele zwei passable Alternativen in den Startlöchern, sollten sich Uremovics Unkonzentriertheiten nicht verflüchtigen.

(Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

Lucas Tousart, der sich immer mehr zum heimlichen Anführer der Hertha mausert. Neben Ivan Sunjic, der als Zerstörer seine Sache ordentlich macht, aber spielerische Defizite offenbart und ab und an mit einem unnötigen Ballverlust gefährliche Kontersituationen heraufbeschwört, und Suat Serdar, der angesichts einiger unerklärlicher Fehlpässe sein augenscheinliches Potenzial mal wieder nicht ausschöpft, gibt Tousart im zentralen Mittelfeld den Takt vor.


Der Franzose räumt defensiv auf, stopft Löcher und schaltet sich auch in die Offensive ein, wenngleich seine Offensivbemühungen in diesem Spiel nicht von Erfolg gekrönt waren. Bei seinem sträflich freien Kopfballversuch in der 81. Minute dürfte Vedad Ibisevic für diese Woche eine Einheit am Kopfballpendel notiert haben.

[Titelbild: Christian Kaspar-Bartke/Getty Images]

Herthaner im Fokus: Hertha scheitert an sich selbst

Herthaner im Fokus: Hertha scheitert an sich selbst

Zwei Handelfmeter gegen sich bekommen, einen maximal unnötigen Platzverweis kassiert und am Ende gegen einen schlagbaren Gegner mit 0:1 verloren. Nach dem 3. Spieltag der Fußball-Bundesliga sieht es für die Hertha alles andere als rosig aus. Und doch ist die Stimmung nicht so schlecht, wie es die Punkteausbeute vermuten lässt. „Heute fühl ich mich nicht unbedingt als Verlierer“, sagte beispielsweise Abwehrchef Marc Oliver Kempf nach dem Spiel im Interview bei DAZN. In Berlin scheint eine neue Erwartungshaltung eingekehrt zu sein, die aktuell definitiv hilfreich ist, denn in Aktionismus zu verfallen und radikale Konsequenzen zu fordern wäre so früh in der Saison fehl am Platz. Gegen Borussia Mönchengladbach zeigte sich das Team von Sandro Schwarz wieder gut geordnet, mit Zug zum Tor und vor allem wach. Man konnte stückweise sogar von den nächsten Fortschritten sprechen. Doch eine starke Teamleistung fiel am Ende individuellen Fehlern zum Opfer.

Eine Achse bei Hertha findet sich

Sandro Schwarz scheint eine Startelf gefunden zu haben für die Hertha. Gegen Borussia Mönchengladbach stellte er dasselbe Personal wie schon gegen Eintracht Frankfurt auf. Im Tor Oliver Christensen, die Verteidigung davor bestand aus Maximilian Mittelstädt, Marc Oliver Kempf, Filip Uremovic und Jonjoe Kenny. Im zentralen Mittelfeld agierten erneut Ivan Sunjic, Lucas Tousart, der wieder als Kapitän auflief und Suat Serdar, der sich mittlerweile als einer der stärksten Dribbler der Liga bezeichnen darf. In der Offensive vertraute Schwarz auf Chidera Ejuke auf links, Dodi Lukebakio auf rechts und Wilfried Kanga im Mittelsturm.

(Photo by Lars Baron/Getty Images)

Eine tolle Nachricht war die Rückkehr von Marco Richter in den Kader. Nach überstandenem Hodentumor durfte er zumindest wieder auf der Bank Platz. In unserer heutigen Analyse schauen wir auf eine spannende Entwicklung in der Offensive, die Entwicklung der Führungsspieler, einen Torwart, der sich endlich auszeichnen konnte und leider auch die immer wiederkehrenden individuellen Fehler.

Dodi Lukebakio: Auf und neben dem Platz wichtiger denn je

Kaum zu glauben, aber es ist wahr. Dass Dodi Lukebakio nochmal ein wichtiger Spieler werden würde für die Hertha, hätte vor einem Jahr und schon gar nicht nach seiner durchwachsenen Leihe nach Wolfsburg niemand gedacht. Mittlerweile gibt der Belgier sogar Interviews, spricht über das Team, lobt seine Mitspieler und zeigt, wie wichtig ihm die neue Mission ist. Mit Sandro Schwarz hat er möglicherweise den richtigen Förderer gefunden, der an den entscheidenden Stellschrauben zu drehen wusste. In Mönchengladbach war Lukebakio Herthas gefährlichster Spieler in der Offensive.

