Drei Thesen zum Spiel: Hertha BSC gegen Bayern München

Drei Thesen zum Spiel: Hertha BSC gegen Bayern München

Die Euphorie nach dem ersten Heimsieg der Saison gegen Gelsenkirchen war groß. Dass dies gegen den mehr als angeschlagenen Tabellenletzten der Bundesliga gelang, war Nebensache, denn wir Fans mussten lang genug warten. Unsere Jungs konnten sich für die guten Leistungen in den Spielen zuvor endlich belohnen. Lang hielt die Freude nicht an, denn als wären die katastrophalen Umstände für uns Auswärtsfans nicht genug gewesen, verlor die Hertha durch einen späten Treffer von Füllkrug mit 0:1 im Weserstadion. Die Markenbotschafter Katars hingegen kommen formstark nach Berlin, nachdem man die Gruppenphase der Champions League ohne Punkteverlust abschließen konnte.

These 1: Choupos Lauf hat gegen Hertha ein Ende

Weinte man “Lewangoalski” Anfang der Saison noch hinterher, heißt Bayerns neuer Mann der Stunde, Eric Maxim Choupo-Moting. Wettbewerbsübergreifend erzielte der Kameruner bisher acht Treffer und legte drei weitere auf. Absurd, denn eigentlich sollte Stareinkauf Sadio Mané Bayerns ehemalige Nummer 9 vergessen machen. Doch ohne nominellen Stürmer taten sich die Münchener mit Qatar Airways auf dem Ärmel und im Herzen lange schwer. Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet Choupo einen großen Anteil am aktuellen Erfolg des FC Bayerns hat?

Choupo-Moting

(Photo by Christof Stache/AFP via Getty Images)

Doch damit ist jetzt Schluss! Gibt es dafür eine plausible Erklärung? Nein. Aber dafür ist dieses Format auch nicht da. Hier spricht das Bauchgefühl eines Herthaners, der in 19 Jahren Fan sein noch keinen Sieg im Stadion gegen München gesehen hat. Den letzten Hertha-Sieg gegen den Rekordmeister hat er verpasst. Doch dazu später mehr.

These 2: Bayern-Fans aus München? Fehlanzeige.

Heimspiele gegen die Bayern hatten, trotz durchschnittlicher Bilanz, schon immer ihren Charme. Volles Stadion, ausgelassene Herthaner:innen, die wenig Hoffnung auf einen Sieg hatten, und Bayern-Fans aus ganz Deutschland, die verzweifelt nach einem Familienmitglied aus München suchten. „Die Großcousine meines Schwagers ist Münchenerin und deswegen bin ich von klein auf Bayern-Fan“ – wer hat das noch nicht gehört? Dass nur wenige Fans den weiten Weg aus Süddeutschland angetreten sind, macht sich spätestens im Stadion bemerkbar, denn mehr als „Super Bayern Super Bayern Hey Hey“ kriegen die wenigsten hin. Besonders schade ist das für die wenigen richtigen Bayern-Fans, aber nicht jede:r kann die Alter Dame aus Berlin unterstützen.

Unsere Hertha ist das Gegenteil, denn Fußballdeutschland begeistern konnten wir bisher selten. Umso ehrlicher ist unsere Berliner Fangemeinde, die uns am Samstag zum Heimsieg schreien wird.

These 3: Hertha macht’s wie 2018!

Vor vier Jahren, im September 2018, spielte Hertha zuerst in Bremen und hieß anschließend die großen Bayern im Olympiastadion willkommen. Verlor man nach eher dürftiger Leistung gegen Werder, folgte ein spektakulärer Sieg in unserem Wohnzimmer gegen den Rekordmeister. Erkennen wir hier ein Muster? So richtig verlässlich sind unsere Quellen nicht, aber die schönsten Geschichten schreibt bekanntlich unsere Hertha und deswegen lassen wir diesen Moment der Glückseligkeit wiederholen. Damals trafen Vedad Ibišević durch einen Elfmeter und Ondrej Duda nach toller Vorarbeit von Valentino Lazaro. Das Herz schlägt schon bei bloßer Erinnerung an dieses Spiel wieder höher. Warum also nicht nochmal?

hertha

Das waren drei Thesen aus der Hertha-Seele – ohne Verstand, aber dafür mit viel Jefühl. Hertha gewinnt dieses Spiel und ganz Berlin liegt sich anschließend in den Armen. Dass Köpenick deshalb für mindestens zwei weitere Spiele von der Tabellenspitze grüßt, können wir am späten Samstagnachmittag dann auch verkraften.

