Hertha BSC – BVB: Drei Schlüsselduelle

von Dez 18, 2021

Den Schlusspunkt der Hinrunde setzt Hertha BSC am Samstagabend gegen den BVB. Die Berliner haben eine dramatisch deutliche 0:4-Niederlage gegen Mainz 05 hinter sich und stehen nun vor der undankbaren Aufgabe, gegen den Tabellenzweiten einen versöhnlichen Jahresabschluss zu finden. Wir blicken auf die Partie und filtern die womöglich entscheidendsten Duelle auf dem Platz heraus.

Der BVB unter Rose noch nicht auf Kurs

Auch der BVB war bei der großen Trainerrotation im Sommer nicht außen vor. Lucien Favre musste schon im Laufe der letzten Saison gehen, ihn ersetzte sein Co-Trainer Edin Terzic. Dass Terzic immerhin noch den Pokal gewann, änderte nichts an der Tatsache, dass im Sommer ein neuer Trainer kommen sollte. Am besten einer der eine Ära prägen kann, wie einst Jürgen Klopp. In Gladbachs Trainer Marco Rose war dieser gefunden.

Kurz vor Ende von Roses erster Halbserie ist es schwer, ein Fazit zu ziehen. Der BVB ist voll auf Kurs Vizemeisterschaft, doch in der Champions League reichte es in einer vermeintlich leichten Gruppe nur für den dritten Platz und die Erkenntnis, dass die Bayern einmal mehr tabellarisch das Maß aller Dinge sind, kam bei der 2:3-Heimniederlage schmerzhaft.

Taktisch setzte Rose zunächst auf eine Mittelfeldraute, die er in Gladbach schon erfolgreich spielen ließ. Es mangelte jedoch an Gefahr über die Außen und auch weil Starneuzugang und Stürmer Donyell Malen noch dabei ist, sich einzugewöhnen, stellte Rose auf ein 4-2-3-1 um. Dies kann der BVB sowohl mit breiten außen als auch mit eher eingerückten Flügelspielern umsetzen.

Schlüsselduell eins: Boyata gegen Haaland

53 Spiele in der Bundesliga: 53 Tore, 16 Vorlagen. Seitdem Erling Haaland beim BVB spielt, setzt er neue Maßstäbe und zählt nicht nur in Deutschland, sondern weltweit zu den Ausnahmespielern. Sein Können stellte er auch beim letzten Besuch im Olympiastadion unter Beweis. Haalands Arbeitsnachweis: Vier Tore, alle im zweiten Durchgang.

Doch nicht nur sein schier nicht endender Torhunger macht ihn so gefährlich, Haaland ist zugleich ein sehr mannschaftsdienlicher Spieler. In der laufenden Saison hat er ligaweit die meisten Schlüsselpässe im Strafraum gespielt und die zweitmeisten Chancen kreiert. Erst am vergangenen Wochenende in Bochum hat er technisch anspruchsvoll für Teamkollege Julian Brandt aufgelegt.

Den Bochumern gelang es mit aufopferungsvollem Kampf aber auch einer Menge Glück, Haaland daran zu hindern, selbst ein Tor zu erzielen. Das gelang zuvor in dieser Spielzeit nur dem SC Freiburg und die Breisgauer haben bei ihrem 2:1-Sieg über den BVB eine Blaupause geliefert, wie man den Norweger stoppen kann.

(Photo by Clemens Bilan – Pool/Getty Images)

23 Prozent Ballbesitz reichten dem SCF, um das Spiel zu gewinnen. Tief stehend verhinderte man, dass Haaland sein Spiel aufziehen konnte, indem man ihm mit Nico Schlotterbeck jemanden entgegenstellte, der immer eng an ihm blieb und extrem körperbetont spielte. Entscheidend ist hierbei, Haaland nicht erst im Strafraum zu bearbeiten, sondern ihm frühzeitig den Raum zu nehmen. Denn mit drei Torvorlagen von außerhalb des Strafraums hat Haaland bereits bewiesen, dass er von überall assistieren kann. Kein Mittelstürmer in der Bundesliga hat hier einen höheren Wert.

Freiburgs Mittel waren schnelle Gegenstöße nach provozierten Ballverlusten. Die Rolle Schlotterbecks, die am Samstag beispielsweise Dedrick Boyata übernehmen könnte, war dabei genauso essenziell wie aufopfernd. Der Innenverteidiger hat sein Spiel nur am Verteidigen ausgerichtet. Nur zehn führende Ballaktionen hatte er im Spiel (persönlicher Saisondurchschnitt: ca. 38), dafür aber vier abgefangene Bälle, was über seinem Durchschnitt von 2,4 pro Spiel liegt. Es braucht gegen Haaland also eine disziplinierte, aufopferungsvolle und körperbetonte Leistung. Gleichzeitig muss in den Situationen, wenn das Spiel von hinten raus aufgebaut wird, sehr aufmerksam gespielt werden, denn hoch anlaufende Dortmunder könnten bei Unsauberkeiten Großchancen erzwingen. Zeitgleich könnte sich Hertha Raum bieten, wenn man die Pressinglinie Dortmunds überspielt.

