Berliner Übergangssaison Verein

von Jan 30, 2022

Diese Saison ist für Hertha BSC schon lange das, was die Fans spätestens seit dem verkorksten letzten Tag der Sommertransferperiode befürchteten – die nächste Übergangssaison. Nachdem Klublegende Pal Dárdai mangels Weiterentwicklung der Mannschaft und Einigkeit über den zu beschreitenden Weg im Herbst durch Tayfun Korkut ersetzt wurde, stabilisierte sich die Mannschaft zwar zunächst, spielt aber dennoch gegen den Abstieg.

Wie haben Korkuts Maßnahmen bisher gefruchtet? Wird die Herangehensweise durch die Winterneuzugänge noch einmal verändert? Und was bringt die Rückrunde?

Neuer Trainer, alte Probleme

Direkt nach seiner Installation etablierte Korkut sein favorisiertes 4-4-2 mit zwei Sechsern. Und schon im ersten Spiel seiner Amtszeit zeigte sich ein offensiver Spielfluss, der zuletzt unter Dárdai schmerzlich vermisst wurde. Und das lag in erster Linie am neuen „Traumduo“ am Hertha-Himmel – Stevan Jovetic und Ishak Belfodil, boulevardesk teils als „Jovedil“ betitelt, wirbelten clever umeinander herum, erspielten sich in teils sehenswerten Kombinationen Torchancen und zeigten jeweils, dass sie fußballerisch in einer anderen Liga als Herthas sonstige Offensivkräfte anzusiedeln sind.

Womit auch schon ein Problem der neuen Formation zutage tritt. Fehlt einer der beiden, zuletzt häufig Jovetic, verletzt, kann der Ersatz nicht mit dem gleichen Spielwitz und derselben Spielintelligenz aufwarten, sei es Myziane Maolida, Marco Richter oder Davie Selke.

(Photo by Martin Rose/Getty Images)

Kommen aus dem Sturmduo heraus keine ernstzunehmenden Offensivimpulse, lahmt Herthas Offensivspiel sichtlich. Mangels Flügelspielern im Kader kommen über die Außen kaum einmal gefährliche Flankenläufe. Aus dem Mittelfeld kann nur eine Einzelleistung von Suat Serdar für Überraschung in der Defensivreihe des Gegners sorgen.

Und so sahen die letzten Wochen und Spiele leider wieder verdächtig nach Dárdai-Ball aus, die Offensivbemühungen waren zu ausrechenbar und ungefährlich und verliefen so im Sande. Und defensiv wurde die eigentlich vorhandene Grundstabilität von einzelnen individuellen und kollektiven Schnitzern konterkariert.

Neue Gesichter im Kader – neues System?

Als kleiner Lichtblick der vergangenen Hertha-Wochen kann das Debüt von Winterneuzugang Fredrik André Bjørkan gegen den FC Bayern herangezogen werden. Zwar hatte Maxi Mittelstädt seine Sache zuletzt ordentlich gemacht, etwas Druck in der Problemzone Linksverteidiger kann aber nicht schaden.

Bjørkan erzeugte bei seinen wenigen Spielminuten gegen Bayern mehr Offensivpower und belebte Herthas Angriffsbemühungen. Setzt Korkut in den nächsten Spielen vermehrt auf ihn, könnte Mittelstädt auch eine Position nach vorne rücken und als linker Mittelfeldspieler etwas mehr bewegen als die zurzeit aushelfenden Notnägel aus dem zentralen Mittelfeld wie Vladimir Darida oder Suat Serdar, der zentral dringender benötigt wird.

(Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Auch abseits der Bjørkan-Verpflichtung war wieder viel Bewegung im Hertha-Kader. So kamen neben dem norwegischen Linksverteidiger noch Dongjun Lee, ein 24-jähriger Rechtsaußen, sowie der Innenverteidiger Marc Oliver Kempf aus Stuttgart. Quasi positionsgetreu verließen dafür Jordan Torunarigha auf Leihbasis sowie Dennis Jastrzembski den Verein. Dazu wurden auch Deyovaisio Zeefuik und Krzysztof Piątek mit Kaufoptionen verliehen. Dem Vernehmen nach möchte Hertha auf genau diesen Positionen im Winter nochmal nachlegen und hat noch einen Rechtsverteidiger sowie einen Mittelstürmer im Visier.

Angesichts dessen liegt es nahe, dass Korkut an seinem 4-4-2 festhalten wird, wenngleich eine Umstellung auf Dreierkette mit dem vorhandenen Personal ebenfalls möglich wäre. So schickte Korkut gegen Bayern eine defensiv eingestellte Mannschaft mit Fünferkette auf das Feld, die den Tabellenführer aber auch kaum aufhalten konnte. Das etwas biedere 4-4-2 sorgt für eine stabile Defensive, bringt aber nur begrenzt Offensivgefahr mit sich.

Mit den neuen Kräften kann etwas frischer Wind in Herthas Spiel kommen. Man darf allerdings auch nicht zu viel erwarten und muss gerade bei den Verpflichtungen aus dem Ausland mit Anpassungsschwierigkeiten rechnen.

Richtungsweisende Wochen für Hertha

Hertha aber muss sofort liefern. In den nächsten beiden Spielen geht es mit Bochum und Fürth gegen die direkten Konkurrenten im Tabellenkeller. Immerhin ist mit Stevan Jovetic Herthas Schlüsselspieler wieder fit.

Unabhängig der Punkteausbeute aus den beiden Partien müssen wir uns auf eine lange Saison einstellen. Mit dem Pokal-Aus ist auch die letzte Chance auf eine versöhnliche Spielzeit vertan. Es wird bis zum Ende um den Nichtabstieg gehen. Hoffnung machen da insbesondere die schlechten Leistungen der direkten Konkurrenten. Aber man darf sich nicht auf andere verlassen.

Es bleibt zu hoffen, dass aus der nächsten Übergangs- diesmal keine Untergangssaison wird.

[Titelbild: PATRIK STOLLARZ/AFP via Getty Images]

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ÜBER DEN AUTOR

Yannik Dönnebrink

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