Liebesbriefe an legendäre Derbyhelden
Am Wochenende startet die 60. Saison der Fußball-Bundesliga. Und diese Jubiläumssaison beginnt natürlich für Hertha BSC mit einem absoluten Kracher. Zum Auftakt geht es nach Köpenick zum Derby gegen den 1. FC Union Berlin. In der Vergangenheit gab es legendäre Spiele im Stadion an der Alten Försterei, genauso im Berliner Olympiastadion. Und auch wenn die letzten Derbys für die Alte Dame alles andere als gut endeten, können auch Hertha-Fans auf tolle Erlebnisse gegen den Stadtrivalen zurückschauen. Zeit, den Protagonisten dieser Spiele unsere Liebe zu gestehen.
Sandro Wagner, Maik Franz und Ronny: Wisst ihr noch damals?
Lieber Sandro, lieber Maik, lieber Ronny,
könnt ihr euch an jene Nacht am 3. September 2012 erinnern? Ja es ist schon zehn Jahre her und doch fühlt es sich noch frisch an. Es waren harte Zeiten. Wir waren zuvor in einem nervenaufreibenden Relegationsdrama in Düsseldorf gescheitert und die ersten Wochen der Saison liefen auch nicht so, wie wir es uns wünschten. Jos Luhukay meckerte gar auf einer Pressekonferenz in Frankfurt. Und nun ging es schon am 4. Spieltag nach Köpenick. Wir hatten Druck. Ihr hattet Druck. Wir Fans hatten Sorgen. Wollten wir doch so schnell es geht, wieder zurück in die Bundesliga. In dem Hexenkessel im Stadion an der Alten Försterei ist es für Gegner niemals einfach. Doch ihr habt gezeigt, wer die Nummer 1 in Berlin ist.
Sandro, mit uns war es nicht immer einfach. Strenggenommen hast du dir nie wirklich was zu Schulden kommen lassen, das müssen wir so festhalten. Doch mit uns hat es nie so richtig geklappt, in den drei Jahren damals konntest du leider nicht oft überzeugen, doch in jener Nacht hast du dich unvergesslich gemacht. Als du den Ball im Strafraum von Peer Kluge zugespielt bekommen hast, hast du all dein Selbstbewusstsein und Mut genommen und gebündelt. Du hast es gemacht wie ein Stürmer, wie ein eiskalter Goalgetter, du hast geschossen, du hast getroffen. Du hast gejubelt, ja du hast auch ein wenig die Heimfans provoziert, aber das war okay, so bist du nun einmal. Wir führten plötzlich in Köpenick und für einen Moment war dieser Teil Berlins mucksmäuschenstill. Nie war unsere Liebe heißer, als in diesem Moment.
Lieber Maik, man, was warst du für ein Kämpfer. Irgendwo da draußen wirst du immer noch sein. Du warst damals oft verletzt und hast uns in vielen Situationen bitter gefehlt, doch an jenem Montag hast du gekämpft. Du warst der heiß geliebte Iron-Maik. Du warst nicht der Ballkünstler, du warst der Mann für das Grobe. Du warst der, den man für ein Derby brauchte. Du warst für Derbys geboren. Du warst das Derby. Bis heute schau ich mir liebend gern die Szenen an, als du Unions Stürmer Silvio an der Eckfahne in den letzten Sekunden des Spiels zusammenschreist. Die gelbe Karte für dich war das Zeichen deines unermüdlichen Einsatzes. Du hast gezeigt, wie viel dir das bedeutet, bis heute zeigst du es. Mit uns hat es gepasst, Maik, wir waren füreinander bestimmt in der damaligen Zeit. Es war wundervoll, es war einzigartig und es war eine goldene Liebe, die ewig brennt.
Geliebter Ronny, es war dieses eine wundervolle Jahr. Es war nicht nur diese eine besondere Nacht, ja, sie war eine der intensivsten, genau wie ein halbes Jahr später im winterlichen Treiben im Olympiastadion. Du und dein linker Fuß, das war Liebe. Das war kraftvolle Liebe, ja fast schon brachiale Liebe. Und wir alle gemeinsam, du und dein linker Fuß und wir Fans, wir waren eine unzerstörbare Gemeinschaft. Wir brauchten einander und wir schenkten einander. Wir genossen, wir feierten, wir hatten heiße Momente. Dieses eine Jahr. Ronny, du hast 18 Tore geschossen, 14 weitere vorgelegt. Erinnere dich an jene Nacht in Köpenick. Der Ball lag genau da, wo du ihn haben wolltest. Vor dem Strafraum, relativ zentral. Mit Wucht zimmertest du das Spielgerät in die Maschen. Und erinnere dich an den folgenden Februar. Wie wir gemeinsam im weiten Rund des Olympiastadions gefeiert haben. Gemeinsam lagen wir schon mit 0:2 gegen die Köpenicker zurück. Und dann bist du zur Ecke angetreten und hast den Ball auf deinen Kumpel Adrian Ramos geflankt, der das machte, was er immer tat. Ein Tor erzielen. Und Ronny, dann sollte ein weiterer Höhepunkt unserer Liebe folgen. Als du in der 86. Minute einen deiner vielen Freistößen mit Kraft und Gefühl verwandelt hast, ist in uns allen etwas explodiert, was mehr als grenzenlose Liebe war. Du feiertest mit uns zusammen. Du jubeltest, wir jubelten, du stürztest im zusammengefegten Berliner Schnee und verletztest dich an der Hand. Für uns, für dich, für Hertha BSC. An diesem Abend, in jener Nacht waren wir nicht nur dein linker Fuß, wir waren nicht nur deine verletzte Hand, wir waren alle eins. Eins mit dir. Geliebter Ronny.