Schlotterbeck hat gezeigt, wie man Haaland verteidigen kann. Dass neben Fleiß bei einem solchen Ausnahmespieler auch immer Glück dazu gehört, steht außer Frage, doch das kann man zumindest in Teilen erzwingen. Boyata könnte als Kapitän vorangehen und diese Aufgabe übernehmen.

Schlüsselduell zwei: Brandt gegen Plattenhardt

Seitdem Marco Rose Übungsleiter bei den Dortmundern ist, erlebt Julian Brandt ein Formhoch und scheint sich erstmals seit seinem Wechsel 2019 aus Leverkusen endgültig in der Startelf festgespielt zu haben. Seine Polyvalenz ist hier sein großes Argument, denn nicht nur im Zentrum kann Brandt spielen, sondern auch auf der halbrechten Außenbahn, wo Marvin Plattenhardt (oder Maxi Mittelstädt) es mit dem deutschen Nationalspieler zu tun kriegt.

Die neu gewonnene Spielfreude drückt sich auch in Zahlen aus. 0,45 expected assists + expected goals pro 90 Minuten liefert Brandt. In der Vorsaison lag sein Wert bei 0,35. Brandt wird also besser und torgefährlicher. Aktuell liefert er 0,91 torerzeugende Aktionen pro Spiel, eine deutliche Steigerung gegenüber den 0,54 aus der Vorsaison. Zusätzlich entdeckte Brandt seine Freude am Flanken, parallel zur Entwicklung Haalands, der sich in dieser Saison stark verbessert im Kopfballspiel zeigt. Von 1,51 Flanken pro 90 Minuten steigerte sich Brandt auf 2,21 in dieser Spielzeit.

(Photo by Lars Baron/Getty Images)

Ob es am Sonntag Plattenhardt oder aus Leistungsgründen nach dem Auftritt in Mainz womöglich Mittelstädt mit Brandt zu tun kriegen wird: Das Ziel muss es sein, ihm den Spaß zu nehmen. Hier wird es auch auf die offensiven Spieler ankommen, die defensiv unterstützen müssen, um den Dortmunder immer wieder zu doppeln. Ein weiteres Mittel kann es sein, Brandt zu langen Bällen zu zwingen, indem man die unmittelbaren Anspielstationen zustellt. Im sauberen Spielen von langen Bällen liegt eine seiner Schwächen.

Schlüsselduell drei: Serdar gegen Dahoud und Witsel/Can

„Wir wollen mit Mut und Freude in das Spiel gehen“, betonte Tayfun Korkut auf der spielvorbereitenden Pressekonferenz. „Eine resolute Defensivleistung wird wichtig sein, wir müssen alle gemeinsam gegen den Ball arbeiten. Aber auch mit dem Ball wollen wir Elemente sehen, die in Stuttgart und gegen Bielefeld unser Spiel ausgezeichnet haben. Wir wollen selbst Aktionen nach vorne haben.“

Dass die defensive Grundordnung entscheidend ist, wie es auch Korkut formuliert, wurde in Schlüsselduell Eins bereits dargelegt. Doch es muss auch einen Weg nach vorne geben, ein Schlüsselspieler hierbei kann Suat Serdar sein. Ist Dortmunds erste Pressinglinie erstmal überspielt, muss Serdar den sich ihm bietenden Platz klug nutzen. Mittel der Wahl kann immer der lange Ball sein, doch wie Korkut ankündigte, will Hertha auch mit dem Ball was anbieten.

(Photo by Frederic Scheidemann/Getty Images)

Von Vorteil könnte es für Serdar und das weitere Hertha-Mittelfeld sein, dass mit Jude Bellingham ein elementarer Mittelfeldspieler Dortmunds gesperrt fehlen wird. Mo Dahoud dürfte auf der Sechs gesetzt sein, neben ihm Axel Witsel oder Emre Can spielen. Wirklich eingespielt wird die Doppelsechs in jedem Fall nicht sein.

Die Stärke von Dahoud liegt im Spiel mit dem Ball. Ihn defensiv zu beschäftigen, noch dazu ohne seinen gewohnten Nebenmann Bellingham, kann ein Schlüssel sein, um eigene Torgefahr auszustrahlen.

[Titelbild: Pool/Getty Images]

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Bruno Sellschopp

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