(Photo by Lars Baron/Getty Images)

Er gab vier Torschüsse ab und konnte dabei auf ein ganzes Repertoire seiner Stärken zurückgreifen und von neuen profitieren. Bereits in der 4. Minute zeigte er seine Bissigkeit, ging direkt in den Zweikampf und nutze gegen die mitlaufenden Verteidiger seine Schnelligkeit. Einzig am Abschluss haperte es in dieser Szene. In der 43. Minute konnte er – von Ivan Sunjic gut in Szene gesetzt – seine spielerische Klasse zeigen und ins Dribbling gegen die Verteidigung gehen. Doch auch hier war sein Abschluss das Manko. In der 56. Minute versuchte er es Wilfried Kanga mit ins Spiel zu nehmen, doch sein Pass auf den Sturmkollegen wurde von der Verteidigung der „Fohlen“ zur Ecke geklärt. Eine der wenigen Chancen, in der man Lukebakio eher einen Abschluss als die Ballabgabe zugestehen wollte.

Ansonsten macht der Rechtsaußen seine Sache gut. 9,36 km Laufleistung sind für den manchmal faulen Lukebakio eine gute Strecke. Vor allem weil es immer mehr Szenen zu verzeichnen gibt, in denen er mit nach hinten arbeitet. Insgesamt war er 35 Mal am Ball und konnte acht seiner zwölf Pässe bei den Mitspielern unterbringen. Seine Zweikampfstatistik fällt mit vier von elf gewonnen Situationen etwas ab. Zusätzlich konnte er drei von sechs Dribblings erfolgreich durchführen. Dodi Lukebakio wirkt aktuell wie ausgewechselt. Einziges Thema scheint aktuell die Chancenverwertung zu sein. Doch bemüht er sich weiterhin so wie zuletzt in Mönchengladbach oder gegen Eintracht Frankfurt ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis wirklich Zählbares bei rauskommt. Es wäre ihm und Hertha zu wünschen, dass im Laufe der Saison aufkommender Druck nicht zu Rückfällen in alte Zeiten führen würde.

Filip Uremovic und Maximilian Mittelstädt: Individuelle Blackouts schaden Hertha

Es ist schwierig zu greifen. Das Team konnte in Mönchengladbach eine gute Leistung abliefern. „Doch irgendwas ist immer“, wagt man als Herthaner fast schon zu sagen. Auch Filip Uremovic und Maximilian Mittelstädt spielten eine akzeptable Partie. Doch am Ende stehen sie als Verlierer der Partie da. Ihre individuellen Fehler machten zunichte, was das Team gemeinsam aufbaute. Doch beim Weg nach Oben heißt es natürlich auch Rückschläge zuzulassen und daraus zu lernen.

Filip Uremovic spielte bis zur 69. Minute in der Innenverteidigung neben Marc-Oliver Kempf. Und er machte seine Arbeit nicht schlecht. Er gewann 80 Prozent seiner Zweikämpfe (vier von fünf), war 40 Mal am Ball und damit einer der aktiveren Akteure und musste sich auch mit seiner Passstatistik nicht verstecken. 30 seiner 34 Versuche kamen bei den Mitspielern an, also 88 Prozent. Somit hatte der Kroate auch einen gewissen Anteil am Spielaufbau. Zwei lange Bälle kamen in der Offensive an, hinten hielt er mit einer Klärung und einer Aktion, in der er dem Gegner den Ball ablief, den Strafraum sauber.

(Photo by Lars Baron/Getty Images)

Was er sich allerdings vor der Ausführung des Elfmeters von Alassane Plea dachte, bleibt sein Geheimnis. Seine unnötige Störungsaktion wurde zurecht mit gelb bestraft. Der folgende Platzverweis nach seinem Handspiel in der 69. Minute war unglücklich, aber auch folgerichtig. Uremovic leistete der Mannschaft damit einen Bärendienst. Immerhin konnte der zweite Elfmeter von Oliver Christensen vereitelt werden. Doch solche Geschichten sind nicht förderlich für das Team und gelten schnellstmöglich abgestellt. Die Konsequenz aus dem Platzverweis ist eine neue Belegung der Innenverteidiger-Position. Marc Oliver Kempf scheint sich zunächst festgespielt zu haben als Abwehrchef. Der ehemalige, Dedryck Boyata, steht bekanntlich kurz vor einem Wechsel nach Brügge. Der logische Ersatz wird also Marton Dardai sein.

Auch Maximilian Mittelstädt zeigte im Großen und Ganzen wieder eine ordentliche Partie. Er lief 10,15 km und damit eine der weiteren Strecken der Berliner. Er ging in sieben Zweikämpfe, von denen er vier gewann. Ackerte wo es möglich war, entschied drei Tacklings für sich, klärte zwei Bälle, blockte Schüsse und lief zweimal dem Gegner den Ball ab. Die Statistiken zeigen also, dass Mittelstädt eine vollkommen akzeptable Partie absolvierte. Zusätzlich kamen von 29 Versuchen 25 erfolgreiche Pässe.

