Die Saisonvorbereitung neigt sich ihrem Ende zu und langsam zeichnet sich ab, mit welchen Spielern Hertha BSC in die Saison starten wird. Doch nicht nur die Transferperiode verändert sich die Kadersituation – auch Fitness und Verletzungen haben einen großen Einfluss darauf, wer am Ende auf dem Platz steht. Wir haben uns angeschaut, wie es um die Fitness-Situation im Berliner Kader aktuell bestellt ist.
Wer musste letzte Saison mit dem eigenen Körper kämpfen? Wer war immer fit? Wie verletzungsanfällig sind unsere Neuzugänge? Wie sehr entscheidet der Körper über die Karriere eines Profis?
Der Körper als Karriere-Kompass
Verletzungen sind Teil des Fußballs: jeder Verein rechnet hinsichtlich seiner Kaderplanung mit Ausfallzeiten seiner Profis. Im Laufe der Saison beschweren sich jedoch immer wieder Vereine, wie viele verletzte Spieler sie doch im Kader hätten und wie sehr es die sportlichen Leistungen negativ beeinflusse. Für den einzelnen Profi ist die körperliche Fitness mit das wichtigste und kann darüber entscheiden, welche Sphären ein Spieler in seiner Karriere erreicht. Umso wichtiger ist es also bereits zu Beginn der Profi-Laufbahn die Grundbausteine für eine guten körperlichen Zustand zu legen.
Bei jungen Spielern ist die Gefahr nämlich groß, dass diese aus Übereifer und fehlender Erfahrung den eigenen Körper zu früh wieder voller Belastung aussetzen und ihre Verletzungen dadurch nicht komplett auskurieren. Bestes Beispiel dafür, wie man sich durch dieses Verhalten eine Saison kaputt machen kann, ist der Fall von Eigengewächs Jordan Torunarigha.
Der gebürtige Chemnitzer verpasste aufgrund mehrerer Verletzungen in der vergangenen Saison einige Spiele, kam am Ende auf nur 16 Pflichtspieleinsätze. Auch weil er nach seiner Achillessehnenverletzung zu früh wieder einstieg und sich erneut verletzte, konnte er nicht die Saison spielen, die er sich gewünscht hätte. Ex-Trainer Pal Dardai fand für seinen Schützling im Frühjahr 2019 harte Worte: „Er muss sich auch etwas umstellen. Ein Sportler braucht auch einen Körper.“
Ob Champions League oder zweite Liga, da entscheidet am Ende der Körper mit. „Nur wer fit ist, spielt auch“, weiß jeder Fußball-Fan. Torunarigha selbst zeigte sich dazu im Morgenpost-Interview einsichtig: „Ich muss lernen, besser auf meinen Körper zu hören. Auch wenn sich ein Problem nur leicht anfühlt, dem Trainer sagen: Ich mache lieber noch eine Woche länger Pause, anstatt dann für ein oder zwei Monate auszufallen.“ Damit das klappt, hat der 21-Jährige im Sommer mit anderen Hertha-Profis einen privaten Fitness Trainer eingestellt, um in der Vorbereitung bereits mit einer guter Basis zu starten. Eine wichtige Erkenntnis also für den jungen Berliner Profi, denn letztlich wird seine Fitness und sein Umgang mit dem eigenen Körper entscheidend dafür sein, wo seine Karriere hingeht.
Erfahrung hilft bei der Vermeidung von Verletzungen
Pal Dardai sagte im Frühjahr bereits in Bezug auf Torunarighas Verletzungsanfälligkeit: „Wenn seine Zweikampfführung erfahrener wird, dann wird er auch besser und geht nicht mehr in unnötige Zweikämpfe rein.“ Dass Erfahrung dazu beiträgt, unnötige Verletzungen zu vermeiden, zeigt sich unter anderem auch bei den erfahrenen Spielern in der Hauptstadt: Salomon Kalou und Vedad Ibisevic. Betrachtet man die letzten drei Spielzeiten, konnten beide Spieler schwere Verletzungen gänzlich vermeiden und mussten nur wenige Spiele durch kleinere Unfälle wie z.B. Nasenbeinbruch (Ibisevic) oder Reisswunden (Kalou) aussetzen. Dadurch konnte der Trainer stets mit diesen Spielern planen, sodass beide das Spiel der „alten Dame“ langfristig prägten.
