Herthaner im Fokus: Hertha BSC – Borussia Mönchengladbach

von Apr 11, 2021

Man wird aus dieser Mannschaft einfach nicht schlau. Während im Union-Spiel die Offensive nicht existierte, leistete sich im Spiel gegen Borussia Mönchengladbach einmal mehr die Defensive mehrere Patzer. Hinzu kommt, dass weiterhin die Arbeitseinstellung einiger Spieler nicht zum Ernst der Tabellenlage passt. Herthas Südamerika-Fraktion ist es zu verdanken, dass das Gladbach-Spiel trotz 75-minütiger Überzahl nicht verloren ging. Die Herthaner im Fokus.

Santiago Ascacibar – Ein neuer Faktor in Herthas Offensive

Keine Ahnung, ob es gewollt war oder nicht. Aber dass Santiago Ascacibar am Samstag im zentralen Mittelfeld vor Matteo Guendouzi spielte, hat gewirkt. Herthas Trainer Pal Dardai hatte schon vor dem Spiel gesagt, dass Ascacibar ein Spieler für Balleroberungen ist.

Und genau das tat der Argentinier auch mehrfach. Dadurch, dass diese Eroberungen nicht vor dem eigenen sondern vor dem gegnerischen Strafraum stattfanden, war Ascacibar ein neuer, unerwarteter Faktor in Herthas Offensive. Gleich in der 9. Minute holte er sich den Ball am linken Gladbacher Strafraumeck und legte Matheus Cunha so eine gute Chance vor. Durch seine vorgezogene Position kam auch Ascacibar selbst einige Male zu Abschlüssen – wie etwa in der 23. Spielminute, als er den Ball kurz nach der roten Karte gegen Gladbachs Torhüter Yann Sommer zum 1:0 ins Tor lenkte. Vor diesem Hintergrund war Dardais Entscheidung Ascacibar in der 57. Minute gegen Sami Khedira auszutauschen, zunächst nicht ganz nachvollziehbar. Dardai erklärte den Wechsel im Nachhinein damit, mehr Kopfballstärke auf dem Feld haben zu wollen.

Hertha Mönchengladbach
Foto: IMAGO

Weltmeister Khedira übernahm Guendouzis Position vor der Abwehr, während der Franzose auf „Santis“ Position vorrückte. Beide spielten nicht schlecht, erreichten aber bei Weitem nicht Ascacibars Effizienz. Ein Hinweis darauf sind die Zweikampfquoten der drei zentralen Mittelfeldspieler: Während Khedira und Guendouzi nur jeden zweiten Zweikampf für sich entschieden, war „Santi“ in knapp 70 Prozent aller Duelle der Sieger. Sollte seine Reaktion auf die Auswechslung kein Nachspiel haben, hätte er sich mit drei Schüssen, vier Tacklings und zwei abgefangenen Bällen eine weitere Startelfnominierung also durchaus verdient.

Maxi Mittelstädt – Weder nach hinten noch nach vorne gut

Leider ist es nicht das erste Mal in dieser Saison, dass Maxi Mittelstädt ein Unsicherheitsfaktor in Herthas Defensive ist. Auch am Samstag hat Herthas Eigengewächs auf seiner linken Abwehrseite zu viele Lücken offengelassen, in welche die Gladbacher immer wieder hineinstachen. Beim ersten Gegentor merkte er nicht, dass Alassane Pléa auf seiner Seite durchstartete und konnte das Tor dann nicht mehr verhindern. Auch nach vorne kamen keine Impulse von Mittelstädt, seine Auswechslung zur Halbzeit erfolgte zurecht. Marvin Plattenhardt tat sich etwas leichter und gab wenigstens ein paar Flanken in den Strafraum.