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(Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

Doch Mittelstädt schafft es seit Jahr und Tag seine eigenen starken Leistungen selbst zu zerstören. Seine Fehleranzahl versaut dem Eigengewächs zu oft das Ansehen und dem gesamten Team die Punkteausbeute. Es ist nicht so, dass Mittelstädt keinen Einsatz zeigt, dahingehend ist er top. Doch Blackouts wie das Handspiel nach 32 Minuten – und da ist es egal, dass der Angriff auf einer Fehlentscheidung des Schiedsrichters basierte – oder auch sein recht plumpes Einsteigen in der 86. Minute gegen Florian Neuhaus, bei dem er durchaus Glück hatte, dass Schiri Jöllenbeck weiterspielen lassen hat, sorgen zu oft für verzweifeltes Kopfschütteln.

Es bleibt festzuhalten, dass Filip Uremovic und Maximilian Mittelstädt dem Team viel gutes beifügen können. Doch um dauerhafte Leistungsträger zu werden, müssen dringend die individuellen Aussetzer abgestellt werden

Oliver Christensen: Die Chance sich auszuzeichnen

Gegen Hamburg in der Relegation nur sehr wenig zu tun gehabt, im Pokal und Derby sieben Gegentore kassiert und gegen Frankfurt auch keinen Ball auf das Tor bekommen – Oliver Christensen hatte noch nicht so viele Möglichkeiten sich auszuzeichnen. Insbesondere nach haltbaren Gegentoren kamen erste Diskussionen auf, in denen die Nummer-1-Qualitäten des Dänen angezweifelt wurden. Außerdem würde ihm nach der Degradierung Rune Jarsteins ein echter Herausforderer fehlen. Doch in Mönchengladbach wurde Christensen das ein oder andere Mal auf die Probe gestellt und konnte die Chance nutzen, sich ein wenig auszuzeichnen. Auch wenn bei weitem nicht alles klappte.

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(Photo by Martin Rose/Getty Images)

Den persönlich goldenen Moment im Spiel hatte Christensen in der 70. Minute, als er den schwach geschossenen Elfmeter von Jonas Hofmann hielt. Doch von „schwach geschossen“ zu sprechen und damit Christensens Leistung abzuwerten, wäre ungerecht. Der Torhüter hätte genauso gut in die andere Richtung springen können. In dem Fall wäre die Qualität von Hofmanns Schuss uninteressant gewesen und man hätte lediglich von „verladen“ gesprochen. In diesem Sinne ist die Aktion Christensens gar nicht hoch genug einzuordnen. Auch beim Elfmeter von Plea in der 34. Minute war er in die richtige Ecke unterwegs. Doch der Schuss des Franzosen war zu stark. Christensen wurde im Laufe der Partie auf verschiedene weisen getestet. Bereits nach drei Minuten musste er einen Ausflug aus den Strafraum machen und per Kopf klären. Die kurz aufkommenden Sascha-Burchert-Erinnerungen konnte er nach Hofmanns Distanzschuss aber schnell zum Schweigen bringen, da er schnell genug zurück im Strafraum und zur Stelle war.

Insgesamt hatte der 23-Jährige einiges zu tun. Dreimal wurde er zu Paraden gezwungen, eine der größten Aktionen von ihm sollte ihm in der 17. Minute gelingen. Ivan Sunjics missglückter Klärungsversuch mutierte zur Torchance, der Gladbacher. Christensen reagierte hervorragend auf der Linie. Den Abpraller konnte Thuram nicht im Tor unterbringen. Er schoss den am Boden liegenden Torhüter an. Zuvor konnte Christensen von Glück sprechen, als Kempf den Versuch von Plea in der siebten Minute an den Pfosten lenkte. Christensen wäre vermutlich geschlagen gewesen. Auch wenn er sich mittlerweile mehrfach auszeichnen konnte, zeigte Christensen erhebliche Schwächen in der Strafraumbeherrschung und bei Standards. So zum Beispiel in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit, als er eine Freistoß-Hereingabe nicht unterbinden konnte. Es kam mehr zur Kollision mit Nico Elvedi, als dass er den Ball klären konnte.

Noch scheint nicht alles perfekt zu sein im Berliner Tor. Doch angesichts eines gehaltenen Elfmeters kann man Christensen zumindest zu einer deutlichen Leistungssteigerung gratulieren.

Lucas Tousart: Der Anführer etabliert sich

Der Franzose war bis zur 83. Minute dabei, ehe er Davie Selke Platz machte. Und der Kapitän auf Zeit ackerte wie jedes Spiel, zeigte Einsatz und Leidenschaft und wurde wieder einmal seinem Amt gerecht. Gegen Borussia Mönchengladbach lief er mit 10,49 km die längste Strecke aller Berliner. Sein Zusammenspiel mit Suat Serdar funktioniert immer besser und auch in der Zusammenarbeit mit Ivan Sunjic und Jean-Paul Boetius kann man immer mehr Fortschritte erkennen. Lucas Tousart brachte sich als Box-to-Box-Spieler sowohl defensiv als auch offensiv ein. Offensiv versuchte er sich zweimal an Abschlüssen. Sein wuchtiger Schuss aus 20 Metern in der 15. Minute verfehlte letztendlich aber sein Ziel deutlich. Insgesamt war er 35 Mal am Ball, spielte 22 Pässe von denen 17 ankamen und gewann 57 Prozent seiner Zweikämpfe. Defensiv setzte er zu drei erfolgreichen Tacklings an und eigentlich hätte sein Zweikampf in der 32. Minute auch als gewonnen in die Statistik eingehen müssen. Doch Schiri Jöllenbeck entschied zu Unrecht auf Foul. Nicht nur, dass Hertha damit eine aussichtsreiche Chance genommen wurde, der folgende Angriff der Mönchengladbacher sollte zum unglücklichen Handelfmeter führen.

