Taktiktafel: Strafraumbesetzung, fehlende Zuordnung und liegengelassene Punkte

von Okt 8, 2022

Wir wollen euch regelmäßig Spielsituationen aus Partien von Hertha BSC, v. a. aus individual- und gruppentaktischer Sicht, detailliert vorstellen und dann anschließend gemeinsam mit euch auf unserem Discord-Server diskutieren.

Nach einer kleinen Pause der Taktiktafel, gibt es heute eine frische Ausgabe mit den Eindrücken zu den Gegentoren gegen Dortmund, Leverkusen, Mainz und Hoffenheim. Nur beim Auswärtsspiel in Augsburg am 5. Spieltag blieb Hertha in dieser Saison ohne Gegentor und ließ dabei nur sieben Torschüsse zu, wovon nur ein Schuss auf das Tor ging – am Ende hatten die Fuggerstädter einen xG-Wert von 0,3 (BVB: 3,0 / B04: 1,4 / M05: 0,8 / TSG: 1,8).

5/5 – Unsere Gegentore im und um den Strafraum

Einwurf Marius Wolf, Klatschpass Salih Özcan, Doppelpass Wolf, Flanke Özcan (31:33) – so einfach war das Rezept der Dortmunder für den Siegtreffer in der 32. Minute durch Anthony Modeste. Marc-Oliver Kempf (1,86 m) ist im Kopfballduell mit Modeste (1,87 m) kein Vorwurf zu machen, eher dem passiven Verhalten unserer linken Seite (Marvin Plattenhardt, Chindera Ejuke). In dieser Situation hätte es einen Lucas Tousart auf Außen gebraucht, der den angreifenden Spieler doppelt und eine Gleich– oder Überzahl in Ballnähe herstellt (wie hier beschrieben).

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Es folgte die Partie gegen ein kriselndes Leverkusen, welche noch für viel Gesprächsstoff sorgen sollte. In der Situation vor dem Freistoß zum 0:1 durch Kerem Demirbay, zeigte Hertha wieder alte Schwächen: Ivan Šunjić spielt von rechts eine Verlagerung auf die linke Seite, wo Ejuke das Kopfballduell gegen Jeremie Frimpong nicht gewinnt und der Ball ins Zentrum gelangt, welches von Hertha wieder kläglich unbesetzt ist. Hier hat Adam Hlozek Zeit und Platz, um zum Dribbling anzusetzen. Parallel setzt sich Moussa Diaby aus dem Zentrum ab (47:19) und bekommt dann den Ball vor die Füße, den Šunjić Hlozek weggrätschen kann (47:21).

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Diaby, der seit Ballverlagerung keinen Gegenspieler hatte, braucht drei Sekunden bis zum Strafraum, wo ihn nur Šunjić stoppen kann, da der zurückeilende Suat Serdar kein Foul ziehen durfte, weil er in der ersten Hälfte bereits mit Gelb verwarnt wurde.

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Beim 2:2 von Leverkusen darf „Besetzung“ im Zusammenhang mit dem eigenen Strafraum von Hertha gar nicht genannt werden – einerseits sind die Lücken zu den Leverkusenern viel zu groß, anderseits spielt sich Leverkusen eine 3:2-Überzahl direkt vor dem Tor heraus (78:46).

Dass auch der kriselnde Patrick Schick gegen Hertha trifft und sein bisher bestes Spiel (Kickernote 3,0) macht, hat er auch der Abwehr von Hertha zu verdanken.

Clever oder dreckig: Hertha muss sich besser bei Klärungen verhalten

Wie schon gegen Leverkusen hat Hertha (in dem Fall Marco Richter) einen Spieler komplett aus den Augen verloren – hier den Mainzer Torschützen Anthony Caci. Dieser schafft es, sich innerhalb von 11 Sekunden unbemerkt in den Strafraum zu schleichen (93:09) und mit einem Last-Minute-Tor (xG = 0,04) Herthas zweiten Saisonsieg zu vereiteln.

Auch wenn ich einen Punktgewinn vor dem Spiel gegen die TSG aus Sinsheim unterschrieben hätte: so einfach darf das 1:0 nicht fallen: sowohl Dodi Lukébakio (Kopfball ins Zentrum), als auch Filip Uremović (spitzelt den Ball weg), schaffen es nicht, den Ball aus Strafraumnähe wegzuhalten. Mit einem einfachen Hinterlaufen von Andrej Kramarić schafft es José Tasende, den entscheidenden Pass vorzubereiten (24:47).

Hier fordert der alleingelassene Ozan Kabak bereits den Ball, den er vier Sekunden später bekommt und auf das Tor bringt (24:51), wo der wiederum alleingelassene, in den Strafraum eilende, Kramarić den Ball entscheidend abfälscht.

Sechs Punkte bei 6:5 Toren hat Hertha aus den letzten fünf Spielen geholt. Mit dem Punkt vom 2. Spieltag steht Hertha nun mit 7 Punkten (8:10 Toren) auf Platz 14 der Tabelle. Die nächsten Gegner im Oktober heißen Freiburg (2.), Leipzig (11.), Gelsenkirchen (15.) und Bremen (8.), die alle bisher offensiven Fußball spielen (zusammen 53 Tore).

Und jetzt freuen wir uns auf die Diskussion zur Frage: wie schafft es Hertha, früher und konsequenter zu verteidigen?

(Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

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ÜBER DEN AUTOR

Timm Buchholz

Timm Buchholz

Er behauptet, eigentlich keine Ahnung von Fußball zu haben. Laut DFB aber lizenzierter Fußballtrainer (C-Lizenz).

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