Hertha Mönchengladbach
Foto: IMAGO

Dardais Defensiv-Plan ist kein Hexenwerk, weil es in den meisten Profimannschaften heutzutage genauso gelebt wird: In Offensiv-Situationen und im Spielaufbau bildet sich eine Dreierkette, die in Defensiv-Momenten durch die beiden Außen (heute Mittelstädt und Zeefuik) zu einer Fünferkette ergänzt wird. Die Außenspieler müssen also im besten Fall für Gefahr über die Flügel sorgen, gleichzeitig aber keine Angriffe und Lücken auf ihrer Seite zulassen. Leider hat Hertha derzeit auf der linken Seite keinen Spieler, der diesen Anforderungen gerecht wird.

Dodi Lukébakio – Rückfall in alte Verhaltensmuster

Nach extrem schwachen Leistungen in der Hinrunde war Dodi Lukébakio zuletzt wieder sehr wichtig für Hertha. Seine beiden Elfmeter gegen Augsburg und Union sowie das starke Spiel gegen Leverkusen sicherten Punkte für die Blau-Weißen. Umso erstaunlicher ist es, dass der Belgier im Gladbach-Spiel wieder eine fast provokativ schlechte Leistung zeigte.

Hertha Mönchengladbach
Foto: Andreas Gora/IMAGO

Ohne großen Antrieb trabte er zumeist im Sturmzentrum herum, lief den Gegner kaum an und hatte mit 40 Prozent auch eine schlechte Zweikampfquote. Dardai zählte den Belgier mehrfach lautstark an, bemängelte insbesondere, dass Lukébakio nicht – wie vorgegeben – die linke Offensiv-Seite hielt. Nach einem schwachen Abschluss von Dodi (in aussichtsreicher Position kurz vor der Strafraumlinie) konnte man an den Gesichtern des Trainerteams schon erkennen, dass die Auswechslung Lukébakios schon in der Halbzeit kommen würde.

Und dann waren da noch…

Jhon Cordoba: Der Kolumbianer war einmal mehr ungemein wichtig für Hertha. Natürlich hat Cordoba die rote Karte von Sommer nicht durch eine Schwalbe provoziert. Aber er hat die Situation – Dardais genialen, eröffnenden Pass und den herauseilenden Sommer – eben gut erkannt und wusste: Wenn ich mir den Ball vorbeilegen kann, kann er mich eigentlich nur noch umhauen. Und beim Ausgleichstreffer ist es einfach toll zu sehen, mit welcher körperlichen Wucht der Kolumbianer im Sturmzentrum wirkt.

Hertha Mönchengladbach
Foto: IMAGO

Die Ecken: Alleine im Gladbach-Spiel hatte Hertha elf Ecken. Aus keiner einzigen dieser Eckstöße hat Hertha einen Hauch von Torgefahr entwickeln können. Noch viel schlimmer: In der gesamten laufenden Saison ist dem Team noch kein einziger Ecken-Treffer gelungen. Das ist eine erschreckende Bilanz, denn gerade in den kommenden Abstiegsspielen könnte es dazu kommen, dass man keine spielerische Lösung zum Sieg findet. Spätestens dann sollte Hertha damit anfangen die Ecken in das Offensiv-Sortiment mit aufzunehmen.

Fazit: Niederlagentschieden

Aus blau-weißer Sicht tut der Blick in die Statistiken des Gladbach-Spiels einfach nur weh. In keiner einzigen Kategorie waren die „Fohlen“ unserer Hertha überlegen. 23:7 Torschüsse, 7 Kilometer mehr Laufleistung, 86 Prozent Passquote, etc. Natürlich hätten wir wohl vor dem Spiel einen Punkt gegen Gladbacher gerne angenommen – schließlich hatte das Team von Marco Rose in den vergangenen Wochen wieder zurück in die Erfolgsspur gefunden.

Mit Blick auf die 75-minütige Überzahl und die deutliche Überlegenheit in der zweiten Hälfte wirkt das Unentschieden aber eher wie eine Niederlage. Nach wie vor fehlt es dem Team an Ausgewogenheit, Abstimmung und Erfahrung. Denn nach einer frühen roten Karte für den Gegner und der anschließenden Führung darf es schlichtweg niemals passieren, dass man innerhalb weniger Minuten den Sieg aus der Hand gibt.

[Titelbild: IMAGO]

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ÜBER DEN AUTOR

Benjamin Rohrer

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