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(Photo by Lars Baron/Getty Images)

Auf Lucas Tousart ist aktuell in allen Belangen Verlass. Als Anführer etabliert er sich zunehmend. Er baut seine Mitspieler auf, kommuniziert mit Ihnen und vor allem dem Schiedsrichter. Dinge, die in den letzten Jahren verloren gegangen waren. In Berlin stellt sich die Frage, wann ein Kapitän eigentlich ein Kapitän ist? Nur, weil er die Binde trägt oder kann man die Funktion eines Kapitäns ohne diese durchführen? Diese Frage muss Sandro Schwarz beantworten, sobald gewisse Spieler wieder einsatzbereit sind.

Und nun? Nicht von Taktik und System abweichen – irgendwann folgen die Punkte

Im Pokal bereits ausgeschieden und nur ein Punkt aus drei Spielen. Vor der Saison war um ehrlich zu sein aber auch nicht mit mehr zu rechnen. Das Auftaktprogramm ist extrem hart. Nächste Woche kommt Borussia Dortmund nach Berlin. Im schlimmsten Fall könnten es dann auch die ersten vier Bundesligaspiele sein, die nicht gewonnen werden konnten. Aber zum aktuellen Zeitpunkt geht es darum noch nicht. Die bisherigen Gegner sind nicht die Kragenweite, der Punkt gegen Eintracht Frankfurt kann sogar als Bonus gesehen werden. Und auch wenn die Ergebnisse nicht stimmen, kann man der Mannschaft keine großen Vorwürfe machen. Die Einstellung passt, die Leistung ebenfalls. Aktuell scheitert man vor allem durch individuelle Aussetzer.

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(Photo by Lars Baron/Getty Images)

Doch Sandro Schwarz Handschrift ist schon deutlich zu erkennen. Im Vergleich zur Vorsaison sind einige Schritte getan worden. Insbesondere an Spielern wie Dodi Lukebakio und Lucas Tousart ist das hervorragend zu erkennen, die unter Schwarz aufblühen. Bleibt die Mannschaft und das Trainerteam auf ihrem Kurs, werden schon bald Punkte folgen. Zusätzlich schließt bald das Transferfenster, Störfeuer, wie die um Rune Jarstein und Dedryck Boyata können gelöscht werden und das Team findet sich immer mehr. In Berlin herrscht also trotz der schwachen Punkteausbeute eine Ruhe, die es in den letzten drei Jahren so nicht gegeben hat. Sie kann nur hilfreich sein.

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Herthaner im Fokus: Eine Leistungssteigerung führt zum ersten Punkt

Herthaner im Fokus: Eine Leistungssteigerung führt zum ersten Punkt

Es geht doch. Hertha BSC schafft es endlich, einem denkwürdigen Tag einen Stempel aufzudrücken und zu punkten – und das verdient. Gegen die Eintracht aus Frankfurt boten nämlich nicht nur die Berliner Fans mit einer wundervollen und sehenswerten Choreographie anlässlich des 130. Geburtstags von Hertha BSC ein Spektakel, sondern auch die Mannschaft konnte mit einer deutlichen Leistungssteigerung phasenweise aufblühen. Die Spieler zeigten eine Reaktion auf den schwachen Auftritt in Köpenick, das Aus im Pokal gegen Braunschweig und in einigen Mannschaftsteilen Fortschritte. Insbesondere in der Offensive. Doch während es vorne mittlerweile besser läuft, zeigen sich in der Defensive weiterhin altbekannte Schwächen. Dennoch ein Spiel, das vorsichtig Mut für die nächsten Wochen macht.

Hertha mit vier Neuen: Sandro Schwarz rotiert auf einigen Positionen

Doch um all das zu ermöglich, rotierte Sandro Schwarz auf einigen Positionen, zum Teil auch gezwungener maßen. Dabei blieb er seinem 4-3-3-System aber treu. Im Tor stand wieder einmal Oliver Christensen, die Verteidigung bestand aus Jonjoe Kenny, der die rechte Seite bespielen sollte und den beiden Innenverteidigern Filip Uremovic und Marc Oliver Kempf. Bis hierhin sollte sich also in der Verteidigung nicht viel ändern im Vergleich zum Derby. Doch auf der Position des Linksverteidigers ersetzte Maximilian Mittelstädt den kurzfristig ausgefallenen Kapitän Marvin Plattenhardt.