Verletzungen, fehlende Fitness, Trainingsunfälle – damit hat jeder Spieler zu kämpfen. Das Glückselement ist auch mit einzuberechnen, sowie auch die genetische Vorbestimmung. Jeder Körper ist in Bezug auf die Verletzungsanfälligkeit anders. Trotzdem hilft die Erfahrung und der richtige Umgang mit dem eigenen Körper, um zumindest alle Chancen auf seiner Seite zu haben.
Leckie und die Fitness, Pekarik mit Seuchensaison
Alle Chancen auf seiner Seite hatte Mathew Leckie in den letzten Spielzeiten eher nicht. Der Australier fehlten durch die langen Flüge zur australischen Nationalmannschaft öfter die Frische, sodass er immer wieder von muskulären Problemen ausgebremst wurde.
Der 28-Jährige konnte bislang keine Saison komplett durchspielen, absolvierte immer nur etwa die Hälfte der Pflichtspiele (in der Saison 2018/19: 18 Bundesliga-Spiele). So kommt eine Karriere natürlich nur schwer in Schwung. Unter Ante Covic soll Leckie jetzt als Backup von Lukas Klünter in der rechten Verteidigung spielen. Ob er diese Rolle zuverlässig übernehmen kann, ist zweifelhaft, auch aufgrund seiner Fitness. Es ist wieder zu erwarten, dass Leckie einige Spiele verpassen wird.
Eine weitere Option für die rechte Verteidiger-Position ist Peter Pekarik. Dieser scheint momentan jedoch noch weit weg von einer Rückkehr zu sein. Der Slowake wurde 2017/18 noch 17 Mal in der Bundesliga eingesetzt, vergangene Saison stand er allerdings nur drei Mal auf dem Platz. Auch ihn warfen langwierige Verletzungen zurück. In dieser Vorbereitung hätte Pekarik nach dem Abgang von Valentino Lazaro und unter neuen Bedingungen mit Cheftrainer Ante Covic wieder angreifen können. Erneut stand ihm aber der eigene Körper im Weg. Aktuell laboriert der 32-Jährige noch an Muskelproblemen in der Wade und verpasste dadurch die wichtige Vorbereitungszeit im Trainingslager in Österreich. Wann der ehemalige deutsche Meister wieder fit ist und ob er diese Saison eine wichtige Rolle spielen kann, ist unklar. Wie wichtig eine sorgenfreie Vorbereitung dafür sein kann, hat sich jedoch oft genug schon gezeigt.
Positives Beispiel Duda, Darida meldet sich zurück
Das beste Beispiel dafür, wie man aus einer solchen Situation herauskommen kann, zeigte vergangene Saison Ondrej Duda. Der Slowake blieb, anders als in seinen ersten zwei Jahren in Berlin, gesund und konnte in Phasen, in denen er körperlich besonders fit war, zeigen, welches Potenzial wirklich in ihm steckt. Eine komplette Vorbereitung und eine große Disziplin im Laufe der Saison, in Bezug auf sein Körper und seine mentale Stärke, bewirkte einiges. Eine ähnliche Entwicklung könnte ein anderer Hertha-Spieler einnehmen, der in den letzten Jahren komplett abgetaucht ist.
Vladimir Darida musste eine absolute Seuchensaison 2018/19 durchstehen. Aufgrund mehrerer Verletzungen konnte er nie wirklich seine Chance ergreifen, wurde nur in elf Pflichtspielen eingesetzt, davon nur zwei über 90 Minuten. In der laufenden Vorbereitung meldete er sich allerdings beeindruckend zurück und scheint wider Erwarten die Startelf-Positionen angreifen zu können. Auch bei dem 28-Jährigen ist bekannt, welch große Rolle die Physis im Laufe einer Saison spielt. Der, der früher „Die Lunge der Liga“ genannt wurde, hat wohl die geringsten Probleme damit, lange und viel zu laufen. Doch gerade für den Tschechen ist es auch wichtig, die nötige Frische zu besitzen, um gerade solche Laufleistungen abrufen zu können.