(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Hertha BSC – FC Bayern München: Drei Schlüsselduelle

Hertha BSC – FC Bayern München: Drei Schlüsselduelle

Das bisherige Motto von Hertha BSC in dieser Saison war „Gut gespielt, (zu) wenig Punkte“. Lange erhielt die Mannschaft von Sandro Schwarz Lob für ihr Auftreten, selbst wenn es am Ertrag häufig mangelte. In den letzten beiden Spielen gegen die Aufsteiger Schalke und Bremen stagnierte jedoch auch die Leistung, am Ende reichte es zumindest gegen die Gäste aus Gelsenkirchen zum ersten Heimsieg der Saison, inklusive Willy Kangas Premierentor. Der kommende Gegner aus dem Süden der Republik kommt daher zu einem eher ungünstigen Zeitpunkt, auf der anderen Seite hat Hertha kaum etwas zu verlieren.

Auf welche Schlüsselduelle es ankommt und wie man gegen Bayern München zu Punkten kommen kann, wollen wir in diesem Artikel diskutieren.

Oliver Christensen vs. Eric Maxim Choupo-Moting

Der Kader des deutschen Serienmeisters ist gespickt mit absoluten Topstars. Dass am Ende ausgerechnet der bisherige Ersatzspieler Eric Maxim Choupo-Moting zu einer der absoluten Schlüsselfiguren der laufenden Saison wird, dürfte den Großteil der geneigten Fußballfans überraschen. Der Deutsch-Kameruner konnte in bisher 13 Spielen mit 8 Toren und 3 Vorlagen glänzen, und dass bei gerade einmal 613 Einsatzminuten in Bundesliga, DFB-Pokal und Champions League zusammen. Anders formuliert: Choupo-Moting erzielt alle gut 57 Minuten einen Scorer, was den Zahlen eines Weltklassestürmers entspricht. Das wohl beeindruckendste an dieser Statistik ist jedoch, dass jede einzelne dieser Torbeteiligungen in den letzten vier Wochen erfolgte. Es dürfte schwierig sein, einen anderen Spieler zu finden, der zurzeit solch eine Form aufweist.

Choupo-Moting

(Photo by Christof Stache/AFP via Getty Images)

Ihm gegenüber steht mit Olli Christensen der jüngste Stammtorhüter in der Bundesliga. Fredi Bobic bestätigte unter der Woche in einem Sky exklusiv Interview noch einmal, dass man mit dem Dänen ein gewisses Risiko eingegangen ist. Und dieser bestätigt das in ihn gesetzte Vertrauen bis jetzt mit soliden Leistungen. Auch wenn hier und da mal eine unsichere Situation, wie zum Beispiel der Ausflug gegen Antony Modeste gegen Dortmund oder das späte verschuldete Gegentor im Freiburg-Spiel, dabei ist, hat Christensen die Mannschaft schon das ein oder andere Mal im Spiel gehalten. Im Gegensatz zum vergleichsweise unsicheren Alexander Schwolow (derzeit an Schalke verliehen) strahlt der 24-jährige Nationalspieler eine gewisse Stabilität und Ruhe aus, von der auch die Verteidiger vor ihm profitieren.

Ein Blick auf die Zahlen zeigt allerdings auch: 17 Gegentore in 12 Spielen und bisher nur einem Spiel ohne Gegentor bieten durchaus Luft nach oben, wobei dafür natürlich nicht nur der Torhüter alleine verantwortlich ist. Oliver Christensen trifft mit Eric Maxim Choupo-Moting auf einen äußerst formstarken und somit auch selbstbewussten Stürmer. Falls Hertha gegen die Bayern Punkte mitnehmen will, ist eine überdurchschnittliche Leistung und etliche gewonnene Privatduelle des Schlussmanns gegen den Mittelstürmer der Münchner notwendig.

Lucas Tousart vs. Joshua Kimmich

Herthas wichtigste Zone unter Sandro Schwarz und dessen Art Fußball spielen zu lassen ist zweifelsohne das Mittelfeld. Durch eine aktive Zweikampfweise und Ballgewinne im mittleren Drittel des Spielfeldes sowie daraus resultierende Gegenstöße soll einerseits Gefahr vom eigenen Tor gebannt und andererseits selbst in Abschlusssituationen gekommen werden. Und genau dafür ist Lucas Tousart ein eminent wichtiges Puzzleteil.

