Hertha gegen Fürth: Aus Drei mach Sechs

von Sep 16, 2021

Hertha muss nach dem verkorksten Saisonstart dringend punkten. Das Spiel gegen Greuther Fürth wird wegweisend sein – geht der Blick für die Berliner nach oben oder nach unten? Doch auch die Kleeblätter stehen schon jetzt mit dem Rücken zur Wand. Es könnte eine Schlammschlacht werden.

Für das Spiel am Freitagabend haben wir uns mit Fürth-Experte Michael Fischer ausgetauscht. Dieser ist Sportredakteur bei den Nürnberger Nachrichten und dort zuständig für die ständige Berichterstattung zum “Kleeblatt”.

Trotz Sieg gegen Bochum ein schlechter Saisonstart

Nur drei Punkte aus vier Spielen – das ist für Hertha zu wenig. Selbst das ausgesprochene Ziel einer ruhigen Saison mit Platz in der Mittelfeldtabelle scheint gegenwärtig schwierig zu erreichen. Viel eher wird sich so mancher Fan auf eine ähnlich turbulente Spielzeit wie die Vergangene eingestellt haben. Das Spiel gegen Greuther Fürth ist demnach immens wichtig, um die Mittelfeldplätze nicht aus den Augen zu verlieren – und um nicht final im Abstiegskampf dieser so frühen Saison anzukommen.

Foto: IMAGO

Doch was gibt den Hertha-Anhängern Hoffnung für das Spiel gegen die Kleeblätter? Ehrlicherweise relativ wenig. Bis auf die erste erste halbe Stunde gegen Köln spielte Hertha bisher ernüchternd. Die Defensive wackelt wie eh und je und auch das offensive Spiel wirkt weiterhin ideenlos und ohne Zug zum Tor. Doch: Aufsteiger Fürth kämpft gegenwärtig mit ähnlichen Problemen. So haben sie in dieser Saison gemeinsam mit Hertha elf Gegentore kassiert – Tiefwert in der Liga. Und auch das offensive Spiel mit lediglich zwei Toren kann den Hertha-Fans Hoffnung geben.

Hertha droht gegen Fürth ein K(r)ampfspiel

Es ist weiterhin schwer zu prognostizieren, wie Hertha spielen wird. Zwar trainierten Selke, Piatek und Plattenhardt nach ihren Verletzung in dieser Woche erstmals wieder. Doch auch wenn es für das Spiel gegen Fürth reichen sollte, werden sie Zeit brauchen, bis sie wieder bei 100 Prozent sind. Ein Fragezeichen steht noch hinter dem Einsatz von Marton Dardai – dieser würde wohl durch den jungen Linus Gechter ersetzt werden, der gegen Bochum sein Profidebüt feierte. Auch beim Leader Boateng hat es bisher nie zu den vollen 90 Minuten gereicht. Selbst die Formation scheint noch nicht klar – Hertha könnte mit startete mit einer Fünfer- oder Viererkette auflaufen.

So kann bisher auch kaum prognostiziert werden, ob Hertha versuchen wird, das Spiel zu machen oder – so wie gegen Aufsteiger Bochum – versuchen wird, hinten stabil zu stehen und auf Chancen zu lauern. Doch auch wenn Fürths Abwehr ähnliche Probleme wie die der Berliner hat – solche Einladungen wie gegen Bochum, als Serdar zwei Mal in aller Ruhe einnetzen konnte, wird es wohl nicht wieder geben.

Foto: IMAGO

Zu erwarten ist, dass es von beiden Mannschaften ein vorsichtiges Spiel wird, wissen Beide doch um ihre Anfälligkeit in der Defensive. Wie so oft bei Hertha ist das wenig attraktiv – doch scheut Dardai das große Risiko. In Anbetracht der Abwehr, kann man ihm das vermutlich nicht vorwerfen.

Eine andere These ist, dass es nicht zur erwarteten Schlammschlacht kommt. So könnten besonders die Neuzugänge noch nicht vom Hertha-Blues infiziert sein. Suat Serdar scheint es bisher zumindest noch nicht und agiert mit zielstrebigen Pässen in die Tiefe und klugen raumgewinnenden Laufwegen. Ähnliches erhofft man sich von Ekkelenkamp, der gegen Fürth zum Einsatz kommen könnte. Vorne könnte dann etwa Maolida als flinker und wendiger Abnehmer der Pässe bereit stehen.

