Herthaner im Fokus: Eintracht Frankfurt – Hertha BSC

von Jan 31, 2021

Nach wenigen Tagen im Amt war es „Spiel Eins“ für Pal Dardai. Und bei seinem Comeback änderte er die Startaufstellung kräftig durch. Deshalb schauen wir in unserer Bewertung auch vor allem auf die „neuen“ Spieler. Insgesamt zeigte das Team eine engagierte und kämpferische Leistung. Aber, wie so oft in dieser Saison, präsentierte sich die Mannschaft vor allem in der Defensive stark anfällig.

Rune Jarstein bewahrte das Team lange mit herausragenden Paraden vor einem Rückstand. Letztlich musste er aber dennoch drei mal hinter sich greifen. Eintracht Frankfurt springt mit dem Sieg auf den dritten Tabellenplatz – und Hertha BSC ist endgültig im Abstiegskampf angekommen.

Wir schauen auf einige ausgewählte Herthaner nach diesem Spiel.

Rune Jarstein – Er kann es noch!

Der Startelfeinsatz von Rune Jarstein für Alexander Schwolow war vermutlich die größte Überraschung zu Beginn des Spieltags. Doch rechtfertigte Jarstein das Vertrauen von Trainer Pal Dardai. Immer wieder glänzte er mit herausragenden Paraden und bewahrte die Mannschaft schon in der ersten Halbzeit vor einem Rückstand. Etwa in der 28. Minute, in der Frankfurts Kamada vor Jarstein auftauchte und aus kurzer Distanz abschloss. Blitzartig tauchte Jarstein ab und parierte den Schuss.

Foto: IMAGO

Dem 36-jährigen Routinier war die lange Zeit auf der Bank nicht anzumerken. Er strahlte viel Ruhe und Konzentration aus. Doch wird er auch mit seiner Verteidigung sprechen müssen – letztlich im Stich gelassen und ohne eigene Schuld, musste er drei mal hinter sich greifen. “Ich glaube, Rune war gut, er hat der Mannschaft gut getan”, sagte Dardai nach dem Spiel. Ob der Norweger auch im kommenden Spiel wieder ran darf, wird noch abzuwarten sein, seine Leistung hat es aber nicht unwahrscheinlicher gemacht.

Santiago Ascacibar – Auffällig unauffällig

Viel war im blau-weißen Trikot noch nicht vom 1,68 Meter kleinen Argentinier zu sehen. Lange Zeit ist Santiago Ascacibar verletzungsbedingt ausgefallen, war er fit, wurde er nicht berücksichtigt. Unter Dardai hat er nun seine Chance bekommen. Vermutlich auch, weil Ascacibar bekannt als Kämpfer ist, als einer, der auch mal dreckig ist und leidenschaftlich spielt.

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Zumindest mit seinen Laufdaten bestätigte er die Entscheidung. Kein Herthaner ist weitere Wege gegangen als er (fast 12 Kilometer). Nach hinten stellte er die Passwege oft gut zu und präsentierte ein solides Stellungsspiel. Nach vorne hin ging bei ihm aber auch wenig. Auch wenn dies primär nicht seine Aufgabe ist. Doch gute Ansätze waren zu sehen – mit mehr Spielpraxis, wer weiß, wie wichtig er noch werden kann. Seine kämpferischen Attribute sind es im Abstiegskampf allemal.

Zusammen mit Tousart hatte es der 23-Jährige gut verstanden, die offensiven Mittelfeldspieler Frankfurts, Kamada und Younes, zu bearbeiten. Drei Tacklings und vier abgefangene ´Bälle unterstreichen seinen Eifer und die permanent hohe Aufmerksamkeit. Dardais Bewertung: “Herz, Leidenschaft, Balleroberung, Wege machen. Er steht immer auf. Ich glaube, er hat auch eine gute Leistung gebracht.”

Lukas Klünter – engagiert, spielerisch aber limitiert

Auf der rechten Seite von Lukas Klünter herrschte Dauerbetrieb. Immer wieder tauchte vor allem Filip Kostic vor ihm auf und ging gegen Klünter ins Tempodribbling. Nicht selten verlor Klünter das Duell und die Frankfurter konnten in die Mitte flanken. Etwa bei der postwendenden Antwort zum 1:1, nachdem die Berliner kurz vorher erst in Führung gegangen sind. Kostic konnte seine Flanke an Klünter vorbei bringen und spielte sie perfekt auf den Kopf von Andre Silva.