Vedad Ibisevic, Matheus Cunha, Krzystof Piatek: Die Erinnerungen bleiben für immer
Oh Vedad, my Vedad. Bzw. Oh Captain, my captain. Denn das warst du. Du warst der Boss, du warst der Anführer, du warst unser Kapitän. Mit dir an unserer Seite fühlten wir uns über Jahre sicher. Du und dein graumeliertes Haar, du und deine spielerische Ruhe, du und deine Lust auf den Krawall mit Gegenspielern und Schiedsrichtern. Du hast dich für uns eingesetzt, du hast alles investiert, du hast so viel gegeben, wir haben versucht dir diese Liebe zurückzugeben. Bis heute gehören wir zusammen und schwelgen in gemeinsamen Erinnerungen. Der damalige Abend. Du warst der Herbergsvater dieser Truppe, die sich nach einer brachialen Sturm und Drang Phase auf dem Transfermarkt gefunden hatte. Du bist geblieben, du wolltest den gemeinsamen Aufstieg, du hättest den gemeinsamen Abstieg mitgemacht. Und an jenem Abend, einem vorsommerlichen Mai-Tag, führtest du uns zu einem fulminanten Derby-Sieg. Du zeigtest, mit wem zu rechnen war. Du wolltest uns zeigen, wie sehr die Liebe und Kraft noch in dir brennt. Du zeigtest den jüngeren den Weg. Du warst es, der uns in der zweiten Halbzeit nach einer langen Geduldsprobe in Führung brachte, du hast deinen Mitspielern die Chancen und Tore aufgelegt. Du hast Dodi Lukebakio geschickt, du hast Matheus Cunhas am Vorabend der Geburt seines Kindes einen Dribbeltanz ermöglicht, gemeinsam habt ihr im leeren Olympiastadion gefeiert. Damals waren wir an den Bildschirmen dabei, wir feierten, wir brannten für euch. Irgendwie waren auch wir dabei. Zumindest in deinem Herzen.
Matheus Cunha, was war das für eine heiße Zeit mit dir. Du hast Erinnerungen an alte Zeiten mit Marcelinho aufgefrischt. Wir waren verliebt. Nicht nur in die Vergangenheit, vielmehr in die Gegenwart und hoffentlich Zukunft. Du hast uns so viel bedeutet. Du hast eine Form von Spaß nach Berlin gebracht, den wir so lange nicht kannten. Du hast die Gegner zum Tanz aufgefordert, du hast gedribbelt, brilliert, ein Tor erzielt, du hast Spaß gehabt und Liebe verbreitet. Am Abend wurdest du Vater, du wolltest direkt nach deiner Auswechslung ins Krankenhaus zu deiner Frau. Wir wären sofort mitgekommen, hätten wir gedurft. Ein wahres Derby-Baby sollte zur Welt kommen. Doch Matheus, so heiß diese Liebe war, so kurz war sie. Wir waren zu klein für dich. Du wolltest in die weite Welt, du wolltest mehr und Neues kennenlernen. Und Matheus, das war okay. Wir haben dich in positiver Erinnerung, vielleicht denkst du auch ab und an noch an uns. Die Geburt deines Kindes wirst du immer damit verbinden, vielleicht sehen wir uns eines Tages wieder.
Krzystof, es ist kompliziert mit uns. Aber auch wir schätzen einander. Wir hatten im Winter 2020 große Lust aufeinander. Gemeinsam wollten wir unseren Spaß haben, wir wollten die große weite Welt erkunden, wir wollten einander wachsen und uns lieben. Doch es war schwierig mit uns. Aber lieber Krzystof, auch wenn es nicht immer einfach zwischen uns war, hatten wir diese eine Nacht. Diesen einen besonderen Moment im Olympiastadion. Als wir gemeinsam zu Derbyhelden werden wollten. Wir konnten wieder einmal nicht anwesend sein, doch wir haben dir genau zugeschaut. Wir haben deinen Kampf, deine Leidenschaft und deine Qualitäten bewundert, wir wollten mehr von dir. An jenem Abend hast du uns gezeigt, was möglich gewesen wäre mit uns. Wir haben das gesehen, wofür wir hofften bestimmt zu sein. Du erzieltest zwei tolle Tore. Du machtest uns zu Derbysiegern, du selbst wurdest zur Legende. Deshalb geliebter Krzystof, egal wie das zwischen uns endet, wir bereuen nichts. Du bist in unseren Herzen.
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