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Als Abräumer auf der Sechs durfte wieder Ivan Sunjic ran, vor ihm Suat Serdar und Lucas Tousart, der den bisher schwach und langsam spielenden Kevin-Prince Boateng ersetzte und nach seiner gelb-roten Karte im Relegationsspiel gegen Hamburg erstmals in der Bundesliga wieder spielberechtigt war. Zusätzlich lief der Franzose als Kapitän der Mannschaft auf. Offensiv vertraute Schwarz wieder auf die Dienste Dodi Lukebakios auf der rechten Seite und vor allem den beiden Neuzugängen Chidera Ejuke auf der linken Seite und Wilfried Kanga im Mittelsturm, die Myziane Maolida und Davie Selke ersetzten.

In unserer heutigen Analyse schauen wir auf unseren vielseitigen Sturm, die noch immer Sorgen bereitende Verteidigung und die Führungsspieler im Team.

Dodi Lukebakio: Wenn er will einer der Besten bei Hertha

Der Belgier macht es vor jedem Spieltag spannend. Wie ist seine Form? Wie viel Lust hat er auf das Spiel? Wie viel ist er bereit zu investiere? Auch nach drei Minuten wusste man das nicht so richtig einzuordnen. Eben gelang ihm eine punktgenaue Flanke in den Strafraum auf Suat Serdar, der damit die Hertha früh in Führung köpfen konnte, doch die Art und Weise wie Lukebakio zum Ball eher joggte als rannte, machte zunächst stutzig. Allerdings konnte man es ihm auch nicht verübeln, die Frankfurter Verteidiger machten es ihm zugegebener Maßen auch nicht schwer.

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Doch Dodi Lukebakio lieferte Antworten. Er war einer der besten Herthaner auf dem Platz, wusste sich und seine Mitspieler häufig in Szene zu setzen und machte der Abwehr das Leben schwer. Sein Zusammenspiel mit Jonjoe Kenny ist weiterhin alles andere als ausgereift, doch es wird zunehmend besser. In der Offensive hatte er mit Wilfried Kanga und Chidera Ejuke zwei Mitspieler, die wesentlich vielseitiger und schwerer zu verteidigen sind, als zuletzt Myziane Maolida und Davie Selke. 44 Mal war Lukebakio am Ball, drei Torschüsse gab er ab, drei Schlüsselpässe fügte er hinzu. Sechs Dribblings beendete er erfolgreich.

Seine Vorlage auf Stevan Jovetic per Heber über die gesamte Verteidigung in der 72. Minute hätte einen Treffer verdient gehabt. Zusätzlich gewann er 69 Prozent seiner Zweikämpfe. Keine schlechte Quote für einen Offensivspieler. Zusätzlich brachte er 16 seiner 23 Pässe an den Mann. Auch hierbei sind 70 Prozent für einen Offensivspieler eine vernünftige Quote. Gelingt es ihm noch mehr am eigenen Abschluss zu arbeiten und seine Effizienz auszubauen, kann Dodi Lukebakio für zahlreiche Tore sorgen. Die Hoffnung, den besten Lukebakio bei Hertha noch zu bekommen, könnte höher kaum sein. Es liegt an ihm, diese zu erfüllen.

Suat Serdar: Der Antreiber hat endlich bessere Mitspieler

Dem zentralen Mittelfeldspieler konnte gegen Frankfurt das gegeben werden, was ihn in seinem ersten Jahr bei Hertha meistens fehlte. Starke und mitspielende Kollegen. Zu oft versuchte er es in der Vergangenheit allein mit dem Kopf durch die Wand. Gegen die Hessen spielte sein Kopf wieder einmal eine Rolle. Dieses Mal aber eine sehenswerte. Nach Lukebakios feiner Flanke von der rechten Seite lief er perfekt in den Strafraum und wusste sich gegen Ansgar Knauff durchzusetzen. Das frühe 1:0 sorgte für eine Art Rückkehr der Sicherheit und des Selbstverständnisses im Spiel der Berliner. Serdar war im Laufe des Spiels einer der aktivsten. 56 Mal war er am Ball, vier seiner fünf Dribblings wusste er erfolgreich zu beenden.

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Er konnte 20 seiner 27 Pässe bei den Mitspielern unterbringen, nur seine Zweikampfquote von 43 Prozent ließ etwas zu wünschen übrig, doch seine Kollegen Ivan Sunjic und Lucas Tousart konnten ihn meist den Rücken freihalten oder zur Hilfe kommen. Suat Serdar sprüht aktuell vor Einsatzfreude und hatte es zumindest in jenem Spiel nicht nötig, auf Einzelaktionen zurückzugreifen. Zusammen mit den Offensivspielern konnte er das Angriffsspiel ordentlich ankurbeln, er kam insgesamt zu drei Abschlüssen. Neben seinem Tor war Serdar insbesondere in der 83. Minute im Mittelpunkt, als er in aussichtsreicher Position von Jonjoe Kenny in Szene gesetzt wurde. Doch sein Schuss, der aller Wahrscheinlichkeit nach im Tor gelandet wäre, wurde ausgerechnet vom eigenen Mann, nämlich Stevan Jovetic geblockt. Das Glück ist bekanntlich mit den Tüchtigen. Suat Serdar ist tüchtig und sollte er bei seinem Engagement bleiben, stehen die Chancen gut, dass er den Siegtreffer vielleicht auch mal erzwingen kann.