Tousart

Photo by Martin Rose/Getty Images

Der von Jürgen Klinsmann verpflichtete Rekordtransfer scheint in seiner mittlerweile dritten Saison bei Hertha endlich richtig angekommen zu sein. Er geht auf dem Feld voran, macht Meter, gewinnt einen Zweikampf nach dem anderen und gibt dem Spiel der Alten Dame eine Struktur, die in den letzten Jahren regelmäßig fehlte. Mit bereits drei Saisontoren (zweimal in der Liga und einmal im Pokal) entdeckte der Franzose zuletzt zudem eine neue Torgefahr. In seiner Kernkompetenz, dem Gewinnen von Zweikämpfen, befindet Tousart sich im ligaweiten Vergleich auf Platz 17. Daneben ist er unter den besten drei Prozent in Hinblick auf geklärte Bälle – und das europaweit.

Sein Gegenpart bei den Münchnern heißt Joshua Kimmich und gehört seit Jahren zu den Besten seiner Zunft. Der ehemalige Stuttgarter ist der unumstrittene Strippenzieher im Spiel des Champions-League-Siegers von 2020. Er befindet sich im europäischen Vergleich bei den jeweils besten Prozent in Hinblick Assists, schuss-kreierende Aktionen, progressive Pässe und abgefangene Bälle. Kimmich ist somit sowohl defensiv als auch offensiv der treibende Motor der Bayern und dazu emotionaler Leader auf dem Platz. Der Mittelfeldspieler muss für ein erfolgreiches Spiel der Blau-Weißen so gut wie möglich neutralisiert werden. Genau das wird höchstwahrscheinlich Aufgabe von Lucas Tousart sein. Sollte dem Herthaner dies gelingen, erhöht sich zumindest die Möglichkeit, dass die Gastgeber nicht als Verlierer aus der Partie gehen.

Dodi Lukebakio vs. Alphonso Davies

Auf der von Hertha aus gesehen rechten Außenbahn könnte es im kommenden Spiel durchaus zu dem einen oder anderen Blitzerfoto kommen. Mit Dodi Lukebakio (Platz 33) und Alphonso Davies (Platz 3) treffen zwei der schnellsten Spieler der Bundesliga aufeinander. Der 22-jährige Außenverteidiger der Gäste schaltet sich dabei gerne in das Offensivspiel seiner Mannschaft ein. Er gehört mit über drei erfolgreichen Dribblings pro 90 Minuten zum besten Prozent Europas in dieser Kategorie, auch seine expected Assists und schuss-kreierenden Aktionen stellen Spitzenwerte dar. Lukebakio wird somit auch defensiv gefordert sein, um Jonjoe Kenny so gut es geht zu unterstützen. Spätestens seit dem überragenden Sprint des Belgiers in Richtung des eigenen Tores gegen RB Leipzig und dem damit schon sicher geglaubten verhinderten Gegentor ist klar, dass der Rechtsaußen in dieser Saison Fußball nicht nur offensiv versteht.

Lukebakio

Photo by Cathrin Mueller/Getty Images

Auf der anderen Seite könnten sich durch die Spielweise Davies gerade die Räume öffnen, die Herthas Flügelflitzer so liebt. Mit bereits fünf Treffern in der Liga führt Lukebakio die teaminterne Torschützenliste deutlich an. Der obligatorische Hinweis auf dessen Dreierpack gegen die Bayern noch zu Düsseldorfer Zeiten erfolgt hiermit ebenfalls. Jedes Tor des Außenstürmers würde für das Ziel der Hauptstädter, vielleicht wenigstens einen Punkt im in dieser Saison erstmals ausverkauften Olympiastadion zu behalten, Gold wert sein. Es ist klar, dass alles andere als eine Niederlage für Hertha extrem wertvoll wäre, um die Abstiegsränge über die lange Winterpause zu vermeiden. Und somit zumindest etwas Ruhe im finanziell geplagten Verein aus Charlottenburg einkehren zu lassen.

Die Statistiken beruhen auf den Angaben von fbref.com und bundesliga.com

[Titelbild: Reinaldo Coddou H./Getty Images]