Herthaner im Fokus: RB Leipzig – Hertha BSC

von Okt 25, 2020

Was soll man noch zu diesem Saisonstart schreiben? Gegen Leipzig verlor die Hertha zum vierten Mal in Folge und findet sich auf einem temporären 15. Tabellenplatz wieder. Wir blicken auf die Leistung einzelner Herthaner nach diesem gebrauchten Tag, welcher allerdings auch ein paar positive Erkenntnisse hervorbrachte.

Omar Alderete – Durchwachsenes Debüt

Der paraguayische Nationalspieler gab gegen RB sein Startelf- und Hertha-Debüt. Hierbei agierte er zunächst unglücklich. Vor dem 1:1 in der 11. Spielminute klärte er zunächst zu Leipzigs Innenverteidiger Dayot Upamecano, Alderete setzte zwar nach, konnte aber vor dem entscheidenden Schuss den Ball nicht richtig abschirmen und verlor den Ball an den Torschützen Upamecano. Hier wurde ersichtlich, dass sich der Innenverteidiger noch an die Körperlichkeit und das Tempo der Bundesliga gewöhnen muss.

Foto: IMAGO

Die Leistung Alderetes kann man am ehesten mit „gut, aber noch Luft nach oben“ beschreiben. Zwei abgefangene Bälle, fünf klärende Aktionen und zwei geblockte Schüsse stehen einer 64% Passquote gegenüber. Das ist für die im Spielaufbau schwache Hertha einfach zu wenig. Hierbei muss allerdings auch erwähnt werden, dass sich der 23-Jährige auch die meisten langen Bälle aller Herthaner traute – ganze zwölf schlug er, um das Spiel schnell zu machen. Dass dabei nicht alle Pässe ankommen können ist klar und sein Mut ist löblich, dennoch muss sich die Quote noch bessern. Grundsätzlich stand der Paraguayer oft ein wenig zu weit vom Mann entfernt. So ließ er sich in der Nachspielzeit zu einfach von Christopher Nkunku täuschen, sodass der folgende Distanzschuss das Tor nur knapp verfehlte.

Auffällig war aber: Alderete kommuniziert und delegiert seine Mitspieler. Die Führungsspielerdebatte, die seit Anfang der Saison geführt wird, hat also mitunter einen neuen Akteur. Das ist dahingehend von Vorteil, dass man so auch bei einer gewissen Rotation immer jemanden auf dem Platz hat, der die Mannschaft antreibt. Die kommenden Spiele werden zeigen, welche Rolle unser neuer Innenverteidiger im Mannschaftsgefüge einnimmt und ob er sich als ernsthafte Alternative zum verletzen Jordan Torunarigha empfehlen kann.

Maximilian Mittelstädt – Die fehlenden letzten Prozente

Ein erster Knick in der Saison des Maximilian M. zeigt sich, als er in der 83. Minute ausgewechselt wurde. Absolvierte er noch jedes andere Spiel über die vollen 90 Minuten, entzog ihm Trainer Bruno Labbadia hier öffentlich das Vertrauen. Droht dem Youngster jetzt die Bank?

Foto: IMAGO

So ähnlich würde es klingen, wenn man mit vier Weizenbier im Doppelpass sitzen würde. Aber mal im Ernst. Der Linksverteidiger gehörte zu den auffälligsten Spielern dieses Samstagnachmittags. Er hatte nicht nur die zweitmeisten Ballkontakte hinter Torwart Alexander Schwolow, sondern schaltete sich auch oft ins Offensivspiel mit ein und spielte eine Reihe sehenswerter Pässe, darunter einen Vladimir Darida, der den Konter zum 1:0 in der 8. Minute einleitete. Hier wünscht man sich allerdings noch mehr intensive Läufe ins letzte Angriffsdrittel, Mittelstädt könnte in seinem Spiel mit Ball noch prägender sein.

Defensiv lief es wesentlich besser: vier abgefangene Bälle und sechs klärende Aktionen markieren jeweils den Bestwert unter allen Hertha-Spielern. Aber auch hier Licht und Schatten, In einigen Szenen fing Mittelstädt Bälle geistesgegenwärtig ab und gewann direkte Duelle gegen Gegenspieler Justin Kluivert höchst souverän. in anderen Momenten ließ er sich von ihm jedoch düpieren und musste hinterherrennen. Keinesfalls ein schlechter Defensivauftritt des 23-Jährigen, allerdings besteht auch hier noch Luft noch ab oben.

Das Berliner Eigengewächs entwickelt sich immer mehr vom Hoffnungs- zum Leistungsträger. Um diesen Status vollends zu verdienen muss er allerdings noch konstanter werden. Das große Vertrauen Labbadias und die daraus resultierenden vielen Einsatzminuten werden Mittelstädt dabei helfen.