Lucas Tousart: Der wahre Hertha-Kapitän

Lucas Tousart entwickelt sich immer mehr zu dem Spieler, der einen bei Hertha BSC versprochen wurde. Gegen Eintracht Frankfurt führte er das Team das erste Mal in einem Pflichtspiel als Kapitän auf. Und er verhielt sich auch wie einer. Er kämpfte im Mittelfeld wo es ging, hielt insbesondere Suat Serdar den Rücken frei, bemühte sich der wackligen Innenverteidigung Unterstützung zu bieten und kommunizierte so oft es ging und nötig es war mit seinen Mitspielern und suchte wann immer es nötig oder praktisch war das Gespräch mit dem Schiedsrichter. 11,76 km lief er, Höchstwert auf dem Platz. Allgemein spulte die Mannschaft fünf Kilometer mehr ab, als gegen Union und zeigte auch daran gemessen einen höheren Einsatz.

(Photo by Martin Rose/Getty Images)

38 Mal war der Franzose am Spielgerät, gewann sieben seiner zwölf Zweikämpfe und brachte 18 seiner 26 Pässe beim Mitspieler unter. Wichtig war zudem, wie ballsicher er agierte, er verlor im Zentrum – anders als seine Mitspieler in Halbzeit zwei – kaum Bälle. Zusätzlich brachte er sich defensiv mit zwei erfolgreichen Tacklings ein. Sein großes Manko ist zweifelsohne sein Tempodefizit, was er mit robusten Zweikämpfen ausgleichen muss. Doch mit seiner starken und kämpferischen Haltung ist er des Kapitänsamts absolut würdig. Zumindest vertrat er Marvin Plattenhardt hervorragend und stand ihm in nichts nach. Ein wahrer Kapitän, der auch via Social Media sich sehr glücklich mit seiner Rolle zeigte und auch dahingehend für einen möglichen Konkurrenzkampf sorgen könnte.

Maximilian Mittelstädt: Seine Vielseitigkeit wird fast belohnt

Ohne Marvin Plattenhardt hier schlecht schreiben zu wollen, aber gegen Eintracht Frankfurt konnten gleich zwei Spieler Argumente liefern, weshalb Plattenhardt nicht unumstritten ist. Während Lucas Tousart als durchaus geeigneter Kapitän gelten könnte, schaffte es Maximilian Mittelstädt mit seinem ersten Saisoneinsatz Punkte zu sammeln. Der Wurf ins kalte Wasser aufgrund des kurzfristigen Ausfalls des normalerweise gesetzten Linksverteidigers Plattenhardt, tat dem Hertha-Eigengewächs zumindest nicht schlecht. Mit 10,2 gelaufenen Kilometern war er viel unterwegs. 77 Mal war er am Ball und damit einer der aktivsten der Hertha. Er zeigte sich als vielseitiger Linksverteidiger, wirkte wach, engagiert und mutig und vor allem motiviert. Auch er scheint körperlich und spielerisch im Vergleich zur letzten Saison zugelegt zu haben.

Zusätzlich war er kommunikativ, suchte seine Mitspieler, 22 seiner 31 Pässe kamen an. Mit sechs erfolgreichen Tacklings, zwei Klärungen und vier Aktionen, in denen er dem Gegenspieler den Ball ablaufen konnte, lieferte er einen sehenswerten Beitrag in der Verteidigung. Doch auch bei ihm ist das Tempo ein Manko. Ansgar Knauff und er lieferten sich zwar lange einen sehenswerten Zweikampf, doch zweimal musste er den Tempodribbler per Foul stoppen. Beim zweiten Foul in der 34. Minute sah er von Schiri Willenborg zurecht die gelbe Karte. Auch weitere Faride Alidou und Rendal Kolo Muani machten ihm das Leben schwer. Offensiv hatte Mittelstädt die Möglichkeit dem Spiel seinen Stempel aufzudrücken. In der 23. Minute setzte er Wilfried Kanga im Sturm sehenswert in Szene. Hätte der Angreifer seine Torchance vergolden können, hätte also auch Mittelstädt seine erste Torbeteiligung in dieser Saison verzeichnet.

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Insgesamt konnte Mittelstädt deutlich machen, dass er Ambitionen hat, auf mehr Einsätze zu bekommen. Durch seine Vielseitigkeit als Schienenspieler gelingt es ihm mehr als Plattenhardt, Offensive und Defensive im Blick zu halten. Gibt Sandro Schwarz ihm eine ehrliche Chance, ist ein offener Konkurrenzkampf um den Posten des Linksverteidigers möglich.

