Ausgelastete Labore – Wie geht es mit den Coronatests in der Bundesliga weiter?

von Nov 16, 2020

Die Medizinlabore sind in der zweiten Pandemiewelle komplett ausgelastet. Pro Woche wurden zuletzt knapp 1,7 Millionen Coronatests durchgeführt. Auch die Bundesliga ist auf die Labore angewiesen: Das Hygienekonzept der DFL sieht bei den Profis mehrere Tests pro Woche vor. Um die Labore zu entlasten, sollen jetzt nur noch in seltenen Fällen Symptomlose getestet werden. Müssen sich die Clubs also neue Testmöglichkeiten suchen? Eine Lösung wäre in Aussicht. Ein Überblick.

Das Coronavirus breitet sich weiter rasant aus in Deutschland. Zuletzt gab es bis zu 23.000 Neuinfektionen pro Tag. Nachgewiesen werden diese Infektionen durch sogenannte PCR-Tests – das sind sehr, sehr zuverlässige Tests, die im Schleimhausekret das Vorhandensein von Virus, also eine aktuelle Infektion nachweisen. PCR-Tests sind der Goldstandard aller Testverfahren – sie haben eine Genauigkeit (Spezifität) von mehr als 99,9 Prozent. Sie sind jedoch auch nicht leicht zu analysieren und müssen in Laboren geprüft werden.

Bisher lautete die Strategie des Robert-Koch-Instituts (RKI), dass auch Menschen mit leichteren Erkältungssymptomen und Kontaktpersonen einen PCR-Test erhalten sollen. Doch auf diese Weise sind die knapp 170 testenden Labore in Deutschland an ihre Grenzen gekommen: Bei rund 1,7 Millionen durchgeführten Tests ist zuletzt auch der Rückstau an Proben immer weiter gestiegen. Heißt konkret: Man muss immer länger auf sein Ergebnis warten, die Analysen und Tests auf andere Krankheiten sind dadurch auch beeinträchtigt. Deswegen haben das RKI und das Bundesgesundheitsministerium nun eine andere Teststrategie kommuniziert: Grundsätzlich kommen nur nach Menschen mit ausgeprägten Covid-19-Symptomen in Frage oder solche, die Symptome nach direktem Kontakt mit einem bestätigten Covid-19-Fall zeigen. Symptomlos oder bei leichten Beschwerden soll niemand mehr getestet werden.

Was bedeutet das für die Bundesliga?

Bei hohen Inzidenzzahlen sieht das Hygienekonzept der DFL, an das sich alle Proficlubs halten, zwei Tests pro Spieler und Woche vor. Laut DFL werden für die 1. Und 2. Liga pro Woche derzeit zwischen 3000 und 3600 Tests benötigt – das entspricht einem Anteil von etwa 0,2 Prozent an allen Tests. Das ist nicht viel, könnte man meinen. Aufgrund der Auslastung der Labore und mit Blick auf die Pandemielage stellt sich trotzdem die Frage: Warum sollen symptomlose Profifußballer getestet werden, um am Wochenende spielen zu können, wenn „normale“ Patienten tagelang auf ihre Testresultate warten müssen?

Foto: IMAGO

Hertha BASE hat der Presseabteilung der DFL unter anderem diese Frage gestellt – keine Reaktion. Auf ihrer Internetseite hat die DFL zur Test-Thematik allerdings kürzlich ein Statement veröffentlicht. Dort heißt es: „Die Akkreditierten Labore in der Medizin (ALM) haben (…), dass der Anteil der Tests im Profifußball im Promillebereich liege und dadurch keine Gefährdung der medizinischen Versorgung entstehe.“ Die DFL argumentiert ferner, dass die Berufsausübung der Fußballer und der weiteren Beschäftigten der Klubs von den Tests abhänge. Zudem habe man das Hygienekonzept dahingehend geändert, dass die Teams vor einem Auswärtsspiel mehr Zeit für die Tests bekommen.

Hertha zieht mit

Hertha-Pressesprecher Marcus Jung teilte gegenüber Hertha BASE mit, dass auch Hertha „alle die laut DFL Hygienekonzept erforderlichen Testungen durchführen“. Jung wies auch auf die Aussagen der DFL und der Labore hin, dass die Tests im Profifußball keinen wesentlichen Anteil an der Auslastung hätten. Er fügte hinzu: „Wir haben großes Vertrauen in die Arbeit der DFL Task Force Sportmedizin haben, die mit diesem Konzept, welches zudem stetig überprüft und an die Entwicklungen angepasst wird, weltweit hohe Anerkennung genießen.“

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Im Corona-Testbetrieb zeichnet sich derzeit eine deutliche Entspannung ab. Grund dafür sind die sogenannten Antigentests, die nachweisen, ob im Körper Antigene des Sars-Cov2-Virus sind. Die Tests sind zwar nicht ganz so genau wie die PCR-Tests. Sie haben aber einen ganz entscheidenden Vorteil: Antigentests kann man in der Regel selbst durchführen. Sie müssen nicht im Labor analysiert werden und liefern innerhalb von etwa 15 Minuten ein Ergebnis. In Pflegeheimen und Kliniken werden die Tests schon massenhaft angewendet, um Krankenhausinfektionen zu vermeiden und die Labore mit den Massentests nicht zu überlasten.

Antigentests für die Bundesliga?

Für die Bundesliga würden Antigentests aufgrund ihrer einfachen und schnellen Funktionsweise sicherlich auch Sinn ergeben. Zudem könnten die Klubs die Labore entlasten. Selbst wenn der Ligabetrieb nur einen minimalen Anteil an der Auslastung der Labore hat – ein schönes Signal wäre es dennoch, wenn die Klubs hier auf ihren eigenen Beinen stünden. Zudem würden sie sich weniger angreifbar machen.

[Titelbild: IMAGO]

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Benjamin Rohrer

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