Junge, unerfahrene, aber kämpferische Kleeblätter

Auch Fürth-Experte Michael Fischer glaubt eher an ein Kampfspiel, „weil beide Mannschaften nicht gerade vor Selbstbewusstsein strotzen“, wie er sagt. Seine Mannschaft sieht er in einem 4-4-2 antreten. Mit dieser Formation ist die Mannschaft aufgestiegen und „das spielstarke Mittelfeld war das Herzstück des Erfolges“, sagt Michael. Mit Sechser Anton Stach und Zehner Sebastian Ernst haben die Kleeblätter jedoch zwei Stützen des Mittelfelds verloren. Paul Seguin und Julian Green (beide Achter) seien laut Michael bisher noch kein gleichwertiger Ersatz. „Beide kämpfen noch ein bisschen mit dem Tempo und der Robustheit in Liga Eins“, sagt er. Hier könnten vor allem die bissigen Ascacibar und Boateng dem Fürther Mittelfeld gehörig Druck machen.

Neben dem Mittelfeld brillierten in der Aufstiegssaison laut Michael vor allem die Außenverteidiger, etwa der zu Hoffenheim abgewanderte David Raum. 15 Assists steuerte er in der Aufstiegssaison bei. „Oft hat man mit den vier Mittelfeldspielern eine Seite überladen und dann die Seitenverlagerung gewählt, wo die Außenverteidiger dann Räume hatten und die Stürmer in der Mitte dann verwandelten“, sagt er.

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Am letzten Spieltag gegen Wolfsburg hätten die Kleeblätter aber etwas für sie untypisches gemacht. So stellten sie als zweite Sturmspitze neben Hrgota den am Deadline-Day verpflichteten Hünen Itten auf. Er soll als Wandspieler fungieren, „um nicht so viel Energie im Spielaufbau zu verschwenden und keine gefährlichen Ballverluste nahe des eigenen Tores zu provozieren“, wie Fürths Trainer, Stefan Leitl, sagt. Laut Michael sei das bisher jedoch nur mäßig erfolgreich gewesen.

„Auch, weil die Raumbesetzung für die zweiten Bälle nicht optimal war“, wie er sagt. Gegen Hertha jedoch, könnte das besser funktionieren. Die Offensive ist nicht für ein Fehler provozierendes Pressing bekannt – schon gar nicht ohne Selke. Auch die zweiten Bälle landen zu selten bei der Hertha, hier ist ein hohes Fußball-IQ, schnelles Denken, Handeln und Entschiedenheit von Nöten, was den Berlinern aktuell nicht unbedingt nachgesagt wird.

Fürth versucht sich gegen Hertha im Kontern

Angst vor den Berlinern hat Michael auf jeden Fall nicht. Das Spiel gegen Bochum hat er nebenbei laufen gelassen und „überzeugt hat mich das so gar nicht“, sagt er. Er prognostiziert, dass seine Fürther zunächst darauf bedacht sein werden, nicht wieder in einen frühen Rückstand zu geraten. Ligaübergreifend kassierte man acht Mal in Folge das 0:1. „Man wird wohl eher auf die Chance nach schnellem Umschalten aus sein“, sagt er. Zumindest sei das im Training diese Woche geübt worden. Da Hertha nun auch nicht für das offensive Feuerwerk bekannt ist, könnte es wohl doch auf die befürchtete Schlammschlacht hinaus laufen.

Jedoch ist das auch nur zweitrangig, insofern zumindest das Ergebnis stimmt, etwa wie gegen Bochum. „1:2“ tippt Michael, womit er Hertha endgültig in den Abstiegskampf befördern würde. Tipp des Hertha-Base-Redakteurs: Ein genauso dreckiges 3:1 wie gegen Bochum – und ein Platz in der Sonne im unteren Mittelfeld.

[Titelbild: IMAGO]

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Um den Menschen in der Ukraine zu helfen, hat sich die Gruppa Süd entschlossen, Geld zu sammeln und damit die Menschen in und um die Kriegsgebiete zu unterstützen. Davon werden speziell Hygieneartikel für Frauen und Babys sowie haltbare Lebensmittel gekauft. Die Spenden werden direkt an die polnisch-ukrainische Grenze geliefert, sodass den Menschen unmittelbar geholfen wird.

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Steve Reutter

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