Wilfried Kanga und Stevan Jovetic: Potential zu gefährlichen Waffen

Wilfried Kanga und Stevan Jovetic sind Spieler, die einer Offensive extrem viel geben können. Beide kurbeln das Offensivspiel an und sind taktisch, spielerisch und technisch in der Lage, für viel Wirbel und Gefahr zu sorgen. Neuzugang Kanga durfte über 70 Minuten agieren und wusste vor allem in der ersten Halbzeit für Gefahr zu sorgen und auch phasenweise zu überzeugen. Allgemein zeigte sich der Franzose ballsicherer und vielseitiger als Konkurrent Davie Selke. Sein Engagement hätte er in der 23. Minute krönen können, als er Mittelstädts gefährlichen Pass im Strafraum empfing. Doch sein Schussversuch misslang – vermutlich wegen einer mangelhaften Rasenstelle – vollkommen. Aus nächster Nähe schoss der Stürmer deutlich über das Tor.

Es hätte das 2:0 sein können, ja vielleicht sogar müssen, womit das Spiel einen spannenden Verlauf hätte annehmen können. Im Zusammenspiel mit dem Rest des Teams gibt es sicherlich noch Luft nach oben, doch der erste Startelf-Einsatz ließ für die Zukunft gutes vermuten. Er gewann die Hälfte seiner Zweikämpfe, außerdem brachte er acht seiner sechzehn Pässe bei den Mitspielern unter. Kanga scheint gute Chancen zu haben, auch beim nächsten Spiel in der Startformation zu stehen. Vielleicht gelingt dann auch noch mehr Zählbares.

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(Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

Stevan Jovetic löste Kanga nach 70 Minuten ab und auch er hatte die Möglichkeit die Hertha auf die Siegesstraße zu bringen. Doch nur zwei Minuten nach seiner Einwechslung scheiterte er, nach sehenswerter Lukebakio-Vorlage, an seiner eigenen Hast und verzog freistehend vor Kevin Trapp. Seine Passqualitäten stellte er in der 83. Minute unter Beweis, als er Jonjoe Kenny auf der rechten Seite mitnahm. Die Hereingabe des Briten und der Abschluss Suat Serdars hätten für den goldenen Moment des Nachmittags sorgen können, doch ausgerechnet Jovetic selbst, der die Aktion kurz zuvor noch einleitete stand im Weg. Der Montenegriner zeigte in den wenigen Minuten wieder viel Qualität, sollte er körperlich in der Lage sein mehr Spielminuten zu absolvieren, wäre er für den Sturm eine enorme Waffe. 

Filip Uremovic und Marc-Oliver Kempf: Solide, aber wenn es schnell wird, brennt es

Das Innenverteidiger-Duo scheint erst einmal zu stehen. Wie schon in Köpenick sollten Filip Uremovic und Marc Oliver Kempf die defensive Zentrale dicht machen. Beide konnten mit soliden Leistungen auf sich aufmerksam machen, hatten aber auch große Schwierigkeiten.

Filip Uremovic war direkt früh gefordert. Bereits in der ersten Minute versuchten die Frankfurter in Person von Mario Götze Gefahr über Standards zu sorgen. Den Freistoß des WM-Helden von 2014 konnte Uremovic vor der Frankfurter Offensive klären. Der Kroate wusste eine solide Partie zu spielen, 16 seiner 18 Pässe kamen beim Mitspieler an, vier von fünf Zweikämpfen entschied er für sich. Sieben Mal klärte der Innenverteidiger zum Teil in höchster Not, drei Bälle schafft er den Gegenspielern abzulaufen. Doch den größten und entscheidenden Fehler beging er kurz nach der Pause. Die Frankfurter setzten ihn in der 48. Minute zu sehr unter Druck. Keine Chance dem Pressing zu entkommen, verlor er den Ball, der schnelle Angriff der Gäste führte zum Ausgleich durch Kamada. Sein Verhalten in dem Moment war alles andere als sehenswert und hilfreich, doch genauso wenig konnten seine Mitspieler ihn in der Situation unterstützen. Ihm also allein den Fehler zuzuschreiben, wäre zu einfach. Allgemein gelang es ihm aber auch nicht den schnellen Sturm der Frankfurter zu stoppen. Insbesondere Randal Kolo Muani, Lucas Alario und Rafael Borré wirbelten die Verteidigung der Hertha extrem durch. Das ein oder andere Tor mehr für die Eintracht wäre in manchen Phasen möglich gewesen. In der 83. Minute machte er nach Wadenkrämpfen Platz für Marton Dardai.