Deyovaiso Zeefuik – Bitter

Zwei Fouls und zwei gelbe Karten sorgten dafür, dass der Niederländer schneller weg war als Jürgen Klinsmann. HaHoHe, euer Deyo.

Jhon Córdoba und Krzystof Piatek – Ein entschiedenes Duell?

Die zwei großen Lieben von Jhon Córdoba sind: der Ball und Alexander Schwolow. Anders kann man sich es kaum erklären, warum der Kolumbianer derart oft mit dem Rücken zum gegnerischen Tor steht und dabei aber dermaßen viele Bälle festmacht. Vier Schüsse feuerte der Stürmer zumindest in Richtung Leipziger Tor, einer davon saß.

Foto: IMAGO

Insgesamt also einer der aktivsten Berliner. Beim dritten Tor im  fünften Spiel kann man die vorsichtige Prognose wagen, dass sich dieser Transfer definitiv gelohnt hat. Leider egalisierte er seine gute Leistung mit einem verschuldeten Elfmeter. Um es mit dem Fußballspruch des Jahres 2018 zu sagen: „Stark! Ein Tor gemacht, eins vorbereitet.“

Apropos Transfer, was macht eigentlich der Berliner Lewandowski, Krzystof Piatek? Er ist leider mehr Berliner, als Lewandowski. Eingewechselt zur 83. Minute konnte er gerade einmal einen einzigen Ballkontakt vorweisen. Natürlich darf man jetzt keine Wunder erwarten, wenn man nur noch sieben Minuten zu spielen hat, aber die Tatsache, dass er überhaupt erst so spät eingewechselt wurde, zeigt wer im Konkurrenzkampf um die Sturmspitze momentan die kolumbianische Nase vorne hat. Hoffen wir, dass dieser teure Polenböller sich so verhält wie ein Billiger und ein Spätzünder ist.

Bruno Labbadia – Machtlos

Die „alte Dame“ versetzt den „schönen Bruno“ ein weiteres mal. Vermeidbare individuelle Fehler kosten ein weiteres Mal Punkte. Bei solchen Aussetzern kann auch der beste Trainer nichts machen. Nach den Toren wirkte Labbadia fassungslos und resigniert. Der Frust entlud sich schließlich in Richtung des Schiedsrichters, Tobias Stieler, der durch eine interessante „Leistung“ auffiel, und Labbadia schließlich auch mit Gelb verwarnte.

Grundsätzlich ist die Richtung, in die es unter Labbadia geht, durchaus erfolgsversprechend. Hertha hat, so unglaublich es klingt, die viertbeste(!) Offensive der Liga. Allerdings auch die dritt schlechteste Defensive. Wenn man dieses Problem also in den Griff bekommt, dann kann aus dieser Mannschaft durchaus was werden.

Wen gabs noch?

Alexander Schwolow: Bis jetzt auch als Transfererfolg zu verbuchen, hielt alles was zu halten war. Sieht allgemein bei Gegentoren selten unglücklich aus und macht seinem Namen als Mr. Konstanz alle Ehre.

Dedryk Boyata: Nach bisher durchwachsenen Leistungen präsentierte sich der Belgier sicher und aufmerksam. Gerne mehr davon!

Fazit

Unter Strich bleibt genau das, was sich die letzten Spiele auch gezeigt hat. Das spielerische Können der Hertha ist definitiv vorhanden. Die Mannschaft muss aber noch mehr zusammenwachsen. Abläufe müssen einstudiert und Automatismen verinnerlicht werden. Eine Passquote von gerade einmal 67% ist einfach zu wenig (wenn auch von der Unterzahl beeinflusst). Auffällig ist auch, dass Hertha den Ball in diesem Spiel fast ausschließlich knapp vor dem letzten Drittel verloren hat. Wir kommen also nicht wirklich vors Tor. An dieser Stelle wird das Fehlen eines kreativen Mittelfeldstrategen abseits von Matheus Cunha deutlich. Vielleicht kann Matteó Guendouzi mit seinem Einsatzwillen und der Zweikampfstärke hier Abhilfe schaffen.

Dumme Fehler, die sich zu einer Niederlage aufsummieren. So würde man diesen Saisonauftakt der Hertha dem Fußballgott pitchen. Zweiter Teil des Pitches wäre aber eine heldenhafte Wiederauferstehung, die dafür sorgt, dass es wieder Spaß macht Hertha zu gucken. Hoffen wir mal, dass dieser Wunsch erhört wird.

[Titelbild: Boris Streubel/Getty Images]

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ÜBER DEN AUTOR

Niklas Döbler

Niklas Döbler

Hat Psychologie nur deshalb studiert um mit dem Frust des Hertha-Fan-Seins umgehen zu können. Schreibt viel zu komplizierte Texte über viel zu einfache Themen.

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