Das Fehlen von Vladimir Darida war vergangene Spielzeit auch in der Statistik spürbar: die Berliner waren eine der laufschwächsten Mannschaften der Bundesliga. Auch das soll sich unter Neu-Coach Ante Covic ändern. Doch gerade im zentralen Mittelfeld ist für Darida die Konkurrenzsituation mit Ondrej Duda, Arne Maier, Marko Grujic, Per Skjelbred, Sidney Friede und Neuzugang Eduard Löwen geradezu gnadenlos. Wohl gerade deshalb hat Darida die Vorbereitung mit aller Kraft angenommen und für sich genutzt. Auch er trainierte noch vor Beginn der Vorbereitung individuell. Cheftrainer Ante Covic sagt in Bezug auf die Motivation von Darida: „Vladi ist voller Freude dabei, er hat permanent ein Lächeln auf dem Gesicht und möchte dem Trainer schlaflose Nächte bereiten.“ Für uns Fans und Beobachter des Vereins wird es hochspannend sein zu sehen, wer bei Saisonstart im Mittelfeld die Nase vorn hat.
Lukebakio mit kurzer Verletzungshistorie, Boyata mit Fragezeichen
Auch im Hinblick auf Neuverpflichtungen lohnt sich ein Blick auf die Verletzungshistorie. Der neue Rekordneuzugang von Hertha, Dodi Lukebakio, hat die letzte Saison in Düsseldorf verletzungsfrei überstanden und startet somit top-fit. Die Saison seines neuen Mitspielers Eduard Löwen verlief nicht komplett sorglos. Der Ex-Nürnberger konnte beim Club „nur“ 23 Pflichtspiele in der Saison 2018/19 absolvieren. Er verpasste Ende 2018 aufgrund einer Muskelverletzung einen Großteil der Hinrunde. In der Saison 2017/18 blieb der zentrale Mittelfeldspieler jedoch so gut wie verletzungsfrei. Eine besondere Verletzungsanfälligkeit ist also auch bei Löwen nicht zu erkennen.
Ganz anders ist es leider bei Dedryck Boyata. Der Belgier, der im Sommer von Celtic Glasgow nach Berlin kam, verpasste in den letzten drei Jahren einige Spiele aufgrund von Verletzungen. Inbesondere Oberschenkel- und Knie-Probleme warfen ihn immer wieder zurück. Vergangene Saison blieb der Innenverteidiger auch nicht verletzungsfrei, verpasste laut Transfermarkt.de etwa 20 Pflichtspiele. Bei seiner Ankunft an der Spree war er noch angeschlagen, trainierte anfangs nur individuell.
Im Trainingslager in Österreich meldeten sich seine Oberschenkel-Probleme einmal mehr. Zuletzt musste er erneut individuell trainieren. Ein Einsatz im DFB-Pokal am 11. August wird wohl zu früh kommen, ob es dann zum Bundesliga-Start reicht, ist auch unklar. „Wir müssen von Tag zu Tag schauen. Boyata kommt aus einer langen Verletzung. Wir brauchen Geduld.“, sagte Ante Covic. Boyata bleibt also zunächst einmal ein Fragezeichen, es wird sich zeigen, ob er im Laufe des Jahres noch zu 100-Prozentiger Fitness findet. Der Neuzugang ist ein stellvertretendes Beispiel dafür, wie wichtig die körperliche Verfassung für das Aufnehmen des internen Konkurrenzkampfes ist. Da Boyata momentan nicht Angreifen kann, wird sich Covic zunächst eine Innenverteidigung aus Karim Rekik. Niklas Stark und Jordan Torunarigha formen, sodass er sich von vornherein hinten anstellen muss.
Hiermit wurden zahlreiche Beispiele genannt, die aufzeigen, welch große Rolle die Fitness bei einem Fußballer neben Kriterien wie Talent spielt. Sie ist mit entscheidend für den individuellen Erfolg eines Spielers wie für den einer gesamten Mannschaft. Es bleibt zu hoffen, dass Hertha BSC in der kommenden Spielzeit nicht so häufig vom Verletzungspech verfolgt wird, wie es in der vergangenen Saison der Fall war. Damals hat neben anderen Faktoren auch der ständige Ausfall von Leistungsträgern zu einer erneut trostlosen Rückrunde geführt.