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(Photo by Matthias Kern/Getty Images)

Marc Oliver Kempf spielte unauffälliger als in Köpenick. Eine Tatsache, die bei dem meist aufopferungsspielenden Innenverteidiger besonders, aber keinesfalls schlecht ist. Wie Uremovic spielte er recht solide, gewann vier von sieben Zweikämpfen, lief zwei Bälle ab, klärte zwei weitere Aktionen und brachte 26 seiner 35 Pässe beim Mitspieler unter. Insbesondere mit langen Bällen gelang es ihm ein ums andere Mal das Offensivspiel anzukurbeln. Drei seiner fünf Versuche kamen an. Doch ein allseits bekanntes Problem konnte er nicht abstellen. Durch sein schwaches Stellungsspiel, das dringend von Nöten ist bei seinem Tempodefizit, konnte er der Verteidigung nur selten die notwendige Stabilität geben. Gegen die schnellen Offensivspieler des amtierenden Europa-League-Siegers sah er ein ums andere Mal sehr alt aus. Sowohl im Zusammenspiel mit Uremovic, als auch in den letzten Minuten mit Marton Dardai kamen die selben Fehler zustande.

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(Photo by Gerald Matzka/Getty Images)

Bereits in der ersten Hälfte hätte Alario ins leere Tor einschieben können, in der zweiten Halbzeit konnten Kempf und die gesamte Hintermannschaft von Glück sprechen, dass Kamada, Kolo Muani und Co zu wenig Zielwasser getrunken zu haben schienen. Auch in der für den Schiedsrichter kniffligsten Situation in der 90. Minute, konnten er und Dardai Rafael Borré weder ins Abseits stellen, noch ihn anderweitig verteidigen. Er und Uremovic sind zwei grundsolide Verteidiger, ein spielerisch aktiverer Marton Dardai würde dem Spiel aber wahrscheinlich noch mehr Flexibilität verleihen. Die gute Nachricht für die Verteidiger ist, dass solch ein schneller Angriff nicht jedes Spiel gegen sie aufgestellt sein wird. Nicht jeder Angriff besteht aus Sheraldo Becker, Kolo Muani oder im schlimmsten Fall Sadio Mané. Aber auch für einen Spieler wie Marcus Thuram, der am kommenden Freitag das schwere Brett sein wird, müssen sich Sandro Schwarz und die Verteidigung Gedanken machen.

Eine Leistungssteigerung sorgt für Zuversicht

Nach dem wilden Kick in Braunschweig und der enttäuschenden Derby-Niederlage folgte nun die erste sehenswerte Vorstellung der Hertha in dieser Saison. Die Mannschaft hat bewiesen, wettbewerbsfähig zu sein, auch wenn man in der Defensive mit viel Glück gesegnet war. Andererseits muss man aber auch von Pech in der Offensive sprechen. Der Aufreger des Spiels ist bis heute natürlich Streitthema in den sozialen Medien. War die Berührung von Christensen an Borré ein straffälliger Elfmeter? War die Entscheidung Willenborgs korrekt? War der Eingriff des VAR korrekt? Es sind Fragen, die überemotionale Fans nicht beantworten können. Selbst geschultes Personal tut sich dabei schwer. Im Sinne des fairen Fußballs scheint es die richtige Entscheidung gewesen zu sein, den Elfmeter zurückzunehmen.

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(Photo by Gerald Matzka/Getty Images)

Auf einigen Szenen des Spiels lässt sich aufbauen. Die Offensive wirkt sehr viel eingespielter und lebhafter als zuletzt, genauso die Verbindung zum Mittelfeld. Die Rollen scheinen klarer verteilt zu werden und für einige Positionen entwickelt sich ein echter Konkurrenzkampf, der dem Team nur guttun kann. Dass hartnäckige Probleme, wie individuelle Aussetzer oder dass man vom Gegner nur so überrannt wird, noch vorhanden sind und nicht innerhalb weniger Tage abzustellen sind, sollte jedem klar sein. Das im Endeffekt leistungsgerechte Unentschieden, die traumhafte Choreographie der Hertha-Fans und eine deutliche Leistungssteigerung hätten für einen zufriedenstellenden Sonntag und eine angenehme folgende Woche sorgen können. Doch Hertha wäre nicht Hertha, wenn es nicht irgendwelche Probleme gäbe. Die Suspendierung Rune Jarsteins, egal weshalb und warum und wem dabei die Schuld zuzuweisen ist, kommt zu Unzeiten.

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(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Eine Hertha-Legende droht aus dem Verein geworfen zu werden, der Torwarttrainer ist mehr als angezählt und die Torhüter-Position stellt nun wieder eine Baustelle dar. Oliver Christensen benötigt einen Herausforderer, im Optimalfall einen gestandenen Bundesliga-Torhüter. Dieses Problem zu lösen wird nicht einfach werden, aber was ist dieser Tage schon einfach bei Hertha BSC? Bei Hertha sind bis zum Ende der Transferperiode noch viele Personalfragen zu klären, nun wohl oder übel eine weitere.

(Photo by Gerald Matzka/Getty Images)