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Allerdings dürfte hier vor allem auch Jordan Torunarigha die größte Schuld treffen. Er ließ Silva einen kurzen Moment aus dem Augen, so dass dieser sich absetzen und einnetzen konnte. Oft war Klünter auch sein spielerisches Limit anzusetzen. Im Spielaufbau ging wenig bis gar nichts, immer wieder suchte er stattdessen den Rückpass. Teilweise wirkte er mit dem Ball am Fuß gar überfordert, anstatt seinen Körper so zu drehen und zu bewegen, das Pässe nach vorne oder auf kurze Distanz ins Mittelfeld möglich wären.

Der Einsatz stimmte beim Saisondebütanten allemal, jedoch sind in diesem Spiel zu viele Defizite auf einmal ersichtlich geworden.

Luca Netz – technisch fein, aber das Stellungsspiel

Es war der zweite Startelfeinsatz in Folge für den erst 17-Jährigen. Und oft zeigte er sein Talent. Schon gegen Bremen waren seine Laufwege in der Offensive eine Gefahr. Zudem spielt er präzise Flanken. Offensiv hat Netz alles, was ein moderner Außenverteidiger braucht.

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Doch in der Defensive entstehen zu oft Lücken, weil er zu weit weg von seinem Gegenspieler steht. Gegen Frankfurt entstand deshalb keine Gefahr, doch vielleicht auch deshalb, weil Dardai ihn zur Halbzeit auf der Bank ließ und Maxi Mittelstädt einwechselte, welcher wiederum beim 1:2-Gegentor nicht gut aussah. Auch offensiv traf das Eigengewächs zu viele Fehlentscheidung, beispielsweise als er beim Stand von 0:0 lieber selbst abschloss, als die vielen freien Mitspieler vor dem Tor anzuspielen. Hinzu kamen einige ungenaue Pässe und Ballverluste.

Vor allem offensiv kann Netz ein Gewinn sein. Und in einer wackelnden und sich stets ändernden Defensive Routine zu bekommen, ist auch schwer. Das Potenzial ist eindeutig da, nun muss sich an das Bundesliga-Niveau, das volle Aufmerksamkeit und Handlungsschnelligkeit voraussetzt, gewöhnt werden.

Und insgesamt?

Wie Eingangs erwähnt spielte Hertha durchaus engagiert. Während das Mittelfeld mit Tousart und Ascacibar als Sechser und einem offensiverem Guendouzi gefestigter wirkten, bleibt vor allem aber die Abwehr ein Problem. Hätte Jarstein nicht oft genug glänzend pariert, hätte das Ergebnis noch deutlicher sein können. Lobende Worte gibt es an dieser Stelle (und der Redakteur kann es selbst kaum glauben) für den Spielaufbau von Niklas Stark. Bei seinen Pässen nach vorne traute er sich mehr, auch mal etwas Risiko und es gelang. Oft traute er sich gar bis über die MIttellinie, sind doch sonst eher Rückpässe sein großes Markenzeichen.

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Auch Krzysztof Piatek zeigte wieder, warum Hertha ihn gebrauchen kann. Sein Anlaufverhalten war zwar recht verhalten, doch sein Tor beschreibt einen Strafraumstürmer, wie der Pole es ist, perfekt. Ohne viel Kontakt und Zeit den Abschluss suchen – und drin ist das Ding. Dodi Lukebakio ist schon seit Wochen ein Schatten seiner selbst. Leider fällt er mehr dadurch auf, Bälle zu verstolpern und sie zu verlieren, als mit seinen möglichen schnellen Tempodribblings und seinem guten Schuss. Vor allem Dilrosun wird als Alternative für die Außen schmerzlich vermisst.

In den kommenden Spielen trifft Hertha auf spielstarke Gegner, kommende Woche etwa auf gegen Bayern München. Für Hertha-Fans könnten die nächsten Wochen nicht weniger schmerzvoll werden, als schon die gesamte Saison. Doch präsentierte sich Hertha gegen starke Teams selbst auch immer passabel. Wer weiß, wo Dardai und sein Team den Gegnern vielleicht wichtige Punkte im Abstiegskampf abluchsen können.

[Titelbild: Photo by Alex Grimm/Getty Images]

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ÜBER DEN AUTOR

Steve Reutter

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